Efalizumab – Therapie der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis in der Hautarztpraxis

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DOI: 10.111/j.180-6032. 2006. 06142.x Einleitung S1 © The Author • Journal compilation © Blackwell Verlag, Berlin • 1860-6024/2006/Suppl 1 – S1 JDDG | Supplement 1 ˙ 2006 (Band 4) Die übersichtliche und informative Arbeit der vertragsärztlich tätigen Autoren kommt zwei Jahre nach Einführung von Raptiva zum rechten Zeitpunkt, um eine kri- tische Bilanz zu ziehen über Mängel in der Sicherstellung leitlinienorientierter Ver- sorgung von Psoriasis-Patienten, die gebremste Innovationsbereitschaft dermatologi- scher Praxen in ökonomisch schwierigen Zeiten, den Verlust an Kompetenz und die Existenzbedrohung des dermatologischen Gebietes durch tief sitzende Ängste in einem sozialistischen und dirigistischen Gesundheitssystem. Auffällig bleibt die Zurückhaltung bei den Verordnungen im ambulanten Sektor in Anbetracht einer Schätzung von 80 000 unterversorgten Psoriatikern in Deutsch- land. Abschreckend wirken – mit regionalen Unterschieden – offenbar die für Der- matologen ungewohnt hohen Kosten der neuen Substanzgruppe der Biologics und die damit verbundene (vermeintliche) Regressgefahr durch Wirtschaftlichkeitsprü- fungen bei den Verordnungen anhand von Richtgrößen, Durchschnittswerten oder auch im Rahmen des brandneuen Arzneimittelverordnungswirtschaftlichkeitsgeset- zes (AVWG). Zu selten realisieren Dermatologen, dass eine kollektive Akzeptanz dieser neuen Therapiechancen die Gefahr von Prüfmaßnahmen mindert und ein „Aussitzen” solcher Innovationen die Zukunftsfähigkeit des Fachgebietes in Frage stellen wird. Da- bei würde ein Blick auf andere Fachgruppen wie Neurologen und Onkologen schnell erkennen lassen, wie sich Innovationsbereitschaft für neue Therapieoptionen lohnen kann, ohne zwangsläufig in Regressnot zu geraten. Der Fortschritt wird sich behindern, aber letztlich nicht verhindern lassen. Es wäre fatal, wenn es sich die Dermatologen selbst zuschreiben müssten, dass sie nicht mehr als die einzigen kompetenten Ansprechpartner der Psoriatiker angesehen werden, sondern die Behandlung der Psoriasis – zumindest der schwereren Formen – eine zu- sätzliche Domäne von Internisten mit Zusatzbezeichnung Rheumatologie würde. Die Psoriasis vulgaris ist (noch?) keine internistische Erkrankung! Wir betonen die Einschränkung der Lebensqualität als wichtiges Kriterium der Indi- kation für den Einsatz von Efalizumab als second-line-Behandlung, d. h. wenn andere bisherige systemische Behandlungen nicht wirken, nicht vertragen wurden oder kontraindiziert sind. Es ist zu fordern, dass Dermatologen sich dieser Einschränkung der Lebensqualität ihrer Patienten bewusst werden und sich darum kümmern. Psoriasis ist keine „Allerweltskrankheit“ und keine gesundheitliche Bagatelle! Die Behandlung mit Efalizumab führt zu einem Paradigmenwechsel von der her- kömmlichen Schubbehandlung zur Dauerbehandlung, wozu die gute Verträglichkeit und das geringe Nebenwirkungspotential beitragen. Gerade deshalb bleibt die Zulassungseinschränkung auf eine second-line-Therapie unbefriedigend. Es ist zu hoffen, dass weitere günstige Erfahrungen in der Anwen- dung bei immer mehr Betroffenen solche Einschränkungen in absehbarer Zeit über- flüssig machen werden. Efalizumab – Therapie der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis in der Hautarztpraxis Erich Schubert

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DOI: 10.111/j.180-6032. 2006. 06142.x Einleitung S1

© The Author • Journal compilation © Blackwell Verlag, Berlin • 1860-6024/2006/Suppl 1 – S1 JDDG | Supplement 1˙2006 (Band 4)

Die übersichtliche und informative Arbeit der vertragsärztlich tätigen Autorenkommt zwei Jahre nach Einführung von Raptiva zum rechten Zeitpunkt, um eine kri-tische Bilanz zu ziehen über Mängel in der Sicherstellung leitlinienorientierter Ver-sorgung von Psoriasis-Patienten, die gebremste Innovationsbereitschaft dermatologi-scher Praxen in ökonomisch schwierigen Zeiten, den Verlust an Kompetenz und dieExistenzbedrohung des dermatologischen Gebietes durch tief sitzende Ängste ineinem sozialistischen und dirigistischen Gesundheitssystem.Auffällig bleibt die Zurückhaltung bei den Verordnungen im ambulanten Sektor inAnbetracht einer Schätzung von 80 000 unterversorgten Psoriatikern in Deutsch-land. Abschreckend wirken – mit regionalen Unterschieden – offenbar die für Der-matologen ungewohnt hohen Kosten der neuen Substanzgruppe der Biologics unddie damit verbundene (vermeintliche) Regressgefahr durch Wirtschaftlichkeitsprü-fungen bei den Verordnungen anhand von Richtgrößen, Durchschnittswerten oderauch im Rahmen des brandneuen Arzneimittelverordnungswirtschaftlichkeitsgeset-zes (AVWG). Zu selten realisieren Dermatologen, dass eine kollektive Akzeptanz dieserneuen Therapiechancen die Gefahr von Prüfmaßnahmen mindert und ein „Aussitzen”solcher Innovationen die Zukunftsfähigkeit des Fachgebietes in Frage stellen wird. Da-bei würde ein Blick auf andere Fachgruppen wie Neurologen und Onkologen schnellerkennen lassen, wie sich Innovationsbereitschaft für neue Therapieoptionen lohnenkann, ohne zwangsläufig in Regressnot zu geraten.Der Fortschritt wird sich behindern, aber letztlich nicht verhindern lassen. Es wärefatal, wenn es sich die Dermatologen selbst zuschreiben müssten, dass sie nicht mehrals die einzigen kompetenten Ansprechpartner der Psoriatiker angesehen werden,sondern die Behandlung der Psoriasis – zumindest der schwereren Formen – eine zu-sätzliche Domäne von Internisten mit Zusatzbezeichnung Rheumatologie würde.Die Psoriasis vulgaris ist (noch?) keine internistische Erkrankung!Wir betonen die Einschränkung der Lebensqualität als wichtiges Kriterium der Indi-kation für den Einsatz von Efalizumab als second-line-Behandlung, d. h. wennandere bisherige systemische Behandlungen nicht wirken, nicht vertragen wurden oderkontraindiziert sind. Es ist zu fordern, dass Dermatologen sich dieser Einschränkungder Lebensqualität ihrer Patienten bewusst werden und sich darum kümmern. Psoriasisist keine „Allerweltskrankheit“ und keine gesundheitliche Bagatelle!Die Behandlung mit Efalizumab führt zu einem Paradigmenwechsel von der her-kömmlichen Schubbehandlung zur Dauerbehandlung, wozu die gute Verträglichkeitund das geringe Nebenwirkungspotential beitragen.Gerade deshalb bleibt die Zulassungseinschränkung auf eine second-line-Therapieunbefriedigend. Es ist zu hoffen, dass weitere günstige Erfahrungen in der Anwen-dung bei immer mehr Betroffenen solche Einschränkungen in absehbarer Zeit über-flüssig machen werden.

Efalizumab – Therapie dermittelschweren bis schwerenPlaque-Psoriasis in derHautarztpraxisErich Schubert

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Medizinisch begründete Ängste vor der Anwendung von Efalizumab sollten nach denzahlreichen Informationsschriften und -Veranstaltungen seit der Einführung vonRaptiva nicht mehr begründet und durch diese Handlungsanleitung definitiv aus-geräumt sein. Die Notwendigkeit der Betreuung der Patienten einschließlich zusätz-licher topischer und Photo-Therapien bleibt bei den betreuenden Praxen und diePatientenbindung wird damit sogar weiter verstärkt.Die Einführung solcher moderner systemischer Therapieoptionen wird Einflussnehmen auf die derzeitige Versorgungslandschaft und zwar sowohl von Seiten derPatienten als auch der behandelnden Ärzte. Die Bildung und auch die Akzeptanz vondermatologischen Schwerpunktpraxen zur Behandlung von Psoriasis vulgaris, mitKompetenz zur Behandlung der häufigen Psoriasis-Arthritis, wird sich nicht aufhal-ten lassen und zwar umso schneller je länger die Zögerlichkeit in den traditionellendermatologischen Praxen andauern wird.In jedem Fall wird eine intensive Zusammenarbeit mit unseren Hautkliniken undanderen Fachgebieten einer guten Versorgung unserer Psoriatiker nützlich sein.

KorrespondenzanschriftDr. Erich SchubertDermatologische PraxisHeinestr. 7aD-97070 WürzburgE-Mail: [email protected]

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