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Sommersemester 2016 Die Zeitung für Mathematiker und normale Menschen.

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Sommersemester 2016

Die Zeitung für Mathematiker und normale Menschen.

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InhaltsverzeichnisWas findet ihr wo?

Aktuelles rund um das Campus-Leben

Interessantes aus der Mathematik

Über die Zeit als Absolvent

Nützliches und Informatives

Wir gehen wählen und Du?

Der Mathematisch-Physikalische Verein

Der Matheschülerzirkel

Der Zauberwürfel

Selbstähnlichkeit der Natur

Preisrätsel

Linux

Interessante Projekte in Augsburg

Mathematiker im Berufsleben

Was passiert eigentlich im Referendariat?

Seite 26

Seite 28

Seite 21

Seite 22

Seite 24

Seite 15

Seite 18

Seite 6

Seite 8

Seite 10

Editorial Seite 4

Impressum Seite 31

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Liebe Mathematikerinnen und Mathematiker, liebe normale Menschen,

Endlich ist es so weit und wir können euch die neue Ausgabe der MAZ vorstellen. Viel Freudund Leid hat sich ereignet, ehe aus der Idee, diese Zeitung wiederzubeleben, diesesPrachtexemplar geworden ist.

Einige werden sich nun fragen, wieso hier nur von einer neuen Auflage, nicht aber von einergänzlich neuen Zeitung die Rede ist. Nun ja, die MAZ ist bereits lange vor unserer Studentenzeit(oder gar vor unserer Geburt) zum ersten Mal erschienen: 1987. Aufgrund fehlender WoMan-Power oder aber auch weil ein fehlendes Layout-Programm die Arbeit erschwert hat, folgen dieweiteren Ausgaben sehr unregelmäßig. Zuletzt ist die Zeitung im Sommersemester 2008verteilt worden.

Umso mehr freuen wir uns, in enger Zusammenarbeit mit dem Studierendenrat (kurz: StuRa)unserer Fakultät diese alte Tradition wiederbeleben zu dürfen. Insbesondere sind wir sehr stolzdarauf, dass ihr unser Werk nun in den Händen haltet, werte Leserschaft.

Da unsere MAZ viel Engagement und (externe) Unterstützung erfordert hat, ist es nun an derZeit, sich von ganzem Herzen dafür zu bedanken:

* Zuallererst möchten wir uns bei unserem StuRa bedanken, ohne den dieses Projekt nichtmöglich gewesen wäre. Vielen Dank für das Vertrauen in uns als Chefredaktion und für die Hilfein verschiedenen organisatorischen Belangen.

* Ebenso bedanken wir uns bei allen Sponsoren - egal, ob sie diese Zeitung durch den Erwerbeiner Anzeige oder aber völlig unabhängig davon unterstützt haben. Vielen Dank nicht nur fürdie finanzielle Hilfe, sondern auch für die Offenheit, mit der unsere Idee aufgenommen wordenist, und für das positive Feedback. Nur so ist es uns möglich, gedruckte Exemplare zu verteilen.

* Extrem wichtig für eine Zeitung ist natürlich auch ihr Inhalt: Hier haben sich viele Autorinnenund Autoren ein großes Dankeschön verdient. Die Vielfalt der Themen ist nur dadurch möglich,dass sich viele Einzelpersonen mit ihrem Wissen und ihren Ideen einbringen. Vielen Dank füreuer Engagement!

* Jeder kennt sie: Aufgaben, deren bloße Existenz man gerne einmal vergisst. Bei derHerausgabe einer Zeitung sind das so einige. Aber gerade diese tragen einen wichtigen Teil bei.Wir bedanken uns deshalb ganz herzlich bei allen Probeleserinnen und Probelesern sowie beiIdeengebern und juristischen Beratern.

* Zuletzt möchten wir uns für die Bereitstellung von Bildmaterial bedanken, ohne das die MAZsehr trist aussehen würde. Genannt seien nicht nur Fotografen, sondern auch Wohltäter, dieihre Grafiken im Internet zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung stellen.

EditorialWir haben es geschafft!

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PS: Sollte unsere Auflage nicht ausgereicht haben, damit alle eure Freunde und Bekannten einExemplar bekommen, so sei hier unsere Onlineausgabe erwähnt.

Annabelle DomnickChefredaktion,

Textchefin

Felicitas HörmannChefredaktion,

Layout

Christian LochnerChefredaktion,

Anzeigenteil

Nun bleibt es uns nur noch, euch viel Spaß mit dieser Ausgabe zu wünschen. Und wenn ihr mitdem Lesen fertig seid, dürft ihr uns gerne Feedback jeder Art zukommen lassen. Wir würdenuns freuen, diese Zeitung immer weiter zu verbessern, bis unsere gesamte Leserschaft die neueAusgabe nur noch mit einem "Wow!" entgegennimmt.

Und schon kommt es zur ersten Wehmut, denn die Fertigstellung dieses Editorials bedeutet dasArbeitsende für diese Ausgabe für uns als Chefredaktion.

Es hat uns Spaß gemacht, die vielen Stunden einzubringen, um das hier auf die Beine zu stellen.Vielen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen und vielen Dank, dass wir nun alsChefredaktion hinter diesem tollen Werk stehen dürfen.

In diesem Sinne grüßt euch mathematisch,

Eure Chefredaktion

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Wie jedes Jahr steht im Juni die Hochschulwahl der Universität Augsburg an. Da dieWahlbeteiligung bei den einzelnen Fakultäten jeweils sehr gering ist (ca. 15%), wollen wir malerläutern, was denn die vielen Gremien in der Uni bezwecken und dass es sinnvoll ist, wählenzu gehen.

Bei der Wahl erhält man drei Wahlzettel.

Bei dem ersten werden mit zwei Stimmen die Mitglieder des Studierendenrates (kurz StuRa)der eigenen Fakultät gewählt. Dieser kümmert sich um die offiziellen studentischen Belangeder an der Fakultät eingeschriebenen Studierenden. Zusätzlich vertreten die beiden Kandidatenmit den meisten Stimmen die Studenten im Fakultätsrat, welcher sich aus Professoren,Vertretern des Mittelbaus und den beiden studentischen Vertretern zusammensetzt. ImFakultätsrat werden alle für die Fakultät wichtigen Dinge beschlossen, wie z.B. die Wahl desStudiendekans, die Studienordnungen und die Berufung neuer Professoren.

Wir gehen wählen und Du?Ein Infoguide rund um die bevorstehenden Hochschulwahlen.

(von Tanja Wolfer und Stefan Achatz)

Des Weiteren sitzen die beiden oben erwähnten studentischen Vertreter jeder Fakultät auch imstudentischen Konvent, der aus diesen 14 Vertretern der 7 Fakultäten, 2 EULe-Vertretern und14 direkt mit dem zweiten Wahlzettel gewählten Studierenden besteht. Dieser Konvent ist daszentrale demokratische Organ der Studierendenschaft. Er fasst Beschlüsse, legt die politischeLinie fest, bestimmt und koordiniert die Zusammenarbeit der studentischen Vertreter undwählt letztendlich den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Die Sitzungen sindöffentlich, d.h. jeder von euch darf gerne vorbei schauen und auch selber Anträge stellen.

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Der Vorstand des AStA besteht aus 4 vom Konvent gewählten Personen und den beiden EULe-Vertretern. Des Weiteren umfasst der AStA verschiedene Referate, die zu bestimmten Themenarbeiten, z.B. Unikino, Semester Opening Party (SOP) und der Bienentag. Insgesamt übernimmtder AStA die geschäftsführende Arbeit stellvertretend für den gesamten Konvent und damitauch für alle Referate.

Nun haben wir schon öfters das Wort EULe erwähnt. Dies ist die Abkürzung für das Gremiumder Erweiterten Universitätsleitung, welches das höchste Organ an unserer Universitätdarstellt. Dieses setzt sich aus der Universitätsleitung, den Dekanen der Fakultäten,Hochschullehrern, wissenschaftlichen Mitarbeitern und den beiden durch den drittenWahlzettel gewählten studentischen EULe-Vertretern zusammen. Alle Beschlüsse, die in denFakultätsräten beschlossen werden, müssen am Ende auch von der EULe abgesegnet werden.

Ihr seht also, die zu wählenden Gremien sind wichtig und damit natürlich auch eure Stimme,die ihr für sie vergebt. Darum merkt euch schon einmal den 07. und 08. Juni für dieHochschulwahlen vor.

Wer zusätzlich Lust hat selbst mitzudiskutieren: jedes Semester findet die studentischeVollversammlung statt, in der dann über diverse im Vorfeld bekannt gegebene Themendiskutiert wird.

FÜR ALLE, DIE SICH

TRAUENUNSEREN VISIONEN EIN FUNDAMENT ZU GEBEN.BEWÄHRTE MODELLE IN FRAGE ZU STELLEN.GEMEINSAM VERSICHERUNGSPRODUKTE VON MORGEN ZU GESTALTEN.

Naturwissenschaftler, hier ist euer Zuhause!

Trau dich! Finde deine Herausforderung auf karriere.allianz.de.

Naturwissenschaften

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Wer sich schon mal durch die Flyer im Eingangsbereich des Instituts für Mathematik oder auchdie hintersten Links der Website des Instituts durchgewühlt hat, dem wird der Begriff"Mathematisch-PhysikalischerVerein" schon einmal über den Weg gelaufen sein. Doch wasversteckt sich eigentlich dahinter?

Wie die meisten Universitäten hat auch die Mathematisch-Naturwissenschaftlich-TechnischeFakultät einen Alumniverein. Was dieser Verein genau macht, wollen wir euch an dieser Stellevorstellen.

Der MPV organisiert und unterstützt jedes Jahr mehrere Veranstaltungen des mathematischenund des physikalischen Instituts sowie der Fachschaften, an welchen einige von euchwahrscheinlich bereits teilgenommen haben. Zum Beispiel gibt es finanzielle Unterstützungenfür die Absolventenfeier der Physik, die Erstsemesterhütten der Mathematik und der Physik,die Zeitschrift, die ihr gerade lest und auch die Girls' Days der Mathematik und Physik. Dasheißt, dass viele lohnenswerte Aktivitäten an der Universität Augsburg teilweise aus Mittelndes MPV finanziert werden. Dies deckt sich mit der Aufgabe des MPV, studentische Aktivitätenan unserer Fakultät zu unterstützen.

Daneben hat der Verein in den letzten Jahren jeweils eine größere Veranstaltung organisiert. ImJahr 2013 gab es zum Beispiel die Gaußvorlesung, eine Vortragsreihe, die an verschiedenenOrten in Deutschland aktuelle Forschung in der Mathematik einer breiten Öffentlichkeitdarlegen soll. Danach gab es im Jahr 2014 eine öffentliche Kinovorstellung des Films "Colors ofMath" mit anschließender Diskussion mit der Regisseurin Ekaterina Eremenko. Im letzten Jahrwurde ein Festkolloquium zu Ehren Prof. Dr. Jost Eschenburg im Rokokosaal der Regierung vonSchwaben durchgeführt. Alle diese Veranstaltungen waren große Ereignisse mit viel Publikumaus der Fakultät, vielen Studierenden, ehemaligen Studierenden sowie interessierten Menschenaußerhalb der Universität. Ein großes Ziel davon ist die Förderung des Ansehens derMathematik in der Öffentlichkeit.

Eine dritte Aufgabe des MPV ist die Förderung des Interesses der Mathematik bei Schülerinnenund Schülern. Dies geschieht mittlerweile über den Matheschülerzirkel, über den ihr in dieserZeitschrift auch einen Artikel findet. An dieser Stelle sei daher nur gesagt, dass derMatheschülerzirkel unter dem Dach des MPV läuft und interessierten Schülerinnen undSchülern der fünften bis zwölften Klassen die Möglichkeit gibt, außerhalb der Schuleinteressante Mathematik zu erfahren - in Form von Präsenzzirkeln an der Uni Augsburg,Korrespondenzbriefen oder auch dem Mathecamp in den Sommerferien.

Aufgrund dieser vielfältigen sozialen und kulturellen Aufgabengebiete ist der MPV eingemeinnütziger Verein und wird insbesondere von den Alumni der MNTF der UniversitätAugsburg gefördert. Wenn ihr Mitglied werden möchtet, könnt ihr euch unterhttps://www.math.uni-augsburg.de/de/mpv/ informieren. Studentische Mitglieder bezahlen dieersten beiden Mitgliedsjahre keinen Beitrag und danach 20€ jährlich.

Der Mathematisch-Physikalische VereinEin Portrait.

(von Sven Prüfer)

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"In einem einsamen Bergdorf gibt es 20 Zwerge. Eines Tages kommt der böse Riese vorbei undlässt die Zwerge in einer Reihe aufstellen, sodass jeder nur noch die Zwerge vor ihm sieht.Danach setzt der Riese jedem Zwerg entweder eine rote oder eine blaue Zipfelmütze auf denKopf. Jeder Zwerg darf jetzt nacheinander eine Farbe sagen, wobei der Zwerg, der alle anderen19 Zwerge vor sich sieht, beginnen muss. Wenn ein Zwerg die Farbe seiner Zipfelmütze errät,kommt er frei, sagt er jedoch die falsche Farbe, muss er zwei Wochen für den Riesen auf demFeld arbeiten. Mit welcher Strategie können die Zwerge möglichst viele (wie viele?) vor derZwangsarbeit bewahren?"

Über diesem Rätsel brütet Sarah jetzt schon einige Minuten zusammen mit ihren Freundinnenund Freunden. Sie können schon die Hälfte der Zwerge vor Zwangsarbeit bewahren, auch zweivon drei Zwergen funktionieren, aber das Optimum schaffen sie noch nicht. Ihre Betreuerin desMatheschülerzirkels freut sich schon, wenn sie Sarah dann erklären kann, wie sie ihr Ergebnisauf n Zwerge und k Farben erweitern kann, das kommt bei den Schülern immer gut an.

Genauso gut, wie am Anfang zu versuchen, das Rätsel ad absurdum zu führen, indem manvorschlägt, dass die Zwerge ganz leise tuscheln, sich gegenseitig auf den Kopf hauen oder dieStimmhöhe variieren. "Nein, das ist keine Fangfrage, die Zwerge dürfen natürlich nicht weiterkommunizieren als über die eine Farbansage". Nach einiger Zeit hat die Gruppe um Sarah eineLösung, die mit etwas Hilfe zu einer vollständigen Lösung ausgebaut werden kann. Alle sindglücklich und die Kinder fragen schon nach dem nächsten Rätsel.

Wenn ihr das für eine spannende Aufgabe haltet und diese euch genauso viel Spaß macht wieden Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Matheschülerzirkels Augsburg, dann ist dieserArtikel genau richtig für euch.

Der MatheschülerzirkelEin Projekt des MPV.

(von Sven Prüfer)

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Seit Sommer 2013 arbeiten einige AugsburgerStudierende, Promovierende sowie Professorinnen undProfessoren an dem Projekt Matheschülerzirkel. Das Zielist, möglichst viele Schülerinnen und Schüler fürMathematik zu begeistern und alle mit Interesse anMathematik zu fördern - nicht mehr und nicht weniger.

Im Hörsaal 1001 im T-Gebäude tummeln sich fast 200 Gäste - Kinder, Eltern, Lehrerinnen undLehrer. Der Eröffnungsvortrag zum Schuljahresbeginn beginnt in wenigen Minuten. Da gibt esProbleme mit der Technik, die Ingo Blechschmidt gekonnt zu überspielen versucht: "Ok, jetztsagen wir einfach mal alle zusammen die ersten 500 Stellen von Pi auf ... 3,141 592 6535 ...". Dieanderen Betreuer schlagen die Hände vor die Köpfe, aber den Kindern scheint es zu gefallen.Einige können auch tatsächlich einige Stellen von Pi auswendig und es macht ihnen auch nochSpaß. Und genau darauf kommt es an.

Wenn ihr euch an eure Schulzeit zurück erinnert, was fällt euch da noch an Mathematik ein?Integrale, Gleichungen und vielleicht etwas Wahrscheinlichkeitstheorie? Beweise oder doch nurRechenmethoden? Für all diejenigen, denen der Schulstoff zu wenig ist oder die einmal sehenwollen, was es für spannende Mathematik außerhalb der Schule gibt, ist der MatheschülerzirkelAugsburg genau das Passende. Und nein, Pi-Aufsagen gehört überhaupt nicht dazu. Aber einwenig lustig ist es dann doch.

"Ich finde Mathe total interessant, man kann das ja für so viele coole Sachen benutzen. Und esist überhaupt nicht wie der Schulstoff, den ich sonst so gerade mache", erzählt Sarah.

Sarah nimmt Teil am Präsenzzirkel, dem Herzstück des Matheschülerzirkels. Dabei treffen sichdie Schülerinnen und Schüler in Gruppen von weniger als acht Kindern alle zwei Wochen imInstitut für Mathematik und bearbeiten unter Anleitung ihrer Zirkelleiterin oder ihresZirkelleiters ein mathematisches Thema. Die Bandbreite ist dabei sehr groß - von Cäsar-Verschlüsselung und magischen Quadraten über Mittelungleichungen und Spieltheorie bis hinzu Knotentheorie und Programmierung in Python oder Sage.

Die Zirkelleiter sind dabei sehr frei in ihrer Gestaltung und gehen auf die ganz speziellenWünsche und Bedürfnisse der Teilnehmenden ein. "Nicht so selten sind einige Rätsel oderProbleme auch super spannend zum Selbernachdenken. Dann erinnert man sich ein wenig,warum man eigentlich Mathematik macht", meint Maximilian Schlögel, BachelorstudentWirtschaftsmathematik im vierten Semester, "Und wenn man die ein oder andere Sache aufSchülerniveau runterbricht, sieht man auch erst so wirklich, was eigentlich dahinter steckt.Ganz oft sind das nämlich ganz einfache Gedanken."

Was machen aber diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zu weit weg von Augsburg wohnen?Für die gibt es einen weiteren Bestandteil des Matheschülerzirkels, die Korrespondenzzirkel.Dabei bekommen die Teilnehmenden ungefähr alle vier Wochen einen Brief nach Hause mitErläuterungen zu einem Thema und vielen passenden Aufgaben unterschiedlichenSchwierigkeitsgrades. Thematisch ist das ganze dem Präsenzzirkel recht ähnlich.

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Abgerundet wird das Zirkeljahr von einer Eröffnungs- sowie einer Abschlussfeier. Dort gibt esneben einigen Informationen über den Zirkel am Ende noch eine Ehrung besonders aktiverTeilnehmender sowie auch immer einen Festvortrag. Bei diesen Vorträgen sprechen zurAbwechslung einmal die Professorinnen und Professoren unseres Instituts - die Themenreichten von gekrümmten Räumen und unberechenbaren Zahlen bis hin zum Geheimnis derZahl Fünf. Natürlich wird auch für das leibliche Wohl der Teilnehmenden sowie deren Elterngesorgt - es gibt Brez'n und viele leckere Getränke.

Auch wenn sich fast alle Inhalte desMatheschülerzirkels an motivierte und interessierteSchülerinnen und Schüler richten, und nicht nur andie Mathe-Wettbewerb-Erfahrenen, gibt es einenWettbewerb, der von uns unterstützt wird. Dies istdie Landesrunde der Matheolympiade derKlassenstufen 5 und 6. Die Matheolympiade ist einbundesweit stattfindender Wettbewerb, bei dem dieTeilnehmenden in der ersten Stufe zu HauseAufgaben lösen, danach bei einer Klausur in derRegion gegeneinander antreten und danach in der dritten Runde bayernweit in einer zentralenKlausur konkurrieren. Für die Fünft- und Sechstklässlerinnen und -klässler ist diese Runde diehöchste erreichbare. Und für viele ist es auch der erste Wettbewerb, zu dem sie weit wegeingeladen werden.

Dieses Jahr fand die dritte Runde der Matheolympiade am 11.03.16 im Institut für Mathematikstatt. Nach der dreieinhalbstündigen Klausur gab es eine Stärkung beim Mittagessen unddanach viel Freizeitbeschäftigung in Form von mathematischen Rätseln oder einemmathematischen Staffellauf. Während die 50 Teilnehmer durchs Haus und außenherum liefen,um möglichst viele Mathematikerinnen und Mathematiker beim Arbeiten zu stören,korrigierten ca. 40 Helferinnen und Helfer die Klausuren. Am Abend gegen 17:00 Uhr kam esdann zum Höhepunkt, der Siegerehrung vor allen Teilnehmenden und deren Eltern.

Jetzt denkt ihr euch wahrscheinlich: "Ui, was machen die Kinder denn dann in den Ferien?" DieAntwort ist klar: wer will, kann noch ein bisschen mehr Mathe machen, und zwar imMathecamp in Violau. Da man aber natürlich als Kind auch noch so richtig Freizeit haben sollte,machen wir dort neben Mathezirkeln vormittags noch ganz viele coole Sachen am Nachmittag.

Das beinhaltet neben vielen sportlichen Angebotenwie Fußball, Todesfitnessübungen, Frühsport,Baden und Tischtennisspielen auch Rudern, Nähen,Lamas Anschauen, Singen, Pizzabacken,Programmieren, Jonglieren und Zauberwürfellösen,3D-Drucken sowie Origamibasteln undHexeflexagons. Auch als Betreuer kann man da soeiniges kennenlernen, wenn man mit den Kindernan Aktivitäten teilnimmt.

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Und zu Lachen gibt es immer eine ganze Menge- so viel, dass so mancher Betreuende dasWochenende nach dem Camp als Erholung vomUrlaub nutzen musste. Aber es ist ein sehr gutesGefühl, wenn die Kinder am Abreisetagbegeistert zu ihren Eltern rennen und sichschon wieder fürs nächste Jahr anmeldenwollen. In den letzten beiden Jahren haben sojeweils knapp 80 Schülerinnen und Schüler sichgegenseitig kennengelernt, viel Spaß gehabtund auch ein wenig Mathe verstanden. Das

Mathecamp 2016 läuft vom 20. bis 26. August und findet wieder in Violau nahe Augsburg statt.Wir freuen uns schon riesig!

Wenn ihr also das nächste Mal viele Kinder in derUniversität seht und euch denkt "Puuh, dieErstsemester werden aber auch immer jünger",verzweifelt nicht, es sind vermutlichTeilnehmende des Matheschülerzirkels. Und fallsihr auch mal Lust habt, bei uns mitzumachen undeuch zu engagieren, könnt ihr euch gerne meldenunter [email protected] odereinfach mal im Büro 2007 in L1 vorbeikommen.Wir sind immer auf der Suche nachMitstreiterinnen und Mitstreitern, sowohl für die Zirkel als auch für das Mathecamp!

Mit "...76742080565549362541" beendet Ingo gerade seinen Aufsagmarathon von den ersten100.000 Stellen von Pi. Die letzten Pi-Begeisterten sind bereits vor einigen Minutenausgestiegen, aber Sarah will trotzdem weitermachen, "Mathe hat ja zum Glück nicht nur wasmit Zahlen zu tun".

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Der ZauberwürfelEin Spiel aus mathematischer Sicht.

Schon gewusst? Der Weltrekord im Zauberwürfel lösen liegtbei 5,25 Sekunden! Ganz schön schnell, wenn man bedenkt,dass viele, nach unzähligen Versuchen den Würfel zu lösen,irgendwann genervt aufgeben.

Dabei wäre es gar nicht so schwer, würde man sich dieTheorie dahinter einmal genauer anschauen. Dafür brauchtman gar nicht so viel mathematisches Wissen. Ein wenigGruppentheorie bildet die Grundlage, den Zauberwürfel ausmathematischer Sicht zu betrachten.

Jede Verdrehung des Zauberwürfels kann man als Nacheinanderausführung von sogenanntenBasisbewegungen auffassen. Diese sind 90°-Drehungen der äußeren Flächen im Uhrzeigersinn.Die Zauberwürfelgruppe ist erzeugt von eben diesen Basisbewegungen und bildet in der Tateine Gruppe im mathematischen Sinne.

Man sieht allerdings recht einfach, dass die Zauberwürfelgruppe keinesfalls abelsch ist. ImAllgemeinen kommutieren zwei Bewegungen des Zauberwürfels nicht. Es macht z. B. einenUnterschied, ob man zuerst die rechte und dann die hintere Seite dreht oder erst die hintereund dann die rechte.

Mit vorheriger Beschreibung der Zauberwürfelgruppe kann man sich jedoch mathematischwenig darunter vorstellen. Das Ziel ist also, einen Isomorphismus zu einer Gruppe zu finden,die wir mathematisch gesehen besser verstehen können.

Zuerst sollte man sich einmal überlegen, welche Auswirkungen eine Drehung auf denZauberwürfel hat. Die Zentren einer jeden Fläche sind fix, da die Basisbewegungen ja lediglichdie äußeren Flächen drehen und diese auch ausreichen, um die Zauberwürfelgruppe zuerzeugen. Eine beliebige Drehung verändert sowohl die Positionen der Ecken und Kanten alsauch die Orientierung.

Was ist hierbei mit Orientierung gemeint? Eine Ecke hat drei verschiedenfarbige Seiten. Undjede Seite kann somit an drei verschiedenen Positionen innerhalb der Ecke liegen. Mit derOrientierung wollen wir eben diese Positionen beschreiben. Somit hat jede Ecke drei, jedeKante zwei Orientierungen.

Wie kann man besagte Orientierungen mathematisch beschreiben? Zuerst nummerieren wirdie Ecken/Kanten durch. Schließlich ordnen wir jeder Ecke/Kante eine Standardmarkierung zu.Wir versehen dazu die oberen Flächen der oberen Ecken des Würfels und die unteren Flächender unteren Ecken des Würfels mit einem „+“. Wenn wir nun die Orientierungen betrachtenwollen, die durch eine Bewegung des Zauberwürfels entstehen, betrachten wir zuerst, aufwelche Ecke die Ursprungsecke überführt wurde.

(von Franziska Salzberger)

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Danach betrachten wir, wo das „+“ ist. Ist es wieder auf einer oberen bzw. unteren Seite, so hatsich die Orientierung der Ursprungsecke nicht verändert und wir ordnen dieser Orientierungden Wert 0 zu. Sollte sie sich verändert haben, ist ausschlaggebend, wie viele 120°-Drehungenim Uhrzeigersinn der Ecke nötig sind, um die Markierung auf die obere bzw. untere Seite zudrehen.

Sei hierfür die linke, obere, vordere Ecke die erste Ecke. Beieiner Drehung der vorderen Seite, wird diese Ecke auf dierechte, obere vordere Ecke abgebildet. Wir betrachten dann,wo sich an dieser Stelle die „+“-Markierung befindet. Inunserem Fall ist das auf der rechten Seite. Damit die „+“-Markierung wieder auf die obere Fläche kommt, muss dierechte, obere, vordere Ecke zweimal im Uhrzeigersinngedreht werden. Die Orientierung der ersten Ecke nach einerDrehung der vorderen Seite um 90° im Uhrzeigersinn ist also2. Dieses Verfahren führt man mit jeder Ecke aus und erhältdadurch dann einen Vektor mit 8 Einträgen.

Wir können also die Orientierung der Ecken in Werten 0, 1 und 2 ausdrücken. Ähnlich dazukann man so ein System auch für die Kanten erzeugen, wobei lediglich die Werte 0 und 1vorkommen.

Diese Grundlagen führen zu dem Fundamentaltheorem der Würfeltheorie. Dieses sagt aus, dasseine Stellung des Zauberwürfels genau dann durch Verdrehen des gelösten Würfels (und nichtdurch auseinanderbauen und neu zusammenbauen) entstehen kann, wenn folgende dreiBedingungen erfüllt sind:

1.) Das Signum der Kantenpermutation muss gleich dem Signum der Eckenpermutation sein.

2.) Die Orientierungen aller Kanten müssen zusammengezählt gerade sein.

3.) Die Orientierungen aller Ecken müssen zusammengezählt ein Vielfaches von drei sein.

Mit diesem Theorem kann man einen Isomorphismus zwischen der Zauberwürfelgruppe undfinden, wobei bzw. die Symmetrischen Gruppen und bzw.

die Gruppe der Orientierungen aller Ecken bzw. Kanten beschreiben. Klar sieht diese Gruppenicht gerade einfach aus und wer mit dem halbdirekten Produkt noch nicht gearbeitet hat,mag womöglich abgeschreckt sein, doch die Gruppe stellt mathematisch im Endeffekt nur dasFundamentaltheorem dar.

Anhand dieses Isomorphismus und des Multiplikationsprinzips kann man nun errechnen, dassder Zauberwürfel mögliche Stellungen besitzt.

Zudem kann man recht einfach beweisen, dass nur zwei Elemente im Zentrum derZauberwürfelgruppe (also Elemente, die mit allen anderen Elementen der Gruppekommutieren) liegen. Dies ist zum einen die Identität, zum anderen der sogenannte „superflip“,welcher sämtliche Kanten kippt, den restlichen Zauberwürfel aber unverändert lässt.

(C73 o S8)× (C11

2 o S11) S8 S11 C73 C11

2

o

8! · 12! · 211 · 37

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Anhand des Fundamentaltheorems und mit Hilfe des dazugehörigen Beweises kann man einenLösungsalgorithmus für den Zauberwürfel entwickeln:

Wie löst man also einen solchen Zauberwürfel? Basierend auf dem Fundamentaltheorem ist diesogenannte „Ecken-Kanten-Methode“ entwickelt worden. Diese Lösungsstrategie lässt sich invier Einzelschritte unterteilen:

1. Bringe die Ecken an die richtige Position (unabhängig von der Orientierung der Ecken)

2. Bringe die Kanten an die richtige Position (unabhängig von der Orientierung der Kanten)

3. Drehe die Ecken, sodass die Orientierungen stimmen

4. Kippe die Kanten, sodass die Orientierungen stimmen

Diese vier Schritte kann man der Reihe nach durchführen ohne die vorherigen Schritte wiederzu revidieren. Mittels des Fundamentaltheorems wissen wir, dass wir immer Bewegungenfinden, in denen wir lediglich Ecken/Kanten vertauschen oder nur Ecken/Kantenumorientieren.

Es genügt also sich Bewegungen anzueignen, welche lediglich Ecken/Kanten vertauschen bzw.umorientieren, ohne den restlichen Zauberwürfel in irgendeiner Weise zu verändern. Eine Listevon solchen nützlichen Bewegungen und weiteres über die Gruppentheorie des Zauberwürfelsfindet man unter anderem in dem Buch „Adventures in Group Theory: Rubik's Cube, Merlin'sMachine, and Other Mathematical Toys“ von David Joyner.

Wie ihr seht, könnte das Lösen des Zauberwürfels ganz einfach sein, wenn man einmal dienötige handvoll an Bewegungen kann. Viel Spaß beim Lösen des Zauberwürfels und lasst euchnicht von dem ein oder anderen „Verdreher“ unterkriegen!

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Der Begriff Fraktal trat zum ersten Mal 1975 im Buch "Les objets fractals, forme, hasard etdimension" von dem französischen Mathematiker Benoît Mandelbrot (1924 – 2010) auf. LautDuden bezeichnet das Fraktal "ein komplexes geometrisches Gebilde, wie es ähnlich auch inder Natur vorkommt".

Genauer erläutern wir das jetzt an demBeispiel des Romanesco: Betrachtet man dasBild oben und zoomt sich in eine derBlütenstände hinein (Bild links), so stellt manfest, dass auf beiden Bildern dieselbe Strukturzu sehen ist. Auch beim weiteren Zoomenkann man dieselbe Struktur immer undimmer wieder erkennen. Dieses Verhaltenwird Selbstähnlichkeit genannt und ist diebezeichnende Eigenschaft der Fraktale.

Selbstähnlichkeit der NaturWas haben Romanesco, Blitze, Bäume und ein Darm gemeinsam?

Man kommt vielleicht nicht direkt darauf. Hat man sich aber damit schon einmal beschäftigt,dann weiß man sofort, dass sie alle in die Welt der Fraktale gehören.

zn+1 = z2n + c z0 = 0mit Anfangswert

Dabei werden die komplexen Zahlen eingezeichnet,für die diese Folge beschränkt bleibt. Wer uns dieEigenschaft der Selbstähnlichkeit bei dieser Mengenicht glaubt, soll sich Videos im Internet anschauen.Diese zeigen dies sehr schön auf.

c

Der Mathematiker Benoît Mandelbrot ist auchbekannt für das bekannteste Fraktal: dieMandelbrotmenge, die rechts im Bild zu sehen ist.Man erhält dieses geometrische Gebilde durch einerelativ einfache, rekursiv definierte komplexe Folge

(von Christian Lochner)

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Ein weiteres Modell aus der Mathematik istbeispielsweise die Koch‘sche Schneeflocke,für die wir den Umfang und den Flächeninhaltgenauer betrachten möchten. Um diese zubilden, beginnt man mit einem gleichseitigenDreieck mit Seitenlänge 1 und drittelt in jedemSchritt alle Seiten und fügt ein gleichseitigesDreieck mit passender Seitenlänge in dasMittelsegment ein. Rechts sieht man dasursprüngliche Dreieck und die ersten fünfIterationen.

Nach kurzem Überlegen erhält man die allgemeinen Formeln für den Umfangund den Flächeninhalt im n-ten Schritt:

Un = 3 ·(43

)n−1 An =√34 +

n∑k=2

√34 · 1

(3k−1)2 · 3 · 4k−2

Schickt man nun gegen unendlich, so wird der Umfang beliebig groß, während derFlächeninhalt den Grenzwert besitzt.

Diese mathematische Eigenschaft des nicht endlichen Umfangs spielt auch in der Natur einewichtige Rolle. Dafür muss man sich nur mal die Lunge oder den Darm anschauen. IhreOberfläche weist eine fraktale Struktur auf, um möglichst viel Sauerstoff bzw. Nährstoffeaufzunehmen. Man kann sich das vorstellen wie ein Frottee-Handtuch. Betrachtet man diesesgenauer, besteht es aus vielen kleinen Schleifen. Je kleiner diese sind, desto mehr passen auf dasHandtuch und desto mehr Wasser kann dieses aufnehmen. Genau dieses Phänomen macht sichder Darm zu Nutze, um eine große Oberfläche zu erzeugen, um Nährstoffe aus dem Essen zuholen, und die Lunge, um möglichst viele Sauerstoffmoleküle an die Blutadern zu überführen.

Eine Frage, die man sich zwangsläufig stellt, ist: Schön und gut, dass es diese Fraktale gibt, aberkönnen wir aus dem Wissen einer fraktalen Struktur neue Erkenntnisse gewinnen? Ja.Aufgrund der Selbstähnlichkeit ist es möglich durch Analyse eines Teilgebietes Aussagen überdas ganze geometrische Konstrukt zu treffen. Beispiele hierfür sind unter anderem dieBerechnung des -Aufnahmevolumens eines Waldes oder auch der Küstenlänge einer Inselwie Großbritannien. Die Herangehensweise möchten wir am ersten Beispiel erläutern.

Um Aussagen über den Wald treffen zu können, betrachtet man lediglich einenQuadratkilometer des zu untersuchenden Waldes, der mitunter hunderte Quadratkilometerumfassen kann. Unter der Annahme, dass der Wald eine fraktale Struktur aufweist, lässt sichaus der Anzahl, Beschaffenheit und Art der auf dem Quadratkilometer lebenden Bäume, diezusätzlich in große, mittlere und kleine Bäume aufgeteilt werden, die Anzahl derunterschiedlichen Bäume im ganzen Wald berechnen. Daraufhin werden die unterschiedlichenBäume auf ihr Wachstum, also Verzweigung der Äste und Anzahl der Blätter, untersucht. Einengroßen Vorteil hierbei stellt wiederum die fraktale Struktur eines Baumes dar, die man sich beider Untersuchung und Berechnung zu Nutze machen kann.

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Wird nun dieses Wissen im Kontext des Aufnahmevolumens eines Blattes einer Baumart, wasin einem Experiment gemessen wird, betrachtet, so können Aussagen über das -Aufnahme-volumen einer Baumart und damit Aussagen über den ganzen Wald getroffen werden.

Zu guter Letzt noch ein Anwendungsgebiet der Fraktale, welches zunächst nicht so erscheinenmag: die Filmindustrie! Mit Fraktalen lassen sich Wälder auf fremden Planeten, Gebirgskettenoder glühende Lava erschaffen, die nicht vermuten lassen computeranimiert zu sein, wie esbeispielsweise in den Star Wars Filmen zu sehen ist. Man erkennt, dass der Idee der Fraktalekeine Grenzen gesetzt sind.

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PreisrätselMit Knobelspaß zum Gewinn!

In guter alter Tradition früherer Ausgaben der MAZ haben wir uns gedacht, ein kleines Rätselzum Knobeln kann nicht schaden. Und damit auch viele von euch tatsächlich darübernachdenken, haben wir noch einen kleinen Anreiz für euch: es gibt nämlich etwas zu gewinnen.Wir verlosen unter allen Abgaben … *Trommelwirbel* ... zwei Karten für das Lechflimmern, dasOpen Air Kino in Augsburg. Sollte das Wetter mal nicht mitspielen, gelten die Karten auch fürdas Kinodreieck Thalia, Mephisto und Savoy.

Jetzt aber zum Rätsel: Wir suchen die kleinste natürliche Zahl, die unter Verwendung dergebräuchlichen Rechenregeln sowie der üblichen Klammersetzung nicht mehrdurch genau vier Vieren dargestellt werden kann.

Ein kleines Beispiel gefällig? Die Zahl 24 kann so dargestellt werden:

• 4 · 4 + 4 + 4

• (4 + 4 + 4) ·√4

• 44√4+√4

Viel Erfolg beim Knobeln.

+,−, ·, /,√

Mitmachen könnt ihr unter Angabe der gesuchten Zahl und einer Darstellung für jededarunterliegende Zahl wie folgt:

Ihr schickt einfach eine Mail mit einem Foto oder einem Scan eurer Lösungund eurem Namen an

[email protected]

(Wer möchte, darf sie natürlich auch in LaTeX verfassen ;-) ).

Einsendeschluss: 30.06.2016

TEILNAHME

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Dieser kurze Artikel ist für all diejenigen, die schon einmal oder mehrere Male mit ihremComputer aus folgenden Gründen unzufrieden waren:

* Im Lauf der Zeit wird der Computer immer langsamer. Erst eine Neuinstallation des gesamtenSystems bringt Besserung.

* Beim Installieren von irgendwelchen Programmen haben sich auch Toolbars in den Browsereingenistet, die jetzt nur noch nerven.

* Der im Hintergrund stets aktive Virenscanner bremst den Rechner aus.

* Das Betriebssystem setzt sich über die Nutzerinnen und Nutzer hinweg und fährt denComputer kompromisslos herunter, um Updates zu installieren.

Wer politisch interessiert ist, ergänzt vielleicht noch den folgenden Grund:

* Die meiste Software wurde von amerikanischen Firmen geschrieben. VertrauenswürdigeDritte haben keine Möglichkeit, den Quelltext der Software einzusehen, um die Software nachHintertüren der Hersteller oder der Geheimdienste abzusuchen und sie aufzudecken.

Was wäre nun, wenn es eine Alternative zu Microsoft Windows und Apple OS X gäbe? Eine, dievon Freiwilligen auf der gesamten Welt entwickelt wird statt von einzelnen Firmen? Eine, diefrei ist und nichts kostet? Eine, die auch auf älteren Rechnern flott läuft und mit einer riesigenAuswahl an Programmen kommt? Eine, für die noch keine Virenscanner entwickelt wurden,weil es Viren, Würmer und Spyware nicht gibt?

Nun, so eine Alternative gibt es. In der Öffentlichkeit ist sie größtenteils unbekannt, obwohl siein zwei Dritteln aller Handys schlummert: Android baut auf ihr statt Windows oder OS X auf.Eingeweihte setzen sie schon seit vielen Jahren ein und sind jedes Mal wieder verärgert, wennsie auf fremden Rechnern Windows einsetzen müssen. Der absolute Großteil der Internet-Server verwendet diese Alternative, ebenso fast alle Lehrstühle am Institut.

Diese Alternative heißt "Linux".

Speziell für MathematikerInnen und InformatikerInnen bietet Linux noch folgende Vorteile:

* Die Installation von LaTeX, dem Textsatzsystem, das man für Seminar- und Abschlussarbeitenbenötigt, ist unter Linux kinderleicht. Einfach einen der zahlreichen LaTeX-Editoren wie zumBeispiel kile installieren, das gesamte LaTeX-System kommt dann automatisch mit.

* Linux bietet mehr Möglichkeiten als Windows, sich technisch fortzubilden. Es gibt etwadiverse Programmierumgebungen für alle möglichen Programmiersprachen und außerdemviele Werkzeuge zur Netzwerkanalyse, falls man zum Beispiel sein Sicherheitsbewusstseindadurch schärfen möchte, indem man mal anzeigt, welche Daten der eigene Laptop und die vonanderen unverschlüsselt durch den Äther schicken. Außerdem ist der Quellcode von Linux undallen Linux-Programmen öffentlich einsehbar.

LinuxDie einen lieben es, die anderen kennen es nicht.

(von Ingo Blechschmidt)

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* Linux kann man nicht nur auf Laptops und PCs installieren, sondern auch auf dem RaspberryPi und anderen Kleinstcomputern. Wer sich zum Beispiel "eine eigene Dropbox" einrichtenmöchte, kann das mit Linux recht leicht bewerkstelligen. Dann hat man ein kleines Gerät, dasman zu Hause in die Steckdose steckt und auf das man verschlüsselt übers Internet zugreifenkann.

* Wer in Linux Fehler findet - kein System ist perfekt! - kann sie melden oder (etwa beiÜbersetzungsfehlern) auch gleich korrigieren. Dann steht der eigene Name in den Credits.

Da Linux kein einzelnes Programm sondern ein vollständiges Betriebssystem ist, ist dieInstallation von Linux zwar ziemlich einfach, aber leider nicht ganz so einfach wie die einernervigen Toolbar. Man kann eine der vielen Linux-Varianten von https://www.linuxmint.com/herunterladen, damit einen USB-Stick erstellen und dann von diesem starten. Damit kann manzunächst Linux in Aktion erleben, ohne es installieren zu müssen. Wenn man sich dann dazuentscheidet, muss man nur einige Male auf "Weiter" klicken, und schon ist Linux parallel nebenWindows installiert: Beim Hochfahren kann man auswählen, welches System gestartet werdensoll.

Linux ist viel flexibler als Windows. Es kann zum Beispiel so aussehen

http://www.chip.de/ii/9/0/1/1/9/8/3/4bc6106e263223bf.png . Oder auch so:

https://skinwalker.files.wordpress.com/2008/10/2008-10-07-200035_1680x1050_scrot.png

Bekannte Standardprogramme wie Firefox und Chrome gibt's auch für Linux und sind bei einertypischen Linux-Installation auch gleich dabei.

Wer Linux nicht selbst herunterladen möchte, kann auch einfach zum Linux Presentation Dayim OpenLab Augsburg vorbeischauen. Da wird Linux vorgeführt. Außerdem gibt's fertige USB-Sticks und auf Wunsch wird Linux gleich auf dem eigenen Laptop installiert. Die Veranstaltungwird ehrenamtlich organisiert und kostet nichts.

Wer dann Linux auf seinem Rechner hat, sollte aus derumfangreichen Paketdatenbank ("App Store", nur, dass alleskostenlos und frei ist) unbedingt noch folgende Programmeinstallieren:

* Redshift, um abends angenehmer den Laptop verwenden zukönnen. Redshift filtert graduell die Blautöne aus dem Lichtheraus. Mit dem Programm xcalib kann man, wenn man möchte,auch auf Tastendruck die Farben invertieren. Manche findenweißen Text auf schwarzem Hintergrund besser lesbar.

* Jumpnbump und Liquid War, zwei einfache Spiele, die vielSpaß machen, wenn man sie zu mehrt an einer Tastaturspielt.

Viel Spaß mit der wunderbaren freien Linux-Welt!Der Umstieg lohnt sich. 

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Seit nun etwa zwei Jahren gibt es ein Gesprächsthema, das wohl - egal, in welchem Verein mantätig ist, mit welchen Leuten man verkehrt, welchen Radiosender man hört oder wo man seineFreizeit verbringt - immer und immer wieder präsent ist und das dem ein oder anderenvielleicht auch schon zu den Ohren raushängt, obwohl es trotzdem wichtig ist.

Na? Habt ihr es erraten? Richtig, die Asylsuchenden, die Flüchtlingspolitik und was da ebensonst noch dazu gehört. Da kommt ihr wohl auch in der MAZ nicht ganz drum herum. ;-)

Aber wir wollen euch auf keinen Fall mit langweiligen Fakten quälen oder euch unsere Meinungdazu unter die Nase reiben.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was wir dann wollen. Hier unsere Antwort: Wir stellen euchdrei Flüchtlingsprojekte in Augsburg vor und eine Meinung müsst ihr euch dann selber bilden.

Das erste Projekt, das wir vorstellen wollen, heißt Übergepäckeines Flüchtlings. Was als Projekt kurz vor Weihnachten 2014begann, ist mittlerweile eines der größten Projekte fürAsylbewerber im Augsburger Raum. Die Gründungsideebestand darin, dass Asylbewerber leider nicht die Möglichkeithaben, mit besonders viel Gepäck zu reisen. Die größtenGepäckstücke sind dabei wohl die Angst, die offenen Fragenund die Ungewissheit. Zusätzlich dann vielleicht noch einkleiner Koffer für die fünfköpfige Familie.

Mit so wenig Gepäck ist es aber schwer hier in Augsburg Fuß zu fassen und deshalb riefÜbergepäck eines Flüchtlings 2014 das erste Mal dazu auf, mit Sachspenden zu helfen, dieFreiwillige dann kurz vor Weihnachten in den verschiedenen Heimen verteilten. Aus diesem –möglicherweise zuerst als einmalige Aktion gedachten – Projekt ist bis heute ein großesSpendenprojekt geworden. Das von Anfang an bestehende Motto lautet: „Lasst uns gemeinsamzeigen, mit wie viel WENIG, soviel MÖGLICH gemacht werden kann“.

Wer neugierig geworden ist oder in Gedanken bereits seine Wohnung mal wieder entrümpelt,kann sich gerne näher informieren.

Interessante Projekte in AugsburgFlüchtlingshilfe dreimal anders.

http://www.uebergepaeck-eines-fluechtlings.de/

https://www.facebook.com/uebergepaeck/

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Ein weiteres Projekt ist das Grand Hotel. Dieses ist nicht einfach nur ein Hotel. Neben derMöglichkeit, dort für einige Nächte unterzukommen, gibt es Werkräume, diverse Ateliers undein Restaurant. Außerdem ist es eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Die Idee zudiesem Projekt entstand 2011. Damals stand das ehemalige Seniorenheim bereits seit 5 Jahrenleer.

(von Annabelle Domnick)

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Nun zum letzten der drei Projekte: das Café Tür anTür. Ihr findet das kleine Café in einer alten Bus-Garage auf dem Gelände des altenStraßenbahndepots am Senkelbach. Es wird vomVerein Tür an Tür in Kooperation mit dem Zentrumfür interkulturelle Beratung betrieben, umAsylsuchenden, Flüchtlingen und Migranten zuhelfen. Besonders bemerkenswert und geradedeshalb vielleicht auch für den einen oder anderen Studenten spannend ist, dass sämtlicheSpeisen wie Pizza, Pasta, Salate, Suppen, Kuchen und Co. sowie Getränke gegen eine freiwilligeSpende ausgeteilt werden. Auch bei diesem Projekt wird auf die regionale Herkunft geachtet.

Außerdem gibt es immer wieder kleine Ausstellungen, Fußballspiele, die übertragen werden,Stammtische und Ähnliches, zu dem es sich lohnt vorbei zu schauen. Informationen zumaktuellen Programm und Speiseplan findet ihr im Internet.

Nachdem die Idee immer mehr Interessenten fand,wurde direkt ein Projektbüro eingerichtet und dieersten Ateliers fanden ihre Besitzer. Seit 2013wohnen nun auch die „Hotelgäste mit und ohneAsyl“ im Grand Hotel. Hier wird kein Unterschiedgemacht, ob jemand Bewohner, Künstler, Besucheroder Personal ist oder sich aus anderen Gründendort aufhält. Jeder ist gleich und wird mit Respektbehandelt.

Für das dortige Leben gibt es allerdings trotzdem eine kleine Bedingung und zwar: Jeder sollsich mit seinen Möglichkeiten in das Projekt einbringen. Mit aus diesem Grund sind auch dieZimmer für die Hotelgäste einzigartig und individuell von Künstlern gestaltet worden. Undebenfalls deshalb findet man wohl neben vegetarischen oder veganen Gerichten im Restaurantauch traditionelle und "experimentelle" Gerichte. Im Restaurant wird außerdem daraufgeachtet, dass die Zutaten aus ökologischem Anbau stammen, dass Obst und Gemüse vonBiobauern aus der Region kommt und dass Kaffee, Tee und Co. fair gehandelt werden.

Na? Haben wir euer Interesse geweckt? Dann schaut doch mal vorbei.

http://grandhotel-cosmopolis.org/de/

https://www.facebook.com/grandhotelcosmopolis/

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http://www.tuerantuer.de/cafe.html

https://www.facebook.com/cafetuerantuer/

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Das waren auch schon die drei Projekte, die wir vorstellen wollten. Wir hoffen, ihr habt neuenlohnenswerten Input erhalten und unterstützt das ein oder andere Projekt mal durch eineSachspende oder einen Besuch.

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Wir waren auf der Suche nach interessanten Themen für diese MAZ und da kamen wir auf dieIdee, dass es schön wäre, wenn ein paar alte Fachschaftler von ihren Erfahrungen imBerufsleben erzählen würden.

Hier findet ihr zuerst das Interview mit Karin. Ich darf euch unsereehemalige Fachschaftlerin vorstellen. Karin hat an der Uni AugsburgMathematik auf Diplom studiert und war ca. 6 Jahre in der Fachschaft sehraktiv. Sie war neben ihrem Engagement als Fachschaftssprecherin auch imÄltestenrat und als Vize-Präsidentin im Konvent tätig. Noch heute dient sieuns ab und an als Ansprechpartnerin für die Fachschaftsarbeit und wirddeshalb von uns liebevoll Fachschafts-Mama genannt.

„Liebe Karin, erzähl uns doch mal, wie es dir nach deinem Studium ergangen ist.“

„Nachdem ich dann mal angefangen habe Bewerbungen zu schreiben, eigentlich ganz gut.Meine erste Stelle habe ich dann aber tatsächlich durch Vitamin B (Beziehungen) erhalten. MeinOpa, der 50 Jahre lang in einer Firma angestellt war, hat damals eine meiner Bewerbungen anseinen ehemaligen Chef weitergeleitet und dann wurde ich im Nachbarunternehmen (ein IT-Systemhaus) als Vertriebsassistentin angestellt.“

„Und arbeitest du da immer noch?“

„Nein. Nach zwei Monaten haben das Unternehmen und ich festgestellt, dass das nicht dasRichtige für mich ist und ich habe zur Schwesterfirma gewechselt. Dort war ichGeschäftsführungsassistentin und hatte kleinere IT-Projekte zum Thema Datenschutz. Es hatmir sehr gut gefallen, da ich ein paar der Tools mit R und LaTeX programmiert habe und ichzum ersten Mal „fachliches“ Wissen aus meinem Studium einbringen konnte.

Es würde mich jetzt freuen, wieder mehr mit Mathe zu tun zu haben. Leider ist mein Wissenschon etwas eingerostet. Zum Glück gibt es Online-Kurse z.B. auf „Coursera“. - All hail theinternet!

Man lernt eben nie aus, besonders mit einem Gedächtnis wie dem meinen.“

„Apropos auslernen: unsere Studenten bzw. uns von der MAZ-Redaktion würde nochinteressieren, ob du beurteilen kannst, wie wichtig der Master in Mathe ist. Wie schätzt dudie Berufseinstiegschancen für die Studenten ein, die nach dem Bachelor bereits aufhörenwollen?“

„Interessant, dass mir als Diplom-Absolventin diese Frage gestellt wird.

Mathematiker im BerufslebenEin Interview.

(von Annabelle Domnick und Karin Gehweiler)

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Ich kenne tatsächlich nicht so viele Bachelor-Mathematiker, aber aus der Informatik kenne ichviele Leute, die den Berufseinstieg auch mit dem Bachelorabschluss gut gemeistert haben.Meiner Meinung nach braucht man für die Berufswelt auf jeden Fall die Soft-Skills, und die lerntman auch schon in den ersten 6 Semestern. Damit fehlt allerdings die Spezialisierung ein wenig.Es gibt da draußen sowohl Stellen, die spezialisiertes Fachwissen verlangen, wie auch Stellen,bei denen man sich viel aneignen muss, egal wie viel Vorwissen man hat.

Ich persönlich empfand die höheren Vorlesungen aber als viel interessanter und mehr in dieTiefe gehend. Demnach würde ich persönlich den Master empfehlen und mir wäre der Bachelornicht weit genug gewesen. Aber das sollte jeder für sich entscheiden.“

„Und wie sieht es mit einem berufsbedingten Ortswechsel aus? Angeblich ist dieser in derheutigen Zeit notwendig. Glaubst du, es geht auch ohne?“

„Direkt nach dem Studium würde ich sagen nein. Das liegt aber einfach daran, dass die Stadt, inder die Universität ist, ja schlecht alle Absolventen auffangen kann.

Prinzipiell würde ich aber behaupten, es ist nicht unbedingt notwendig, solange man fachlichbzw. thematisch flexibel ist. Wenn man sich selbst allerdings fachlich bindet, schränkt dasnatürlich ein, und man muss sehen, was das für den Arbeitsort heißt.

Und bedenkt: Früher oder später kann es auch andere Faktoren geben, die einen an einen Ortbinden.“

„Dann kommen wir auch schon zur letzten Frage. Was würdest du den heutigenMathematikstudenten auf den Weg geben?

„Genießt das Studium, es ist toll! Verliert nicht den Spaß an der Mathematik. Trainiert euerGedächtnis und versucht euch einige Dinge auch über das Studium hinaus zu merken. Das istnicht so einfach, wie man glaubt. ;-)

Und was ich heute vermisse, aber „damals“ für selbstverständlich hielt: Man geht einfachirgendwo hin und trifft einfach irgendwelche Leute, findet einfach irgendwelche neuen Freunde,neuen Hobbies, Interessen und im Endeffekt auch neue Seiten an sich. Natürlich geht das auchnach dem Studium; artet aber bei mir derzeit echt in Arbeit aus. :-P

Also genießt eure Zeit und habt Spaß.“

Was für ein wunderbares Schlusswort zu unserem Interview. Wir hoffen, dass wir für euchinteressante Fragen gestellt und euch die Antworten etwas gebracht haben. Ein riesiger Dankgeht an Karin, dafür, dass sie uns so offen und ehrlich auf unsere Fragen geantwortet hat.

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Was passiert eigentlich im Referendariat?Ein Erfahrungsbericht.

Hallo ihr Lieben. Ich darf mich kurz vorstellen, da mich wahrscheinlich nicht mehr alle kennen.Mein Name ist Felix und ich habe an der Universität Augsburg Lehramt für’s Gymnasium in derKombination Mathematik und Physik studiert und stehe im Moment kurz vorm Abschlussmeines Referendariats. Heute habe ich die Ehre, euch von meinen Erfahrungen zu berichten!

Der erste Tag:

An diesen Tag erinnere ich mich noch gut. Zum ersten Mal treffe ich die 22 anderenReferendare, die ebenfalls dem Franz-Ludwig-Gymnasium in Bamberg zugeteilt wurden. Esfühlt sich fast an wie ein erster Schultag in einer neuen Klasse. Einige wenige kennen sich vonder Uni, aber für mich sind alle Gesichter neu. Bevor es offiziell losgeht, versuchen wir uns überunsere Fächerkombinationen auszutauschen. (Hier muss man wissen: Ein Seminar besteht ausReferendaren der unterschiedlichsten Fachrichtungen. In meinem Seminar sind z.B. insgesamtnur 5 Referendare mit der Kombination Mathematik und Physik.)

Der offizielle Teil ist relativ kurz. Zuerst wurden wir vereidigt – anschließend gab es einigeInformationen zum Ablauf des Referendariats, dazu aber später mehr.

Die ersten Wochen:

Bis zu den Herbstferien stehen neben den Fachsitzungen (Mathe, Physik, Schulrecht,Grundfragen staatsbürgerlicher Bildung, Pädagogik und Psychologie), die wöchentlich als(Doppel-)Stunde stattfinden im Wesentlichen Hospitationen auf dem Dienstplan (Ja, so heißtder Stundenplan jetzt ;-)). Die Hospitationen laufen ähnlich ab wie schon in den Schulpraktika,sind also nur teilweise spannend. Spannender und zugleich aufwendiger sind die dreiLehrversuche, die ich in jedem meiner Unterrichtsfächer halten muss. Es wird zwar nichterwartet, bereits am Anfang perfekte Stunden abzuliefern, aber wer will schon planlosdastehen, wenn das ganze Fachseminar in der Stunde hospitiert?

Rückblickend kann ich aber sagen, dass sich viele deutlich zu viel Stress gemacht haben –übrigens ein Satz, der sich auf viele Situationen im Referendariat anwenden lässt!

Nach den Herbstferien:

Endlich ist es so weit. Ich bekomme meine Schulklassen. Eine sechste in Mathematik und eineneunte in Physik. Insgesamt sechs Stunden halte ich damit pro Woche. Das hört sich im erstenMoment nach nicht allzu viel an, aber gerade in den ersten Wochen brauche ich doch nochrelativ lange für einen Stundenentwurf und bin froh, dass es nicht mehr Stunden sind. Mehroder weniger regelmäßig hospitieren die Betreuungs- und die Seminarlehrer. Auch wenn ichweiß, dass diese mir bei der Besprechung nützliche Tipps geben, fühle ich mich beobachtet.

(von Felix Platzer)

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Relativ bald standen auch schon die ersten Schulaufgaben an. Dass Korrigieren lang dauert, warich ja schon von der Uni gewöhnt, da ich mehrere Semester als Tutor gearbeitet habe, aber wielang man zum Erstellen einer Schulaufgabe brauchen kann, hat mich wirklich überrascht!Immerhin gehören Mathematik und Physik nicht zu den korrekturintensivsten Fächern.

Der erste Elternsprechtag:

Viel Wirbel wurde um den ersten Elternsprechtag gemacht und ich muss sagen, dass ich schonein wenig aufgeregt war. Da ich die Klassen ja erst seit den Herbstferien hatte, war ich mir nochnicht bei allen Namen sicher und musste daher befürchten, etwas vollkommen Falsches zuerzählen. Letztlich hat sich das als unbegründet herausgestellt. Viele Eltern kamen eh nicht unddie, die da waren, wollten nur mich als den neuen Referendar mal gesehen haben. Für großeProbleme mit schulischen Leistungen ist der erste Elternsprechtag einfach zu früh. Im zweitenHalbjahr darf man mit mehr Resonanz rechnen.

Die erste Lehrprobe:

Kurz nach den Weihnachtsferien begann der Lehrprobenzeitraum. Drei Wochen vor meinerLehrprobe erfuhr ich den Termin und mein Thema. Wissend, dass die meisten Seminarschulenihren Referendaren das Thema erst zwei Wochen vorher mitteilen, habe ich die erste imWesentlichen untätig verstreichen lassen – es waren aber ja auch noch Ferien und etwasErholungszeit musste ich mir schon nehmen. Die letzte Woche vor der Lehrprobe dürfte diewohl stressigste im ersten Halbjahr gewesen sein. So viele Gedanken zu einer einzelnen Stundehabe ich mir nur zwei weitere Male gemacht – und zwar bei Lehrprobe zwei und drei!Besonders realistisch ist so eine Lehrprobenstunde nicht, da man eine viel zu ruhige, fastschüchterne Klasse vorfindet! Auch dass man tatsächlich 45 Minuten zur Verfügung hat, war fürmich ungewohnt.

Der Einsatz:

Nach einem halben Jahr Seminarschule ging es raus in den Einsatz. Vorher konnte man seineOrtswünsche äußern. Ich hatte Glück und kam nach Neusäß ans Justus-von-Liebig Gymnasium,sogar für beide Einsatzhalbjahre, was gerade beim Referendariatsbeginn im Herbst keineSelbstverständlichkeit ist. Jetzt hatte ich deutlich mehr Stunden zu halten. In meinem zweitenEinsatzhalbjahr waren dies die maximal erlaubten 17 Stunden. Hört sich nach viel an, vor allemwenn man bedenkt, dass ich mich noch vor ein paar Absätzen über sechs Stunden fastbeschwert hätte. Aber ich kann euch beruhigen! Durch den Wegfall der Fachsitzungen unddurch den vorgeschriebenen freien Tag musste ich mich auch im Einsatz nicht überarbeiten.Stressig waren lediglich die Phasen mit vielen Schulaufgaben, gerade auch, weil dieBetreuungslehrer die Angaben in der Regel eine Woche vorher sehen wollten. Ja, ganz von derLeine ist man nicht, im Unterricht besucht wird man auch ab und zu. Kontrolliert wird manebenfalls durch die Seminarberichte, in denen man u. a. dokumentiert, was man bis zumjeweiligen Seminartag an Unterricht gehalten hat.

Apropos Seminartage: Insgesamt vier Mal war ich auf einem Seminartag. Der erste war vonPsychologie und Pädagogik geprägt. An den anderen Seminartagen fanden die jeweiligenFachsitzungen gleichberechtigt statt. Außerdem wurden auf den Seminartagen Erfahrungenausgetauscht – teils gemütlich abends bei einem Glas Bier.

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Auch wenn die Leine nicht ganz los ist, so ist sie doch deutlich länger und meiner Erfahrungnach lernt man dadurch die Klassen auch viel besser kennen – man ist ja auch selbst für sieverantwortlich. Der Einsatz ist die Zeit des Ausprobierens. Ich habe zum Beispiel versucht, ohneAbfrage auszukommen. Hat geklappt, auch wenn es teils mit dem Notenbild dann etwas engwar. Manchmal hatte ich auch das Gefühl, dass ein bisschen mehr Notendruck nicht verkehrtwäre, aber dafür experimentiert man ja! Der Kontakt mit den Fachkollegen hilft übrigensenorm, um auf Ideen zu kommen, die man mal ausprobieren kann!

Zurück an die Seminarschule:

Ich glaube, so muss sich ein Hund fühlen, wenn es von der Spielwiese wieder mit der Leine nachHause geht. Viele Freiheiten und Möglichkeiten, die man im Einsatz schätzen gelernt hat, sindauf einmal nicht mehr vorhanden. Die Beobachtung nimmt wieder stark zu. Auch der Drucksteigt, da die Abschlussprüfungen in Sichtweite kommen. Das macht sich auch in derFreizeitplanung des Seminars bemerkbar. Während im ersten Halbjahr zum donnerstäglichenStammtisch meist 15 Leute erschienen sind, so haben wir im letzten Halbjahr noch nicht dieZehn-Personen-Grenze erreicht. Liegt vielleicht auch daran, dass die erste Prüfung (Psychologieund Pädagogik) bereits in der Woche nach den Osterferien stattgefunden hat und es danachdirekt mit dem Lehrprobenzeitraum für die dritte Lehrprobe losging.

Momentan bereite ich mich auf meine letzte Lehrprobe vor. Diesmal konnte ich mir die Klassenicht mehr aussuchen, da ich bereits zwei Lehrproben in Mathematik (Unterstufe undMittelstufe) hatte und damit die letzte Lehrprobe zwingend Physik in der Oberstufe ist. In denPfingstferien steht dann noch der Lehrgang „Schule Unterwegs“ an, den die meisten ausmeinem Seminar schon voriges Jahr besucht haben. Pflicht ist der Lehrgang nicht, aber starkempfohlen. Nach den Pfingstferien kommen dann die letzten Prüfungen (Mathematik, Physik,Schulrecht und Staatsbürgerliche Bildung), welche alle an einem Tag stattfinden und rechtzeitigzur Fußball-EM 2016 abgeschlossen sein werden!

Rückblick:

Horrorgeschichten, wie sie ja viel umhergeistern, habe ich (zum Glück) keine zu berichten.Meine Theorie zur Entstehung ist, dass einzelne unangenehme Vorkommnisse weiter getragenwerden, während sonst bei Bayern das Motto gilt: „Nix gsoaggt is gnua globt!“ Auch wennwahrscheinlich keiner meiner Betreuungslehrer diesen Artikel lesen wird, möchte ich hier maldie wirklich gute und angenehme Betreuung loben, die ich erfahren durfte!

Auch möchte ich mit dem Mythos aufräumen, man hätte keine Freizeit im Referendariat. Klar,das Referendariat kostet teilweise viel Muße und manchmal ist man auch nicht motiviert, denUnterricht für den nächsten Tag vorzubereiten. Wenn es mal nicht anders geht, kann man sichnatürlich voll und ganz nach der Türschwellenpädagogik richten. Die oft kritisierte fachlicheTiefe des Mathematikstudiums gab mir dafür die nötige Sicherheit. Aber das Planen derStunden macht auch Spaß und ich habe mich immer sehr gefreut, wenn eine Stunde so geklappthat wie geplant. Die anderen Stunden habe ich als wertvolle Erfahrung verbucht, um es beimnächsten Mal anders und hoffentlich besser zu machen.

Also liebe Lehramtskollegen, genießt euer Studium, denn die Zeit danach wird erwachsener,aber freut euch auch auf zwei Jahre mit vielen tollen neuen Erfahrungen!

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ImpressumDas Rechtliche zum Schluss.

Herausgeber:Studierendenrat der Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultätan der Universität Augsburg

Chefredaktion:Annabelle Domnick, Felicitas Hörmann, Christian Lochner

E-Mail-Adresse:[email protected]

Textchefin:Annabelle Domnick

Anzeigenteil:Christian Lochner

Layout:Felicitas Hörmann

Anschrift des Herausgebers und der Chefredaktion:Universität AugsburgStuRa der MNTFUniversitätsstraße 1486159 Augsburg

Druck:WIRmachenDRUCK GmbHMühlbachstr. 771522 Backnang

Auflage:500 Stück

Stückpreis:kostenlos

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