EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und...

40

Transcript of EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und...

Page 1: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,
Page 2: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

EDITION ANTIKE

Herausgegeben vonThomas Baier, Kai Brodersen

und Martin Hose

218134-6_WB_PLAUTUSDonnerstag, 16. Oktober 2008 14:41:11

Farbprofil: DeaktiviertKomposit Standardbildschirm

Page 3: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

PLAUTUS

KOMÖDIEN

BAND V

Poenulus – Pseudolus – Rudens

Lateinisch und deutsch

Herausgegeben, übersetzt und kommentiertvon Peter Rau

318134-6_WB_PLAUTUSDonnerstag, 16. Oktober 2008 14:41:11

Farbprofil: DeaktiviertKomposit Standardbildschirm

Page 4: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Verantwortlicher Bandherausgeber: Martin Hose

Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch denWilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft

Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung:Federica Casolari-Sonders (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in

und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 2008 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), DarmstadtDie Herausgabe des Werkes wurde durch

die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier

Printed in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de

ISBN 978-3-534-18134-6

Gesamtnummer Band I–VI:ISBN 978-3-534-18483-5

418134-6_WB_PLAUTUSDonnerstag, 16. Oktober 2008 14:41:11

Farbprofil: DeaktiviertKomposit Standardbildschirm

Page 5: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Inhalt

Einführungen zu den Komödien dieses Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Poenulus / Der Punier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Pseudolus / Pseudolus der Erzschelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Rudens / Das Tau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

Zum Versbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

01_Inhaltsverzeichnis 06.10.2008 9:06 Uhr Seite V

Page 6: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

01_Inhaltsverzeichnis 06.10.2008 9:06 Uhr Seite VI

Page 7: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Einführungen zu den Komödien dieses Bandes

Poenulus

Als griechische Vorlage des Poenulus („Der Punier“) nennt der PrologKarchedonios. Der Autor, dessen Name in einer im Text ausgefallenen Zeilestand, war nach heute allgemein akzeptierter Auffassung Alexis, bedeuten-der Dichter der sog. Mittleren Komödie; denn ein Stück gleichen Titels vonMenander hatte, wie aus Fragmenten ersichtlich, einen anderen Inhalt. Poe-nulus ist eigentlich „Der kleine Punier“, was wohl auf den als Kind aus Car-thago entführten Helden zu beziehen wäre, nicht auf seinen seriösen Onkel.Das Datum der Aufführung des Poenulus ist nicht bekannt; es wird meistum 195 v. Chr. vermutet. Das Stück ist zuerst Intrigenkomödie, im zweitenTeil wird es zu einer Komödie der Wiedererkennung.

Der als Kind aus Carthago geraubte und nach Calydon verkaufte unddort adoptierte Jüngling Agorastocles liebt Adelphasium, die mit ihrerSchwester Anterastilis zur Hetäre bestimmt ist. Sie wird ihm jedoch von demKuppler Lycus (griech. „Wolf“) vorenthalten, obwohl er reich genug ist. DerKuppler ist sein Feind, sonst erfahren wir keinen Grund dafür. Mit Hilfe desSklaven Milphio wird ein Betrug inszeniert, um dem Kuppler das Mädchenzu entreißen. Man führt durch eingeweihte Zeugen den Sklaven Collybiscusals angeblichen fremden Kunden mit viel Geld dem Kuppler zu, so dassAgorastocles den Kuppler als Dieb seines Sklaven und seines Geldes belan-gen und ihn schuldpflichtig machen kann. Dies gelingt, wird aber unnötig.Denn des Kupplers Sklave Syncerastus verrät Milphio, dass die beidenSchwestern freigeboren und als kleine Mädchen aus Carthago geraubtseien. So könnte Agorastocles sie ohne Weiteres als Freigeborene undLandsleute vor Gericht reklamieren. Es wird aber noch einfacher. Auf derSuche nach den Mädchen kommt der Punier Hanno, ihr Vater und zugleichauch Onkel des Agorastocles, nach Calydon. Er findet den Neffen und dieTöchter wieder. Mit vollem Recht erlangt er die Freigabe seiner Töchterund verlobt dem Neffen Adelphasium zur Frau. Der Kuppler hat gründlichdas Nachsehen.

An Motivführung und Dramaturgie findet sich manches zu tadeln undlässt die Forschung mit heterogenen Einschüben (‘Kontamination’) undBearbeitung rechnen. Besonders für die beiden verschiedenen und nur dürf-

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 1

Page 8: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Einführung2

tig verbundenen Befreiungswege gilt dies, auch für die Szene I, 2, in der dieMädchen, die sonst ausdrücklich noch nicht Hetären sind, sich ganz als sol-che unterreden und in der, motivisch gar nicht passend, Adelphasium demAgorastocles wegen nicht gehaltener Versprechen zürnt. Weder die Rolleder Schwester Anterastilis noch die des Hauptmanns Antamonides sind fürdie Handlung nötig. Es ist nicht immer auszumachen, ob derartige Inkonse-quenzen Bearbeitungen zuzuschreiben sind oder auf Plautus’ Konto gehen,dem notorisch die komische Wirkung von Szenen und Episoden wichtigerwaren als eine konsequente Dramaturgie. Es kommt hinzu, dass sich im Texteine Reihe von Doppelfassungen findet und namentlich zwei oder drei Ver-sionen des Schlusses existieren. Amüsante Szenen enthält das Stück jeden-falls allemal, z. B. den Zug der Mädchen zum Venusfest, darin einen ‘Frauen-spiegel’, Milphios Versuche, Adelphasium für seinen Herrn zu versöhnen (I, 2),den Auftritt des Hauptmanns (II, 1), Milphios blamable Dolmetscherkünste(V, 2). – Nachahmungen des Stückes bei Späteren weist die Literaturge-schichte nicht auf.

Pseudolus

Ein erhaltenes Bruchstück des antiken Aufführungsvermerks (‘Didaska-lie’) datiert den Pseudolus (der Name bedeutet „der kleine Schwindler,Schelm“) auf 191 v. Chr., also in die spätere Schaffenszeit des Plautus. Lei-der sind nicht auch Autor und Titel der griechischen Vorlage überliefert, alsdie man sich wegen vieler Züge auch feinen Humors ein Meisterstück den-ken darf: Alexis’ Pseudomenos vielleicht. Pseudolus heißt die Komödie nachihrem Protagonisten, dem listenreichen Sklaven, der seinem verliebten,doch finanziell erschöpften jungen Herrn, Calidorus, zu seiner Geliebten,der Hetäre Phoenicium, verhilft.

Das Stück ist eine Intrigenkomödie. Der Kuppler Ballio hat Phoeniciumeinem macedonischen Hauptmann verkauft für 20 Minen; dieser hat beiAbreise 15 Minen bereits gezahlt, den Restbetrag soll ein Bote bringen undgegen Vorlage von Brief und Siegel das Mädchen abholen. Der Kupplerlässt nicht mit sich reden, es sei denn, Calidorus käme dem Hauptmann mitZahlung des Kaufpreises zuvor. Pseudolus verspricht dem jungen Herrn, dasGeld zu beschaffen. Dessen Vater Simo, der kein Geld geben will und aufder Hut ist, warnt er vor sich und prophezeit ihm, er werde ihm das Geldfreiwillig geben. Und er behauptet, dem Kuppler das Mädchen mit List nochzu entführen. Dies hält nun Simo für so unmöglich, dass er im Falle desGelingens 20 Minen verwettet. Den Kuppler warnt er vor Anschlägen des

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 2

Page 9: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Pseudolus 3

Pseudolus. Pseudolus hat tatsächlich noch keinen Plan in petto; aber dasGlück hilft ihm dazu, indem es ihm den Boten des Hauptmanns, Harpax,zuführt, dem er, sich als Verwalter Ballios ausgebend, zwar nicht die 5Minen, wohl aber Brief und Siegel abnehmen kann. Damit und mit geborg-ten 5 Minen schickt er als Boten verkleidet den listigen Sklaven Simia zuBallio, der daraufhin das Mädchen herausgibt. So sicher glaubt Ballio einenAnschlag des Pseudolus erledigt, dass er Simo 20 Minen darauf verwettet.Den nun auftretenden echten Boten Harpax verspottet man als von Pseu-dolus gedungenen Betrüger, bis doch der wahre Sachverhalt deutlich wird.Der Kuppler hat gründlich das Nachsehen: er ist Phoenicium los, muss denKaufpreis zurückzahlen und Simo die Wette abgelten. Pseudolus trium-phiert. Simo zahlt ihm – sauer kommt es ihn an – die gewonnenen 20 Minen,erhält aber „die Hälfte davon oder mehr“ wieder, und man zieht versöhntzum Festschmaus.

Das Stück, das, wie Cicero bezeugt, dem Plautus lieb war und noch zuCiceros Zeit erfolgreich aufgeführt wurde, ist ein feines Intrigenstück vongelungener Komik, ungeachtet mancher dramaturgischer Anstöße, wie der-gleichen aber bei Plautus manche vorkommen. Glänzend sind z. B. die Ein-gangsszene mit Phoeniciums Brief I, 1, Ballios Sklaven- und Hetären-AppellI, 2, die Beschimpfung Ballios I, 3 v. 351ff., die Überlistung des Harpax II, 2,die Koch-Szene III, 2, die Verkennung und Entdeckung des Harpax IV, 7.Das Stück ist besonders reich an Singpartien. Pseudolus gehört neben Epi-dicus sowie dann Davus in Terenz’ Andria zu den Paraderollen des schlauenDieners.

Spätere Nachahmungen des Pseudolus sind nicht zahlreich. Die älteste,mit Elementen auch aus anderen Plautus-Stücken, ist von Giambattista dellaPorta: „La Trappolaria“ (1596). Auch seine „Olimpia“ (1604) und „La Car-bonaria“ (1606) enthalten Reminiszenzen u. a. aus dem Pseudolus. DemPlautus-Stück folgt weitgehend Jean-François Regnard: „La Sérénade“(1694). Das Liebesverhältnis ist dabei in bürgerliches Milieu der Zeit umge-setzt: die Bedrohung schafft eine ungeliebte Verheiratung des Mädchens, diefür eine Geldsumme und ein Collier zugesagt wurde. Eine sehr gelungeneUmdichtung, mit Elementen auch aus dem Miles gloriosus und dem Cur-culio, ist die des Dänen Ludvig Holberg: „Diderich Menschen-Skräk“(1724), ein lustiger Einakter, falls man sich an den darin reichlich erteiltenPrügeln nicht stört. Auch hier ist in bürgerliches Milieu umgesetzt: DasMädchen lebt als Findel im Hause eines Juden, der es als Mätresse an einenOffizier verkauft. An der Intrige ist außer dem Diener die Frau des Offiziersbeteiligt, die in Verkleidung dem Offizier als „Ware“ übergeben wird. VonGotthold Ephraim Lessing, der den Pseudolus schätzte, haben wir im Thea-

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 3

Page 10: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Einführung4

tralischen Nachlass (hrsg. 1784) unter dem Titel „Justin“ lediglich einen Per-sonenplan und einen Szenenentwurf zum Gang der Handlung in engerAnlehnung an Plautus, zur Ausarbeitung ist es nicht gekommen.

Rudens

Der Dichter der griechischen Vorlage des Rudens („Das Tau“) ist Diphi-los. Der Titel des Originals ist nicht bekannt; ein den Inhalt des Stückes tref-fender Titel dieses Dichters könnte die Epitrope („Schiedsgericht“) sein.Der lateinische Titel stammt von Plautus und ist nach einem für die Haupt-aktion belanglosen, doch in der Szene IV, 7 sehr bühnenwirksam einge-setzten Requisit gewählt: dort wird ein Streit als Tauziehen sinnfällig. DasDatum der Aufführung ist nicht bekannt; der große Anteil an Singpartiendürfte eher in die spätere Schaffenszeit des Plautus weisen.

Das Stück gehört zu den Wiedererkennungskomödien. Das MädchenPalaestra war als kleines Kind aus Athen geraubt und an einen cyrenischenKuppler, Labrax, verkauft worden. Der junge Athener Plesidippus hat sichin sie verliebt und will sie kaufen, eine Anzahlung hat er schon geleistet.Der Kuppler aber hat sich mit seiner Habe und auch dem Mädchen einge-schifft, um nach Sizilien auszuwandern. Da greift ein Gott, das GestirnArcturus, mit einem Sturm ein und lässt das Schiff scheitern. Schauplatz derHandlung ist nicht, wie sonst meistens, Athen, sondern besonderer Weiseeine Meeresküste nahe Cyrene in Nordafrika. Dort wohnt, enttäuscht vonseinen Mitbürgern und aus Gram über den Verlust der Tochter, in freiwil-ligem Exil der Athener Daemones. Und dorthin kommen nun die anderenhandelnden Personen: auf der Suche nach dem wortbrüchigen Kuppler unddem Mädchen Plesidippus und sein Sklave Trachalio, als Schiffbrüchigezuerst Palaestra und ihre Gefährtin Ampelisca, die im Venustempel bei deralten Priesterin Ptolemocratia Aufnahme finden, später der Kuppler undsein Gastfreund Charmides. Vor Gewalt des Kupplers schützt die MädchenDaemones, dann Plesidippus, der den Kuppler vor ein cyrenisches Gerichtbringt, das diesem Palaestra aberkennt. Zur Wiedererkennung Palaestras alsFreigeborene und Tochter des Daemones führt ein Glücksfall: Daemones’Sklave Gripus fischt den Koffer auf, in dem sich Gold und Silber desKupplers befinden und auch ein Kästchen mit Kinderschmuck Palaestras,den ihr einst die Eltern schenkten. Zweimal muss Daemones Streit um denKofferfund schlichten – zuerst um den Koffer zwischen Gripus und Tracha-lio, dann zwischen dem Kuppler Labrax und Gripus um einen unter Eid ver-sprochenen Finderlohn von einem Talent Silber –, ehe es zum allseitigen

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 4

Page 11: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Rudens 5

happy end kommen kann: Verheiratung von Palaestra und Plesidippus und,auf der Ebene der Diener, von Trachalio und Ampelisca, die auch freigelas-sen bzw. freigekauft werden; ebenso wird auch Gripus freigekauft; derKuppler hat seinen Koffer wieder und Daemones ein halbes Talent.

Wer Motive und Dramaturgie kritisch analysiert, findet manches fragwür-dig und inkonsequent, was manchmal gewiss, manchmal vermutlich Um-und Einarbeitungen durch Plautus zuzuschreiben ist. Aber nicht in der Dra-maturgie liegen die Qualitäten des Rudens. Dass Lessing, wie viele mit ihm,das Stück als „eines von den anmutigsten Stücken des Plautus“ schätzte,liegt an einem von dem Schauplatz und den Umständen ausgehendenromantischen Sentiment, an der wirkungsvollen Abfolge zahlreicher ver-gnüglicher und witziger, dazwischen auch sentimentaler und komisch-tra-gischer Szenen und Motive, an der bemerkenswerten Thematisierung dergöttlichen Gerechtigkeit im Prolog und in Palaestras Auftritt, an umfan-greichen Singpartien, in denen sich Stimmungen und Affekte äußern, undan den gelungenen Figuren. Unter den Figuren sei auf Daemones und Gri-pus besonders aufmerksam gemacht: Daemones ist ein ethischer Rigorist,unbedingt redlich, und sei es nur vor sich selbst und sogar zum eigenenNachteil, der das Eigentum auch eines Kupplers respektiert; Gripus ist einliebenswert treuherziger, wie ein Sancho Pansa sich märchenhafte Reichtü-mer ausmalender Diener, der hartnäckig und vorlaut dem Koffer nacheifertund darüber kaum merkt, dass seine Freilassung schon erreicht ist.

Im Theater der Neuzeit ist der Rudens nicht häufig nachgestaltet worden.Von Übersetzungen abgesehen, sind zu nennen: in Italien Angelo Beolcogen. Ruzzante: „La Piovana“ (ca. 1532/3, gedruckt zuerst 1548), derb und impaduanischen Dialekt, und als verfeinertes Gegenstück dazu und drama-turgisch gegenüber Plautus geglättet Lodovico Dolce: „Il Ruffiano“ (1551);in England Thomas Heywood: „The Captives“ (1624); in Frankreich HelenaBaletti Riccoboni: „Le Naufrage“ (1726), die auf die 1683 erschienene Über-tragung der Mme Anne Dacier zurückgeht. Einen Einfluss des Rudenssehen manche auch in William Shakespeares „The Tempest“ (1611) – nichtauszuschließen, wenn auch über Szenerie und Atmosphärisches hinaus nichtfassbar.

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 5

Page 12: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

02_Einführungen 06.10.2008 9:12 Uhr Seite 6

Page 13: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

POENULUS

DER PUNIER

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 7

Page 14: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

POENULUS

ARGUMENTUM

Puer septuennis surripitur Carthagine.Osor mulierum emptum adoptat hunc senex Et facit heredem. eius cognatae duae Nutrixque earum raptae. mercatur Lycus,Vexatque amantem. at ille cum auro vilicum Lenoni obtrudit, itaque eum furto alligat.Venit Hanno Poenus, gnatum hunc fratris repperit Suasque adgnoscit quas perdiderat filias.

PERSONAE

‹PROLOGUS›AGORASTOCLES adulescensMILPHIO servusADELPHASIUM puellaANTERASTILIS puellaLYCUS lenoANTAMONIDES milesADVOCATI

COLLYBISCUS vilicusSYNCERASTUS servusHANNO PoenusGIDDENIS nutrixPUER

Scaena Calydone

5

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 8

Page 15: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

DER PUNIER

INHALT

Piraten rauben in Carthago einen Knaben.Ohne eigne Kinder, kauft sich ihn ein Weiberfeind,Erhebt zum Erben ihn. Und zwei Cousinen auchNebst Amme werden geraubt, die Kuppler Lycus kauft.Und der quält den Verliebten. Doch der schickt mit Geld,Lycus in Diebstahl zu verstricken, seinen Pächter.Und Hanno kommt, der Punier, entdeckt des Bruders Sohn,Sieht wieder auch die Töchter, die er einst verlor.

PERSONEN

PROLOGSPRECHER

AGORASTOCLES

MILPHIO

ADELPHASIUM

ANTERASTILIS}LYCUS

ANTAMONIDES

ZEUGEN

COLLYBISCUS

SYNCERASTUS

HANNO

GIDDENIS

BURSCHE

Weitere Sklaven und eine Dienerin

Schauplatz: Calydon im westgriechischen Aetolien, am Golf von Patras:Straße mit den Häusern des Agorastocles und des Lycus. Links führt

die Straße zum Hafen, rechts zum Markt und Tempel der Venus.

5

junger Calydonischer Bürger, Neffe des HannoSklave des Agorastocles

Töchter des Hanno, im Dienste des LycusKupplerOffizierdes AgorastoclesSklave und Gutsverwalter des AgorastoclesSklave des LycusPunier, Vater der Adelphasium und der Ante-rastilis und Onkel des AgorastoclesAmme der Adelphasium und der Anterastilisdes Hanno

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 9

Page 16: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus10

PROLOGUS

Achillem Aristarchi mihi commentari lubet:inde mihi principium capiam, ex ea tragoedia.‘sileteque et tacete atque animum advortite,audire iubet vos imperator’ – histricus,bonoque ut animo sedeate in subselliis,et qui esurientes et qui saturi venerint:qui edistis, multo fecistis sapientius,qui non edistis, saturi fite fabulis;nam cui paratumst quod edit, nostra gratia nimia est stultitia sessum impransum incedere.exsurge, praeco, fac populo audientiam;iam dudum exspecto, si tuom officium scias:exerce vocem, quam per vivisque et † colis.nam nisi clamabis, tacitum te obrepet fames.age nunc reside, duplicem ut mercedem feras.bonum factum est, edicta ut servetis mea.scortum exoletum ne quis in proscaenio sedeat, neu lictor verbum aut virgae muttiant,neu dissignator praeter os obambulet neu sessum ducat, dum histrio in scaena siet.diu qui domi otiosi dormierunt, decet animo aequo nunc stent, vel dormire temperent.servi ne obsideant, liberis ut sit locus,vel aes pro capite dent; si id facere non queunt,domum abeant, vitent ancipiti infortunio,ne et hic varientur virgis et loris domi,si minus curassint, quom eri reveniant domum.nutrices pueros infantis minutulos domi ut procurent neu quae spectatum adferat,ne et ipsae sitiant et pueri pereant fame neve esurientes hic quasi haedi obvagiant.matronae tacitae spectent, tacitae rideant,canora hic voce sua tinnire temperent,domum sermones fabulandi conferant,ne et hic viris sint et domi molestiae.

PRO.

5

10

15

20

25

30

35

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 10

Page 17: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 11

PROLOG

PROLOGSPRECHER

Des Aristarch „Achilles“ möcht ich memorieren,Von dort, aus der Tragödie, nehm ich den Beginn:„Verstummet und bewahret Schweigen und merkt auf,Zuhören heißt der Feldherr dieser – Mimen euch,“Auf dass gelassen alle sitzen auf dem Platz,Die Hungrigen und auch, die satt gekommen sind.Viel klüger haben’s die gemacht, die erst gespeist,Wer nicht, muss an Komödien sich sättigen;Denn wem zu essen steht bereit, der ist schön dumm,Kommt unsretwegen ohne Frühstück er hierher. – Erheb dich, Herold, sorg für Andacht unterm Volk.Schon längst erwart ich, ob du deine Pflicht wohl kennst.Setz ein die Stimme, die dich nährt und unterhält;Denn hast du nichts zu rufen und schweigst, droht Hunger dir.

(Ein Herold erhebt sich und proklamiert Schweigen.)Nun setz dich wieder, dass du doppelt Lohn empfängst. – Recht schön, dass ihr nun meine Weisungen befolgt.Kein Hurenbube nehme vor der Bühne Platz,Kein Büttel noch sein Rutenbündel muckse ein Wort,Kein Platzanweiser lauf’ uns vor der Nase und zeigDen Sitzplatz, wenn der Schauspieler auf der Bühne steht.Die, die zu Haus zu lang geschlafen haben, sollenNun friedlich stehn oder ihre Schlafsucht mäßigen.Die Sklaven nehmen Freien nicht die Plätze weg,Sonst mögen sie frei sich kaufen; können sie dies nicht,Gehn sie nach Hause und vermeiden zwei Malheurs:Dass man sie hier mit Ruten, zu Haus mit Riemen bläutFür ihre Lässigkeit, wenn ihr Gebieter kehrt nach Haus.Die Ammen sollen ihre kleinen KinderchenZu Haus versorgen, nicht ins Schauspiel bringen hier,Damit sie selbst nicht dürsten und die Kinder nicht Vor Hunger umkommen und hier wie die Böcklein schrein.Die Frauen sollen still zuschaun und stille lächelnUnd mäßigen ihr helles Stimmgezwitscher hierUnd heben ihren Klatsch sich für zu Hause auf;Es reicht, wenn sie zu Haus den Männern lästig sind.

5

10

15

20

25

30

35

PRO.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 11

Page 18: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus12

quodque ad ludorum curatores attinet,ne palma detur quoiquam artifici iniuria neve ambitionis causa extrudantur foras,quo deteriores anteponantur bonis.et hoc quoque etiam, quod paene oblitus fui:dum ludi fiunt, in popinam, pedisequi,inruptionem facite; nunc dum occasio est,nunc dum scriblitae aestuant, occurrite.haec quae imperata sunt pro imperio histrico,bonum hercle factum pro se quisque ut meminerit.ad argumentum nunc vicissatim volo remigrare, ut aeque mecum sitis gnarures.eius nunc regiones, limites, confinia determinabo: ei rei ego finitor factus sum.sed nisi molestumst, nomen dare vobis volo comoediai; sin odiost, dicam tamen,siquidem licebit per illos quibus est in manu.Carchedonius vocatur haec comoedia,* * * latine Plautus Patruus Pultiphagonides.nomen iam habetis. nunc rationes ceteras accipite; nam argumentum hoc hic censebitur:locus argumentost suom sibi proscaenium,vos iuratores estis. quaeso, operam date.Carthaginienses fratres patrueles duo fuere, summo genere et summis ditiis;eorum alter vivit, alter est emortuos.propterea apud vos dico confidentius,quia mihi pollictor dixit qui eum pollinxerat.sed illi seni qui mortuost, ‹ei› filius,unicus qui fuerat, ab divitiis a patre puer septuennis surripitur Carthagine,sexennio prius quidem quam moritur pater.quoniam periisse sibi videt gnatum unicum,conicitur ipse in morbum ex aegritudine:facit illum heredem fratrem patruelem suom,ipse abit ad Acheruntem sine viatico.ille qui surripuit puerum Calydonem avehit,vendit eum domino hic diviti quoidam seni,cupienti liberorum, osori mulierum.

40

45

50

53a

55

60

65

70

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 12

Page 19: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 13

Was die Veranstalter der Spiele anbelangt,So soll kein Künstler die Palme erhalten unverdient,Und keiner werde aus Konkurrenzneid ausgesperrt,Um dadurch Schlechtere den Guten vorzuziehn.Und noch etwas, das ich beinah vergessen hätt:Solang gespielt wird, ihr Bedienten, fallt in dieBistros ein; jetzt, solang Gelegenheit dazu,Solang die Käsekuchen dampfen, stürmt drauflos!Was ich befohlen hab kraft Mimenamtsgewalt,Das soll ein jeder für sein Teil beherzigen. – Nun will ich eingehn auf die Fabel dieses Stücks,Damit ihr ebenso wie ich im Bilde seid.Ich werd euch jetzt die Lage, Grenzen, NachbarschaftBeschreiben; dafür geb ich hier den Feldmesser ab.Doch ist’s euch recht, will ich den Titel der Komödie Euch nennen; und ist’s nicht recht, sag ich ihn trotzdem,Sofern es die gestatten, denen es obliegt.Dies Lustspiel hat den Titel „Karchedonios“* Auf Griechisch, Vater ist Alexis; „Poenulus“ nannt’s * Lateinisch Onkel Plautus aus dem Breiesserstamm.Den Titel habt ihr. Nun vernehmt die übrigen Umstände; denn die Fabel steht zur Musterung:Der Ort ist für die Fabel das Proszenium,Ihr seid das Preisgericht. Und nun passt bitte auf.Es waren in der Stadt Carthago einst zwei Vettern,Von edelster Familie und an Schätzen reich.Der eine lebt noch, doch der andere ist tot.Ich kann dies deshalb mit Bestimmtheit sagen, weilDer Balsamierer mir’s erzählt, der ihn gesalbt.Und jenem Alten, der jetzt tot ist, wird der Sohn,Sein einziger, vom reichen Vaterhaus als Kind Von sieben Jahren aus Carthago weggeraubt,Und zwar sechs Jahre früher, als der Vater stirbt.Da dieser seinen einzigen Sohn verloren sieht,Verfällt er selbst in Krankheit über seinem Schmerz:Er setzt als seinen Erben jenen Vetter ein Und fährt dahin zum Acheron ohne Reisegeld.Der Räuber aber bringt den Sohn nach Calydon,Verkauft ihn hier an einen reichen alten Herrn,Der Kinder wünschte, doch er war ein Weiberfeind.

40

45

50

53a

55

60

65

70

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 13

Page 20: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus14

emit hospitalem is filium imprudens senex puerum illum eumque adoptat sibi pro filio eumque heredem fecit, quom ipse obiit diem.is illic adulescens habitat in illisce aedibus.revertor rursus denuo Carthaginem:si quid mandare voltis aut curarier,argentum nisi qui dederit, nugas egerit;[verum] qui dederit, magis maiores nugas egerit.sed illi patruo huius, qui vivit senex,Carthaginiensi duae fuere filiae,altera quinquennis, altera quadrimula:cum nutrice una periere a Magaribus.eas qui surripuit, in Anactorium devehit,vendit eas omnis, et nutricem et virgines,praesenti argento homini, si leno est homo,quantum hominum terra sustinet sacerrumo.vosmet nunc facite coniecturam ceterum,quid id sit hominis, cui Lyco nomen siet.is ex Anactorio, ubi prius habitaverat,huc commigravit in Calydonem hau diu,sui quaesti causa. is in illis habitat aedibus.earum hic adulescens alteram efflictim perit,suam sibi cognatam, imprudens, neque scit quae siet neque eam umquam tetigit, ita eum leno macerat:[neque quicquam cum ea fecit etiamnum stupri neque duxit umquam, neque ille voluit mittere] quia amare cernit, tangere hominem volt bolo.illam minorem in concubinatum sibi volt emere miles quidam, qui illam deperit.sed pater illarum Poenus, postquam eas perdidit,mari te‹rraque› usquequaque quaeritat.ubi quamque in urbem est ingressus, ilico omnes meretrices, ubi quisque habitant, invenit;dat aurum, ducit noctem, rogitat postibi unde sit, quoiatis, captane an surrupta sit,quo genere gnata, qui parentes fuerint.ita docte atque astu filias quaerit suas.et is omnis linguas scit, sed dissimulat sciens se scire: Poenus plane est. quid verbis opust? is heri huc in portum navi venit vesperi,

75

80

85

90

95

100

105

110

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 14

Page 21: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 15

Der kauft in diesem Knaben, ohne dass er’s weiß,Den Sohn des Gastfreunds, nimmt ihn auf an Kindes stattUnd setzt bei seinem Tode ihn zum Erben ein.Der junge Mann nun wohnt in jenem Hause dort. (Weist darauf.)Ich kehre nach Carthago noch einmal zurück –Wenn etwa ihr Besorgungen von mir dort wünscht,So bleibt dem, der kein Geld mir zahlt, das Nachsehn nur,Wer aber zahlt, der hat das Nachsehn umso mehr.Nun, dieses Jünglings Onkel in Carthago, derAls alter Mann noch lebt, besaß zwei Töchter,Die eine fünf, die andere vier Jahre alt:Die wurden samt der Amme aus Megara entführt.Der Räuber bringt sie fort nach Anactorium,Verkauft sie alle, Amme und Mädchen, für bares GeldAn einen Menschen – falls ein Kuppler gilt als Mensch –,Wie keinen hundsgemeineren die Erde trägt.Malt ihr euch selbst im Übrigen aus, was für ein MenschDas ist, der schon den Namen Lycus trägt, der „Wolf“.Der zog aus Anactorium, wo er vorherGewohnt, hierher nach Calydon vor kurzer ZeitGewerbes halber. Er wohnt dort in jenem Haus. (Weist darauf.) In eines der Mädchen ist der Jüngling heiß verliebt,Nicht wissend, dass sie ihm verwandt noch wer sie ist;Berührt hat er sie nicht, der Kuppler martert ihn;[Er hat bisher noch nicht mit ihr verkehrt, sie nichtBei sich gehabt noch wollt der Kuppler sie ihm schicken;] Da er verliebt ihn sieht, will er im Netz ihn fangen.Das andre, jüngere Mädchen möcht ein Hauptmann, derIn es verliebt ist, sich als Konkubine kaufen.Allein der Punier, ihr Vater, sucht nach denVerlorenen zu Land und Meere überall.Sowie er kommt in eine Stadt, sucht er alsbaldDort alle Hetären auf, wo eine jede wohnt:Gold schenkt er, mietet sie zur Nacht und fragt hernach,Woher sie sei, ob sie gefangen oder entführt,Von welchem Haus sie stamme, wer die Eltern seien.So forscht nach seinen Töchtern er mit kluger List.Und er kennt alle Sprachen, doch verstellt er sichBewusst; er ist ja Punier, das sagt genug.Der kam hier gestern Abend zu Schiff im Hafen an,

75

80

85

90

95

100

105

110

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 15

Page 22: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus16

pater harunc; idem huic patruos adulescentulo est:iamne hoc tenetis? si tenetis, ducite;cave dirumpatis, quaeso, sinite transigi.ehem, paene oblitus sum relicuom dicere.ille qui adoptavit hunc sibi pro filio,is illi Poeno huius patruo hospes fuit.is hodie huc veniet reperietque hic filias et hunc sui fratris filium, ut quidem didici ego.ego ibo, ornabor; vos aequo animo noscite.[hic qui hodie veniet, reperiet suas filias et hunc sui fratris filium. dehinc ceterum valete, adeste. ibo, alius nunc fieri volo:quod restat, restant alii qui faciant palam.] valete atque adiuvate, ut vos servet Salus.

I, 1

AGORASTOCLES, MILPHIO

Saepe ego res multas tibi mandavi, Milphio,dubias, egenas, inopiosas consili,quas tu sapienter, docte et cordate et cate mihi reddidisti opiparas opera tua.quibus pro bene factis fateor deberi tibi et libertatem et multas grates gratias.Scitumst, per tempus si obviamst, verbum vetus.nam tuae blanditiae mihi sunt, quod dici solet,gerrae germanae, aiJ de; kollu'rai luvrai.nunc mihi blandidicus es: heri in tergo meo tris facile corios contrivisti bubulos.Amans per amorem si quid feci, Milphio,ignoscere id te mi aequom est.

Haud vidi magis.em, nunc ego amore pereo. sine te verberem,item ut tu mihi fecisti, ob nullam noxiam:post id locorum tu mihi amanti ignoscito.Si tibi lubido est aut voluptati, sino:suspende, vinci, verbera; auctor sum, sino.

AGO.

MIL.

AGO.

MIL.

AGO.

115

120

125

130

135

140

145

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 16

Page 23: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 17

Der Mädchen Vater, Onkel dieses jungen Manns.Habt ihr’s gefasst? Wenn ja, so zieht den Faden hin;Lasst ihn nicht reißen, bitt ich, lasst zu Ende spulen.Ach, fast hätt ich vergessen, den Rest euch zu erzähl’n.Der, der den Jüngling adoptierte an Sohnes statt,War Gastfreund seines Onkels, jenes Puniers.Der Punier wird heut kommen und die Töchter findenUnd auch den Sohn des Bruders, soviel ich erfuhr. –Ich geh und kostümier mich. Ihr schaut günstig zu![Der, der heut kommt, wird seine Töchter finden hierUnd auch den Sohn des Bruders. Und sodann lebt wohl,Seid uns gewogen. Ich geh fort zum Rollentausch.Das Fehlende sind andre da euch kundzutun.]Lebt wohl und unterstützt uns, so wie euch das Heil!

(Ab.)

I, 1

AGORASTOCLES, MILPHIO

(Treten auf aus dem Hause des Agorastocles.)

So manchen Auftrag gab ich dir schon, Milphio,Unsicher und verfahren und schier ausweglos,Den du verständig, klug, besonnen und gescheitMit deiner Hilfe trefflich mir erledigt hast.Für diese Dienste, ich bekenn es, schuld ich dirDie Freiheit und Beweise größter Dankbarkeit.Gar trefflich ist zu rechter Zeit ein alter Spruch:Denn deine Schmeicheleien sind mir, wie man sagt,Nur Larifari, sono canti cantucci.Jetzt schmeichelst du mir: gestern noch hast du mir leichtDrei Ochsenhäute auf dem Rücken abgenutzt.Wenn ich aus Liebe was getan hab, Milphio,Musst du es billig mir verzeihn.(ironisch) Nichts ist so klar.Sieh, nun bin i c h verliebt: drum lass dich prügeln jetztGenauso wie du’s mir getan hast, ohne Grund;Hernach musst du, da ich verliebt bin, mir verzeihn.Wenn du es willst und Spaß daran hast, meinethalb:Häng, fessele, prügle mich; ich will’s so und erlaub’s.

115

120

125

130

135

140

145

AGO.

MIL.

AGO.

MIL.

AGO.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 17

Page 24: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus18

Si auctoritatem postea defugeris,ubi dissolutus tu sies, ego pendeam.Egone istuc ausim facere, praesertim tibi? quin si feriri video te, extemplo dolet.Mihi quidem hercle.

Immo mihi.Istuc mavelim.

sed quid nunc tibi vis? Cur ego apud te mentiar?

amo immodeste.Meae istuc scapulae sentiunt.

At ego hanc vicinam dico Adelphasium meam,lenonis huius meretricem maiusculam.Iam pridem equidem istuc ex te audivi.

Differor cupidine eius. sed lenone istoc Lyco,illius domino, non lutumst lutulentius.Vin tu illi nequam dare nunc?

Cupio.Em me dato.

Abi dierectus.Dic mihi vero serio:

vin dare malum illi? Cupio.

Em, eundem me dato:utrumque faxo habebit, et nequam et malum.Iocare.

Vin tu illam hodie sine [damno et] dispendio tuo tuam libertam facere?

Cupio, Milphio.Ego faciam ut facias. sunt tibi intus aurei trecenti nummi Philippi?

Sescenti quoque.Satis sunt trecenti.

Quid iis facturu’s? Tace.

totum lenonem tibi cum tota familia dabo hodie dono.

Qui id facturu’s? Iam scies.

MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.

AGO.

MIL.AGO.

MIL.AGO.

MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

150

155

160

165

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 18

Page 25: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 19

Wenn du dann später die Erlaubnis widerrufst,So wirst du losgebunden, und ich hänge selbst.Ich sollte dazu fähig sein, zumal bei dir?Wenn ich nur seh, dass man dich schlägt, tut’s mir schon weh.Beim Hercules, m i r !

Nein, m i r.Wär’s doch tatsächlich so!

Was aber willst du jetzt?Warum vor dir noch lügen?

Ich liebe maßlos.Meine Schultern spüren’s schon.

Und zwar Adelphasium meine ich hier nebenan,Das etwas ältere Mädchen dieses Kupplers da.Das hab ich längst von dir gehört schon.

Ich verzehrMich vor Verlangen nach ihr. Doch schmutziger ist selbstDer Schmutz nicht, als der Kuppler ist, ihr Herr.Willst du ihm übel mitspielen?

Gern.So schenk ihm mich.

Scher dich zum Henker!Sag im Ernst mir: willst du ihm

Was Schlimmes antun?Gern.

Dann schenk ihm gleichfalls mich:Ich steh für beides, Übles und auch Schlimmes, ein.Du scherzt.

Willst du das Mädchen heute kostenlosZur Freigelassenen machen?

Gerne, Milphio.Ich werd es dir ermöglichen. Hast du im Haus Dreihundert Philippsgulden?

Auch sechshundert noch.Dreihundert sind genug.

Was willst du damit?Schweig.

Den ganzen Kuppler samt der ganzen Sippschaft gebIch heute zum Geschenk dir.

Und wie das?Hör zu.

150

155

160

165

MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.

AGO.

MIL.AGO.

MIL.AGO.

MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 19

Page 26: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus20

tuos Collybiscus nunc in urbest vilicus;eum hic non novit leno. satin intellegis? Intellego hercle, sed quo evadas nescio.Non scis?

Non hercle.At ego iam faxo scies.

ei dabitur aurum, ut ad lenonem deferat dicatque se peregrinum esse, ex alio oppido:se amare velle atque obsequi animo suo;locum sibi velle liberum praeberier,ubi nequam faciat clam, ne quis sit arbiter.leno ad se accipiet auri cupidus ilico:celabit hominem et aurum.

Consilium placet.Rogato, servos veneritne ad eum tuos.ille me censebit quaeri: continuo tibi negabit. quid tu dubitas, quin extempulo dupli tibi auri et hominis fur leno siet? neque id unde efficiat habet: ubi in ius venerit,addicet praetor familiam totam tibi.ita decipiemus fovea lenonem Lycum.Placet consilium.

Immo etiam, ubi expolivero,magis hoc tum demum dices: nunc etiam rudest.Ego in aedem Veneris eo, nisi quid vis, Milphio.Aphrodisia hodie sunt.

Scio.Oculos volo

meos delectare munditiis meretriciis.Hoc primum agamus quod consilium cepimus.abeamus intro, ut Collybiscum vilicum hanc perdoceamus ut ferat fallaciam.Quamquam Cupido in corde vorsatur, tamen tibi auscultabo. –

Faciam ut facto gaudeas.inest amoris macula huic homini in pectore,sine damno magno quae elui ne utiquam potest.itaque hic scelestus est homo leno Lycus,quoi iam infortuni intenta ballistast probe,quam ego haud multo post mittam e ballistario.

AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.

MIL.AGO.

MIL.

AGO.

MIL.

170

175

180

185

190

195

200

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 20

Page 27: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 21

Dein Gutsverwalter Collybiscus ist just in Der Stadt: den kennt der Kuppler nicht. Verstehst du mich?Gewiss, doch weiß ich nicht recht, wohinaus du willst.Nicht?

Nein, beim Hercules.Doch ich sorg, dass du’s gleich weißt.

Der kriegt das Geld, damit er es zum Kuppler bringtUnd sagt, er sei ein Fremdling aus ’ner andern Stadt:Er wolle ein Liebesabenteuer zum Pläsier;Er wünsche einen ungestörten Platz, wo erSich heimlich, ohne Zeugen amüsieren könne.Der Kuppler, gierig nach dem Geld, nimmt flugs ihn auf:Und so versteckt er Mann und Geld.

Ein guter Plan.Du musst ihn fragen, ob dein Sklave bei ihm sei.Da wird er meinen, du suchst mich, und wird alsbaldVerneinen. Gibt’s für dich dann einen Zweifel, dassDer Kuppler Dieb von beidem ist, von Geld und Mann?Und er kann’s nicht erstatten: kommt er vor Gericht,Erkennt der Praetor dir die ganze Sippschaft zu.So fangen in der Grube wir den Kuppler Lycus.Ein guter Plan.

Doch wenn ich ihn noch auspolier,Wirst du erst recht so sagen; nun ist er noch grob.Ich geh zum Venustempel, Milphio, wenn du Gestattest: heute ist das Venusfest.

Ich weiß.Ich will die Augen weiden am Hetärenputz.Betreiben wir zuerst einmal doch unsern Plan.Gehn wir hinein, um den Verwalter CollybiscusZu unterrichten, welchen Streich er führen soll.Obschon Cupido sich in meinem Herzen rührt,Will ich doch auf dich hören. (Ab ins Haus.)

Du sollst’s nicht bereu’n. –Dem sitzt die Liebe fest im Herzen wie ein Fleck,Den man nicht ohne großen Schaden wäscht heraus.Ein schlechter Kerl ist dieser Kuppler Lycus doch,Auf den ich schon die Unheilsschleuder hab gespannt,Die ich sehr bald schon schnellen lasse vom Geschütz. –

170

175

180

185

190

195

200

AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.

AGO.

MIL.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 21

Page 28: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus22

sed Adelphasium eccam exit atque Anterastilis.haec est prior, quae meum erum dementem facit.sed evocabo. heus, i foras, Agorastocles,si vis videre ludos iucundissimos.Quid istuc tumultist, Milphio?

Em amores tuos,si vis spectare.

O multa tibi di dent bona,quom hoc mi optulisti tam lepidum spectaculum.

I, 2

ADELPHASIUM, ANTERASTILIS, MILPHIO,AGORASTOCLES

Negoti sibi qui volet vim parare,navem et mulierem, haec duo comparato.nam nullae magis res duae plus negoti habent, forte si occeperis exornare,neque umquam sat istae duae res ornantur neque eis ulla ornandi satis satietas est.atque haec, ut loquor, nunc domo docta dico.nam nos usque ab aurora ad hoc quod diei est,[postquam aurora inluxit, numquam concessamus] ex industria ambae numquam concessamus lavari aut fricari aut tergeri aut ornari,poliri expoliri, pingi fingi; et una binae singulis quae datae nobis ancillae,eae nos lavando eluendo operam dederunt,aggerundaque aqua sunt viri duo defessi.apage sis, negoti quantum in muliere una est.sed vero duae, sat scio, maxumo uni poplo cuilubet plus satis dare potis sunt,quae noctes diesque omni in aetate semper ornantur, lavantur, tergentur, poliuntur.postremo modus muliebris nullus est

AGO.MIL.

AGO.

ADE.

205

210

215

220

225

230

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 22

Page 29: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 23

(Aus dem Hause des Lycus treten Adelphasium und Anterastilis, gefolgt von einer Dienerin mit Weihegaben.)

Doch Adelphasium kommt und Anterastilis!Die erste ist’s, die meinem Herrn den Kopf verdreht.Ich ruf ihn her. (Ruft ins Haus) He, komm heraus, Agorastocles,Wenn du ganz allerliebste Spiele sehen willst!(kommt wieder heraus) Was soll der Lärm denn, Milphio?

Da ist dein Schatz,Wenn du ihn anschaun willst.

O segnen dich die Götter,Dass du mir solch ein reizend Schauspiel hast verschafft!(Sie treten beiseite und betrachten den Aufzug der Mädchen.)

I, 2

ADELPHASIUM, ANTERASTILIS, MILPHIO,AGORASTOCLES

(Gesungen.)Wer Umstand und Müh sich zuhauf will bereiten,Der schaffe ein Schiff und ein Weib sich, die zwei, an.Denn keine zwei sonst bringen mehr Mühsal mit sich,Hat man mit der Herrichtung einmal begonnen,Und nie sind die beiden genug hergerichtet,Und nie gibt’s ein Ende des Richtens und Schmückens.Und zwar sag ich dieses aus eigner Erfahrung;Denn ständig vom Morgenrot können bis jetzt hin[Seit ’s Morgenrot leuchtete, gibt’s kein Verschnaufen]Wir beiden vor Emsigkeit niemals verschnaufenMit Waschen, Frottieren und Putzen und Schmücken,Mit Glätten, Polieren, Bemalen, Frisieren;Auch standen uns jeweils zwei Mägde noch zur Seite,Die gaben beim Baden und Waschen uns ihre Hilfe,Und es schleppten Wasser zwei Männer bis zur Erschöpfung.Ach geh! Wie viel Mühsal ein einziges Weib macht! Und zwei erst, fürwahr, sind imstand, einem Volke,Und wär’s auch das größte, zu schaffen zu machen,Indem Tag und Nacht sie ihr Leben lang ständigSich schmücken, sich baden, sich putzen und zieren.Kurzum, Maß zu wahren vermag keine Frau,

205

210

215

220

225

230

AGO.MIL.

AGO.

ADE.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 23

Page 30: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus24

neque umquam lavando et fricando scimus facere neniam.[nam quae lauta est nisi perculta est, meo quidem animo quasi

inluta est.] Miror equidem, soror, te istaec sic fabulari,quae tam callida et docta sis et faceta.nam quom sedulo munditer nos habemus,vix aegreque amatorculos invenimus.Ita est. verum hoc unum tamen cogitato:modus omnibus rebus, soror, optimus est habitu.nimia omnia nimium exhibent negoti hominibus ex se.Soror, cogita, amabo, item nos perhiberi quam si salsa muriatica esse autumantur:[sine omni lepore et sine suavitate] nisi multa aqua usque et diu macerantur,olent, salsa sunt, tangere ut non velis.item nos sumus [eius seminis mulieres sunt] insulsae admodum atque invenustae sine munditia et sumptu.Coqua est haec quidem, Agorastocles, ut ego opinor:scit, muriatica ut maceret.

Quid molestu’s? Soror, parce, amabo: sat est istuc alios dicere nobis, ne nosmet in nostra etiam vitia loquamur.

Quiesco.Ergo amo te. sed hoc nunc

responde mihi: sunt hic omnia,quae ad deum pacem oportet adesse?

Omnia accuravi.Diem pulchrum et celebrem et venustatis plenum,dignum Venere pol, quoi sunt Aphrodisia hodie.Ecquid gratiae, quom huc foras te evocavi? iam num me decet donari cado vini veteris? dic dare. nil respondes? lingua huic excidit, ut ego opinor.quid hic, malum, astans opstipuisti?

Sine amem, ne opturba ac tace.

ANT.

ADE.

ANT.

MIL.

AGO.ADE.

ANT.ADE.

ANT.AGO.

MIL.

AGO.

235

240

245245a

250

255

260

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 24

Page 31: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 25

Und niemals bekommen vom Baden und Frottieren wir genug.[Denn gebadet, aber nicht geputzt, kommt mir so vor wie

schmutzig.]Ich wundre mich doch, Schwester, dass du so daherschwatzt,Bist sonst doch so klug und gebildet und geistreich.Denn wenn wir mit Eifer geputzt uns auch halten,So finden wir doch ein paar Liebhaber kaum noch.So ist es. Allein, dieses eine bedenk doch:In allen Dingen am besten, Schwester, ist’s, Maß zu wahren.Übertreibung schafft den Menschen stets auch übertriebne

Mühen.Ach, Schwester, bedenk nur, es geht uns ja genauso,Wie wenn man zu salzig den Pökelfisch findet:[Wenn Feinheit ihm fehlt und liebliche Würze:]Lässt nicht in viel Wasser man lang erst sie wässern,So riechen sie salzig, magst kosten sie nicht.Genauso sind wir,[Von nämlicher Art sind die Frauen,] Vollkommen geschmacklos und reizlos,Wenn Putz uns und Schmuck fehlt.(leise) Die ist eine Köchin, Agorastocles, vermut ich:Sie weiß, wie den Salzfisch man wässert.(ebenso) Ach, lass mich!Hör auf, Schwester, bitt ich: es ist genug, wenn andre Dies sagen von uns, lass uns nicht auch selbst von unsern FehlernNoch reden.

Ich schweig schon.Ich dank dir. Doch hierauf

Gib Antwort mir: ist auch alles hier,Was man zum Opferdienst nötig hat?

Alles hab besorgt ich.(leise) Welch schöner und festlicher, lieblicher Tag heut,Wie würdig der Venus, der heut man ihr Fest gibt!(ebenso) Bist dankbar du, dass ich dich hierher herausrief?Verdient ich nicht zur Belohnung’nen Krug alten Weines? Versprich’s. Keine Antwort?Die Zung’ hat der, glaub ich, verloren.(Sprechvers.)Was, zum Henker, stehst du da erstarrt?(weiter leise) Lass lieben mich, sei still.

235

240

245245a

250

255

260

ANT.

ADE.

ANT.

MIL.

AGO.ADE.

ANT.ADE.

ANT.AGO.

MIL.

AGO.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 25

Page 32: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus26

Taceo.Si tacuisses, iam istuc taceo non gnatum foret.

Eamus, mea soror.Eho amabo, quid illo nunc properas?

Rogas? quia erus nos apud aedem Veneris mantat.

Maneat pol. mane.turba est nunc apud aram. an te ibi vis inter istas versarier prosedas, pistorum amicas, reliquias alicarias,miseras schoeno delibutas servolicolas sordidas,quae tibi olant stabulum stratumque, sellam et sessibulum merum,quas adeo hau quisquam umquam liber tetigit neque duxit

domum,servolorum sordidulorum scorta diobolaria? I in malam crucem. tun audes etiam servos spernere,propudium? quasi bella sit, quasi eampse reges ductitent,monstrum mulieris, tantilla tanta verba funditat,quoius ego nebulai cyatho septem noctes non emam.Di immortales omnipotentes, quid est apud vos pulchrius? quid habetis qui mage immortales vos credam esse quam ego

siem,qui haec tanta oculis bona concipio? nam Venus non est Venus:hanc equidem Venerem venerabor, me ut amet posthac propitia.Milphio, heus, ubi es?

Assum apud te, eccum.At ego elixus sis volo.

Enim vero, ere, facis delicias.De tequidem haec didici omnia.

Etiamne ut ames eam quam numquam tetigeris? Nihil id quidemst:

deos quoque edepol et amo et metuo, quibus tamen abstineomanus.

Eu ecastor, quom ornatum aspicio nostrum ambarum, paenitet exornatae ut simus.

Immo vero sane commode;nam pro erili et nostro quaestu satis bene ornatae sumus.non enim potis est quaestus fieri, ni sumptus sequitur, scio,

MIL.AGO.ANT.ADE.ANT.

ADE.

MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.

ANT.

ADE.

265

270

275

280

285

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 26

Page 33: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 27

(ebenso) Bin ja stille.(ebenso) Wärst du still, käm auch „bin still“ nicht mehr heraus.Gehn wir, liebe Schwester.

Bitte, weshalb eilst du jetzt?Du fragst?

Unser Herr erwartet uns am Venustempel.Soll er doch. Bleib;

Am Altar herrscht jetzt Gedränge. Möchtst du dich gesellen dennZu den Huren, Müllermetzen und der Dinkelmühlenspreu,Zu den armen Sklavenliebchen, schmutzig, binsenparfümiert,Die nach Stall und Sattel riechen und nach Kutsch- und

Tragestuhl,Die kein freier Mann je angerührt und mitgenommen hat,Dirnen sudeliger Lumpensklaven, für zwei Groschen feil? (für sich) Hol der Henker dich! Du wagst es, auch die Sklaven

zu verschmähn,Schandperson? Als wär sie schön, als nähmen Könige sie mit,Biest von einem Weib, das solche großen Worte um sich wirft;Nicht für einen Becher Dunst kauft ich mir sieben Nächte mit ihr!(für sich) O allmächtige, ew’ge Götter, was kann Schöneres

sein bei euch? Was habt ihr, worum ich euch unsterblicher schätzen soll als mich,Der ich solche Schönheit schaue? Venus ist nicht Venus mehr:Diese da ehr ich als Venus, dass sie hold mir Liebe schenkt. –Milphio, wo bist du?(wütend, leise) Hier, ich koche.(scherzend, leise) Ich möcht dich geschmort.(leise) Du machst wirklich Späße, Herr.(ebenso) Das hab ich alles von dir gelernt.(leise) Auch dass du sie liebst und hast sie nie berührt?(ebenso) Das macht doch nichts:Auch die Götter lieb und ehr ich und halt doch die Hände fern.Liebe Güte, wenn ich unser beider Putz anseh, bin ichUnzufrieden doch, wie wir geschmückt sind.

Nein, ganz recht ist’s; dennFürs Geschäft des Herrn und unsres sind wir gut genug

geschmückt.Kein Geschäft kann’s nämlich geben ohne Aufwand, weiß ich

wohl,

265

270

275

280

285

MIL.AGO.ANT.ADE.ANT.

ADE.

MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.

ANT.

ADE.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 27

Page 34: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus28

et tamen quaestus non consistet, si eum sumptus superat, soror.eo illud satiust, satis quod habitu, ‹haud satis est quod› plus

quam sat est.Ita me di ament, ut illa me amet malim quam di, Milphio.nam illa mulier lapidem silicem subigere, ut se amet, potest.Pol id quidem hau mentire, nam tu es lapide silice stultior,qui hanc ames.

At vide sis, cum illac numquam limavi caput.Curram igitur aliquo ad piscinam aut ad lacum, limum petam.Quid eo opust?

Ego dicam: ut illi et tibi limem caput.I in malam rem.

Ibi sum equidem.Pergis?

Taceo.At perpetuo volo.

Enim vero, ere, meo me lacessis ludo et delicias facis.Satis nunc lepide ornatam credo, soror, te tibi viderier;sed ubi exempla conferentur meretricum aliarum, ibi tibi erit cordolium, si quam ornatam melius forte aspexeris.Invidia in me numquam innatast neque malitia, mea soror.bono med esse ingenio ornatam quam auro multo mavolo:aurum, id fortuna invenitur, natura ingenium bonum.bonam ego quam beatam me esse nimio dici mavolo.meretricem pudorem gerere magis decet quam purpuram:[magisque meretricem pudorem quam aurum gerere condecet.] pulchrum ornatum turpes mores peius caeno conlinunt,lepidi mores turpem ornatum facile factis comprobant.Eho tu, vin tu facinus facere lepidum et festivom?

Volo.

AGO.

MIL.

AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.ANT.

ADE.

AGO.MIL.

290

295

300

305

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 28

Page 35: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 29

Doch ’s Geschäft kann nicht bestehn, wenn es den Aufwandübersteigt.

Daher ist genug denn besser, mehr als genug ist nicht genug.(wieder in leiser Unterredung mit Milphio) Götter, mehr soll sie mich lieben als die Götter, Milphio!Diese Frau kann den Granitstein zwingen ja, dass er sie liebt.Wohl, da hast du recht; denn du bist törichter noch als ein Stein,Die zu lieben.

Und doch steckt ich nie zum Kuss den Kopf zu ihr.Da lauf ich zu einem Weiher oder Teich und hole Lehm.Wozu das?

Ich sag’s: um einzureiben ihr und dir den Kopf.Schwerenot!

Die hab ich schon.Hör auf!

Ich schweig.Und bleib auch still.

Freilich du, Herr, neckst mit meinem Witz mich und treibstdeinen Spaß.

Du glaubst nun wohl, liebe Schwester, hübsch genuggeschmückt zu sein;

Aber wenn du mit den andern Mädchen dich vergleichst, dannnagt

Eifersucht, wenn etwa eine besser du geschmückt erblickst.Neid und Missgunst, liebe Schwester, wohnen nimmermehr in

mir.Lieber wünsch ich mich geschmückt mit Güte als mit vielem

Gold:Gold, dazu kommt man durch Glück, zum guten Herzen von

Natur.Und ich wünsch bei weitem lieber gut als glücklich mich genannt.Sittsamkeit steht der Hetäre besser als ein Pupurkleid.[Sittsamkeit steht der Hetäre besser als ein Goldschmuck an.] Schöne Kleider besudelt hässliches Betragen mehr als Schmutz,Anmut im Betragen macht leicht hässliche Kleidung ehrenhaft.(wieder in leiser Unterredung mit Milphio)He du, willst du einen feinen, lustigen Streich vollführen?

Ja.

290

295

300

305

AGO.

MIL.

AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.MIL.

ANT.

ADE.

AGO.

MIL.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 29

Page 36: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus30

Potesne mi auscultare? Possum.

Abi domum ac suspende te.Quam ob rem?

Quia iam numquam audibis verba tot tam suavia.quid tibi opust vixisse? ausculta mihi modo ac suspende te.Siquidem tu es mecum futurus pro uva passa pensilis.At ego amo hanc.

At ego esse et bibere.Eho tu, quid ais?

Quid rogas? Viden tu? pleni oculi sorderum qui erant, iam splendent mihi.Immo etiam in medio oculo paullum sordest. cedo sis, deteram.Ut quidem tu huius oculos inlutis manibus tractes aut teras? Nimia nos socordia hodie tenuit.

Qua de re, obsecro? Quia non iam dudum ante lucem ad aedem Veneris venimus,primae ut inferremus ignem in aram.

Aha, non factost opus:quae habent nocturna ora, noctu sacruficatum ire occupant.prius quam Venus expergiscatur, prius deproperant sedulo sacruficare; nam vigilante Venere si veniant eae,ita sunt turpes, credo ecastor Venerem ipsam e fano fugent.Milphio.

Edepol Milphionem miserum. quid nunc vis tibi? Opsecro hercle, ut mulsa loquitur.

Nil nisi laterculos,sesumam papaveremque, triticum et frictas nuces.Ecquid amare videor?

Damnum, quod Mercurius minime amat.Namque edepol lucrum amare nullum amatorem addecet.Eamus, mea germana.

Age sis, ut lubet.Sequere hac.

Sequor.

AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.

MIL.AGO.MIL.ADE.ANT.ADE.ANT.AGO.ANT.ADE.ANT.

ADE.

AGO.MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.AGO.ANT.ADE.ANT.ADE.

310

315

320

325

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 30

Page 37: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 31

Kannst du auf mich hören?Ja.

So geh nach Haus und häng dich auf.Warum das?

Weil du nie wieder so viel süße Worte hörst.Was musst du noch leben? Also hör auf mich und häng dich auf.Ja, sofern du neben mir wie eine Traube zum Trocknen hängst.Doch ich lieb das Mädchen.

Und ich Speis und Trank.Du, sag.

Was denn?Siehst du? Meine Augen, die voll Staub noch waren, strahlen jetzt.Aber mitten im Auge ist noch etwas Staub. Ich wisch ihn fort.(leise) Wie, mit ungewaschnen Händen rührst du ihre Augen an?Wir sind gar zu säumig heut gewesen.

Ei, warum denn nur?Weil wir nicht schon längst vor Tag beim Venustempel angelangt,Um als Erste Feuer zum Altar zu bringen.

Tut nicht not:Nur die hässliche Nachtgesichter haben, opfern lieber nachts.Ehe Venus noch erwacht, verrichten sie in aller EilSchon ihr Opfer; denn wenn Venus wach ist und sie kommen

dann,Treiben sie – so hässlich sind sie – Venus aus dem Tempel gar.(wieder in leiser Unterredung mit Milphio)Milphio!

Bei Pollux, armer Milphio! Was willst du nun?Hör doch nur, wie honigsüß sie spricht!

Ja, lauter Waffelwerk,Sesam, Mohn und Weizenkuchen und gebrannte Mandelkern.Glaubst du wohl, ich liebe?

Den Ruin, ja, den Merkur nicht liebt.Nun, Profit zu lieben, schickt sich auch für den Verliebten nicht.Gehn wir, liebe Schwester.

Gut denn, wie du wünschst.So komm.

Ich komm.

310

315

320

325

AGO.MIL.AGO.MIL.AGO.

MIL.AGO.MIL.ADE.ANT.ADE.ANT.AGO.ANT.ADE.ANT.

ADE.

AGO.

MIL.AGO.MIL.

AGO.MIL.AGO.ANT.ADE.ANT.ADE.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 31

Page 38: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus32

Eunt hae.Quid si adeamus?

Adeas.Primum prima salva sis,

et secunda tu secundo salve in pretio; tertia salve extra pretium.

Tum pol ego et oleum et operam perdidi.Quo te agis?

Egone? in aedem Veneris.Quid eo?

Ut Venerem propitiem.Eho, an irata est? propitia hercle est. vel ego pro illa spondeo.quid tu ais?

Quid mihi molestu’s, opsecro? Aha, tam saeviter.

Mitte, amabo.Quid festinas? turba nunc illi est.

Scio.sunt illi aliae quas spectare ego, et me spectari volo.Qui lubet spectare turpes, pulchram spectandam dare? Quia apud aedem Veneris hodie est mercatus meretricius:eo conveniunt mercatores, ibi ego me ostendi volo.Invendibili merci oportet ultro emptorem adducere:proba mers facile emptorem reperit, tam etsi in abstruso sitast.quid ais tu? quando illi apud me mecum palpas et lalei'"? Quo die Orcus Acherunte mortuos amiserit.Sunt mihi intus nescio quot nummi aurei lymphatici.Deferto ad me, faxo actutum constiterit lymphaticum.Bellula hercle.

I dierecte in maxumam malam crucem.Quam magis aspecto, tam magis est nimbata et nugae merae.Segrega sermonem. taedet.

Age, sustolle hoc amiculum.Pura sum, comperce amabo me attrectare, Agorastocles.Quid agam nunc?

Si sapias, curam hanc facere compendi potes.Quid? ego non te curem? quid ais, Milphio?

Ecce odium meum.

MIL.AGO.MIL.AGO.

ANC.AGO.ADE.AGO.ADE.AGO.

ADE.AGO.ADE.AGO.ADE.

AGO.ADE.

AGO.

ADE.AGO.ADE.MIL.AGO.MIL.ADE.AGO.ADE.AGO.ADE.AGO.MIL.

330

335

340

345

350

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 32

Page 39: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Der Punier 33

(leise) Fort gehn sie.(ebenso) Ob wir sie ansprechen?(ebenso) Tu’s.(tritt vor, zu Adelphasium) Der Ersten mein erster Gruß – (zu Anterastilis) Und als Zweite grüß ich dich auf zweitem

Rang – (zur Dienerin) und drittens dich,Ohne Rang.

Bei Pollux, dann war alle Mühe ja umsonst.Wohin willst du?

Zum Venustempel.Weshalb?

Zu bitten um Venus’ Gunst.Ach, so zürnt sie? Nein, sie ist dir hold; dafür steh ich dir ein.Nun, was sagst du?

Bitte, lass mich doch in Ruhe.Oh, so bös?

Lass mich bitte.Warum so eilig? Dort ist jetzt Gedränge.

Ich weiß.Dort sind andre, die ich sehn will, und will selbst gesehen sein.Wie magst du die Hässlichen anschaun und lässt selbst die

Schöne schaun?Weil beim Venustempel heut Hetärenmarkt gehalten wird:Dorthin kommen Händler, deshalb will auch ich mich zeigen dort.Unverkäuflicher Ware nur führt man von selbst den Käufer zu:Gute Ware findet leicht den Käufer, selbst noch im Versteck.Sag: wann turtelst du und plauderst du verliebt mit mir bei mir?An dem Tag, da Orcus aus dem Acheron die Toten lässt.Ich hab eine Menge goldner Münzen, die ganz närrisch sind.Bring zu mir sie: ich will ihre Narrheit gleich beruhigen.Welch ein niedliches Geschöpf!

Pack du zu allen Henkern dich!Ah, je mehr ich sie beschau, je mehr ist sie wie Dunst und Luft.Lass dein Reden, es verdrießt mich.

Schlag doch mal den Schleier hoch.Ich bin rein; lass bitte ab, mich anzurühren, Agorastocles.Was soll ich nun tun?

Sei klug und spare diese Mühe dir.Wie, die Müh um dich? – Du, Milphio? (Nimmt ihn beiseite.)(für sich) Da, wieder mein Verdruss!

330

335

340

345

350

MIL.AGO.MIL.AGO.

DIE.AGO.ADE.AGO.ADE.AGO.

ADE.AGO.ADE.AGO.ADE.

AGO.

ADE.

AGO.

ADE.AGO.ADE.MIL.AGO.MIL.ADE.AGO.ADE.AGO.ADE.AGO.MIL.

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 33

Page 40: EDITION ANTIKE - ciando · KOMÖDIEN BAND V Poenulus – Pseudolus – Rudens Lateinisch und deutsch Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau 3 18134-6_WB_PLAUTUS Donnerstag,

Poenulus34

quid me vis? Cur mi haec irata est?

Cur haec irata est tibi? cur ego id curem? namque istaec magis meast curatio? Iam hercle tu periisti, nisi illam mihi tam tranquillam facis quam mare olimst, quom ibi alcedo pullos educit suos.Quid faciam?

Exora, blandire, expalpa.Faciam sedulo.

sed vide sis, ne tu oratorem hunc pugnis pectas postea.Non faciam.

Non aequos in me es, sed morare et male facis.bene promittis multa ex multis: omnia in cassum cadunt.liberare iuravisti me haud semel, sed centiens:dum te exspecto, neque ego usquam aliam mihi paravi copiam neque istuc usquam apparet; ita nunc servio nihilo minus.i, soror. apscede tu a me.

Perii. ecquid agis, Milphio? Mea voluptas, mea delicia, mea vita, mea amoenitas,meus ocellus, meum labellum, mea salus, meum savium,meum mel, meum cor, mea colustra, meus molliculus caseus – Mene ego illaec patiar praesente dici? discrucior miser,nisi ego illum iubeo quadrigis cursim ad carnificem rapi.Noli, amabo, suscensere ero meo, causa mea.ego faxo, si non irata es, ninnium pro te dabit atque te faciet ut sis civis Attica atque libera.quin adire sinis? quin tibi qui bene volunt, bene vis item? si ante quid mentitust, nunciam dehinc erit verax tibi.sine te exorem, sine prehendam auriculis, sine dem savium.

AGO.MIL.

AGO.

MIL.AGO.MIL.

AGO.ADE.

AGO.MIL.

AGO.

MIL.

355

360

365

370

375

03_Poenulus_1 06.10.2008 9:15 Uhr Seite 34