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Stadtentwürfe der Renaissance Autor(en): Thomsen, Christian W. Objekttyp: Article Zeitschrift: Du : die Zeitschrift der Kultur Band (Jahr): 45 (1985) Heft 2: Städtephantasien : Architekturutopien in der Literatur Persistenter Link: http://dx.doi.org/10.5169/seals-296436 PDF erstellt am: 25.08.2015 Nutzungsbedingungen Mit dem Zugriff auf den vorliegenden Inhalt gelten die Nutzungsbedingungen als akzeptiert. Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die angebotenen Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungshinweisen und unter deren Einhaltung weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://retro.seals.ch

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Stadtentwürfe der Renaissance

Autor(en): Thomsen, Christian W.

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Du : die Zeitschrift der Kultur

Band (Jahr): 45 (1985)

Heft 2: Städtephantasien : Architekturutopien in der Literatur

Persistenter Link: http://dx.doi.org/10.5169/seals-296436

PDF erstellt am: 25.08.2015

NutzungsbedingungenMit dem Zugriff auf den vorliegenden Inhalt gelten die Nutzungsbedingungen als akzeptiert.Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte anden Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern.Die angebotenen Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie fürdie private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot könnenzusammen mit diesen Nutzungshinweisen und unter deren Einhaltung weitergegeben werden.Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigungder Rechteinhaber erlaubt. Die Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderenServern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber.

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Für den Herzog Fran¬cesco Sforza entwarfder italienische Bild¬hauer und ArchitektFilarete die IdealstadtSforzinda. Für dasStadtzentrum projek¬tierte er weder Schlossnoch Kirche, sonderneinen Tugendturm mitRestaurants, Bädernund Bibliotheken.

Die Unterschiede zwischen Mittelalterund Renaissance sind enorm, und nirgendsspringen sie dem Betrachter so ins Augewie in der Architektur und vor allem in den

Architekturentwürfen. Ein christlich-alle¬gorisches Idealbild der Stadt wird durchein nach rationalen, ästhetischen und mili¬tärischen Gesichtspunkten geplantes er¬

setzt. Der auffälligste Unterschied zumMittelalter ist der, dass an die Stelle des

Gotteshauses das Schloss des Fürsten inden Mittelpunkt der Stadt tritt und dieKirche an die Peripherie gerückt wird.Deutlicher konnte die Verschiebung derideellen Gewichte kaum ausfallen.Leon Battista Alberti, die Gallionsfigur der

Bewegung, basiert seine Zehn Bücher überdie Baukunst (De re aedificatoria libri X),erschienen zwischen 1443 und 1452, auf Vi-truv, den Erzvater aller Architekturtheorie,und auf platonisches Denken. Gleichzeitigintegriert er aber eigene und zeit¬

genössische Erfahrungen und Bedürfnisse.Im Mittelpunkt seiner Stadtpläne steht derMensch und nicht mehr Gott:

Die Gebäude sind der Menschen wegen er¬

baut worden, sei es zur Notwendigkeit, zumBedürfnis und Vorteil des Lebens, sei es zumzeitweiligen Vergnügen bestimmt.

Funktionalität und lebenspraktische Ein¬

stellung ergänzen sich mit präzisen Vorstel¬

lungen über die Organisationsform einerStadt, deren hierarchische Struktur sichauch in der Ordnung der Gebäude abbil¬det. Doch Albertis zentrale Überlegungenüber Sinn und Nutzen einer Stadt könnteman noch heute jedem Stadtplaner als

Motto auf den Schreibtisch stellen:

Das Ideal einer Stadt und ihre Aufgabenach Meinung der Philosophen können wirdarin erblicken, dass hier die Einwohner ein

friedliches, möglichst sorgenloses und von

Beunruhigung freies Leben führen...Und so behaupte ich auch, es müsse eine

Stadt derart beschaffen sein, dass von den

Nachteilen... überhaupt keiner vorhandensei. Und von allen Sachen, welche für des

Lebens Notdurft wünschenswert sind, sollkeine fehlen.

In seine Idealstadtplanungen bezieht Al¬berti die geographische Position, Vor- undNachteile von Bergen, Ebenen und Küstenein, und selbst das Klima spielt eine wich¬

tige Rolle bei seinen Überlegungen. Dassechste Buch handelt von der Würde der

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In den Mittelpunkteiner seiner Ideal¬städte stellte der Fran¬

zose Jacques Perret1601 einen königli¬chen Palast in Formeines Hochhauses.

Bauwerke, ihrer Anmut und Wohlgefällig¬keit, ihrem Regelmass und Schmuck. IhrSinn liegt in der Erzeugung von Schönheit,die als «gesetzmässige Übereinstimmungaller Teile» definiert wird.Für Francesco Sforza, der ihn zum Hof¬architekten in Mailand ernannt hatte, ent¬

warf der italienische Bildhauer und Archi¬tekt Antonio di Pietro Averlino, genanntFilarete (1400-1469), in seinem Trattatodell'Architettura (1460-1464) die IdealstadtSforzinda. Er wählt einen sternförmigenGrundriss, der aus zwei Quadraten gebildetwird, deren Ecken nicht übereinander-liegen. «Vielmehr muss immer eine Ecke

genau in die Mitte zwischen zwei anderen

zu liegen kommen.» Filarete bestimmt sehrkonkret die Lage der Strassen, Plätze,

Märkte, des Doms und des fürstlichen Pa¬

lastes. Für das Stadtzentrum projektiert erweder Schloss noch Kirche, sondern einen

Tugendturm, ein für die Öffentlichkeit be¬

stimmtes Gebäude mit sittlichem An¬

spruch. Die beiden untersten Etagen sindfür die Freuden des Leibes bestimmt undenthalten ein Bordell, Restaurants, Bäder,Wohnungen der Prostituierten und die Poli¬

zeistation. In den sieben oberen Stockwer¬ken befinden sich Bibliotheken, ein Thea¬

ter und Beschäftigungsmöglichkeiten mitden sieben Wissenschaften. Zu diesen Räu-

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men steigt man mühevoll über eine Steil¬

treppe, während man von dort bequemüber eine stufenlose Rampe abwärts in dieHöhlen des Lasters gelangt. Leonardo(1452-1519) skizzierte immerhin eine mo¬dern anmutende Stadt auf zwei Verkehrs¬ebenen, in der die Gebäude in bezug aufStrassen, Plätze und Kanäle angeordnetsind; gleichmässiger Wasserabfluss undgute hygienische Verhältnisse spielen dabeiebenfalls eine wichtige Rolle. BreitenRaum gewährte er der Befestigungsarchi¬tektur, die zunehmend Einfluss auf die ita¬

lienische Stadtplanung gewann, da eine derLieblingsbeschäftigungen der zahlreichenitalienischen Monarchien und Republikenim Kriegführen bestand. Im 16. Jahrhun¬dert wurden dann ganze Städte von ihrenBefestigungsmauern her entworfen.Mit Vincenzo Scamozzi (1532-1616) ver¬sucht noch einmal ein bedeutender Bau¬

meister das Problem der Idealstadt zu lö¬

sen. L'Idea Architettura Universale (1615)ist seine Schrift betitelt, die in vielen Auf¬

lagen und Sprachen Architekten ganzEuropas beeinflusst hat. Darin bildet ereine Idealstadt mit zwölfeckigem Grund¬riss aus, deren Planung von fortifikatori-schen Gesichtspunkten dominiert wird.Albertis geglückte Mischung von sozialen,ästhetischen und militärischen Komponen¬ten wird in der Spätrenaissance immerstärker durch das Diktat der Geometrie er¬

setzt. Das zeigt sich auch in den zahlrei¬chen Idealstadtplänen, mit denen derFranzose Jacques Perret in seinem Lehr¬

buch Des fortifications et artifices (1601) dieitalienische Tradition fortführt. Vom Vier¬eck bis zum sternförmigen Vierundzwanzig-eck reichen seine Pläne; radial verlaufendie Strassen vom Zentrum zur Peripherie;Blockbebauung und rechtwinklig sichkreuzende Strassen weisen voraus auf Ba¬

rock und amerikanische Städteplanung.Perret entwirft ebenso Paläste und Häuser,wobei ein königlicher Palast im Stadtzen¬

trum in Form eines Hochhauses einen be¬

sonders zukunftsweisenden Einfall dar¬

stellt.Auch wenn keiner der skizzierten Stadtent¬würfe gebaut wurde, übten sie dennoch er¬

hebliche Wirkung auf die Architekten vom16. bis 18. Jahrhundert aus. Absolutistisch¬barocke Planungen wie die von Karlsruheund vieler kleiner Residenzen, die sich be¬

mühten, Versailles zu imitieren, setzten im18. Jahrhundert in die Realität um, waszwei Jahrhunderte zuvor noch kühneKopfgeburten waren.

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