Eigenschaften eines Zahnarztes nach Moriz Heider

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stomatologie 2013 [Suppl 1] · 110:25–27 DOI 10.1007/s00715-013-0257-6 © Springer-Verlag Wien 2013 Eigenschaften eines Zahnarztes nach Moriz Heider 2. Jahresbericht des Vereins Österreichischer Zahnärzte (VÖZ) „Lassen Sie uns zunächst die p e r - s ö n l i c h e n Eigenschaften, welche ein Individuum, welches Zahnarzt werden will, gleichsam als Gottesgabe mitbringen soll, einer näheren Erörterung unterzie- hen. Es besteht in dieser Beziehung noch immer der Glaube, welchen man selbst unter Ärzten verbreitet findet, dass zur Ausübung der zahnärztlichen Praxis kei- ne besondere Befähigung erforderlich sei, und dennoch gehört ein seltenes Zusam- mentreffen glücklicher Naturanlagen da- zu, um nach gehöriger fachlicher Ausbil- dung einen guten Zahnarzt zu geben. Die- se Anlagen lassen sich füglich in k ö r p e r - l i c h e und g e i s t i g e eintheilen. Zu den ersteren gehört vor Allem ein für den Arzt im Allgemeinen, für den Zahnarzt im Besonderen wichtiges Erforderniss, eine kräftige, dauerhafte Gesundheit. Hat gleichwohl der Zahnarzt vor dem Medi- ziner den Vortheil voraus, mit anstecken- den Krankheiten nur selten zu thun zu ha- ben, und wenige Ausnahmen abgerech- net, eine ununterbrochene Nachtruhe zu geniessen, so liegt andererseits in der Na- tur der zahnärztlichen Praxis so manche Schädlichkeit, welche mit der Zeit selbst die kräftigste Gesundheit untergräbt, wenn man nicht bei Zeiten durch ein ent- sprechendes diätetisches Regime densel- ben begegnet. Zu diesen gehört der be- ständige Aufenthalt in der Zimmerluft, die ununterbrochene gebückte Stellung, das durch diese Stellung bedingte Einath- men der von den Patienten ausgeathme- ten Luft, das meistens aus Rücksicht für den Patienten entweder zeitweise sistirte oder nicht vollkommene Aus- und Ein- athmen, die durch das stundenlange Ste- hen auf derselben Stelle bedingte körper- liche Ermüdung, und die mit einer gros- sen Praxis verbundene geistige Erschöp- fung, welche nothwendig eintritt, wenn man durch 6–8 Stunden ununterbrochen ordinirt. Es ist in dieser Hinsicht die zahn- ärztliche Praxis bei weitem anstrengender als die ärztliche, nicht nur weil sie physi- sche Kraftanstrengung erfordert, sondern insbesondere dadurch, dass bei der Haus- ordination jener freie Zeitraum, den der Mediziner in frischer Luft sich bewegend zubringt, wenn er von einem Patienten zum anderen sich begiebt, bei der zahn- ärztlichen Praxis hinwegfällt, da bei der- selben den Platz, welchen ein Patient ver- lässt, sogleich ein anderer wieder ein- nimmt. Zu den physischen Anlagen gehört ein scharfes, dauerhaftes A u g e und ein fei- ner und ausgebildeter T a s t s i n n. Die heut zu Tage mögliche Diagnose der sich entwicklenden Caries in den ersten Sta- dien erfordert ein gutes und ausgebildetes Auge, und das gegen die Caries gebräuch- lichste und rationellste Mittel: die P l o m b e, mit deren Ausführung der beschäf- tigte Praktiker immerfort, oft bei der un- günstigsten Beleuchtung beschäftigt ist, setzt vor Allem ein dauerhaftes, so zu sa- gen nicht zu ermüdendes Auge voraus. Insbesondere ermüdet das häufig durch halbe Stunden fortgesetzte aufmerksame Betrachten einer oft schwach beleuchte- ten Stelle und der wechselnde Lichtreflex des Goldes während des Einführens in die zu füllende Höhle; wer je in den trüben Novembertagen gezwungen war, stun- denlang zu plombiren, und welcher Prak- tiker wäre das nicht, – wird das Gefühl der Ermüdung, Hitze und Völle kennen, das sich der Augen bemächtiget und das nur durch längere Ruhe sich wieder behe- ben lässt. In dieser Beziehung hat die Er- fahrung gelehrt, dass kurzsichtige Augen weitaus am geeignetsten sind, diese An- strengungen ohne bleibenden Nachtheil zu ertragen und dass sich auch viel länger die Schärfe bewahren, als weitsichtige Au- gen, welche bei zunehmendem Alter sehr bald jene für den Zahnarzt so unerlässli- chen Eigenschaften verlieren. Ein feiner und ausgebildeter Tastsinn sollte die Mitgift eines jeden Chirurgen und daher auch des Zahnarztes sein, der es so häufig mit Operationen zu thun hat, wo Feinheit des Gefühles mit Kraft gepaart in Anwendung kommen, so beim Plombiren und Zahnziehen; ein feiner Tastsinn trägt wesentlich dazu bei, dem Patienten bei der Untersuchung unnützen Schmerz zu ersparen, und die sogenannte l e i c h t e H a n d, welche Patienten dem Einen oder dem Anderen Chirurgen nachrühmen, wird hauptsächlich durch einen feinen und a u s g e b i l d e t e n Tastsinn bedingt. Eine damit verwandte Eigenschaft, oh- ne welche ein Zahnarzt nie über die aller- gewöhnlichsten Erfolge eines Praktikers hinaus kommt, ist die a n g e b o r e n e m a n u e l l e G e s c h i c k l i c h k e i t, eine Eigenschaft, welche dem einen als Gabe Gottes zufällt, und die sich der minder be- günstigte kaum durch jahrelange Uebung 25 stomatologie · Supplement 1 · 2013 | 150 Jahre ÖGZMK

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stomatologie 2013 [Suppl 1] · 110:25–27DOI 10.1007/s00715-013-0257-6© Springer-Verlag Wien 2013

Eigenschaften eines Zahnarztes nach Moriz Heider2. Jahresbericht des Vereins Österreichischer Zahnärzte (VÖZ)

„Lassen Sie uns zunächst die p e r - s ö n l i c h e n Eigenschaften, welche ein Individuum, welches Zahnarzt werden will, gleichsam als Gottesgabe mitbringen soll, einer näheren Erörterung unterzie-hen. Es besteht in dieser Beziehung noch immer der Glaube, welchen man selbst unter Ärzten verbreitet findet, dass zur Ausübung der zahnärztlichen Praxis kei-ne besondere Befähigung erforderlich sei, und dennoch gehört ein seltenes Zusam-mentreffen glücklicher Naturanlagen da-zu, um nach gehöriger fachlicher Ausbil-dung einen guten Zahnarzt zu geben. Die-se Anlagen lassen sich füglich in k ö r p e r - l i c h e und g e i s t i g e eintheilen. Zu den ersteren gehört vor Allem ein für den Arzt im Allgemeinen, für den Zahnarzt im Besonderen wichtiges Erforderniss, eine kräftige, dauerhafte Gesundheit. Hat gleichwohl der Zahnarzt vor dem Medi-ziner den Vortheil voraus, mit anstecken-den Krankheiten nur selten zu thun zu ha-ben, und wenige Ausnahmen abgerech-net, eine ununterbrochene Nachtruhe zu geniessen, so liegt andererseits in der Na-tur der zahnärztlichen Praxis so manche Schädlichkeit, welche mit der Zeit selbst die kräftigste Gesundheit untergräbt, wenn man nicht bei Zeiten durch ein ent-sprechendes diätetisches Regime densel-ben begegnet. Zu diesen gehört der be-ständige Aufenthalt in der Zimmerluft, die ununterbrochene gebückte Stellung, das durch diese Stellung bedingte Einath-men der von den Patienten ausgeathme-ten Luft, das meistens aus Rücksicht für den Patienten entweder zeitweise sistirte

oder nicht vollkommene Aus- und Ein-athmen, die durch das stundenlange Ste-hen auf derselben Stelle bedingte körper-liche Ermüdung, und die mit einer gros-sen Praxis verbundene geistige Erschöp-fung, welche nothwendig eintritt, wenn man durch 6–8 Stunden ununterbrochen ordinirt. Es ist in dieser Hinsicht die zahn-ärztliche Praxis bei weitem anstrengender als die ärztliche, nicht nur weil sie physi-sche Kraftanstrengung erfordert, sondern insbesondere dadurch, dass bei der Haus-ordination jener freie Zeitraum, den der Mediziner in frischer Luft sich bewegend zubringt, wenn er von einem Patienten zum anderen sich begiebt, bei der zahn-ärztlichen Praxis hinwegfällt, da bei der-selben den Platz, welchen ein Patient ver-lässt, sogleich ein anderer wieder ein-nimmt.

Zu den physischen Anlagen gehört ein scharfes, dauerhaftes A u g e und ein fei-ner und ausgebildeter T a s t s i n n. Die heut zu Tage mögliche Diagnose der sich entwicklenden Caries in den ersten Sta-dien erfordert ein gutes und ausgebildetes Auge, und das gegen die Caries gebräuch-lichste und rationellste Mittel: die P l o m b e, mit deren Ausführung der beschäf-tigte Praktiker immerfort, oft bei der un-günstigsten Beleuchtung beschäftigt ist, setzt vor Allem ein dauerhaftes, so zu sa-gen nicht zu ermüdendes Auge voraus. Insbesondere ermüdet das häufig durch halbe Stunden fortgesetzte aufmerksame Betrachten einer oft schwach beleuchte-ten Stelle und der wechselnde Lichtreflex des Goldes während des Einführens in die

zu füllende Höhle; wer je in den trüben Novembertagen gezwungen war, stun-denlang zu plombiren, und welcher Prak-tiker wäre das nicht, – wird das Gefühl der Ermüdung, Hitze und Völle kennen, das sich der Augen bemächtiget und das nur durch längere Ruhe sich wieder behe-ben lässt. In dieser Beziehung hat die Er-fahrung gelehrt, dass kurzsichtige Augen weitaus am geeignetsten sind, diese An-strengungen ohne bleibenden Nachtheil zu ertragen und dass sich auch viel länger die Schärfe bewahren, als weitsichtige Au-gen, welche bei zunehmendem Alter sehr bald jene für den Zahnarzt so unerlässli-chen Eigenschaften verlieren.

Ein feiner und ausgebildeter Tastsinn sollte die Mitgift eines jeden Chirurgen und daher auch des Zahnarztes sein, der es so häufig mit Operationen zu thun hat, wo Feinheit des Gefühles mit Kraft gepaart in Anwendung kommen, so beim Plombiren und Zahnziehen; ein feiner Tastsinn trägt wesentlich dazu bei, dem Patienten bei der Untersuchung unnützen Schmerz zu ersparen, und die sogenannte l e i c h t e H a n d, welche Patienten dem Einen oder dem Anderen Chirurgen nachrühmen, wird hauptsächlich durch einen feinen und a u s g e b i l d e t e n Tastsinn bedingt.

Eine damit verwandte Eigenschaft, oh-ne welche ein Zahnarzt nie über die aller-gewöhnlichsten Erfolge eines Praktikers hinaus kommt, ist die a n g e b o r e n e m a n u e l l e G e s c h i c k l i c h k e i t, eine Eigenschaft, welche dem einen als Gabe Gottes zufällt, und die sich der minder be-günstigte kaum durch jahrelange Uebung

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zu erwerben im Stande ist. Sollen wir defi-niren, worin diese manuelle Geschicklich-keit eigentlich besteht, so müssen wir sa-gen, einerseits in der unbedingten und au-genblicklichen Unterordnung eines jeden Fingergliedes unter den Einfluss des Wil-lens und in dem verständigen gleichzei-tigen Gebrauche sämmtlichter Finger zu dem beabsichtigten Zwecke; soll ich mich kurz ausdrücken, so möchte ich mir erlau-ben zu sagen, der Operateur soll den Ver-stand in den Fingerspitzen haben.

Da der Zahnarzt gezwungen ist einer-seits mit dem Aufgebote seiner gesammten Kraft zu operiren, wie dieses beim Zahn-ziehen der Fall ist, andererseits Fingerbe-wegungen auszuführen, die die grösste Leichtigkeit und Vorsicht erfordern, wie beim Plombiren von Zähnen, deren Kro-ne stellenweise bis auf die Schmelzschich-te zerstört ist, so erfordert die Vereinba-rung der Kraft mit der Zartheit in ein und derselben Hand eine Übung, welche vor-zugsweise auf dem verständigen Gebrau-che der Kraft beruht.

Chirurgus sit ambidexter ist eine altes Sprichwort, welches auch auf den Zahn-arzt seine Anwendung findet: nicht blos, dass die linke Hand immerfort die Rechte unterstützen muss, ist der Zahnarzt auch zeitweise gezwungen mit der Linken zu operiren und die Rechte nur als Unter-stützende zu gebrauchen.

Was die g e i s t i g e n Anlagen anbe-langt, so soll der Zahnarzt d i e s e l b e n besitzen, welche zum Arzte überhaupt befähigen. Unter diesen ist die sogenann-te B e o b a c h t u n g s g a b e, das ist das Vermögen die Naturerscheinungen scharf aufzufassen und unter einander in Verbindung zu bringen, eine der wesent-lichsten Eigenschaften des Arztes. Man kann die vollendetesten Sinnesorgane be-sitzen und dennoch ein schlechter Beob-achter sein. Es ist der Geist, mit dem die Naturerscheinungen erfasst und festge-halten werden, und die Auffindung ihrer gegenseitigen Beziehungen der wesent-lichste Faktor zu einem guten Beobach-ter. Und der Arzt ist immerfort gezwun-gen zu beobachten und die Erfolge, wel-che er in der Praxis erringt, beruhen zu-nächst auf sorgfältiger und richtiger Beob-achtung. Fehler bei derselben rächen sich gerade bei den Diagnosen des Chirurgen am schwersten, da der unmittelbare Erfolg

der Operation dieselbe bestätiget oder un-widerleglich verurtheilt.

Zu den unverlässlichen Eigenschaften eines jeden Chirurgen und somit auch des Zahnarztes gehört ferner M u t h und je-nes S e l b s t v e r t r a u e n, welches die Fol-ge gründlichen Wissens und klaren Erfas-sens des zu behandelnden Falles ist. Bei-de Eigenschaften sind oft in hohem Grade massgebend für den Erfolg einer Opera-tion, und die Folge derselben ist jener mo-ralische Einfluss, den der Operateur über den Patienten gewinnt, diesem Vertrauen einflösst und dazu bestimmt, mit Hinge-bung sich der Operation zu unterziehen.

Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, jenes geistigen Einflusses zu ge-denken, den jeder Arzt über seinen Pa-tienten besitzen soll und der nur durch grosse Menschenkenntnis erworben wird. Der Arzt soll Psychologe sein. Gehen wir aber dieser Eigenschaft auf den Grund, so finden wir, dass die auf der von dem Arz-te verlangten Beobachtungsgabe beruht. Der geübte Praktiker wird nach den ersten Worten, welche er mit dem Patienten ge-wechselt, dessen Gemüthsart im Wesentli-chen erkannt haben, und danach sein Be-nehmen einrichten; davon hängt oft sehr viel ab, wenn es gilt den unschlüssigen Pa-tienten zu einer Operation zu bestimmen. Diese Gabe, den Patienten geistig zu er-fassen, ist oft für das Schicksal des Arztes entscheidend und wiegt ebenso schwer, wenn nicht schwerer, als das gründlichs-te Wissen. Darauf näher einzugehen, liegt ausser den Grenzen der vorliegenden Be-trachtung, eine genaue Erörterung dieses Verhaltens des Arztes gegenüber dem Pa-tienten dürfte aber meines Erachtens in einer Anleitung zur Praxis nicht fehlen.

Da wir uns vorgesetzt haben die Be-dingungen zu erörtern, an welche die Wohlfahrt unseres Standes gebunden ist, so kann ich nicht umhin, der G e - w i s s e n h a f t i g k e i t als einer für den Zahnarzt wesentlichen Eigenschaft zu ge-denken; der ganze Erfolg einer Operation hängt mehr weniger von der Genauigkeit ab, mit welcher sie vollführt wird, und der Patient ist häufig nicht in der Lage die Vollendung zu beurtheilen, mit der sie ausgeführt wurde, bis ihn der Erfolg dar-über aufklärt. Dann ist es aber oft leider zu spät, den Schaden wieder gut zu machen. Wenn man bedenkt, welche Genauigkeit

und Sorgfalt zur Vollführung einer Gold-plombe erforderlich ist, oder wie schwie-rig es in manchen Fällen zu entscheiden ist, ob Zähne cariös sind oder nicht, so begreift man, dass zuweilen eine gewisse moralische Stärke, Ausdauer und Strenge gegen sich selbst erforderlich ist, um die fragliche Operation oder Untersuchung mit voller Gewissenhaftigkeit zu vollbrin-gen.

Dass der Zahnarzt, insoferne er sich mit der Zahnprothese befasst, jenen Grad der Gewissenhaftigkeit besitzen muss, den man im bürgerlichen Leben verlangt, versteht sich von selbst und wir sollten glauben, dass es einem geistig und sitt-lich gebildeten Manne nicht schwer fallen dürfte, jenen Versuchungen zu widerste-hen, welche ihn zu unerlaubtem Gewin-ne einladen.

Nehmen wir nun an, ein junger Mann sei mit all den eben skizzirten Anlagen und Fähigkeiten ausgerüstet, so hat er eben nicht mehr als die Vorbedingungen zu einem guten Zahnarzte erfüllt. Ob er in der möglichst kürzesten Zeit, oder über-haupt je dahin gelangen wird, ein solcher zu werden, das hängt von dem F a c h - u n t e r r i c h t e ab, den er geniesst. Bis-her ist dem angehenden Zahnarzte noch immer wenig Gelegenheit geboten, sich praktisch auszubilden, und er ist darauf angewiesen, durch Privatübereinkom-men mit einem zahnärztlichen Praktiker sich die Gelegenheit zur Ausbildung in seinem Fache zu verschaffen. Dabei hat er aber keinerlei Garantie für die Qualität des Unterrichtes, und da sich ein Prakti-ker nur nebenher mit demselben befassen kann, so wird dieser Unterricht jedenfalls einem, durch einen vom Staat bestellten Lehrer, dem die nöthigen Behelfe zu Ge-bote stehen, ertheilten Unterrichte nach-stehen, abgesehen davon, dass bei die-sem Einzelunterrichte von einer Gleich-förmigkeit der Ausbildung nicht die Re-de sein kann. Es wäre daher zu wünschen, dass der Staat den Fachunterricht in der Zahnheilkunde in die Hand nehme, wie er dieses mit demselben anderer Spezia-litäten, namentlich der Augenheilkun-de und Geburtshilfe gethan hat. Hand in Hand damit ginge die Reform der stren-gen Prüfungen, denn die Anforderungen, welche man an den Candidaten stellt, sol-len im Einklang stehen mit dem Unter-

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richte, den er erhält, und die Rigorosen auch mit der nöthigen Strenge unter Hin-zuziehung von Fachmännern abgehalten werden. Die Wohlfahrt unseres Standes hängt wesentlich ab von der Durchfüh-rung dieser a l s f r o m m e W ü n s c h e hingestellten Massregeln. Denn es ist für den Stand nicht gleichgiltig, wenn er sich durch Jünger ergänzt, welche wol zur Pra-xis berechtiget, aber durchschnittlich nur sehr wenig dazu befähigt sind. Und für den Betreffenden ist es oft eine Lebensfra-ge, ob er mit den nöthigen theoretischen und praktischen Kenntnissen ausgerüstet die Praxis beginnt, oder ob er gezwungen ist, sich an jenen, die bei ihm Hülfe su-chen, mit zaghafter unsicherer Hand erst die nöthige Übung zu erwerben, wobei er oft seinen Ruf als Zahnarzt für Jahre be-nachtheiliget.

Freilich gehe ich bei diesen Betrach-tungen von der Voraussetzung aus, dass der Zahnarzt auch Arzt sein müsse und glaube, der Beweis dafür ist schon oft ge-nug und in überzeugender Weise geführt worden …“

Prof. Moriz Heider

Literatur

  1.  2. Hauptversammlung des Vereins am 14. Novem-ber 1863, aus dem 1. Band der Sammlung der Jah-resberichte des Vereins Österreichischer Zahnärzte

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