Dynamische Untersuchungen von leichten Stahldecken aus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilen

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349 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 78 (2009), Heft 5 Leichte Deckenkonstruktionen aus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilen mit einem Belag aus Holzfaserplatten oder ähnlichen Werkstoffen bieten viele Vorteile gegenüber den konventionellen Bauweisen. Hierzu zählen neben dem geringen Eigengewicht auch die einfache Ausführbarkeit und der hohe Vorfertigungsgrad. Ge- bäude können wirtschaftlich bei kurzer Bauzeit und einem hohen Qualitätsstandard durch wetterunabhängige Werksfertigung er- stellt werden. Das geringe Gewicht qualifiziert sie darüber hinaus für Aufstockungen. Die Schwachstelle dieser Systeme kann jedoch in ihrem dynamischen Verhalten liegen. Ziel des nachstehend vorgestellten, derzeit laufenden Forschungs- projektes ist die Entwicklung eines hinsichtlich des dynamischen Verhaltens bei Anregung durch gehende Menschen optimierten Deckensystems aus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilen und einer Trockenbaulösung für die Deckenplatte. Erste Sondie- rungsversuche und numerische Untersuchungen wurden bereits durchgeführt. Nachstehend werden die bisher durchgeführten Untersuchungen vorgestellt, die Zusammenhänge erläutert und erste Ergebnisse qualitativ besprochen. Analysis of the dynamic behavior of lightweight floor systems sup- ported by cold-formed steel joists. Lightweight floor structures sup- ported by cold-formed steel joists with gypsum or wood-based pa- nels have a number of advantages compared to conventional con- struction methods. Among these advantages are the low weight and the high level of prefabrication. This construction method allows fast construction and a very high quality which is due to the weather- independent production in the factory. Adding stories to existing buildings is also an application as a result of the light weight. The weakness of this system may be its dynamic behavior. The intention of our current research is to investigate the effects of human induced vibrations on lightweight ceiling systems made of cold-formed steel joists to formulate new approaches to this problem. First steps of experimental investigations and numerical simulation were already realized. The following paper presents a documentation of the testing, exemplifies the correlation and dis- cusses the first results. 1 Einleitung Stahlleichtbaukonstruktionen weisen im Vergleich zu kon- ventionellen Bauweisen folgende wesentliche Vorteile auf: geringes Konstruktionsgewicht wetterunabhängige werksseitige Vorfertigung und damit verbunden kurze Bauzeiten sowie hohe Maßhaltigkeit Da zudem hohe Anforderungen an die bauphysikalischen Eigenschaften, insbesondere an den Wärme- und Schall- schutz realisiert werden können, finden Stahlleichtbaukon- struktionen besonders in Skandinavien und Nordamerika breite Anwendung. Aufgrund des ansonsten vorteilhaften, geringen Flächengewichtes gelten die Konstruktionen je- doch als schwingungsanfällig und werden nicht zuletzt aus diesem Grunde in Deutschland vergleichsweise wenig ein- gesetzt. Das nachstehend erläuterte, am Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik der TU Darmstadt durchgeführte und durch das Ingenieurbüro S. A. N. wissenschaftlich be- gleitete Forschungsprojekt, soll zunächst das tatsächliche dynamische Verhalten dieser Konstruktionen klären. Ge- gebenenfalls sollen Verbesserungsvorschläge für Stahl- leichtbaukonstruktionen erarbeitet werden, die auf das dy- namische Verhalten ausgerichtet sind, jedoch alle weiteren Aspekte berücksichtigen. Der Fokus liegt hierbei zunächst auf den Deckenkonstruktionen. 2 Stand der Technik Stahlleichtbaukonstruktionen werden heute oft als Modul- bau realisiert, da so ein hoher Vorfertigungsgrad in der Werkstatt erzielt wird und infolge der geringen Gewichte Transport und Montage einfach sind. Nach dem Zusam- mensetzen der Module erfolgt der weitere Ausbau bei kon- sequenter Umsetzung in Trockenbauweise (Bild 1). Dies gilt auch für die Deckenplatten, die beispielsweise mit OSB-Platten realisiert werden. Darüber hinaus werden Ge- bäude auch aus vorgefertigten Tafeln zusammengesetzt [14] oder vor Ort aus einzeln angelieferten Bauteilen erstellt [15]. Die entstehenden Deckensysteme sind orthotrope Einfeldplatten mit relativ geringem Flächengewicht. Eine numerische Untersuchung der dynamischen Sy- stemantwort bei einer Einwirkung durch eine gehende Person führt mit den derzeit verwendeten Rechenmodel- len zu Beschleunigungen, die die Grenzwerte für die Ge- brauchstauglichkeit, beispielsweise gemäß ISO 2631-2 [6] für Büro- oder Hotelgebäude, deutlich überschreiten. Gleiches gilt für die Funktionsfähigkeit empfindlicher La- borgeräte, wie bei dem abgebildeten medizinischen For- schungsgebäude einer Universität (Bild 2, siehe hierzu auch [8]). Um die vorgegebenen Grenzwerte der Beschleunigung von ca. 0,001 m/s 2 mit relativ kostengünstigen passiven Dynamische Untersuchungen von leichten Stahldecken aus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilen Jörg Lange Werner Rack Martin Neujahr Fachthemen DOI: 10.1002/stab.200910048

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Leichte Deckenkonstruktionen aus kaltgeformten, dünnwandigenStahlprofilen mit einem Belag aus Holzfaserplatten oder ähnlichenWerkstoffen bieten viele Vorteile gegenüber den konventionellenBauweisen. Hierzu zählen neben dem geringen Eigengewicht auchdie einfache Ausführbarkeit und der hohe Vorfertigungsgrad. Ge-bäude können wirtschaftlich bei kurzer Bauzeit und einem hohenQualitätsstandard durch wetterunabhängige Werksfertigung er-stellt werden. Das geringe Gewicht qualifiziert sie darüber hinausfür Aufstockungen. Die Schwachstelle dieser Systeme kann jedochin ihrem dynamischen Verhalten liegen. Ziel des nachstehend vorgestellten, derzeit laufenden Forschungs -projektes ist die Entwicklung eines hinsichtlich des dynamischenVerhaltens bei Anregung durch gehende Menschen optimiertenDeckensystems aus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilenund einer Trockenbaulösung für die Deckenplatte. Erste Sondie-rungsversuche und numerische Untersuchungen wurden bereitsdurchgeführt. Nachstehend werden die bisher durchgeführtenUntersuchungen vorgestellt, die Zusammenhänge erläutert underste Ergebnisse qualitativ besprochen.

Analysis of the dynamic behavior of lightweight floor systems sup-ported by cold-formed steel joists. Lightweight floor structures sup-ported by cold-formed steel joists with gypsum or wood-based pa-nels have a number of advantages compared to conventional con-struction methods. Among these advantages are the low weightand the high level of prefabrication. This construction method allowsfast construction and a very high quality which is due to the weather-independent production in the factory. Adding stories to existingbuildings is also an application as a result of the light weight. Theweakness of this system may be its dynamic behavior. The intention of our current research is to investigate the effectsof human induced vibrations on lightweight ceiling systems madeof cold-formed steel joists to formulate new approaches to thisproblem. First steps of experimental investigations and numericalsimulation were already realized. The following paper presents adocumentation of the testing, exemplifies the correlation and dis-cusses the first results.

1 Einleitung

Stahlleichtbaukonstruktionen weisen im Vergleich zu kon-ventionellen Bauweisen folgende wesentliche Vorteile auf:– geringes Konstruktionsgewicht– wetterunabhängige werksseitige Vorfertigung und damitverbunden – kurze Bauzeiten sowie– hohe Maßhaltigkeit

Da zudem hohe Anforderungen an die bauphysikalischenEigenschaften, insbesondere an den Wärme- und Schall-schutz realisiert werden können, finden Stahlleichtbaukon-struktionen besonders in Skandinavien und Nordamerikabreite Anwendung. Aufgrund des ansonsten vorteilhaften,geringen Flächengewichtes gelten die Konstruktionen je-doch als schwingungsanfällig und werden nicht zuletzt ausdiesem Grunde in Deutschland vergleichsweise wenig ein-gesetzt.

Das nachstehend erläuterte, am Institut für Stahlbauund Werkstoffmechanik der TU Darmstadt durchgeführteund durch das Ingenieurbüro S. A. N. wissenschaftlich be-gleitete Forschungsprojekt, soll zunächst das tatsächlichedynamische Verhalten dieser Konstruktionen klären. Ge-gebenenfalls sollen Verbesserungsvorschläge für Stahl-leichtbaukonstruktionen erarbeitet werden, die auf das dy-namische Verhalten ausgerichtet sind, jedoch alle weiterenAspekte berücksichtigen. Der Fokus liegt hierbei zunächstauf den Deckenkonstruktionen.

2 Stand der Technik

Stahlleichtbaukonstruktionen werden heute oft als Modul-bau realisiert, da so ein hoher Vorfertigungsgrad in derWerkstatt erzielt wird und infolge der geringen GewichteTransport und Montage einfach sind. Nach dem Zusam-mensetzen der Module erfolgt der weitere Ausbau bei kon-sequenter Umsetzung in Trockenbauweise (Bild 1). Diesgilt auch für die Deckenplatten, die beispielsweise mitOSB-Platten realisiert werden. Darüber hinaus werden Ge-bäude auch aus vorgefertigten Tafeln zusammengesetzt [14]oder vor Ort aus einzeln angelieferten Bauteilen erstellt[15]. Die entstehenden Deckensysteme sind orthotropeEinfeldplatten mit relativ geringem Flächengewicht.

Eine numerische Untersuchung der dynamischen Sy-stemantwort bei einer Einwirkung durch eine gehendePerson führt mit den derzeit verwendeten Rechenmodel-len zu Beschleunigungen, die die Grenzwerte für die Ge-brauchstauglichkeit, beispielsweise gemäß ISO 2631-2 [6]für Büro- oder Hotelgebäude, deutlich überschreiten.Gleiches gilt für die Funktionsfähigkeit empfindlicher La-borgeräte, wie bei dem abgebildeten medizinischen For-schungsgebäude einer Universität (Bild 2, siehe hierzuauch [8]).

Um die vorgegebenen Grenzwerte der Beschleunigungvon ca. 0,001 m/s2 mit relativ kostengünstigen passiven

Dynamische Untersuchungen von leichten Stahldeckenaus kaltgeformten, dünnwandigen Stahlprofilen

Jörg LangeWerner RackMartin Neujahr

Fachthemen

DOI: 10.1002/stab.200910048

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Schwingungsisolationstischen zu realisieren, mussten dieoben beschriebenen Stahlleichtbauweisen modifiziertwerden. Insbesondere mussten durchlaufende Stahlbeton-decken an Stelle von Trockenbaudecken eingesetzt wer-den, um die dynamische Masse zu erhöhen. Das hier vor-gestellte Forschungsprojekt soll leichtbaugerechte und so-mit kostengünstigere Lösungen generieren.

3 Versuchsaufbau

Leichte Stahldecken können in vielen verschiedenen Be-reichen eingesetzt werden. Die Deckenträger bestehen beiSpannweiten von ca. 4 m bis 6 m aus kaltgeformten C-Pro-filen mit einer Höhe von ca. 200 mm bis 250 mm. Für die

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Deckenbeplankung stehen verschiedene Materialien zurVerfügung (Holz, OSB-Platten, Holzspanplatten, Gipsfa-serplatten usw.). Für die Versuche war es wichtig, mög-lichst realitätsnah Eigenfrequenzen, Verformungen, Be-schleunigungen, Dämpfung bzw. alle erforderlichen Para-meter für die numerische Berechnung zu erhalten. Eswurden daher zwei Grundsysteme für die Messungen auf-gebaut. Die Spannweite wurde mit 5,00 m, die Breite zurErmittlung des Lastverteilungsverhaltens mit 2,50 m fest-gelegt. Die Bemessung erfolgte nach DASt Richtlinie 016[3] und DIN EN 1993-1-3 [4] unter Berücksichtigung derVerkehrslasten für Wohngebäude. Gewählt wurde ein C-Profil der Firma Richter System mit einer Höhe von 200 mmund einer Wandstärke von 2,0 mm. Die erste Decke be-stand aus fünf Längsträgern im Abstand von 600 mm, diezweite aus sieben Einzelträgern im Abstand von 400 mm(Bild 3). Die oberseitige Beplankung bildeten in Querrich-tung orientierte OSB/3-Platten mit den Abmessungen2500 mm × 1250 mm × 22 mm. Die Befestigung erfolgtemit Flügelbohrschrauben.

Die Versuche wurden zur Ermittlung der Änderungdes Schwingungsverhaltens mit verschiedenen Ausbaustu-fen durchgeführt. Zusätzlich erfolgten alle Tests mit undohne eine Ballastierung von 20 kg/m², bestehend aus zwei12,5 mm dicken Gipskartonplatten, zur Simulierung nichttragender Strukturen. Die Fugen wurden dabei so ange-ordnet, dass eine mittragende Wirkung vermieden wurde.

Ausbaustufen:– OSB/3-Platte d = 22 mm, optionale Zusatzmassen auszehn Sandsäcken mit jeweils 25 kg in verschiedenen An -ordnungen– Fertigteilestrich, 20 mm EPS (expandiertes Polystyrol)und 18 mm Gipsfaserplatte, Masse ca. 22,5 kg/m²– Unterdecke, 12,5 mm GKB-Platte befestigt mit Hutpro-filen im Abstand 400 mm, Masse ca. 12 kg/m²– Simulierung einer Einspannung über einen 1,00 m langeneinseitigen Kragarm, Ballastierung mit 300 kg– geänderte Verbindungsmittel (ballistische Nägel 2,8 mmim Abstand 150 mm)

Bild 1. Vorgefertigtes Stahlbaumodul und ZusammensetzungFig. 1. Prefabricated modular building system

Bild 2. Forschungsgebäude einer UniversitätFig. 2. Research Centre of a University

Bild 3. a) Deckenmodell aus kaltgeformten, dünnwandigenC-Profilen; b) Deckenaufbau Versuchsdecke 1 und 2Fig. 3. a) Test floors with C-joists and oriented-stranded-board;b) Configuration of the C-joists

a)

b)

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Die Anordnung der Messtechnik zur Ermittlung der Be-schleunigungen und Verformungen ist in Bild 4 darge-stellt. Die vertikalen Verformungen wurden durch vier in-duktive Wegaufnehmer bestimmt. Diese wurden durch ei-nen am Träger 4 horizontal am Unterflansch befestigtenAufnehmer ergänzt. Zusätzlich wurden zur Verifizierungder Verformungsmessungen Dehnmessstreifen in Feld-mitte am Unterflansch angeordnet.

Eine realitätsnahe dynamische Berechnung erforderteinen möglichst genauen Ansatz der vorhandenen Steifig-keiten und damit die Kenntnis der Materialkenngrößen.Im Gegensatz zu Stahl liegt mit den OSB-Platten ein sehrinhomogener Werkstoff vor. Der E-Modul unter Biegungparallel zur Faserausrichtung wird in DIN EN 13986 bzw.der Zulassung zwischen 3800 N/mm² und 4930 N/mm²angegeben. Messungen anhand eines 3-Punkt-Biegever-suchs ergaben deutlich höhere Werte mit ca. 6500 N/mm²und damit einen erheblichen Einfluss auf das Lastvertei-lungsverhalten.

4 Statische und dynamische Einwirkungen

Zunächst wurden zwei statische Einwirkungen auf dasDeckensystem aufgebracht. Die in Bild 5a dargestellte, sta-tische Einzellast sollte Informationen über das statischeQuertragverhalten, die im Bild 5b dargestellte, statischeStreckenlast Informationen über die statische Steifigkeitdes Deckensystems liefern. Hierbei war insbesondere dieMitwirkung der OSB-Platten in Quer- und Längsrichtungvon Interesse. Diese Informationen wurden zur Kalibrie-rung eines numerischen Rechenmodells verwendet.

Anschließend wurden für jede Ausbaustufe folgendedynamische Einwirkungen aufgebracht.– Gehen in Feldmitte längs/quer mit 2 Hz (Bild 6a)– Heeldrop in Feldmitte Träger 3/4 und im ViertelspunktTräger 4 (Bild 6b)– Sandbagdrop in Feldmitte Träger 3 – 34 cm lichte Fall-höhe (Bild 6c)

Die Einwirkungen Gehen und Heeldrop gemäß Bil-der 6a und 6b regen das Deckensystem in beiden Haupt-tragrichtungen sowohl symmetrisch als auch antimetrischan. So sollte eine Anregung aller maßgebenden Eigenfor-men sichergestellt werden. Als zusätzliche Möglichkeit zurVerifikation der Messergebnisse ist der Sandbagdrop – Ein-wirkung gemäß Bild 6c zu verstehen. Zur Kalibrierung desnumerischen Rechenmodells wurden die dynamischen Ein-wirkungen bisher nicht verwendet.

Alle Einwirkungen wurden jeweils auf Stahlplattenaufgebracht und mittels Kraft-Zeit-Messdosen gemessen.Die tatsächliche Einwirkung auf das Deckensystem ist so-mit bekannt. In Bild 7 sind die Kraft-Zeitverläufe darge-stellt. Der Kraft-Zeit-Verlauf für das Gehen gemäß Bild 7wird mit dem Kraft-Zeitverlauf gemäß Bachmann undAmmann [1] als Referenz dargestellt. Hierbei wurden diedrei ersten Harmonischen der dynamischen Einwirkungberücksichtigt. Beide Kurven zeigen eine sehr gute Über -einstimmung.

Bild 4. Anordnungen der MesstechnikFig. 4. Configuration of the measurementtechnology

Bild 5. a) Statische Einzellast ca. 1 kN; b) StatischeStreckenlast ca. 1 kN/mFig. 5. a) Static single load; b) Static line load

Bild 6. Dynamische Einwirkungen: a) Gehwege, b) Heeldrop,c) SandbagdropFig. 6. Dynamic load: a) footpath, b) heel drop, c) sandbagdrop

a) b)a) b) c)

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5 Numerisches Modell

Das numerische Modell basiert auf den durch die über diestatischen Einwirkungen ermittelten Steifigkeiten. Es sollnur zu einer ersten qualitativen Einschätzung des dynami-schen Systemverhaltens dienen. Zu den nun in Planungbefindlichen Versuchen zur Fortführung des Forschungs-projektes wird eine dynamische Systemidentifikationdurchgeführt, auf die in den Vorversuchen aufgrund desgroßen Messaufwandes verzichtet wurde.

In dem numerischen Modell (Bild 8) sind die Längs-träger gelenkig an die Randträger angeschlossen. Das Ge-lenk liegt an der Außenkante des Randträgers, so dass dieBeanspruchung für diese exzentrisch erfolgt. Die Stützendes Versuchsstandes wurden als starre Lager modelliert,da deren Verformungen vernachlässigbar sind. Die Aufla-gerung der Randträger erfolgte gelenkig. Die OSB-Plattensind exzentrisch über Koppelstäbe an die Längsträger an-

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geschlossen. Die Koppelpunkte befinden sich in denSchwerachsen der Längsträger und der OSB-Platten.

(1)

Die erste Eigenfrequenz kann bei konstanter Massenbele-gung und konstanten Steifigkeiten in Längs- und Querrich-tung anhand von Gleichung (1) abgeschätzt werden. HöhereEigenformen des räumlichen Systems wie in Bild 9a und9b dargestellt, bleiben hierbei unberücksichtigt.

6 Beschränkungen und Grenzwerte

Die Beurteilung von Schwingungen erfolgt durch Grenz-werte für die Beschleunigung oder der Geschwindigkeiten.In Bild 10 sind exemplarische frequenzabhängige Geschwin-digkeitsgrenzwerte für hochempfindliche Mikroskope ausdem Bereich der medizinischen Forschung dargestellt.

fl

EIm

lb

lb

l0 2

2 4

21 2= + ⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

+ ⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

⎣⎢⎢

⎤π·

( )· ·

⎦⎦⎥⎥

( )( )·EI

EIb

l

Bild 7. Kraft-Zeitfunktion „Gehen mit 2 Hz“ (80 kg)Fig. 7. Load-time-diagram “walking with 2.0 Hz”

Bild 8. Numerische SystemmodellierungFig. 8. Equivalent statical and dynamical system

Bild 9. Höhere Eigenformen des räumlichen SystemsFig. 9. Higher Eigenmodes of the three dimensional system

Bild 10. Frequenzabhängige Geschwindigkeitsgrenzwerte fürMikroskopeFig. 10. Velocity limit of microscopes due to the frequency

a)

b)

a)

b)

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Neben derartigen scharfen Grenzwerten ist jedochauch die subjektive Wahrnehmung von Schwingungendurch Menschen zu beachten. Diese ist abhängig von derpersönlichen Aktivität (ruhen, arbeiten, lesen), der Position(liegen, stehen), Alter, Geschlecht und der Häufigkeit desAuftretens.

Gemäß ISO 2631-2 liegt die Wahrnehmungsschwellefür die frequenzbewertete Beschleunigung bei arms =0,015 m/s2. In ISO 2631-2, sind ebenso wie im BS 6841 [2]und bei Toratti und Talja [10] auch Anhaltswerte für dieGebrauchstauglichkeit verschiedener Gebäudenutzungenangegeben. Die Ermittlung von arms erfolgt anhand vonGleichung (2), wobei das gewählte Zeitintervall ΔT bei derBewertung von Impulsanregungen einen maßgeblichenEinfluss hat.

(2)

Diese Angaben sollen hier lediglich deutlich machen, dassbereits bei relativ kleinen Schwingungen Störungen fürMenschen entstehen können. In der Praxis ist derzeit eineFestlegung von Grenzwerten auf Basis von ISO 2631-2 nachAbstimmung der Einwirkungsszenarien mit dem Bauherrneine Erfolg versprechende Vorgehensweise.

7 Messergebnisse7.1 Statische Verformungen

Die Durchbiegung unter einer statischen Last wird oft alsKriterium zur Beurteilung von Decken herangezogen. ImRahmen dieser Forschung lag der Schwerpunkt dieser Mes-sung aber in der Beurteilung der tatsächlich vorhandenenSteifigkeiten und dem Lastverteilungsverhalten. Bild 11 zeigtdie Deckenverformung unter einer Einzellast von 0,8 kN inFeldmitte an jedem Längsträger. Die größte Verformung er-gibt sich für das Grundsystem und lag dabei in etwa bei45 % der Verformung eines einzelnen Stahlträgers. Eine Ver-bundwirkung in Längsrichtung aus C-Profil und OSB-Plattekonnte nicht festgestellt werden, während die Quervertei-lung im Bereich der Erwartungen lag. Durch die Ergänzung

aT

a t dtw rms wT

T T

, = ( )+

∫1 2

0

0

Δ

Δ

der Verbundestrichelemente (nur Reibverbund) sowie derUnterdecke (Verschraubung über Hutprofile) reduzierte sichdie Verformung um jeweils ca. 17 %. Dies resultiert sowohlaus einer Steifigkeitszunahme in Längsrichtung als auch ei-ner erhöhten Lastverteilung in Querrichtung. Eine Ballastie-rung der Decken (dünne Linien in Bild 11) mit ca. 20 kg/m²reduzierten die Verformungen am Mittelträger zusätzlichum ca. 3 bis 5 %. Dies ist lediglich durch einen Steifigkeits-zuwachs infolge Reibung zu erklären, da die Anordnung derBallastierung ein statisches Mitwirken möglichst ausschlie -ßen sollte. Die primäre Funktion der OSB-Platten ist dieLastverteilung in diesen orthotropen Systemen, ein Steifig-keitszuwachs wurde erst durch Ausbaumaßnahmen erzielt.Der Austausch der Schrauben als Verbindungsmittel durchballistische Nägel ergab keine maßgebliche Änderung derVerformungen. Versuche durch die VHT Darmstadt hattenergeben, dass die Schubsteifigkeit in der Verbundfuge mitder Vernagelung höher ist [13]. Im Rahmen der Messungenunter statischer Last konnte dies nicht bestätigt werden.

Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der Durchbiegungen. Inder letzten Spalte wurde über eine Näherungsberechnung,angelehnt an Gleichung (1), über die Verformung aus derEinzellast sowie dem Eigengewicht der Decke die erste Ei-genfrequenz abgeschätzt. Die Verformung δg wird dabei inmm eingesetzt.

7.2 Eigenfrequenzen

Die Kenntnis der Eigenfrequenzen und Eigenformen istnotwendig, um Resonanzverhalten der Decken zu verhin-dern. Die Einwirkungen aus Gehen liegen im Bereich von1,7 Hz bis 2,4 Hz. Höhere harmonische Anteile können aberden dreifachen Wert und damit bis zu 7,2 Hz erreichen. DieAbstimmung der Deckenfrequenzen sollte daher bei mehrals 10 Hz liegen. Für einen Balken mit konstanter Masseund Steifigkeit ergeben sich die Eigenformen mit einer ein-welligen bzw. mehrwelligen Sinuskurve. Leichte Stahldeckenaus kaltgeformten, dünnwandigen Profilen stellen mehrdi-mensionale Systeme dar und reagieren dementsprechenddeutlich sensibler. Jeder Träger hat seine eigenen Eigenfor-men in Bezug auf Translation und Rotation. Aus dieserÜberlagerung ergibt sich eine Vielzahl von Eigenformen,

Bild 11. Durchbiegungen in Feldmitte – LastverteilungFig. 11. Midspan deflections – load sharing

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welche mit ihren zugehörigen Frequenzen dicht bei einan-der liegen können. Die Isolierung der einzelnen Frequenzenaus den verschiedenen Messungen erfolgt mit einer FastFourier (FFT) Analyse (Bild 12).

Vor der FFT-Analyse wurden die Messreihen mit einemBandpass zur Reduzierungen von Rauschen und weiterenStöreffekten gefiltert. Die Auflösung der Frequenzanalyseliegt bei ca. 0,075 Hz. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse für ver-schiedene Ausbaustufen der Decke. Für ausgewählte Ver-suchsreihen sind die Ergebnisse grafisch in Bild 12 darge-stellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass auf Grund aller hier ermit-telten Eigenfrequenzen keine Effekte von Resonanzverhal-ten zu erwarten sind. Die höheren Eigenformen sind aller-dings nicht so leicht zu isolieren und ihren Verformungs -figuren zuzuweisen. Modifikationen bei kontinuierlichverteilter Masse bzw. Steifigkeit beeinflussen die erste Ei-genfrequenz im Bereich der Erwartungen. Selektiver Ein-satz von Masse wie sie in der Regel auch unter realer An-wendung vorliegt, ergibt Änderungen in den höheren Ei-genformen. Einzelne Eigenformen können hierdurchausgeschaltet bzw. manipuliert werden (s. Tabelle 2: Se-rien Nr. 22, 25 und 28 sowie Bild 12). Lokale Steifigkeits-bzw. Massenänderungen können die Systeme verstimmen

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und in ihrer dynamischen Reaktion beeinflussen. DieserAnsatz muss in weiteren Überlegungen zur Optimierungder bestehenden Deckenkonstruktionen integriert wer-den. Zum Vergleich wurden zusätzlich die Eigenfrequen-zen mit der FFT-Analyse über die Wegaufnehmer bestimmt.

Die Bilder 13 und 14 zeigen das Ausschwingverhaltender verschiedenen Deckenaufbauten unter der kurzen Im-pulseinwirkung eines Heeldrop in Feldmitte. Bild 13 zeigt

Bild 12. Eigenfrequenzen – Fast-Fourier AnalyseFig. 12. Natural frequencies by Fast Fourier Analysis

Tabelle 2. Eigenfrequenzen aus der FFT-AnalyseTable 2. Natural frequency by FFT-Analysis

Test Serie Nr. Deckensystem – Ausbaustufe Fast Fourier Analyse Beschleunigungen in Feldmitte (B200-2)

f1 in Hz f2 in Hz f3 in Hz f4 in Hz

110 C-Profil + OSB (geschraubt) 16,34 23,74

122 OSB + Zusatzmasse 250 kg (im 1/3-Pkt.) 12,09 16,56 29,09

125 OSB + Zusatzmasse 250 kg (Träger 2+4) 12,24 23,37 30,63 44,18

128 OSB + Zusatzmasse 125 kg (Träger 4) 12,46 17,59 23,45 26,45

142 OSB + 20 kg/m² 13,12 20,59 30,41

156 OSB +Verbundelement 13,19 21,76 31,21 48,07

176 OSB + Verbundelement + Unterdecke 12,46 22,79 48,07

104 (76) + Kragarm mit 300 kg 10,54 11,72 12,89 22,85

109 (104) + 20 kg/m² 19,81 19,93 49,97

124 OSB + Unterdecke / Nägel 14,43 24,62 51,14

Tabelle 1. Durchbiegungen in mm in Feldmitte unter Einzellast 0,8 kN/Näherung f0Table 1. Bending in mm in midspan under a single load of 0.8 kN/approximation f0

Ausbaustufe Durchbiegung in mm Eigengewicht f0 = 18/δg0,5

Träger 3 Träger 4 Träger 5 in kg/m² in Hz

OSB 0,800 0,431 0,089 30,0 15,8

OSB + 20 kg/m² 0,780 0,406 0,078 50,0 12,6

OSB + EPS 0,678 0,405 0,103 52,5 12,5

OSB + EPS +20 kg/m² 0,658 0,355 0,091 72,5 11,1

OSB + EPS + Unterdecke 0,581 0,345 0,128 62,0 12,1

OSB + EPS + Unterdecke + 20 kg/m² 0,552 0,331 0,127 84,5 10,6

OSB (verschraubt) + Unterdecke 0,660 0,360 0,100 42,0 14,4

s. o. + ball. Nägel Träger 1,3,5 0,690 0,370 0,110 42,0 14,1

OSB. (vernagelt) + Unterdecke 0,700 0,370 0,120 42,0 14,0

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oben den Beschleunigungs-Zeitverlauf für die reine Beplan-kung mit den OSB-Platten. Im Verlauf lassen sich eindeutigzwei überlagerte Eigenfrequenzen und die sehr geringe Ei-gendämpfung erkennen. Nach über einer Sekunde sind nocherhebliche Schwingungsamplituden vorhanden. In der Mitteerkennt man die Systemverstimmung und damit die Über-lagerung der Eigenformen. Die Dämpfung im System istdeutlich höher. Zum Vergleich ist unten die Variante mitder kontinuierlich verteilten Last abgebildet. Bild 14 zeigtin der oberen Hälfte den Vergleich zwischen der voll aus-gebauten Decke mit den Verbundelementen aus 20 mmPolystyrol und 18 mm Gipsfaser und unterseitiger Beplan-kung jeweils mit und ohne Ballastierung. Es ist gut er-kennbar, wie die erste Eigenfrequenz verringert und dieDämpfung geringfügig erhöht wird. Die untere Hälfte be-schreibt den Verlauf des Ausschwingens für das Decken -system mit Schrauben bzw. ballistischen Verbindungsmit-teln zwischen den C-Profilen und der Beplankung. Unterstatischer Beanspruchung konnten keine Änderungen fest-gestellt werden. Im dynamischen Verhalten ist jedoch eindeutlich schnelleres Ausschwingen zu beobachten. Dies

Bild 13. Beschleunigungs-Zeit-Verlauf Heeldrop – VergleichBasissystem mit BallastierungenFig. 13. Acceleration-Time-Curve – Comparison of the basicsystem with additional masses

Bild 14. Beschleunigungs-Zeit-Verlauf Heeldrop – Ausbau-decke und verschiedenen VerbindungsmittelnFig. 14. Acceleration-Time-Curve – full equipped floor andvarious connection devices

wird auch durch die Ermittlung der aw,rms-Werte unter wei-teren dynamischen Einwirkungen bestätigt.

7.3 Beschleunigungen

Für den Vergleich der gemessenen Beschleunigungen wirdder aw,rms-Wert gemäß Gleichung (2) genutzt. Ein nicht zuvernachlässigender Parameter zur Berechnung dieses Wer-tes ist das gewählte Zeitintervall ΔT. Für Schwingungeninfolge impulsartiger Anregungen, welche nur kurzfristigauftreten, wird in der ISO 2631-2 [6] ein Zeitintervall voneiner Sekunde empfohlen. Für kontinuierlich, zeitweise oderhäufiger auftretende Schwingungen ist das Zeitintervallentsprechend anzupassen. Zur besseren Vergleichbarkeitder Ergebnisse aus der Einwirkung „Gehen mit 2 Hz inFeldmitte“ wurde hier das Zeitintervall auf 5 Sekunden fest-gelegt. Der Anfangsimpuls sowie das Ausschwingen wurdennicht berücksichtigt, wodurch die ermittelten Ergebnisseim Bezug auf die Grenzwerte als etwas zu hoch einzustu-fen sind. Neben dem gemittelten Wert werden die Maxi-malbeschleunigung sowie der daraus resultierende Ampli-tudenfaktor angegeben. Ein Beschleunigungs-Zeit-Verlauffür Gehen mit 2 Hz in Feldmitte ist in Bild 15 dargestellt.

Tabelle 3 zeigt eine Übersicht der ausgewerteten Be-schleunigungs-Zeitverläufe gemäß Gleichung (2) für ein Zeit-intervall von 5 Sekunden. Die zugehörigen Mess punktesind Bild 4 zu entnehmen. Die Ergebnisse aus dem Vergleichmit den verschiedenen Ballastierungen ergaben, dass hierkein einheitlicher Effekt zu beobachten ist. Die beobach-teten Veränderungen im Verhalten der Eigenfrequenzenzeigten hier keine positive Beeinflussung im Bezug auf denaw,rms-Wert. Lediglich die kontinuierlich verteilte Masse

Bild 15. Beschleunigungs-Zeit-Verlauf „Gehen mit 2 Hz“Fig. 15. Acceleration-Time-Curve “Walking with 2 Hz”

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von 20 kg/m² ergab eine Reduzierung an allen Messpunk-ten. Dieser Effekt lässt sich bei allen weiteren Ausbaustufenbeobachten. Die prozentuale Reduzierung der Beschleu-nigungen nimmt jedoch mit zunehmender Gesamtsteifig-keit und damit auch ansteigender Eigenmasse ab. Bild 16stellt dies jeweils für die verschiedenen Kombinationenaus OSB-Beplankung, Verbundestrichelementen und mon-tierter Unterdecke dar. Es ist gut zu erkennen, dass durchden Vollausbau eine deutliche Verbesserung erzielt wird.Die vermutete Systemverbesserung infolge der durch einenKragarm simulierten Einspannung ließ sich nicht bestäti-gen (Bild 17). Zurückzuführen ist dies möglicherweise aufdie konstruktive Ausführung des Zugbands, welches sta-tisch funktioniert, dynamisch aber nicht anspricht. Umge-kehrt verhält es sich in Bezug auf die ballistischen Verbin-dungsmittel. Hier zeigt die Vergrößerung der Steifigkeit inder Verbundfuge zwischen C-Profil und OSB-Platte eine

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Reduzierung der gemessenen Beschleunigungen (Bild 17),obwohl die Durchbiegungen unter statischer Last keinemaßgebliche Veränderung gezeigt haben.

Alle Ergebnisse zeigen, dass durch eine Erhöhung derMasse, Kopplung der Längsträger am Untergurt, dämp-fende und steifigkeitserhöhende Ausbauten sowie eineOptimierung der Steifigkeit in der Verbundfuge eine posi-tive Beeinflussung der Beschleunigungen zu erreichen ist.Ein Aufbringen von nicht konstruktionsbedingter Massewiderspricht dem Grundsatz der leichten Deckenkon-struktionen. Es besteht daher nur die Möglichkeit überDurchlaufsysteme sowie ein verbessertes Lastverteilungs-verhalten in Querrichtung, zusätzlich Masse zu aktivieren.Es ist dabei aber zu beachten, dass als Folge auch dieSchwingungen z. B. in Nachbarräume übertragen werdenund Personen auf nicht selbst induzierte Beschleunigun-gen deutlich sensibler reagieren. Neue Ansätze liegen da-

Tabelle 3. Beschleunigungen in Feldmitte – BasissystemTable 3. Acceleration in midspan – basic system

Test Serie Nr. Deckensystem – Ausbaustufe Beschleunigungen in m/s²

Träger 3 Träger 4 Träger 3 Faktoraw,rms aw,rms apeak

112 C-Profil + OSB (verschraubt) 0,164 0,132 0,713 4,4121 OSB + Zusatzmasse 250 kg (im 1/3-Pkt.) 0,205 0,162 0,938 4,7124 OSB + Zusatzmasse 250 kg (Träger 2+4) 0,168 0,141 0,645 3,8130 OSB + Zusatzmasse 125 kg (Träger 4) 0,175 0,143 0,650 3,7141 OSB + 20 kg/m² 0,157 0,125 0,707 4,5

152 OSB + Verbundelement 0,153 0,127 0,600 3,9162 OSB + Verbundelement + 20 kg/m² 0,149 0,122 0,548 3,7172 OSB + Verbundelement + Unterdecke 0,132 0,107 0,495 3,7182 OSB + Verbundelement + Unterdecke +20 kg/m² * 0,130 0,108 0,478 3,7

191 (72) + Kragarm ohne Auflast 0,147 0,104 0,570 3,9101 (72) + Kragarm mit 300 kg Auflast * 0,138 0,095 0,540 3,7108 (72) + Kragarm mit 300 kg + 20 kg/m² * 0,123 0,084 0,482 3,9

121 OSB + Unterdecke (OSB verschraubt) 0,180 0,142 0,793 4,5131 OSB + Unterdecke (zus. Nägel in T1,3,5) 0,152 0,120 0,718 4,7141 OSB + Unterdecke (ballistische Nägel) 0,161 0,127 0,670 4,2

* nur vier Messreihen vorhanden

Bild 16. aw,rms-Werte verschiedener Ausbaustufen und Bal-lastierungenFig. 16. Accelerations of different stages of expansions

Bild 17. aw,rms-Werte – Einfluss aus Kragarm und verschiede-nen VerbindungsmittelnFig. 17. Accelerations – effects of restraining and differentfasteners

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[5] ISO 2631-1: Mechanische Schwingungen und Stöße – Be-wertung der Einwirkung von Ganzkörper-Schwingungen aufden Menschen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Berlin,Mai 1997.

[6] ISO 2631-2: Mechanische Schwingungen und Stöße – Be-wertung der Einwirkung von Ganzkörper-Schwingungen auf denMenschen – Teil 2: Schwingungen in Gebäuden (1 Hz–80 Hz),Berlin, April 2004.

[7] Maier, C.: Ein Beitrag zur Modellierung des Schwingungs-verhaltens schlanker Deckentragwerke unter fußgängerindu-zierter Anregung. Dissertation, TU Darmstadt, 2006.

[8] Neujahr, M.: Zum Einfluss der Dynamik auf den Entwurfvon Leichtbaukonstruktionen. Leicht Bauen 2003, TU Darm-stadt, Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, 2003.

[9] SASFA Code for low rise Light Steel Frame Buildings. Sou-thern African Light Steel Frame Building Association, SüdAfrika, 2007.

[10] Toratti, T., Talja, A.: Classification of human induced floorvibrations. Building acoustics 13 (2006), Number 3, pp. 229–239.

[11] Design Guide of Floors for Vibration: A New Approach.Steel Construction Institute (SCI), Publication 354, Berkshire,England, 2007.

[12] Design Guide on the Vibration of Floors. Steel ConstructionInstitute (SCI), Publication 076, Berkshire, England, 1989.

[13] Pfau, J.: Befestigungstechnik mit ballistischen Verbin-dungsmitteln zur rationellen Erstellung tragender Tafelelementein Stahlprofil-Leichtbauweise. Dissertation, TU Darmstadt,2005.

[14] Tichelmann, K., Kramarczyk, F.: Aufstockung einer mehr-geschossigen Wohnanlage in Stahl-Leichtbauweise. Stahl-In-formations-Zentrum, Düsseldorf, 2008.

[15] Lange, J., Naujoks, B., Tichelmann, K., Volkwein, J.: Häu-ser in Stahl-Leichtbauweise. Stahl-Informations-Zentrum,Düsseldorf, 2002.

Autoren dieses Beitrages:Prof. Dr.-Ing. Jörg Lange, Dipl.-Ing. Werner Rack, Institut für Stahlbau undWerkstoffmechanik, TU Darmstadt, Petersenstraße 12, 64287 DarmstadtDr. sc. techn. Martin Neujahr, S.A.N. Stöffler Abraham Neujahr GmbH fürTragwerksplanung, Marburger Straße 13, 64289 Darmstadt

her im Bereich der Energieabsorbierung durch eine Ver-besserung des Dämpfungsverhaltens, der Verstimmung derSysteme durch konstruktive Maßnahmen sowie bei einerSteuerung des Lasteintrages. Weitere Versuche werdenhierzu durchgeführt und analysiert.

8 Zusammenfassung und Ausblick

In den kommenden Projektphasen soll zunächst das Ver-suchsprogramm für die Durchführung einer experimentellenAnalyse erweitert werden. Auf deren Basis wird die nume-rische Modellierung verfeinert. Hierfür werden zunächstdie gängigen Deckenplattenlösungen berücksichtigt. An -schließend werden alternative Deckenplattenlösungen un-tersucht, mit dem Ziel, den Energieeintrag in das Systembereits bei Auftreten auf die Decke möglichst weitgehendzu verringern. Die numerischen Modelle werden für Para-meterstudien eingesetzt, um Variationen in der Decken-geometrie und der Anregung zu beurteilen.

Wir danken der Stiftung Industrieforschung für diegroßzügige Unterstützung dieses Projektes.

Literatur

[1] Bachmann, H., Ammann, W.: Schwingungsprobleme beiBau werken – Durch Menschen und Maschinen induzierteSchwingungen. IABSE, Zürich, Schweiz, 1987.

[2] BS 6841: Leitfaden zur Messung und Bewertung der Aus-wirkung mechanischer Schwingungen und Erschütterungenauf den menschlichen Körper. British Standard Institution,1987.

[3] DASt-Richtlinie 016: Bemessung und konstruktive Gestal-tung von Tragwerken aus dünnwandigen kaltgeformten Bau-teilen. Deutscher Ausschuss für Stahlbau, 1988.

[4] DIN EN 1993-1-3 Eurocode 3: Bemessung und Konstruk-tion von Stahlbauten – Teil 1.3: Allgemeine Bemessungsre-geln, Ergänzende Regeln für kaltgeformte dünnwandige Bau-teile und Bleche, 2007.

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