Dogmatik im Grundriß - ReadingSample · 1. Auflage 2000. Taschenbuch. 309 S. Paperback ISBN 978 3...

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Dogmatik im Grundriß Eine Einführung in die christliche Deutung menschlichen Lebens mit Gott Bearbeitet von Dietrich Korsch 1. Auflage 2000. Taschenbuch. 309 S. Paperback ISBN 978 3 8252 2155 3 Weitere Fachgebiete > Religion > Systematische Theologie > Fundamentaltheologie, Dogmatik, Christologie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Dogmatik im Grundriß

Eine Einführung in die christliche Deutung menschlichen Lebens mit Gott

Bearbeitet vonDietrich Korsch

1. Auflage 2000. Taschenbuch. 309 S. PaperbackISBN 978 3 8252 2155 3

Weitere Fachgebiete > Religion > Systematische Theologie > Fundamentaltheologie,Dogmatik, Christologie

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

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Dietrich Korsch

Dogmatik im GrundrißEine Einführung in die christliche Deutungmenschlichen Lebens mit Gott

Mohr Siebeck

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Dietrich Korsch, geboren 1949; Studium der ev. Theologie in Wuppertal,Bonn und Göttingen; 1978 Promotion; 1987 Habilitation; 1979–88 Inspektoram Theologischen Stift und 1988–91 Pfarrer in Göttingen; 1991–98 Professorfür Ev. Theologie in Passau; seit 1998 Professor für Systematische Theologie inMarburg.

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Korsch, Dietrich:Dogmatik im Grundriß : eine Einführung in die christliche Deutungmenschlichen Lebens mit Gott / Dietrich Korsch. – Tübingen :Mohr Siebeck 2000(UTB für Wissenschaft : Uni-Taschenbücher ; 2155)ISBN 3-8252-2155-5 (UTB)ISBN 3-16-147361-2 (Mohr Siebeck)

© 2000 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen.Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart.Satz: Computersatz Staiger, AmmerbuchDruck: Presse-Druck, Augsburg

ISBN 3-8252-2155-5 UTB Bestellnummer

V

Daß der christliche Glaube ins Leben gehört und dem Leben dient,ist die Voraussetzung dieses Buches. Leben – wie kein anderer istdieser Begriff ins Zentrum der Debatten unserer intellektuellenWelt gerückt. Er wird diese Stellung auf lange Zeit einnehmen, seitsich jetzt die kulturelle Aufgabe stellt, menschliches Leben auchbiologisch verantworten zu müssen.

Daß der Glaube ins Leben gehört und dem Leben dient, davonwußte die Christenheit seit ihren Anfängen zu reden. Es machtegerade die Überzeugungskraft des frühen Christentums aus, daß esReligion und Lebensführung intensiv und dauerhaft zu verknüp-fen vermochte: vom Lebensbeginn in der Taufe über die religiöseLebensorientierung im Handeln bis zum Lebensende in der Hoff-nung auf die Auferstehung der Toten.

Wie der christliche Glaube heute dem Leben dient, davon ist indiesem Buch die Rede. Es will nicht den ganzen Reichtum derLehrbildung des Christentums entfalten und vorstellen, es legt diechristliche Lehre als eine das Leben begleitende Deutung aus. Le-bensdienlich ist diese Deutung gerade darin, daß sie Distanz ver-schafft zu der Unmittelbarkeit, mit der heute Entwicklungen vonWirtschaft, Technik und Wissenschaft in Imperative der Lebenser-haltung und Lebenssteigerung umgesetzt zu werden pflegen. Es istnicht gesellschaftlich, nicht wissenschaftlich vorbestimmt, was wirsind, und noch weniger, was wir sein sollen – wir müssen selbstdarüber entscheiden. In dieser Situation läßt der christliche Glaubedas menschliche Leben in der ihm eigenen Unbedingtheit wahr-nehmen, die seinen Wert und seine Würde ausmacht. Diese Unbe-dingtheit gründet darin, daß Gott selbst im Glauben gegenwärtigist, weil er das Menschenleben will, erhält und vollendet.

Das ist der Zentralgedanke des vorliegenden Buches. Er wirdentfaltet, indem im Ausgang von unserem sprachlichen Verhalten

Vorwort

VI

Strukturen des Lebens verstanden und gedeutet werden. DiesesVerstehen ist ein Weg, an dessen Ende sich ein Überblick einstelltüber die Art und Weise, wie der christliche Glaube lebt. Wer denWeg mitgeht, wird sich, so hoffe ich, in der Fähigkeit gestärkt se-hen, das eigene Leben im Zusammenhang menschlichen Lebensüberhaupt genauer und tiefer zu deuten.

Das Buch folgt dem Kleinen Katechismus Martin Luthers alsLeitfaden. Er war seit seiner Entstehung für lange Zeit der erfolg-reichste Versuch, die Gestalt christlichen Lebens aus den elementa-ren Einsichten und Lebensäußerungen des Glaubens zu verstehen.Wie der Katechismus auch, soll dieses Buch ohne Vorbildung inder wissenschaftlichen Theologie verständlich sein. Als »Dogma-tik im Grundriß« will es gleichwohl eine Einführung in die theolo-gische Disziplin geben, die, als Lebensdeutung verstanden, natür-lich auch Strukturen der Ethik zum Gegenstand hat. Wer den Lite-raturhinweisen am Anfang und am Ende der Paragraphen folgt,wird sich darüber hinaus eine verläßliche Grundbildung im Facherwerben können.

Für mich stellt das Buch eine Art Zwischenbilanz dar. Es ist er-wachsen aus den Anforderungen, im akademischen Unterrichtüber das Wesentliche im Christentum so Auskunft zu geben, daßtheologische Bildung und je eigene Selbstdeutung miteinanderwachsen können. Diesen Zusammenhang immer wieder herzustel-len, dazu muß in der Lage sein, wer heute authentisch und kompe-tent in Unterricht und Seelsorge, in Predigt und Gemeindearbeit,erst recht im eigenen Lebenszeugnis über die Wahrheit des christ-lichen Glaubens Rechenschaft geben will. Allerdings läßt sich fürdie Aufgabe, theologischen Begriff und religiöse Lebensdeutungineinanderzufügen, keine Sprache finden, die beide Aspekte ver-eint. Ich bin deshalb bei einer »Zweisprachigkeit« geblieben undgebrauche abwechselnd eine stärker an der theoretischen Refle-xion und eine näher an der Glaubenssprache orientierte Aus-drucksweise. Es ist meine Überzeugung, daß in beiden dasselbe ge-sagt ist und daß es das Verstehen des eigenen Glaubens fördert, bei-de Perspektiven aufeinander zu beziehen. Um die Integrationbeider Sprachformen zu erleichtern, habe ich mich immer wiederder Redeweise eines exemplarisch sich selbst deutenden Ich be-dient und hoffe, daß dieses Verfahren Leserinnen und Leser dazueinlädt, die Deutung selbst auszuprobieren.

Vorwort

VII

In der Ausarbeitung des Buches habe ich mich oft an meineGöttinger Lehrer erinnert, an Hans-Georg Geyer, der am 10. De-zember 1999 verstorben ist, und an Hans-Walter Schütte. Ihre sehrunterschiedliche theologische Arbeit war und ist darin auf ein ge-meinsames Ziel gerichtet, die Wahrheit des Glaubens und die Ei-genart des Denkens nicht auseinanderfallen zu lassen. So möchteich auch dieses Buch verstanden wissen. Stets vor Augen gestandenhaben mir die Studentinnen und Studenten in Passau und Marburg:voller Unterschiede in Herkunft, Ausbildungsstand und Berufs-perspektive, aber auch sie geprägt von der Suche nach einem selbstverantworteten Verständnis des Glaubens. Viele Lehrveranstaltun-gen zum Thema haben das deutlich gemacht. Ihnen, den GöttingerLehrern ebenso wie den Passauer und Marburger Studentinnenund Studenten, ist dieses Buch gewidmet.

Gerade als das Manuskript abgeschlossen war, ist das neue Buchvon Gerd Theißen erschienen: »Die Religion der ersten Christen.Eine Theorie des Urchristentums«, Gütersloh 2000. In ihm habeich nicht nur die auch mir vorschwebende Absicht realisiert gefun-den, auf allgemein verständliche Weise über Grundsachverhaltedes Christentums Auskunft zu geben, sondern auch religionstheo-retische Überlegungen, denen ich weitgehend zustimme. Die Lek-türe dieses bedeutenden Werkes eröffnet m.E. einen vorzüglichenEinstieg in die Wahrnehmung der Ursprünge des Christentumsund sei hiermit sehr empfohlen.

Herzlich danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so-wie den Studentinnen und Studenten, die eine erste Fassung desManuskriptes ganz oder teilweise gelesen und mit ihren Anmer-kungen, Fragen und Verbesserungsvorschlägen kommentiert ha-ben: Cornelia Richter, Insa Meyer, Barbara Pühl, Sandra Hubel,Elisabeth Hartlieb, Christian Henß, Markus Manzek und Dirk Sa-ger. Auf ihre Kritik und ihre Anregungen einzugehen war mir eineHerausforderung bei der Endfassung des Textes. Jörg Lauster,Markus Schröder, Gerson Raabe und Peter Samhammer haben mitmir aus ihrer Erfahrung in Universität und Gemeinde den Ansatzeiner Dogmatik beim Katechismus kritisch und erkenntnisför-dernd besprochen; auch ihnen gilt mein Dank. Für ihre engagierteHilfe bei der Endkorrektur danke ich Christian Henß und vor al-lem Melanie Mordhorst. Der Evangelischen Kirche der Union undder Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands

Vorwort

VIII

danke ich für ihre Zustimmung zum Abdruck des Kleinen Ka-techismus im Anhang des Buches. Besonders danke ich meinemKollegen Dieter Lührmann, mit dem ich vor allem den Paragra-phen über das Abendmahl diskutiert habe; seine Zurückhaltunggegenüber der hier zusammengefaßten Interpretation habe ichnicht ganz überwinden können. Daß aber Differenzen bleiben, ge-hört nicht nur zum Wesen wissenschaftlicher Debatten, sondernmacht einen Grundzug des Lebens aus, das nach Deutung verlangt.Es ist eine Erfahrung, die wohl auch die Leserinnen und Leser desBuches machen werden.

Marburg, am 5. Juli 2000 Dietrich Korsch

Vorwort

IX

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

§ 1 Was dieses Buch willund für wen es gedacht ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Formwandel des Christentums 1 – Die Aufgabe der Theo-logie 2 – Gelebter Glaube als Ausgangspunkt zur Bestim-mung des Christlichen 2 – Allgemeinheit und Besonderheitdes Glaubens 4 – Leserinnen und Leser 6

I. Glauben

§ 2 Was Glauben ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1. Glauben als Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Glauben - Stimmung oder Wissen? 9 – Formaler Begriff desVerhältnisses 10 – Verhältnis und Gegenstand 11 – Selbstver-hältnis 11 – Selbstverhältnis und Weltverhältnis 13 – Deu-tungsbedürftigkeit des Selbst- und Weltverhältnisses 14 –Das Gottesverhältnis 15

2. Glauben und Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Verhältnis und Sprache 19 – Verhältnisse in der Sprache 20– Glaube in der Sprache 21

§ 3 Ob man Glauben lernen kann . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Sprache als Lebensform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Glauben - lernen? 23 – Sprechen lernen - glauben lernen 24– Soziale Orte des Lernens 25 – Glauben - eine Fremd-sprache? 28

X

2. Religiöse Lebensformen der Sprache . . . . . . . . . . . . 29Ansprechen, Sollen und Selbstsein 30 – Sprechen und Deu-ten 31 – Sprechen, Bitten und Empfangen 33

3. Katechismus als Sprache des Glaubens . . . . . . . . . . . 35

II. Leben

§ 4 Leben und Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Die Unmöglichkeit, nicht zu handeln 39 – Regeln desHandelns und eine klassische Alternative der Ethik 40 –Der Vorrang tatsächlichen Handelns und seine Deutung43 – Die Notwendigkeit des Handelns und das Gottesver-hältnis 45

§ 5 Das Gottesverhältnis und der Grunddes Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

1. Die Eröffnung des Gottesverhältnisses:Das Erste Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50Selbstvorstellung 50 – Gott als Wort unserer Sprache 52 –Der eine Gott und der Gewinn eigenen Lebens 54 – DieVerteidigung eigenen Lebens gegen den Anspruch »andererGötter« 56 – Die Resonanz des Ersten Gebotes im Men-schen 59 – Zur Formulierung und zur Reihenfolge derZehn Gebote 64

2. Die Beziehung des Gottesverhältnissesauf das Selbstverhältnis: Das Zweite Gebot . . . . . . . 65Gott beim Namen nennen 66 – Gott gegenüber die eigenenAllmachtsansprüche aufgeben 67 – Ist der Eid erlaubt? 68

3. Die Beziehung des Gottesverhältnissesauf das Selbst- und Weltverhältnis: Das Dritte Gebot 69Sabbat und Sonntag 69 – Das Handeln unterbrechen 70 –Den Sinn auf den Grund des Handelns richten 71 – Sonn-tagsruhe 73 – Der Zusammenhang der ersten drei Geboteund die Frage nach der Einheit des menschlichen Sub-jekts 74

Inhaltsverzeichnis

XI

§ 6 Das Gottesverhältnis und die Bestimmungendes Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

1. Der Leib als Ort des Lebens und die Bestimmungs-bedürftigkeit des Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Leib und Seele 77 – Natur und Kultur 78

2. Die Herkunft des Lebens: Das Vierte Gebot . . . . . . 80Eltern haben: in die Geschichte eintreten 80 – Vater undMutter haben: sich selbst kennen in der Geschichte 81 –Vater und Mutter ehren 82 – Das Gelingen eigenen Lebens84 – »Obrigkeit« ehren? 87

3. Die Verantwortung für das Leben: Das Fünfte Gebot 88Leben nicht vernichten 89 – Leben erhalten: Recht undWirtschaft 91 – Die Reichweite des Tötungsverbots 93

4. Die Weitergabe des Lebens: Das Sechste Gebot . . . . 94Fortpflanzung und Kultur 94 – Sexualität und Monoga-mie 95 – Ehe als Vereinbarung von Kontingenz und Selbst-bestimmung 97 – Ehe und Sexualität 100 – Ehebruch undFörderung der Ehe 101

5. Eigenes Leben in der Teilhabean der gemeinsamen Welt: Das Siebente Gebot . . . . 102Leben und Aneignen 102 – Eigentum als Institution undseine Geschichte 103 – Der Sinn des Eigentums 104 – DieVerfehlung des Grundsinns der Institution Eigentum 106 –Maximen für den Umgang mit dem Eigentum 107

6. Eigenes Leben in der Teilhabe an der Wahrheit:Das Achte Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Dimensionen der Wahrheit - Dimensionen der Sprache 108– Wahrheit treffen - Wahrheit verfehlen 109 – Der Zusam-menhang der Wahrheitsdimensionen 110 – Das Bedroht-sein von Wahrheit durch die Lüge 112 – Der religiöse Um-gang mit dem Verfehlen der Wahrheit 112

7. Die Dynamik des eigenen Lebens in der Welt:Das Neunte und Zehnte Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Die Macht des Selbstverhältnisses 114 – Selbstsucht als Be-gierde 115 – Das Selbstverhältnis als Negation des Gottes-verhältnisses? 116

Inhaltsverzeichnis

XII

§ 7 Strukturen des Lebens im Handeln . . . . . . . . . . . 117

Die Ordnung des Dekalogs 117 – Die Ambivalenz der Ge-bote und ihre religiöse Bearbeitung 119 – Zum theologi-schen Begriff des Gesetzes 121

III. Deuten

§ 8 Leben und Deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Unmittelbarkeit und Ordnung im Leben und Deuten 125 –Prozesse und Gestalten des Deutens 126 – Das Glaubens-bekenntnis – eine Deutung? 129

§ 9 Gott und die Welt: Gott der Schöpfer . . . . . . . . . 132

Der Vater - der Allmächtige 132 – Schöpfungsglaube alsLebensverhältnis 135 – Ich - Gottes Geschöpf im Rahmender Schöpfung 137 – Die Kontingenz des Lebens und dasGeschöpfsein 139

§ 10 Gott und Mensch: Jesus Christus . . . . . . . . . . . . . 142

Erzählung statt Begriff 143

1. Quellen der Deutung: Jesus von Nazarethin der biblischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

2. Die Grundform der Deutung: Jesus Christus –mein Herr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146Jesus - auf uns hin gedacht 146 – Zwei-Naturen-Lehre undRechtfertigungslehre 148 – Wir - mit Jesus 149

3. Die religiöse Deutung Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Geburt 154 – Leiden und Tod 155 – Höllenfahrt 156 – Auf-erstehung 157 – Auferstehung Jesu und Rechtfertigung desSünders 157 – Himmelfahrt und Wiederkunft 159

Inhaltsverzeichnis

XIII

4. Die historische Deutung Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160Religiöse und historische Deutung 160 – Elemente eines hi-storischen Bildes Jesu 163 – Jesu Verkündigung 164 – JesuTod 167

§ 11 Gott, Mensch und Welt: Der Heilige Geist . . . . 172

1. Der Heilige Geist, die Einheit Gottesund der Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172Gott - für uns 173 – Wir Menschen - mit Gott 174

2. Der Heilige Geist und die ganze Christenheitauf Erden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176Historische Gestalt und geistliche Wahrheit der Kirche 176– Die Heiligung der Menschen 178 – Die Gemeinschaft derHeiligen und die Kirche 181

3. Der Heilige Geist und die Vergebung der Sünden . . 182Die Notwendigkeit der Verzeihung 182 – Vergebung undVerzeihung 183

4. Der Heilige Geist, die Auferstehung der Totenund das ewige Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185Auferstehung der Toten 186 – Ewiges Leben 189

§ 12 Deutungsvollzüge des Glaubens . . . . . . . . . . . . . . 192

Deuten und Religion 192 – Das Glaubensbekenntnis als In-begriff religiösen Deutens 193

IV. Bitten

§ 13 Leben und Bitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Deuten, Handeln, Bitten 197 – Die Sprache des Bittens: Ri-siko und Macht 200 – Bitten und Beten 201 – Bitten, Betenund Erhörtwerden 204 – Zur Textform des Vaterunsers 204

Inhaltsverzeichnis

XIV

§ 14 Gott, unser Vater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

1. Unser Vater – im Himmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206Vater - eine Anrede, keine Aussage 206 – Stufen undFormen des Vaterbegriffs 206 – »Vater« - auch fürFrauen? 208 – Vater im Himmel 210

2. Die Heiligung des Namens Gottes:Die erste Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210Gottes Sein an sich 211

3. Das Kommen des Reiches Gottes:Die zweite Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213Das kommende Reich 213 – Die Bitte um das Reich 215 –Gott und sein Reich 216

4. Das Geschehen des Willens Gottes:Die dritte Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

§ 15 Unser Leben vor Gott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

1. Gottes Wille und unser Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

2. Das tägliche Brot und die Erhaltung des Lebens:Die vierte Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221Lebenserhalt 220 – Lebenserhalt und Gott 222

3. Die vergebene Schuld und die Erneuerungdes Lebens: Die fünfte Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224Schulden und Schuld 224 – Schuld und Schulden vorGott 227

4. Die Bewahrung vor Versuchungund die Bewährung des Lebens: Die sechste Bitte . . 230Das Phänomen der Versuchung und sein Grund in der Un-mittelbarkeit des Selbst 230 – Die Versuchung und Gott 233– Die Bitte um Verschonung vor der Versuchung 234

Inhaltsverzeichnis

XV

§ 16 Beten als Lebensform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

1. Die Struktur des Vaterunsers und die Dimensionendes Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

2. Die Vielfalt des Gebets und die Phänomenedes Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236Formen des Betens 237 – Das individuelle Gebet 238

3. Die Einfalt des Gebets und die Häufigkeitdes Betens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

V. Empfangen

§17 Leben und Empfangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

Bitten und Empfangen 240 – Empfangen und Selbstsein 242– Glauben und Empfangen 243

§ 18 Das Leben aus Gott beginnen: Die Taufe . . . . . . 245

1. Die Tradition der Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

2. Die Handlung der Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

3. Die Deutung der Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

§ 19 Das Leben mit Gott führen: Das Abendmahl . . 254

1. Die Tradition des Abendmahls . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

2. Die Feier des Abendmahls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

3. Die Deutung des Abendmahls . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

§ 20 Das Leben in Gott vollenden: Das Wort Gottes 264

1. Sakrament und Predigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Inhaltsverzeichnis

XVI

2. Wort und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

3. Leben und Sterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

VI. Verstehen

§ 21 Leben, Glauben und Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . 271

1. Leben und Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

2. Leben und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

3. Glauben und Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Anhang:

Der Kleine Katechismus Dr. Martin Luthers . . . . . . . 277

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

Inhaltsverzeichnis

1Was dieses Buch will und für wen es gedacht ist

§ 1 Was dieses Buch willund für wen es gedacht ist

Was ist das Christentum? Die Identität des Christlichen zu bestim-men, gehört zu den elementaren Aufgaben der Theologie in derKultur der Gegenwart. Dieses Buch will Leserinnen und Leser be-fähigen, mit Gründen und aus eigener Einsicht über die Eigenartdes Christentums Auskunft zu geben.

Formwandel des Christentums. Die Frage nach der Identitätdes Christlichen stellt sich gegenwärtig auf eine neue Weise. Denndas Christentum ist einem durchgreifenden Formwandel unter-worfen, der seinen Abschluß noch nicht gefunden hat. Er äußertsich darin, daß die christlichen Kirchen in Mittel- und Westeuropaihre gesellschaftliche Maßgeblichkeit verlieren. Man kann gerade-zu von einer Entkirchlichung der christlichen Religion sprechen.Es versteht sich keineswegs mehr von selbst, daß das bürgerlicheLeben zugleich kirchliches Leben ist und sich einer bestimmtenchristlichen Konfessionsgemeinschaft zugehörig weiß. Nicht nurdiese Selbstverständlichkeit der Lebensführung ist abhanden ge-kommen; mit ihr ist auch das öffentliche Verständnis, ja oftmalsschon die Kenntnis dessen geschwunden, worum es im Christen-tum zu tun ist. Erfahrungen in der kirchlichen Praxis, in der Schuleund an der Universität belegen das mit ebenso schonungsloserDeutlichkeit wie die Lektüre in Zeitungen und Zeitschriften. Da-mit ist noch nichts darüber ausgesagt, ob nicht doch Vorstellungenund Selbstdeutungen aus christlich-religiöser Herkunft den priva-ten Alltag prägen und auf welche Weise sie das tun. Allerdings ist esnicht leicht, solche Nachwirkungen oder Umformungen über-haupt feststellen zu können. Sie erst einmal zu erkennen, wäre aberdie Voraussetzung dafür, sie dann möglicherweise kultivieren zukönnen. Viel deutlicher als ein solch »verborgenes Christentum«ist ein religiöser Pluralismus, der eine bunte Mischung von Vorstel-

Was dieses Buch will und für wen es gedacht ist2

lungen aus unterschiedlichen Quellen vornimmt, oder ein unbe-kümmerter Agnostizismus, der alles Religiöse verabschiedet zuhaben meint.

Die Aufgabe der Theologie. In dieser Situation verändert sichdie Aufgabe der Theologie, die zur Identifizierbarkeit des Christ-lichen beitragen will, und zwar in doppelter Hinsicht. Erstens fra-gen Menschen, die sich als Christen verstehen, danach, wie sie ihresGlaubens gewiß bleiben können, wenn sich die Gestalt der eigenenReligion verändert. Was macht – im Unterschied zu anderen reli-giösen Auffassungen oder zu nichtreligiösen Selbstdeutungen – dieGewißheit des eigenen Glaubens aus? Was kann entsprechenddann auch Orientierungsgewißheit im Handeln vermitteln? Eswird eine ganz elementare Einsicht in die tragenden Fundamentedes christlichen Glaubens nötig. Erst sie ermöglicht es, das Identi-sche festzuhalten, auch dann, wenn sich die Erscheinung desChristlichen ändert, wenn sich das eigentümlich Christliche unterandern Artikulationsbedingungen äußern muß. Nur wenn einederartige Zuspitzung des wesentlich Christlichen gelingt, kannman hoffen, religiöse Tradition in eine wenig traditionsfreundlicheZukunft hinein zu vermitteln. Allein Elementarisierung eröffnetPerspektiven für religiöse Bildung und kirchliche Fortentwick-lung. Das ist die theologische Aufgabe der internen Selbstdeutungdes christlichen Glaubens, durch die er sich selbst durchsichtigwird und sich intellektuell zu behaupten vermag. Die Identitätsfra-ge stellt sich aber, zweitens, auch von außen. Christliche Religiongehört in die Aufbaubedingungen unserer Kultur, und wer die ge-genwärtige Kultur verstehen will, muß um ihre Geschichte wissenund die Kräfte kennen, die an ihrer heutigen historischen Gestaltmitgewirkt haben. Der Beitrag des Christentums zur westeuropäi-schen Kultur und zur Weltgesellschaft wird inhaltlich unterschied-lich, ja gegensätzlich, bewertet. Jeder Bewertung aber muß darangelegen sein, die Reichweite und die Grenze der Religion in diesemKontext zu erkennen; sei es, um sie kulturell zu pflegen, sei es, umihren vermeintlich schädlichen Einfluß zu vermindern. Solange dieTheologie den Anspruch erhebt, als Wissenschaft tätig zu sein,muß sie sich auch dieser Kulturaufgabe unterziehen, den christli-chen Glauben so zu beschreiben, daß er von außen erkennbar ist.

Gelebter Glaube als Ausgangspunkt zur Bestimmung desChristlichen. Für die Identitätsbestimmung des Christlichen ist

3Was dieses Buch will und für wen es gedacht ist

in der theologischen Wissenschaft diejenige Disziplin zuständig,die den Namen Dogmatik trägt. In der Dogmatik geht es darum,über das Wesen und die Wahrheit des Christentums – nach innenund außen – Auskunft zu geben. Dieser Aufgabe hat man sich inder langen Geschichte der Theologie zumeist dadurch angenom-men, daß man sich bemühte, christlich-religiöse Glaubenssätze ineine sinnvolle Ordnung zu bringen und zugleich ihre innere Logikzu erfassen und zu rekonstruieren. Als sinnvoll empfand manüberwiegend die dem Aufbau der Bibel entsprechende Reihenfolgevon der Schöpfung der Welt über die Erlösung durch Christus biszum Weltende; ihr pflegte eine Lehre von Gott vorauszugehen.Dabei wurde der Anschein nicht immer vermieden, die Sätze desGlaubens seien Sätze über religiöse Gegenstände, deren Existenzauch unabhängig vom Glauben feststände. Das mußte in der Mo-derne zu erheblichen Irritationen führen. Denn damit schienen dieGlaubenssätze in eine Konkurrenz zur nichtreligiösen, speziell zurwissenschaftlichen Weltauffassung einzutreten. Eine Dogmatikdieser Art ist gegenwärtig nicht mehr geeignet, die christlicheIdentität zu beschreiben, auch wenn ihre Kenntnis in der Ausbil-dung professioneller Theologinnen und Theologen unverzichtbarist, schon weil sie zu verstehen gibt, wie sich die Lehrbildung in derGeschichte entwickelt hat.

Die Überzeugungskraft einer solchen traditionellen kirchlichenDogmatik setzt nämlich voraus, daß die Menschen allgemein oderjedenfalls in überwiegender Mehrzahl ihr Leben im Rahmen derKirche verstehen. Die kirchliche Weltdeutung gibt den Horizont abfür alles Selbst- und Weltverständnis. Nur dann kann man davonausgehen, daß Aussagesätze Selbstbeschreibungen in sich enthal-ten. Es ist aber nicht mehr die Lehre, die als solche das Leben nor-miert. Freilich bedeutet das keineswegs, daß die für viele Menschengelockerte Bindung zur Kirche eine Deutung ihrer selbst überflüs-sig machen würde. Das kann schon deshalb nicht sein, weil es einLeben ohne solche Deutungen gar nicht gibt; denn Deutungen ste-hen in engster Verbindung mit Lebensformen, auf die wir nicht ver-zichten können, weil sie die Bezugsbasis für unser Handeln darstel-len. Aus dieser Überlegung erwächst die Frage, ob sich nicht amOrt gelebten Lebens solche religiösen Deutungen finden und be-stimmen lassen können, die die Identität des Christlichen zu erken-nen geben – in elementarer Gestalt und eingesenkt in tatsächliche

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Lebensformen. An die Stelle der Kirche als Interpretationsrahmendes Christlichen tritt das individuelle und soziale Leben.

Wenn wir nun diese Selbstdeutungen des Lebens als Ausgangs-punkt der Frage nach dem Christlichen wählen, dann müssen wirdamit rechnen, daß die Erscheinungsformen ganz verschiedensind, so verschieden wie die Gottesdienste im kirchlichen Prote-stantismus ausfallen. Eine innere Struktur aber wird sie alle verbin-den: daß sie nicht nur ein Ausdruck subjektiven Lebens sind, son-dern zugleich eine Deutung für das Herkommen des eigenen Glau-bens geben, also normativen, ja konstitutiven Sinn beanspruchen.In Selbstdeutungen des Glaubens sind darum stets ein beschrei-bender und ein bestimmender Aspekt miteinander verbunden.Glauben gibt es nicht ohne Menschen, die glauben. Und wo Men-schen glauben, sind sie zu Recht der Überzeugung, daß dieserGlaube tatsächlich ihr Leben prägt. Das gilt ganz unabhängig da-von, wie intensiv sie den Glauben erfahren, welcher Konfession sieangehören, ja auch dann, wenn ihnen eine kirchlich-religiöse Bin-dung fehlt. Es ist das Verständnis von Religion als Lebensdeutungund Lebensform, das dazu veranlaßt, den Glauben als Ausgangs-punkt für die Identitätsbestimmung des Christentums zu wählen.

Allgemeinheit und Besonderheit des Glaubens. Im Glaubengedeutetes Leben kann darum den Ausgangspunkt für eine Dog-matik neuer Art bilden, weil die Deutungen des Glaubens sprach-lich verfaßt sind. Die Beziehung von Glauben auf Sprache – in ei-nem ganz weiten Sinne – ist ein Grundthema dieses Buches. Eswird in einer ganzen Anzahl von Variationen umspielt und durch-geführt. Leserinnen und Lesers sind gebeten, ihre eigenen Auffas-sungen von Sprache erst dann zum Einwand zu erheben, wenn ih-nen das gesamte Spektrum der Lebensformen vor Augen steht, diehier als Sprache ausgelegt werden. Sprache und Glaube sind – undnur darum geht es zunächst an dieser Stelle – ihrer Struktur nachverwandt. Die Sprache trägt in sich ein Regelsystem, das sich nie-mand von uns hat aussuchen können oder ausdenken müssen –und doch meinen wir zu Recht, uns mit der Sprache und in derSprache als individuelle Menschen ausdrücken zu können. Mitdem Sprachgebrauch ändern sich möglicherweise, wenn auch lang-sam, die inneren Regeln; neu erfinden könnte sie freilich nie je-mand. Regelhaftigkeit und Variationsbreite zeichnen auch denchristlichen Glauben aus. Seine Regelmäßigkeit haftet daran, daß

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er sich entscheidend auf Jesus von Nazareth bezogen weiß. Ver-mittelt ist diese Beziehung über die Sprachformen der Bibel, so-wohl des Alten wie des Neuen Testaments. Durch sie ist die Er-kenntnis Jesu immer wieder leitend geworden; sie sind es gewesen,die immer wieder zu einer Konzentration der religiösen Aufmerk-samkeit auf Jesus geführt haben.

Aus dieser Konzentration folgt aber auch, daß die biblischenÜberlieferungen nie in ihrer gesamten Breite Gegenstand reli-giöser Übung waren. Stets hat man sich dazu genötigt gesehen,Perspektiven zu finden, die das Entscheidende der Bibel erfassen.Darin steckt das Moment der Variation. Welche Medien der reli-giösen Übung gewählt wurden und wie sich die Menschen in Be-ziehung zu Jesus als der historischen Ursprungsgestalt und dersachlichen Norm des Christentums gesetzt haben, das hat sich inder Geschichte geändert. Allerdings nicht völlig beliebig und indi-viduell willkürlich. Vielmehr haben sich seit Bestehen des Chri-stentums unterschiedliche Kirchen ausgeprägt, die sich durch denjeweiligen Umgang mit den Grundregeln christlich-religiöserKommunikation unterscheiden. Das hat zur Folge, daß es in derGegenwart keinen unmittelbaren Zugang zu »dem« Christlichengibt; wir finden es nur in stets bestimmten Traditionen der Aneig-nung des Christlichen. Daher steht auch dieses Buch unausweich-lich in einem konfessionellen Kontext. Es ist der des evangelischenChristentums in seiner lutherischen Prägung.

Ein klassisches Medium des lutherisch bestimmten Protestan-tismus, sich auf seinen christlichen Ursprung und seine biblischeHerkunft einzustellen, sind der Kleine und der Große KatechismusMartin Luthers gewesen. In diesen Lehr- und Lerntexten hatLuther den Versuch gemacht, anhand der Zehn Gebote, des Apo-stolischen Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers sowie einerAuslegung der Einsetzungsworte von Taufe und Abendmahl einesolche Wahrnehmungshaltung im Leben auszubilden, die sichganz auf Gott bezieht, wie er in der Gestalt Jesu von Nazareth fürdie Menschen existiert. Der Sinn des Katechismus ist es, an Gottglauben zu lernen, den Glauben zu vertiefen und zu üben. Insofernist der Katechismus auch immer als ein elementarisierender Aus-zug der Bibel selbst verstanden worden.

Weil der Katechismus aber lediglich die biblische Konzentra-tion auf die Gestalt Jesu zu Wort kommen lassen will als den einen

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Schlüssel des Glaubens an Gott, darum werden durch ihn auch an-dere christliche Kirchen und Gruppen auf das angesprochen, wasin ihnen das wesentlich Christliche ist. Sie können sich des wesent-lich Christlichen in der eigenen Konfession versichern. In diesemVerständnis besitzt der Katechismus eine überkonfessionelle Ab-sicht – und darum schließt sich dieser Grundriß der DogmatikLuthers Katechismus an.

Auf dieser Linie möchte das vorliegende Buch drei Anforderun-gen gerecht werden. Erstens will es Angehörige des evangelischenChristentums gedanklich der Mitte ihres Glaubens versichern.Zweitens möchte es auch von Angehörigen einer anderen Konfes-sion als authentische Darlegung des Christlichen verstanden wer-den. Und drittens will es für Beobachter, die aus einer betrachten-den Sichtweise an einer Beschreibung des Christlichen interessiertsind, die wichtigsten Merkmale zusammenstellen, die es ihnen er-lauben, unterschiedliche Erscheinungsgestalten des religiösen Le-bens als christlich zu identifizieren. Diese Absichten lassen sich na-türlich nur erreichen, wenn sich Leserinnen und Leser als aktivdeutende Menschen an einem Verstehen dessen, was Glauben ist,beteiligen.

Leserinnen und Leser. Damit ist bereits gesagt, an wen sichdieses Buch richtet. Zuerst an diejenigen, die selbst ein möglichstdeutliches Bild vom Christentum vermitteln sollen und wollen:Lehrerinnen und Lehrer sowie Studierende in den Lehramtsstu-diengängen, die im Unterricht so Auskunft über das Christentumgeben wollen, wie sie es selbst verstehen und verantworten kön-nen; Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Studierende der Theologie mitdem Berufsziel Pfarramt, die danach fragen, wie die Gegenständedes Studiums sachlich miteinander zusammenhängen und wie sichakademisches Studium und kirchliches Leben zueinander verhal-ten. Sodann auch an Studierende der Philosophie, Philologie undder Kulturwissenschaften, die eine Grundkompetenz für die Deu-tung christlicher Traditionsbestände in ihren Fachgebieten suchen.Schließlich an religiös interessierte, aber weder christlich nochkirchlich erfahrene Zeitgenossen, die einen Einblick in das Funk-tionieren und den Sinn christlicher Religion gewinnen wollen.Vorausgesetzt wird im gesamten Buch die – für alle geistige Tätig-keit erforderliche – Bereitschaft, sich beim Mitdenken und Nach-denken ebenso wie in der Kritik der Anstrengung des Verstehens

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zu unterziehen. Nicht vorausgesetzt werden fachspezifischeKenntnisse der Theologie; das Buch beansprucht, für alle Nach-denklichen verständlich zu sein.

Die Argumentationen dieses Buches nehmen die Themen desKatechismus im Kontext gegenwärtiger Wahrnehmungen desMenschseins in der modernen Welt auf. Sie verbinden anthropolo-gische Beobachtungen und philosophische Bemerkungen mittheologischen Gedanken und religiösen Vorstellungen. Auch da-durch ergibt sich ein Wechsel von Sprachebenen. Der Anlage derGedankenführung folgen die Literaturangaben. Zu Beginn der Pa-ragraphen verweise ich auf humanwissenschaftliche und theologi-sche Grundlagentexte, denen ich Anregungen und Anstöße fürmeine eigenen Überlegungen verdanke; ihre Kenntnis ist jedochfür das Verständnis des Textes nicht vorausgesetzt. Am Ende jedesParagraphen nenne ich weiterführende, differenzierende oder auchmeiner Auffassung widersprechende theologische Literatur; damitmöchte ich eine Fortsetzung des Studiums empfehlen, die der Ver-tiefung eines eigenen Urteils – auch in der Vorbereitung auf akade-mische Abschlußprüfungen – dient. Ich habe darauf gesehen, vorallem bei den klassischen Texten der Tradition, preiswerte Ausga-ben zu nennen, die auch mit geringeren Mitteln eine Anschaffungerlauben. Diese sei allen Studierenden herzlich empfohlen.

Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kir-che, im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hg. vom Lutherischen Kir-chenamt, bearb. v. Horst Georg Pöhlmann. – Ausg. für die Gemeinde,4., erw. Aufl., Gütersloh 2000

Martin Luther, Der Große Katechismus (Kaiser Taschenbücher 142),Gütersloh 19982

Friedrich Schleiermacher, Der christliche Glaube nach den Grundsät-zen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1830/31),hg. v. Martin Redeker, Nachdruck der 7. Aufl. 1960 (de Gruyter Stu-dienbuch), Berlin/New York 1999: § 15–19 Vom Verhältnis der Dogma-tik zur christlichen Frömmigkeit; Bd. 1, 105–125, § 20–31 Von der Me-thode der Dogmatik, Bd. 1, 125–167

Adolf von Harnack, Das Wesen des Christentums (1900/1925), hg. undkomm. v. Trutz Rendtorff, Gütersloh 1999

Wilhelm Herrmann, Christlich-protestantische Dogmatik (1909), in:Ders., Schriften zur Grundlegung der Theologie, hg. v. Peter Fischer-Appelt, Teil 1 (Theologische Bücherei 36/I), München 1966, 298–358

Was dieses Buch will und für wen es gedacht ist8

Ernst Troeltsch, Die Dogmatik der »religionsgeschichtlichen Schule«(1913), in: Ders., Gesammelte Schriften II, Tübingen 19222, 500–524

Karl Barth, Die Kirchliche Dogmatik I/1(1932), Zollikon 19475: § 1 DieAufgabe der Dogmatik, 1–23; § 7 Das Wort Gottes, das Dogma und dieDogmatik, 261–310

Rudolf Bultmann, Theologie als Wissenschaft (1941), in: Zeitschrift fürTheologie und Kirche 81, 1984, 447–469

Gerhard Ebeling, Dogmatik des christlichen Glaubens, Tübingen 1979:§ 5 Glaube und Leben, Bd. 1, 79–110

Wolfhart Pannenberg, Systematische Theologie, Göttingen 1988: Kap. 1Die Wahrheit der christlichen Lehre als Thema der systematischen Theo-logie, Bd. 1, 11–72

Eilert Herms, Art. Dogmatik, in: Religion in Geschichte und Gegenwart(RGG)4, Bd. 2, 1999, 899–915

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§ 2 Was Glauben ist

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes (1807),Neu hg. v. Hans-Friedrich Wessels u. Heinrich Clairmont (Philo-sophische Bibliothek 414), Hamburg 1988, VII. C. Die offenbare Reli-gion, 488–515

Friedrich Schleiermacher, Der christliche Glaube (1830/31) [wie § 1Ende]: § 4–5, Bd. 1, 23–41

Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philoso-phische Abhandlung (1918) (Bibliothek Suhrkamp 1322), Frankfurt amMain 1999

Dieter Henrich, Das Selbstbewußtsein und seine Selbstdeutungen. ÜberWurzeln der Religionen im bewußten Leben, in: Ders., Fluchtlinien.Philosophische Essays, Frankfurt am Main 1982, 99–124

Ders., Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivitätund Metaphysik (Reclams Universal-Bibliothek 18010), Stuttgart 1999:Bewußtes Leben. Einleitung und Übersicht zu den Themen des Bandes,11– 48

Jürgen Habermas, Handlungen, Sprechakte, sprachlich vermittelteInteraktionen und Lebenswelt, in: Ders., Nachmetaphysisches Denken.Philosophische Aufsätze, Frankfurt am Main 1988, 63–104

Eilert Herms, Glaube, in: Ders., Offenbarung und Glaube. Zur Bildungchristlichen Lebens, Tübingen 1992, 457–483

Ulrich Barth, Was ist Religion?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche93, 1996, 538–560

1. Glauben als Verhältnis

Glauben – Stimmung oder Wissen? Nicht selten hört man ge-genwärtig die Meinung, beim Glauben handle es sich um einen see-lischen Zustand, der sich vor allem in Stimmungen der Ergriffen-heit, eines Hochgefühls oder einer tiefen Beruhigung ausdrücke.Damit wird der Akzent ganz auf das emotionale Erleben gelegt;aus ihm heraus soll sich ergeben, worauf es im Glauben ankommt.Gehalte des Glaubens – etwa Gott, Offenbarung, ewiges Leben –treten demgegenüber in die zweite Reihe; auf die psychischen Wir-

I. Glauben