Dipolmomente der Phenanthroline -...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. DIPOLMOMENTE DER PHENANTHROLINE 83 Dipolmomente der Phenanthroline * Dipole-Moments of Phenanthrolines H.-H. P ERKAMPUS, P. MÜLLER und J. K NOP Institut für Physikalische Chemie der Universität Düsseldorf (Z. Naturforsch. 26 b, 83—86 [1971] ; eingegangen am 10. November 1970) Dipole moments of the ten isomeric phenanthrolines are presented and discussed shortly. They could be computed in a close approximation from the dipole moment vectors of the individual pyridine nuclei. Dipole moments calculated by means of the CNDO/2-method are in agreement with the experimental data. Vor kurzem haben wir über die Dipolmomente der //•a/is-1.2-Dipyridyläthene berichtet 1 . Jetzt werden die Ergebnisse analoger Messungen für die 10 isomeren Phenanthroline mitgeteilt. Bekanntlich lassen sich die Phenanthroline durch eine Photocyklisierung aus den 1.2-Dipyridyläthenen darstellen 2 . Beide Ver- bindungsklassen stellen Systeme mit 14 ^-Elektro- nen dar, an denen der Einfluß der gegenseitigen Stellung der beiden N-Atome auf verschiedene phy- sikalische Eigenschaften experimentell und theore- tisch untersucht werden kann 3 . Aus diesem Grunde wurden die experimentellen Untersuchungen durch theoretische Rechnungen ergänzt 4 . 1. Experimentelle Ergebnisse Bestimmung der Dipolmomente siehe 1. c. Wie bei den Dipyridyläthenen wurde für einige Phen- anthroline das Dipolmoment sowohl aus der Tempe- raturabhängigkeit der Molpolarisation als auch aus der Molpolarisation und Molrefraktion bei konstan- ter Temperatur bestimmt. Abb. 1. Numerierung des Phenanthrolingerüstes (einge- kreiste Zahlen entsprechen der üblichen chemischen Nomen- klatur) . Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H.-H. PERKAMPUS, Universität Dünsseldorf, Institut für Physikal. Chemie, D-4000 Düsseldorf, Fa. Henkel, Gebäude Z 10, Bonner Straße. 1 H.-H. PERKAMPUS U. P. MÜLLER, Z. Naturforsch. 25 b, 917 [1970]. 2 H.-H. PERKAMPUS U. G. KASSEBEER, Liebigs Ann. Chem. In Abb. 1 ist die Numerierung des Phenanthren- gerüstes wiedergegeben. Abb. 2 zeigt für vier Phen- anthroline die Auftragung vonP2oo gegen 1/T. Aus den Steigungen der Geraden wurden die Dipol- - 380 Abb. 2. Temperaturabhängigkeit von P2oo für 1.5-Phenanthro- lin ( - © - © - ) , 4.5-Phenanthrolin ( - X - X - ) , 1.6-Phen- anthrolin ( — 0 ~ O —) und 2.7-Phenanthrolin ( ), momente ermitelt. Die Meßwerte und daraus erhal- tenen Dipolmomente sind in Tab. 1 zusammenge- stellt. 696, 1 [1966]; H.-H. PERKAMPUS, G. KASSEBEER U. P. MÜLLER , Ber. Bunsenges. physik. Chem. 71, 40 [1967]. 3 H.-H. PERKAMPUS, J. V. KNOP, A. KNOP U. G. KASSEBEER, Z. Naturforsch. 22 a. 1419 [1967]. 4 Experimenteller Teil Dr. P. MÜLLER (Auszug aus der Dis- sertation, Braunschweig 1968) ; Theoretischer Teil Dr. J. V. KNOP.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

DIPOLMOMENTE DER PHENANTHROLINE 83

Dipolmomente der Phenanthroline * Dipole-Moments of Phenanthrolines

H . - H . PERKAMPUS, P . M Ü L L E R u n d J . K N O P

Institut für Physikalische Chemie der Universität Düsseldorf

(Z. Naturforsch. 26 b , 83—86 [1971] ; eingegangen am 10. November 1970)

Dipole moments of the ten isomeric phenanthrolines are presented and discussed shortly. They could be computed in a close approximation from the dipole moment vectors of the individual pyridine nuclei. Dipole moments calculated by means of the CNDO/2-method are in agreement with the experimental data.

Vor kurzem haben wir über die Dipolmomente der //•a/is-1.2-Dipyridyläthene berichtet1. Jetzt werden die Ergebnisse analoger Messungen für die 10 isomeren Phenanthroline mitgeteilt. Bekanntlich lassen sich die Phenanthroline durch eine Photocyklisierung aus den 1.2-Dipyridyläthenen darstellen2. Beide Ver-bindungsklassen stellen Systeme mit 14 ^-Elektro-nen dar, an denen der Einfluß der gegenseitigen Stellung der beiden N-Atome auf verschiedene phy-sikalische Eigenschaften experimentell und theore-tisch untersucht werden kann3. Aus diesem Grunde wurden die experimentellen Untersuchungen durch theoretische Rechnungen ergänzt4.

1. Experimentelle Ergebnisse

Bestimmung der Dipolmomente siehe 1. c. Wie bei den Dipyridyläthenen wurde für einige Phen-anthroline das Dipolmoment sowohl aus der Tempe-raturabhängigkeit der Molpolarisation als auch aus der Molpolarisation und Molrefraktion bei konstan-ter Temperatur bestimmt.

Abb. 1. Numerierung des Phenanthrolingerüstes (einge-kreiste Zahlen entsprechen der üblichen chemischen Nomen-

klatur) .

Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H.-H. PERKAMPUS, Universität Dünsseldorf, Institut für Physikal. Chemie, D-4000 Düsseldorf, Fa. Henkel, Gebäude Z 10, Bonner Straße.

1 H.-H. PERKAMPUS U. P . MÜLLER, Z . Naturforsch. 2 5 b, 9 1 7 [ 1 9 7 0 ] .

2 H . - H . PERKAMPUS U. G . KASSEBEER, Liebigs Ann. Chem.

In Abb. 1 ist die Numerierung des Phenanthren-gerüstes wiedergegeben. Abb. 2 zeigt für vier Phen-anthroline die Auftragung vonP2oo gegen 1/T. Aus den Steigungen der Geraden wurden die Dipol-

- 380

Abb. 2. Temperaturabhängigkeit von P2oo für 1.5-Phenanthro-lin ( - © - © - ) , 4.5-Phenanthrolin ( - X - X - ) , 1.6-Phen-anthrolin ( — 0 ~ O —) und 2.7-Phenanthrolin ( — • — • — ) ,

momente ermitelt. Die Meßwerte und daraus erhal-tenen Dipolmomente sind in Tab. 1 zusammenge-stellt.

696, 1 [1966]; H.-H. PERKAMPUS, G . KASSEBEER U. P . MÜLLER, Ber. Bunsenges. physik. Chem. 71, 40 [1967].

3 H . - H . PERKAMPUS, J . V . KNOP, A . KNOP U. G . KASSEBEER, Z. Naturforsch. 22 a. 1419 [1967].

4 Experimenteller Teil Dr. P. MÜLLER (Auszug aus der Dis-sertation, Braunschweig 1968) ; Theoretischer Teil Dr. J. V . KNOP.

84 H. H. PERKAMPUS, P. MÜLLER UND J. KNOP

Substanz Lösungs-mittel

T[°K] 1 T

Oe b ^2oo M D ]

1.5-Phenanthrolin Benzol 283,16 3,532 7,827 0,602 154,82 288,16 3,470 7,668 0,613 153,14 293,16 3,411 7,508 0,624 151,53 2,10 298,16 3,354 7,349 0,635 149,97 303,16 3,299 7,189 0,646 148,46

1.6-Phenanthrolin Benzol 283,16 3,532 1,452 0,632 63,117 288,16 3,470 1,476 0,648 63,109 293,16 3,411 1,500 0,664 63,101 0,15 298,16 3,354 1,524 0,680 63,093 303,16 3,299 1,548 0,696 63,085

2.7-Phenanthrolin Benzol 283,16 3,532 1,251 0,605 61,070 288,16 3,470 2,270 0,618 61,063 293,16 3,411 1,289 0,631 61,056 0,13 298,16 3,354 1,308 0,644 61,049 303,16 3,299 1.326 0,657 61,042

4.5-Phenanthrolin Benzol 283,16 3,532 23,761 0,740 377,70 288,16 3,470 23,181 0,749 371,92 293,16 3,411 22,601 0,765 366,42 3,87 298,16 3,354 22,021 0,773 361,11 303,16 3,299 21,441 0,785 355,99

Tab. 1. Zwischenergebnisse zur Berechnung des Dipolmomentes nach der temperaturabhängigen Methode.

Phen-anthrolin- ae b an P200 l , l ' Ä l o o Po t*

[D]

-1.5 7,444 0,620 1,167 150,82 59,14 91,14 2,10 -1.6 1,477 0,664 1,164 62,77 57,79 4,98 0,47 -1.7 8,432 0,727 1,138 161,98 55,48 106,90 2,25 -1.8 20,934 0,661 1,108 346,11 57,05 289,06 3,70 -2.5 22,581 0,797 1,119 365,43 53,17 312,26 3,87 -2.6 8,331 0.682 1,136 161,83 56,84 104,98 2,24 -2.7 1.415 0.631 1,054 62,88 57,15 5,73 0,49 -3.5 25,912 0,721 1,061 423,41 54,57 368,84 4,21 -3.6 22,062 0,653 1,091 362,27 57,05 305,22 3,83 -4.5 22,911 0,765 1,169 372,08 54,85 317,23 3,90

Tab. 2. Zwischenwerte zur Bestimmung der Dipolmomente der Phenanthroline; Lösungsmittel: Benzol. T = 293 °K (zur Bedeutung von at, b, an s. 1. c .*) .

Für die Bestimmung der Dipolmomente aus der Orientierungspolarisation sind die entsprechenden Daten in Tab . 2 als Mittelwerte mehrerer Reihen zusammengefaßt.

Der Vergleich beider Tabellen zeigt, daß bei den kleinen Dipolmomenten nur die Auswertung der Temperaturabhängigkeit von Pooo vernünftige Werte für die Dipo lmomente liefert. Die Dipolmomente der Phenanthroline-1.5 und -4 .5 stimmen nach beiden Methoden überein. Die Zusammenstellung der Di-po lmomente in Tab . 3 berücksichtigt deshalb für die Phenanthroline-1.6 und -2 .7 nur die aus der Tem-peraturabhängigkeit erhaltenen Werte.

Für die seit langem bekannten Phenanthroline - 1 . 5 , - 1 . 8 und - 4 . 5 l iegen Werte von CUMPER und

Phen- /ifexp.] /u [berechnet] Debye /u ithrolin- [D] ^ C N D Q / 2 p p p [Literatur]

ment

-1.5 2,10 2,25 2,53 1,54 2,06 5

-1.6 0,15 0,00 0,12 0,46 —

-1.7 2,25 2,25 2,01 1,19 —

-1.8 3,70 3,90 3,76 2,53 3,63 5

-2.5 3,87 3,90 3,89 2,64 —

-2.6 2,24 2,25 2,26 1,46 —

-2.7 0,13 0,00 0,27 0,61 —

-3.5 4,21 4,50 4,59 2,97 —

-3.6 3,83 3,90 3,84 2,27 —

-4.5 3,90 3.90 3,89 2,20 3,64 5< 6

4,11

Tab. 3. Experimentell bestimmte und berechnete Dipol-momente der Phenanthroline.

DIPOLMOMENTE DER PHENANTHROLINE 8 5

Mitarbb.5 sowie für das Phenanthrolin-4.5 von F I E L D I N G und L E F E V R E 6 vor. Die von diesen Autoren mitgeteilten Dipolmomente stimmen beim Phenanthrolin-4.5 schlecht überein. Der von uns neu gemessene Wert entspricht dem Mittelwert dieser Werte.

2. Theoretische Berechnung

Für die theoretische Ermittlung der Dipolmomente wurden das PPP-Verfahren und CNDO/2-Rechnun-gen herangezogen. Das erstgenannte Verfahren wurde bereits mit gutem Erfolg für die Interpreta-tion der Elektronenanregungs-Spektren der Phen-anthroline und anderer Azaaromaten benutzt3 '7. Der Formalismus einer PPP-Rechnung, bei der aus-schließlich das ^r-Elektronensystem berücksichtigt wird, und das o-Elektronensystem als ein unpolari-sierbares Gerüst behandelt wird, ist wiederholt aus-führlich dargestellt worden8. In Tab. 4 sind des-halb lediglich die semiempirischen Parameter für die ^r-Elektronen zusammengestellt.

/* OJß 7nn 7cn ßcn

c - 1 1 , 1 6 10,53 5,20 - 2 , 3 0 N - 1 4 , 1 2 11,78 5,40 - 2 , 6 2

Tab. 4. Semiempirische jr-Elektronenparameter der PPP-Berechnungen in eV.

Als zweites Verfahren wurde die von P O P L E u. a. entwickelte CNDO/2-Methode 9 ' 1 0 verwendet. Bei dieser Methode werden alle Valenzelektronen be-rücksichtigt, so die l s der Wasserstoffatome und die 2s-, 2px-, 2py-, 2ps-Elektronen der Kohlenstoff- und Stickstoffatome. Als unpolarisierbares Gerüst wer-den demnach in diesem Verfahren nur die ls-Elek-tronen der C- und N-Atome behandelt. Die Lösungs-gleichungen dieser Methode haben auf Grund der in die R o o t h a a n sehen Gleichungen 11 eingeführ-ten ZDO-Näherung eine sehr ähnliche Struktur wie die PPP-Gleichungen. Die gewählte Parametrisie-rung ist identisch mit der von P O P L E und ande-ren 7> 8 ' 1 2 .

5 C. W . N . CUMPER, R . F . A . GINMAN u . A . J . VOGEL, J . chem. Soc. [London] 1962,1188.

6 P. E. FIELDING u. R. J. W. LE FEVRE, J. chem. Soc. [Lon-don] 1951, 1811.

7 H . H . PERKAMPUS, J. V . KNOP u. A. KNOP , Spectrochim. Acta [Sondon] 2 5 A , 1 5 8 9 [ 1 9 6 9 ] .

8 M . KLESSINGER, Fortschr. chem. Forsch. 9 , 3 5 4 [ 1 9 6 8 ] . 9 J. A. POPLE, D. P . SANTRY U. G . A. SEGAL, J. chem. Phy-

sics 4 3 , 5 1 2 9 [ 1 9 6 5 ] .

Die nach beiden Verfahren berechneten Dipol-momente im Grundzustand sind in Tab. 3 mit auf-geführt.

3. Diskussion

Die in Tab. 3 zusammengestellten Dipol-momente lassen deutlich den Einfluß der Stellung der N-Atome in den beiden Ringen erkennen. Inter-essant ist aber, daß man auch bei den Phenanthro-linen die Dipolmomente aus den Momenten der beiden äußeren „Pyridin-Ringe" vektoriell zusam-mensetzen kann1. Mit ju = 2,30 D, als Inkrement für Pyridin in Benzol, ergeben sich die in Spalte 3 der Tab. 3 aufgeführten Werte, die mit den gemesse-senen Dipolmomenten in Spalte 2 eine befriedigende Übereinstimmung zeigen.

Die Tatsache, daß man in guter Näherung das molekulare Dipolmoment aus den Momenten der Pyridinkerne vektoriell zusammensetzen kann, spricht dafür, daß die Konjugation des ^r-Elektro-nensystems in den Di-Azaphenanthrenen offensicht-lich nur einen geringen Einfluß auf die Momente der beiden äußeren Ringe ausübt.

Um einen grundsätzlichen Hinweis zu erhalten, wie stark die Beeinflussung des Dipolmomentes des Pyridins bei Vergrößerung des Ji-Elektronensystems ist, kann man die z. T. bekannten, z. T. im Zusam-menhang mit diesen Untersuchungen bestimmten Di-polmomente einiger Mono-Azaaromaten heranziehen. In Tab. 5 sind diese Werte zusammengestellt:

/ " [ D ] eigene Messung Literatur

2,30 a 2,26 13

- 2,1614

- 2,5414

2,37 a 2,39 5

2,26 a -1,77 a -2,67 a 2,11 1 2,09 5

Tab. 5. Dipolmomente einiger Mono-Azaaromaten. a Benzol als Lösungsmittel.

10 J. A. POPLE u. G. A. SEGAL, J. chem. Physics 43, 5136 [1965]; 44,3289 [1966].

11 C. C. J. ROOTHAAN , Rev. mod. Physics 23, 69 [1963]. 12 J. V. KNOP, ausführliche Darstellung in Verbindung mit

weiteren Berechnungen in Vorbereitung. 13 B. A. MIDDLETON U. J. R. PARTINGTON , Nature [London]

141,516 [1938]. 14 M. A. G. RAU U. B. N . NARAYANASWAMY , Z. physik.

Chem., Abt. B 26, 23 [1934].

Pyridin Chinolin iso-Chinolin 3.4-Benzochinolin 5.6-Benzochinolin 7.8-Benzochinolin 5.6-Benzoisochinolin Acridin

8 6 DIPOLMOMENTE DER PHENANTHROLINE 86

Man erkennt aus Tab. 5, daß das Dipolmoment des Pyridinkernes beim Ubergang zum Chinolin und einigen Benzochinolinen (3.4- und 5.6-Benzo-chinolin) praktisch nicht verändert wird. Dagegen treten beim «o-Chinolin und 5.6-Benzo-/so-chinolin höhere Werte für die Dipolmomente auf. Interessant ist, daß das 7.8-Benzochinolin ein relativ niedriges Dipolmoment mit 1,77 D aufweist. Diese „Struktur-einheit" ist aber im Phenanthrolin-1.5 und Phen-anthrolin-3.5 jeweils bezogen auf das N-Atom in 5-Stellung enthalten. Es ist daher verständlich, daß die Berechnung des Dipolmomentes aus den Pyridin-kernen zu große Werte liefert.

Die Beeinflussung der Dipolmomente durch diese Struktureinheiten ist dennoch relativ gering. Man erkennt dies, wenn man die Dipolmomente der Phenanthroline aus den Momenten des Chinolins, Isochinolins, der Benzochinoline und des Benzo-iso-chinolins beredinet. Die Abweichungen sind dann für die meisten Phenanthroline außerordentlich groß. Ähnlich wie bei den Jrans-Dipyridyläthenen kann man daher auch hier die Dipolmomente aus dem Inkrement des Pyridinkernes in guter Näherung vektoriell zusammensetzen.

Die Abweichung, die beim Phenanthrolin-1.8 zwischen Berechnung und Experiment beobachtet wird, dürfte auf die Besonderheit der Stellung die-ser N-Atome zum mittleren Ring zurückzuführen sein, da dieses Phenanthrolin nur die „Struktur-einheit" des 5.6-Benzochinolins enthält, dessen Di-polmoment den unbeeinflußten Pyridin-Wert zeigt, wie aus Tab. 1 zu ersehen ist.

In Phenanthrolin-2.5, dessen experimenteller und aus dem Pyridin berechneter Wert übereinstimmen,

kompensieren sich offensichtlich zwei Einflüsse: die stark erniedrigende Wirkung der 7.8-Benzochinolin-und die erhöhende Wirkung der 5.6-Benzo-iso-chino-lin-Struktureinheit. Im Phenanthrolin-4.5 wird da-gegen der Einfluß der 7.8-Benzochinolin-Struktur-einheit völlig aufgehoben, da sonst ein wesentlich niedrigeres Dipolmoment auf Grund der zwei Ein-heiten resultieren müßte.

In Spalte 4 sind die Dipolmomente zusammen-gestellt, die nach dem CNDO/2-Verfahren berech-net worden sind. Man erkennt, daß eine relativ gute Übereinstimmung besteht. Interessant ist, daß auch für die sehr kleinen experimentell erhaltenen Dipol-momente die Berechnung Werte in der gleichen Größe liefert. Wegen der Übereinstimmung zwi-schen Theorie und Experiment bei den anderen Phenanthrolinen kommt somit auch diesen niedrigen Werten eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu.

Die nach der PPP-Methode in Spalte 5 berech-neten Dipolmomente stellen nur den yr-Elektronen-anteil am Gesamtmoment dar und liegen erwar-tungsgemäß niedriger als das Gesamtmoment. Aus-nahmen bilden das Phenanthrolin-1.6 und -2.7. Hier muß man wegen des großen Momentes der JT-Elektronen annehmen, daß das Moment der o-Elektronen dem der ^-Elektronen entgegengerich-tet ist.

Die vorliegenden Untersuchungen wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und den Verband der Chemischen Industrie — Fonds der Chemie — unter-stützt, wofür wir an dieser Stelle herzlich danken. Herrn Prof. Dr. C. J. TLMMONS, Nottingham, danken wir sehr herzlich für die Überlassung einer Probe des 5.6-Benzo-iso-chinolins.