DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER AUGUST ......und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben...

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DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER General Guisan: Hat er die Schweiz im Krieg gerettet? Wie viel Schweizerdeutsch ist angemessen? Auf den Spuren von Lord Byron in der Schweiz AUGUST 2010 / NR. 3

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D I E Z E I T S C H R I F T F Ü R A U S L A N D S C H W E I Z E R

General Guisan:

Hat er die Schweiz im Krieg gerettet?

Wie viel Schweizerdeutsch

ist angemessen?

Auf den Spuren von

Lord Byron in der Schweiz

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E D I T O R I A L I N H A L T 3

Heinz Eckert

5Briefkasten

5Gelesen: Die Geschichte des Bundeshauses

7Gesehen: Der Schweizer Marlboro Man

8Hat General Guisan die Schweiz gerettet?

12Die Berner Ausstellung zum 100. Todestag Albert Ankers

14Aus dem Bundeshaus

Regionalseiten

17Das Freilichtmuseum Ballenberg

18Wie viel Schweizerdeutsch ist angemessen?

20Die UBS im Clinch mit der Schweiz

21Die Revision der Arbeitslosenversicherung

22ASO-Informationen

26Auf den Spuren Lord Byrons in der Schweiz

28Gelebte Folklore: Moderne Sennerei

30Parteien im Gespräch: SP International

31Echo

Auch 65 Jahre nach Kriegsende wird immer wieder über die Frage diskutiert, warum die Schweiz den Zweiten Weltkrieg unversehrt überstanden hat und wes-halb sie von Hitlers Armee verschont wurde. War es Zufall, oder war den Deut-

schen die wirtschaftliche Kooperation mit der Schweiz so wichtig, die Rüstungs- und Finanzgeschäfte und der Goldhandel? Oder war der Alpentransit entscheidend, dass die Schweiz von Grossdeutschland nicht angegriffen wurde? Waren es die militärischen Siege der Alliierten, oder meinte es ganz einfach das Schicksal gut mit uns? Oder waren es doch General Guisan und die Schweizer Armee, die den «Eintrittspreis» in die Schweiz für Adolf Hitler zu hoch angesetzt hatten?

Die Frage, weshalb die Schweiz dem deutschen Reich nicht einverleibt wurde, kann wohl nie endgültig beantwortet werden. Immerhin scheinen General und Armee die Ent-scheidungen des obersten Nationalsozialisten nicht unwesentlich beeinfl usst zu haben: «Dank der Alpenfestung Reduit und der Kontrolle der Nord-Süd-Achse war das Gewicht des militärischen Faktors erheblich gestiegen», schrieb der frühere Chefredaktor Fred Luchsinger in der «Neuen Zürcher Zeitung». «Ohne militärische Abwehrkraft und ohne den Widerstandswillen wäre unser Land ein reines Objekt deutscher Herrschaftspolitik in Europa gewesen.»

Es spielten wohl verschiedene Faktoren eine Rolle, am wenigsten wohl das Schick-sal. General Henri Guisan jedenfalls ist zu verdanken, dass die Schweizer Armee auf der Höhe ihrer Aufgabe war und sich die Schweiz gegenüber dem grossen Nachbarn im Nor-den taktisch und politisch richtig verhielt. Das zeigt Rolf Ribis Porträt eines bemerkens-werten Schweizers, der die Historiker und Biografen immer noch beschäftigt, und den

die Auslandschweizer in der Umfrage der «Schweizer Revue» zum viertwichtigsten Schweizer aller Zeiten erkoren haben (Seite 5).

*www.swisscommunity.org heisst die neue Internet-Plattform der Auslandschweizer-Organisation. Die Schweizerinnen und Schwei-zer im Ausland haben damit eine eigene Plattform zum Suchen, Finden und Chatten bekommen, ein elektronisches Netzwerk für globale Kontakte untereinander und zur Schweiz. Wer gezielt mit anderen Auslandschweizern in Kontakt treten will, wer spezifi sche Informationen über die Schweiz oder andere Auslandschweizer-

Gruppen benötigt, etwas kaufen oder verkaufen oder einfach Kontakt zu Gleichgesinn-ten suchen will – www.swisscommunity.org bietet die ideale Plattform. Auslandschwei-zer, die ihre alte Heimat besuchen wollen, werden touristische Informationen und Angebote fi nden, Schweizervereine und schweizerische Institutionen im Ausland können den neuen elektronischen Schweizerclub für ihre Mitgliederwerbung nutzen, sie können sich über ihre Heimatkantone und die Schweiz informieren und heraus-fi nden, wo es im Ausland die besten Fondues und das knusprigste Ruchbrot gibt. www.swisscommunity.org ist ein wenig wie Facebook, Xing oder Linked-In, aber den-noch nicht das Gleiche. Die elektronische Auslandschweizer-Community ist eine exklu-sive Kommunikationsplattform, die spezifi sch auf die Bedürfnisse unserer Landsleute im Ausland zugeschnitten ist.

Wir hoffen, dass die 700 000 Schweizerinnen und Schweizer auf allen Kontinenten von unserem Angebot regen Gebrauch machen.

HEINZ ECKERT, CHEFREDAK TOR

Ein bemerkenswerter Schweizer

IMPRESSUM: «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 37. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtaufl age von rund 416000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr.■ REDAK TION: Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR); René Lenzin (RL); Alain Wey (AW); Jean-François Lichtenstern (JFL), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verant-wortlich für «Aus dem Bundeshaus». Übersetzung: CLS Communication AG ■ GES T ALTUNG: Herzog Design, Zürich ■ POS TADRESSE: Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Admi-nistration: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +4131356 6110, Fax +4131356 61 01, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : [email protected] ■ DRUC K: Zollikofer AG, CH-9001 St.Gallen. ■ ADRESS ÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern. ■ Alle bei einer Schweizer Vertretung immatrikulierten Auslandschweizer erhalten das Magazin gratis. Nichtauslandschweizer können das Magazin für eine jährliche Gebühr abonnieren (CH: CHF 25.–/Ausland: CHF 40.–). Abonnenten wird das Magazin manuell aus Bern zugestellt. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 14.6.2010

Titelbild: General Henri Guisan: Seine Popularität ist ungebrochen. Foto: Keystone

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5B R I E F K A S T E N G E L E S E N

Eintauchen in die Geschichte des Bundeshauses. Der Füh-rer «Das Bundeshaus in Bern» lädt uns zu einer historischen und architektonischen Besichtigung dieses Monuments der eidgenössischen Politik ein. Es werden alle Bauetappen beschrieben und die Gründe angegeben, weshalb welche Er-weiterung wie gebaut wurde. Das Bundeshaus besteht aus drei Gebäuden: Der Westfl ügel, ursprünglich das Bundesrats-haus genannt, wurde von 1852 bis 1857, der Ostfl ügel von 1888 bis 1892 und das Parlamentsgebäude in der Mitte von 1894 bis 1902 erbaut. 1848, anlässlich der ersten Session der beiden Kammern, wurde Bern zur Bundesstadt gewählt. Der Bundesrat und das Parlament tagten provisorisch an ver-schiedenen Orten in Bern. 1852 machte sich der Berner Architekt Jakob Friedrich Studer (1817-1879) an den Bau des Bundesratshauses im Neurenaissancestil. Da die Bundes-

verwaltung sehr viel grössere Proportionen annahm als geplant, musste bereits 1874 eine Erweiterung ins Auge gefasst werden. So wurde 1888 unter der Leitung des St. Galler Architekten Hans Wilhelm Auer (1847-1906) mit dem Bau des Ostfl ügels begonnen. Derselbe Baumeister leitete auch den Bau des Parlamentsgebäudes mit seinen markanten Kuppeln, für den ausschliesslich Baumateri-alien schweizerischer Herkunft verwendet wurden. Der Führer, der mit Plänen und zahlreichen Fotos aus heutiger und früherer Zeit illustriert ist, widmet sich auch der Innenausstattung und den wichtigsten Sälen des Bundeshauses. Eine faszinierende Vielfalt.«Das Bundeshaus in Bern», Monica Bilfi nger, Schweizerische Kunstführer, Gesell-schaft für Schweiz. Kunstgeschichte, Schweiz. Eidgenossenschaft, Bern, 2009.

Die Schweiz unter der Lupe. Im Buch «En retard au paradis» suchen der Humanist Paul Grossrieder und die Politologin Brigitte Perrin die Schweiz und ihre Werte in einem langen Dialog zu ergründen, in dem sich die Ansichten zweier Generationen mit-einander verweben. Der 1944 geborene ehemalige dominikanische Mönch und spätere Diplomat im Vatikan arbeitete ab seinem 39. Lebensjahr für das Rote Kreuz, von 1998 bis 2002 als Leiter des IKRK. Seine Gesprächspartnerin wurde 1974 geboren und arbeitet als Journalistin beim Westschweizer Fernsehen (TSR). Die ganze sozioökonomische und politische Landschaft der Schweiz wird hier angesprochen. Man schweift zwischen Humanitarismus, Solidari-tät, Individualismus, Armut, Jugend, Neutralität, nationaler Iden-tität, Wohlstandsunterschieden, Mai 68 und Abbau der sozialen Errungenschaften umher. Aber auch die Kompromisstradition, das Asylrecht, die Kritik an der SVP, der Bundesrat, das Bankgeheim-nis, das Finanzsystem, Verschwiegenheit und Offenheit, die Diplo-matie usw. kommen zur Sprache. Das Gespräch ist immer im Erlebten und im berufl ichen Werdegang der beiden Gesprächspart-ner verankert. Später werden die Themen globaler, wenden sich der Welt als Ganzes zu: Ökologie, Klimaerwärmung, Mensch und Natur. Die Swissair- und die UBS-Affäre werden zueinander in Be-ziehung gesetzt. Und als Dessert werden uns der Glaube, die Philo-sophie und die Weisheit vorgesetzt. Aber die Zeit vergeht, und die schweizerische Langsamkeit wird deutlich. Bezüglich Pünktlich-keit mahnte der Grossvater von Paul Grossrieder seinen Enkel jedes Mal, wenn dieser trödelte, mit denselben Worten: «Beeil dich, sonst kommst du zu spät ins Paradies!» Einige Videoaufzeichnungen der Gespräche stehen unter www.enretardauparadis.com zur Ansicht bereit. - «En retard au paradis. Dialogues autour du génie helvé-tique» von Paul Grossrieder und Brigitte Perrin, éditions Xenia, Vevey, 2009.

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Schweiz und Krise

Zu Ihrem Editorial «Die Schweiz und die Krise» gratu-liere ich Ihnen sehr. Satz für Satz, Wort für Wort treffen 100 % ins Schwarze!

Ihr Artikel müsste in den nächsten Wochen in allen Schweizer Zeitungen an pro-minenter Stelle publiziert wer-den… und zum Nachdenken anregen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team weiterhin eine so gute Feder und der «Schweizer Re-vue», gedruckt oder elektro-nisch, viele Leserinnen und Leser.

E. DIETHELM, ALTENDORF

EU-Politik: Rauf auf die

Titanic!

Bei Ihrer Überschlagsrech-nung haben Sie die massiven Folgekosten für Migration, So-zialversicherungen etc. gross-zügig übersehen, ganz zu schweigen von den weiteren Milliarden, die die Schweiz als EU-Mitglied dauerhaft an die Pleitestaaten überweisen müsste. Sie erwähnen auch nicht, dass die EU-Richtlinien, die die Mitgliedstaaten laufend umsetzen müssen, von einer demokratisch nicht legitimier-ten Riege von Kommissaren erlassen werden. Die Situation in der Schweiz ist noch nicht alternativlos, wie es dem Volk von denen eingeredet wird, die

das Land mit Bedacht in die bi-laterale Einbahnstrasse hinein-getrieben haben, eifrig an den Institutionen sägen und Defai-tismus verbreiten.

M. NYFFELER, DEUTSCHL AND

Frauen in der Schweiz

Besten Dank für den äusserst interessanten Artikel zu den Leistungen von Pascale Brude-rer Wyss. Die Schweizer Frauen haben einen weiten Weg zurückgelegt! Als ich im Sommer 1969 die Schweiz verliess, durften die Frauen noch nicht einmal wählen. Eine verheiratete Frau durfte auf ihren eigenen Namen weder ein Bankkonto eröffnen noch eine Wohnung mieten. Und nun regieren Frauen das Land!

Herzliche Gratulation, das habt ihr gut gemacht!

M. JOHNSON, KANADA

Starkes Argument

Mein Gehör ist schlecht. Aber ich sehe sehr gut. Ich war hingerissen vom Titelbild der Aprilausgabe mit Pascale Bru-derer. Ein starkes Argument für die Druckausgabe und ge-gen die Onlineversion.

Die Schweiz erfreut sich nicht nur wunderbarer Land-schaften, sondern auch wun-derschöner Menschen. Es freut sich schon auf die nächsten Ausgaben

W. SCHALLER, DEUTSCHL AND

DIE GRÖSSTEN SCHWEIZER

Per Internet fragten wir die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland, wen sie als grössten Schweizer oder grösste Schweizerin al-ler Zeiten bezeichnen würden. 2500 Stimmen sind eingegangen. Das Ergebnis: Zum herausragendsten Schweizer aller Zeiten wurde Al-bert Einstein erkoren. An zweiter Stelle steht Henri Dunant, der Gründer des Roten Kreuzes, an dritter Heinrich Pestalozzi und auf den vierten Platz wurde General Henri Guisan gesetzt, dessen Ver-dienste als Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Welt-krieg bis heute unvergessen sind. Auf den nächsten Plätzen folgen Le Corbusier, Jean-Jacques Rousseau und Alberto Giacometti.

Wir danken allen, die sich an unserer kleinen Umfrage beteiligt haben.

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The Marlboro Man.

Hannes Schmid, 1946 in Zürich geboren, fotografi erte den Marlboro Man zwischen 1993 und 2002. Er zählt zu den wichtigsten Marlboro-Fotografen, da er der bereits bekannten Figur neue Facetten verleihen konnte. Die Schweizer Fotostiftung ehrt ihn mit einer Ausstellung in Winterthur (bis 19.9.2010). www.fotostiftung.ch

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«Seele des Widerstandes, Retter des Vaterlandes»

Vor fünfzig Jahren starb Henri Guisan, Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg. Seine Rede auf dem Rütli und der Rückzug der Truppen in die Alpenfestung am Gott-hard begründeten den nationalen Widerstand. Guisan war der geliebte und geachtete General des ganzen Volkes. Auch wenn seine Biografi e nicht makellos ist, war er die Vaterfi gur der Kriegsgeneration. Von Rolf Ribi

Am 12. April 1960 spannte sich ein blauer Himmel über Lausanne. Ein bissig kalter Nordwind wehte durchs Waadtland. Die feldgrüne Farbe von vielen tausend Soldaten der Armee von 1939 bis 1945 beherrschte das Bild. Die Angehörigen des Aktivdienstes standen in mehreren Reihen am Strassen-rand, zusammen mit 300 000 Menschen aus allen Schichten des Volkes. Fünf Tage zuvor war General Henri Guisan, der Oberbefehls-haber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg, mit 86 Jahren gestorben.

Von Pully, dem Wohnort des Verstor-benen, bewegte sich der Trauerzug zur Lausanner Place de la Riponne. Hier nahm die Armee in einer würdigen Zeremonie Ab-schied von ihrem General. Mehr als 3000 Persönlichkeiten, ein Füsilierbataillon, eine Haubitzenabteilung, eine Dragonerschwad-ron und die Träger der 400 Feldzeichen der Armee bildeten den vier Kilometer langen Trauerzug. Sechs Pferde zogen die Artille-rie-Lafette mit dem von der Schweizer Fahne bedeckten Sarg. Dahinter schritt das letzte Pferd des Generals mit leerem Sattel und mit gesenktem Kopf. In der Kathedrale von Lausanne stieg Bundespräsident Max Petitpierre auf die Kanzel und hielt die Totenrede. Im ganzen Land läuteten danach die Kirchenglocken.

Ein solches Staatsbegräbnis hatte die Eid-genossenschaft noch nie erlebt. Im Schwei-zervolk herrschte tiefe Trauer. Sie galt dem militärischen Führer in gefahrvoller Zeit, der «Seele des Widerstandes»», dem «Retter des Vaterlandes», dem geliebten General des ganzen Volkes. Sein Bild hing damals in fast allen Stuben, in vielen Gasthöfen, in allen Unterkünften der militärischen Truppen. Schon zu seinen Lebzeiten wurden Strassen und Plätze nach Guisan benannt. Das vom Künstler Charles Otto Bänninger gestaltete Denkmal steht in Ouchy am Genfersee.

Wahl zum General

Mögliche Angriffspläne Deutschlands hat-ten im Frühjahr 1939 die europäischen Nach-barn beunruhigt. In der Schweiz wurden die Grenztruppen auf den 28. August einberu-fen, um die Mobilmachung der gesamten Armee vom 2. September zu sichern. Am 29. August rief Bundesrat Rudolf Minger, der Chef des Militärdepartementes, den Oberstkorpskommandanten Henri Guisan telefonisch nach Bern. Am nächsten Tag, dem 30. August, wählte ihn die mitten im Sommer einberufene Bundesversammlung mit 204 von 229 Stimmen zum Oberbefehls-haber der schweizerischen Armee. Radio Be-romünster übertrug den Wahlakt direkt in die Wohnstuben, Fabrikhallen und Büros.

Kaum war Henri Guisan gewählt, schritt der 64-Jährige in den Nationalratssaal, den Offi -ziershut in der Hand, den Säbel am Gurt, die Beine in Reiterstiefeln. Im Saal und auf den Tribünen hatten sich alle erhoben. Der Bun-deskanzler verlas die Eidesformel, der Gene-ral sagte kurz «Je le jure!». Dann sprach der Präsident der Versammlung: «Wir vertrauen Ihnen den Schutz unseres Vaterlandes an, das wir mit allen Kräften lieben, das wir niemals preisgeben wollen. Gott segne Ihre Aufgabe, Herr General.» Als Henri Guisan aus dem Bundeshaus trat, stimmten die Menschen auf dem Bundesplatz die Nationalhymne an. Der neugewählte General sang mit.

Guisan, der Bauer und Offi zier

Wer war Henri Guisan? Im Jahr 1874 in Mézières im Waadtland als Sohn eines Land-arztes mit Bürgerort Avenches geboren, ver-lor er schon bald seine leibliche Mutter. Von der Jugend des kleinen, schmächtigen und hübschen Jünglings ist wenig bekannt. We-der bei den Kadetten noch im Sport und im Gymnasium fi el er besonders auf. An der Uni-versität Lausanne konnte er sich auf keine

Studienrichtung festlegen. Ohne akademi-schen Abschluss begab er sich auf seinen Le-bensweg. Da entdeckte der junge Mann seine Vorliebe für die Landwirtschaft. Auf zwei Deutschschweizer Höfen lernte Guisan das bäuerliche Handwerk und Schweizerdeutsch und bewunderte das aristokratische Gehabe der Besitzer. Nun wollte er endgültig Land-wirt werden. 1897 kaufte er im Broye-Tal einen Bauernhof, im gleichen Jahr heiratete er Mary Doelker, und bald wurden die Kin-der Henry und Myriam geboren. In Verte-Rive am Genfersee erwarb die Familie dank den Mitteln der Frau ein schönes Landhaus, in dem sie zeitlebens blieben.

Bald schon spürte der junge Offi zier seine Neigungen für das Militärische. In Uniform blühte Guisan auf. Gemäss seinem Dienst-büchlein verbrachte er fortan 20 Jahre an Diensttagen in der Armee. Vom einfachen Trainsoldaten, der die Pferde für den Trans-port der Geschütze betreute, führte seine militärische Karriere in der Artillerie und der Infanterie bis zum Oberstdivisionär. Nun liess sich der überzeugte Milizoffi zier zum Berufsoffi zier küren. 1932 wurde er zum Oberstkorpskommandanten ernannt, dem höchsten Offi ziersrang in Friedenszeiten.

Zeitgenossen und Historiker schildern seine persönlichen Eigenschaften mit Nuan-cen: Für Karl Schmid, staatspolitischer Vor-denker und Generalstabsoffi zier, verkör-perte Guisan den Widerstandswillen des ganzen Volkes, weit über die Armee hinaus. «Das Volk machte ihn zu seinem Repräsen-tanten.» Der General genoss die Popularität und Liebe, die ihm überall zuströmten. Mit seinem einfachen und herzlichen Wesen nahm er die Sorgen der Soldaten um das Schicksal von Familie und Betrieb ebenso ernst wie jene der Frauen um Haus und Kin-der. – Der Historiker Willi Gautschi, Autor

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der umfassenden Biografi e über den Gene-ral, schrieb: «Guisan war kein Intellektueller und kaum ein Stratege. Als Pragmatiker war er aber ein Genie des gesunden Menschen-verstandes.» Die Imagepfl ege war ihm wich-tig: Seine Uniform war eleganter als jene der anderen Offi ziere, kein Bild des Generals durfte ohne Einwilligung seines Stabes ver-öffentlicht werden. Guisan liebte Feste und Sportveranstaltungen. – «Es gehörte zu den Geheimnissen dieses aristokratischen Gene-rals, dass er jedem Soldaten das Gefühl gab, ihn als gleichberechtigten Bürger zu betrach-ten», schrieb Markus Somm, Verfasser einer neuen Biografi e über Guisan. Wo immer der General erschien, wollten ihn die Menschen begrüssen. Wer mit ihm gesprochen hatte, erzählte sein Leben lang davon.

Geheime Gespräche mit Frankreich

Im Morgengrauen des 1. September 1939 war die deutsche Wehrmacht in Polen einmar-schiert. Der Zweite Weltkrieg hatte begon-nen. Der Bundesrat befahl die Generalmo-bilmachung der Armee für den 2. September. Am ersten Tag der Mobilmachung waren 430 000 Soldaten und 200 000 Hilfsdienst-pfl ichtige eingerückt. General Guisan wusste, woran es der Armee vor allem mangelte – an Panzern und Flugzeugen. Man verfügte über bedeutend mehr Pferde als Motorfahrzeuge. Um das natürliche Gelände zu nutzen, ent-schied sich Guisan für eine Armeestellung von Sargans, dem Zürichsee und der Limmat entlang bis in den Jura. Die Front verlief mit-ten durch die Stadt Zürich.

Die Frontstellung richtete sich einseitig nach Norden, im Westen des Landes sah der General keine Gefahr. Zu Frankreich und seiner Armee besass Guisan ein sehr persön-liches Verhältnis. Im Ersten Weltkrieg hatte er französische Truppen an der Front be-

sucht. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrie-ges pfl egte er persönliche Beziehungen zu massgebenden Armeeführern. Dabei erhielt er Einblick in französische Abwehrpläne in unserem Grenzraum. Im Herbst 1939 kam es im Auftrag des Generals zu geheimen Kontakten mit französischen Armeestellen. Ziel der Kooperation: Sobald deutsche Truppen unser Land angreifen, überschrei-ten französische Einheiten die Schweizer Grenze und besetzen den Raum Basel. Eine ganze Division unserer Armee wäre dem französischen Kommando unterstellt wor-den. Weder der Bundesrat noch der Gene-ralstab wussten von diesen Absprachen.

Offene Westfl anke der Armee

Dann kam alles anders: Im Mai und Juni 1940 besiegte die deutsche Wehrmacht innert sechs Wochen Frankreich und besetzte weite Teile des Landes. Mit dem Waffenstillstand vom 25. Juni 1940 zwischen Deutschland und Frankreich war die Westgrenze unseres Lan-des bedroht. «Infolge mehrfacher Fehlbeur-teilungen erlitt die Schweizer Armeeführung mit ihrer Abwehrstrategie ein Desaster von katastrophalem Ausmass», urteilte der His-toriker Klaus Urner. Und: «Wäre damals der deutsche Vorstoss in die vom französischen Schutz entblösste Schweizer Flanke im Westen fortgesetzt worden, hätte er sein Ziel in kürzester Zeit erreicht.»

Im Juli 1940 erbeuteten deutsche Trup-pen im Städtchen La Charité-sur-Loire bei Dijon in einem zerstörten Eisenbahnwagen Geheimakten des französischen Generalsta-bes. Darunter befanden sich Dokumente

über die Geheimverhandlungen schweizeri-scher Offi ziere mit der französischen Armee für den Fall eines deutschen Angriffs. Nach Edgar Bonjour, dem Verfasser des Standard-werkes «Geschichte der schweizerischen Neutralität», war Guisans Vorgehen neutra-litätspolitisch ein gewagter Grenzfall. «Das hätte von Deutschland zum Vorwand einer militärischen Invasion genommen werden können.» Die Stellung General Guisans war 1940/41 «unzweifelhaft gefährdet» (schrieb damals die «Neue Zürcher Zeitung»).

Der Zusammenbruch Frankreichs löste im Schweizervolk einen Schock aus. Doch bald kam die Hoffnung auf, mit dem deutsch-französischen Waffenstillstand sei die Kriegsgefahr vorläufi g überstanden. Der Ge-neral glaubte, die Deutschen würden «mili-tärische Aktionen kaum ins Auge fassen». Der Bundesrat verfügte eine teilweise De-mobilmachung der Armee und schickte fast zwei Drittel der Soldaten nach Hause. Ge-neral Guisan wehrte sich nicht. Am 24. Juli standen an der Westgrenze des Landes starke deutsche Verbände mit 245 000 Mann und warteten auf den Befehl Hitlers zum Einmarsch in die Schweiz. Hätte die deut-sche Armee damals angegriffen, «wäre dies für die Schweiz zum Debakel geworden», so der Militärhistoriker Walter Schaufel-berger.

Rede des Bundespräsidenten

Am 25. Juni 1940 hatte Bundespräsident Marcel Pilet-Golaz eine verhängnisvolle Rede gehalten. «Es ist für uns eine grosse Er-leichterung zu wissen, dass unsere Nachbarn

Bild links: Henri Guisan wird am 30. August 1939 von der Vereinigten Bundesversammlung zum General gewählt. Die National- und Ständeräte er-heben sich zum feierlichen Akt von den Sitzen.

Bild oben: General Henri Guisan, kurz nach seiner Vereidigung am 30. August 1939 im Bundeshaus in Bern. Von links nach rechts stehen die Bundesräte Ernst Wetter, Philipp Etter, General Guisan, Marcel Pilet-Golaz und Hermann Obrecht.

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sich auf den Weg des Friedens begeben ha-ben.» Europa müsse jetzt ein neues Gleich-gewicht fi nden. «Eidgenossen, an euch ist es, der Regierung zu folgen, als einem sicheren und hingebenden Führer, der seine Entschei-dungen nicht immer erklären und begründen kann.» Von Demokratie, Unabhängigkeit, Freiheit, Neutralität sprach Pilet-Golaz nicht. Die Radiorede wirkte wie eine Kapi-tulation, wie eine Anpassung an das «neue Europa». Nach der bedrückenden Rede des Bundespräsidenten schwieg der General einen Monat lang.

Für August R. Lindt, später Schweizer Botschafter in Amerika und Uno-Hochkom-missar, wirkte die Rede «niederschmet-ternd». In jenen führungslosen Tagen schlos-sen mutige Männer einen geheimen Offi ziersbund und forderten den bedin-gungslosen Widerstand. Es war eine Ver-schwörung gegen den Bundesrat – und auch gegen den General. Alfred Ernst, August R. Lindt, Max Waibel und Hans Hausamann waren die treibenden Kräfte des geheimen Bundes von 25 Offi zieren und Unteroffi zie-ren. Doch die Verschwörung wurde verra-ten und der General benachrichtigt. Guisan empfi ng die führenden Verschwörer und be-strafte sie milde mit 5 bis 15 Tagen scharfem Arrest. In seinem Innern war er stolz auf die mutigen Offi ziere und gab jedem die Hand.

Rütli – Aufruf zum Widerstand

Als noch niemand von der Offi ziersver-schwörung wusste, fasste General Guisan ei-

nen historischen Entschluss. Am 25. Juli 1940 brachte der Raddampfer «Luzern» alle Kom-mandanten der Schweizer Armee bis zum Major über den See zur historischen Stätte beim Rütli. Rund 420 Offi ziere, die gesamte Armeeführung, versammelten sich im Halb-kreis mit Blick auf den See und die Gott-hard-Bahnstrecke. Guisan hielt eine kurze, zumeist improvisierte Rede. «Wir befi nden uns an einem Wendepunkt unserer Ge-schichte. Es geht um die Existenz der Schweiz», begann der General. Zwei Themen standen im Mittelpunkt – der Wi-derstandswille und die neue Verteidigungs-strategie. Guisan warnte vor dem aufkom-menden Defaitismus in der Truppe, bei Politikern und auch im Volk. «Wille zum Widerstand gegen jeden Angriff von aussen und gegen die Gefahren im Innern, wie Nachlassen und Defaitismus», verlangte der

General. Dann verkündete Guisan die neue Strategie zur Verteidigung des Landes – die Schaffung eines militärischen Reduits um den Gotthard. Hierhin sollte sich ein grosser Teil der Armee zurückziehen, um die strate-gischen Alpenpässe zu verteidigen.

«Auf dem Rütli stieg der General zur na-tionalen Führergestalt auf», schrieb der Militärhistoriker Hans-Rudolf Kurz. Für Professor Edgar Bonjour bedeutete der Rütli-Rapport den «entscheidenden Wen-depunkt in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs». Am nationalen Feiertag des 1. August sprach der General am Radio zum Volk: «Können wir überhaupt Widerstand leisten? Die Frage ist eines Schweizers und erst recht eines Soldaten unwürdig.»

Rückzug ins Gebirge

Im Juni 1940 war unser Land von den Ach-senmächten umklammert. Die Fronten für die Schweizer Armee waren so lang, dass deutsche und italienische Truppen überall einbrechen konnten. «Die Lücken in der Panzer- und Fliegerabwehr hätten es der Armee nicht erlaubt, die Feldschlacht im Mittelland zu suchen», schrieb Hans-Rudolf Kurz. Eine neue militärische Strategie musste gefunden werden. Oberst Oscar Germann verfasste die massgebende Denk-schrift: Die Armee ist in den Alpen statio-niert, um den Hauptangriff Hitlers zu erwarten und zurückzuschlagen. General Guisan, kein Mann der raschen Beschlüsse, zögerte. Er dachte an den schwierigen Nach-schub für Munition und Verpfl egung und an die Preisgabe eines grossen Teils des Landes an den Feind.

Am 9. Juli 1940 entschied sich der Gene-ral für das Reduit, drei Tage später orien-tierte er die Regierung. Nach dem Krieg begründete Guisan seine Idee: Der «Ein-

Bild oben: Auf der Rütliwiese, dem «Symbol der schweizerischen Unabhängigkeit», versammelt Ge-neral Henri Guisan am 25. Juli 1940 seine Kom-mandeure und erläutert ihnen den Grundgedanken des Reduitsystems.

Bild links: Schweizer Soldaten erhalten in Genf im Rahmen der Mobilmachung 1939 den Marschbefehl. Auf die Nachricht vom deutschen Angriff auf Polen in den Morgenstunden des 1. September 1939 ord-net der Bundesrat im Einvernehmen mit General Guisan die allgemeine Mobilmachung der Armee für den 2. September an.

Bild rechts: Trauerzug für den am 7. April 1960 ver-storbenen Henri Guisan auf der Place de la Riponne vor dem Palais de Rumine in Lausanne.

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trittspreis» sollte so hoch sein, dass er jeden Eindringling abschreckte, «weil ihm unsere Alpenübergänge nie intakt in die Hände ge-fallen wären». Im Sommer 1941 befanden sich alle neun Divisionen der Armee sowie die Gebirgsbrigaden im Reduit, das von der Festung Sargans im Osten bis zur Festung von St-Maurice im Wallis reichte. Im Zen-trum stand die Festung am Gotthard, über-all gab es Bunker, Panzersperren und Flug-pisten. Die Bahnstrecken durch Gotthard und Simplon wurden zur Zerstörung vorbe-reitet. «Die Zurücknahme der Armee ins Gebirge bedeutete die nahezu kampfl ose Preisgabe von rund vier Fünfteln der schwei-zerischen Bevölkerung, der Industrie und des Volksgutes» (so Hans-Rudolf Kurz).

Bis ins Frühjahr 1941 blieb die Sicherheit unseres Landes labil. Mit einem überra-schenden Angriff Hitlers auf die Schweiz war noch immer zu rechnen (wie der Historiker Klaus Urner nachwies). Die weiteren Kriegs-jahre bis 1945 waren für das Schweizervolk hart und sorgenvoll. Die Landung der alliier-ten Streitkräfte in Nordafrika und die Beset-zung Oberitaliens durch Deutschland rück-ten die Bedeutung der Alpenpässe erneut ins Blickfeld. Die Invasion der Alliierten in der Normandie und die alliierte Landung in Süd-frankreich von 1944 beendeten die Einschlies-sung unseres Landes durch die Achsen-mächte. Die Armee verliess das Reduit, um wieder an der Grenze aufzumarschieren.

Schweizer Soldaten!

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht. In seinem Tagesbefehl erklärte der General: «Schweizer Soldaten! Wir wol-len Gott, dem Allmächtigen, danken dafür, dass unser Land von den Schrecken des Krie-ges verschont blieb. Soldaten, ihr habt euch eures Vaterlandes würdig erwiesen.»

Am 4. Juni ersuchte der General die Bun-desversammlung, das Ende des Aktivdiens-tes auf den 20. August anzusetzen und ihn von seinem Amt zu entbinden. Im versam-melten Parlament sagte der Präsident: «Als ein Mann der Pfl icht haben Sie sich, Herr General, als ein Mann von Herzensgüte und edler Menschlichkeit erwiesen. Das Schwei-zerland ist stolz auf Sie.» Am Tage zuvor hatte General Guisan in einem letzten militärischen Akt sämtliche Fahnen und Standarten der Armee nach Bern befohlen. Am Ende der ergreifenden Feier zum Ab-schluss des Aktivdienstes auf dem Bundes-platz sangen alle Leute entblössten Hauptes die Landeshymne.

Schatten in der Biografi e

Wie lautet im geschichtlichen Rückblick das Urteil über den Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg? In politischer Sicht gibt es diese Vorbehalte: Die Staatsform der Demokratie «erduldete» der General (Markus Somm), das Parlament blieb ihm fremd, die Regierung war für ihn führungsschwach, von den Parteien hielt er nicht viel. Trotz gewisser Sympathien für eine ständestaatliche autoritäre Ordnung hat Guisan den Boden der Demokratie nie verlassen. – Dem französischen Marschall Pétain, Sieger in der Schlacht von Verdun im Ersten Weltkrieg und Staatschef im hit-lerfreundlichen Frankreich, erwies Guisan stets Respekt. Im Herbst 1937 hatte er als Korpskommandant den Marschall zu Armeemanövern eingeladen. Noch 1941 sandte er ihm einen bewundernden Brief zum Geburtstag. Den faschistischen Führer Mussolini hatte Guisan schon 1934 beim Be-such italienischer Manöver kennengelernt. «Er war der Schweiz und mir gegenüber sehr freundlich», meinte er nach dem Krieg. «Guisan liess sich vom Duce täuschen» (Mar-kus Somm).

Kein Ruhmesblatt ist Guisans Haltung zur Flüchtlingspolitik des Bundesrates. «Für die Militärs waren diese Ausländer eine Bedro-hung der öffentlichen Sicherheit» (schrieb die Zeitschrift «L’Hebdo»). Gemäss der Bergier-Kommission wurden mehr als 20 000 Flüchtlinge, davon zahlreiche Juden, an der Grenze abgewiesen. Konnte der General da-von wissen? «Assurément», die Armee habe deutsche Deserteure befragt, die der Juden-vernichtung entfl ohen waren. – Der Gene-ral (wie andere Offi ziere) wies der Presse die Hauptschuld zu für das belastete Verhältnis

zu Deutschland. Schon 1941 verlangte Guisan eine schärfere Pressekontrolle. Die Einführung einer umfassenden Vorzensur wurde ihm vom Bundesrat verweigert.

Auch das militärische Urteil über den Ge-neral ist nicht frei von Schatten: Die gehei-men Verhandlungen des Generals mit der französischen Armee und vor allem der Aktenfund durch die Deutschen zeigten, dass der General hier «ein allzu grosses Wag-nis eingegangen war» (Hans-Rudolf Kurz). Als die Schweiz im Spätsommer 1940 von den Achsenmächten umgeben war und deut-sche Elitetruppen an der Westgrenze stan-den, verfügten Bundesrat und General – wahrscheinlich als Geste an Berlin – die Demobilisierung von rund zwei Drittel Mann. In jener Zeit dachte Hitler aber an die Eroberung der Schweiz. – Im März 1943 trafen sich im Restaurant Bären im berni-schen Biglen der berüchtigte SS-General Schellenberg und der Schweizer Oberbe-fehlshaber. Im Gespräch unter vier Augen bekräftigte Guisan dem Hitler-Vertrauten den festen Willen der Schweiz, die Grenzen (auch gegen die Alliierten) zu verteidigen. Im Gegenzug erwartete er die Zusage, dass Deutschland unser Land nicht angreife, für diesen Fall könne er starke Kräfte der Armee demobilisieren.

Das historische Urteil über den Menschen und General Henri Guisan lautet – trotz sol-chen Vorbehalten – gemäss dem Biografen Willi Gautschi so: Schon zu seinen Lebzei-ten war Guisan eine «eidgenössische Vater-fi gur». In der Person des Generals haben sich Volk und Armee in schwerer Zeit voll-kommen vereinigt. Guisan erscheint über alle politischen und ideologischen Grenzen hinweg als «überragende Integrationsfi gur des Schweizervolkes, als unbestrittenes Sym-bol des Widerstandsgeistes, der Einigkeit und der Kriegsverschonung».

DOKUMENTATION

Willi Gautschi: General Henri Guisan. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 1989, vergriffen;Markus Somm: General Guisan. Stämpfl i Verlag, Bern, 2010, CHF 49.–;Klaus Urner: Die Schweiz muss noch geschluckt werden. Hitlers Aktionspläne gegen die Schweiz. Zürich, 1990;Hans-Rudolf Kurz: General Guisan und die Kriegspar-teien, in: General Guisan und der zweite Weltkrieg 1939-1945. Bern, 1974;Raymond Gafner: General Guisan. Gespräche. Zwölf Sendungen von Radio Lausanne. Bern, 1953;Bibliothek am Guisanplatz www.gs-vbs.admin.ch;Dokumentationszentrum www.doku-zug.ch

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Unterwegs zum verbotenen Paradies. Mit einer umfassen-den Ausstellung bietet das Kunstmuseum Bern die ein-malige Gelegenheit, mit Albert Anker einen der wichtigsten Schweizer Künstler zu entdecken oder wiederzuentdecken. Seine Bilder sind wie kaum andere Kunstwerke im Bild-gedächtnis der Schweiz verhaftet. Von Annemarie Monteil

Er gehört zur Schweiz wie die Alpen und das Jodeln, Albert Anker aus dem bernischen Ins (1831-1910). Reproduktionen seiner Kinder-bildnisse und Dorfszenen sind bekannt aus Kalendern, Schulbüchern, Wohnzimmern. Neuerdings schaut sein Bauernbub aus einer 85er Briefmarke, und das Kunstmuseum Bern veranstaltet zum 100.Todesjahr eine grosse Retrospektive.

Anker scheint ein unbestrittener Wert. Das gilt für Höchstpreise an Auktionen, er-weist sich aber in Gesprächen als Täuschung.

Für Fortschritt-Strategen zementiert Anker eine untauglich gewordene Folklore. Dass der SVP-Politiker Christoph Blocher jedes vierte Bild der Ausstellung besitzt, sehen sie als Bestätigung. Den Kämpfern gegen eine «heile Welt» sind Ankers Bilder verlogene Idyllen. Anderen ersetzt der lesende Gross-vater den Kirchgang. Snobs sagen, «kenne ich alles», und sehr junge Menschen staunen und wollen mehr wissen.

Die Wechselbäder sprechen nicht gegen Anker. Wahre Einfachheit kann die Kompli-

zierten verwirren. Er selbst machte es sich nicht leicht. Aufgewachsen in der gebildeten Familie eines Tierarztes, studiert Anker auf Wunsch des Vaters Theologie, quält sich mit seiner Sehnsucht, Maler zu werden: «Das Ge-biet der Kunst kommt mir vor wie ein verbo-tenes Paradies», schreibt er. Endlich wird er Schüler von Charles Gleyre, glücklich und mit schlechtem Gewissen: Für den enttäuschten Vater bleibt er «mein Maler contre-cœur».

Umso wichtiger ist der Erfolg. Anker darf im begehrten «Salon» ausstellen, während Manet, Degas, Monet abgelehnt werden. Die Wintermonate lebt er in Paris, er kennt sich aus von Platon bis Darwin, mit den Freunden spricht er französisch. Im Sommer wohnt und malt er im grosselterlichen Haus in Ins, beliebt, verehrt. Seine Genrebilder treffen den Zeitgeschmack. Im aufstreben-den Bundesstaat gehörte Anker – wie Calame, Koller und Zünd – zur nationalen Stimme.

«Tee und Cognac». In den Stillleben grüsst Albert Anker über 200 Jahre hinweg den grossen Kollegen Jean-Baptiste Siméon Chardin.

«Mädchen, die Haare fl echtend». Für Buch, Tuch und Zopf hat Anker die gleiche Aufmerksamkeit: nicht penibler Realismus, sondern Hinneigen zu den Dingen des Lebens.

«Schreibunterricht II». Keine Idylle, das Schreibenlernen ist ein zu schweres Ding.

«Grossvater mit schlafender Enkelin». Anker habe nur Alte und Kinder gemalt, sagen Kritiker. Sie waren jene Modelle, die Zeit hatten und nicht auf dem Feld arbeiteten.

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Die «Armensuppe» steht für die humanitäre Tradition der Schweiz, der «Schulspazier-gang» lebt von Pestalozzis liberaler Pädago-gik. Beliebt waren Bilder toter Kinder. An-ker inszeniert ein sanft weinendes Kindergrüpplein um eine kleine Leiche: «Die tote Freundin» ist samt Titel ein theatrali-sches Rührstück. Später wird Anker sein eigenes totes Kind malen, publikumsfern, blühende Malkunst, in den dunklen Grund ritzt er «liebe liebe Ruedeli».

Das ist ebenfalls Anker. Pauschalurteile verfehlen ihn. Auch der Titel der Berner Ausstellung «Schöne Welt» greift zu kurz. Anker malt weder eine frohe noch eine «schöne» Welt. Eine leise Schwermut liegt über vielen Bildern. Ernst oder altklug schauen oft die Kinder, schmallippig sind die Alten, und Dreck unter den Fingernägeln ha-ben die Bauern auch im Sonntagsstaat. Ver-botene Paradiese?

Vielleicht kommt man Anker am nächsten in den Porträts, dem Hauptteil des Schaf-fens. In leicht konventioneller Eleganz malte er die städtischen Damen und Herren, wie es den Auftraggebern gefi el. Den Bildnissen haftet – wie auch manchen Genrebildern – etwas Akademisches, Bemühtes an. (Will er immer noch dem Vater gefallen?) Bei aller Feinheit des Pinsels, Schicht um Schicht, bleibt die Maltextur wattig verhalten. Pfl ichtübungen. Einen reichen Kaufmann schickte er einmal zum Fotografen, er ma-che «söttig Sache nid uf ds Kommando».

Ganz anders die Menschen aus dem Dorf, die Anker freiwillig ins Atelier bat: hohe Por-trätkultur. Ist das Geheimnis grosser Kunst die Anteilnahme? Das Berührtsein? In wun-dersamer Einheit scheint dem Maler alles gleich wichtig, gleich gewichtig: das über die Schreibtafel gebeugte Gesichtlein und der Pausenapfel, die Runzeln der Grosseltern

und der Strickstrumpf. Es ist dieser lebens-freundliche Blick, der den schlichten Menschen und Dingen eine strahlende Würde gibt, der Intimität zur Kunst macht und Stillleben zu ländlichen Ikonen. Die Peinture wird leicht, luftig, ein unbeschreib-liches Licht webt durch alles: ohne «Verbot» – Paradiesbilder.

Ausstellung im Kunstmuseum Bern bis 5.Sep-tember 2010. Katalog Albert Anker – Schöne Welt CHF 58.–

ANKER-GOLDMÜNZE

Die Eidgenössische Münzstätte Swissmint nimmt das Gedenkjahr für Albert Anker zum Anlass, dem bekannten Schweizer Künstler die offi zielle Goldmünze 2010 zu widmen. Die Sondermünze zum Nennwert von 50 Franken ist bei allen Banken und Münzen-händlern erhältlich. Die Aufl age ist limitiert.www.swissmint.ch

«Der Trinker». Heiter ist das Alter nicht. Anker schaut nicht an der Wirklichkeit vorbei.

«Der Seifenbläser». Nicht nur das Motiv, sondern der schimmernd-schwebende Farbauftrag (sichtbar im Original) gibt dem Seifenbläser den Zauber der Schwerelosigkeit.

«Der Schulspaziergang». Im Jahr 1872 plädiert Albert Anker, selbst Mitglied des Schulrates, für die gemischte Schule als heitere Pfl icht.

«Der Schneebär». Der Maler kennt seine Berner. Sie bauen keinen Schneemann, sondern ihr Wappentier, einen Schneebären.

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Das Erdbeben in Haiti –

Schutz der Schweizerinnen und Schweizer

1. Erfolgreicher Einsatz für die Schweizerinnen und

Schweizer in Haiti

Das Erdbeben in Haiti vom 12. Januar 2010 verursachte massive Zerstörungen an Gebäuden und Infrastruktur, kostete gemäss haiti-anischen Angaben über 250 000 Menschenleben und hinterliess Tau-sende obdachlos. Auf der Botschaft in Port-au-Prince waren vor dem Erdbeben 130 Schweizerinnen und Schweizer immatrikuliert. Insge-samt hielten sich zur Zeit des Erdbebens knapp über 200 unserer Mit-bürgerinnen und Mitbürger in Haiti auf (Touristen, Nicht-Imma-trikulierte, Geschäftsreisende). Davon konnten 199 kontaktiert werden. Vier Personen wurden als verletzt gemeldet. Eine Person bleibt, trotz intensiver Suche und andauernder Bemühungen, bis heute vermisst.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Erdbebens setzte das Krisenzentrum der Politischen Abteilung VI im EDA, parallel und in enger Zusammenarbeit mit der Humanitären Hilfe der DEZA, eine im 24-Stunden-Betrieb arbeitende Krisenzelle ein. Diese wurde kurz darauf durch die übrigen betroffenen Dienste des EDA, des EJPD und des VBS verstärkt. Die Krisenzelle hatte den Auftrag,

■ die Suche und Identifi kation der Schweizer Bürgerinnen und Bür-ger aufzunehmen, ■ die Hilfe für bedürftige Schweizerinnen und Schweizer vor Ort zu organisieren (in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Sozialhilfe für Auslandschweizer/innen des Bundesamtes für Justiz), ■ Ausreisewillige mit allen vorhandenen Mitteln bei deren Repatri-ierung zu unterstützen. Die Sektion Konsularischer Schutz (SKS) der Politischen Abteilung VI koordinierte, in Zusammenarbeit mit den Vertretungen vor Ort, die Rückkehr der Schweizer Bürgerinnen und Bürger und organisierte die medizinische Versorgung der Ver-letzten und deren anschliessende Repatriierung in die Schweiz.

Leitfaden der Krisenvorsorge:

IKRA –

I mmatrikulieren und informieren

K ontakte mitteilen

R eserven bilden

A ktiv werden

■ Immatrikulieren Sie sich bei Ihrer Ankunft im Gastland bei der für Sie zuständigen Schweizer Vertretung (www.eda.admin.ch/eda/de/home/reps.html).

■ Informieren Sie die Schweizer Vertretung jeweils umgehend über Wohnungswechsel, Familienzuwachs, Sterbefälle, Änderun-gen Ihres Zivilstands sowie Änderungen Ihrer Kontaktdetails (Telefon, E-Mail, Wohn- und Arbeitsadresse). Sofern Sie auf der Durchreise sind, informieren Sie die Vertretung über Ihren Auf-enthaltsort bzw. Ihre Reiseroute und teilen Sie Ihre Erreichbar-keit mit.

■ Geben Sie der Schweizer Vertretung jeweils möglichst umfas-sende Kontaktdetails von Verbindungspersonen an, von Ihren nächsten Verwandten und Freunden im Gastland und in der Schweiz. Antworten Sie jeweils unbedingt auf entsprechende

Trotz erheblicher Schwierigkeiten konnte das EDA den in Not geratenen Schwei-

Mitarbeitende der Hotline des EDA geben Auskunft

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Elektrizitätsversorgung, Wasser- und Nahrungsmangel, weiträumige Zerstörungen) gelang es so der Botschaft in Port-au-Prince, unsere Landsleute vor Ort zu lokalisieren, die vier Verletzten zu versorgen und die insgesamt 37 Rückkehrwilligen mit fünf Bussen auf dem Land- und mit einem Helikopter der Humanitären Hilfe auf dem Luftweg nach Santo Domingo zu evakuieren. Davon kehrten 20 Personen in die Schweiz zurück, wo sie bei ihrer Ankunft umgehend vom Bun-desamt für Bevölkerungsschutz des VBS betreut wurden.

2. Welche Lehren können aus dem Einsatz gezogen werden?

Der Einsatz für die Schweizerinnen und Schweizer in Haiti kann angesichts der reibungslosen Abwicklung der Repatriierung als Er-folg gewertet werden. Dennoch sah sich die Schweizer Botschaft in Port-au-Prince bei der Suche nach unseren Landsleuten und bei der Unterstützung der Ausreisewilligen auch mit Schwierigkeiten kon-frontiert. Ein Teil dieser Hindernisse war unvermeidbar und ist auf die besonderen Umstände der Katastrophe zurückzuführen. Ein an-derer Teil war sozusagen «hausgemacht» und hätte durch eine sorg-fältige Vorbereitung jedes einzelnen im Ausland wohnhaften Schwei-zers auf den Krisenfall vermieden werden können.

Wodurch wurde die Suche nach unseren Landsleuten und die Un-terstützung zur Ausreise erschwert?

Das Erdbeben bewirkte zeitweise einen vollständigen Zusammen-bruch der Telekommunikation. Wegen des temporären Ausfalls des lokalen Festnetzes, des Mobilfunknetzes sowie der Satellitenverbin-dungen konnte die Botschaft unsere Landsleute nicht erreichen. Lediglich die Kommunikation über Internet war möglich.

Die Immatrikulationsregister auf der Botschaft entsprachen man-gels aktualisierter Rückmeldungen nicht dem aktuellen Stand der Schweizer Kolonie. Landsleute waren weggezogen, ohne sich auf der Botschaft abzumelden, andere waren zugezogen, ohne sich auf der

Umfragen der Vertretung und füllen Sie diesbezügliche Fragebö-gen in Ihrem Interesse möglichst umfassend aus.

■ Halten Sie an einem sicheren Ort zu Hause immer eine kleine Reserve an Bargeld verfügbar. Legen Sie eine Trinkwasser- und Nahrungsmittelreserve, gegebenenfalls auch eine Treibstoffre-serve an, die für die ersten Tage einer Krise ausreicht. Legen Sie ein Notfall-Kit bereit, das ein Radio, Batterien, eine Taschen-lampe, Ersatzkleider, Hygieneartikel, Erste Hilfe-Material und Ihre Reisedokumente (Pass) enthält. Schliessen Sie unbedingt eine Kranken- und Unfallversicherung ab, die im Schadensfall Heilungskosten deckt.

■ Werden Sie im Krisenfall selbst aktiv und melden Sie, wenn im-mer möglich, umgehend Ihren Zustand der Schweizer Vertretung oder dem Krisenstab des EDA in Bern: entweder telefonisch über die im Krisenfall erreichbare Hotline des EDA (031 325 33 33) oder über die auf der Internet-Seite des EDA (www.eda.admin.ch) veröffentlichte Suchmaske.

■ Die Behörden bestimmter Risikozonen (beispielsweise erdbe-bengefährdeter Gebiete) sehen Krisenvorsorge-Massnahmen vor. Bitte informieren Sie sich darüber aktiv bei den lokalen Behörden und befolgen Sie deren Anweisungen.

Um die Botschaften in Port-au-Prince und in Santo Domingo bei ihren Aufgaben zu entlasten, entsandte das Krisenzentrum des EDA insgesamt acht Mitglieder des Kriseneinsatz-Pools (KEP) nach Port-au-Prince und Santo Domingo, wobei die ersten zwei KEP-Mitglie-der bereits wenige Stunden nach dem Erdbeben im schwer zugängli-chen Krisengebiet eintrafen. Das Krisenzentrum richtete an der Zentrale sofort eine Hotline-Nummer ein, die rund um die Uhr An-rufe besorgter Familienangehöriger entgegennahm, Such- und Rück-meldungen erfasste, diese untereinander abglich und laufend an unsere Vertretung in Port-au-Prince zur Bearbeitung weiterleitete.

Unter ausserordentlich schwierigen Bedingungen (zusammenge-brochene Telekommunikation, Treibstoffmangel, unterbrochene

zerinnen und Schweizern in Haiti wirkungsvoll helfen.

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VERANT WORTLICH FÜR DIE AMTLICHEN MITTEILUNGEN DES EDA:JEAN-FRANÇOIS LICHTENSTERN, AUSL ANDSCHWEIZERDIENST/EDABUNDESGASSE 32,CH-3003 BERNTELEFON: +41 31 324 23 98, TELEFAX +41 31 322 78 66WWW.EDA.ADMIN.CH/ASD, PA6-AUSL [email protected]

NEUE VOLKSINITIATIVEN UND REFERENDEN

Seit der letzten Ausgabe sind bis Redaktionsschluss die folgenden neuen Volksinitiativen lanciert worden:

■ «Für ein liberales Rauchergesetz», Initiativkomitee: IG Freie Schweizer Wirte, Ablauf der Sammelfrist: 23.08.2011.

■ «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien (Cleantech-Initia-tive)», Initiativkomitee: Sozialdemokratische Partei der Schweiz, Ab-lauf der Sammelfrist: 16.09.2011.

■ «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes», Initia-tivkomitee: Überparteiliches Komitee «Schluss mit der MwSt-Diskri-minierung des Gastgewerbes», Ablauf der Sammelfrist: 07.10.2011.

■ «Schutz vor Rasern», Initiativkomitee: RoadCross Schweiz, Ablauf der Sammelfrist: 27.10.2011.

■ «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen fi nanziert durch Ener-gielenkungsabgaben»

Initiativkomitee: Initiativkomitee «Für ein bedingungsloses Grund-einkommen fi nanziert durch Energielenkungsabgaben», Frau Gab-riela Coray, Ablauf der Sammelfrist: 19.11.2011.

■ «Wenden wir die Menschenrechte an auf Frauen und Männer = Schweiz», Initiativkomitee: Initiativkomitee «Wenden wir die Men-schenrechte an auf Frauen und Männer = Schweiz», Ablauf der Sam-melfrist: 19.11.2011.

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren keine Referenden hängig.

Auf der Seite www.bk.admin.ch/aktuell/abstimmung fi nden Sie eine Aufstellung der hängigen Referendumsvorlagen und Volksinitia-tiven sowie die entsprechenden Unterschriftenbogen, falls vorhan-den. Bitte senden Sie die ausgefüllten und unterschriebenen Bogen direkt an das zuständige Initiativkomitee.

Botschaft anzumelden. Die vermerkten Adressen im Immatrikula-tionsregister waren mangels präziser Auskunft der Erfassten unge-nau. Sie enthielten oft keine präzise Ortsangabe (Strasse, Hausnum-mer). Dies erschwerte inmitten der weiträumigen Zerstörung die Suche nach unseren Landsleuten.

Über den Zustand vieler Landsleute konnte erst im Verlaufe meh-rerer Tage Gewissheit erlangt werden, da viele individuell abgereist waren, ohne dies der Botschaft zu melden.

Bald nach dem Erdbeben wurden auch bei einigen unserer Lands-leute das Trinkwasser und die Nahrungsmittel knapp. Zudem machte sich der Bargeldmangel bemerkbar, da durch das Erdbeben die Ban-ken zerstört bzw. die automatische Geldausgabe unterbrochen war.

3. Individuelle Krisenvorsorge

Im Sinne der Verbesserung der eigenen Vorbereitung auf künftige Krisensituationen verschiedener Art (Naturkatastrophen und andere Grossereignisse, politische Unruhen etc.) hat die Politische Abtei-lung VI des EDA einen kleinen Leitfaden zusammengestellt, der Ih-nen und dem EDA die Zusammenarbeit bei künftigen Krisen erleich-tern soll (s. Kasten S. 14–15).

Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung dieser Ratschläge!Christoph Späti, Politische Abteilung VI

UN-Wiederaufbaukonferenz in New York:

Die Schweiz unterstützt Haiti mit 90 Millio-

nen Schweizer Franken

Die Schweiz wird sich längerfristig in Haiti engagieren. An der

Uno-Geberkonferenz vom 31. März 2010 in New York bekräftigte

DEZA-Direktor Martin Dahinden die Solidarität der Schweiz

mit dem erdbebenversehrten Karibikstaat. Bis 2012 stellt der

Bund insgesamt 35,9 Millionen für den Wiederaufbau zur

Verfügung. Dazu kommen 55 Millionen Franken Spendengelder,

die direkt von der Glückskette und ihren Partnerorganisationen

umgesetzt werden.

An der Ministerkonferenz «Towards a New Future for Haiti» vom 31. März in New York stellte die Schweizer Delegation unter Leitung von DEZA-Direktor Martin Dahinden ihr Programm zur Unterstüt-zung der haitianischen Bevölkerung vor. Nebst den humanitären Aktionen wird die Schweiz Haiti auch beim längerfristigen Wieder-aufbau unterstützen. Martin Dahinden führte an der Konferenz aus, wo die Schweiz ihre Schwerpunkte setzen will: «Nach dem verhee-renden Erdbeben hat die Schweiz Haiti im Rahmen der grössten je durch die Schweiz durchgeführten Soforthilfeaktion unterstützt. Da-rüber hinaus wird die Schweiz dem Land jedoch zusätzlich im Wie-deraufbau beistehen. Besondere Heraus for derungen im längerfristi-gen Wiederaufbau sehen wir bei der Sanierung der sozialen Infrastruktur wie Schulen und Spitäler, der Entwicklung der ländli-chen Regionen und der Ernährungssicherheit.»

Die Schweiz wird dabei den Leitlinien des Aktionsplans der Ver-einten Nationen zum Wiederaufbau Haitis folgen. Damit sich diese Bemühungen nicht ausschliesslich auf die Hauptstadt Port-au-Prince konzentrieren, unterstützt die Schweiz in Übereinstimmung mit den Absichten der haitianischen Regierung auch dezentrale Vorhaben.

Die Schweiz führt seit 2005 in Port-au-Prince ein Kooperationsbüro und ist deshalb mit den Verhältnissen im Land sehr vertraut.

Der Beitrag der Schweiz zum wirtschaftlichen, sozialen und poli-tischen Wiederaufbau wird über Umschichtungen innerhalb beste-hender Rahmenkredite fi nanziert und geht zu Lasten des Kredits für humanitäre Hilfe 2006 (20 Millionen Franken) und des Kredits für Entwicklungszusammen arbeit 2008 (15,9 Millionen Franken). Die Hilfe wird sich also zwischen 2010 und 2012 insgesamt auf 35,9 Mil-lionen Franken belaufen, dazu kommen 55 Millionen Franken Spen-dengelder, die direkt von der Glückskette und ihren Partnerorgani-sationen umgesetzt werden.

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Wer über den Ballenberg wandert, hat nie das Gefühl, ein Museumsbesucher zu sein. Und dennoch führt die Wanderung durch das grösste Freilichtmuseum der Schweiz, das sich in einer der idyllischsten Gegenden des Berner Oberlandes ausbreitet.

Wenn die Eintrittszonen mit den Kassen-häuschen nicht wären, würde der Besucher des Ballenberg wohl erst mit Ver-zögerung merken, dass er sich be-reits im Freilichtmuseum befi ndet. Wahrscheinlich würde ihn nur das Fehlen von parkierten Autos da-ran erinnern, dass er bereits «drin-nen» ist. Denn die Umgebung ist beinahe so malerisch und gepfl egt wie das Freilichtmuseum selber. Der Übergang von den benach-barten Weilern in das nach wis-senschaftlichen und denkmalpfl e-gerischen Grundsätzen geführten und gepfl egten Freilichtmuseums Ballenberg ist fast nahtlos. «Frei-lichtmuseum Ballenberg – das Er-lebnis» heisst die Werbebotschaft

– und hält, was sie verspricht.Die Stiftung Schweizerisches

Freilichtmuseum Ballenberg wurde mit Unterstützung des Bundes und des Kantons Bern im Sommer 1968 ins Leben gerufen. 1978 konnte das Museum mit 16 Objekten im parkähnlichen Gelände über dem Brienzersee eingeweiht werden. Seither ist das Museum laufend ausgebaut wor-den. Zu sehen sind heute über 100 historische Objekte und Häuser aus nahezu allen Kantonen. Der Ballenberg ist das einzige Frei-lichtmuseum für ländliche Kultur in der Schweiz.

Der Ballenberg ist keine ver-staubte Raritätensammlung, son-dern voller Leben und Betrieb-samkeit. Alles lebt in diesem Freilichtmuseum, jeder Schritt bietet ein Erlebnis. Die Gebäude sind alle stilgerecht eingerichtet und dürfen betreten werden.

Stuben, Küchen, Schlafzimmer laden zum Entdecken traditioneller Wohn- und Lebensformen ein, die Gewerbebetriebe zei-gen allen Interessierten, wie früher auf dem Land Brot gebacken, geklöppelt, gewoben wurde, wie Käse und Schindeln hergestellt wurden. Es riecht nach frisch gesägtem Holz und geschmiedetem Eisen in der Schmiede.

Und viele der kulinarischen Köstlichkeiten können natürlich auch degustiert werden.

Alle Gebäude im Freilichtmuseum waren an ihrem ursprünglichen Standort gefährdet und konnten dort nicht erhalten werden. So wurden sie sorgfältig demontiert und auf dem Ballenberg originalgetreu wieder aufgebaut. Hier sind sie von historischen Bauerngärten,

Wiesen und Feldern mit originalty-pischen Blumen, Kräutern, Obst-bäumen, aber auch von längst ver-gessenen oder vom Aussterben bedrohten Pfl anzen umgeben.

Zahlreiche Sonderveranstaltun-gen erlauben zusätzlich interes-sante und überraschende Ein-blicke in teils verloren gegangenes Brauchtum der ländlichen Schweiz. Schliesslich bringen 250 Bauern-hoftiere sinnliches Leben in die Ställe und auf die Weiden. Neben Hühnern, Enten, Ziegen, Tauben, Schweinen und Rindern haben auch vom Aussterben bedrohte Rassen einen Lebensraum auf dem Ballenberg gefunden: Pfauenzie-gen, Spiegelschafe, Rätisches Grauvieh, wollhaarige Weide-schweine, Diepholzer Gänse und andere mehr.

Das erste Freilichtmuseum, das Skansen, ist 1891 in Schweden ge-gründet worden. Seither sind weltweit zahlreiche solcher Anla-gen entstanden. Alle haben die gleiche Aufgabe: Sicherung, Er-haltung und Vermittlung von typischen Gebäuden und deren Ausstattung mit authentischen Einrichtungen, Möbeln, Gerät-schaften und Werkzeugen. Besser als im Freilichtmuseum Ballen-berg kann der Auftrag wohl nicht erfüllt werden.

Es lohnt sich, einen ganzen Tag für den Ballenberg-Besuch einzu-planen.

Schweizerisches Freilichtmuseum Ballen-berg, CH-3855 Brienz; www.ballenberg.ch, [email protected]

Eine Zeitreise durch die ländliche Schweiz. Das Freilichtmuseum Ballenberg ist eigentlich alles andere als museal. Im Gegenteil: Dort lebt die ländliche Kultur der Schweiz mit allen Facetten wieder auf und bringt uns ins Bewusstsein, wie es einmal war. Von Heinz Eckert

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Professor Iwar Werlen

Ist das Schweizerdeutsch eine Gefahr für die Romandie?

In der Westschweiz wird immer wieder diskutiert, ob das Schweizer-deutsch überhandnimmt und zur Gefahr für die Mehrsprachigkeit der Schweiz wird. Iwar Werlen, Linguistikprofessor an der Universität Bern, teilt diese Befürchtung nicht. Anders sieht es der zweisprachige Journalist Peter Rothenbühler in seinem Essay zum Thema. Interview Heinz Eckert

«schweizer revue»: Verstehen Sie die Auf-regung aus dem Welschland, da auf Kosten des Hochdeutschen immer mehr Schweizerdeutsch gesprochen werde, sei die sprachliche Vielfalt der Schweiz gefährdet?

iwar werlen: Teilweise ja, teilweise nein. Befürchtungen, dass die sprachliche Vielfalt der Schweiz bedroht sein könnte, werden immer wieder geäussert. Sie sind jedoch nur teilweise gerechtfertigt.

Aber stimmt es, dass immer mehr Dialekt gesprochen wird?

Ja, diese Tendenz ist seit Mitte der Sech-zigerjahre eindeutig festzustellen. Es wurde in immer mehr Situationen Dialekt gespro-chen, wo früher Hochdeutsch verwendet worden war, in der Schule, der Kirche, den Medien usw. Überdies ist die Mundart im Chanson, in der Rockmusik und heute auch in der Rapszene sehr populär geworden. Und heute schreiben vor allem die jungen Men-schen fast alle SMS und auch E-Mails auf Schweizerdeutsch.

Wie erklären Sie sich diese Mundart-Welle?Sicher spielt auch die Mode eine grosse

Rolle, dieses Swissness-Gefühl und der Wunsch, sich eine eigene Identität zu schaf-fen und sich von anderen – nicht zuletzt von Deutschland - abzugrenzen. Es gibt aber auch allgemeine gesellschaftliche Verände-rungen hin von formellen zu informellen Verhaltensweisen, was sich etwa beim Ver-lust an Umgangsformen, an Anstand und Konventionen zeigt. Früher geltende Klei-dervorschriften werden nicht mehr eingehal-ten, auch alte Menschen müssen in öffentli-chen Verkehrsmitteln stehen und selbst in guten Restaurants werden die Frauen heute nicht mehr vor den Männern bedient. Früher war das alles selbstverständlich. Diese Haltung hat sich auch auf den sprachlichen Ausdruck ausgewirkt: man vermeidet das als formal und steif geltende Hochdeutsche und

drückt sich mündlich und schriftlich so aus, wie es am einfachsten geht.

Finden Sie es nicht auch grotesk, wenn das Nachrichtenmagazin «10vor10» bei der Wie-derholung auf dem internationalen, deutsch-sprachigen Gemeinschaftssender 3sat mit deut-schen Untertiteln ausgestrahlt werden muss, damit es in Österreich und Deutschland ver-standen wird?

Das liegt wohl daran, dass sich das Schwei-zer Fernsehen DRS als sprachregionaler Sender versteht und «10vor10» als Infotain-ment inszeniert. Die Tagesschau jedenfalls wird ja ausschliesslich auf Hochdeutsch pro-duziert. Aber es stimmt schon: Innerhalb der SRG ist das Bewusstsein für die Pfl ege der sprachlichen Vielfalt der Schweiz gering. Die Idée suisse wird von der SRG zwar ver-marktet, aber im Sendealltag nimmt sie ihre Verantwortung in dieser Hinsicht nicht ge-nügend wahr und stellt sich auf den Stand-punkt, dass Ausländer, die in der Schweiz wohnen, Schweizerdeutsch nicht unbedingt sprechen, aber verstehen sollten.

Teilen Sie diese Haltung auch?Ja. Das entspricht auch meiner Meinung:

Deutschschweizer reden eben Mundart, und

wer sich im Alltag mit ihnen verständigen will, sollte diese Mundart verstehen. Das gilt für In- wie für Ausländer. Vor allem für Deut-sche sollte das kein Problem sein, da es ja auch in Deutschland viele Dialekte gibt und etwa die Bayern überall verstanden werden.

Demgegenüber sollte aber auch jeder Deutsch-schweizer und jede Deutschschweizerin in der Lage sein, Hochdeutsch nicht nur zu lesen, sondern auch zu sprechen. Oder nicht?

Ganz genau. Ich verstehe auch die Ansicht mancher Lehrpersonen nicht, die immer wieder behaupten, die erste Fremdsprache, die in der deutschen Schweiz unterrichtet werde, sei Hochdeutsch. Das stimmt nicht. Schweizerdeutsch und Hochdeutsch sind für mich zwei Formen der gleichen Sprache, die beide gepfl egt werden sollen. Das Schwei-zerdeutsch ist unsere gesprochene Mutter-sprache, das Hochdeutsch ist die Mutter-sprache, die wir lesen und schreiben. Wir Deutschschweizer sollten beides gut beherr-schen.

Wie wichtig ist, dass das Schweizerdeutsch ge-pfl egt und möglichst korrekt gesprochen wird?

Korrektheit ist eine Frage der Sichtweise. Für mich sind Sprachen Verständigungs-mittel, die sich ständig wandeln und neuen Bedürfnissen anpassen. Ob man also Früh-stück oder Zmorge, Lunch oder Zmittag, Anke oder Butter sagt, fi nde ich nicht so wich-tig. Denken Sie nur an die Jugendsprache, und wie sich die immer wieder verändert. Ein-mal ist geil in, dann wieder mega, früher war alles super. Hauptsache, man versteht sich.

Schweizer im Ausland werden immer wieder auf die Mehrsprachigkeit in der Schweiz ange-sprochen. Ist sich die Schweizer Bevölkerung in der Schweiz eigentlich bewusst, wie wert-voll diese Vielfalt ist, und dass sie unbedingt gepfl egt werden muss?

Ich glaube, viele von uns erkennen gar nicht, wie unterschiedlich unser Umgang mit Sprachen von dem in vielen andern europä-ischen Ländern ist. Natürlich sprechen nicht alle Schweizerinnen und Schweizer vier Sprachen, wie das manche Ausländer den-ken. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die meisten Schweizerinnen und Schwei-zer ein bis zwei Fremdsprachen mehr oder weniger gut kennen – das ist ein Spitzenwert in Europa! Aber wir neigen dazu, unser eige-nes Potenzial nicht auszuschöpfen – und das gilt für Romands wie für Deutschschweizer.

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Glauben Sie, dass sich Romands und Deutsch-schweizer einmal nur noch auf Englisch unter-halten werden?

In gewissen Branchen oder in den Natur-wissenschaften ist das ja bereits der Fall. Aber zum Normalfall wird das sicher nicht. Wichtig wäre, dass spielerischer mit den Sprachen umgegangen, mehr ausprobiert wird, und es vielleicht sogar zu einem Mit-einander von Schweizerdeutsch, Hoch-deutsch und Französisch kommen könnte, wenn alle anderen Stricke reissen.

Müsste und könnte staatlich mehr unter-nommen werden, um das Verständnis für die sprachliche Vielfalt zu fördern?

Ja, es wäre sehr wichtig, dass der kulturelle Austausch zwischen den Sprachregionen von den Kantonen gefördert und für obligato-risch erklärt wird. Denn wenn ein Romand einmal ein paar Wochen oder Monate in St. Gallen und ein Urner einige Zeit in Lau-sanne verbracht hat, wird er automatisch eine andere Beziehung zur anderen Sprache aufbauen und mit mehr Freude und Engage-ment lernen. Auch die staatlich fi nanzierten Medien müssten ihre Verantwortung umfas-sender wahrnehmen.

Und was würden Sie den aufgebrachten Romands empfehlen?

Ich glaube, eines der Probleme zwischen den beiden Sprachgemeinschaften besteht in der Bewertung der Mundart: Für viele Ro-mands ist es undenkbar, dass ein gebildeter Mensch eine so «barbarische» Sprachform verwendet. Diese Vorstellung zu ändern wäre die Aufgabe des Deutschunterrichts in der Romandie: Hier müsste eben das Deut-sche, wie es in der deutschen Schweiz exis-tiert, zur Kenntnis genommen werden. Dazu gehört, dass die Dialekte im Unterricht the-matisiert werden. Zu dieser Ansicht ist auch der grüne Genfer Nationalrat Antonio Hodgers gekommen, der nach seiner Wahl ins eidgenössische Parlament nach Bern ge-zogen ist und dort schnell festgestellt hat, dass ihm sein in der Schule erworbenes Hochdeutsch nicht viel nützt. Er empfi ehlt den Romands, Schweizerdeutsch zu lernen. Andererseits würde es auch den Deutsch-schweizern sehr gut anstehen, sich mehr und bessere Französischkenntnisse anzueignen. Die Bemühungen der Erziehungsdirektoren-konferenz im Rahmen von HarmoS zielen in diese Richtung; sie müssen nur umgesetzt werden.

Die Sprechverweigerung der Deutschschweizer Von Peter Rothenbühler*

Von Zeit zu Zeit beschweren sich Westschweizer, dass es für sie

schwierig sei, Deutsch korrekt zu erlernen, solange man ihnen in

Bern und Zürich dauernd auf Schweizerdeutsch oder auf Englisch

antwortet. Wo es doch einfacher wäre, man würde sich in einer

Landessprache unterhalten, zum Beispiel auf Hochdeutsch oder

auf Französisch.

Eigentlich logisch. Dialekte sind eine schöne Sache, aber eher

für den privaten Gebrauch bestimmt. Sobald man mit Menschen

aus andern Landesteilen (oder Ländern) verkehrt oder in elektro-

nischen Medien Konversation treibt, sollte man sich in einer allgemein gültigen Verkehrs-

sprache verständigen. Wie überall auf der Welt.

Leider scheint dies ausgerechnet in einem Land, das weltweit für seine Mehrsprachigkeit

bekannt ist, nicht möglich zu sein. Das Problem sind nicht so sehr die Schwierigkeiten der

Welschen mit dem Schweizerdeutsch.

Das Problem ist eher, dass die Deutschschweizer ein Riesenproblem mit dem Hochdeutsch

haben, sich weigern, die erste Landessprache auch zu sprechen. Ein weltweit einmaliges Phä-

nomen. Eine richtige Trotzhaltung, die erst noch von Sprachwissenschaftlern unterstützt wird.

So erklärt Professor Iwar Werlen im nebenstehenden Interview, dass der Deutschschweizer halt

zwei Formen der gleichen Sprache pfl ege: «Das Schweizerdeutsch ist unsere gesprochene Mut-

tersprache, das Hochdeutsch ist die Muttersprache, die wir lesen und schreiben.» Wer sich mit

Deutschschweizern verständigen wolle, müsse eben Schweizerdeutsch lernen, wenigstens ver-

stehen lernen.

Es gibt also laut Professor Werlen zwei halbe Muttersprachen, eine für den mündlichen und

eine für den schriftlichen Gebrauch. Hochdeutsch SPRECHEN kommt bei ihm nicht vor.

Natürlich kann man es «u-geil» fi nden, dass die Zürcher Jugend (bis sechzig) Zürialbanisch

spricht, eine Art Züritütsch mit albanischer Betonung, das zwar kein neuer Dialekt ist, dafür

ein Ethnolekt! Ja, so nennt man das, «s’bescht wo häts gits», linguistisch!

Und natürlich kann man die Entwicklung mit Interesse verfolgen, dass Deutschschweizer

heute SMS irgendwie schreiben, nur nicht deutsch, und in einer Konversation automatisch

zum Englischen wechseln, nicht etwa, weil der andere (der Westschweizer zum Beispiel) das

besser verstehen würde, sondern weil sie sich auf Hochdeutsch blamieren würden.

Nur hat die zunehmende Weigerung der Deutschschweizer, ihre Kultursprache mündlich zu

praktizieren, auch gravierende Folgen. Nicht für die Westschweizer, nein, für die Deutsch-

schweizer selbst: Sie beherrschen ihre eigene Sprache nicht mehr. Und verlieren damit auch

die Fähigkeit, sie korrekt zu schreiben. Längerfristig führt das unweigerlich zum Vorrücken

des Englischen als wichtigste Verkehrssprache. Und damit werden gleich zwei Landessprachen

abgewertet: Deutsch und Französisch. Frage an die Politiker: Wollen wir das?

Diese Entwicklung hat übrigens die SRG, die sich bis vor kurzem noch «Idée Suisse» nannte,

massiv gefördert. In wichtigen Informationssendungen wird immer noch (konzessionswidrig)

Mundart geredet und damit die sprachliche Regression der Einheimischen gefördert.

Doch, o Wunder, Rettung naht. Einmal mehr aus dem Ausland: Ausgerechnet die zahlreich

immigrierenden Deutschen, von denen wir uns mit unserer Dialekttümelei abzugrenzen ver-

suchten, führen bei uns den mündlichen Gebrauch unserer «Muttersprache» Hochdeutsch

wieder ein. Kleiner Tipp an die Westschweizer: In Zürich gibt’s schon Cafés, wo alle miteinan-

der Hochdeutsch sprechen. Und die «Arena» wird bald Untertitel haben, nicht englische oder

russische, nein: deutsche!

*Der in Biel aufgewachsene, zweisprachige Journalist Peter Rothenbühler, 61, lebt heute in Lausanne. Er war von 1984 bis 2000 Chefredaktor von «SonntagsBlick» und «Schweizer Illustrierte» und bis 2008 Chefredaktor von «Le Matin». Heute ist er stellvertretender publizistischer Direktor von Edipresse und schreibt Kolumnen.

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Die UBS stürzte sich und die Schweiz in die Krise

In einem Staatsvertrag mit den USA hat die Schweiz das Bankgeheimnis für 4500 amerikanische UBS-Kunden rückwirkend aufgehoben. Damit konnte sie die Bank aus dem Schussfeld der US-Justiz nehmen. Innenpolitisch hat die Affäre zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Insbesondere der Bundesrat musste sich harte Kritik gefallen lassen. Von René Lenzin

Mit ihrem Geschäftsgebahren in den USA hat die UBS sich selbst an den Abgrund manövriert und der Schweiz grosse politische Probleme verursacht. Bei der Bewältigung dieser Krise hat sich der Bundesrat alles andere als optimal verhalten. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des National- und des Stän-derats. Am Ursprung des Prob-lems stehe natürlich die Bank

selber, halten die Kommissionen in einem 370-seitigen Bericht fest. Aber sehr vieles sei an-schlies send auch bei den Behör-den schief gelaufen.

Schockiert zeigte sich die GPK darüber, «dass der Bundesrat of-fenbar nicht in einem Klima des Vertrauens und der Vertraulich-keit arbeiten kann». So habe der damalige Bundespräsident Pascal Couchepin im September 2008 aus Angst vor Indiskretionen an-

geordnet, die bundesrätlichen Diskussionen zum Fall UBS seien nicht zu protokollieren. Dieses Symptom für das gegenseitige Misstrauen in der Landesregie-rung war immer noch in Kraft, als sie sich Anfang 2009 mit der Steueraffäre der UBS in den USA befassen musste.

Aber nicht nur das Gremium habe versagt, sondern auch des-sen einzelne Mitglieder. Am schlechtesten kommt Finanz-

minister Hans-Rudolf Merz weg. Die Aufsichtsbehörden und sein Departement hätten ihn gut über die Probleme der UBS informiert, doch er habe diese Informatio-nen nicht in hinreichendem Mass an den Gesamtbundesrat weiter-gegeben – insbesondere aus Furcht vor Indiskretionen, heisst es im Bericht. Eine Mitschuld am Informationsmangel tragen laut GPK aber auch Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Justiz-

DER BUNDESRAT MUSS SICH HARSCHE KRITIK ANHÖREN

Mit Vuvuzelas demonstrierten linke Politiker vor dem Bundeshaus gegen das Ja des Parlamentes zum Amtshilfe-gesuch USA – UBS.

Gleich zweimal hat die Schweiz ihre grösste Bank, die UBS, innerhalb von weniger als zwei Jahren vor dem drohen-den Untergang gerettet. Per Notrecht hat der Bund die Bank im Oktober 2008 mit sechs Milliarden Franken unter-stützt, nachdem sie in den Strudel der Hypothekenkrise in den USA geraten war. Gleichzeitig übernahm die Schwei-zerische Nationalbank von der UBS faule US-Wertpapiere im Umfang von 40 Milliarden Dollar. Diese Aktionen seien nötig, weil der Konkurs der UBS die ganze Volkswirtschaft in den Abgrund geris-sen hätte, argumentierte die Landesregie-rung. Die UBS sei so genannt systemrelevant und «too big to fail» – zu gross, um scheitern zu können. Faktisch heisst das, dass die bei-den Grossbanken UBS und Credit Suisse Staatsgarantie geniessen.

In der gleichen Logik hat der Bund auch eingegriffen, als der UBS in den USA juris-tisches Ungemach drohte. Einige Kunden-berater der Bank hatten Amerikanern gehol-fen, Steuern zu hinterziehen, weshalb die Steuerbehörde Ermittlungen wegen Steuer-betrug aufnahm. Die USA drohten der UBS Ende 2008 mit einer Anklage und verlang-ten die Herausgabe von 52 000 Kunden daten. Im August 2009 einigten sich die Schweiz und die USA auf einen Vergleich. Die USA

verzichteten auf eine Zivilklage und auf die Herausgabe der 52 000 Kundendaten. Gleichzeitig übermittelten sie der Schweiz ein neues Amtshilfegesuch, das 4450 UBS-Kundendaten betraf. Die Schweiz verpfl ich-tete sich, innerhalb eines Jahres Fälle von Steuerbetrug und schwerer Steuerhinter-ziehung herauszufi ltern und den amerika-nischen Behörden zu übergeben. Diese Ab-machung sei nötig, um die wirtschaftlich immer noch angeschlagene UBS vor einem kaum verkraftbaren Prozess in den USA zu retten, sagte der Bundesrat.

Gericht stoppt den Bundesrat

Für die betroffenen Kunden bedeutet das Abkommen, dass die Schweiz das Bankge-heimnis in ihrem Fall rückwirkend aufhebt. Doch der Bundesrat hatte die Rechnung

ohne das Bundesverwaltungsgericht ge-macht. Dieses erklärte die Herausgabe der Kontendaten an die US-Behörden für rechtswidrig und stoppte die Auslie-ferung. Für Amtshilfeleistungen bei Steuerhinterziehung fehle die Rechts-grundlage, die das Parlament zuerst schaffen müsse. In der Tat hatte die Schweiz zwar auf internationalen Druck hin beschlossen, ausländischen Behör-den neu auch bei begründetem Ver-dacht auf Steuerhinterziehung Amts-

hilfe zu leisten (siehe «Schweizer Revue» 2/2010). Aber die entsprechenden Abkom-men sind noch nicht in Kraft.

In der Folge beschloss der Bundesrat, den UBS-Vergleich mit den USA dem Parla-ment als Staatsvertrag zur Genehmigung zu unterbreiten. Im dringlichen Verfahren haben National- und Ständerat diesen Ver-trag in der Sommersession verabschiedet. Damit dürfte die termingerechte Abwick-lung des Amtshilfeverfahrens gesichert sein, was die UBS zumindest vorläufi g vor weite-ren juristischen Schwierigkeiten in den USA bewahren sollte. Allerdings hat die Geneh-migung des Vertrags innenpolitisch zu einem ziemlich wüsten und unübersichtlichen Hickhack unter den Parteien geführt.

Zunächst hatten sich drei Lager herausge-bildet: Die Freisinnig-Liberalen (FDP) und

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Die Arbeitslosenversicherung ins fi nanzielle

Gleichgewicht bringen. Die Krise liess das Defi zit der Arbeits-losenversicherung weiter steigen. Bundesrat und Parlament wollen sie mit Mehreinnahmen und Leistungskürzungen sanie-ren. Gewerkschaften und Linke haben das Referendum ergriffen. Von René Lenzin

Die aktuelle Finanzierung der schweizeri-schen Arbeitslosenversicherung (ALV) ist auf durchschnittlich 100 000 erwerbslose Personen ausgerichtet. Zurzeit beträgt ihre Zahl jedoch gut 150 000, und der anvisierte Durchschnittswert war nicht einmal in der Hochkonjunktur unterschritten worden. Daher hat die ALV Schulden von neun Mil-liarden Franken angehäuft. Diese sind nicht nur auf die aktuelle Krise zurückzuführen, sondern auf ein strukturelles Defi zit, das heisst auf ein permanentes Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben. Mit ei-nem Mix aus höheren Prämien und Leis-tungskorrekturen sollen die Schulden abge-baut und die Versicherung wieder ins fi nanzielle Gleichgewicht gebracht werden. Vorgesehen sind folgende Massnahmen:

Mehreinnahmen (646 Millionen Franken pro Jahr): Die Abzüge auf den versicherten Einkommen (bis 126 000 Franken) werden von 2 auf 2,2 Prozent erhöht. Auf dem Lohn-anteil von 126 000 bis 315 000 Franken wird neu ein Prozent erhoben.

Einsparungen (622 Millionen Franken pro Jahr): Arbeitslose ohne Kinder sind künftig verpfl ichtet, auch eine Arbeit anzunehmen, die ihren Qualifi kationen nicht entspricht. Unter 25-Jährige ohne Unterhaltspfl ichten haben nur noch Anrecht auf 200 statt wie

bisher auf 400 Taggelder. Arbeitslose, die höchstens zwölf Monate lang Beiträge ge-leistet haben, erhalten nur noch 260 anstelle von bisher 400 Taggeldern. Schul- oder Stu-dienabgänger müssen 120 Tage warten, bis sie ALV-Leistungen beziehen können. Staat-liche Beschäftigungsprogramme werden nicht mehr als Beitragszeit angerechnet.

Der Nationalrat hat die Vorlage mit 91 zu 64 Stimmen verabschiedet, der Ständerat mit 32 zu 12. Der Bundesrat und die bürger-lichen Parteien erachten die Revision als aus-gewogenen Kompromiss. Die Schweizeri-sche Volkspartei und die Freisinnigen wollten zwar beim Leistungsabbau noch wei-ter gehen, haben der Revision aber schliess-lich mit Blick auf eine mögliche Volksabstim-mung zugestimmt. Zur Abstimmung wird es kommen, weil Gewerkschaften, Sozialdemo-kraten und Grüne das Referendum ergriffen haben. Sie sprechen von einem Sozialabbau, der jene Personen bestrafe, die sowieso schon am meisten unter Krise litten.

Lehnt das Volk die Revision ab, muss der Bundesrat die Lohnabzüge per Anfang 2011 erhöhen, weil die ALV die gesetzlich zuläs-sige Verschuldungsquote überschritten hat. Ohne Sparmassnahmen würde diese Prä-mienerhöhung allerdings höher ausfallen, als es mit der Revision geplant ist.

die Christlichdemokraten (CVP) erachte-ten das Abkommen zwar als unschön, aber notwendig, um Unbill von der UBS und der Schweizer Wirtschaft abzuhalten. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) lehnte das Abkommen grundsätzlich ab, weil sie das Bankgeheimnis nicht preisgeben wollte. Sozialdemokraten (SP) und Grüne machten ihre Zustimmung von Sondersteuern auf Boni und einer strengeren Regulierung der Banken abhängig. Da FDP und CVP allein keine Mehrheit im Parlament haben, schien ein Ja nur mit Zugeständnissen an die Linke möglich. Doch im letzten Moment rückte die SVP von ihrem Nein ab. Um eine Boni-steuer zu verhindern, wie sie selbst sagte – auf Druck der Wirtschaft, wie ihre Kritiker meinten.

Verkehrte Welt im Parlament

So ergab sich eine ziemlich paradoxe Situa-tion: Die SVP als vehemente Verteidigerin des Bankgeheimnisses half mit, dieses aufzu-weichen; und die SP, die es seit Jahren kriti-siert, hat es als einzige verteidigt. Allein schon dies zeigt, wie stark die Debatte von parteipolitischem Kalkül geprägt war. Zum Schluss setzten sich schliesslich diejenigen Kräfte durch, die den Vertrag ohne Bedin-gungen verabschieden wollten. Allerdings sind damit die Diskussionen um hohe Boni und eine strengere Bankenregulierung noch nicht vom Tisch. Im Prinzip sind sich alle Parteien einig, dass die «too big to fail»-Pro-blematik zu lösen ist. Es soll nie mehr zur staatlichen Rettung einer Grossbank kom-men müssen. Am ehesten dürfte dies über höhere Eigenkapitalquoten der Banken zu erreichen sein. Über die konkrete Ausgestal-tung entsprechender Massnahmen herrscht jedoch (noch) keine Einigkeit.

ministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Neben dem Klima des Misstrauens leide der Bundesrat auch noch an Gärtchenwirtschaft, was zu Lasten der Gesamtsicht gehe, schreiben die Geschäfts-prüfer weiter.

Lob und Tadel setzt es im Be-richt für die Finanzmarktaufsicht (Finma) ab. Sie habe das milliar-denschwere Rettungspaket für die UBS vom Oktober 2008 zu-sammen mit der Nationalbank gut

vorbereitet und durchgeführt. Auch die Tragweite des US-Steu-erkonfl ikts habe die Finma früh erkannt. Bei dessen Untersu-chung habe sie sich aber mass-geblich auf einen von der UBS selbst in Auftrag gegebenen Be-richt gestützt, was ihre Unabhän-gigkeit in Frage stelle.

UBS soll ihr Verhalten auf arbeiten

Am Schluss des Berichts fi nden sich 19 Empfehlungen, 5 Motio-

nen und 2 Postulate. Im Zentrum stehen dabei die Führungsdefi -zite des Bundesrats. Die GPK will die Landesregierung verpfl ichten, auch bei geheimen Geschäften in jedem Fall Protokolle anzuferti-gen. Weiter soll sie ein System zur strategischen politischen Steue-rung sowie ein Überwachungs- und Frühwarnsystem einrichten, um die Handlungsfähigkeit in Krisensituationen zu verbessern. Obwohl die parlamentarische

Aufsicht nicht die Kompetenz hat, das Verhalten der UBS zu unter-suchen, gab sie auch der Bank Empfehlungen ab. Insbesondere forderte die GPK die UBS auf, ihr eigenes Verhalten im Verlaufe der Krise aufzuarbeiten. RL

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SwissCommunity wurde durch die Ausland-schweizer-Organisation (ASO) gegründet und ist eine Internet-Plattform für unsere Mitbürger im Ausland. Es ist ein wenig wie Facebook, Xing oder Linked-In, aber eben doch nicht das Gleiche. Der neue Ausland-schweizerclub wird eine exklusive Kommu-nikationsplattform sein, spezifi sch auf die Bedürfnisse unserer Landsleute im Ausland zugeschnitten. SwissCommunity soll in ers-ter Linie den Kontakt der Auslandschweizer untereinander und zur Schweiz erleichtern. Zugleich soll mit www.swisscommunity.org auch die Kommunikation zwischen der ASO und den Auslandschweizer-Gemein-schaften gefördert werden.

Zentrales Instrument wird dabei eine Online-Plattform sein, die es Schweizerin-nen und Schweizern im Ausland sowie inte-ressierten Stellen und Institutionen im In-land gestattet, gezielt miteinander in Kontakt zu treten. Beispielsweise wollen wir den Kontakt zwischen den Schweize-rinnen und Schweizern im Ausland und ihrem Herkunfts- oder Heimatkanton und umgekehrt erleichtern.

Auslandschweizerinnen und Ausland-schweizer, welche ihre alte Heimat besu-chen, erhalten per www.swisscommu nity.org

Auslandschweizer von Interesse sind, vom kulturellen Programm der Schweizer Bot-schaft in London bis zum Fondue-Abend in New York oder dem Networking-Cocktail in Shanghai. Mitglieder können auch eigene Veranstaltungen eintragen und ihre Kontakte dazu einladen.

Die Online-Community der ASO ist vollumfänglich auf die Bedürfnisse der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ausgerichtet – egal, ob sie erst seit kurzem aus der Heimat weggezogen sind oder schon lange im Ausland leben. www.swiss-community.org ist ein umfassender Link zur Schweiz und zu allen Schweizer Bür-gern auf allen Kontinenten – einfach per Mausklick und ohne Kosten. Die neue Plattform ist jedoch auch für alle Rückkeh-rer wichtig, die weiterhin mit ihren Freun-den in aller Welt den Kontakt aufrecht er-halten möchten.

Die Auslandschweizer-Organisation hat die neue Internet-Plattform zusammen mit ihren Partnern swissinfo, Schweiz Touris-mus, Mediaparx und ManRey aufgebaut. EC

touristische Informationen, Tipps und An-gebote. Schweizervereine und schweizeri-sche Institutionen im Ausland können die neue Plattform und die SwissCommunity für Veranstaltungshinweise und damit auch für die Mitgliederwerbung nutzen, und wer als Ausland-Berner im Ausland mit einem anderen Ausland-Berner Erfahrungen aus-tauschen will, kann dies ebenfalls auf www.swisscommunity.org tun. Wir hoffen auch, dass durch das neue Netzwerk die Dienstleistungen der ASO und die Ange-bote ihrer Partner einem breiteren Publikum bekannt und zugänglich gemacht werden können.

Ganz generell möchten wir mit www.swisscommunity.org die Kommuni-kation über alle Landesgrenzen hinaus ver-stärken und intensivieren.

Über www.swisscommunity.org kann man zum Beispiel gute Adressen und Rat-schläge austauschen, neue Bekanntschaften schliessen oder von Spezialangeboten profi tieren. Wer mit anderen die Freizeit teilen will oder soziale Kontakte sucht, kann dies über SwissCommunity besorgen – von Auslandschweizer zu Auslandschwei-zer. Ein Veranstaltungskalender wird über Ereignisse informieren, die vor allem für

www.swisscommunity.org: chatten, suchen, fi nden

Welches ist die Rolle der ASO im Zeitalter der elektronischen Kommunikationsplattfor-men? Diese Frage beantworten wir mit einem globalen Netzwerk für Auslandschweize-rinnen und Auslandschweizer oder anders ausgedrückt: mit einer weltweiten virtuellen Community für alle Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben.

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«Der Standort Schweiz

braucht swissinfo»

«swissinfo muss auf alle Fälle erhalten

bleiben», fordert der Tessiner Journalist

und Ständerat Filippo Lombardi. Er erin-

nert den Bundesrat zudem an seine ge-

setzlichen Pfl ichten und an die Bedeutung

der Auslandsinformation für den Standort

Schweiz. Interview Heinz Eckert

«schweizer revue»: swissinfo ist einmal mehr in Gefahr. Kann es sich die globalisierte Schweiz überhaupt leisten, auf eine mediale Auslandspräsenz zu verzichten?

fi lippo lombardi: Für mich ist die Ant-wort klipp und klar: NEIN! Es wäre wirk-lich ein Eigengoal, genau in dieser Zeit, mit dem zunehmenden internationalen politi-schen und medialen Druck auf die Schweiz, diesen privilegierten Kanal fallen zu lassen.

Worin sehen Sie die besonderen Leistungen von swissinfo?

Als Journalist schätze ich einerseits die Aus-wahl, Einordnung und synthetische Darstel-lung der Themen, die für ein internationales Publikum selbstverständlich anders sein müs-sen als für Inländer. Andererseits ist für mich die redaktionelle Unabhängigkeit des Portals ein Vorbild im internationalen Vergleich: Wir können stolz sein, eine angesehene «Stimme der Schweiz» zu haben, die kein staatliches Sprachrohr ist. Letztlich sind auch die neun Sprachen von swissinfo eine weltweite Rari-tät, die es unbedingt zu erhalten gilt. Mir fehlt nur noch Russisch im Angebot.

Wie wichtig ist swissinfo für das Image der Schweiz im Ausland?

Unverzichtbar. Ich stelle immer mehr fest, in meinen Beziehungen zu Freundes- und Familienkreisen im Ausland, dass sie wirklich auf swissinfo angewiesen sind, um ihre Be-ziehung mit der Schweiz lebendig zu halten. Swissinfo erklärt dem Ausland – auch den ausländischen Journalisten – die Schweiz und ihr politisches System. Das war wichtig bei der Minarett-Abstimmung und auch im Zu-sammenhang mit dem Bankgeheimnis und dem Finanzplatz.

Würde es nicht genügen, wenn swissinfo nur in unseren Landessprachen und in Englisch informieren würde?

Sicher nicht! Wie gesagt, befürworte ich im Gegenteil die Ausweitung auf Russisch.

Dass man auch nur auf die Idee einer Kür-zung kommt – in einem Land wie der Schweiz, das genau weiss, dass man alles Mögliche übersetzen muss, um gut verstanden zu wer-den und den Zusammenhalt zu fördern – fi nde ich einfach unverständlich.

Sollten nicht Organisationen wie Pro Helve-tia, economiesuisse, Osec oder Präsenz Schweiz alles Interesse haben, dass swissinfo erhalten bleibt und sich entsprechend einsetzen?

Ja, sie alle brauchen swissinfo. Die Zusam-menarbeit muss allerdings noch intensiviert und verbessert werden, im Interesse des Standortes Schweiz.

Die SRG hat fi nanzielle Probleme und muss sparen. Wo sehen Sie Sparpotenzial?

Sicher nicht bei swissinfo. Wenn die SRG ein Prozent ihrer Gebühreneinnahmen für die Auslandsinformation einsetzt, entspricht das genau dem «Service Public». Oder ist «Service Public» nur eine Legitimation für das Gebühreninkasso? Zudem ist der Bund gemäss Radio- und Fernsehgesetz aus dem Jahr 2007, basierend auf einer Motion Lom-bardi, verpfl ichtet, die andere Hälfte von swissinfo zu fi nanzieren. Es ist doch merk-würdig, wenn der Bundesrat in seiner Spar-wut bereits drei Jahre später wieder mit ei-ner Aufhebung seiner gesetzlichen Pfl icht droht.

ASO Ratgeber

frage: Ich lebe im Ausland, kann ich mir meine Pensionskassengelder der 2. Säule als Kapital auszahlen lassen?

antwort: Das kommt darauf an, ob Sie nun in einem EU-/EFTA-Staat leben oder nicht:

Bei einem Wohnsitz in einem EU-/EFTA-Staat ist die Kapitalauszahlung der 2. Säule grundsätzlich nicht mehr möglich, wenn man in seinem neuen Wohnsitzland der obligatorischen Versicherung gegen die Risiken Alter, Invalidität und Tod unter-steht. Selbständigerwerbende können sich also die 2. Säule auszahlen lassen, sofern ihr Wohnsitzland keine obligatorische Versi-cherung gegen die oben erwähnten Risiken für Selbständige vorsieht.

Wer hingegen ausserhalb eines EU- oder EFTA-Staates Wohnsitz nimmt, kann die Kapitalauszahlung seiner Pensionskassen-gelder der 2. Säule verlangen. Es ist emp-fehlenswert, sich diesbezüglich frühzeitig

bei seiner Pensionskasse zu erkundigen. Diese kann eine Barauszahlung nämlich verweigern, wenn die betreffende Person bereits ein Alter erreicht hat, für das ihre Pensionskasse die Möglichkeit einer vor-zeitigen Pensionierung vorsieht.

Die Gelder der 2. Säule können auch weiterhin für die Finanzierung, den Bau oder die Renovation von selbst genutztem Wohneigentum oder für die Amortisation einer Hypothek verwendet werden. Dies gilt auch dann, wenn sich die Liegenschaft in einem der EU- oder EFTA-Land befi n-det.

Die Auszahlung des überobligatorischen Teils der 2. Säule bleibt weiterhin möglich.

Bei einer Kapitalauszahlung der Pensi-onskassengelder wird empfohlen, eine Ver-sicherung für die Risiken Invalidität und Tod abzuschliessen.Sarah Mastantuoni, Leiterin des Rechtsdienstes der ASO

Jugendangebote und Pro-

jekte der Auslandschweizer-

Organisation

Die ASO bietet jungen Auslandschweizern

ein vielfältiges Angebot, um die Schweiz

kennenzulernen und Jugendliche aus

der ganzen Welt zu treffen.

Ein einmaliges Projekt fi ndet diesen Herbst gesamtschweizerisch statt. Tau-sende von Jugendgruppen machen mit, wenn am 9. September der Startschuss zur «Aktion 72 Stunden» fällt. Auch die Aus-landschweizer werden teilnehmen und das ihnen zugeteilte gemeinnützige Projekt hoffentlich erfolgreich im Wettlauf gegen die Zeit umsetzen können. Informationen zur «Aktion 72 Stunden – und die Schweiz steht Kopf» gibts auf www.72h.ch.

Seminar zur Eidgenössischen Jugend-

session, 09. – 15.11.2009

Die Jugendlichen in der Schweiz nehmen Einfl uss auf die Politik des Landes. Im November ist es wieder so weit. Das Jugendparlament tagt im Bundeshaus. 200 Jugend liche erhalten die Chance, sich zu aktuellen politischen Themen zu äu-ssern. Die ASO bietet Auslandschweizern die Möglichkeit, an diesem Anlass teilzu-nehmen. Wir bereiten die Jungparlamenta-rier auf die Session vor und begleiten sie eine Woche lang.

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Heute schon können sich Ausland-schweizer für die Winterlager 2011 anmel-den.

Neujahrsskilager in Sedrun (GR)

27.12.2010 – 05.01.2011

60 Jugendliche aus über 20 Ländern tref-fen sich in den Bündner Bergen. Das Skige-biet von Sedrun ist schneesicher und at-traktiv. Die Unterkunft ist gemütlich und liegt direkt im Dorf. Eine rauschende Sil-vesterparty gehört selbstverständlich dazu.

Schneesportwoche in Wengen (BE)

26.02. – 05.03.2011

Ein ganz besonderes Lager fi ndet im Berner Oberland statt. Die Teilnehmer der Schneesportwoche sind älter als 18 Jahre. Viele Stammgäste treffen sich regelmässig in der Schweiz und geniessen die inter-natio nale Stimmung im Lagerhaus und im Skigebiet. Neue Gesichter sind herzlich willkommen.

Osterlager in Fiesch (VS)

16.04. – 24.04.20011

In Sportzentrum in Fiesch nutzen die Auslandschweizer eine fabelhafte Infra-struktur mit Turnhallen, Sportplätzen und Hallenbad. Natürlich sind die Bedingungen für Schneesport auch im April auf der Fiescheralp noch ideal. Skifahren in der Frühlingssonne gilt als aussergewöhnlicher Spass.

Auskünfte und Informationen zu den ge-nannten Angeboten unterAuslandschweizer-OrganisationJugenddienst, Tel.: +41 (0)31 356 61 [email protected], www.aso.ch

Winterlager für Kinder von

8 bis 14 Jahren

Ob Skifahrer oder Snowboarder, Anfänger

oder Fortgeschrittener, in unseren Winter-

lagern können 8 bis 14jährige Ausland-

schweizer-Kinder eine tolle Zeit verbringen!

Winterlager Tschierv (GR)

Datum: Montag, 27. Dezember 2010 bis Mittwoch, 5. Januar 2011 Anzahl Teilnehmende: 36 Kosten: CHF 900.– Lagerbeitrag Ski- od. Snowboardmiete: ca. CHF 150.– Anmeldeschluss: 30. Oktober 2010

Winterlager Arolla (VS)

Datum: Montag, 27. Dezember 2010 bis Mittwoch, 5. Januar 2011 Anzahl Teilnehmende: 36 Kosten: CHF 900.– Lagerbeitrag Ski- od. Snowboardmiete: ca. CHF 150.– Anmeldeschluss: 30. Oktober 2010

Anmeldung

Die genauen Angaben zu den Winterla-gern und das Anmeldeformular fi nden Sie ab 15. September 2010 unter www.sjas.ch («unsere nächsten Lager»). In berechtigten Fällen werden Beitragsreduktionen ge-währt. Das entsprechende Formular kann auf dem Anmeldeformular bestellt werden. Auf Anfrage stellen wir Ihnen unsere Infor-mationsbroschüre gerne auch per Post zu.

JUSKILA Lenk

Auslosung für eine Teilnahme am Jugends-kilager (JUSKILA) in der Lenk für 13- und 14-jährige Auslandschweizer-Kinder.

600 Schweizer Kinder, darunter eine Anzahl Auslandschweizer-Kinder mit Jahr-gang 1996 und 1997, können kostenlos am grossen Skilager des Schweizerischen Ski-verbandes in der Lenk teilnehmen. Dieses fi ndet vom 2.–9. Januar 2011 statt. Um am Juskila teilnehmen zu können, sollten die Auslandschweizer-Kinder sich wenigstens in einer der drei schweizerischen Landes-sprachen (Deutsch, Französisch oder Itali-enisch) verständigen können. Gewonnen werden kann lediglich die Teilnahme am Lager (Schneesportunterricht, Essen, Un-terkunft). Die Organisation sowie die Fi-nanzierung der Hin- und Rückreise liegt in der Verantwortung der Eltern. Informiert wird Ende Oktober, wer dabei sein kann.

Auskünfte und Informationen: Stiftung für junge Auslandschweizer (SJAS), Tel. +41(0)31 356 61 16, [email protected], www.sjas.ch

AUSLANDSCHWEIZER-ORGANISATION

Unsere Dienstleistungen:■ Rechtsdienst■ Jugenddienst■ AJAS Der Verein zur Förderung der Ausbildung junger Auslandschweizer■ KSA Das Komitee für Schweizer Schulen im Ausland■ SJAS Die Stiftung für junge AuslandschweizerASO, Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH–3006 Bern, Telefon +41 31 356 61 00, Fax +41 31 356 61 01, www.aso.ch

TALON FÜR AUSLOSUNG JUSKILA LENK (2.–9.1.2011):

Bitte in gut lesbarer Druckschrift ausfüllen.

Vorname: Name:

Strasse: PLZ, Ort:

Land: Geburtsdatum:

Name der / des Erziehungsberechtigten:

❑ Mädchen / ❑ Knabe Telefon:

Heimatgemeinde in der Schweiz (siehe Pass / ID):

E-Mail Eltern:

Sportart: ❑ Ski alpin / ❑ Langlauf / ❑ Snowboard

(Nur ein Feld ankreuzen! Nach der Verlosung kann die Sportart nicht mehr gewechselt werden.)

Sprache Kind: ❑ Deutsch / ❑ Französisch / ❑ Italienisch

Unterschrift der / des Erziehungsberechtigten:

Unterschrift des Kindes:

Einsendung des Talons zusammen mit einer Kopie des Schweizer Passes eines Elternteils oder des Kindes bis 15. Oktober 2010 (Datum des Eingangs) an: Stiftung für junge Auslandschweizer, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 31 356 61 16, Fax +41 31 356 61 01, E-mail: [email protected]

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A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S A T I O N

Ursula DeplazesForscherin Bündnerin in Rom

«Ein Netzwerk unter

Auslandschweizern

aufzubauen spielt eine

wichtige Rolle – sowohl

privat wie auch beruf-

lich.»

Urs SteinerDirektor Schweizer Schule Berner in Peru«Andere Auslandschwei-

zer kennenlernen, gute

Adressen austauschen,

mich über die Schweiz

informieren – das kann

ich alles auf SwissCom-

munity!»

Daniel KellerManager Zürcher in Hanoi

«Als internationaler

Berater sind die lokalen

Erfahrungen von Schwei-

zern sehr wertvoll.»

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Auf den Spuren Byrons in der Schweiz

Von Mai bis Oktober 1816 hielt sich der englische Dichter Lord Byron (1788–1824) in der Schweiz auf. Segelfahrten auf dem Genfersee und Ausfl üge in die Alpen inspirierten ihn zu zwei seiner Hauptwerke. Unterwegs auf den Spuren eines der ersten Romantiker. Von Alain Wey

Wer ist Lord Byron? Der Rockstar unter den englischen Literaten des beginnenden 19. Jahrhunderts. Er wurde durch die Veröf-fentlichung der ersten beiden Canti von Childe Harolds Pilgerfahrt (Childe Harold's Pilgrimage, 1812) über Nacht berühmt. Diese Gesänge erzählen von den Abenteuern und Eindrücken seiner Reise nach Portugal, Spanien, Griechenland und in die Türkei. Byron ist denn auch derjenige Autor, der im berühmten Film von Robin Williams Der Club der toten Dichter (Dead Poets Society, 1989) am häufi gsten zitiert wird. 1816 sah sich der wohlhabende Verführer mit Sitz im House of Lords gezwungen, nach dem Skan-dal um seine inzestuöse Beziehung zu seiner Halbschwester und einer ebenfalls skandal-umwobenen Scheidung ins Exil zu gehen. Er war zu diesem Zeit-punkt 28 Jahre alt. Der Vorrei-ter der Romantikwelle in der Literatur hielt sich von Mai bis Oktober in der Schweiz auf und schrieb den 3. Gesang von Childe Harolds Pilgerfahrt so-wie Der Gefangene von Chillon (The Prisoner of Chillon). Drehen wir die Zeit zurück, und zeichnen wir die Spur dieses Poeten nach, der nie ohne sei-nen Stockdegen ausging.

Die Villa Diodati

Byron reist über Flandern und Deutschland in die Schweiz, denn die französische Regierung verweigerte ihm die Durchreise. Er wird von seinem Kammerdie-ner Fletcher, zwei Dienstboten, dem Kurier Berger und dem Arzt Polidori begleitet. Am 17. Mai 1816 durchquert der Dichter Luzern, am 23. Mai be-tritt er bernischen Boden. Über Avenches und Lausanne erreicht

er Genf und bezieht im Hôtel d'Angleterre im Stadtteil Sécheron Quartier. Bei der An-meldung gibt er sein Alter mit sagenhaften hundert Jahren an. Er trifft den Dichter Percy Shelley (1792-1822), der von seiner Frau Mary sowie von Claire Clairmont, der späteren Geliebten Byrons, begleitet wird. Von nun an nehmen die beiden Schriftstel-ler ihre Mahlzeiten gemeinsam ein und ver-bringen die Abende mit Bootsfahrten auf dem Genfersee, denn beide lieben das Was-ser. Am 10. Juni bezieht Byron die Villa Diodati in Cologny auf der Südseite des Sees, wo auch Shelley ein Haus mietet. Die Ge-gend ist eine Oase der Ruhe und des Frie-dens. Manchmal setzt sich Byron morgens auf den grossen Balkon der Villa und arbei-

tet an Childe Harolds Pilgerfahrt oder am Gedicht Darkness (Dunkelheit). Er wird der Träumereien am See und der Spaziergänge über die Hügel niemals müde. Es kommt auch vor, dass Byron mit seinem Boot mit englischem Kiel mitten in der Nacht und während eines Sturms auf den Genfersee hinausfährt, ungeachtet der Gefahr, die ihm dort droht. Als er an einem Morgen mit sehr heftigem Wind ganz alleine auf dem See segelt, wird zu seiner «Rettung» Alarm geschlagen. Am Ufer angekommen, bedankt sich Byron mit einer schrecklichen Szene bei seinen armen Rettern, und wirft ihnen vor, sie hätten mit ihrer Aktion seine Meditatio-nen gestört!

Die Geburt Frankensteins

Sintfl utartiger Regen, düstere Nächte und die Lektüre deutscher Volksmärchen: Das Wetter steigert die Vorstellungskraft und den Hang zum Fantastischen. Byron schlägt Shelley, dessen Frau und Polidori vor, eine Schauergeschichte zu schreiben. Er skizziert eine Vampirgeschichte ... aber ohne rechte Überzeugung. Im Kopfe der Frau jedoch reift die Idee heran. Nach einem fürchterli-chen Alptraum hat Mary Shelley das Thema ihrer Gruselgeschichte gefunden. Gleich am

nächsten Tag beginnt sie mit der Niederschrift von Frankenstein, erst in Form einer kurzen No-velle, schliesslich wird aber ein ganzer Roman daraus.

Am 22. Juni machen Byron und Shelley eine Bootsfahrt dem Savoyer Ufer entlang. Evian, Tour ronde, Lugrin und Meillerie ziehen vorbei. Dann, am 24. Juni, erleben sie in Saint-Gingolph einen Sturm, der fast zu ihrem Schicksal wird. Nachdem sie an dem am Fusse einer Fels-wand gelegenen Dorf Villeneuve vorbeigesegelt sind, erscheint schliesslich die Silhouette von Schloss Chillon, der heiligen Stätte Jean-Jacques Rousseaus, die Kulisse für Die neue Heloise (La Nouvelle Héloïse ). Die bei-den Dichter dringen in die Tiefen des Schlosses vor und erreichen das unterhalb des Seespiegels lie-gende Verlies mit seinen sieben Säulen. Dort entdeckt Byron die Geschichte des Priors François Bonivard, der von 1530 bis 1536 im

Der englische Dichter Lord George Byron (1788-1824)

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Schloss Chillon eingekerkert war, weil er sich dem Herzog von Savoyen widersetzte, der versuchte sich die Stadt Genf anzueignen. Weiter den Spuren Rousseaus folgend, gelangen die beiden Dichter nach Clarens. Schliesslich erreichen sie Ouchy (Lausanne), wo Byron am 28. Juni in ungemein kurzer Zeit das Gedicht The Prisoner of Chillon schreibt. Die literarische Ausbeute dieser See-rundreise wird überhaupt enorm sein. Zurück in Cologny verbringt Byron die Monate Juli und August in der Villa Diodati: Er schreibt, spaziert, segelt und beherbergt manchmal Gäste aus England. Häufi g besucht er auch die Schriftstellerin Madame de Staël in Coppet, die ihm mit dem Ausruf schmeichelt: «Der Genfersee schuldet Ihnen Anerkennung, Mylord.» Am 29. August verlassen die Shelleys Cologny Richtung Eng-land, und Byron reist nach Chamonix und zum Mont-Blanc.

Reise in den Alpen

Am 17. September unternimmt Byron mit zwei englischen Freunden eine Reise ins Ber-ner Oberland. Über Les Avants (oberhalb Montreux), den Jaman-Pass, das Simmental, Thun und Interlaken gelangt er nach Lauter-brunnen, einem zwischen hohen Bergspitzen liegenden Dorf, wo in schwindelerregenden Schluchten tosende Bäche ins Leere fallen. Die Staubbachfälle fesseln seine Aufmerk-samkeit lange: «The torrent is in shape cur-ving over the rock, like the tail of a white

«... yonder Alpine snow, Imperishably pure beyond all things below.» «Lake Leman woos me with its crystal face,The mirror where the stars and mountains viewThe stillness of their aspect in each traceIts clear depth yields of their far height and hue:There is too much of man here, to look throughWith a fi t mind the might which I behold;But soon in me shall Loneliness renewThoughts hid, but not less cherished than of old...» Childe Harold's Pilgrimage, 3. Gesang,

67.-68. Strophe

«And Jura answers, through her misty shroud,Back to the joyous Alps, who call to her aloud!» 3. Gesang, 92. Strophe

«Clarens! sweet Clarens! birthplace of deep Love!Thine air is the young breath of passionate thought;»

«Clarens! by heavenly feet thy paths are trod, -Undying Love’s, who here ascends a throneTo which the steps are mountains;»

«T’was not for fi ction chose Rousseau this spot,Peopling it with affections; but he foundIt was the scene which passion must allotTo the mind’s purifi ed beings;» 3. Gesang, 99., 100. und 104. Strophe

«Here are the Alpine landscapes which createA fund for contemplation; to admireIs a brief feeling of a trivial date;But something worthier do such scenes in-spire,Here to be lonely is not desolate.» Epistle to Augusta, 8. Strophe, 1.-5. Vers

horse streaming in the wind.»* Auf der Wengernalp verweilt der Dichter kontem-plativ vor dem Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau, das hier die ganze Pracht seiner 4000 Meter entfaltet. Die bis in die Wälder reichenden Gletscherzungen, die Lawinen, die Eisfälle – all das fasziniert Byron. Er steigt nach Grindelwald hinunter und wei-ter an den Brienzersee, von wo aus er nach Interlaken zurückkehrt. In Freiburg kauft der Dichter einen «scheusslichen» Hund ohne Schwanz namens Mutz, der alle beisst.

Am 29. September ist er wieder zu-rück in der Villa Diodati. Byron will den Winter in Italien verbringen und muss unverzüglich reisen, bevor die Pässe zugeschneit werden. Er glaubt zu der Zeit nicht, dass es sich dabei um einen endgültigen Ab-schied handelt, denn er behält sein Segelboot und macht es im Hafen von Genf fest.

Am 5. Oktober eilt er Richtung Wallis, macht in Saint-Maurice halt, durchquert das Rhonetal, bewun-dert den Wasserfall von Pissevache und führt seine Reise Richtung Martigny, Sitten, Siders, Leuk und Visp fort. Von Brig aus bringt ihn die Überquerung des Simplons nach Italien. Lord Byron kehrt nicht mehr in die Schweiz zurück und wird auch England niemals wieder-sehen. Er engagiert sich im griechi-schen Unabhängigkeitskampf gegen die türkische Herrschaft und stirbt 1824 im Alter von 36 Jahren an Malaria. In einem so kurzen Leben

sind diese fünf Monate, die er in der Schweiz verbrachte, also recht bedeutsam. Und in sei-nen Versen von Childe Harolds Pilgerfahrt klingt die Begeisterung noch mit: «Once more upon the waters! yet once more! / And the waves bound beneath me as a steed / Welcome to their roar!»**Byron et Shelley en Suisse et en Savoie, von Claire-Eliane Engel, Librairie Dardel, Chambéry, 1930

* A Journal, 23. September, Letters and Journals, Lord Byron.

** Childe Harold's Pilgrimage, 3. Gesang, 2. Strophe

Anne Isabella Noel Byron (1792–1860), die Gattin Lord

Byrons

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Das Sennentum des 21. Jahrhunderts

Die Bergkäser und -hirten haben sich der neuen Zeit angepasst, die Sennenkultur lebt auch auf den Alpweiden und nicht nur in den Museen weiter. Begegnung mit dem Senn Michel-Joseph Braillard. Von Alain Wey

Wer sind die heutigen Sennen? Alpkäser, Hirten, Viehhüter, Melker, die folkloristi-schen Vertreter par excellence der Schweiz*, hätten in den 70er Jahren sang- und klang-los verschwinden können, wenn nicht die alternative Jugend der Städte zu ihrer Ver-stärkung geeilt wäre. Die Geschichte des Alp käses hat noch viele Jahrzehnte vor sich. Der Senn Michel-Joseph Braillard kommt auf eine tausendjährige Geschichte zu spre-chen.

«Die Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft, die Olma in Sankt Gallen, spiegelt ein wenig die Schweiz des modernen Sennentums wider, das sich der heutigen Zeit enorm angepasst hat. Dank dem Gesetz über Bodenverbesserungen war es möglich, Zugangsstrassen zu den Alpweiden zu bauen. Die heutigen Sennen besitzen fast alle einen Wagen mit Vierradantrieb. Auf die steilsten Alpen führen Seilbahnen oder sogar Ein-schienenbahnen (Monorails). In der Schweiz werden die Alpen seit rund 1000 Jahren be-wirtschaftet, das Know-how für die Herstel-lung des Caseus helveticus, des Hartkäses, für den die Schweiz so berühmt ist, steuer-ten die Mönche bei.» Bei Michel-Joseph Braillard sprudeln die Geschichten und An-ekdoten nur so hervor. «Als im 16. Jahrhun-dert die Überquerungen des Atlantiks gang und gäbe wurden, erlebte der Gruyère sei-nen ersten Boom, weil er sehr proteinreich und gut haltbar ist. Die Spuren reichen aber noch weiter zurück: In der Nähe von Bern liegt ein Ort namens Chäs u Brot. Dieser Name geht auf das Jahr 1339 zurück. Als sich die Deutschschweizer nach Laupen begaben, um gegen den hochburgundischen Adel zu kämpfen, wurden sie an diesem Ort mit Käse und Brot verpfl egt.»

Im 16., 17. und 18. Jahrhundert brachte der Käse der Schweiz einen gewissen Wohlstand, es war die Zeit der so genannten Käsebarone, als auf dem Markt von Lyon jedes Jahr Tau-sende von Laibe verkauft wurden. Dieses goldene Zeitalter endete mit dem ausgehen-den 19. Jahrhundert. Erst mit dem Zurück-zur-Natur der 1970er Jahre wuchs die Nach-

frage nach regionalen Produkten und Alpkäsen wieder und führte beim Sennen-volk zu einer «Blutauffrischung» durch junge «Alternative» aus der Stadt, die in Kursen der landwirtschaftlichen Schulen das Käsen erlernten. Heutzutage gibt es auch eine Internetsite, www.zalp.ch, mit einer Samm-lung von Ratschlägen für Sennerinnen und Sennen und einer Stellenbörse.

Laut Michel-Joseph Braillard ist der Auf-schwung des Sennentums aber auch mit der Zusammenlegung der Alpen und der Moder-nisierung der Ausrüstung und Sennhütten verbunden. Das ist beispielsweise im Simmental (BE) so. «Ich denke, dass mit der grösseren Nachfrage nach regionalen Pro-dukten für einige Jahrzehnte auch wieder ein gewisser Wohlstand in die Berglandwirt-schaft zurückgekehrt ist. L'Etivaz aus dem Pays-d'Enhaut (ebenfalls ein Gruyère) ist ein gutes Beispiel für die neue Blüte der Alp-

sennerei. Dieser Käse ist das erste Produkt überhaupt, das in das schweizerische Regis-ter der geschützten Ursprungsbezeichnun-gen (AOC) eingetragen wurde, und die L'Etivaz-Käser arbeiten mit nur rund 60 Käsekessi.»

Was das Sennenvolk betrifft, so ist dieses in-ternational geworden: Unter den Sennen sind heute so unterschiedliche Nationen wie Po-len, Kosovo, Paraguay und Libyen vertreten.

Das Sennentum hat heute auch eine neue Funktion als Hüter der Natur. «Es ist die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Diese Magie gilt es zu bewahren. Der Käse ist wie eine gute Flasche Wein, wie ein Clos de Vougeot oder ein Château Pétrus. Man verkostet ihn mit Respekt.» Tatsächlich wirkt sich die Lage der Weiden und das, was die Kühe oder die Ziegen fressen, direkt auf den Käse aus. Genauso wie der Rauch des Holzfeuers unter dem Kessi, das dem Käse einen ganz bestimmten Geschmack verleiht. Und «manchmal kann ein Gewittertief den Teufel in das Kessi treiben!»

* Die Alpsennen tragen insbesondere in Appen-zell, im Toggenburg, im Emmental und im Grey-erzerland besondere traditionelle Kleidung.

www.olma-messen.chwww.zalp.chwww.alporama.ch

DER ABENTEUERLUSTIGE

SENN

Im Alter von fünf Jahren be-ginnt der heute 66-jährige Senn Michel-Joseph Braillard nach und nach alle mit dem Alpleben in den Freiburger Voralpen verbundenen Arbei-ten zu erlernen. Er, der aus einer seit vier Jahrhunderten in der Viehzucht tätigen Fa-milie stammt, absolviert die landwirtschaftliche Schule, treibt Kalberhandel zwischen der Deutsch- und der Welsch-schweiz, wird Stallmeister in einer grossen Reitschule in Genf und später Reitlehrer in St. Moritz (GR). Er arbeitet in der Versuchsstation für Kreu-zungen von Nutzvieh der ETH Zürich und am Tierspital als Techniker für Tierproduktion. Es folgen der Besuch von

Zuchtbetrieben in Kanada und Studien in Newcastle, England: Im Verlaufe der Jahre wird der Greyerzer zu einem ausgezeichneten Vieh-kenner. Während zwölf Jah-ren betreibt er in Zollikon Mutterkuhhaltung und pro-duziert auf diese naturnahe Weise das unter dem Namen Natura-Beef bekannte Fleisch. Danach hat er auf einer Alp im Molésongebiet (FR) eine Viehzucht, bis er 1985 in die

Dominikanische Republik auswandert. 1998 übernimmt er dort 400 Schafe und baut eine Molkerei-Käserei auf. 2005 kehrt der Senn in die Schweiz zurück und arbeitet im Oberwallis, in Graubünden und im Pays-d'Enhaut (VD). Heute lebt er mit einer Herde Ziegen in der Alphütte La Chetta, im Greyerzerland. Er mischt der Käsemasse wür-zige Alpkräuter bei. «Ich habe eine Pfl ückerin kennen-gelernt, meine Lebensgefähr-tin, und daraus ist ein Käse entstanden, Le Liberta. So-lange ich gesund bin, will ich zur Alp gehen.»L'armailli aventurier, Michel-Joseph Braillard, Editions de l'Aire, 2010.

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SchweizMobil koordiniert das landesweit grösste sig-nalisierte Wegenetz. Mit rund 24 000 km Routen für Wandern (9000 km), Velo-fahren (9000 km), Mountain-biken (4500 km), Skaten (1100 km) und Kanufahren (350 km) bieten sich grenzen-lose Möglichkeiten, die Schweiz zu entdecken. Die vielfältigen Routen sind ver-knüpft mit Übernachtungs-angeboten, Fahrzeugmiete (einschliesslich Elek trovelos) und günstigen Bahntarifen. SchweizMobil macht die Schweiz zu einem wahren Paradies für aktive, umwelt-bewusste Freizeitsportler.

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Weitere Informationen:

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Weitere Informationen:

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Weitere Informationen:

Tipp 3Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Schweiz Tourismus und der

Auslandschweizer-Organisation (ASO)

Page 30: DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER AUGUST ......und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtaufl age von rund 416000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen

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Inserat

«Echte Chancen für die Auslandschweizer»

Die SP Schweiz International wurde 1999 gegründet. Zweck: den vielen Auslandschweizern, die sich mit den Zielen und Wertvorstellungen der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS) identifi zieren können, eine politische Heimat ausserhalb unserer Landesgrenzen zu bieten. Walter Suter präsidiert die in-ternationale Sektion der SPS seit 2007. Interview Heinz Eckert

«schweizer revue»: Welche Bedeutung ha-ben die Auslandschweizer für die SP Schweiz?

walter suter: Als Gemeinschaft von über 700 000 Mitbürgern im Ausland, von denen ca. 130 000 sich in die Wahlregister der Heimat eingetragen haben, sind die Auslandschweize-rinnen und Auslandschweizer schon rein nu-merisch von beträchtlicher Bedeutung. Die SPS ist der Auffassung, dass die Auslandschwei-zer ein legitimes Anrecht darauf haben, sich an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen und als Parlamentarier und Parlamentarierinnen in der Bundesversammlung gemeinsame Anliegen der Fünften Schweiz direkt auf politischer Ebene zu vertreten. Deshalb haben im Jahre 2007 auch die beiden SP-Nationalräte Mario Fehr und Carlo Sommaruga Motionen einge-reicht, die zum Ziele hatten, gesetzliche Mass-nahmen einzuführen, die den Auslandschwei-zern bei den Wahlen konkrete Chancen eröffnen sollten, mit ihrer Kandidatur einen Sitz im Bundesparlament zu erringen.

Welches sind für Sie die dringendsten Anlie-gen im Interesse der Auslandschweizer?

Die Schaffung von gesetzlichen Voraus-setzungen, damit die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland echte Chancen erhal-ten, in den National- und/oder Ständerat ge-wählt zu werden.

Welche Bedeutung haben die Beschlüsse des Auslandschweizerrats für die SP Schweiz?

Die SP Schweiz ist mit ehemaligen und aktiven Bundesparlamentariern wie Remo Gysin und Carlo Sommaruga im Ausland-schweizerrat vertreten. Sie trägt auch des-sen Beschlüsse mit. Damit verleihen die Resolutionen des ASR den Vorstössen der

SPS in National- und Ständerat in Fragen der Auslandschweizerpolitik erhöhtes Ge-wicht und Glaubwürdigkeit.

Das Budget der «Schweizer Revue» wurde ge-kürzt, swissinfo ist in Gefahr, am Vertretungs-netz wird laufend gespart: Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Die SP Schweiz und die Internationale Sektion verfolgen die Entwicklung mit grosser Sorge und möchte jeglichen Abbau stoppen.

Nächstes Jahr sind wieder eidgenössische Wah-len: Weshalb sollte ein Schweizer oder eine Schwei-zerin im Ausland die SP wählen?

Die SP Schweiz tritt seit jeher für eine of-fene Schweiz ein, die sich souverän und mit gesundem Selbstbewusst-sein solidarisch und kooperativ in die Staatengemeinschaft einbringt. Wir wollen auf der Grundlage sozi-aler Gerechtigkeit offensiv, dau-ernd und aktiv zu einem friedlichen Zusammenleben unter den Völkern dieses Planeten beitragen. Dies entspricht auch den langfristigen Interessen der Auslandschwei-zergemeinschaft. In allen Fragen der Aus-landschweizerpolitik hat die SP Schweiz stets

eine kohärente und konsequente Haltung eingenommen. Sie wird das auch in Zukunft tun. Beim Bundesrat und im Parlament ver-tritt sie ohne Wenn und Aber die berechtig-ten Anliegen der Auslandschweizer.

Wird jemals ein Auslandschweizer oder eine Auslandschweizerin die Wahl in den Natio-nalrat schaffen?

Unter den gegenwärtigen Bedingungen, bei denen sich Landsleute im Ausland als Kandidaten um einen Platz auf einer Liste ihrer Partei im Wahlkanton bemühen müs-sen, stehen die Chancen ausgesprochen schlecht. Ich bin überzeugt, dass es mit be-harrlicher Ausdauer und Überzeugungs-arbeit gelingen kann, die notwendigen ver-fassungsmässigen und gesetzlichen Änderungen für ein passives Wahlrecht der Auslandschweizer eines Tages zu verwirk-lichen. Dann wird sich auch die Frage nach den Wahlchancen, wie sie heute gestellt wer-den muss, erledigt haben. Auf dem Wege zu einem verbesserten direkten Mitsprache-recht der Mitbürgerinnen und Mitbürger im Ausland soll nach Meinung der SP Schweiz International inzwischen die Rolle des Aus-landschweizerrates gestärkt werden, damit er als echter und demokratisch legitimierter Repräsentant der Auslandschweizer bei den politischen Behörden auftreten kann.

Wie pfl egen Sie den Kontakt mit den Ausland-schweizerinnen und Auslandschweizern?

Was unsere Mitglieder angeht, so fi ndet der Kontakt auf elektronischem Wege statt. Ein Internet-Anschluss ist denn heute auch Vor-

aussetzung, um bei der Internationa-len Sektion der SP Schweiz Mitglied werden zu können.

Gezielten Kontakt zu den Aus-landschweizern pfl egt die Sektion über ihre Beteiligung am Ausland-schweizerkongress. Gleichzeitig neh-

men die im Auslandschweizerrat vertretenen SP-Parlamentarier die Gelegenheit wahr, um mit den aus dem Ausland angereisten Rats-mitgliedern und vielen anderen Kongressteil-nehmern intensiv Gedanken auszutauschen.

Walter Suter ist seit Januar 2008 Botschafter im Ruhestand und lebt in Bern.

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■ Am 1. Mai 2010 trat das schweizweite Rauchverbot in öffentlichen Räumen in Kraft. In der Schweiz ist der Anteil der Raucherinnen und Raucher zwischen 2001 und 2009 von 33 % auf 27 % gesunken. Der Kampf der Organisationen ge-gen Lungenkrankheiten hat einen grossen Fortschritt er-zielt, und es haben sich noch mehr der früher genossenen Freiheiten in Luft aufgelöst.■ Seit am 1. Mai die Weltaus-stellung in Shanghai eröffnet wurde, ist der Schweizer Pavil-

lon ein Renner. Die Besucher müssen fast drei Stunden war-ten, bis sie das Gebäude betre-ten können, über welchem eine Seilbahn mit Sechsersesseln schwebt. Auf einer Fläche von 4000 m2 setzt sich die Schweiz mit dem Thema «Interaktion zwischen Stadt und Land» aus-einander. Ein Abenteuer, das noch bis zum 31. Oktober an-dauert.■ Laut einer Studie der Eidge-nössischen Technischen Hoch-schule Zürich (ETHZ) er-bringt die Schweiz die weltweit höchste Innovationsleistung. Sie erweist sich als die innova-tivste Volkswirtschaft, und zwar in der Industrie wie im Dienstleistungssektor. Auch bei der Innovationskraft der KMU liegt die Schweiz zusam-men mit Schweden und Finn-land vorn – noch vor Israel, den USA und Japan.■ Die Panini-Bilder der Fuss-ballweltmeisterschaft haben eine originelle Konkurrenz be-kommen: Das Sammelalbum

«Der König» zeigt die besten

Schwinger der Schweiz, die am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest vom 20. bis 22. Au-gust 2010 in Frauenfeld teil-nehmen. Es wurden mehr als eine Million Bilder verkauft.■ Der Bundesrat empfi ehlt die Volksinitiative «6 Wochen Fe-

rien für alle» zur Ablehnung. Der Gewerkschaftsdachver-

band Travail.Suisse hat die da-für erforderlichen Unterschrif-ten im Juni 2009 eingereicht und das Volk wird 2011 oder 2012 darüber entscheiden. ■ Die Luftverschmutzung ist in der Schweiz immer noch zu hoch. 2008 erreichte der Aus-stoss an Treibstoffgasen 53,2 Millionen Tonnen, das sind

0,5 % mehr als 1990 und 4,6 Tonnen mehr als im Kyoto-Protokoll festgelegt.■ Der aufgrund der Affäre um Hannibal Gaddafi entstandene Konfl ikt zwischen Libyen und

der Schweiz hat endlich ein Ende gefunden. Die beiden in Libyen festgehaltenen Schwei-zer wurden freigelassen, Rachid

Hamdani im Februar, nach 19 Monaten Gefangenschaft, und Max Göldi im Juni, nach fast 700 Tagen. Die Aussenmi-nisterin Micheline Calmy-Rey hofft nun auf eine «Normalisie-rung» der Beziehungen der Schweiz mit Tripolis.■ Gemäss einer Umfrage sur-fen in der Schweiz mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55 %) täglich im Internet, in Österreich sind es 51 % und in Deutschland 43 %. Eine Studie von Pro Senectute ergab, dass lediglich 38 % der über 65-Jäh-rigen online sind. ■ Der Beschäftigungsindika-

tor der Konjunkturforschungs-stelle (KOF) ist in den positi-ven Bereich zurückgekehrt und erreichte im April einen Wert von 2,9 Punkten gegenüber -14,2 Punkten im April 2009. Das deutet auf eine Rückkehr in die Wachstumszone und eine Wende auf dem Arbeits-markt hin.■ Die Armee wird über eine Milliarde Franken für die Sanierung von Altlasten auf-wenden müssen, die vor allem bei Schiessübungen hinterlas-sen worden sind. Im Visier ste-hen: die Schwermetalle und die Rückstände von Flammenwer-fern, die an rund 1500 Orten die Böden verschmutzen und das Grundwasser gefährden.■ Das Bundesverwaltungsge-richt (BVG) hat die 333-Millio-nen-Busse aufgehoben, welche die Wettbewerbskommission (Weko) gegen Swisscom ver-hängt hatte, weil diese ihren Konkurrenten auf dem Mobil-funkmarkt zu hohe Terminie-rungsgebühren verrechnet haben soll. Dem blauen Riesen droht jedoch noch eine weitere Busse in Höhe von 220 Millio-nen Franken, welche die Weko im Juni 2009 ausgesprochen hat, weil die Swisscom ihre Marktposition im Bereich der Breitband-Internetanschlüsse ausgenutzt habe.

«Als ich mich in der Uno vorstellte, sagte ich, ich sei präzis wie eine Schweizer Uhr und vielseitig wie ein Schweizer Sackmesser.»

Joseph Deiss, früherer Bundesrat, neuer Präsident der Generalversammlung der Vereinten Nationen

«Beim Vulkanausbruch auf Island war niemand schuld. Also konnten die Zeitungen keine Rücktritte verlangen, ausser vielleicht gegenüber Petrus.» Moritz Leuenberger, Bundesrat

«Grenznahe Regionen wie das Elsass, Aosta, Bozen, Vorarlberg, Savoyen, Baden-Württemberg, Varese und Como müssen als neue Schweizer Kantone erleichtert integriert werden.» Ernst gemeinte Motion vom SVP-Nationalrat Dominique Baettig

«Die Schweiz ist zu klein für Schnellbahnen. Bis ein Zug zwischen Bern und Zürich auf Tempo 300 beschleunigt hat, muss er schon wieder bremsen.» Max Friedli, abtretender Direktor des Bundesamtes für Verkehr

«Fachleute sagen, dass mittlerweile 600 bis 900 Milliarden Franken un-versteuerte Gelder bei unseren Banken gehütet werden.» Werner Messmer, Thurgauer FDP- Nationalrat

«Es ist nicht einzusehen, warum die Schweizer so viel Zeit und Energie für den Staat aufwenden, während Ausländer weder Militär-dienst noch Wehrpfl ichtersatz leisten.» Bruno S. Frey, früherer Professor an der Universität Zürich

«Die Schweiz muss sich überlegen, wie sie künftig verfährt. Sonst kommen gute Musiker mit ihren Guarneris und Stradivaris nicht mehr hierher.» Patricia Kopatchinskaja, Geigerin mit Wohnsitz in Bern, deren kostbares Instrument am Zürcher Zoll konfi sziert wurde

«Europaweit sind die Schweizerinnen mit 30 Prozent Anteil im unters-ten Drittel, wenn es um die Vertretung der Frauen in der Politik geht.»

Patricia Schulz, Chefi n des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung

«Man müsste die Rassisten daran erinnern, dass auch die Schweiz ein Auswanderungsland war. Mir glaubt keiner, dass meine Grosseltern 1928 aus Armut emigrierten.» Melissa Auf der Maur, Kanadaschweizerin und internationaler Rockstar

Der ehemalige Bundesrat Joseph Deiss(Amtszeit 1999–2006) wurde zum Präsiden-ten der Uno-Generalversammlung gewählt. Er tritt am 14. September die Nachfolge des Libyers Ali Treki an und wird das Amt für ein Jahr innehaben. Als Aussenmi-nister war er federführend am Uno-Beitritt der Schweiz 2002 beteiligt gewesen.

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Die Qualität einer Schweizer Uhr gibt es nur bei einer Airline. –

QUALITÄT, SWISS MADE. SWISS.COM

Es sind die kleinen Dinge, die eine Airline gross machen. Wir bei SWISS achten beim Service auf alles. Die persön-liche Betreuung, die Küche und das Unterhaltungsprogramm an Bord: Alles spielt zusammen. Und mit jedem Flug werden wir nochmals einen Tick besser. Damit Sie die Zeit an Bord geniessen können.

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