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[email protected] 1 Nr. 4 | 17. Februar 2019 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sadhguru-Jaggi-Vasudev.jpg I N H A L T Blicke in das Geistesleben II Jaggi Vasudev Sadhguru S.1 Reto Andrea Savoldelli Generalversammlung 2019 Antrag Zur Klärung der Identität der Allgemeinen S.9 Anthroposophischen Gesellschaft Thomas Heck Kontroverse um die 5G-Technologie Anthroposophie und Technik S.11 Friedwart Husemann Öffentlicher Arbeitskreis Einladung zur Mitarbeit am «Dramatischen Kurs» S.12 Ursula Ostermai und Andreas Heertsch Ergänzung zu Nr.3/2019 Ursula Ostermai S.12 Blicke in das Geistesleben II Jaggi Vasudev Sadhguru Reto Andrea Savoldelli red. - Der innere Zusammenhang des Denkens von Jordan Peterson und der Philosophie der Freiheit Rudolf Steiners, auf den Reto Sa- voldelli in Teil 1 hingewiesen hat, wird in der englisch sprechenden Welt inzwischen bereits lebhaft wahrgenommen: https://www.youtube.com/watch?v=NLkehYGNIrk&feature=youtu.be&fbclid=IwA R39OkamXg72qWIKBVvTEPK74VjP5KA8OBmEXldfi0XLwrmAOzGiSfsZzIU Dass ich bereits vor mehreren Jahren auf den in Indien aufsteigenden Stern des Sadhguru Jaggi Vasudev auf- merksam wurde, ist meiner langen Aufmerksamkeit für buddhistisch-hinduistische Lehrer geschuldet. ("Sadhgu- ru=echter, wahrer, guter usw. Guru" wird entweder als ein beschreibender Fachausdruck oder als Ausdruck einer be- sonders wertschätzenden Schülerschaft verstanden.) - Nachdem die erste Welle der weltweit bekannten Vertreter des NeoHinduismus (Swami Vivekananda 1902, Rabindranath Tagore 1941, Sri Aurobindo 1950, Para- mahansa Yogananda 1951) im Westen verebbt war, tra- ten ab den 60-er Jahren Maharishi Mahesh Yogi 2008 (TM-Meditation und Lehrer der Beatles), Guru Maharaj-ji (alias Prem Rawat) geb.1957, Osho 1990 und Sathya Sai Baba 2011 weltweit auf. Zu den Anhängern von letzte- rem gehört etwa der venezulanische (noch) Präsident Nicolas Maduro oder Isaac Tigrett, Besitzer der Restau- rantkette Hard-Rock-Café, der sein ganzes Vermögen Sai Baba zur Verfügung gestellt hat. Aus den Reihen der klassischen, an Ort verweilenden oder nur zu Fuss ortverändernden Yogis und Saddhus wurden im Westen die Advaita-Lehrer Ramana Maharshi 1950 (eine zentrale Leitfigur für Ken Wilber) und sein Schüler Harivansh Lal Poonja (Papaji) 1997 (Lehrer des weltweit bekannten Jamaikaner Mooji, geb.1954) entdeckt und beliebt. Der berühmteste Vorfahre des Advaita (hin- duistische "Philosophie", die sich in die "Nicht-Dualität" von Geist und Kosmos vertieft) war der Philosoph und Yogi Shankara, der auf der Basis der von ihm kommen- tierten Upanishaden die hinduistische Philosophie begrün- dete und um 800 n.Chr. sein Viveka Chudamani ("Das E i n N a c h r i c h t e n b l a t t Nachrichten für Freunde der Anthroposophie und Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft 9. Jahrgang, Nr. 4 17. Februar 2019 Administration / Herausgabe Roland Tüscher, Kirsten Juel. Die Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren. © Alle Rechte vorbehalten.

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https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sadhguru-Jaggi-Vasudev.jpg

I N H A L T

Blicke in das Geistesleben II Jaggi Vasudev Sadhguru S.1 Reto Andrea Savoldelli

Generalversammlung 2019 Antrag Zur Klärung der Identität der Allgemeinen S.9 Anthroposophischen Gesellschaft Thomas Heck

Kontroverse um die 5G-Technologie Anthroposophie und Technik S.11 Friedwart Husemann

Öffentlicher Arbeitskreis Einladung zur Mitarbeit am «Dramatischen Kurs» S.12 Ursula Ostermai und Andreas Heertsch

Ergänzung zu Nr.3/2019 Ursula Ostermai S.12

Blicke in das Geistesleben II

Jaggi Vasudev Sadhguru

Reto Andrea Savoldelli

red. - Der innere Zusammenhang des Denkens von Jordan Peterson und der Philosophie der Freiheit Rudolf Steiners, auf den Reto Sa-voldelli in Teil 1 hingewiesen hat, wird in der englisch sprechenden Welt inzwischen bereits lebhaft wahrgenommen: https://www.youtube.com/watch?v=NLkehYGNIrk&feature=youtu.be&fbclid=IwAR39OkamXg72qWIKBVvTEPK74VjP5KA8OBmEXldfi0XLwrmAOzGiSfsZzIU

Dass ich bereits vor mehreren Jahren auf den in Indien aufsteigenden Stern des Sadhguru Jaggi Vasudev auf-merksam wurde, ist meiner langen Aufmerksamkeit für buddhistisch-hinduistische Lehrer geschuldet. ("Sadhgu-ru=echter, wahrer, guter usw. Guru" wird entweder als ein beschreibender Fachausdruck oder als Ausdruck einer be-sonders wertschätzenden Schülerschaft verstanden.) - Nachdem die erste Welle der weltweit bekannten Vertreter des NeoHinduismus (Swami Vivekananda 1902, Rabindranath Tagore 1941, Sri Aurobindo 1950, Para-mahansa Yogananda 1951) im Westen verebbt war, tra-ten ab den 60-er Jahren Maharishi Mahesh Yogi 2008 (TM-Meditation und Lehrer der Beatles), Guru Maharaj-ji (alias Prem Rawat) geb.1957, Osho 1990 und Sathya Sai Baba 2011 weltweit auf. Zu den Anhängern von letzte-rem gehört etwa der venezulanische (noch) Präsident Nicolas Maduro oder Isaac Tigrett, Besitzer der Restau-rantkette Hard-Rock-Café, der sein ganzes Vermögen Sai Baba zur Verfügung gestellt hat. Aus den Reihen der klassischen, an Ort verweilenden oder nur zu Fuss ortverändernden Yogis und Saddhus wurden im Westen die Advaita-Lehrer Ramana Maharshi

1950 (eine zentrale Leitfigur für Ken Wilber) und sein Schüler Harivansh Lal Poonja (Papaji) 1997 (Lehrer des weltweit bekannten Jamaikaner Mooji, geb.1954) entdeckt und beliebt. Der berühmteste Vorfahre des Advaita (hin-duistische "Philosophie", die sich in die "Nicht-Dualität" von Geist und Kosmos vertieft) war der Philosoph und Yogi Shankara, der auf der Basis der von ihm kommen-tierten Upanishaden die hinduistische Philosophie begrün-dete und um 800 n.Chr. sein Viveka Chudamani ("Das

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der Anthroposophischen Gesellschaft

9. Jahrgang, Nr. 4 17. Februar 2019 Administration / Herausgabe Roland Tüscher, Kirsten Juel. Die Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren. © Alle Rechte vorbehalten.

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Kleinod der Unterscheidung") schrieb. In ihm findet sich alles Erkennen und alle Kraft begrifflicher Distinktion al-lein in den Dienst des Nondualen, der absoluten Einheit gestellt, die mit folgenden Worten angesprochen werden kann: "Brahma Satyam Jagan Mithya Jivo Brahmaiva Na Aparah." ("Nur Brahman - das absolut Eine - ist wirklich. Die sinnliche Welt ist unwirklich. Und auch die Seele un-terscheidet sich nicht von Brahman.") Ende 1971 weilte ich zwei Monate in Nordindien, neben Reisen nach Dehli, Patna, Agra und Moussouri vorwiegend in einem Ashram am Ganges bei Hardwar, um über den seinen 14.Geburstag feiernden Guru Maharaj-ji einen Dokumentarfilm zu drehen. Maharaj-ji hatte zuvor auf seiner ersten Reise ins Ausland einige Tage in dem Bauernhaus im Toggenburg verbracht, das uns als Film-produktionstätte diente. In Maharaj-jis Weltbild gab es (später hat er den gesamten Inhalt seiner kindlichen Lehre verworfen) nur einen einzigen Menschheitsführer, der sich in globalen Krisenzeiten jeweils verkörpert, um seine ewiggleiche Lehre mit friedensstiftender Wirkung und zu-nehmender Wirkung dem Menschengeschlecht zu verkün-den. Gemäss seinen damaligen Aussagen betrachtete er sich als Erscheinung jenes Menschheitsführers, der sich auf Erden zuvor als Krishna, Buddha und Jesus Christus offenbart hatte. Obwohl ich Produzent jenes Filmes war, habe ich ihn nie gesehen. Mein Kameramann, ein glühender Maharaj-ji -Verehrer, entwendete das entwi-ckelte Material aus dem Zürcher Filmlabor und stellte da-mit unter dem Namen "The Lord of the Universe" in Amerika den ersten Propagandafilm für Maharaj-jis "Di-vine Light Mission" her.1 - Prem Rawat, wie Maharaj-ji sich heute nennt, ist ein erfolgreicher und materiell gut ausgestatteter Dauerflieger. Er besitzt mehrere Flugzeuge, die er alle selber fliegt (erhielt er doch bereits mit 16 Jah-ren seinen ersten Pilotenschein. In demselben Alter heira-tete er eine amerikanische Stewardess). Seine schwer ge-schützte Villa in Malibu ist die wohl luxuriöseste in jener ohnehin nicht ärmlichen Gegend. Er ist gern gesehener Gast von internationalen Organisationen und hat sowohl im UNO-Hauptsitz, wie in den Parlamenten der EU in Bruxelles, den Nationalparlamenten von Italien, Spanien und an zahlreichen bedeutenden Universitäten seine Lehre vom inneren Frieden verkündet.2 Um etwas - im Hinblick auf allgemein Bedeutsames - Persönliches einzuflechten: meine erfolgreiche Untersu-chung nach Wahrheit oder Lüge seiner auf dem Dach von Maharaj-jis Ashram beigewohnten Aussage bildete die Brücke zur meiner Begegnung mit Rudolf Steiner und sei-nem Christusverständnis. Das Problem entstand mit Maha-raj-jis ungeheuerlicher Antwort auf die Frage einer be-sorgten kalifornischen Anhängerin: "Guru Maharaj-ji, will

1 Zur Geschichte der Entwendung:

http://prem-rawat-bio.org/videos/stelladafalla.html. 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Prem_Rawat

you be crucified in this lifetime again?" - "No, no, don't you bother. This time everything will go O.k.!" 3 Zurück zu Sadhguru. Der mächtige Höhenflug seiner Mission, der denjenigen von Maharaj-ji weit übertrifft, ist hier nicht im Einzelnen darzustellen. Er geht aus den un-zähligen Videos auf YouTube und den einschlägigen Websites seiner Isha-Foundation hervor. Sadhguru pflegt enge Beziehung zu staatlichen Ministerien und besonders zum indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi. Beide arbeiten sie erfolgreich Hand in Hand an der nationalen Wiederbelebung des kulturellen indischen Selbstbewusst-seins, wozu erstmals auch grosse Anstrengungen im öko-logischen Bereich wie biologische Landwirtschaft, Wald-pflege und Flussnaturierung gehören. Die von Sadhguru angestossenen "Wald-Rallyies", die von den rund 9 Milli-onen freiwilligen Unterstützern der Isha-Foundation mit-getragen werden, verzeichneten erstaunliche Ergebnisse. So wurde beispielsweise im Sommer 2017 der eigene, ein Jahr zuvor für das Guiness Buch aufgestellte Rekord (50 Millionen Bäume in einem Tag) mit 66 Millionen Baum-pflanzungen in 12 Stunden gebrochen. Die Pflanzaktionen wurden durch den unermüdlich von Sadhguru dargestell-ten Zusammenhang zwischen der Wassermenge der Flüsse und der Anzahl in Ufergegenden lebender Bäume beglei-tet. Dies alles wird vom Zentrum der 1992 begründeten Isha-Foundation in der Nähe von Coimbatore (Südindien) aus organisiert. So auch das Schulprogramm, das die Ein-richtung moderner Schulen (mit Wert auf English und Computervertrautheit) in ländlichen Gegenden - inzwi-schen sieben Schulen mit 3000 Schülern - betreibt.4 - Ne-ben ihrem Zentrum in der Nähe von Coimbatore existieren bereits mehrere ausgebaute Filialen in der ganzen Welt. In den USA liegt ihr riesiges Grundstück auf dem Cumber-land Plateau im Bundesstaat Tennessee. Neben mehreren Hotels und Tempeln für Adi Yogi ("der erste Yogi", wo-mit nach Sadhguru Lord Shiva, der Lehrer der sieben hei-ligen Rishis gemeint ist) befindet sich dort auch die gröss-te Meditationshalle in der westlichen Welt mit einer Grundfläche von 12 Tsd. Quadratmetern. Sehr beliebt sind die Yoga-Kinderprogramme (für unter sieben Jährige ist die Unterbringung kostenlos).5 - Im weiteren steht Sad-hguru mit vielen Berühmtheiten des indischen Bollywood in enger Beziehung und wird zu zahlreichen TV-Shows und Talkrunden eingeladen. - Erstaunliche Erfolge ver-zeichnet er ebenfalls an berühmten Universitäten wie Stanford (2016 im Gespräch mit dem Neurowissenschaft-

3 "Maharaj-ji, wirst Du in diesem Leben wieder gekreuzigt werden?" - "Nein,

nein, keine Sorge, diesmal wird es klappen." - Näheres dazu in R.A.Savol-delli, Westliche Reinkarnationserkenntnis und östlicher Okkultismus (1995). https://store13098627.ecwid.com/R-A-Savoldelli-Westliche-Reinkarnationserkenntnis-und-%C3%B6stlicher-Okkultismus-1995-p101881095

4 https://en.wikipedia.org/wiki/Isha_Foundation 5 Siehe den Überblick über die Isha-Zentren:

https://isha.sadhguru.org/us/en/center

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ler David Eagleman)6 oder 2018 in der Aula der Harvard-Universität, wo er sich mit den lokalen Grössen ihres Fachs über Gedächtnis, Bewusstsein und Anästhesie un-terhielt.7 Eine besonders zukunftsrelevante Initiative ergriff er mit Youth and Truth ("Jugend und Wahrheit"), einer noch andauernden Tournee an zahlreiche indische Hochschulen. Er startete die Tournee aufgrund der immer wieder an ihn gerichteten Bemerkung: "Wo waren sie vor 20, 30 Jahren, als ich jung war? Ich hätte vieles anders gemacht. Sie ka-men zu spät." - An den Zusammenkünften in vollen Sälen sind nur Studierende unter 25 Jahren zugelassen. Drei ih-rer Vertreter sitzen auf der Bühne und bringen die zuvor von ihnen gesammelten Fragen vor oder moderieren, wenn es nötig sein sollte. Die Fragen decken das ganze Spekt-rum des studentischen Interessens ab (vom vorehelichen Sex zur Planung der Karriere, von Auseinandersetzungen mit den Eltern in Fragen des Studienfachs zur besten Stra-tegie der Prüfungsvorbereitung bis hin zur Frage, ob Mas-turbation der spirituellen Entwicklung schädlich sei). Sei-ne Antworten errichten einen starken Schutzwall gegen den aus dem Westen einströmenden, "aufklärerischen" Agnostizismus und der bekannten Verhaltenskonditionie-rung zum angepassten Mainstream-Bürger, so wie wir ihn alle kennen. Was er dabei als praktische Psychologie und Einsicht des gesunden Menschenverstandes entwickelt, kommt oft einer Revolution der PISA-Credibility und ei-ner umwerfend komischen und daher wirkungsvollen Kri-tik des formalen Intellektualismus gleich. Von den zahl-reichen Dokumentationen seiner Youth and Truth-Veranstaltungen kann man beispielsweise diejenige im Mount-Carmel College in Bengaluru mit drei jungen Frauen ansehen.8 - Oder im Disput mit drei jungen Män-nern über Rama und Sita und ihrer "aktualisierten" Inter-pretation der klassischen Mahabaratha-Erzählung.9 - Die tiefgreifende Resonanz seiner Ideen und Äusserungen bei den in den staatlichen Ministerien Verantwortlichen führte auch auf diesem Gebiet dazu, dass Sadhguru zur Ausge-staltung der pädagogischen Leitideen des Landes mitver-antwortlich herangezogen wurde. Nun zum Konkreten, ich meine zur weltanschauli-chen Grundlage der durch Sadhguru angestossenen Be-wusstseinsveränderung, insofern darüber allgemeine Be-merkungen, die nicht banal bleiben, möglich sind. - Ein erstes, was ich von Sadhguru erfuhr, war, dass er gegen-über dem "Denken" eine andere Einschätzung vornimmt als die meisten seiner bekannten Vorläufer. Wenn Maha-

6 Die gut gemeinte Absicht, die Links auf fünf zu beschränken, erwies sich

als undurchführbar. Somit der Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=aaCTs8oeAh8&t=995s&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=29

7 Siehe das Video: https://www.youtube.com/watch?v=TSav7oykPhg&t=0s&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=33

8 Video https://www.youtube.com/watch?v=rDjOjaXxIIY 9 Video https://www.youtube.com/watch?v=TFMSaoL5LXU&t=283s

raj-ji etwa seine Anhänger noch zu "Give me your mind and I'll give you peace" aufforderte (etwa "übergibt mir eure Verstandestätigkeit im Tausch gegen den Frieden, den ich euch vermittle"), so kritisiert Sadhguru den Wunsch, die Verstandesvorstellungen loswerden zu wol-len, als absurd. Die Tatsache, dass uns das Gehirn als das evolutiv jüngste Organ Probleme verursacht, kann nicht dadurch aus der Welt geschafft werden, dass man auf das Gehirn verzichten will. In einer diesbezüglich hörenswer-ten Erläuterung10 verwendet er das Bild des mit hohem Stresspegel im Verkehrsstau steckenden Menschen und des Anblicks, den man auf dieselbe Situation vom Stand-punkt eines einige Hundert Meter darüber schwebenden Ballons werfen kann. Es kommt ihm zufolge darauf an, durch blosse Aufmerksamkeit eine Distanz zur Ebene ein-treten zu lassen, in der sich die Verstandestätigkeit und die damit verbundene, emotionale Fehlidentifikation mit ihr abspielt. Das macht zunächst mehr Sinn als die in sich wider-sprüchliche Lehre der Advaita-Lehrer, die ein kunstvolles Geflecht von Begriffen verwenden, die, scharf ins Auge gefasst, einen dazu befähigen sollen, sich auf sie einzulas-sen unterlassen zu können. So soll gerade der tief erlebte Gedankengang im Satsang eines Gurus die Erfahrung der begriffsfreien, reinen Leere nach sich ziehen, die nichts anderes mehr enthalten soll als das, was Mooji, to witness of whatever it is-ness ("das Bezeugen des reinen - was auch immer es ist - Seins") nennt. - Die Befähigung zum Verwenden des Vorstellens für einen darüber liegenden Zweck ist die Grundlage für seine Initiativen auf land- und forstwirtschaftlichem, pädagogischem, architektonisch-bildhauerischem und gesamtkünstlerisch-politischem Ge-biet, wie sie von der Isha-Foundation ausstrahlen und von seinen Yogi-Vorläufern als ins Unwesentliche ablenkend vernachlässigt wurden. (Einschränkend ausgenommen ist die über Jahrzehnte ebenfalls im indischen Bundesstaat Tamil Nadu gewachsene Stadt von Auroville, gestiftet von Sri Aurobindo und seiner Gefährtin). Sadhguru fertigt da-bei die konzeptuellen Vorgaben und Entwurfsskizzen an, worauf sich meist in kurzer Zeit und ganz mühelos die ge-eigneten Menschen finden, welche für die Realisierung besorgt sind. Nach jahrelanger Vorbereitung (Sadhguru zufolge in drei vorangegangenen Leben) wurde Ende Januar 1999 das Kuppeldach des zentralen ersten Tempels der Isha-Foundation über dem Dhyanalinga geschlossen. Ein Vi-deo dokumentiert den Bau und die Konsekration dieser mit einem magischen Potential verbundenen "Meditati-onsmaschine", wie das Dhyanalinga auch genannt wird.11 - Sadhguru baute ihn am Fuss der heiligen Velliangiri-Mountains, wo sich das ausgedehnte Gelände der Isha- 10 Siehe das Video "Wie kann man das Geplapper seiner Gedanken stop-

pen?" https://www.youtube.com/watch?v=5rGA_C2EHcc 11 Video "Dhyanalinga - the making":

https://www.youtube.com/watch?v=e1a0GTUgDkw

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Foundation befindet. Dhyanalinga wird als Darstellung des ätherischen Energiekörpers von Shiva bezeichnet, das heisst als hohe Manifestation der Pranaenergie. An seinem Sockel erblickt der Meditierende Schlangen. Sadhguru pflegte zeitlebens eine besondere Beziehung zur Nagula, zur Königskobra, was in mehreren Videos dokumentiert wird, in denen er ihre aussergewöhnliche Sensibilität für alles, was sich auf der Erde zuträgt, erläutert. Sein beson-deres Interesse galt in den Jahren, in denen er sich vor-nehmlich in Wäldern aufhielt, dem weisheitsvollen Ver-halten vor ihrem Tode. - Wenn Sadhguru nach der Bedeu-tung und der Technik von Segnungen, Weihungen und Einweihungen von Räumen und Gebäuden gefragt wird, stellt man sein grosses Wissen um die Spiritualisierung und Verwandlung von Substanzen fest. Das zur sinnlichen Erscheinung Bringen spiritueller Inhalte ist für ihn ein starker Antrieb. Seiner eigenen Beteuerung nach strebt er am wenigsten nach "Friede" oder einem "festen Glauben". Geradezu empört äussert er sich über den Umstand, dass indische Lehrer (wie Guru Maharaj-ji) mit einer Friedens-botschaft auf Tournee gehen und dies als spirituellen Weg verkaufen. Sadhguru dazu: "Frieden ist etwas für Leute, die unzweckmässig ihren eigenen Verstand gefoltert haben und nun ein grosses Bedürfnis nach Frieden entwickeln. Dazu braucht es keiner geistigen Schulung. Es reicht ein Glas Wein, ein voller Bauch und ein friedlicher Schlaf. Oder du wartest einfach, bis du ruhest in Frieden. Frieden ist für Tote." 12 - Und religiöse Gläubigkeit suchen dieje-nigen, die zu feige sind, festzustellen, ob sie etwas wissen oder nicht. Wer vom Glauben das Bewusstsein seines Nichtwissens einschläfern lässt, unterdrückt auch den Er-kenntnistrieb. Er fürchtet sich vor dem Erringen der Wahrheit. Der die Meditation (nicht gleichbedeutend mit Er-kenntnis) verstärkende Aufenthalt in den von Sadhguru gebauten Meditationshallen fusst auf der Tradition aller Yogis, sich die meiste Zeit über in ihrem Meditationsraum aufzuhalten. Viele von ihnen tun dies in Bergeshöhlen o-der in einem grossen Baum und bauen dabei darin eine Art Akkumulator für das Exkarnationspotential auf.13 - Sad-hguru erzählt so: einer der sieben heiligen Rishis, Yogi Sunira, hatte das Begehren, einen perfekten Energiekörper aufzubauen. Der heisse Wunsch nach einem mit dem Kosmos in seinen mathematisch-geometrischen Verhält-nissen übereinstimmenden Körper war entstanden, nach-dem sich Shiva von der Erde und seinen Schülern zurück-

12 Siehe das Video "About Mahima Consecration":

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1458&v=28BhWt-N9u4 13 So der 15-Jährige Nepalese, der ein Jahr lang ohne sich zu bewegen, zu es-

sen oder zu trinken, in einem Baum meditierte und dabei eine immer grös-ser werdende Menschenmenge anzog, bis er eines Nachts verschwunden war. Jeder Mensch, der leibfrei existiert, geniesst für einen Hindu religiöse Verehrung. Es gibt keine höhere Manifestation göttlicher Allmacht als ihn. Daher ist die Übertragung der Bezeichnung "Personenkult", wie sie mit den Stars des westlichen Musikbusiness betrieben wird, auf die indische Guru-Verehrung meist unzutreffend. Siehe dazu das Video "Nepal: little Bud-dha": https://www.youtube.com/watch?v=eDho1Y8MekE

gezogen hatte, was um 15 Tausend Jahre v.Chr. der Fall war. Sunira konnte sein Projekt nicht zu Ende führen, doch er prophezeite, dass dies nach dem Ende des Ka-liYuga im Süden Indiens möglich sein würde. Davon be-kamen die Theosophen Wind. Sadhguru weist darauf hin, dass Blavatsky, Leadbeater und Besant zum ersten Mal in der Neuzeit das Projekt Suniras wiederum aufgegriffen hatten. Sie verfügten über ein beträchtliches esoterisches Wissen, jedoch nicht über die notwendigen Fähigkeiten, die nötig gewesen wären. So erklärten sie voreilig, das perfekte Wesen gefunden zu haben, was sich als Fiasko erweisen sollte. Mit seinem Verweis auf den Star of the East, den Leadbeater bekanntlich in dem von ihm "ent-deckten" Knaben Jiddu Krishnamurti gefunden zu haben glaubte, berührt Sadhgurus "Meditations-Maschine" auch die Biographie Rudolf Steiners. Soweit mir bekannt ist, hat er ihn namentlich nirgends genannt.14 Eine bedeutende Zwischenstufe auf dem Weg der Realisierung des Dhyanalinga bildete das Leben und Werk von Sadhguru Shri Brahma, von dem Sadhguru wie von seiner früheren Inkarnation spricht.15 - Eine in der energe-tischen "Technologie" des Kundalini erfahrene Persön-lichkeit, dem sein Vorhaben, trotz seiner bedeutenden spi-rituellen Fähigkeit, auch nicht gelang. Vor etwa acht Jahr-zehnten beging Shri Brahma Mahasamadhi , d.h. dass er seinen Körper in der Meditation vollbewusst und endgül-tig verliess. Dies trug sich auf dem Gipfel des Velliangiri-Berges zu, an dessen Fuss heute die Isha-Foundation ihren Sitz hat. Der Grund für das damalige Misslingen lag, wie-der Sadhguru zufolge, in seiner fehlenden sozialen Fähig-keit. Diese musste sich der gegenwärtige Sadhguru gründ-lich anerziehen, da die demokratischen Verhältnisse den Nichtwissenden eine grosse Macht verschaffen würden, welche nicht anders als mit "Sozialkompetenz" zu besie-gen sei. Wenn er Dummheit vernehme, so begegne er ihr mit grossem Respekt. So Sadhguru. Shri Brahma sei hin-gegen der Ignoranz nur mit Abscheu, Provokation oder Missachtung begegnet. In diesem Zusammenhang muss der Tod von Vijjji, seiner damals 33-jährigen Ehefrau und Mutter seiner sie-benjährigen Tochter Radhe Vasudev erwähnt werden. Letztere, die heute als klassische indische Tänzerin arbei-tet, schickte ihr Vater in eine von Krishnamurti begründe-te Schule. Zusammen mit einer weiteren Schülerin war Vijjji zentral in die Vorbereitung des Dhyanalinga einge-bunden. ngslosen

Als Vijjji nun während einer von ihr vorhergesagten Vollmondnacht während einer von Sadhguru geleiteten Meditation den Körper ohne Schmerzen und daher ohne diesen zu schädi-gen verliess (diese auch heute noch in Indien vereinzelt durchgeführte Praxis nennt sich wie erwähnt "Mahasa-

14 https://www.youtube.com/watch?v=_Tt9BNmhceA&pbjreload=10 15 https://isha.sadhguru.org/in/en/sadhguru/mystic/sadhguru-shree-brahma

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madhi", deren Unterscheidung zum Selbstmord eindeutig definiert wird). Der unerwartete Tod verzögerte die Ein-weihung des Dhyanalinga um zwei Jahre, in denen Sad-hguru schwer erkrankte.16 - Anschaulich erzählt er davon in einer Talkshow mit Anupam Kher, einem jedem Be-wohner Indiens aus über 500 Filmen bekannten Schau-spieler.17 - Bei derselben Gelegenheit sprach er auch über seine eigene Auffälligkeit als Schulkind und seine erste ausserleibliche Erfahrung auf Chamundi Hill, Mysore, wo Jaggi Vasudev aufwuchs.18 - Daraufhin beendete er eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit und verabschiedete sich mit seinem Motorrad für eine längere Zeit in die Waldge-biete Indiens, um, auch des nachts zu Fuss in völliger Dunkelheit unterwegs, das immer stärker werdende aus-serleibliche Erfahren zu schützen. Als er sich einmal zur Meditation niederliess, wurde er von Stimmengewirr und Gesängen aus seiner tiefen Versenkung gerissen. Allmäh-lich gewahrte er eine Ansammlung von Menschen um sich. Einige küssten ihm die Füsse, andere hatten ihm Blumenkränze umgehängt, einige sangen heilige Ver-se, andere befragten ihn um das richtige Datum für eine Hochzeit usw. - In In-dien ergeht es fortgeschrit-tenen Yogis seit urlanger Zeit ähnlich. Ihm wurde mit heissen Waschungen und Massagen geholfen, seine Oberschenkel und Knie wieder bewegen zu können. Es hatte sich her-ausgestellt, dass er sich, ohne sich zu rühren, dreizehn Tage lang an jenem Ort auf-gehalten hatte. In Verehrung von Adi Yogi (dem ersten Yogi, der sein grosses Wissen an die Saptarishis, die sieben heiligen Rishis der Urzeit weitergab und in dem Sadhguru den 15 Tsd. v.Chr. in Indien wirkenden Shiva erblickt) liess er 2017 eine 35 Meter hohe Kopfbüste nach seinem Modell errichten. Premierminister Modi enthüllte die Statue, und Sadhguru erläuterte seine Intention, Yoga zum Zentrum der nach In-nen gerichteten neuen Wissenschaften zu machen, die er "Inner Engineering" nennt.19 - Seitdem führt Sadhguru vor der riesigen Büste sakramentale Verrichtungen durch und

16 Sadhguru zum Tod von Vijjji, seiner Ehefrau:

https://isha.sadhguru.org/ca/en/sadhguru/man/vijji 17 Video zum Tod seiner Frau:

https://www.youtube.com/watch?v=YFlPvKM_qYo&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=47

18 Video zu Kindheit und erste ausserleibliche Erfahrungen (ab 56:00) https://www.youtube.com/watch?v=eIv2fpJ8Q8s&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=10&t=4030s

19 Video "Die grösste Büste: Guiness Rekord". https://www.youtube.com/watch?time_continue=118&v=1bU8eNjrdP4

leitet für die versammelten Tausendschaften Yogaübungen an. Die dabei auftretende suggestive Wirkung erschwert die wache Beobachtungsverfassung seiner Anhänger recht ungebührlich, trotzdem er betont, dass es um Wissenschaft und nicht um Religion oder um die Begründung eines neuen Aberglaubens gehe.

Sadhguru selbst ist im Übrigen leidenschaftlicher Motorradfahrer, Hubschrauberpilot, Koch, Golfer, Volley-ball- und Frisbeespieler und ist sich für kein Riverrafting und keinen Tauchgang zu gut. Auch seine Sammlung an Anzügen, Stoffen, Schals und Turbans in auserlesenen Textilien, in die er sich jeweils für die Lehrbühne des mystic Yogi kleidet, ist einzigartig. An anderen Orten, et-wa beim Trekking in Nepal oder in der Hochschule für Design, ist sein Outfit zweckmässig modern.

Wenn man seinen Beantwortungen aller nur denkba-ren Fragen auf unzähligen Videos zuhört, wird man einer selbständigen Wiedergeburt alter indischer Lebenspraxis

und ihrer volkstherapeuti-schen Empfehlungen ge-wahr, die alle auf das ini-tiatorische Ziel ausgerich-tet sind. Für sein Land stellt sie einen bedeuten-den kulturellen Impuls dar, das sich ohnehin seit der Präsidentschaft Modis in einem nationalen Auf-schwung befindet. Mit ihr ist eine umfassende Kenntnis der Äthergeo-graphie Indiens, seiner

Tempelstrukturen und der Mythen seiner unzähligen Gott-heiten verbunden. Er hält dem indischen Publikum die adaptierten Verhaltens- und Denkformen aus der engli-schen Kolonialzeit vor, denen er die Anschauungen der indischen Kulturtradition entgegen hält (die oft Empfeh-lungen aus dem anthroposophischen Umfeld entsprechen könnten). Er hat Anglistik studiert und nutzt die englische Sprache, die ihm den Zugang zur Welt gewährt, in elo-quenter Form. Als nativer Sprecher des südindischen Tegi-lu ist ihm bereits der Hindi sprechende Volksgenosse un-verständlich. Rudolf Steiner erachtete es als zukünftige Kulturauf-gabe, die alten Initiationswege in veränderter Bewusst-seinslage wieder zu entdecken. Im Wissen von Sadhguru liegt eine kraftvoll reanimierte Wiedergeburt von Lehren vor, die in die erste nachatlantische Kulturepoche zurück führen. Sie schloss mit dem Tod Krishnas ca. 3200 v.Chr. ab, worauf das geistig in die geistige Dunkelheit führende KaliYuga einsetzte, das um 1900 n.Chr. endete. Seine Be-schreibungen der materialistisch-naturwissenschaftlich verengten Bewusstseinszustände enthalten viele zutreffen-de Charakterisierungen der eingetretenen Verzerrungen eines gesunden Denkens, das sich in vielen seiner sozial-

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pädagogischen und psychotherapeutischen Erwägungen lapidar Geltung verschafft. Etwa, wenn er zur Frage sexu-eller Freizügigkeit20, zum Alkoholkonsum und anderen Drogen21 oder zum Phänomen zunehmender Depressions-krankheiten befragt wird22. Was diesen Punkt betrifft, so lautet seine Vorhersage, dass, wenn die Praxis eines er-neuerten Yogas nicht aufgegriffen wird, in fünfzig Jahren 80 bis 90% aller Menschen allein mit regelmässigen, che-misch-medikamentösen "Beigaben" ihr Leben fristen kön-nen. Abschliessend richte ich den Blick auf ein zentrales Manko seiner Idee des die Befreiung des Einzelnen betref-fenden Evolutionszieles. Es ist für eine beträchtliche Stö-rung der geistigen Entwicklung seiner im christlichen Kul-turraum lebenden Schüler verantwortlich, auch wenn sie zunächst mit einer Steigerung des persönlichen Wohlbe-findens verbunden sein mag. Auf dem Gebiet indisch-völkischer Kultur und seiner Tradition des harmonischen Zusammenwirkens physischer, ätherischer (meist "energe-tisch" genannt), mentaler und emotionaler Faktoren wird sein eschatologischer Irrtum zunächst nicht schwerwie-gend stören. Ich wiederhole mich gern: es gibt bei Sadhgu-ru Vieles von demjenigen zu lernen, was auch durch-schnittlich gebildete Anthroposophen im Unbewussten lassen. Sadhguru wird wohl kaum eine andere Frage in Eu-ropa und Amerika öfters gehört haben als diejenige zu sei-nem Verständnis des Jesus Christus. Dennoch gibt es diesbezüglich auffallend wenige Antworten, die sich do-kumentiert finden, was die damit verbundene Schwierig-keit zum Ausdruck bringt. Auch wenn er bei dieser Frage nicht so leichtsinnig ist wie der junge Maharaj-ji, die Kreuzigung auf Golgotha gilt für beide als ein schlechter Tod. Dennoch, der Star der Christen wird zu den vereh-rungswürdigen Avataren gerechnet, welche umfassend in die Wissenschaft der spirituellen Welt eingeweiht sind. Der Grund für seine Verehrung des Jesus Christus liegt, wie Sadhguru wiederholt unterstreicht, nicht in seinem Tod. Er wird nicht deshalb verehrt, weil er gekreuzigt wurde, sondern seines Verhaltens wegen, das er in jener karmisch belasteten Situation seinen Peinigern gegenüber eingenommen hat. - "Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun." Und: "Wer dir auf die eine Wange schlägt, dem halte auch die andere hin." - Aussprüche wie diese enthalten für Sadhguru den Erweis, dass Jesus zu den rea-lisierten Meistern zählt. Bei anderen Gelegenheiten tönen gewisse Abstriche durch. Das Wirken des Jesus Christus sei "etwas einsei-tig", weil es ausschliesslich auf Devotion ausgerichtet ge-

20https://www.youtube.com/watch?v=kSdvGInI9DE&list=PLU9vnYwLV17

awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=25&t=336s 21 Video "On Smoking Marijuana".

https://www.youtube.com/watch?v=yCpYEsAKnEM 22 Video "Insight into Depression".

https://www.youtube.com/watch?v=hzvT0vy5cjE&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&index=7&t=3s

wesen sei, auf seine eigene Ergebenheit in den Willen des Vaters und auf der seiner Nachfolger in ihn. Wenn auch die rückhaltlose Ergebenheit zur zentralen Tugend des Schülers des Yoga gehört, so ist sie, wenn man etwa auf das Leben und die Lehre Krishnas schaut, nur eine Er-scheinungsform des erwachten Bewusstseins unter ande-ren. Auch Krishna wurde nach dem Leben getrachtet. Doch nicht wegen seiner Lehre, sondern aus politisch mi-litärischen Gründen, war er doch auch ein überragender Staatsmann und Krieger, der keine Minute zögerte, wenn es galt, sich selbst zu opfern. Seine Lehre sei derjenigen des Jesus Christus überaus verwandt, betont Sadhguru. Etwa wenn er im 12. Kapitel der Bhagavad-Gita sagt: "Wer gegen kein Wesen übel gesinnt ist und wer Mitleid hat, wer frei ist von Egoismus und Selbstsucht, gleichmü-

ich." - Bei diesem einschränkenden Argument blendet Sa-dhguru die entsprechenden Aussprüche der Evangelien aus, die Jesus als - wenn auch nicht physischen ("wer das Schwert ergreift, wird durch das Schwert umkommen") - so doch als geistigen Krieger offenbaren. Dazu bedenke man sein Vertreiben der Händler aus dem Tempel oder den in Matthäus 10,34 enthaltenen Ausspruch: "Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das

Da Sadhguru die Christustat, das Opfer der göttlichen Wesenheit in der Vereinigung mit dem Leben und Sterben des Jesus von Nazareth nicht versteht, lässt ihn dies zu ei-nem überflüssig entschuldigenden Verweis auf die er-schwerte soziale Umgebung des jüdischen Kulturkreises greifen, worin sich Jesus als überragend Eingeweihter be-fand.23 - Für jemanden, der in indischer Spiritualiltät so-zialisiert wurde, muss es bedrückend, ja geradezu unver-ständlich scheinen, dass die Äusserung, Gottes Sohn zu sein, die Todesstrafe nach sich ziehen kann. Gab es doch auf indischem Boden im Verlauf der Jahrtausende unzäh-lige Menschen, die gerade als solche betrachtet und von den Schülern des Yoga mit inbrünstiger Verehrung an den entlegenen Orten ihres Wirkens aufgesucht wurden. Wenn Sadhguru über Reinkarnation spricht, ge-schieht dies selten und dann meist in warnender Betonung. Viel zu viele würden sich aus nichtigen Gründen für nich-tige Einzelheiten früherer Leben interessieren, wodurch der Verstand mit ihrer Phantasie durchbrennen und der Yogaweg verlassen würde. Auch Rudolf Steiner bezeich-nete die vorstellungsmässige Beschäftigung mit der Wie-derverkörperungstatsache, besonders wenn das Spekulie-ren bei jüngeren Menschen auftritt, als seelisch-geistige "Pest"24. 23 Video "Jesus Christ | Superstar":

https://www.youtube.com/watch?v=7xjcPISa5Y0&index=38&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G

24 Dies ist ein interaktives Medium. Ich bin sicher, diese Äusserung vor vie-len Jahren gelesen zu haben. Ich vermute im Zusammenhang mit den Ju-gendzusammenkünften in Breslau 1924. Zur Zeit kann ich die Quelle nicht finden. Wer mir in diesem Punkt helfen kann, verwende [email protected]

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Laut Sadhguru liegt die Bedeutung der Reinkarnati-onsstruktur in der Funktion, für die unteren Wesensglieder als diese in der Sinneswelt zusammenhaltenden" Zement" zu wirken. Die Zusammenballung der verkörperten Leib-lichkeit überträgt ihre Wirkung auch auf die höheren, nicht an die mineralisch-physische Erscheinung gebundenen Wesensglieder. Das oberste, völlig leibfreie Wesensglied - im Kern eine betreffende Bewusstseinsverfassung - wird anandamaya genannt ("bliss-body", Körper der Glückse-ligkeit), der als solcher formlos, weil zur restlosen Verei-nigung mit dem geistigen Kosmos fähig sei. "Anandama-ya" behält eine seinem Wesen nicht entsprechende Gestalt durch die Verbindung mit der wirksamen Reinkarnations-struktur der unteren Glieder. Sadhguru kann daher sagen: "There is no such thing as your soul" (So etwas wie eine Seele gibt es nicht).25 - Diese Aussage kann durch Aus-sprüche Rudolf Steiners weder kritisiert noch bestätigt werden. Ihre Beurteilung ist nur im Licht einer individuel-len Evolutionsidee möglich. Und eine solche fehlt sowohl dem Hinduismus wie dem NeoBuddhismus. Davon abge-sehen sollte die Überwindung der Vorstellung einer "per-sönlichen Seele" nichts Anrüchiges sein. Auch wenn es sich bei der fehlenden Grösse um die "individuelle Seele" oder gar um das von Anhängern Rudolf Steiners hochge-handelte "Ich" handeln sollte, - der Einspruch bliebe abs-trakt, wenn der Kritiker nicht aus der eigenen Erfahrung der von ihm beanspruchten unzerstörbaren Individualität zu sprechen vermag, sondern mit dem Anspruch der Un-vergänglichkeit des "Ich" allein die Schicht seiner trügeri-schen Selbstbezüglichkeit offenbaren würde, die es ja auf-zulösen und zu überwinden gilt. Wenn man untersucht, wie die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners das "wahre Ich" beschreibt, das erst er-kannt werden kann, wenn zuvor die Seele "sich vor einen geistigen Abgrund stellt und an demselben den Willensim-puls fasst, ihr Wollen, Fühlen und Denken zu vergessen" 26 und daraufhin das "wahre Ich" von dem Verlöschen der Egoität, das Sadhguru als die höchste Erfahrung postuliert, unterscheiden will, so ist es zweckgemäss, sich Folgendes vor Augen zu führen: Zunächst gilt die Beschränkung für jedes natürliche Geschöpf, da in der unvermeidbaren Selbstbezüglichkeit die schaffenden Faktoren, wodurch es erschaffen wurde, ausgeblendet werden. Doch wenn die Erfahrung eintritt, dass mit dem "Ich" und dem "Ich-Bewusstsein" die Ausarbeitung eines geistigen Planes vor-liegt, dass in ihnen ein göttlicher Gedanke zum Ausdruck kommt, so verliert das Entwicklungsziel, das so designt ist, dass die geistige Entwicklung des Menschen auf die Erkenntnis seiner eigenen Inexistenz hinausläuft, jegliche Sinnhaftigkeit. Ebensowenig würde es Sinn machen, den "karmischen Zement" zu lockern, der laut Sadhguru not-

25 Video: "There is not such thing as your soul".

https://www.youtube.com/watch?v=BlzXhiQa4mk&index=40&list=PLU9vnYwLV17awPSxhD1_yBouxW8t-B09G&t=0s

26 R. Steiner, von dem wahren Ich des Menschen in "Die Schwelle zur geis-tigen Welt". GA 17

wendig zu sein scheint, um auch den sich seines "Bliss-Körpers" bewussten Yogi am Leben zu erhalten. Wenn da-raufhin gesagt wird, dass das Karma nur insofern "in Ord-nung gebracht werden soll" (dies die Forderung Rudolf Steiners), damit der geistige Entwicklungsprozess voran-getrieben werden kann (man sich in hinduistischer Sicht von der Notwendigkeit zu weiteren irdischen Verkörpe-rungen zu befreien vermag), so muss man auch beantwor-ten, warum in dieser höchsten Form der allgemeinen Ver-bundenheit mit allen fühlenden Wesen die Sozialität, die sich im Sinnlichirdischen bewährende Hilfestellung keine Rolle mehr spielen soll, sobald der noch immer "sehr indi-viduell" wirksame Trieb sich geltend macht, nichts ande-res als den Zustand des "Witness of whatever it Is-ness" (Mooji) einzunehmen. Rudolf Steiner hat diese Frage am Ende seiner Schrift in Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? bei der Begegnung mit dem grossen Hüter der Schwelle be-antwortet. Wenn die Entwicklung darin liegen würde, den Reexkarnationsprozess so zu verstärken, dass durch ihn die Individualisierung des Geistes im denkenden Men-schen aufgehoben, weil einzig dem Bestreben folgen wür-de, den ursprünglich vorindividualisierten Zustand zu re-animieren, so wäre auch die Entwicklung ein hochgradig illusionäres Konzept. Es wäre im weiteren unverständlich, warum Yoga so grossen Wert auf die Beschleunigung ei-ner ohnehin zwingenden Auflösung geistiger Individuali-tät anstrebt. Auch Brahman, das im Beginn und zuletzt einzig Wirkliche sähe sich vor zwei Unmöglichkeiten ge-stellt. Er vermöchte aus seinem ebenso formleeren wie allmächtigen Gotteswesen keine Weltwesen entstehen zu lassen, wenn der ihnen als Ziel ihres Werdens Nichts als die erfolgreiche Auflösung in der universellen Formlosig-keit einpflanzen könnte. So müsste sich der schöpferische Brahman sich eines sinnvollen Welt-Erschaffens enthal-ten. Damit müsste er sich auch des göttlichen Selbstbe-wusstseins entschlagen, da er in der ewigen Harmonie o-der im ewigen Chaos (beides wäre dasselbe), an sein ver-borgenes und unerkanntes, an keinem anderen Bewusstein reflektiertes Selbsterkennen verloren ginge. Kommt es nicht einem blasphemischen Unsinn gleich, sowohl die Allmacht Gottes als unnötig wie seine Allweisheit als überflüssig zu erklären, wenn es nichts Bleibendes zu er-schaffen und nichts Wirkliches weisheitsvoll zu koordinie-ren gilt? Sowohl die biblische Genugtuung Gottes nach der Erschaffung der Welt ("Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.") wie auch die Aussage des Schreibers der Genesis: "Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn" (Moses 1,27) müsste mitsamt der Leugnung geistiger In-dividualität zurückgewiesen werden. Ich denke an dieser Stelle an meinen Freund, den Priester in der Christengemeinschaft Berthold Wulf27, der einige Gemeindemitglieder begleitete, als sie in Südindien

27 http://bertholdwulf.ch/werk.html

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Sai Baba besuchten. Während der Reise beschäftigte er sich unablässig mit den Mantren der ersten Klasse der Hochschule Rudolf Steiners, die ihm alle neunzehn aus-wendig zur Verfügung standen. (Er äusserte sich in diesem Sinn und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.) Ob-wohl er sich ganz hinten in die Menge stellte, rief ihn Sai Baba zu sich und materialisierte für ihn "aus der Luft" Vibhuti (heilige Asche), die er noch lange in der Tasche mit sich herum trug28. Nach diesem Erstkontakt wurde er von dem Yogi hinter der Bühne in sein Zelt gebeten, was für seine Jünger einer ehrenvollen Bevorzugung gleich-kam. Sai Baba erklärte ihm, wie er meditieren soll. Und Wulf antwortete ihm: "Ich verstehe, was Sie sagen. Das nennt man in meiner Heimat dösen." Mit dem, was herablassend klingen mag, sprach Wulf den Unterschied an, der zwischen dem Ruhen in der blos-sen Betrachtung der in sich zurückgestauten Denkkraft und dem in Gang gesetzten Rhythmus zwischen dem Rückstauprozess, dem "Herstellen des leeren Bewusst-seins" und den empfundenen, erfühlten und willentlich er-griffen Gedankenmantren als den Erscheinungen des Lo-gos besteht. Im blossen Zulassen gibt man sich dem Ge-nuss des zur Ruhe gesetzten alltäglichen (nicht in Medita-tion befindlichen) Ichs hin, auch wenn man den Selbstge-nuss als Geisterleben deutet. Im artikulierten Rhythmus von Denktätigkeit und Denkstau verschärft sich hingegen die Spannung, die das, der zeitlichen Entwicklung unter-liegende, "alltägliche Ich" zum eigenen Ideal, dem ewigen "höheren Ich" unterhält. Die alte Spiritualität Indiens kennt diese Spannung, die zum Bewusstsein eines Bürgers zweier Welten führt, nicht. Ebensowenig die Umgestal-tung des Verhaltens und Fühlens, welche die sozialen In-teraktionen begleiten, die wir im christlichen Kulturkreis als den klassischen Tugendkanon kennen. Die von Sad-hguru empfohlenen "Tugenden" sind alle erlösungstech-nisch gemünzt, sie zielen ausschliesslich egozentriert auf "mukhti" (im Buddhismus das Erlangen von "Nirvana", englisch schlicht "liberation"). Der grosse Hüter der Schwelle, wie er in Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? spricht, blieb nicht nur vom traditionellen östlichen Yoga weitgehend unge-hört, sondern auch vom westlichen Konfessionschristen-tum. Die Weisheit des Ostens würde sich "goethisch" fol-gendermassen äussern: "Brahman ist ewig und einzig, im Plural von höheren Welten zu reden ist nicht wohlgetan." - Für eine Geisteswissenschaft, welche einzelne For-schungsergebnisse zutage fördert, scheint es dabei keinen Platz zu geben. Eine solche überhaupt anzustreben liegt ausserhalb ihres Interessens. Sie will sich mit dem formlo-sen Brahman begnügen, der sich von der Seele nicht un-terscheidet. Eine seelisch beobachtende Rückführung des geistig Erkannten in die irdische Sprachvorstellung bedarf hingegen der Fähigkeit, sich im leibfreien Zustand als ei-nes durch Erdenkräfte mitbedingten Ichs erinnern zu kön- 28 Video "Sai Baba materialising Ash"

https://www.youtube.com/watch?v=N5W08rEty4Y

nen. Die geistige Welt und ihre Wesen mit den Vorgängen der sinnlich verkörperten Menschheit zu verbinden, ist die Aufgabe einer sich immer weiter entwickelnden Geistes-wissenschaft. Sie wird dem Verlust des Wohlbefindens keine Bedeutung zumessen, wenn sie dem Mücken-schwarm (als Bild der geistigen Welt) durch das erken-nende Nähertreten die Kenntnis der einzelnen Mücken ab-gewinnen wird. Sie wird den Gedanken eines Erwesens des eignen Ichs im Gottes-Ich wie auch den anderen des Vereinens des eigenen Ich mit dem Welten-Ich belauschen lernen. Wenn das diesbezügliche Gehör taub bleibt, ist dies allein dem Unvermögen oder dem Unwillen geschuldet, ein Geistwesen anzuerkennen, das die Zerstörungsgewalt des physischen Todes überwunden und das in der Vereinigung mit dem gekreuzigten Leib des Jesus von Nazareth sein von kosmischer Liebe durchdrungenes Opfer gebracht hat. Durch das Opfer des göttlichen Lichtleibes in der Über-windung der tödlichen Zerstörungskraft hat das Gotteswe-sen den unfruchtbar gewordenen planetarischen Acker wiederbelebt, sodass denen, die ihm vertrauen, die Früchte für die Ewigkeit bestimmten Seins reifen. Seitdem steht der aus dem Opfertod auferstandene Menschengott seinen Menschengeschwistern als Urbild und Vorbild bei ihrer Aufgabe der planetarischen Transsubstantiation bis ans Ende aller Tage zur freien Verfügung. Die Tat auf Golgotha, die den vorchristlichen Traum der Wiedervereinigung mit dem allschaffenden Geist zur vollbewussten Mitwirkung an der geistigen Entwicklung aller Menschen fortentwickelt hat, wird von Sadhguru und den erwähnten anderen Lehrern des NeoHinduismus in ih-rer Bedeutung nicht anerkannt und daher missverstanden. Doch werden in Zukunft auch in der östlichen Menschheit Lehrer im Kulturkreis des Hinduismus und Buddhismus auftreten, die das Strebensziel, das auf Golgotha begründet wurde, verkünden werden. - Bis dann wird sich die indi-sche Bevölkerung entweder dem ihrer Kulturtradition feindlichen naturwissenschaftlichen Atheismus (und seiner Anwendung in digitalen Welten) zuwenden oder sich wei-terhin an den alten mythischen Göttern von Shiva, Krishna und Rama zu erwärmen suchen. Wenn in Europa und Amerika das von Rudolf Steiner prophezeite Auftreten ichloser Menschen zunehmend Beachtung findet29, so tre-ten hingegen in der Missionierung hinduistischer Mystiker Kräfte auf, welche die Ich-Leugnung bekräftigende und die seelische Pflege der Ich-Keime zersetzende Geister in-vozieren. Das Amulett, welches sie ins Bewusstsein hebt und vor ihnen Schutz gewährt, ist die Devotion gegenüber der Wahrheit und nichts als der selbstüberprüften Wahr-heit. Sie schützt vor allen Formen der abergläubischen Devotion vor Felsen und Tempeln, Gurus und ihren Ge-meinden, Kraftorten und magischen Gottheiten.

29 vgl. Erdmuth Grosse: "Gibt es Menschen ohne ein Ich?" http://www.v-f-

a.ch/Einzelansicht.971.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=77&cHash=022e7d693aed009fedabf415c773b000