E. Beninger, Germanengräber von Laa an der Thaya (N.-Ö). Eiszeit und Urgeschichte 6, 1929, 143 -...

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Germanengräber von Laa a. d. Thaya (N.-Ö.) Von Eduard. B e n in g er- Wien ( Taf. XVII bis XIX mit 30 Abbildungen und 2 Abbildungen im Text ) Von Laa a. d. Thaya im nordöstlichen Niederösterreich meldete am 20. Oktober 1908 Alfred Sc h meide 1, der verdienstvolle Gründer und geistige Urheber des dortigen Heimatsmuseums, an Reg.-Rat Dr. Matthäus M u c h, daß vor einigen Tagen im Ziegelofen des Maurermeisters Michael Au 1 in g er ein Grab mit Edel- metallfunden gehoben wurde. M. M u c h erstattete den Bericht an die Zentral- kommission für Denkmalpflege ( s. Mitt. d. Z. K. 1908, S. 427), die von diesem Fund auch durch einen Bericht von Vinc. Kudern a t s c h- Poysdorf am 29. Oktober 1908 verständigt wurde. Mit der Sicherstellung der Funde wurde die Prähistori- sche Sammlung des Naturhistorischen 1\!Iuseums betraut. Nach langwierigen Ver- handlungen gelang es Herrn Hofrat Josef S z o m bat h y, den Grabinhalt für diese Sammlung käuflich zu erwerben. Nach zweieinhalb Jahren, am 17. Juni 1911, wurde im selben Ziegelwerk ein zweites Grab mit kostbaren Funden aufgedeckt. Schon am 20. Juni war Hofrat S z o m bat h y an der Fundstelle. Der Besitzer forderte leider einen zu hohen Kaufpreis, so daß sich die Verhandlungen zerschlugen. Die Funde aus Edelmetall wurden durch Vermittlung eines Händlers im Dezember 1912 an Freiherrn Johannes von Diergardt aus Berlin verkauft, nur der Henkel- krug befindet sich noch heute im Heimatmuseum der Stadt Laa a. d. Th. Ich danke Herrn Direktor Dr. Jos. Bayer für die Aufforderung, die Publikation dieser bei- den Gräber, soweit ihr Inhalt und die Fundumstände heute noch faßbar sind, vor- zulegen, und vor allem Herrn Hofrat J. S z o m bat h y für das große Entgegen- kommen, mit dem er mir seine seinerzeitigen Aufzeichnungen bereitwilligst zur Verfügung stellte. Die Fundstelle der beiden Skelette ist eine auf der Parzelle 3821/2 gelegene Ziegelgrube an der Straße, die von Laa nach Neudorf führt, etwa 250m südöst- lich vom Stationsgebäude der Eisenbahnlinie. Es war die ältere, nördlicher ge- legene der beiden Gruben, die zur Zeit der Fundbergung M. Au 1 in g er gehörten. In ihr stand ein damals schon aufgelassener Erdofen. Nur hin und wieder wurde ihr noch etwas Ziegellehm für das südlich gelegene, im vollen Betrieb befindliche Hauptwerk entnommen. Heute (1930) befindet sich das Hauptwerk, in dem echter 143

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Germanengräber von Laa a. d. Thaya (N.-Ö.)Von Eduard. B e n in g er- Wien(Taf. XVII bis XIX mit 30 Abbildungen und2Abbildungen im Text)Von Laa a. d. Thaya im nordöstlichen Niederösterreich meldete am 20. Oktober 1908 Alfred Sc h meide 1, der verdienstvolle Gründer und geistige Urheber des dortigen Heimatsmuseums, an Reg.-Rat Dr. Matthäus M u c h, daß vor einigen Tagen im Ziegelofen des Maurermeisters Michael Au 1in g er ein Grab mit Edelmetallfunden gehoben wurde. M. M u c h erstattete de

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Germanengräber von Laa a. d. Thaya (N.-Ö.) Von Eduard. B e n in g er- Wien

(Taf. XVII bis XIX mit 30 Abbildungen und 2 Abbildungen im Text)

Von Laa a. d. Thaya im nordöstlichen Niederösterreich meldete am 20. Oktober 1908 Alfred Sc h meide 1, der verdienstvolle Gründer und geistige Urheber des dortigen Heimatsmuseums, an Reg.-Rat Dr. Matthäus M u c h, daß vor einigen Tagen im Ziegelofen des Maurermeisters Michael Au 1 in g er ein Grab mit Edel­metallfunden gehoben wurde. M. M u c h erstattete den Bericht an die Zentral­kommission für Denkmalpflege ( s. Mitt. d. Z. K. 1908, S. 427), die von diesem Fund auch durch einen Bericht von Vinc. Kudern a t s c h- Poysdorf am 29. Oktober 1908 verständigt wurde. Mit der Sicherstellung der Funde wurde die Prähistori­sche Sammlung des Naturhistorischen 1\!Iuseums betraut. Nach langwierigen Ver­handlungen gelang es Herrn Hofrat Josef S z o m bat h y, den Grabinhalt für diese Sammlung käuflich zu erwerben. Nach zweieinhalb Jahren, am 17. Juni 1911, wurde im selben Ziegelwerk ein zweites Grab mit kostbaren Funden aufgedeckt. Schon am 20. Juni war Hofrat S z o m bat h y an der Fundstelle. Der Besitzer forderte leider einen zu hohen Kaufpreis, so daß sich die Verhandlungen zerschlugen. Die Funde aus Edelmetall wurden durch Vermittlung eines Händlers im Dezember 1912 an Freiherrn Johannes von Diergardt aus Berlin verkauft, nur der Henkel­krug befindet sich noch heute im Heimatmuseum der Stadt Laa a. d. Th. Ich danke Herrn Direktor Dr. Jos. Bayer für die Aufforderung, die Publikation dieser bei­den Gräber, soweit ihr Inhalt und die Fundumstände heute noch faßbar sind, vor­zulegen, und vor allem Herrn Hofrat J. S z o m bat h y für das große Entgegen­kommen, mit dem er mir seine seinerzeitigen Aufzeichnungen bereitwilligst zur Verfügung stellte.

Die Fundstelle der beiden Skelette ist eine auf der Parzelle 3821/2 gelegene Ziegelgrube an der Straße, die von Laa nach Neudorf führt, etwa 250m südöst­lich vom Stationsgebäude der Eisenbahnlinie. Es war die ältere, nördlicher ge­legene der beiden Gruben, die zur Zeit der Fundbergung M. Au 1 in g er gehörten. In ihr stand ein damals schon aufgelassener Erdofen. Nur hin und wieder wurde ihr noch etwas Ziegellehm für das südlich gelegene, im vollen Betrieb befindliche Hauptwerk entnommen. Heute (1930) befindet sich das Hauptwerk, in dem echter

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Löf in mächtiger Ablagerung ansteht, nicht mehr im Besitz von :M. A u 1 i. ~ e .. dagegen noch die Lehmgrube, in der die beiden Skelettfunde gemacht wur .... e .. Diese liegt ungenützt da und ist wild bewachsen. Es hat nicht den Anschein. a -ob die Fundstelle noch weitere Gräber birgt.

Grab 1 wurde Mitte Oktober 1908 in der südöstlichen Ecke der Lehmgrube in einer Tiefe von ungefähr 2m gefunden. Es war von Nord nach Süd orientiert und enthielt ein Skelett, das sich mit dem Kopf gegen Süden in gestreckter Rückenlage befand. Zu Häupten des Skelettes stand ein kleines schwarzes Ton­gefäß mit einem tönernen Spinnwirtel. Dann fanden sich folgende, das weibliche Geschlecht der Leiche anzeigende Schmuckbeigaben: an den Ohren je ein goldener Ohrreif, um den Hals ein aus verschiedenem M aterial zusammengestellter, auf einem Silberdraht aufgefädelter Perlenschmuck, auf der Brust rechts und links eine große Silberfibel, am Bauch eine silberne Gürtelschnalle und ein runder Metallspiegel, an den Handgelenken je ein offener Armreif aus Silber und bei den Händen Reifehen aus Silberdraht. Vom zersetzten Skelett konnten einige Knochen­stücke erhalten werden. Unter ihnen befand sich ein Stück des Stirnbeins, an dem deutlich zu erkennen ist, daß der Schädel in der mit "Makrokephalie" bezeich­neten Art und Weise deformiert und an der Stirne abgeflacht war 1 ).

Grab 2 wurde am 17. Juni 1911 in der Nachbarschaft des vorigen, 7m südlich davon gefunden. Das Grab lag 180 cm unter der Oberfläche, war von Nordwest nach Südost orientiert, 176 cm lang und 70 cm breit. Das Skelett lag in gestreckter Rückenlage, die Arme an den Seiten angelegt, mit dem Kopfende nach Nord­westen gerichtet, der Schädel auf der rechten Seite liegend. Die Knochen waren stark zersetzt und zu einer etwa 4 cm dicken Schicht zusammengedrückt, so daß von ihnen nichts erhalten werden konnte. Der Schädel war, so weit sich dies be­urteilen ließ, nicht deformiert. Von einem Sarge oder sonst einer Auskleidung der Grabgrube war keine Spur zu entdecken. Als Beigaben fanden sich: beim linken Ohr ein Goldringlein (beim rechten Ohr war keines zu finden), am Bauche eine goldene Gürtelschnalle. An dieser anschließend ein zum Gürtelschmuck ge­höriges Streifchen Silberblech und 10 cm unterhalb ·des Gürtels eine goldene Schnalle mit rhomboider Platte. In deren unmittelbaren Nachbarschaft lagen die schlecht erhaltenen Reste einer sehr kleinen Silberschnalle, die nicht konserviert werden konnten. Mitten am Bauch lag ein Eisenmesser in drei Bruchstücken, mit der Spitze nach rechts außen gekehrt und links am Gürtel kleine Eisenreste, die nicht zu deuten waren. Beim Kopf fand man eine schwarze Masse, die von irgendeinem nicht mehr zu bestimmenden Messer (oder Schwert?) herrührten.

1) Sie tritt in der jüngeren Wolgagruppe in spätrömischer Zeit auf und wird von de­Alanen und Goten nach Mitteleuropa gebracht. über die niederösterreichischen uncl a!'.dere Funde vgl. Schliz, AfAnthr.III., 1905, S.191, ferner MAG22, S.1 (Podbaba) u. ]\" T~~- -S. 20 (Obermöllern) .

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Bei iedem Fuß, und zwar auf dem Rist, lag je eine goldene Schnalle mit drei­eckiger Platte wirkliche Schuhschnallen. Links neben dem Kopf, in einer Entfer­nung von 20 cm stand ein einhenkeliger Krug.

o den Funden aus Grab 1 fehlen heute der Silberdraht des Halsschmuckes a geblich auch einige Perlen sowie zwei in Silber gefaßte Granaten der Gür­

xl Ia ~ . Y on den Funden aus Grab 2 zerfielen die Silberschnalle und die \'{! affen "... : .cl-en. Die folgende Beschreibung der Funde aus Grab 1 bringt die Inventar­

r- mmern der Prähistorischen Sammlung des Naturhistorischen Museums.

Gotische, glatte Silberblechfibel, fragmentiert. Halbkreisförmige Kopfplatte, an den Seiten abgeschabt durch die dünnen Bleche der Seitenleisten, die um die Seitenränder der Kopf­platte herumgebogen und an derselben festgenietet sind. Die zwei Spiralen fehlen. V.an den Spiralknöpfen ist ein vollrunder rechts unten erhalten. An der obersten Stelle der Kopfplatte befindet sich ein stilisierter Tierkopf, der mittels eines halbmondförmigen Plättchens aufgenietet ist. Der mit der Kopf- und Fußplatte zusammenhängende Bügel ist stark gewölbt, trägt einen hohen Mittelgrat und ist hohl. An den Ansatzstellen ist auf der Kopf- und Fußplatte je ein palmettenähnliches Silberblech mit getri~benen Strahlenleisten durch drei Nieten befestigt. Die Hälfte der mit einem leichten Mittelgrat " versehenen Fußplatte fehlt. Dagegen ist noch der stilisierte Tierkopf der Fußspitze er­halten. Das kleine Bruchstück muß vom Fußende stammen, da die Randleiste der Kopf­platte keinen Ansatz und auch keinen dementsprechenden Platz für eine lappige Aus­buchtung besitzt und außerdem der Mittelgrat der Fußplatte noch deutlich zu sehen ist. Die Nadelrinne auf der Unterseite ist sehr kurz und mittels eines besonderen herzförmi-gen Plättchens am oberen Ende des Fußes angenietet. Der ganze Nadelapparat fehlt. Er­haltene Länge 12.3. Maße der Kopfplatte: Breite 8.8, Höhe 4.2, Länge des Bügels 4.0. Obere Breite der Fußplatte 2.5 (51.999), Abb. 2.

Gotische, glatte Silberblechfibel, fragmentiert, in gerrau derselben Ausführung wie die vor­hergehende. Kopfplatte beschädigt. Linke Seitenleiste der Kopfplatte, der untere Teil der Fußplatte, der ganze Nadelapparat, und auch die Nadelrinne fehlt. Erhaltene Länge 13.4. Breite der Fußplatte 2.8. Sonst dieselben Maße wie bei der obigen Fibel (52.000), Abb. 1.

Silberne Gürtelschnalle; Dorn und die ganze Blechplatte defekt. Der Bügel ist dick und stil­rund und besitzt einen dünneren Steg. Auf dem Steg bewegt sich mittels einer kräftigen Öse ein derber, ausgehöhlter Dorn, von dem das Endstück fehlt. Die Basispartie des Dornes trägt sieben Leisten auf der Oberseite. Maße des Bügels: Breite 5.9, Durch­messer 1.0. Länge des Dornes 2.8. Abb. 4. Die Schnallenplatte aus dünnem Silberblech besteht aus vielen Bruchstücken. Die Unterseite war glatt, ihre Patina mit den feinen Grübchen wei~t darauf hin, daß sie direkt auf dem Leder aufgelegen ist. D~e Oberseite ist mit einem unregelmäßigen Blättermuster graviert. Aus Randstücken läßt sich die rechteckige Form des Blechbeschlages erschließen. Erhalten sind vier tropfenförmige, ge- · wölbte Granaten, eine leere spitzovale Fassung und drei kreisrunde, gewölbte Granaten. Ansatzstücke zeigen, daß die Granaten am Rand und im Innenmuster saßen. Alle Fassun­gen sind hoch gelegen · und tragen einen Haken auf der Unterseite, um ins Leder fassen zu können. Durchmesser der Granaten etwa 0.9 (52.001), Abb. 3.

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Zwei silberne Armringe, offen, stielrund, die Enden kolbig verdickt und eingekerbt. Breite 6.8 und 6.2 (52.002), Abb. 6 und 7.

Zwei goldene Ohrringe. Das dünne, offene Reifehen von 2.7 Durchmesser trägt an einem Ende ein Kubaoktaeder von 1.1 Durchmesser, das an vier Würfelseiten je ein plan­geschliffenes, quadratisches, schiefgestelltes Granatscheibchen aufgesetzt hat, während. die Oktaederflächen mit je drei aufgelöteten Goldperlehen verziert sind. Eines der Reifehen ist gebrochen und zeigt, daß der Kern aus einem Bronzedraht besteht, der mit dünnen Goldblechen kun t,·oll überzogen ist 52.003 , Abb. 9.

erdrah· ei.: hen. bei '·eichen die Drahtenden über­e ""e D rcnme:_er von 2 . .: ~ahr-

a - braunem Ton, breit ·u dig. D r hm -ser -:-oaa p Dreh heibenarbeit, chwarz graphitiert Yon mäßiger Wand: är.·e. ::) t'i._ :..e ::a- -

t äche, größte Bauchweite in mittlerer Höhe, eicht einge chwungene chulter erwas ,-er­dickter :.\Iundsaum. Der Oberteil ist tief schwarz poliert und in geglätteter Graphittechnik bandweise gemustert. In der Mitte der Schulter eine polierte Wellenlinie in einem matten

treifen, Höhe 6.9, Durchmesser der Basis 5.1, des Bauches 10.3, des Randes 7.2 (52.020 , Abb. 2+.

Der Halsschmuck besteht aus folgenden Stücken: 3- scheibenförmige Bernsteinperlen. Durchmesser 1.+ bis 3.3 (52.006), Abb. 15 (sechs Stück) .

1 Bergkristallperle, Kubooktaeder, durchbohrt. Durchmesser 1.8 (52.007), Abb. 12. 1 Glasperle, dunkelblau, Kubooktaeder, durchbohrt. Durchmesser 1.3 (52.008), Abb. 20. 5 Millefioriperlen, ungenau kugelig, mit roten und weißen Punkten, teilweise beschädigt.

Durchmesser 1.6 bis 1.8 (52.009), Abb. 13. 3 reifchenförmige Perlen aus dunklem Kobaltglas. Durchmesser 1.2 bis 1.4 (52.010),

Abb. 14. 1 helle, blaugrüne Perle. Durchmesser 1.5 (52.011), Abb. 16. 1 violette Perle. Durchmesser 1.4 (52.012), Abb. 17. 1 schwarze, kugelige Perle. Durchmesser 1.5 (52.013), Abb. 18. 2 eiförmige Perlen aus Milchquarz, an den Enden beschädigt. Durchmesser 2.3 und

2.9 (52.014), Abb. 19. 3 Carneolperlen, zwei davon unregelmäßig kugelig. Durchmesser 1.4, eine länglich.

· Länge 2.6 (52.015), Abb. 11. 1 Perle ..aus braunem Quarz. Durchmesser 1.5 (52.016), Abb. 21. 1 Schale von Cypraea stercoraria L., am Fußende durchlocht, etwas verwittert. Länge

5.8 (52.017),, Abb. 10.

Von den Funden aus Grab 2 stehen mir die aus Edelmetall nur in emer Ab­bildung, die seinerzeit von der Prähistorischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien angefertigt wurde, zur Verfügung. Der enghalsige Henkelkrug be­findet sich im Heimatmuseum der Stadt Laa a. d. Thaya und wurde mir in dan­kenswerter Weise von den Museumsverwaltern Fachlehrer Karl M ü 11 er und

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Lehrer Friedrich K o h 1 hause r für die Publikation leihweise auf kurze Zeit zur \ erfügung gestellt.

Zwei goldene Schuhschnallen. Gleichförmiger Dorn mit Mittelgrat. Der Bügel verjüngt sich . gegen den Steg zu. Auf der dre~eckigen Blechplatte erhebt sich zwischen drei Knöpfen die rundliche Zellenfassung, die in der Art der Schnalle bei S a 1 in (Tierornamentik), Abb. 293, drei plangeschliffene Granaten trägt. Abb. 29.

Goldene Gürtelschnalle. Der Bügel ist bei der Basisspitze etwas eingeschwungen und verjüngt sich gegen den Steg zu. An der Basis des Dornes erhebt sich in der Breite des Dornes ein rechteckiges, scharfkantiges Feld. Die Platte ist mit acht dreieckigen, plan ge~­

schliffenen Granaten voll besetzt. Abb. 27. Goldene Schnalle, ähnlich den obigen Schuhschnallen, doch mit rhomboider Platte. Die rund­

liche Zellenfassung ist durch Speichen in vier Felder geteilt. Das dem Dorn ben'ächbarte Feld ist durch das Gold des Verbindungsstückes aus.gefüllt, die übrigen durch drei plan­geschliffene Granaten geschmückt (ähnlich wie bei der Schnalle mit vier Granaten aus Untersiebenbrunn). Abb. 26.

Goldener Ohrring. Der dicke, rundliche Stab verjüngt sich sehr stark gegen die offenen, aber eng anliegenden Enden. Abb. 25. Das Gewicht sämtlicher Goldfunde betrug 103 g.

Fragmentierter Silberblechstreifen. Abb. 28 . Enghalsiger, einhenkeliger Krug aus lichtgrauem Ton, Drehscheibenarbeit. Der Ton ist fein­

körnig-sandig, die Wanddicke mäßig. Deutliche Standfläche, gleichmäßig geschwungenes Profil, stark eingezogener Hals mit zwei niedrigen Rillen. Knapp oberhalb der größten Bauchweite ragt senkrecht ein plump angesetzter, an der Oberseite der Kanten etwas leistenförmig verstärkter Bandhenkel in die Höhe, um pseudo-rechtwinkelig zum obersten Rand abzubiegen. Der kantige Mundsaum ist senkrecht aufgesetzt und trägt gegenüber dem Henkel eine tief eingekniffene Klee blattmündung. Die Schulter ist verziert mit geschabten Schräggittern, der Hals nur mit unregelmäßigen, flüchtigen Längsstreifen. Höhe 26.0. Durchmesser der Basis 9.0; des Bauches 16.6; des Halses 4.8; der Lippe 7.8. Maße des Henkels: Länge 13.4, Breite 3.5. Abb. 30.

Schon der erste Blick auf das Gräberinventar zeigt, daß wir es mit zwei gleich­zeitigen germanischen Gräbern der Völkerwanderungszeit zu tun haben, wobei in Grab 1 eine Frau, in Grab 2 ein Mann beerdigt wurden. Als fester Stützpunkt für die absolute Chronologie der betreffenden Zeit dient einerseits der Langobarden­einfall in Italien im Jahre 568 und die sich darauf basierende zeitliche Stellung .und Unterscheidung der ostgotischen und langobardischen Altertümer. Den zweiten, früheren Stützpunkt bietet andererseits die westgotische Wanderung nach dem \Y! esten. E. B senne r hält sich vor allem an die literarischen Quellen und benützt daher die Hunnenschlacht 451 als terminus a quo. Diese späte Ansetzung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Chronologie bezüglich der Weiterentwicklungen der Fibel mit umgeschlagenen Fuß, wie sie vor allem Mon t e 1 i u s, S a 1 in und

c h e t e 1 i g aufstellten, und ist daher in der wissenschaftlichen Literatur nicht durchgedrungen. Insbesondere hat aber N. Aber g gegenüberBrenne r nachge­wie en, daß bereits der Hunneneinfall 375 als Ansatzpunkt in Betracht kommt . • u gehend vom datierten Childerich-Grab in Tournay ( 481) ergibt sich somit als

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~tützpunkt der Fund von Untersiebenbrunn um 400. Wir schließen uns in dieser .\rbeit der Chronologie Ä b er g s an; fand sie doch auch in letzter Zeit ihre Be-tätigung durch das Auftreten der Kerbschnitt- und Rankenornamentik in der

provinzial-römischen Kultur. Einen wichtigen Leittypus für die Chronologie Äbergs bildet die gotische SilberblechfibeL Daher beginnen wir die Beurteilung der Gräber­funde von Laa mit den zwei Spangen aus Grab 1.

chon die wichtigsten Merkmale der Silberblechfibeln zeigen, daß unser Typus jünger als 400 sein muß. Die größte Breite der Fußplatte ist nicht mehr unterhalb der litte (wie noch bei einer Fibel von Untersiebenbrunn), es fehlt der um die Ba en de Bügel gelegte, quergeriefte Silberdraht (der die Erbschaft von der Fibel mit umge chlagenen Fuß darstellt) und die piralköpfe sind bereits an den auf die Kopfplatte aufgenieteten Randleistenblechen befestigt. Auf ein noch jüngeres Sta­dium der Entwicklung weisen die Palmettenbleche, die wohl aus der provinzial­römischen Kultur entlehili: ;vurden. Hingegen ist unser Typus älter als die Haupt­masse der gallischen Funde, bei denen der Tierkopf auf der Kopfplatte außer Ge­brauch gekommen ist und älter als die Fibeln mit Kerbschnitt- und Rankenorna­menten. Diese Technik tritt in der provinzial-römischen Kultur unseres Donau­gebietes wohl schon knapp von 400 auf. Anfang des fünften Jahrhunderts entlehnen sie germanische Schnallen, die gotischen Silberblechfibeln jedoch erst um 450 (jedenfalls von der norisch-pannonischen Kultur und nicht von der Galliens ). Als 1\littelmaß zwischen diesen beiden chronologischen Stützpunkten kämen wir für unsere Fibel somit auf die Zeit um 425. Die Fußspitze bei den Silberblechfibeln beginnt erst zur Zeit der Kerbschnittfibeln (ab 450) in eine knopfartige Bildung umgeformt zu werden, die allmählich den Charakter eines Tierkopfes annimmt. Hauptsächlich weist aber erst die Fibel mit Rankenornamenük, die nur mehr ge­gossen wird und von 450 bis 500 und möglicherweise bis ins sechste Jahrhundert hinein zu datieren ist, die Tierköpfe auf, die dann wie die mit Granaten ge­schmückten Rundei (die allerdings schon in Untersiebenbrunn vertreten sind) auf äie ostgotischen Fibelformen hinweisen. Es ist schon betont worden, daß unser kleines Bruchstück mit dem deutlichen Mittelgrat der Fußplatte tatsächlich vom Fußende stammt, nicht etwa von der Querleiste der Kopfplatte (wie die lappigen Ausbuchtungen zwischen den Spiralkopfenden der Fibel von Perjamos, Hampel III, Taf. 6 ). Wir müssen daher unsere Fibel noch mehr an 450 heranrücken. Dies er­gibt keinen inneren Widerspruch, denn schon Ä b er g (F. u. W., S. 56) kommt zur Annahme, d ß auch· die glatten Silberblechfibeln "möglicherweise noch etwas nach der Mitte des fünften Jahrhunderts in Gebrauch gewesen sein können". (So auch G. u. L., S. 6.)

Die chronologische Stellung einer Form dürfen wir allerdings nicht ausschließ­lich auf eine Spezialuntersuchung der typologischen Einzelheiten einstellen. Seien die bekannten Typenreihen auch noch so präzise herausgearbeitet, wie in unserem

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Fall, so besteht immerhin die Gefahr, daß wir der Einzelbetrachtungsweise er­liegen, statt den Typus nach den Hauptzügen der äußeren Merkmale in die chro­nologische Reihe einzuordnen. Die wichtigsten Züge der " äußeren Erscheinung" unserer Fibel ergeben sich von selbst, wenn wir die ganze Formentwicklung der gotischen Silberblechfibeln überblicken. Ä b er g scheidet streng zwischen glatten Fibeln, Kerbschnittfibeln und Fibeln mit Rankenornamenten. Unser Fund zeigt nun deutlich, daß glatte und Kerbschnittfibeln gleichzeitig gewesen sein müssen. Der Gang der Entwicklung der gotischen Silberblechfibeln ist demnach folgender: Von den ostgermanischen Blechfibeln mit deutlichen Reminiszenzen an die Aus­gangsform, der Fibel mit umgeschlagenen Fuß, geht die Entwicklung über die westgotischen Stilphasen mit den ersten provinzial-römischen Entlehnungen (Pal­mette) zu den Gußformen mit provinzial-römischen Ornamenten und ostgotischen Angleichungen. Diese Betrachtungsweise ist für uns wichtig, weil sie uns eine zweite Einstellung zur zeitlichen Begutachtung des Fundes liefert. Die erste be­ruhte lediglich auf der Typenskala der Blechfibeln, die als Stützpunkt die An­setzung des Fundes von Untersiebenbrunn um 400 vornimmt. Die zweite Einstel­lung ist von der ersten unabhängig, da sie sich auf das Auftreten der Kerbschnitt­und Rankenornamente stützt und daher von der provinzial-römischen Kultur her erfolgen muß. Der Tierkopffuß am Fußende unserer Fibel steht im deutlichen Zusammenhang mit den Gußformen und muß daher; obwohl er sich auf einer glatten Blechfibel vorfindet, gleichzeitig mit den Kerbschnittfibeln angesetzt wer­den. Wir datieren daher unseren Fund in die Zeit 430 bis 440.

Mit dieser Datierung steht die Untersuchung der Schnalle im Einklang. über die gotischen Schnallen hat zuerst A. G ö t z e grundlegend gearbeitet. Er unter­scheidet drei Typen, woraus erhellt, daß den Rahmenbeschlägen jene Beschläge, die aus einem Blech oder einer gegossenen Platte ohne Durchbrechung in der Mitte bestehen, vorausgegangen sind. Zu diesem älteren Typus gehört unsere Schnalle, da die Randstücke des Bleches beweisen, daß dieses nicht den Hintergrund einer Rahmenöffnung gebildet haben kann. N. Äberg (G. u. L.) hat mit richtigem Blick erkannt, daß die Entwicklung des Schnallenbeschlages bis zu einem gewissen Grade parallel läuft mit der Entwicklung der ilberblechfibeln. Unser Beschlag kann nur angeschlossen werden an die Schnalle von Brescia (Götze, Taf. I /1 und Äberg, Abb. 1 ), deren Silberblech allerdings unverziert ist. Schon Götze hält sie fü r ursprünglicher und deshalb älter als italische Ostgotenzeit. Vollends Äberg ma ht es wahrscheinlich, daß diese Schnalle gleich den unverzierten Silber­blechiibeln der 1. Hälfte oder der Mitte des 5. Jahrhunderts zugewiesen werden m .. :-~· Er weist an den Begleittypen, den ostgotischen Fibeln, nach, daß die ge­~o- enen Rahmen mit Kerbschnittornamenten der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts und die frühe ten rankenverzierten Schnallen der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts oder

.e leicht an das Ende dieses Jahrhunderts zu stellen sind. Daraus ergibt sich aber

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auch andererseits, daß die unverzierte Schnalle vort Brescia nicht weit vor 450 an­zu etzen ist. Das gilt im erhöhten Maße auch für unsere gravierte Schnalle mit ge­wölbten Granaten. Für diese Zeit spricht vielleicht auch das Fehlen der Cloisor;ne-echnik auf der Schnalle. Die gleichmäßige Grundform des Dornes mit den Leisten

um die Basispartie ist von langer Dauer gewesen, wir finden sie bei den ostgoti­chen chnallen, ja sogar noch bei langobardischen Typen. Wichtig für uns ist, daß ie e Dornform auch bei der Schnalle von Brescia schon vertreten ist.

Abb. 31. Teile der Ornamentik auf der Gürtelschnalle

Das eingravierte Muster des Zierbleches läßt sich, obwohl einige Bruchstücke zusammengesetZt werden konnten, nur annähernd charakterisieren. Es handelt sich um ein wirres Blätterornament mit flachen und punktierten Flächen, das von einem geometrischen Randleistenornament begrenzt war, das sich als einziges einiger­maßen bestimmen läßt. Wir rekonstruieren besonders mit vier Bruchstücken: zwei zeigen die Ansätze des um den Rand des Beschlages rechtwinkelig abgebogenen Bleches; d?s dritte trägt eine tropfenförmige, das vierte eine runde Granate. Damit ist bewiesen, daß einige Granaten knapp am Rande der Schnalle gestanden sein müssen. Das Muster in der Abb. 31 (oben) gibt die erschließbare Vorstellung des RancHeistenornamentes. Ein ähnlicher Rand findet sich auf der Goldplatte Götze, Fig. 24, nur daß dort die Schlupfen seitliche Arme zu den Rändern der Bögen et­was geschwungen ausschicken. Die Platte hält Götze, obwohl er die Ähnlichkeit ihrer technischen Ausführung zu den Cloisonne-Arbeiten des Childerich-Grabes her-

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vorhebt, jünger als Tournay. Von den gravierten Blättern aus dem Innenfeld unserer Platte zeigt Abb. 31 (unten) einige Proben. Sie genügen aber nicht, um ejne Verwandtschaft mit den Blätterranken des mit Laa etwa gleichaltrigen Fundes von Sziligy-Somly6 (Hampel III, Taf. 14) oder des etwas älteren von Airan (Salin, Abb. 354) zu vermuten.

Goldene Ohrringe unseres Typus sind zusammen mit glatten Silberblechfibeln in den Funden von Puszta-Bakod, Perjamos, Szendrö-Lad (Hampel III, Taf. 1 4, 6/7, 43) und Untersiebenbrunn, mit Kerbschnittfibeln in Dombovar (Hampel II, S. 688) angetroffen worden, worauf schon Ä b er g (F. u. W., S. 60) hingewiesen hat.

Der Armring unseres Typus besitzt lange Lebensdauer, er reicht bis ins 6. Jahrhundert hinein.

Auch die Schnallen aus Grab 2 mit verdickter und quer abgeschnittener Basis, aber ohne quer gestellte Basisplatte und gefaßte Steine am Dorn, weisen ebenfalls auf die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts . Die einfache Zellenfassung ist schon in Untersiebenbrunn vertreten.

Das Auftreten der Cypraea-Schalen in germanischen Gräbern ist nichts unge­wöhnliches. Als Beispiele führe ich an: fürs 1. Jahrhundert Rondsen, Kr. Graudenz (Kossinna-Festschrift, S. 43, Abb. 10), fürs 3. bis 4. Jahrhundert Cernjach6v, Bez. Kijev (Mainzer Zs. I, S. 44), für die Völkerwanderungszeit Svetec-Schwatz bei Bilina (Schranil, S. 279).

über Metallspiegel berichtete zuletzt W. Jen n y (Pr. Zs. XIX, 1928, S. 347) zusammenfassend. Zu den von ihm genannten Fundorten sind noch Untersieben­brunn und Groß-Harras, beide in Niederösterreich nachzutragen.

Einen Silberring unserer Art und mit den in Abb. 5 ersichtlichem Verschluß hat vor kurzem B. v. R ich t h D f e n (Kossinna Festschrift, 1928, S. 79) aus der Hausgrube c von Ellgut, Kreis Rosenberg, Schl.esien, veröffentlicht, der nun die dor­tige Keramik wohl ins Ende des 4. Jahrhunderts weist. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß aus Bernardin, Gemeinde Lichtenegg, Gerichtsbez. Wels

• ( Oberösterreich) ein gleicher Bronzering stammt, der an einer Cypraea vinosa be­festigt ist. Wenn qer Fund auch isoliert ist, so beweist er dennoch die Anwesenheit von Ostgermanen in Oberösterreich. (Naturh. Mus. 16147.)

Ein besonderer Glücksfall ist es, daß sich die beiden Gefäße noch erhalten haben. Es bildet einen großen Nachteil für die Erhellung der völkerwanderungszeit­lichen ~ultu probleme, daß im Mittelpunkt der Chronologiefragen ausschließlich die Schmuckgegenstände und nicht die Keramik, der empfindlichste Wertmesser für zeitliche und stammeskundliehe Fragen, stehen. Besonders in unserem Donau­gebiet muß sich diese Lücke empfindlich rächen, da wir den Einfluß der west­norischen und ostnorisch-pannonischen Kultur auf die germanische noch nichtfassen können. Wir beschränken uns daher auf einige Feststellungen.

Es scheint mir wichtiger, zuerst die Verzierungstechnik unserer Keramik Z'U

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behandeln, weil wir damit einen größeren Gesichtskreis gewinnen, als uns die Ana­y e der Gefäßformen bieten kann. Beide Gefäße weisen eingeglättete Muster auf. 'ir kennen solche bereits in der Frühlatenezeit Deutschlands (z. B. im Hunsrück).

Die e Verzierungstechnik scheint vom reichsrömischen Kunstgewerbe zu stammen. J edenfalls wird sie von dieser auch dem Osten bekannt gemacht, da wir sie in der :.\Iittellatenezeit in Apahida antreffen. In der Spätlatenezeit übernehmen sie bereits einzelne westgermanische Volksstämme, die mit dt!m reichsrömischen und kel­ti chen Kunstgewerbe in tarke Berührung kommen. Es handelt sich zumeist um eine elee-ante, eh' ·arze. ta.·k ra hitt.ältige TomYare, deren ma te und selbst

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rau e Ober+lä ä zend oliert wir . Die_e Polierung der Graphit-::e~ L n~er r nd e ien :i h a h geome:r· :eher ~ lu:ter Zick­

z ~ ·-F ie G>::erm -:er, ~ le o en; ::e. ener un -cheinbar ur an der ~-e

R n znne au h pira len und Yoluten) . Zwei dichter e Yerbreitun gebie-e finden "·ir bei den \\' angionen am Rhein (Behrens, . .54), wo diese Technik in der " bel­gi chen" T onware der jüngeren Kaiserzeit ihren vollendeten Buccherocharakter er hält, und bei den Hermunduren an der mittleren Saale (Schulz, JVSTh, 1928,

. 68), von. wo die Ausstrahlungen über Böhmen (Stradonitz) mit der markomanni­schen Kulturwelle bis nach Niederösterreich der augusteischen Zeit gelangen. In der folgenden Zeit dürften die Westgermanen diese Technik aufgegeben haben. Dagegen haben sie wieder die G oten selbständig aus dem reichsrömischen Kunst­gewerbe übernommen dies beweisen die germanischen Gräber von Südrußland z. B. Cernjach6v) die um 250 bis 350 anzusetzen sind, und das gotische Gräber­'eld de Yierten Jahrhunderts von Marosszentanna in Siebenbürgen (Dolgozatok, III. , 1912) . Um 400 tritt nun diese Verzierung wieder bei den Westgermanen L litteleuropas auf. Daß sie von den Ostgermanen stammt, daran ist heute nicht mehr zu zweifeln. Daß sie von Marosszentanna über Ungarn (z. B. Murga) durch die \Xlestgoten zu Beginn des fünften Jahrhund!=rts nach Niederösterreich kommt, liegt durchaus nahe und wird durch den vorliegenden Fund von Laa a. d. Thaya völlig gesichert ~ Aber auffallend ist nun, daß bereits in der zweiten Hälfte des Yierten Jahrhunderts eine Nachahmung der Poliertechnik, nämlich die Glättung, in der rheinisch-süddeutschen ( z. B. Trebitz im Mansfelder Seekreis) und in der böhmischen Keramik auftritt, möglicherweise auch in Niederösterreich (Ober­le· serberg) , was bisher noch nicht völlig geklärt ist. Dafür kann nur ein Einfluß der gotischen Tonware von Ostgalizien und der Ukraine über die wandalische Kultur v"erantwortlich gemacht werden, der also noch vor der Westwanderung der Westgoten nach Mitteleuropa drang. Die Glättung auf meist chamoisfärbigem, aber auch mattem, ja sogar dunkelbraunnem Ton ist die eine Nachahmung der echten Poliertechnik. Die zweite besteht in der Schabung auf feinsandiger, grauer Tonware; sie scheint von den Westgoten die Donau aufwärts zu uns gebracht worden. zu sem.

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H. 7.0; H. des Halses 2.8; Dm. der Basis 3.8; des Bauches 8.9; desRandes 5.9. Im Gegensatz zu dem Napf aus Laa ist der Hals höher gezogen und die Schulterver­zierung besteht aus einem unregelmäßigen Zickzackband in eleganter, schwarzer Graphittechnik

Auf dem Drehscheibengefäß Abb. 30 aus Grab 2 wird die Poliertechnik der eleganten, schwarztönigen Graphitware nachgeahmt: der Ton ist grau, körniger und feinsandig und erlaubt daher keine kunstvolle Polierung der Fläche, weshalb das Gittermuster durch leichtes Schaben bei noch halbtrockenem Zustand erzielt wird. Die Form de enghalsigen Henkelkruge mit eingekniffener Kleeblattmün­dung geht icher auf prO\·inzialrömi ehe Grundformen zurück. \ ir finden sie in CernjachoY und Galizien, anfang de Yierten Jahrhundert in Cngarn, am Ende de ,·ierten Jahrhunderts in Böhmen. Die er Gefäßt}~u gehört zu den icher .. en Zeugen ostgermanischer Kultur. In Verbindung mit dem ge chabten chräg ge­stellten Gittermuster ist er ein Kennzeichen der nach \XT esten wandernden \\' e t­goten. Gleiche Stücke aus Niederösterreich kenne ich nur noch aus Carnuntum, wo ich (Mat. z. Urgesch. ö., Band IV) vier Gefäße dieser Gattung nachweisen konnte.

Die zwei germanischen Gräber von Laa a. d. Thaya aus der Zeit 430 bis 440 erlauben uns wichtige stammeskundliehe Schlüsse. Während der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts liegt unser Land leider im Dunkel der Geschichtsschreibung, wir wissen nur, daß nach dem Sturze der Hunnen 451 die Rugier hier ansässig waren, deren Reich bereits 487 durch Odoaker zerstört wurde. Einen Ersatz für das Fehlen der literarischen Überlieferung bilden aber bereits die Bodenfunde. Diese zeigen deutlich, daß der ostgermanische Kulturstrom seine Ausstrahlungen ab 250 nach Mitteleuropa schickt, zuerst über Schlesien, Niederösterreich und Böhmen an die Eibe und weiter nach Skandinavien, im vierten Jahrhundert über Thüringen an den mittleren Rhein ( .Äberg, F. u. W., S. 32). Am Ende des vierten Jahrhunderts vermute ich einen Einfluß von der gotischen Kultur Ostgaliziens und der Ukraine über die Wandalen nach Mitteleuropa. Die Wanderung der Goten beginnt bald ach dem Hunneneinfall, denn der bekannte Goldfund von Wolfs­heim in Rheinhessen, der um 400 anzusetzen ist, muß einer Westgotin (Mainzer Zs. XVII/XIX, S. 73) oder im Anschluß an die literarischen Meldungen einer Alanin (Schumacher, III, S. 33) zugeschrieben werden. Aus derselben Zeit stammt aus Niederösterreich der Fund von Untersiebenbrunn. Daß dieser nicht den Ru­giern zuzuschreiben ist, wie L. Fra n z (RGK~ 1928, S. 142) meint, zeigt nun deut­lich der Unterschied der Keramik von Laa a. d. Thaya mit der Tonware aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts (aus Leopoldau-Wien, XXI.), also aus einer Zeit, für die das Rugiland literarisch belegt ist.

Das westgotische Kulturinventar Niederösterreichs aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts läßt sich nun ziemlich eindeutig bestimmen. Der Schmuck bestand aus dem Typus der Silberblechfibeln, Schnallen mit verdickter und quer

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abge chnittener Basis, Cabochontechnik und einfacher Zellenfassung; hinzu kom­men gewiß noch andere Leittypen (wie z. B. die Ohrringe usw.). Die westgotische Tonware i t charakterisiert durch den enghalsigen Krug und durch die Polier­und chabmu terung. Die. in ihr auftretenden bikonischen Näpfe (Schüsseln) und die G.ä- verzierung sind wahrscheinlich nicht typisch westgotisch.

Folgende Fundorte Niederösterreichs kommen für die Westgoten in Betracht. F zel unde oder solche, die heute als solche wegen des Fehlens von Grabungs-

er-i hten nur so zu werten sind, besitzen wir vom Oberleiserberg und von Pulkau. ~-\u Carnuntum sind fundberichtlieh gesichert die Funde aus dem Hause Q der Grabung von E. No wo t n y (BVC, 1908/1911, S. 120 bis 128 und S. 188 bis 192). Ferner konnte ich (Mat. z. Urgesch. Ö., IV.) in Carnuntum feststellen vier west­gotische Gefäße und zwei Fibeln. Gräberfunde besitzen wir aus Untersiebenbrunn, Baumgarten a. d. March und Laa a. d. Thaya. Leider fehlen noch rankenverzierte Gußformen der Blechfibeln und ihre Verbindung mit der zu ihnen gehörigen Keramik. Möglich ist aber immerhin, daß zu dieser Zeit bereits die Rugier in unserem Lande saßen .

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