Du bist die Zukunft - DGB-Jugend · mals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Schutzgesetz für...

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Du bist die Zukunft Durchblick beim Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

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Du bist die ZukunftDurchblick beim Jugendarbeitsschutzgesetz(JArbSchG)

Du bist die ZukunftDurchblick beimJugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

Grußwort 3Historische Entwicklung des Jugendarbeitsschutzes 4Was ist Arbeitszeit? 7Dauer der Arbeitszeit 8Berufsschulzeit – und dann? 9Freistellungen bei Prüfungen 10So ist das mit den Pausen 11Freizeit – genau geregelt 12Wie ist das mit der Nachtarbeit? 135-Tage-Woche, Samstags- und Sonntagsruhe 14Urlaub 15Gefährliche Arbeiten 16Akkord-Arbeit 18Gesundheitliche Untersuchung 19Hilfe vom Amt 20Was tun, wenn es Probleme gibt? 21Auf einen Blick 22Impressum 24

Inhalt

das Jugendarbeitsschutzgesetz, abgekürztJArbSchG, schützt junge Menschen unter 18Jahren, egal ob sie als Auszubildende, Arbeite-rinnen oder Angestellte beschäftigt werden.

Und genau hier liegt heute das entschei-dende Problem für den Jugendarbeitsschutz.Die überwiegende Mehrheit der Jugend-lichen, die heute eine Ausbildung beginnt, ist18 Jahre alt oder sogar älter. Für sie gilt dasJugendarbeitsschutzgesetz nicht mehr. Damitwird der eigentliche Sinn des Gesetzes, derSchutz von Auszubildenden, ausgehebelt.Seit der letzten Änderung im März 1997müssen Jugendliche, die älter als 18 Jahreund noch berufsschulpflichtig sind, nach derBerufsschule zurück in den Betrieb (Strei-chung des § 9 Abs. 4 JArbSchG). Hinzukommt, dass für diese Auszubildendenseitdem keine klare Anrechnungsregelungder Berufsschulzeiten auf die Arbeitszeitbesteht. Das kann dazu führen, dass dieBerufsschule – quasi als Hobby – in derFreizeit besucht wird.

1984 mit der Novellierung des Jugend-arbeitsschutzgesetzes von 1976 wurde erst-mals in der Geschichte der Bundesrepublik einSchutzgesetz für Kinder und Jugendlicheverschlechtert. Begründet wurde dies mit denangeblich „ausbildungshemmenden“ Vor-schriften des Gesetzes. Was damit gemeint ist,wird klar, wenn man sich die Verschlechte-rungen im Einzelnen ansieht:

p Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf8 1/2 Stunden,

p Einführung der Samstagsarbeit u.a. fürKfz-Azubis, Bäcker-Azubis, Friseur-Azubis,etc.,

p Wegfall von besonderen Pausenräumen fürJugendliche,

p Ausbildung/Arbeit in mehrschichtigenBetrieben bis 23 Uhr,

p Einbeziehung der Azubis auf Bau- undMontagestellen hinsichtlich der Schichtzeit(bis 11 Stunden zulässig),

p Verschlechterung der Berufsschulregelungmit der Folge, dass nach dem Berufs-schulunterricht gearbeitet werden muss.

Die DGB-Jugend hat bei der Bundesregierungvehement eine Verbesserung der Schutz-regelungen für Auszubildende eingefordert,bislang ohne Erfolg. Insbesondere dieGesetzeslücke bei der Anrechnung von Berufs-schulzeiten gilt es möglichst schnell zuschließen!

Diese Broschüre soll AuszubildendenJugendlichen, Lehrern und Eltern helfen, einwenig mehr Durchblick beim Jugendarbeits-schutzgesetz zu bekommen. Jeder Azubi sollteseine Rechte kennen und auf ihre Umsetzungpochen.

Ingrid SehrbrockDGB Bundesvorstand

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Kolleginnenund Kollegen,

Historische Entwicklung desJugendarbeitsschutzes

Mit Beginn der Industrialisierung stieg dieKinderarbeit massiv an. Kinderarbeit hatte fürdie Unternehmer eine besondere Bedeutung:p Sie hatten kleine Finger, die notwendig

waren für die Baumwollspinnerei.p Sie waren unverbraucht und anpassungs-

fähig.p Sie waren klein genug, um in Maschinen

zu kriechen und in Bergwerken in nied-rigen Stollen zu arbeiten.

Die schamlose Ausbeutung von Kindern hatteFolgen. Es war keine Seltenheit, dass inner-halb eines Jahres ein Viertel der Belegschaft,die hauptsächlich aus Kindern bestand, ausge-wechselt wurde. Viele junge Mitarbeiter warenin den Fabriken und Stollen elendig zu Grundegegangen. Denjenigen, die diese Hölle über-lebten, erging es nicht besser. Bereits mit 18oder 20 Jahren waren sie körperlich und oftauch geistig völlig verbraucht.

Das Preußische Regulativ

Diese verheerende Entwicklung blieb auchdem preußischen Militär nicht verborgen.Junge Männer, die zum Wehrdienst einge-zogen wurden, waren ausgemergelt und zukaputt, um noch als Kanonenfutter herhaltenzu können. 1839 wurde das so genanntePreußische Regulativ erlassen. Es stellt einenKompromiss zwischen dem Unternehmens-interesse auf der einen Seite und dem desMilitärs auf der anderen dar. Die wesentlichenBestimmungen des Gesetzes lauten:p Für Kinder unter 9 Jahren wird die Arbeit

generell verboten.p Die Arbeitszeit für Kinder zwischen 10 und

16 Jahren wird auf täglich 10 Stundenbeschränkt.

p Die Beschäftigung von Kindern in derNacht wird untersagt.

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„… dessen bloßer Anblick schauderhaft ist“

„Um zwei, drei, vier Uhr des Morgenswerden Kinder von 9 und 10 Jahren ihrenschmutzigen Betten entrissen undgezwungen, für ihre nackte Existenz biszehn, elf, zwölf Uhr nachts zu arbeiten.

Während ihre Glieder schwinden, ihreGestalt zusammenschrumpft, ihreGesichtszüge abstumpfen und ihrmenschliches Wesen ganz und gar zueinem steinähnlichen Körper erstarrt,dessen bloßer Anblick schauderhaft ist.“

(zeitgenössisches Zitat)

Das erste Kinderschutzgesetz

1903 wurde dieses Preußische Regulativdurch den Reichstag deutlich verbessert,obwohl von einem Kinderschutzgesetz imheutigen Sinne noch keine Rede sein kann.So wurde festgelegt, dass:p Kinderarbeit bis zu 13 Jahren verboten ist,p Kinder von 13–14 Jahren nur 6 Stunden,p Jugendliche von 14–16 Jahren nur 10

Stunden arbeiten dürfen undp die Sonntagsruhe eingeführt wird.

Der Gesetzentwurf wurde von den Unter-nehmern im Reichstag mit dem Argument:„Die frühzeitige Gewöhnung aller Kinder ankörperliche Arbeit ist in hohem Maßeerwünscht“, abgelehnt.

Nacht über Deutschland – der Faschismus

1938 erließen die Nationalsozialisten unterAdolf Hitler ein sogenanntes „Jugendgesetz“unter dem Titel „Gesetz über Kinderarbeit unddie Arbeitszeit bei Jugendlichen“. Auch seinMotiv war vor allem, die Wehrtüchtigkeit derjungen Männer zu erhalten.

Das erste Jugendarbeitsschutzgesetz

Am 20. Mai 1960 wurde zum ersten Mal inder Geschichte ein umfassendes Gesetzerlassen, das sowohl das Verbot der Kinder-arbeit als auch Jugendarbeitsschutz-vorschriften enthielt. Zwar entsprachen diegesetzlichen Bestimmungen bei weitem nichtden Forderungen der Gewerkschaften, aber eswar ein erster Schritt getan. Allerdings wurdentrotz des Gesetzes immer wieder drastischeVerstöße gegen das Jugendarbeitsschutz-gesetz festgestellt. Die Gewerkschaftenbezifferten ihre Zahl auf jährlich über eineMillion.

Das Gesetz von 1976

Gegen die schleichende Untergrabung desGesetzes machte die Gewerkschaftsjugendmobil. Mit Erfolg. Nach langem Hickhackverabschiedete der Bundestag 1976, mit denStimmen aller Parteien, ein überarbeitetesJugendarbeitsschutzgesetz.

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Das mit großer Mehrheit angenommeneGesetz hatte nicht lange Bestand. FehlendeAusbildungs- und Arbeitsplätze zu Beginn derachtziger Jahre wurden als Druckmittel fürRückschritte im Jugendarbeitsschutzgesetzeingesetzt. „Das Jugendarbeitsschutzgesetz“,so hieß es, „ist ein Ausbildungsverhinderungs-gesetz.“ Das üble Wort von den „ausbildungs-hemmenden Vorschriften“ machte die Runde.Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte 1983:„Sie (die Jugendlichen, die Red.) sollen ohnebürokratische Hemmnisse arbeiten können.Wir werden den Mittelstand von überflüssigenReglementierungen entlasten.“ Gesagt, getan.1984 verabschiedete die Bonner Koalition vonCDU/CSU/FDP gegen die Stimmen der SPDund der Grünen eine Novellierung (Über-arbeitung) des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

Beschlossen wurde u.a.:p Einführung der Samstagsarbeit für

verschiedene Ausbildungsberufe,p Wegfall von besonderen Pausenräumen für

Jugendliche,p Einführung der 8 1/2-stündigen Arbeitszeit,p Ausbildung/Arbeit in mehrschichtigen

Betrieben bis 23 Uhr.

Dies reichte den Arbeitgeberverbänden nichtaus. 12 Jahre später hatten sie erneut ihr Zielerreicht und eine weitere Verschlechterungdes Jugendarbeitschutzgesetzes im Bundestagmit Hilfe der CDU/CSU/FDP-Koalition durch-geboxt. Die bisher letzte Verschlechterung:p Die allgemeine Öffnung der Kinderarbeit.p Die Streichung des § 9 Abs. 4. Sie führt

dazu, dass über 18-jährige Azubis nachdem Berufsschulunterricht noch in denBetrieb müssen.

Es geht weiter…

Mit diesen Verschlechterungen haben sich dieGewerkschaften nie abgefunden. Unser Zielbleibt ein Jugendarbeitsschutzgesetz, dasseinen Namen auch verdient. Dennoch ist eswichtig, mit dem Jugendarbeitsschutzgesetzzu arbeiten, trotz aller Lücken, die es aufweist.Das Jugendarbeitsschutzgesetz soll dich unddeine Gesundheit schützen. Es ist dein Recht,für dessen Einhaltung auch du mitverantwort-lich bist. Denn wer als Jugendlicher zu lange,zu früh oder zu schwer arbeitet, hat dieFolgen im Alter zu tragen.

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Ein Schritt vor –dann zwei zurück

Dass Ausbildungsmeister leider immer nochdumme Sprüche wie „Lehrjahre sind keineHerrenjahre“ von sich geben, ist bekannt.„Arbeit schadet niemandem…“, das warheute morgen sein Sprüchlein. Rico und seineKollegInnen sollen in der nächsten Woche mitauf die Baustelle. „Klasse“, denkt er zuerst.Endlich mal raus aus der Ausbildungswerkstattund hinein ins pralle Baustellen-Leben. Dochdann beginnt das Rechnen: Für die Fahrt zurBaustelle müsst ihr mindestens 45 Minutenfrüher aufstehen. Die Rückfahrt kostet eineweitere Stunde. Der Arbeitstag wird also fast2 Stunden länger. Rico: „Und das zählt zurArbeitszeit oder wie ist das?“

Was ist Arbeitszeit?

Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zumEnde der täglichen Beschäftigung. Diegesamte vom Arbeitgeber angeordnete Zeitder Anwesenheit, in der der Jugendliche ihmzur Verfügung steht, stellt den Beginn und dasEnde der täglichen Beschäftigung dar. Dabeisind Ruhepausen nicht hinzuzurechnen.

Ebenfalls zur Arbeitszeit bzw.Ausbildungszeit gehören alle Tätigkeiten, die

zur Erreichung des Ausbildungszieles not-wendig sind. Das heißt u.a.: Reinigen vonMaschinen, An- und Ablegen von Schutz-kleidung, Herrichten des Ausbildungs- bzw.Arbeitsplatzes.

Nicht zur Arbeitszeit gehört die Zeit desBerufsschulbesuches und die Teilnahme anPrüfungen (näheres §§ 9 und 10). Ruhe-pausen gehören ebenfalls nicht zur Arbeits-zeit. Auch nicht der Weg von und zur Arbeits-bzw. Ausbildungsstelle. Für Rico und seineKollegInnen bedeutet dies, in den sauren Apfelbeißen zu müssen.

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„Arbeit schadetniemandem …“

§ 4 Arbeitszeit

(1) Tägliche Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende dertäglichen Beschäftigung ohneRuhepausen (§ 11).

(2) Schichtzeit ist die tägliche Arbeits-zeit unter Hinzurechnung der Ruhe-pausen (§ 11).

(4) Für die Berechnung der wöchentlichenArbeitszeit ist als Woche die Zeit vonMontag bis einschließlich Sonntag zuGrunde zu legen. Die Arbeitszeit, diean einem Werktag infolge einesgesetzlichen Feiertags ausfällt, wirdauf die wöchentliche Arbeitszeit ange-rechnet.

Noch eine halbe Stunde, dann ist Feierabend!Du freust dich schon den ganzen Tag darauf.Schließlich hast du dich mit Nicole verabredet.Ihr wollt zusammen ins Kino. Aber da kommtder Personalchef, eröffnet dir, dass duaufgrund eines eiligen Auftrags heute längerbleiben musst! Du könntest heulen vor Wut.Nicole steht im Regen, und du musst diesenblöden Auftrag fertig machen. Sauerei! Duentschließt dich, deinen Jugend- undAuszubildendenvertreter anzurufen. Der mussschließlich wissen, ob du länger arbeitenmusst. (Zur Erinnerung: In Betrieben miteinem Betriebsrat sind Überstunden vorhervom Betriebsrat zu genehmigen).

Dauer der Arbeitszeit

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz beträgtdie tägliche Höchstarbeitszeit für Jugendliche8 Stunden. Wöchentlich dürfen Jugendlichebis zu 40 Stunden beschäftigt werden. Sosteht es im Gesetz. Aber es gibt auch jedeMenge Ausnahmeregelungen. Wenn ihr aneinzelnen Werktagen weniger als 8 Stundenarbeitet, so kann der Chef euch an anderenWochentagen bis zu 8 1/2 Stunden beschäf-tigen. Die tatsächliche Arbeitszeit eines Azubisregelt der Ausbildungsvertrag oder der Tarif-vertrag.

An Samstagen, Sonn- und Feiertagen dürfenJugendliche nicht beschäftigt werden. Hiergibt es eine ganze Latte von Ausnahmefällen:So dürfen Azubis in Krankenhäusern, Verkaufs-stellen wie Bäckereien, beim Schlachter undFriseur oder in Kfz-Werkstätten an solchenTagen beschäftigt werden.

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„… und Nicolesteht im Regen“

§ 8 Dauer der Arbeitszeit

(1) Jugendliche dürfen nicht mehr als 8Stunden täglich und nicht mehr als40 Stunden wöchentlich beschäftigtwerden.

(2) Wenn in Verbindung mit Feiertagenan Werktagen nicht gearbeitet wird,damit die Beschäftigten eine längerezusammenhängende Freizeit haben,so darf die ausfallende Arbeitszeitauf die Werktage von 5 zusammen-hängenden, die Ausfalltage ein-schließenden Wochen nur dergestaltverteilt werden, dass die Wochen-arbeitszeit im Durchschnitt dieser5 Wochen 40 Stunden nicht über-schreitet. Die tägliche Arbeitszeitdarf hierbei 8 1/2 Stunden nichtüberschreiten.

(2a) Wenn an einzelnen Werktagen dieArbeitszeit auf weniger als 8 Stundenverkürzt ist, können Jugendliche anübrigen Werktagen derselben Woche8 1/2 Stunden beschäftigt werden.

Sirene – Pausenende. Heute ist Berufsschul-tag. Frohen Mutes kommt Claudia in ihreBerufsschulklasse zurück. Ihre gute Launevergeht ihr schnell. Der Klassenlehrer teilt ihrmit, dass ihr Chef angerufen hat. Sie soll –weil sie schon 18 Jahre alt ist – sofort nachSchulende zurück in den Betrieb. „Das istdoch ungerecht“, tobt Claudia los. „Ich binschon seit heute früh auf den Beinen und solljetzt noch in den Betrieb. Das ist dochgemein!“ Auch die anderen Klassenkame-radInnen mischen sich ein. Fast jeder und jedehat schon die Erfahrung gemacht, dass sienach der Berufsschule zurück in den Betriebmussten. Es entbrennt eine laute Diskussion inder Klasse, und der Stundenplan wird kurzer-hand geändert. Jetzt steht das Jugendarbeit-schutzgesetz auf der Tagesordnung.Insbesondere Paragraph 9. Der beschäftigtsich mit dem Berufsschulunterricht.

Berufsschulzeit – und dann?

Jeder und jede Auszubildende geht währendseiner Berufsausbildung in die Berufsschule.Für den Berufsschulunterricht muss der Arbeit-geber den Jugendlichen ohne Verdienstausfallfreistellen. Er darf euch nach dem Schulbesuchnicht mehr im Betrieb beschäftigen. Dies giltjedoch nur einmal in der Woche, wenn derUnterricht mehr als 5 Unterrichtsstunden vonmindestens 45 Minuten beträgt. DieseRegelung gilt seit dem 1. März 1997 jedochnur für Jugendliche unter 18 Jahren. ÄltereAzubis müssen nach dieser neuen Regelungdamit rechnen, noch in den Betrieb zu

müssen. Für alle gilt, dass der Arbeitgeberdich nicht vor einem vor 9 Uhr beginnendenUnterricht beschäftigen darf.

Auch während so genannter Berufsschul-wochen, das heißt: bei Blockunterricht von 25Unterrichtsstunden an mindestens 5 Tagen,darf der oder die Jugendliche nicht beschäftigtwerden.

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„… nochmal inden Betrieb“

§ 9 Berufsschule

(1) Der Arbeitgeber hat den Jugendlichenfür die Teilnahme am Berufsschul-unterricht freizustellen. Er darf denJugendlichen nicht beschäftigen1. vor einem vor 9 Uhr beginnenden

Unterricht. Dies gilt auch fürPersonen, die über 18 Jahre alt undnoch berufsschulpflichtig sind,

2. an einem Berufsschultag mit mehrals 5 Unterrichtsstunden vonmindestens 45 Minuten, einmal inder Woche,

3. in Berufsschulwochen mit einemplanmäßigen Blockunterricht vonmindestens 25 Stunden anmindestens 5 Tagen; zusätzlichebetriebliche Ausbildungs-veranstaltungen bis zu 2 Stundenwöchentlich sind zulässig.

(2) Auf die Arbeitszeit angerechnetwerden1. Berufschultage nach Absatz 1 Nr. 2

mit 8 Stunden,2. Berufsschulwochen nach Absatz 1

Nr. 3 mit 40 Stunden,3. im übrigen die Unterrichtszeit

einschließlich der Pausen.(3) Ein Entgeltausfall darf durch den

Besuch der Berufsschule nichteintreten.

Mittagspause bei der Firma Kneif und Zange.Rolf, Peter und Sonja sitzen zusammen. Siesind aufgeregt. Dies ist auch kein Wunder. Alledrei sind im zweiten Ausbildungsjahr, undmorgen ist ihre Zwischenprüfung. Sie gehennochmals die wichtigsten Fragestellungen undAufgaben, die bei einer solchen Zwischen-prüfung kommen können, durch. Am meistenärgert es sie, dass sie morgen vor derZwischenprüfung noch im Betrieb erscheinensollen. Sonja: „Da hat man doch überhauptkeine Ruhe, sich auf die Prüfung vorzu-bereiten. Das ist doch gemein. Ist daseigentlich rechtlich möglich?“, fragt sie undschaut in die verdutzten Gesichter von Rolfund Peter. Sie zögern nicht lange. Ein kurzerAnruf beim Betriebsrat genügt: Die Geschäfts-führung von Kneif und Zange wollte dasJugendarbeitsschutzgesetz umgehen.

Freistellungen bei Prüfungen

Für sämtliche Prüfungen und sonstigeAusbildungsmaßnahmen, die außerhalb derAusbildungsstätte stattfinden, aber imZusammenhang mit der Ausbildung stehen,muss der Arbeitgeber den/die Jugendlichenfreistellen. Das gilt für alle Prüfungen. EineBeschäftigung vor der Prüfung, auch wenn sie

erst später am Tag beginnt, ist in jedem Fallunzulässig. Damit soll dem/der Jugendlichendie Konzentration und Vorbereitung auf diePrüfung erleichtert werden. Darüber hinausmuss der Arbeitgeber die Jugendlichen amletzten Arbeitstag vor der Abschlussprüfungvon der Arbeit freistellen. Eine Beschäftigungan diesem Tag, auch nur für eine kurze Dauer,ist verboten.

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Aufregung in derMittagspause

§ 10 Prüfungen und außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen

(1) Der Arbeitgeber hat den Jugendlichen1. für die Teilnahme an Prüfungen und

Ausbildungsmaßnahmen, die aufGrund öffentlich-rechtlicher odervertraglicher Bestimmungen außer-halb der Ausbildungsstätte durch-zuführen sind,

2. an dem Arbeitstag, der der schrift-lichen Abschlussprüfung unmittelbarvorangeht, freizustellen.

(2) Auf die Arbeitszeit werdenangerechnet1. die Freistellung nach Absatz 1 Nr. 1

mit der Zeit der Teilnahmeeinschließlich der Pausen,

2. die Freistellung nach Absatz 1 Nr. 2mit acht Stunden. Ein Entgeltausfalldarf nicht eintreten.

„Ja, verdammt noch einmal. Gibt es dennkeine vernünftige Pausenregelung?“ PetersLaune ist auf dem Tiefpunkt. Gerade hatte ersein Butterbrot ausgepackt und kräftig hinein-gebissen, als der Vorarbeiter um die Ecke kam.Vorbei mit der Frühstückspause. Es musstendringend Kisten ausgeladen werden. Da Petererst seit 3 Stunden arbeitet, bleibt ihm keineandere Wahl. Wäre er jedoch schon seit 4 1/2Stunden im Betrieb, könnte er in aller Ruhesein Frühstücksbrot verspeisen.

So ist das mit den Pausen

Eine Pause ist eine arbeitsfreie Zeit, die derpersönlichen Erholung und Entspannung bzw.zum Essen dient. Diese Pausen müssen eineangemessene Dauer haben. Angemessenbedeutet für den Gesetzgeber mindestens15 Minuten. Zur Einnahme des Mittagessensmuss eine längere Ruhepause (länger als15 Minuten) gewährt werden. Das Gesetzregelt eindeutig, dass:p bei einer Arbeitszeit von mehr als 4 1/2

Arbeitsstunden bis zu 6 Stunden die Ruhe-pause 30 Minuten und

p bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stun-den die Ruhepause 60 Minuten betragenmuss. Darüber hinaus müssen die Pausenso aufgeteilt sein, dass sie frühestens eineStunde nach Arbeitsbeginn und spätestenseine Stunde vor Arbeitsende durchgeführtwerden. Bestehen keine eigenen Pausen-räume, müssen die Arbeiten während derPausen der Auszubildenden/Jugendlicheneingestellt werden.

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Eile mit Weile § 11 Ruhepausen und Aufenthaltsräume

(1) Jugendlichen müssen im Voraus fest-stehende Ruhepausen von ange-messener Dauer gewährt werden.Die Ruhepausen müssen mindestensbetragen1. 30 Minuten bei einer Arbeitszeit

von mehr als 4 1/2 bis zu 6 Arbeits-stunden,

2. 60 Minuten bei einer Arbeitszeitvon mehr als 6 Stunden.Als Ruhepause gilt nur eine Arbeits-unterbrechung von mindestens15 Minuten.

(2) Die Ruhepausen müssen in ange-messener zeitlicher Lage gewährtwerden, frühestens eine Stunde nachBeginn und spätestens eine Stundevor Ende der Arbeitszeit. Länger als4 Stunden dürfen Jugendliche nichtohne Ruhepause beschäftigt werden.

(3) Der Aufenthalt während der Pausen inden Arbeitsräumen darf den Jugend-lichen nur gestattet werden, wenn dieArbeit in diesen Räumen währenddieser Zeit eingestellt ist und auchsonst die notwendige Erholung nichtbeeinträchtigt wird.

Petra ärgert sich. Ihr Chef besteht darauf, dasssie heute länger arbeiten muss. „Es kannsein“, sagt er, „dass es 22 Uhr wird. Siekönnen ja dann ein Taxi nach Hause nehmen.“Petra rechnet. Selbst wenn sie den Vorschlagmit dem Taxi annimmt, ist sie nicht vor 23 Uhrzu Hause. Und morgen beginnt um 7 Uhrwieder die nächste Schicht. „Da bleiben ganze7 1/2 Stunden zum Ausspannen und Schla-fen“, empört sie sich.

Freizeit – genau geregelt

Zwischen der Beendigung der Arbeit und derWiederaufnahme am folgenden Tag müssen

mindestens 12 ununterbrochene Stundenliegen. Petra darf also nicht länger als bis 19Uhr abends beschäftigt werden, da ihrArbeitsbeginn am nächsten Tag um 7 Uhrliegt. Es muss sichergestellt werden, so sagtes das Gesetz, dass der Jugendliche sich vonder Arbeit bzw. Ausbildung erholen kann undgenügend Zeit für Hobby, Politik, Freundin,Freund hat.

Dies gilt auch für den Berufsschultag odersonstige Ausbildungsmaßnahmen und beiSchichtzeiten.

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„Du bleibstheute länger!“

§ 13 Tägliche Freizeit

Nach dem Ende der täglichen Arbeitszeitdürfen Jugendliche nicht vor Ablauf einerununterbrochenen Freizeit von mindestens12 Stunden beschäftigt werden.

Peer und Uwe freuen sich riesig. „Spitze,super, klasse“ – die Begeisterung scheint keinEnde zu nehmen. Endlich raus aus der Lehr-halle und hinein ins pralle Leben! Arbeit, diewirklich aus der Praxis kommt und Spaßmacht. Zusammen mit den älteren Kollegenarbeiten und von ihnen lernen. Doch da gibtes einen Haken. In den Produktionshallen wirdim 3-Schicht-System gearbeitet. Dazu habenUwe und Peer nun wirklich keine Lust.„Nachtarbeit“, so Peer, „daran gehst du dochkaputt. Wenn die Sternlein funkeln, will ich inmeinem Bett liegen. Zudem ist Nachtarbeit fürJugendliche verboten! Oder?“

Wie ist das mit der Nachtarbeit?

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz könnenJugendliche in der Zeit von morgens 6 Uhr bis20 Uhr beschäftigt bzw. ausgebildet werden.Von diesem Grundsatz gibt es jedoch vieleAusnahmen. Bis 1984 galt, dass Jugendlicheerst ab 7 Uhr in der Früh arbeiten durften.Das war den Unternehmern ein Dorn im Auge.Sie setzten alle Hebel in Bewegung, umdiesen Paragraphen des JArbSchG zu kippen.Mit Erfolg.

Nun zu den Ausnahmen. In mehr-schichtigen Betrieben dürfen Jugendliche bis

23 Uhr arbeiten, wenn im Betrieb regelmäßigSchichtarbeit geleistet wird. Weitere Aus-nahmen gibt es z.B. bei Jugendlichen inKrankenhäusern, Verkaufsstellen wie Bäcke-reien (hier dürfen Bäcker-Azubis bereits um4 Uhr mit der Arbeit beginnen), beimSchlachter, im Gaststättengewerbe und in derLandwirtschaft.

Ähnliche Ausnahmeregelungen gibt esauch bei der Schichtarbeit. Gesetzlich ist dieSchichtarbeit auf 10 Stunden festgelegt.Ausnahmen gibt es im Gaststättengewerbe, inder Landwirtschaft, in der Tierhaltung, aufBau- und Montagestellen. Hier darf dietägliche Schichtarbeit 11 Stunden nicht über-schreiten (§ 12 des JArbSchG).

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„… wenn dieSternlein funkeln“

§ 14 Nachtruhe

(1) Jugendliche dürfen nur in der Zeit von6 bis 20 Uhr beschäftigt werden.

(2) Jugendliche über 16 Jahre dürfen1. im Gaststätten- und Schau-

stellergewerbe bis 22 Uhr,2. in mehrschichtigen Betrieben bis

23 Uhr,3. in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder

bis 21 Uhr,4. in Bäckereien und Konditoreien ab

5 Uhr beschäftigt werden.(3) Jugendliche über 17 Jahre dürfen in

Bäckereien ab 4 Uhr beschäftigtwerden.

Es ist geschafft! Freitag nachmittag, die Sonnescheint, und ein tolles Wochenende stehtbevor. Disco mit Petra am Freitagabend,Surfen mit der Clique am Samstag, undSonntag faulenzen! Das Leben ist herrlich,denkt Rico. Doch es kommt anders: „Dumusst morgen früh kommen“, sagt Ricos Chef kurz vor Feierabend, „da stehen noch3 Wagen, bei denen die Inspektion morgengemacht werden muss.“ Zum ersten Malverflucht Rico seinen Beruf als Kfz-Mecha-niker. Seine Freunde brauchen am Samstagnicht zu arbeiten. Nur er! Wochenend undSonnenschein – das gilt an diesem Wochen-ende leider nur für seine Freunde.

5-Tage-Woche, Samstags- und Sonntagsruhe

Die Paragraphen 15, 16 und 17 des JArbSchGbeschäftigen sich mit der Wochenarbeitszeitvon Jugendlichen. Hier ist festgehalten, dassJugendliche nur an 5 Tagen in der Wochebeschäftigt werden dürfen, der Samstag undder Sonntag frei bleiben müssen. Das hört sichzwar gut an, aber leider gibt es wieder ziem-lich viele Ausnahmeregelungen.

Müssen Jugendliche an einem Wochen-endtag arbeiten, muss der Arbeitgeber sie aneinem anderen Wochentag von der Arbeitbefreien. Darüber hinaus soll Samstagsarbeitso eingeteilt werden, dass mindestens2 Samstage im Monat arbeitsfrei bleiben.

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Wochenend undSonnenschein

§ 15 5-Tage-Woche

(1) Jugendliche dürfen nur an 5 Tagen inder Woche beschäftigt werden.Die beiden wöchentlichen Ruhetagesollen nach Möglichkeit aufeinanderfolgen.

§ 16 Samstagsruhe

(1) An Samstagen dürfen Jugendlichenicht beschäftigt werden.

(2) Zulässig ist die Beschäftigung Jugend-licher an Samstagen in Kranken-häusern, in offenen Verkaufsstellen,in Betrieben mit offener Verkaufsstelle,in Bäckereien und Konditoreien, imFriseurhandwerk, im Verkehrswesen,im ärztlichen Notdienst, in Reparatur-werkstätten für Kraftfahrzeuge.Mindestens 2 Samstage im Monatsollen beschäftigungsfrei bleiben.

§ 17 Sonntagsruhe

(1) An Sonntagen dürfen Jugendlichenicht beschäftigt werden.

(2) Zulässig ist die Beschäftigung Jugend-licher an Sonntagen nur1. in Krankenanstalten sowie Alten-,

Pflege- und Kinderheimen. Jederzweite Sonntag soll, mindestens2 Sonntage im Monat müssenbeschäftigungsfrei bleiben.

Morgen ist es soweit. Die Koffer sind gepackt.Pass und Geld liegen bereit. Morgen um 6 gehtder Flieger in den Süden. Man oder besser frauhat es sich verdient, denkt Petra. Vorher will sieaber noch kurz in ihrer Stammkneipe vorbei, dieanderen Kolleginnen so richtig neidischmachen. „4 Wochen Sonne und keinAusbildungsleiter, der einen schräg anquatscht.Und dann im Winter noch mal 2 Wochen zumSki-Fahren“ – Petra ist oben auf. „Was?!“,fragt Uwe, „6 Wochen Urlaub! Ich hab nur4 Wochen und 3 Tage Urlaub. Wieso bekommstdu mehr Urlaub als ich?“ „Das“, weiß Petraschlagfertig zu bemerken, „kommt von meinerSpitzengewerkschaft. Die hat schon vor Jahren6 Wochen Urlaub für alle erkämpft.“

Urlaub

Der Urlaubsanspruch für Jugendliche unter18 Jahren ist im Jugendarbeitschutzgesetzgeregelt. Die Länge regelt sich nach dem Alterder Jugendlichen.

Der gesetzliche Anspruch sieht zwischen30 Werktagen für Jugendliche unter 16 Jahren

und 25 Werktagen für Jugendliche unter18 Jahren vor.

In vielen Wirtschaftsbereichen geltenjedoch Tarifverträge, in denen bedeutend mehrUrlaubstage vereinbart wurden. Wenn duwissen willst, wie es konkret in deinemBetrieb aussieht, wende dich an die Jugend-und Auszubildendenvertretung, den Betriebs-rat/Personalrat oder an die Gewerkschaft.

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Meer, Sonne undnoch viel mehr!

§ 19 Urlaub

(1) Der Arbeitgeber hat Jugendlichen fürjedes Kalenderjahr einen bezahltenErholungsurlaub zu gewähren.

(2) Der Urlaub beträgt jährlich1. mindestens 30 Werktage, wenn

der Jugendliche zu Beginn desKalenderjahres noch nicht 16 Jahrealt ist,

2. mindestens 27 Tage, wenn derJugendliche zu Beginn desKalenderjahres noch nicht 17 Jahrealt ist,

3. mindestens 25 Werktage, wenn derJugendliche zu Beginn desKalenderjahres noch nicht 18 Jahrealt ist.

Das hatte ja so kommen müssen! Uwe sollteeine Maschine säubern. „Da vorne in demKessel findest du alles“, hatte der Meistergesagt und war verschwunden. Uwe nahmeine Flasche mit übel riechendem Zeug undbegann, die Maschinen zu reinigen. Schonnach wenigen Minuten begannen die Augenzu tränen. Kurze Zeit später juckte UwesOberschenkel. Ein paar Tropfen waren aufseine Hose gekommen. Er traute seinen Augennicht. Die Flüssigkeit hatte Löcher in die Hosegefressen. Und nicht nur das. Sein Ober-schenkel war verletzt, richtig brennendeWunden hatte die Säure hinterlassen. DasErgebnis: Uwe wurde für 2 Wochen krank-geschrieben, und die Narben bleiben fürimmer.

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Gefahr amArbeitsplatz

§ 22 Gefährliche Arbeiten

(1) Jugendliche dürfen nicht beschäftigtwerden1. mit Arbeiten, die ihre physische

oder psychische Leistungsfähigkeitübersteigen,

2. mit Arbeiten, bei denen sie sitt-lichen Gefahren ausgesetzt sind,

3. mit Arbeiten, die mit Unfallgefahrenverbunden sind, von denenanzunehmen ist, dass Jugendlichesie wegen mangelndem Sicherheits-bewusstsein oder mangelnderErfahrung nicht erkennen oder nichtabwenden können,

4. mit Arbeiten, bei denen ihreGesundheit durchaußergewöhnliche Hitze oder Kälteoder starke Nässe gefährdet wird,

5. mit Arbeiten, bei denen sieschädlichen Einwirkungen vonLärm, Erschütterungen oderStrahlen ausgesetzt sind,

Gefährliche Arbeiten

Da gibt es so einiges, was während derAusbildung passieren kann. Zum einen ist eswichtig, dass ihr ausgeschlafen und konzen-triert arbeitet, um Unfälle zu vermeiden. Zumanderen ist der Arbeitgeber verpflichtet, euchvor der erstmaligen Beschäftigung überkonkrete Gefahren der Arbeit und der Arbeits-umgebung zu informieren. Gleichzeitig musser mit euch über Möglichkeiten sprechen,drohenden Gefahren auszuweichen. Er darfeuch auf keinen Fall einem erhöhten Unfall-risiko aussetzen oder euch mit Dingenbeschäftigen, die eure Leistungsfähigkeit über-steigen.

Das gilt z.B. für Berufe, bei denen aller-gisierende Stoffe, die verwendet werden, aufHaut oder Atmung einwirken können. Das giltauch für Beschäftigungen, die mit Lösemittelnin Lacken, Klebern, Baustoffen, etc. zu einerSchädigung des Nervensystems, der Leber,Niere und des Erbgutes führen können.Wie bei fast allen Paragraphen gibt es auchhier Ausnahmeregelungen. So können gefähr-liche Arbeiten für Jugendliche angeordnetwerden, wenn sie helfen, das Ausbildungszielzu erreichen. Dabei muss aber in jedem Falldie Arbeit unter Aufsicht von fachkundigemPersonal durchgeführt werden.

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6. mit Arbeiten, bei denen sieschädlichen Einwirkungen vonGefahrstoffen im Sinne desChemikaliengesetzes ausgesetztsind,

7. mit Arbeiten, bei denen sie schäd-lichen Einwirkungen von biolo-gischen Arbeitsstoffen im Sinne derRichtlinie 90/679/EWG des Ratesvom 26. November 1990 zumSchutze der Arbeitnehmer gegenGefährdung durch biologischeArbeitsstoffe bei der Arbeitausgesetzt sind.

(2) Absatz 1 Nr. 3 bis 7 gilt nicht für dieBeschäftigung Jugendlicher, soweit1. dies zur Erreichung ihres

Ausbildungszieles erforderlich ist,2. ihr Schutz durch die Aufsicht eines

Fachkundigen gewährleistet ist.

Eigentlich ist Karin Energieanlagen-Elektro-nikerin-Azubi. Als jedoch ein eiliger Auftrag zuscheitern drohte, fand sie sich plötzlich amBand wieder. „In einer wahnsinnigenGeschwindigkeit mussten wir Platinenmontieren. Schon nach einer knappen Stundewusste ich nicht mehr, wo mir der Kopf stand,waren alle Handgriffe nur noch mechanisch“,erzählt sie am gleichen Abend ihrer FreundinIngrid. Und Karin ist nicht nur sauer wegender besch… Arbeit. „Hinzu kommt, dass dieälteren Kolleginnen und Kollegen dafür nochPrämien ausgezahlt bekommen. Die Azubisschauen mal wieder in die Röhre“, ereifert siesich. Ingrid blieb während der ganzen Zeitnachdenklich still. „Ich glaube“, sagt sie,„du darfst überhaupt nicht im Akkordarbeiten. Oder?“

Akkord-Arbeit

Jugendliche dürfen grundsätzlich nicht miteiner Arbeit beschäftigt werden, bei der dasTempo vorgegeben ist. Sei es durch Zeit, Lohnoder Stückzahl. Damit soll sichergestelltwerden, dass der/die Arbeitnehmerin keinemerhöhten Leistungsanreiz oder Leistungsdruckausgesetzt ist. Von diesem grundsätzlichenVerbot der akkord- bzw. tempoabhängigenArbeit darf jedoch, wie in so vielen Fällen,

vom JArbSchG abgewichen werden, „wenn es zur Erreichung des Ausbildungszielesnotwendig ist“. Ihr „Schutz“, so steht esweiter im Gesetz, muss durch die Aufsichteines Fachkundigen gewährleistet sein.

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Akkordfür Azubis

§ 23 Akkordarbeit;tempoabhängige Arbeiten

(1) Jugendliche dürfen nicht beschäftigtwerden1. mit Akkordarbeit und sonstigen

Arbeiten, bei denen durch eingesteigertes Arbeitstempo einhöheres Entgelt erzielt werdenkann,

2. in einer Arbeitsgruppe miterwachsenen Arbeitnehmern, diemit Arbeiten nach Nummer 1beschäftigt werden,

3. mit Arbeiten, bei denen ihr Arbeits-tempo nicht nur gelegentlichvorgeschrieben, vorgegeben oderauf andere Weise erzwungen wird.

(2) Abs. 1, Nr. 2 gilt nicht für dieBeschäftigung Jugendlicher1. soweit dies zur Erreichung ihres

Ausbildungszieles erforderlich istoder

2. wenn sie eine Berufsausbildung fürdiese Beschäftigung abgeschlossenhaben und ihr Schutz durch dieAufsicht eines Fachkundigengewährleistet ist.

Im Bus erzählt ein „Neuer“, er müsse morgenzur Untersuchung. „Warum das eigentlich?Ich kann doch zum Arzt gehen, wann ich will.Oder?“ „Ein Jugendlicher, der in das Berufs-leben eintritt, darf nur beschäftigt werden,wenn er innerhalb der letzten 14 Monate voneinem Arzt untersucht worden ist“, meintPetra lakonisch, und: „Es ist nur zu deinemWohl, Sportsfreund.“

Gesundheitliche Untersuchung

Ein Jugendlicher darf nur beschäftigt werden,wenn er vorher von einem Arzt im Hinblick aufseinen Gesundheitszustand für seine beruf-liche Tätigkeit untersucht wurde. Diese Unter-suchung muss spätestens 14 Monate nachBeginn der Beschäftigung wiederholt werden.Früher betrug dieser Zeitraum 9 Monate. Wirddiese zweite Untersuchung nicht durch-geführt, darf der Arbeitgeber den Jugend-lichen nicht weiterbeschäftigen.

Durch diese Kontrollen sollen Gesundheits-schäden im Zusammenhang mit der Berufs-arbeit frühzeitig erkannt bzw. vermiedenwerden.

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„… zu deinemWohle“

§ 32 Erstuntersuchung

(1) Ein Jugendlicher, der in das Berufs-leben eintritt, darf nur beschäftigtwerden, wenn1. er innerhalb der letzten 14 Monate

von einem Arzt untersucht wordenist (Erstuntersuchung) und

2. dem Arbeitgeber eine von diesemArzt ausgestellte Bescheinigungvorliegt.

§ 33 Erste Nachuntersuchung

(1) Ein Jahr nach Aufnahme der erstenBeschäftigung hat sich der Arbeitgeberdie Bescheinigung eines Arztesdarüber vorlegen zu lassen, dass derJugendliche nachuntersucht worden ist(erste Nachuntersuchung). Die Nach-untersuchung darf nicht länger als3 Monate zurückliegen. Der Arbeit-geber soll den Jugendlichen 9 Monatenach Aufnahme der ersten Beschäf-tigung nachdrücklich auf den Zeit-punkt, bis zu dem der Jugendliche ihmdie ärztliche Bescheinigung nach Satz1 vorzulegen hat, hinweisen und ihnauffordern, die Nachuntersuchung bisdahin durchführen zu lassen.

(3) der Jugendliche darf nach Ablauf von14 Monaten nach Aufnahme derersten Beschäftigung nicht weiter-beschäftigt werden, solange er dieBescheinigung nicht vorgelegt hat.

Karin ist Vorsitzende der Jugend- undAuszubildendenvertretung im Software-HouseMaus. Ihre Nerven liegen blank. Seit Wochenversucht sie in Gesprächen mit ihrem Chef, ihndavon zu überzeugen, dass Jugendliche keineNachtarbeit verrichten dürfen. Bisher vergeb-lich. Karin: „Er argumentiert damit, dass derAuftrag unbedingt bis zum Tag X fertig seinmuss. Deshalb müssten auch die Azubis,ran’.“ Mit ihren Sorgen wendet sie sich andie Betriebsratsvorsitzende Petra. Als auch ihreGespräche beim Arbeitgeber nicht fruchten,entschließen sich Betriebsrat und Jugend- undAuszubildendenvertretung, das Gewerbeauf-sichtsamt einzuschalten. Das ist nicht nur ihrRecht, sondern ihre Pflicht.

§ 51 Überwachung der Vorschriften

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz und denPersonalvertretungsgesetzen sind Jugend-vertreter, Betriebs- und Personalräte ver-pflichtet, die Einhaltung des Jugendarbeits-schutzgesetzes zu überwachen. Die Aufsichtüber die Vorschriften des Jugendarbeits-schutzgesetzes liegt bei den Gewerbe-aufsichtsämtern. Sie sind verpflichtet, denangezeigten Verstößen nachzugehen und die Einhaltung der Bestimmungen durch-zusetzen, gegebenenfalls durch Bußgelder (bis zu 15.000,– Euro) oder – bei Straf-taten – durch Anzeige bei der Staatsanwalt-schaft.

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Hilfe vom „Amt“

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Jugend-arbeitsschutzgesetz im Betrieb auszuhängen.Natürlich ist es besser, wenn man ein wenigüber seine Rechte Bescheid weiß. Die kleineBroschüre hat euch hoffentlich ein wenigdabei geholfen. Bei Verstößen solltet ihrzuerst denjenigen aufklären, der von euchunzulässige Arbeiten verlangt. Tritt daraufhinkeine Besserung ein, holt euch Hilfe.Ansprechpartner sind der Betriebs- oderPersonalrat. Wenn ihr eine Jugend- undAuszubildendenvertretung habt, dies ist inBetrieben mit mehr als 5 Jugendlichen

möglich, wendet euch an sie. Wenn ihrkeinen Betriebs- oder Personalrat und auchkeine JAV im Betrieb habt, wendet euch andie Gewerkschaften. Die Adressen undTelefonnummern findet ihr im Telefonbuch.Die Kolleginnen und Kollegen der Gewerk-schaft werden euch zur Seite stehen.Ihr seht, auch wenn es Probleme in derAusbildung mit dem Jugendarbeitsschutz-gesetz oder auch anderen Bestimmungengibt, habt ihr immer Ansprechpartner.Fragt uns ruhig, wir helfen euch weiter.

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Was tun, wenn esProbleme gibt?

Übersicht über die gesetzlichgeregelten Zeiten für Jugendliche

Arbeitsbeginn

Ab 6 Uhr (§ 14)Achtung Ausnahmen!Zum Beispiel für Azubis in Bäckereien, in derLandwirtschaft und anderen Bereichen.Im Gesetz nachschauen!

Pausen

Mindestens 15 Minuten je Pause (§ 11) undspätestens nach 4 1/2 Stunden Arbeit.Insgesamt mindestens 60 Minuten Pause beieiner Arbeit von mehr als 6 Stunden.

Arbeitszeit

Täglich 8 Stunden (§ 8) bei 5-Tage-Woche,8 1/2 Stunden bei maximal 40 Stunden jeWoche.

Schichtzeit

Arbeitszeit und Pausen 10 Stunden (§ 12), inder Tierhaltung, Landwirtschaft, auf Bau- undMontagestellen, im Gaststättengewerbe bis zu11 Stunden.

Arbeitsende

20 Uhr für 16-Jährige, in mehrschichtigenBetrieben bis 23 Uhr.Weitere Ausnahmen! (§ 14)

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Auf einen Blick:

5-Tage-Woche

Verbot der Beschäftigung an Samstagen und Sonntagen (mit Ausnahmen!) (§§ 15 bis 17)

Berufsschulbesuch

Freistellung 1 x in der Woche bei Berufs-schulunterricht von mehr als 5 Unterrichts-stunden von je 45 Minuten Dauer (§ 9).In diesem Fall wird der Berufsschultag mit8 Stunden Arbeitszeit verrechnet (§ 10).Achtung: Dies gilt jedoch nur für Azubis, dienoch keine 18 Jahre alt sind. VolljährigeAzubis müssen seit dem 1. März 1997 damitrechnen, nach dem Unterricht noch in denBetrieb zu müssen.

Urlaub

Nach Tarifvertrag, mindestens jedoch bei16-Jährigen 30 Werktage, bei 17-Jährigen27 Werktage, bei 18-Jährigen 25 Werktage(§ 19).

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IMPRESSUM:

Herausgeber: Deutscher Gewerkschaftsbund, Abt. Jugend,Henriette-Herz-Platz 2,10178 BerlinRedaktion: Uwe Reepen, DüsseldorfUmschlag-Gestaltung: Ralf Böbbis, KölnSatz: Toennes Druck + Medien GmbH, DüsseldorfDruck: Druckerei Johannes Plum, Düsseldorf 4. überarbeitete Auflage (Stand: Dezember 2004)Gefördert durch das BMFSFJGedruckt auf Umweltpapier

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