Discours rdennewald nouvelan2013_final
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NeujahrsempfangNeujahrsempfangNeujahrsempfangNeujahrsempfang 2012012012013333 Ansprache von Robert Dennewald, Präsident
Exzellenzen,
Herr Premierminister,
Sehr geehrter Herr Rabe,
Werte Mitglieder,
Meine Damen und Herren,
Ich bin sehr erfreut, Sie so zahlreich bei unserem diesjährigen Neujahrsempfang begrüßen zu dürfen.
Zuerst möchte ich Ihnen alles Gute für 2013 wünschen, natürlich für jeden persönlich, aber auch für
die Unternehmen in denen Sie Verantwortung tragen.
Was das neue Jahr uns bringen wird, wissen wir selbstverständlich nicht. Dennoch soll die Frage
erlaubt sein, wie wir die aktuelle Wirtschaftslage einschätzen. Es ist uns allen bekannt, dass das Jahr
2012 kein gutes Jahr für die meisten unserer Betriebe war. Die Umsatzzahlen waren rückläufig und
werden sich dementsprechend auf die Betriebsergebnisse auswirken.
Mit der Umsatzentwicklung kontrastiert die Kostenentwicklung, hauptsächlich jene der Lohnkosten,
die in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen sind. Im internationalen Vergleich sind wir
inzwischen zum Spitzenreiter der Lohnentwicklung geworden. In vielen Unternehmen gibt diese
Entwicklung Anlass zu großer Besorgnis. Ich erlaube mir deshalb einen Wunsch für das eben
begonnene Jahr auszusprechen, und zwar, dass wir uns gemeinsam bemühen die Kostenexplosion in
den kommenden Monaten in den Griff zu bekommen.
Neben der Lohnentwicklung bereitet uns aber auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt Sorgen. Die
Zahl der Betriebe, die in den letzten Monaten Kurzarbeit beantragen mussten ist hoch und
dementsprechend hoch ist die Zahl der durch diesen Umstand betroffenen Mitarbeiter.
Mit gut 20.000, hat die Zahl der Arbeitssuchenden einen neuen Rekord erreicht, dies ohne die
Grenzgänger mitzuzählen welche ihre Arbeit in Luxemburg verloren haben.
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Im internationalen Vergleich ist unsere Arbeitsmarktsituation sicherlich noch immer beneidenswert. In
den letzten Jahren wurden noch tausende neuer Arbeitsstellen geschaffen und es ist noch immer
schwierig qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
Trotzdem sollen wir die weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam verfolgen und
versuchen, durch eine aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Herr der Lage zu bleiben.
Als Unternehmer sind wir gewohnt nicht über Probleme zu lamentieren, sondern Lösungen
herbeizuführen. Ich bin deshalb überzeugt, dass jeder, auf der ihm anvertrauten Ebene, seine
Verantwortung übernehmen wird. Wir erwarten aber auch diese Einstellung und diese Bereitschaft
von denjenigen die das Umfeld, in dem wir arbeiten, maßgeblich mitgestalten. Ich denke hier in erster
Linie an jene die in der Politik Verantwortung tragen.
Meine sehr verehrten Gäste,
Der Jahreswechsel ist eine gute Gelegenheit für eine Art Standortbestimmung vorzunehmen. Was hat
sich in letzter Zeit in der Weltwirtschaft verändert und wo stehen wir heute.
China und Indien werden nach einer OECD-Studie in den kommenden Jahrzehnten zu den Top-
Industrienationen der Welt aufrücken. China wird die USA schon in den nächsten Jahren als größte
Wirtschaftsmacht ablösen.
Bis 2060 soll der Anteil der beiden asiatischen Länder am weltweiten Bruttoinlandsprodukt von
zusammen 24 Prozent auf dann 46 Prozent steigen. Der Anteil der 34 OECD-Länder an der
industriellen Produktion wird im genannten Zeitraum von 65 auf 43 Prozent fallen.
„Die Welt, in der unsere Kinder und Enkel leben werden, wird sich von unserer heutigen Welt
fundamental unterscheiden“, kommentierte der OECD-Generalsekretär den im Dezember letzten
Jahres erschienenen Bericht. Beim weltweiten Wirtschaftswachstum geht die Studie im Schnitt von
jährlich 2,9 Prozent aus. Auch hier liegen Indien und China deutlich vor Industriestaaten wie den USA,
Frankreich oder Deutschland.
Der Bedeutungsverlust der bisherigen Top-Ökonomien trifft auch die Euroländer. Ihr Anteil an der
Wirtschaftskraft wird nach einer Prognose von aktuell 17 Prozent auf gerade noch 9 Prozent in 2060
fallen.
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Heute ist Europa in manchen Hightech- und Dienstleistungsindustrien nach wie vor führend und die
große Anzahl an Patenten unterstreicht den hohen Stellenwert von Forschung und Innovation in
europäischen Unternehmen und öffentlichen Forschungseinrichtungen.
Jedoch muss man in Betracht ziehen, dass sich das globale Umfeld rasant wandelt und aufstrebende
Wirtschaftsnationen uns diesen Führungsanspruch streitig machen. Hinzu kommen neue
Technologietrends welche frühzeitig erkannt werden müssen.
Der Gastredner unseres diesjährigen Neujahrsempfangs ist Vorstandsvorsitzender eines international
agierenden Medien- und Dienstleistungsunternehmen. Er wird uns sicherlich diese Megatrends am
Beispiel des Medien- und IT Sektors näherbringen. Die Informations- und Telekommunikations-
technologien sind heute in allen Wirtschaftszweigen mit neuen Wachstums- und
Produktivitätschancen verbunden. Sie bringen jedoch auch große Herausforderungen mit sich.
Herr Rabe, wir warten also mit Spannung auf Ihren anschließenden Vortrag.
Meine sehr verehrten Gäste,
Seitens der Europäischen Kommission werden seit einigen Jahren Überlegungen angestrengt, wie
man Europa als Industriestandort erhalten, oder noch besser, stärken kann.
Die Industriepolitik welche die Europäische Kommission vorschlägt setzt sicherlich die richtigen
Akzente, wenngleich sie unserer Meinung nach nicht ambitioniert und fokussiert genug ist.
Zusammen mit den Mitgliedsstaaten und den Partnern der Wirtschaft muss die Europäische Union alle
Kräfte mobilisieren, um die Weichen in Richtung Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen in der
Industrie zu legen.
Neben der Industriepolitik stellen die Schuldenkrise sowie die Energie- und Klimapolitik große
Herausforderungen dar. Das Thema Schuldenkrise wird sicherlich von Herrn Jean-Claude Juncker,
langjähriger Vorsitzender der Eurogruppe, angesprochen werden.
Die europäische Energie- und Klimapolitik bereitet uns große Sorgen. Nach den jüngsten
Entwicklungen auf dem nordamerikanischen Energiemarkt wird die europäische Energielandschaft,
charakterisiert durch starke Importabhängigkeit und hohe Preise, zusehends zur Bedrohung für
unseren Produktionsstandort.
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Zudem müssen wir feststellen, dass die EU auf dem internationalen Klimaparkett noch stärker isoliert
wurde. Das europäische Modell welches Klimaziele hauptsächlich mittels Produktionsabbau erreichen
möchte, scheint die anderen Wirtschaftsräume nicht stark zu beeindrucken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Im internationalen Vergleich steht Luxemburg an guter Position, oder besser gesagt, noch an guter
Position. Denn der erste Eindruck täuscht.
Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass während den letzten Jahren in Luxemburg so manches
schief gelaufen ist.
Laut dem ’Global Competitiveness Report’ von 2012 klassierte sich Luxemburg auf Platz 22 von 144
Ländern. Zum Vergleich : 2010 rangierte Luxemburg noch unter den Top 20.
Vor einigen Wochen titelte ein deutsches Magazin in Bezug auf Luxemburg - (ich zitiere) :
„Schlaraffenland ist abgebrannt – Luxemburg in der Krise“.
Die Probleme mit denen wir es zu tun haben sind hinreichend bekannt :
• die Staatsausgaben sind auf einem nicht nachhaltigen Weg und die Staatsschuld ist in den
letzten Jahren stark gestiegen;
• die Wettbewerbsfähigkeit hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert, dies vor allem
durch eine gefährliche Entwicklung der Lohnkosten;
• die Verwaltungsreform ist ins Stocken geraten und die konkreten Resultate der sogenannten
„simplification administrative“ lassen auf sich warten;
• der Arbeitsmarkt funktioniert schlecht, was nicht zuletzt durch die steigende Zahl der
Arbeitslosen belegt wird;
• das Rentensystem ist – trotz der vor kurzem verabschiedeten Reform - immer noch nicht
nachhaltig aufgestellt;
• das Bildungssystem weist gravierende Mängel auf und ist unzulänglich an die ökonomischen
Realitäten gekoppelt.
Die schwierige Wirtschaftslage mit der wir es seit einigen Jahren zu tun haben, hat diese Probleme
deutlich sichtbar gemacht.
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Seit dem Krisenjahr 2008 hat sich das Wirtschaftswachstum stark abgeschwächt und die Aussichten
für die kommenden Jahre sind eher trübe. Grund dafür ist, dass wir es nicht nur mit konjunkturellen
Problemen, sondern auch mit strukturellen Veränderungen zu tun haben :
• der Finanzsektor muss sich strukturell an das sich verändernde Regelwerk auf europäischer
und internationaler Ebene anpassen;
• der Industriesektor muss einen sehr hohen Mehrwert erwirtschaften und auf Innovation und
Forschung setzen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben;
• öffentliche Impulse um neue Industriezweige auf- oder auszubauen - zum Beispiel im Bereich
der Logistik, der Informations- und Kommunikationstechnologien, der Biotechnologie oder der
Umwelttechnologien - brauchen Zeit und sind mit hohen Risiken verbunden.
Ich beschränke mich in meinen weiteren Erläuterungen auf die Industrie, welche ein gewichtiger
Pfeiler unseres Verbandes ist.
Im Jahr 1995 betrug der Anteil der Industrie am Bruttosozialprodukt 15,3 Prozent, im Jahr 2000 waren
es noch 12,7 Prozent und aktuell liegt deren Anteil bei ungefähr 8 Prozent. Dieser Rückgang lässt sich
vor allem durch den, in den vergangenen Jahren, schneller gewachsenen Dienstleistungssektor
erklären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Unser Verband vertritt vehement die Meinung, dass die Industrie auch weiterhin ein starker Pfeiler
unserer Wirtschaft sein muss.
Deshalb begrüßen wir die Absicht der Regierung, und speziell des Wirtschaftsministers, die Idee eines
’Haut comité pour le développement de l’industrie’ kurzfristig in die Tat umzusetzen.
Dieses Gremium soll dazu beitragen Wiederstände zu überwinden und eine gemeinsame Agenda zur
nachhaltigen Stärkung der Industrie zu definieren. Die Regierung kann versichert sein, dass die Fedil
dieses Projekt tatkräftig unterstützen wird.
Die Stärkung des Industriestandortes Luxemburg setzt jedoch einen breiten politischen Konsens
voraus. Die alleinige Überzeugung des Wirtschaftsministers genügt nicht.
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Alle politisch Verantwortlichen müssen sich zu der Zielsetzung der Stärkung der Industrie bekennen
und dementsprechend handeln :
• der Arbeitsminister, wenn es um ein besseres Funktionieren des Arbeitsmarktes geht;
• der Finanzminister, wenn es um die steuerlichen Rahmenbedingungen für Betriebe geht;
• die Bildungs- und Hochschulminister, wenn es um die Fachkompetenzen geht welche in den
Unternehmen gebraucht werden;
• der Sozialminister, wenn es um die Lohnnebenkosten geht;
• aber auch die zuständigen Minister für die Ressorts Umwelt, Landesplanung oder noch
Verwaltungsreform.
Ich möchte aber auch ausdrücklich an die Gewerkschaften appellieren, die wirtschaftlichen
Gegebenheiten nicht zu verkennen.
Es wird in Zukunft noch wichtiger sein die unausweichlichen Anpassungen, sowohl auf gesetzlicher
wie auf vertraglicher Ebene, durch einen konstruktiven Sozialdialog zu begleiten um auf diese Weise
Arbeitsplätze zu erhalten.
Meine sehr verehrten Gäste,
Objektiv gesehen existieren in Luxemburg zahllose unvollendete Reformbaustellen und eine
weitreichende Reformagenda ist dringend notwendig :
• der Staatshaushalt ist nach wie vor im Schuldengriff und längst nicht auf die steigenden
Lasten des demographischen Wandels vorbereitet;
• in den Sozialversicherungen bleibt das Gesundheitswesen genauso wie das Pensionswesen
eine Reformbaustelle;
• am Arbeitsmarkt stellt die Eingliederung jugendlicher Arbeitssuchender und
Geringqualifizierter eine große Herausforderung für uns alle dar;
• und, last but not least, muss die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gestärkt, der
Unternehmergeist sowie die Investitions-und Innovationsbereitschaft stärker gefördert
werden.
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Ein Kernproblem ist aber, dass diese objektive Veränderungsnotwendigkeit sich in keiner Weise mit
der öffentlichen Wahrnehmung deckt. Die Anstrengungen zur Erhaltung der Kaufkraft der Haushalte,
welche zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und zu Kosten des Staatshaushalts gehen,
drängen den mittelfristigen Anpassungsbedarf in den Hintergrund. Außerdem ist die Diskrepanz
zwischen der allgemeinen Reformeinsicht und der Akzeptanz konkreter Veränderungen groß.
Wenn wir die Veränderungsbereitschaft des Landes erhöhen möchten, muss das Missverständnis,
dass unser Land unverwundbar ist, ausgeräumt werden. Wir müssen den Bürgern klar machen, dass
die Situation ernst ist. Die Fakten aus Demographie, Arbeitsmarkt oder öffentlichen Finanzen dürfen
nicht schön geredet werden. Wir müssen anerkennen, dass Luxemburg verwundbar ist, und dass die
Realitätsverweigerung in keiner Hinsicht eine Alternative zu den längst überfälligen Reformen ist.
Herr Juncker, wir warten also mit großer Spannung auf Ihre Erläuterungen und besonders auf Ihre
Vorschläge bezüglich der aktuellen Lage und der notwendigen Reformschritte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und möchte mich zum Schluss ganz herzlich bei den beiden
Sponsoren dieser Veranstaltung, BGL BNP Paribas und Foyer Assurances, bedanken.
Ich gebe damit das Wort an Herrn Thomas Rabe, unseren heutigen Gastredner, weiter.