Ein Besatzungsstatut Für Deutschland 1948

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    WILHELM GREWEEin Besatzungsstatut

    fr Deutschlandni"

    Reehtsformen,erBesetzung

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    W I L E E L M G R E - W Egeboren m 16, Oktober lgll in Harnbug

    o. Prof. an der Universitt Freiburg i. Br.

    Publiehe mder Milituy Govemment IilomstionControl License No. US -W- 1126

    Geilruerkt in der Budruckerei W. KohlhommGr Stuttg&rt

    Erster Teil:Die Rechtsgrundlagbn es Besagungsredrtes

    I . Die RedrLsnatur des Besagungsredr lesl. Die Re&tlidrkeit des Besagungsregimes 162. Die Tragweite der):,,bedingungslo-senKapitulation" . 183. Die Einheitlidrkeit ds Besagungsregimes -' 24

    II. Y-oraussegungen und Formen einer FeBtldfung desB e s a g u n g s r e d t e s . . . ' 2 7

    1; Ist eine Fixierung berhaupt mgli&? : . . ' 272. Kodifikation oder Einzelregelung? 303. Gesamtdeuts&e oder Zonenregelung? - . 31& . V e r e i n b a r u n g o d q r S t a t u t ? . . : . : . 3 55. Die Partnei eines Besagngsabkommeirs 4L6. Di Zuitndigkeit z;m Erla eines Besagungsstatuts 42?. Iias Rheinlandabkommen von I9I9 als Modell? . 45

    III. Die gegenw4ige Redrtg- qnd VeifassungslageD e u t s d r l a n d s . i : . . .

    1. Die Fragestellung; Besteht Deutsdland als Staat? .2. Die militrisdre Niederwerfirng (debellatio) Deutsdr'

    lanilsa) Der Bdgriff der ilebellatiob) Die Annektion im heutigen Vlkerrbdrtc) Keine debellatio mit Annektiolr . : .

    TN I A L T

    Yorbemerkung 11

    16

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    48485054

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    d) Keine debellatio mit airschlieender Errichtune einesI(ondominiumse) Keine debel lt io mit , ,Subjugat ion"f) Keine debdllatio mit-effektiver Ver4ichtung . . .g) Keine debel lat io mit Staatszerfa l l oder Staatszer-gliederung3. Der Fortbestand der deutschenStaatseinhei ta) Verfassungsvernichtung,aber keine Staatsvernichtungb) Redrtsfahigheit, aber heine Handlungsfhigkeitc) Die bernahme der deutsdren Staatsgewalt durchdie BesaBungsmchted) Die Doppelste l lung der Kontro l lorganee) Die Treuhnderschaft der I(ontrollorgane .f) I(ontrollrat und Zonenbefehlshaber4 . Die $tel lung der Lnder im gesamtdeutsdren Staats- 'verban da) Die Komperenzverteilungb) Die Vahrung der I(ompetenzregeln (Geltung undTragweite des Grundsa es ,,Reidrsrect bricht Land-redrt")c) Das Notgeseggebungsrechtder LnderIV. Die Ziele der Besegung Deutsehlands und die Mcht-befugnisse der Besagungsmchte . .l. Die militrische Sidrerungsbesegunga) Dab Wesen der occupat io bel l icab) Die Geltung ddr Haager Landkriegsordnung .c) Rechtlide Bedeutung deutscher Zuwiderhandlungend) W'andlung der occupatio bellica zur militrischenSicherungsbes gunge) Witergehende Besegungsziele und ihr Verhltniszu den Haager Regeln2. Die Interventionsbesegunsa) Zwed< rnd Ziel der Intervention . . .b) Begriff und Vesen der fntervention6

    c )Re &ts b a s i s d e r l n te r v e n t i o n . . . : . . . I 2 9d) Grenzen der Intervention . . . 134e) Verfassungsgarantie der Interryentienten . 1393. Die Sequestrat ionsbesegung 14 1a) Voraussegungen und Grudlagen der Sequestration 7+ lb) Begriff und Wesen der Sequestration I42c) Der Inhalt der Sequestrationsgew alt 148d) Die Grenzen. der Sequestrationsgew alt 150e) Beendigung def Sequestrat ion . 1534, Die wirtschaftlidre Sicherungsbesegung 155

    55626970747477798287919595

    a )b)c)d)e )V.

    Der Begriff der ,,Reparation" und der ,,Restitutiono'D i e F r a g e d e r , , Y o r g r i f f e ' o , . . , : .Automatische Reparationsschuld als Rechtsfolge desAn gri f fskr iegesGrenzen des ReparationsanspruchesRegelung der Resr i tut ionen . .Die vlkerrechtlich eewhrleisteten Gruntl"fl.ht" d",

    15615 816116 8172

    17817 8181184

    191192,7

    10 0104

    10610610 610 8ILI116120t26726I27

    besegten Landes und seiner BevlkerungL Gibt es besagungskrftige Grundredrte?2. Der Inhalt der Grundrechte3. Grundrechte und,,mi l i tr ische Notwendigkei ten"

    1. Vahrung der Sicherheit der Besagarngstruppen2. Befr iedigung der Besagungsbedrfn isse

    Zueiter Teil:System des Besagungsrechts

    I . Die Organisatr ion der Besagungsbehrden 18 8l. -{ufbau 1882. \ -er te i lung der Geseggebungskompetenzen . . . 18 83. Gesegmi$kei t der Besal jungsexekut ive : 1894. Die Einhei t des Besagungssystems 19 0II . Befugnisse der Besagungsbehrden m Rahmen der

    militrischen Sicherungsbesegung 191

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    ff1:[.i.'E r .ta )b)c )d )e )f )3 .a)b)

    a)l; )

    Unterbringung und Unierhgh der BesagungstruppenMilitrische Anlagen

    Verkehrs- und NachridrtenmittelVerbot ilei Ausnugung des Besagungsgebietes frzivile ZweckeFestsegung tler BesagungskostenBe g re n z u n g d e s Re q u i s i t i o n s re c h t s j . , .Die Aufrechterhaltun g der ffentlichen Ordnung .Pol izei l iche Sicherungsmanahmeri . : . , .Belagerungszustand .Schug von Lebenl Freiheit und RedrtsiidrerheitGerichtsbarkeitV e r w a l t u n g . . , .

    I I I . Befugnisse der Besagungsbehrden kraft Seque-strtron

    l. Die Sequestrationsgewah2. Regierungsgewalt3. Geseggebungsgewalt4. Justizhoheit5. Verwaltungshoheit6. Kompetenzverteilung nadr Beendigung der Seque-

    strat ionIV. Befugnisse derBesagungsbehrden kraft InterventionL Die Interventicinsgewalt2. Enrmilit'ari sierung unil.Entnazifizieru ng .3. Bestrafung von Kriegs- und Menschlidrkeitsverbrectren

    und Beseitigung vqn Diskriminierungen4. Demokratisierunga) Prinzipien der Demokratie . . .b) Grundsag der Verfassungsautonomiec) Regierungsbilduirg und Regierungskontrolle . . ..d) Regierunggttigkeite) Frbiheit der Geseggebungf) Freiheit -des politisdren Leberis . :. . .

    8 -

    \r. Befugnisse der Besagungsbehrden auf dem Gebieteiler Reparationen und Restitutionen 2I9

    l. Der l-orgrifr auf Reparationen . 21 92. Grenze der Reparationspflicht 2IS3. Feststellung und BewertunS . ). 2I91. Si&erung knftiger Reparationsleistungen , - 2205. Lnzulsdige Eingriffe 22 06. Lieferungen aus Iaufender Produktion 22 1? . D e r R e p a r 4 t i o n s a u s s c h u . . ' . 2 2 2B . D e r R e s t i t u t i o n s a n s p r u c h . . : 2 2 29. Das Restitutionsverfahren 22 3

    19319 3194r9419 5196197t9779719819 819 92002002012032042062082t02102l l2I32142142152t52162t7218

    VI. Streitsdrlichtung .nhang: Die Richtlinien der Londoner Konferenz f r

    ein Besagungsstatut .

    224

    225t

    r,

    AbkrzungenDRZ. : Deutsche Rechtszeitschrift (Tbingen)HLKO. : Haager Landkriegsordnungmnn. : Monatsschrift fr Diutsdres Recht (Hamburg)NJ. : Neue Justiz (Berlin)NJur, = Neue Juristische 'Wodrensdrrift (Mndren)SJZ. : Sddeutsche'Jur istenzei tung (Heidelberg)

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    V O R B E M E R K U N G

    De in dieser Schrift entworfene Skizze iles deutsdJrenBeseEu-ugsre&tes st aus einem Rechtsgutachten erwach'r+rn-das der Verfasser im" Sommer und Herbst 1947 - imA,n-+&lu8 an die Mnchener Krinferenz der Minister'pri;identen - im Auftrage einer deutsphen Landesregie-ru-nean= earbeitet hatte. Ihre ursprngliche Konzeptionhoute ii daher auf der politischen Gesamtla$e .von\947*j- Seit dieser Zeit haben sich die politischen VorauC''fl4,runrtn in vers&iedqngr Hinsicht grundlegend ge'fud*-rt- trn ehrmaligen berarbeitungen hat sich derTs{r,Ee+r bemht, diesen vernderten loglussegungenlry,cit Rechnung ztt Lrager.' als dies geboten sdrien. In'l&**r durfte er bei eiirem derartig im Flusse der Ent-ri*lung befindli&en Thema riicht hoffen, mit den.Er'eEnissen jedes neuen Tages Sdrritt halten zu knnenl,T*ronJtigerweise konnte das auch nicht das Ziel einervisr"en&aftli&en Studie sein, wie sie hier beabsidrtigtwiar.flne *hrend der Drucklegung bekanntgervordenen Richt'ili*i*'nder Londoner Konferenz fr ein Besa$ungsstatutsind daher im Text nidrt bercksidrtigt. Der Verfasserretuht daria keinen Mangel seiner Arbeit. E3 kam ihm{n'aui nn. die vlkerrechtlichen Grundlagen und Vor-

    lnffirsur- en und die mglichen Gestaltungsformen eines'Dceagm-ng-.statutszu entwickeln, wie-sie sich dem Augedc* wli:en.&aftli&en Beobachters in Deutschland dar-bieten. Der Leser. wiril selbst in ilerol-age sin, tlie hiererarbeiteten Gesidhtspunkte und Mastbe mit den Vor-schlgen und Richtlinien der Kopferenz von London zu

    1 l

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    'erg:lei&en und si& dabei ein Urteil darber zu'bilden,rie reit diese Vors&lge den v'lkerrechtlichen Grund-lagen des Besagungsrechtes und den berec{rtigtan Er-warturrgen der betroffenen Bevlkerung entspre&en od.erni&t entspredrei. Es darf angenommen werden, da diehier vorgelegte Arbeit allen denjenigen eine praktisdrellilfe bietet, die sich mit den Londoner Vorschlgen aus-einanderzusegen haben.DieseAuseinanderse ung konntund wollte_der Verfa$ser dem Leser nicht abnehmen. DieimAnhang gegbenekurzeAnalyse desLondonerTexteswill daher.nicht mehr als ein lfiegweiser und ein Hilfs-mittel fr diese Auseinandelsegung sein.Einige erklrende Worte erf ordert derTitel dieser Schrifi,Das Vort ,,Besagungsstatuto' ann in verschiedenerBe -deutung gebraucht werderr. In einem weiteren Sinnekann darunter jede-rechtsfrmige Festlegung des Be,-sagungsredrtes verstanddn werden, gleichviel; af wel-chem Vege sie zustandekommt. In diesem Sinne ist derdem Sprachgebrauch nserer Tqge vertraut gewordeneAusdrudr im Titel dieser Schrifi gembint. - In einbmengeren Sinne kann unter dem Begriff ,,BesaSungs-sta.t.ut" jedoch audr lediglich eine solche redrtsfrmigeFesilegutrg des Besagungsrechtesverstanden werden, dieni&t auf dem

    'Wegevertraglicher Vereinbarung zu-s'tandeget6mmen st, sondernvn den Besagungsmchten,rstatuiert", d. h. aus eigener Machtvollkommenheit ein--seitig erlassen worden ist. In diesern Sinne bildet einsolch.esoktroyiertes Besalungsstatut den Gegenbegriffzu einem vereinbarten,Besa ungsabkommenoo.mTexte.

    ,dieser Schrift ist der Ausdrud< in der Regel in diesemengeren und prziseren Sinrie gebraudrt unil sind dieBegriffe,,Besa$ungsstatut'o nd,Besagungsabkommen'o' 'entspredrend unterschieden worden. Die-Form des Be-sa6ungsabkommenEwar vor allem solange in Betracht zuziehen, als die Hoffnung auf eine baldige Bildung einerprovisorischen deutschen Regierung fr ganz Deutsdr-12

    ;lanil nbch nicht aufgegeben werden durfte' Nadrilemdiese Hoffnung -. jedqnfalls fr eine nhere Zukunft -mehr und mehr an realer Bedeutung eingebt hat, is tdie Form'des Besagungsstatuts, nd zwar eines von de nilrei westlichen Besagungsmdrten erlassenen Statuts,strter in denVordergrund gerckt' Prinzipiell wre frei'li& au in diesem begrenzteren Rahmen der drei'West'zonen noch die Form desAbkommens mglich' Sie wrdejeiloch dil Konstituierung des Dreizonengebietes al6selbstndiges Vlkerrechtssubjekt und Staat i'orus'segen - eine Voraussebung, die vielen Deuischen auswohlerwogenen Grnden als verhngnisvoll erscheint'Im Rahmen der folgenden lJntersu.chungen waren jeden'falls alle denkbaren Wege der Regelung des Besagungs-rets zu errtern.

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    I . Die Re&tsnatur des Besatzungsrechtes

    1. Die Rbdttlichkeit iles BesagungsregimesTrog der ,,bedingungslosenKapitulation.,, trog des vol l-stndigen poli t ischen und mil i trischen Zusammenbruchsdes Reiches befindet sich das beseBte Deutschland seit1945 nicht im Zustande der absoluten Rechtlosigkeitgegenber den Besagungsmdrten.Venngleich die Kapitulation: vom 8. Mai 1945 ,,bedin-gungqlos" war, d. h. dem unterlegenen Teil keinerleivertraglidhe Zusicherungen hinsidrrlidr seiner knftigenBehandlung gab, wenn auch kein Waffenstillstandsver-trag geslossen wurde, der etwa solche Bedingungeneingerumt htte, so ergeben sich doch aus dem geschrie-benen sowohl wie aus dem ungeschriebenen Vlkerrechtbestimmte Redhtssge,welche die Stel lung des Siegersim besegten feindl ichen Lande begrenzen und gewisseMindestrechte der BevlkerunE dieses Landes eewhr-leisten. Diese Rechtssgebesti lmen die Ao.guigslage,in der sich die Besagungsmch teund Deutsdrlani l be ider Errichtung eines genauer formulierten Instrumentesdes Besalungsrechtes befinden. Ein solches Instru-ment htte also nicht so sehr neue Rechtssgezu be -grnden, als vielmehr die vorgegebenen Rechtsgrund-sge und Normen im Hinblick auf die konkrete Lage inDeutschland anzuwenden,, zu formulieren und zu spe-zialisieren. Die Aufgabe besteht also, prinzipiell ge-sehen, nidrt darin; einen Zustand der Rechtlosigkeitdurch eine Orilnung des Rechtes lbzulsen, ,ond".i di"bereits bestehende Rechtsordnung bewut zu madren,zu festigen und nadr der Erfahrung der hinter uns lie-genden Jahre der BeseEung ortzubi lden.

    Diese Ausgangslage st auf beiden Seit en nicht imrnerrichtig erkannt worderr. Auf eine durch vlkerrechtlicheGutachten gestbte Beschwerde ler Stadt Essen gegendie von der bri t ischen Mil i trregierung angekndigteZerstrung eines Teiles cle r I(rupp-Ver ke in Essen istim Auftrage des Generals Robertson erwidert worden,die Kontrol lkommission und die Zonenbefehlshaberstel l ten in jeder Hinsicht das auf redrtl icher Grundlageerridrtete oberste Regierungsorgan n Deutschland dar.Vrtlich wurde im nschlu daran erklrt: ,,Auf Grundder ihnen (d, h. den vier im I(ontrol lrat vereinigtenZonenbefehlshabern) verl iehenen obersten Gewalt gibtes keine Begrenzung ihrer Vollmachten, mit Ausnahmederjenigen, welche sie sich selbst segen.o'So zutreffend die rechtliche Grrrndlage betont wird, aufdie sich die Ttigkeit der Besagungsbehrdenstbt, sorienig kann zugegeben werden, da diese das Ausrnajhrer Rechte und Befugnisse nach freiem Belftben selbstt,estimmen knnten. Eine solcheAuffassung, die im gel-tenden Ylkerrecht keinen Anhaltspunkt findet, wirdzuneist mit der besonderen und einzigartigen Situationbegrndet, welche durch die ,,bedingungsloseKapitula-tion" geschaffenworden sei ' Zweifel los wircl die Beson'derheit der heutigen Lage Deutschlands dort verkannt,' . ' . , man auf deutscher Seite versucht, die Besa[ungs-..a,, irte auf die Sdrranken der Befugnisse zu verweisen,'* t i 'e die HaagerLandkriegsordnung von 1907 (IILKO)i.: Le.;lenden Mac,htzieht. Kein Lebenssachverhalt e-j , i r -. i .o neuartig und abnorm, da er sich einer Er -:-: i=::: und Beurtei lung durch berl ieferte Rechts'sr-:.d.sEe und Normen berhaupt entzge' Die An':.:Ll:e aber. Deutschland habe sich durch die ,,bedin-:*::. lo=e Kapitulation" al ler Rechte und Rechtsschug-r: -r:rLerr nd jeder Rechtsfhigkeitberhaupt begeben,: - r : r i r : - jeder jur i s t i schenBegrndung.

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    :i l2. Die Tragweite d,er ,,bedingungstosen Kapitulation,

    Die dem Begriff der ,,bedingungslosen Kapilulation,o inder Auffassu4g der alliierten Statsmnner ursprng-Iich beigiemesseneBedeutung sdrlo solche weitgehen-den Konsequenzen kei'neswegsein.Das':Sdrl4gwort,,bedingungslose Kapitulationoo stammtaus dem amerikanischen Brgerkrieg. Parallelen zu derSituation von 1865 drfen jedo& nur mir groer Vor--sicht gezogen werden. Die Nordstaaten haben die Aus-einandersegung als innerstatlidren Brgerkrieg auf-gefat und demnactr nidrt nach vlkerredrtli&en Regeln'abgewiilkelt. Auf der anderen Seite ist es juristisdr be-deutungslos, wenn man versudtt, den hinter uns liegen-den 'Weltkrieg als internationalen Brgerkrieg aufzu-fassen.*Vgl.Zinn, Unconditional Surrender. NJur. 1947,Sei te 11. )Qamit werden nur die klaren Begriffe des Vlkerredrts,auf die sich die gege'lwrtige.Rechtsposit ion Deutsde-lands grndet,.versdroben. Dielliierten ihrerseits habendeutlich g;enugzu verstehen gegeben, da sie keinesfallsgeneigt sind, einer soldren Konzeption"zu folgen un delwa die aktiven Trger der deutschen 'Widerstands-hewegung aus der Gesamtverantwortl ichkeit des deut-schenVolkes zu entlassen.In das polifis-juristische Vokabular unserer Zeit is tder Ausdrudr,,bedingungslose'Kapitulationoo durch de nPrsidenten Roosevelt auf der Konferenz von Casa-blnca im Jauar 1943 eingefhrt worde4. Er tauchtdann in d-erViermdrte-Erklrung von Moskau vom Ok-tober 1943 und in spteren Konferenzbeschlssen z. B.tlenen von Jalta = wieder auf.Was mit dieser Formel zunchst gemeint war, geht sehr 'deutlich aus versc}iedenen Auqrungen alliierter Staats-mnner aus jdner Zeit hervor. Man erinnerte sich daran,da die Alliierten im Jahre l9l8 beim Abschlu desl8

    Tafienstillstaudes und 1919 beim Abschlu desFriedend'$ertrages in ihrer Handlungsfreiheit gebunden waren.Sie hatten sich durch einen Yorvertrag gebunden, derin OktoberiNovember 1918 in Form eines deutsch'ame'rilanischen Notenwechsels zustande gekommen war undder seinen Abschlu in der sogenannten Lansing'Noterom 5. November 1918 gefunden hatte, Dana& hattendie -{lliierten das Programm der Vilson-Punkte als bin'dende Grundlage der knftigen Friedensregelung ah-zeptiert. In vielfach sehr wirksamer 'Weise hat si& diedeuts&e Poli t ik und Propaganda seit 1919 auf diesere&tli&en Binilungen berufen und ihre Verlegungdur& bestimmte Manahmen der alliierten Politik undbestimmte Klauseln des Friedensvertrages gerigt' T94Lhatte man abermals ein Programm aufgestellt, das uer-li& gew-isse,Ahnlichkeiten mit dem Wilson-Programmaufr^-ies: die Atlantic Charter vom l'2. August 1941.Eenn in der Folgezeit in Casablanca,Moskau grd Jaltaron --bedingungsloser Kapitulatignoo gesprochen wurde,:o sol l te das m Rckblid< auf jenelrorgnge von l9l8/19berleuten: dieses Mal darf es beim Friedenssdrlu vo nrornherein keinerlei rechtlidre Beschrnkung der poli'tis&en Handlungsfreiheil der Alliierten gebe4, die-{t lantic Charter darf nicht i l ie gleicheRolle spielen,wi e1919 die Vierzehn Punkte, Deutschland darf sich nichtauf sie berufen drfen, es mu militrisdr kapitulieren,ohne da ihm derartige Prliminar-Friedensbedingun'ren z,ngesi&ert sind, Diesen Sinn der ForTel ,,uncoh-ditional surrenderoohat Churchill in seiner Unterhaus'mde ron 21. Februar 1944 erlutert, und AuenministerEden hat einen Tag spter diese Worte des Premier'ninirggr's no& einmal nachtlrcklidr unterstrichen, in-dem er erklrte: ..I stelle mit aller Deutlichkeit fest'da ditise Erklrung Churdrills die Haltung der gesam-ten britiscen Regierung wieilergibt. Eer Premiermini-ster hat deutlich zu verstehen gegeben, da Deutsdrland

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    nidrt beredrtigt ist, si& auf die Atlantic Charter zu be'rufen, um die siegreichenMchte zu hindern, territorialeBereinigungen auf seine Kosten vorzunehmen. Es gibtgewisseTeile er Atlantic Charter, tlie sich in deutlidrenWorten sowohliauf die Sieger als auch auf die Besiegtenbeziehen, so z. B. der Artikel 4. Dieser Artikel soll invollem U-.fang zu Recht bestehen bleiben; aber wirknnen nicht zugeben, da Deutschland die Anwendungdieses Teils der Atlantic Charter oder irgend eines an -deren Teiles derselben als ein Recht beansprudren kann.Ich mache kein Hehl aus dem Ziel, d.aswir uns in die-ser Hinsidrt in der britischen Auenpolitik gested

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    freier Abzug, Freilassung von Offizieren auf Ehrenwortu. . Politische Bedingunge n fallen aus .dem Rahmeneiner soldren Kapitulation heraus. Insoweit, heit esbei Hall-Higgins, ,,als Kapitulationen Abkommen vo nstrikt militrisdrem Charakter sind, sind Offiziere mithherem oder abgesondertem Kommando nach einerallgemeinen Regel befugt, solche einzugehen. Vertrag-liche Bestimmungen jedoch, welche die politische Ver-fassung oder Verwaltung eines Landes oder eines Ortesberhren, oder Verpflichtungen irn Hinblick auf seineknftige Unabhngigkeit, knnen auch von einem Ober-kommandierenden nicht ohne besondere Vollmachteneingegangenwerdenoo.p.666: ,,In so lar as capitulations are agreements ol

    a strictly military hind, olficers in superior or d,e-tached, command are as a general, rule competent toenter int,o them. But stipulations affecting the politi-cal constitution, or atlministration ol a country orplace, or making engagerneits with respect to its tu-ture ind,pendence, cannot be consented to eaen byan officer cornmand,ing in chief utithout possessionol special powrs."Niemarid hat bisher behaupten knnen, da Friedbburg,Keitel und Stumpf ,,besondereVollmachtenoon diesemSinne gehabt htten.Die daraus folgende beschrnkte Tragweite der Kapitu-lationserklrung als eines rein militrischen bergabe-aktes, der nach Form und Inhalt sowie nach der Voll-macht der Unterhndler gar nicht mehr sein konnte alsdieses, st hufig verkannt und entstel l t worden.Schon vor dem Zusammenbruch hatte sich ein politischerSprachgebrauch herausgebildet, der in den Begriff der,,bedingungslosenKapitulation'o' Konsequenzen hinein-legte, die ihm vlkerrechtlich nicht ihnewohnen. Pre-mierminister Churchill erklrte am 18. Januar 1945 imUnterhaus: ,,Die Erzwingung der bedingungslosen Ka .

    pitulation des Feindes befreit die siegreidrbn Mchtein keiner Veise von ihrer Bindung an die Humanittnnd son ihren Pflichten'als zivilisierte und christlicheStaaten." Niemand wird die zwingende Richtigkeit die-:e. Satzes und den praktischen 'Wert dieses Bekennt'ni=.es in Zweifel ziehen wollen. Gleichwohl gibt eskei.rr ritiges Bilil von den Konsequenzen der bedin-:ung:slosen Kapitulation, da es i l ie gleichfal ls fortbe-;tehende Bindung der Siegermchte an ilas Vlkerrechtunerrvhnt lt.In hnlichem Sinne knpfi das Urteil des amerikani'=ren \'fliYrt'rgendnts iur Nrrtber get Srrtit\ertprsze s srrt3. 4.Dezember L947 an die Tatsache der ,,bedingungs'losen bergabe und Besegung" Deutschlands tl ie Fol 'rerung, da die Sieger an die Bestimmungen der Haa'eer Landkriegsordnung gegenber Deutsdrland nitht3ebunden seien. Es gibt aber auch keine anderen vl'kerrechtlichen Regeln an? an die ilie Alliierpn gebun'den wren, sondern begngt sich damit, sie mit ,reinerkategorischen menschlichen PEicht weit grerer Reidr'rr-eite" zu belasten. (Das Nrnberger Juristenurteil.i -{l lg.Tei l .] Herausgegeben om Zentral justizamt fr die'bri t ische Zone. 1948. Seite 14 [Urtei l Seite 9]). Diesesaus einer irrigen Deutung der ,,bedingungslosen Kapitulation'o abgeleitete Ergebnis gibt kein zutreffendes Bildr-on der Rechtslage.Die Siegermchte haben sich auf der Konfererrz volrIalta zu dem Ziele bekannt, ,,eine 'Weltordnung desRe&ts zu sdhaffen, lie ilem Frieden, der Sidrerheit unddem allgemeinen Wohl der Menschheit gewirlmet ist'o'\-on dieser Zielsegung her gesehen wre es unverstnd'li. wollten .sie Deutschland gegenber ihre Binilungan das Vlkerrecht leugnen. Die ,,bedingungslose Kapi'tulation'o Deutsdrlands befreit sie von dieser Binilungn i&t .

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    FF-'"

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    Jede Redrtsordnung aber bringt fr 'alle Beteilietengleidrzeitig Rechte ,und Fflichten mii sich. Eine rd-nung, die dem einen Partner nbegrenzte Machtbfug-nisse, derir anderen keinerlei Rechtsschug einrumenw;de, wre keine Ordnung des Rechts,'sondern eineHerrschaft dernVillkr.

    . 3. Die Einheiili&.heit iles Besag,ungsregimesTrog der Aufteilung Deutsdrlands in vier bzw. fnfmil i trisdre $eselungszonen besteht na& den Beschls-, sen von Jalta und Potsdam ein einheitlidhes Besagungs.system fr. Deutschland, das seine $pige irn Kontrollrathat. Auch die Rechtsgrundlagen der Besegung sind ein-heitlich fr gnz Deutsihland.Nach dem Plan fr die endgltigd Niederwerfung des- gemeinsamen Feindes von Jalta (3._f f . Februar 1945),,rrerden die Truppen der drei Mchte, j"d" M""h; ;; ;sich_getrennt, .eine besondere Zne Deutsdrlands. be -selen. Nach dem FIan wurde eine koordinierte yerwl-tung und Kontrolle durch eine zentrale ,Kontrollkom_mission vorgesehen, die aus den Oberkommandierendender drei Mdrte bestehen und ihren Sig "irrBeflin habensoll. Es wurde bereinstimmung darber etzieltoFrank.reich durch die drei Mchte urif-zuforder.r, eine Besat-4rngszone zu bernehmen und als viertes Mitglied ander Kontrollkpmmission teilzunehmen, wenn es diesen. Wunsch haben soll te.ooDas Potsdamer Abkommen vom Z. August 1945 bestimmtdemgem ,,die politischen und wirtschaftlichen prin_zipien, die bei der Behandlung Deutschlands. . ri&-

    tunggebend sind".-Es bestimmt in Abschnitt A2:,""So-rveit dies piaktisdr zu verwirklichen ist, mu tlie Be_handlung der Ber,lkerung in ganz Deutschland diegleidre sein." Eine zentrale deutsch-e Regierung ooll24

    *r-orlufig" nichl sebildet werden. Doch sinrl ,,gewisse_rentrale, von' Staatssekretren geleitete deutsche Ver-raltungsmter von wesentlicher Bedeutung'o vorgesehen'tA 9IV). ,,In der Periode iler Okkupation mu Deutsch'land als ein einheitliches wirtschaftliches Ganzes be'a&tet werden'o (B 14).Diese Grundsge sind bisher in der Praxis nicht befolgtworden. Doch bleiben sie bestimmend fr die Einheit'li&keit des deutschen'Besabungsrechtes.L=nter ,,Deutschland'o st dabei das Gebiet zu Yerstehen'das durih die Reichsgrenzen hach dem Stande vom3l.Dezember 937 un:sehlossen st. Spteren Gebiets-erweiterungen, aucle wenn sie allgemeine vlkerredrt-l i&e Anerkennung gefunden haben soi l t"o, ist mit de mdeutschen Zusammenbruch die rechtlidre Grundlage ent'zogen worden - ein Vorgiang, af dessen rechtliche Pro'blematik hier nidrt nher einzugehen ist. Jedenfallsstehen a[e Gebiete innerhalb der Grenzen vo4g 31.-De-zember 193? seit ihrer militrischen Besegung durch iliealliieften Truppen unt-er Besagungsrecht.Feststellung ber die Besagungszonen in Deutsch,land,toni; 5.Juni 1945 (Amtsbl. des Konir.Rntes. Ergn'zungsbl. Nr. 7, Seite 77): ,,Deutsch,Iand'wird inner'

    halb seiner Grenzen, wie sie am ST.Dezember 1937bestand,en, lr Besagungszeche in aier Zonen' auf'ge te ih . , . * (1 .De facto ausgenommen von der Anwendung des"Be .sagungsrechtes ind-die Gebiete untet polnischer Ver-raltung stli& der Oder und Neie sowie der an dieSowjet-Union bergebene Bezirk von Knigsberg. Audrdas Saargebiet ist tatsdrlich aus dem Anwendungs-bereich des allgemeihen deuts&en, Besagungsrechtesteilweise herausgelst worden.Diese de facto-Ausnahmen gehren zu den Punkten, indenen das Potidamer Abkommen unbeadrtet blieb. Un 'ter vlkerrechtlichen Gesichtspunkten gehren diese Ge'

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    biete nach wie vor zum besegten Deutseihlandrind zurnGeltungsbereich des Besagungsre&tes. Einseitige Teil-annektionen deutscher Gebiete rentbehren der vlker-rechtlitihen Wirksamkeit. Die Potstlamer Konferenz hatkeine endgltigen territorialen Verfgungen getroffen,Sie hat die Gebiete stli der Oder unil Neie derVerwaltung des polnischen Staates unterstellt, zugleir:h. jedoch festgestellt, ,,da die endgltige Bestirnmung derpolnischen Westgrenze bis zdr Friedenskonferenz vdr-t*gt werden mu" (IX). Die Konferenzhat sich weiter-hin ,,im Prinzip mit dem Vorschlag der Sowjetregierirngeinverstanden erklrt, die Stadt Knigsberg und derranl iegenden Bezirk. . . an die Sowjetunion zu ber-gebenoo.Auch damit sollte keine enilgltige Verfgunggetroffen sein. Vielmehr fgten der Prsident tler Ver..einigten Staatcn. und der britisdle Premierminister dieausdrckliche Erklrung hinzu, ,,da sie bei der knf-tigen Regelung des Friedens diesen Vorschlag der Kon-ferenz unterstgen werdeo" (VI):Der amerihanisdte.Auenrninister Byrnes hat in seinerStuttgarter Erklrung, aom 6. Septernber 7946 betont,ila iliese Gebiete ,,aorlufig.iler Soujet-Union und,Polen zugewi.esetu'owurden. Hinsichtlich iles iler So-ujet'U,nion bergebenen Gebietes oon Knigsberg ht-ten sieh die Staatsmnner in Potsd,am ilahin geeinigt,ilen sow etischen'lVor schldg zur enil gIti gen b erta-gung d.ieses Bezirks bei ilen Friedensaerhanillungen-zu.unterstgen. Hinsidttlich iler unter polnisdre Ver-u)ahung gestelhen Gebiete htten sie sich nicht d.ar-ber geeinigt, ilie Abtretwng irgendeines bestimtntenGebietes zu unterstg,en: ,,Die Vereinigten Staaten' uerden eine Reoision ilieier Grenzen zugunsten Po.lens unterstg,en; iler atnfung iles an Polen abzutre.tenden Gebietes kann jeiloeh erst entsdtied,en tnerdenousenn d.as enilghige Abhommen ilarber getoffenutorden isi."

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    L'nanneffend sinil il,ie Bernerlt'ungen Don Abend'roth'\ = 1947, Seite 75, nach d'enen ,die Souaernittfrber die Stad't Knigsberg uiil ilas benachbarte Ge'biet unmittelbar auf die [Jnion der Souienepublihenikrtragen" u)orilen sei. Irrig sinil ilah'er audt' dieffiafolgerungen, ilie aus iler behdupteten Redt'ts'gln:gkeit die ser Gebieb erta gurlg ilen Unier gangD antsdianils als V lhen edr't ssubeht ablei ten' Solche-lrgumentation zumt ilasPleril beim Sdtwanze aut'Hinsitli& des Saargebietps sind bisher keinerlei Ver'

    fgungen oder Vereinbarungen von ylkerrechtlicherfirksamkeit zustand. gekommen. Srile es nur wirt's&aftlid an Frankreich angesdrlossen, so bliebe es$,tmt:re&tli& ein Teil Deutschlands und der Geltungdt+ Ee:agungsrechtes prinzipiell unterworfen'PrrEtL.& rrird unter den gegebenen Umstnden nidrtd:rzn za denken sein, die polnisch verwalteten Gebiete,d,ea Bezirk von I(nigsberg oder das Saarge.$iet n einBcs:gungsabkommen odr Besagungsstatut einzubezie-hen- fn den beiden ersteren Fllen wre das infolgeder nahezu vollstndigen Airstreibung und Dezimierungder deutsen Bevlkerung auch weitgehenil gegen'strndslos.

    [l. tr oraussetzungen und Formen einer Festlegungdeb Besatzungsrechtes7. Ist eine Fixierung 6erhaupt mglich?

    Ar ron deutsdrer Seite sinil Einwnile gegen ilie Be 's rehungen zur Fixierung des Besagungsrechtes erhobenrorden. Sie sinil mit redrtstheoretischen sowohl wie mitpra-ktisen Erwgungen begrndet worden.[nter re&tstheoretisdren Gebichtspunkten etwa wirdbchauptet, das erste Stadiud der alliierten lirtervenition

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    trage den Charakter einer kommissarisdren, nur durchdas Interventionsprogramm begrenzten Diktatur de rOkkupationsmchte, die ,,erst vom Augenblick der vo nihnen festgestel l ten Friedensreife an in den zweitenAbsdrnitt vertraglidrer Friedensregelung und souvernerDurchfhrung des gesdrlossenen Vertrages bergehenooknne. Einq kommissaiische Diktatur aber ltenne keineredrtsstaatlichen Kompete nzabgrenzttngen mit Rechts-ti teln, Redrtsmitteln u. dgl.; das widerspreche ihrepIfiesen. Ihre Verfassung sei bestimmt durch Anla undZiel, durch den Inhalt des Commissoriums. Das in denverffentlichten Konferenzprotokollen niedergelegtefnterventionsprogramm sei die ausreichende und erfor-derliche Salung dieser Phase. Nur wer nidht an raschenFrieden denke, knne mehr fordern. Er verwandle da-mit ipso facto die kommissarische n eine souverne Dik-tatur, in einen Zustand politisdrer Annektion. Ein Be_sflbungsstatut sei nur dann erforderlich und angemes_sen, wenn der Friedensvertrag uns eine IangfristigeDauerbesegung auferlegen soll te; es sei dann Teil die-ses Vertrages. (So Steiniger, Das Besalungsstatut. NJ.,1947, Seite 206f ,)Diese Argumente haben keine berzeugungskraft. Essollte unntig sein, die methodische Unzulssigkeit des6egriffsjuristischen Zirkelschlusses auseinanderzuseBen,die in der nicht nher geredrtfertigten Anwendung desBegriffes ,,kommissarische Diktaturoo auf die gegenwr-tige Besagungsphase und der Ableitung rechtl icherSchlufolgerungen au diesem Begriff liegt. Darberhinaus aber wre zu bemerken, da es keineswegs imIMesen der kommissarischen Diktatur liegt - wenn mandiesen Begriff einnlal im Sinne seines Schrrfers ver-wenden wil l -, da sie ieder rechtl i&eo Begrenzurrgunzugnglich wre. (Carl Schmitt, Die Diktatur. 2. Aufl.1928, Seite 239: ,,Seit der franzsischenRevolution enr-steht .,. der Belagerungszusta[d als redttl idr organi.28

    mrerte :rri&tnng. und die kommissarischeDiktatur wirtli:m* rt,,tt= aatli&e Entwicklun g einbezogen'")Dr,S ar ei,nen ras&en Frieden nodr immer nidrt zu den'hnn :+l- du-rfte na& einer dreijhrigen bitteren Erfah'rmu au-,qrZt-eifel stehen' Vieso eine Fixierung desDcsntul:ire&tes zur souvernen Diktatur oder zu einernZrult-tl 'X pc,liti=&er Annektion fhren soll, ist nicht er 'dtr:. Etrensowenig leudrtet es ein, ila mit demhterrentionsprogramm ,raudr in diesem ersten Stadiurnria =&ranhenloser Besagungsabsolutismus ausgeschlos's*n- :ei tseite 207, N. f B); wodurch er ausgeschlossen;e:r :onn. ^-enndie Okkupationsmchte im Ilinblick auf,ri:+S,rsnlien des Vlkerrechts legibus solutus und nurrl ije 4i=kretionre Verfolgung ih(er Interventionszieleg'ril,nu-rCenind. bleibt unklar.Socnext ilie Besegung ber den Abschlu eines Friedens-e*iLr{s hilaus andauern wird, wird ein fixiertes Be-rrym-sr-re,it - sei es als Bestandteil des FEidensver'trarse,{-+i es als besonderer Vertrag in der Art destheislaadabkommens von 1919 - auch dann nodr not'rr'eudig sein. Damit ist jedoch in keiner Veise die Not.weniligkeit und Zwed

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    legtli& von den verahtwortiichen politischen fnstanzen.ents&ieden werden. Es sollte jedoch ni&t verhannt wer-den, da es sich bei der Regelung des.Eesagungsrechtesni&t ui,n materielle Entscheidungen ber das politischeSdrid

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    zone, die nadr den grundlegenden Proklamationen undAbbommen der Al l i ierten, insbesonderenadr dem Pote-damer Abkommen, besonderen Grundsgen der Be-handlung unterworfen wre.An diesem einheitlichen Redrtsdrarakter des Besagungs-regimes sollte unter allen Umstnden festgehalten wer-den, wenn auch die Pr'axis der Besagungsm chte in deneinzelnen Zonen und die von ihnen befolgten Aus-legungsgrundsge unterschiedlich sein mgen.Die Festlegung und Formulierung des Besagungsredrtessol l te daher einheitl ich fr al le Zonen erfolgen un ddemgem von al len vier Besagungsmchtenausgehen,Nur unter dieser Voraussegung kann das verbliebeneRumpf-Deutschland iliesseits der Oiler-Neie-Linie eineinheitlidres Rechtsgebiet bleiben. Wrde man in jederZone zr einer"Sonderregelung sc{rreiten,so mte dasnotwendigerweise den weiteren Zefiall des Zusammen-hangs der Zonen und Lnder zur Folge haben. Nichtnur die deutsche Rechtseinheit, sondern auch die Virt.schaftseinheit wrde auf das empfindlichste getroffenwerden. Die Frage der knftigen staatl ichen EinheitDeutschlands knnte durch solihe -Einzonen-Regelungenverhngnisvoll prjudiziert werden,Nur eine Gesamtlsungauf Vierzonen-Basisknnte ins-besondere die dringliche F r aged.erZts tndigkeitsab gren-zung der obersten Besagungsbehrden im Yerhltnis zu-einander und zu den deutschen Behrden klren. Stel-lung und Befugnisse iles I(.ontrollrates knnten nur aufsolcher Gmndlage geregelt werden. Jede auf eine, zweioder drei Zonen beschrnkte Lsung bliebe lckenhaftund mte entscheidende organisa;orischeFragen desBesaEungsredrtes ffen lassen,Man kann gewi im gegenwrtigen Augenblidi einesolche Schlufolgerung nicht mehr aussprechen, ohnedie Mglichkeit eines allgemeinen Zusamrnenbr uchs derYiermchtepolitik ins Auge zu fassen. ber die fr32

    Drutschlani l verhpngnisvol len Konsequenzen einer sol-ihen Entwid

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    festhalten wrden. Formalredrtlich stnde dm nichtsentgegen, ila ein Kollektivveitrag durdh das Ausscheideneines. Vertra*gspar tners fr das Verhltnis der bri genPartner zueinander nicht hinfl l ig zu werden braudrt.Doch ist das Pdtsdamer Abkommen mit dem sclrwerwie-genden Mangel behaftet, ila eine dei wetlichen Be-sabungsmchte, nmlich Frankreich, ihm nieryals for-mell beigetreten ist. Auch ein Rckgriff auf weiter zu-rckliegende Vereinbarungen, insbesondere auf die Be-schlsse von Jalta vom Februar \945, knnte diesemMarigel nidrt abhelfen, da Frankreich auch an ihnennicht betei l igt war.Einige fr das Besagungsrecht weentliche Grundent-scheidungen der B. eschlsse onJalta und Potsdam, nm-

    qlich die Entscheidung zugunsten der ddutshen Virt-schaftseinheit whrend der Besagungszeitund die Pr-zisierung dbr Besagungsziele -. damit zugleich ihre Be:grenzuiig (Entmilitarisierung, Entnazifizi.efung, Demo- -kratisierung, Reparationen rrs'w.) wrden beim Hinfall-:'dieeer,Yereiribrungenauch m Verhltnis der westlidrenAlliierten zueinander ihrer formellen Grundlage beraubt.Yon deutscher Seite wird we,nig dazu getan werden,knnen, die Gltigkeit dieser Yereinbarungen aufrecht-zuerhalten. lmmerhin ist es nictrt unwichtig, sich zuvergegenwrtigen; da deutscherseits ein gewisses nter-egsean ihrem Fortbestand gegeben st, jetlenfal ls soweitdie eben erwhnten Entscheidungen n Frage kommen.'Die verhngnisvoi lsten Entscheidungen von Potsdamund Jalta sind vollzogene Tatsachein, n denn in abseh-' barcr Zeit nichts zu ndern ist. Um so rqesentlicher wrbes, die vom deutschen Standpunkt aus gnstigen Ent- -qcheidungen dieser Beschlsseam Leben zu erhalten. Inweldrer Form da geschehen knnte, ist eine politischeFrage, die hier nicht beantwortet werden kann.Zusarh.menfassend bleibt fr den Fall des Zusammen.bruchs der Viermchtepolitik festzirstellen: die von34

    deutser Seite anzustrebende I.sung mte in diesemFalle ei-lre Dreizonenreg elung sein, wobei davon auszu-rehen wre, da die in Jalta und Potsdam formuliertenBe.agungsziele heine Andrung erfahren, es sei denn im nns sinss dbbaus und einer Einschrnhung dieserZiele.Amszugehenwre weiterhin von 'der Voraussegung, daie x-estlichen Besagun.gsmdhteauch fr Vestdeirtsch-land an dem Gedanken eines gemeinsmen zentralen--Kontrol lsystems festhalten. Als oberstes Organ diesesf,ontrollsysterns kme entweder ein aus den drei Oberthefehlshabern bestehenderRumpfkontrdllr at in Betracht,riern r den westdeutschenBereich die Kompetelazert z:u-frelen. die nach der Erklrung vom 5. Juni 1945 auf denB,erliner Yiermchte-Kont rollrat fr Gesamtdeutschland-hertragen worden .sind, oder aber ein neues. gemein-snnes Kontrol lorgan, das.im Falle einer westdeutschen,Zonenrerschmelzung aus der- Frankfurter Zweizonen-.ero-altung oder doch nach ihrem Vorbild eStwidcelt;*rden knnte.Pcrtitulare Regelungen des Besagungsrechte s fr ein-relne Zone., mten dagegen vermiden we rden. Siehtten notwendigerweide eineri weiteren Zerfall auchdr: deutschen Westens zur Folge. Jede deutsche Lan-d+*egierung sollte sich darber Reihenschaft ablegen,d.rE die verfassungsrechtlichen Nachteile einer Einzonen-r*relung sdrwerer ins Gewidrt fal len knnten als dieTorteile, die unter Umstnden ilamit erkauft werdenLnnten.

    4. Tereinbarung oder Statut?Fiin Bs5sgungsrecht, das die im besegten Deutschlandhc-*tehende Rechtslage zu. fixieren und zu 3pezialisierenh,aitte. nnte vom vlkerredrtlichen Standpunkt aus ge-;*,hen prinzipiell nur durch eineVerinbarung zwischendrn Besagungsmchten auf der einen Seite, ,gewissen

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    tI'Ir.Er-"f :Fi''{ , .

    vertretnngsbere.:htigten deutscher- tganen -auf der an-deren Seite entwickelt ,werden, nicht dagegen durdrein von den Besagungsmchterr einseitig oktroyiertesStatut.Ein solches Besagungsrecht enthielte gegenber demSystem des allgemeinen Vlkerrechts ein spezielleresNormengefge sogenannten,,partikularen'o Vlkerredtts(Sondervlkerreehts). 'Wie das al lgemeine Vlkerrechtauf -der gemeinsamen Rechtsberzeugung (der ,,con-scienbe publique") aller der -Vlkerrechtsgemeinschaftangehrigen zivilisierten Staaten und auf Vertrgen Zwi-sdren ihnen (oder ihrer ganz berwiegenden Mehrzahl:Grundsag der Quasi-Unanimitt) beiuht, so kann parti-kulares Vlkerrecht nur durch die gemeinsame Re&ts-berzeugung oder durdr die vertragliche bereinkunftinnerhalli eines e-ngeren Kreises von Staaten gebildetwerden, wobei alle, die es angeht, an dieser rechtsbil-denilen berzeugung oder an den rechtskonstitutivenVertrgen teilnehmen mssen (p,pacta ertiis nec nocentnec prosuhto'). Insbesondeie mu derjenige, zn dessenLasten solches Sondervlkerr echt geschaffenwird, seinerBildung zugestimmt haben.Die bisher einseitig von den Bebagungsmchten getrof-fenen Entscheidungen, inshesondere auch das PotsdamerAbkom.men vom 2. Augst 1945, haben kein DCutsch-land.gegenber wirksa*es Sondervlkerredrt erzeugenknnen. Sie sinil ihm gegenber res inter alios acta,Vereinbarungen, die nur die Signatare untereinanderbinden. Damit ist nidrt gesagt, da die dort getroff,enenEntscheidungen voin deutschen Standpun-kt aus gesehenjeder v{

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    Vlherrechts, und, es htte keinen Sinn, diesen Tat-bestand mit d,em Ausilruch ,,SonderuIk.errechtooubeschnigen,Ein von den Okkupationsmchten einseit ig erlassnesBesagungsstatutknnte daher Iei l igl ich das ohnehin gel-tende al lgemeineYlkerrecht wiederholen und htte in -soweit nur deklaratorisdre Bedeutung. Dagegen knntees das geltende allgemeine Ylkerrecht weder authen-tisch interpretieren, noch spezialisieren, noch modifizie-ren, erst recht aber nidrt aufheben oder ergnzen. Frdas beseSteLand und seine Bevlkerung htte es keine-rechtlich bindende lGaft. Es knnte die durdr das all-gemeine Vlkerrecht gewhrten Redrte nicht entziehen,beschrnken oder abndern und knnte keine Pflichtenstatutieren, die im allgemeinen Vlkerrecht nicht vor-geschrieben ind, Ledigl ich ein Besagungsstatut,das de rBevlkerung und den Behrden des besegten Landeseine gnstigere Rechtsstel lungeinrumen wrde, als si evom allgemeinen Vlkerrecht vrgesdrrielen ist, knntevlkerrechtliche Virksamkeit haben. Doch scheidet die-ser hypothetische Fall den gegebenenUmstnden nachaus. fn der gegenwrtigen deutschen Situation wrenvielmehr Modifi kationen belastender Art unvermeiilli-"h.Aus diesem Grunde knnte eine Fixierung des Besat-zungsrechtes, die fr alle Beteiligten bindende Rechts-wirksamkeit htte, nur in der Form eines Besagungs-abhomrnens eifolgen, dem Deutschland als vertraa-schlieender Teil zustimmen wrde.Die Schwierigkeiten, die einer I(odifikation des Besat-zungsrechts in der Form eines Abkommens zwischen denOkkupationsmchten und Deutschland entgegenstehen,sind natuigem betrdrtl idr. Soweit die Besagungs-mchte gesamthnderisch damit befat werden rnten.stnden ihrer Einigung untereinander al le jene Gegen-sge und Spannungen efltgegen, die seit geraumer Zeitden Kontrollrat, die Auenrninisterkonferenzen und den38

    eltsicherheitsrat lahmlegen. Sowdit Deutsdrlanil als\-rrtragspartner mitr4tirken mte, fiele tler Mangel eines:-r z anzDeutsdrlantl vertretungsb eredltigten Ahschlu-,.rsans ns Gewic,ht.:ol l te sich'der Weg eines Besagungsabkommens nfolgel ie=er Schwierigkeiten vorerst als ungangbar erweisen,: : - , l -re tro der oben erwhnten, vom Rechtsstand-p,unkt geltend zu machenden Vorbehalte der Weg ilese -n.eit ig erlassenen esalungsstatutsnicht von der f[andrrnweisen. Die Schwierigkeiten der internen Einigung derBesagungsmchte ntereinander wrden allerdings auch-:r diesem Falle auftauchen, doch drften sie geringer,ein. als im Falle der Verhandlung ber ein Besagungs-at,kommen. Die Frage eines zum Vertragsschlu egitilderten Organs der deutschen Seite wrde in diesemFalle nicht auftauchen' Die Meinungsversdriedenheitenier ]Ichte ber gewisse damit zusammenhngende Fra':on der Einheit Deutschlands und seiner pol i t ischen-dktionsfhigkeit brauchten in diesem Falle ke?n Hin'Jernis fr eine Fixierung des Besagungsrechtes zu sein'F= liee sidr vorstellen, da audr in diesem Falle dieItutsche Seite wenigstens gehrt und gewisse Vor-.lge und Anregungen bercksichtigt wrtlen'Die Vortei le, die ein einseit ig oktroyiertes Besagungs-=tatut im Vergleidh zum gegenwrtigen, weitgehend un 'ieregelten Zustand bieten wrde, wren immer nochletrchtl ich genug' um auch deutscherseitsGegenstand:rn:tlicher Bemhungen sein zu sollen. Auch ein Be-iagungsstatut, durch das sich die Okkupationsmchte,:llst redrtliche Bindungen auferlegen - mgen dieseE-ndungen auch im einzelnen dem Mintleststandard desi-l:emeinen Vlkerrechts noch niiht gengen -, knnter:f das ffentliche Leben und auf das Verhltnis zwi':en Besagungsbehrden unil Bevlkerung in Deutsch'-ard eine wohlttige und klrenile 'Wirkung ben' Auchein Besagungsre&t, das deutscherseits nhaltl ich noch

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    nicht als vol lbefl iedigend erachtet werden kann, un ddemgegenber redrtliche Vorbehalte aufrechterhaltenwerden mssen, ist der gegenwrtigen Lage vorzuzie-hen, die im deutschenVolke in wachsendemMae dasbeunruhigende Gefhl aufkommen It, rechtlos zusein.Vorauf es vor al len Dingen ankommt, ist eine klareAbgrenzung der Zustndigkeiten und Verantwortl ich-keiten und die Errichtung eines wirksamen Rechtsschug-systems, das in geordneten Verfahren die Mglichkeitbietet, die durch das Vlkerrecht legitimierxen unyer-meidlichen Eingriffe in die Redrtssphre des einzelnenDeutsdren und der deutschen Behrilen von rechtlichnicht geded

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    der Berliner Erklrung vom 5. Juni 1945 die deutscheStaatsgewaltmit al len Befugnissen der obersten Staats-organe bernommen haben, so knne4 sie doch in die-sem Falle keinen Gebrauch von diesen Befugnissen ma -chen. Denn wie auch immer die Stellung des Kontroll-rats rechtlidr zt qaalifi,zieren sein mag (darber untenIII, 3, c=e) - er ist jedenfal ls immer auch zugleich Re -prsentant der Besagungsmchteund Yertreter ihrerInteressen. Wollte er Deutschland beim Abschlu einesBesagungsabkommens ertretei l , so wre das ein Fal lwegen offenbarer Interessenkollission unzulssigen Kon-trahierens mit sich selbst. (Diesen GesichtsponL, h"b,fr den Fall des Friedensschlussesinn, SJZ.1947,Sp. lhervor.)6. Die Zustndigheit zum ErIa eines BesagungsstatutsDa nadr den Grundsgen des allgemeinen Vlkerredrtseine materielle Befugnis der Besagungsmdrte zum Er-la eines fr das besegte Land verbindlidren Besagungs-statuts an sich nicht besteht, kann es auch keine im all-gemeinen Vlherrecht begrndete formelle Zustndig-keit in dieser Hinsicht geben. Auch das im Verhltnisder Besagungsmchte ueinander glt ige Yertragsrechthat ber den Erla eines Besagungsstatutskeine Vor-s&riften aufzuweisen. Der Erla eines Besagungsstatutsist daher seinem Vesen nadr keine Ausbung einer vl-keriechtlichen Kompetenz, sondern ein politisdrer Sou-vernittsakt. Soweit es sidr um ein Vierzonenstatuthandelte, mt dieser Akt von allen vier Mchten aus-gehen.

    Demgegenber hat jedoch der hessische JustizministerZinn die Auffassung vertreten, aus dem Artikel 4 desAct of military suirender vom 8. Mai 1945 sei eineZustndigkeit der Vereinten Nationen zum Erla einesBesagungsstatuts erzuleiten. (Zinn, Unconditional sur-render. NJur. 1947, Seite 9 f., 13.)42

    1: ,f ieserBestimmung wird festgestel l t, da die in jenemL :kument beurkundete militrische I(apitulation,,with-:r t prejudice'o sei und fr Deutschland als Ganzes er -rt t t rrerden solle: ,,by any general instrumenl of sur':=r'der mposedby or on behalf of the Unitei l Nations'ooF:'llte man hieraus eine Zustndigkeit der heutigenTeltsicherheitsorganisation zum Erla eines Besagungs' -iatuts fr Deutschland herleiten, wie es Zinn versucht,. : rrrde eine solcheDeduktion sowohl auf al l i ierterwie;,Lridetscher Seite auf Einwnile stoen, ilie nicht leichtru entkrften sind. Von alliierter Seite wirtl eingewandt,.erden: wenn in einem Dokument vom B. Mai 1945 vonlen ..Vereinten Nationenoodie Rede ist, dann ist damitrr,At die erst im Juni 1945 auf der Konferenz von SanFrancisco gegrndete W'eltsicherheitsorganisation ge -uleint, sondern vielmehr die Kriegskoalition gegenDeutschland, die als erste diesen von Roosevelt erfun-ienen Namen trug' Zwischen dieser Kriegsko5rlition undier heutigen Weltsidrerheitsorganisation besteht zwaroin gewisser ideeller Zusammenhang, keineswegs abereine juristische Identitt oder ein Verhltnis der Rechts'nachfolge, Der Mitgliederkreis der heutigen UN. ist ein:anz anderer, und es ist kaum anzunehmen, da dieliriegfhrentlen Gromchte im Mai 1945 beabsichtig'Ien. neutrale Staaten an den Entscheidungen ber da sleutsche Besagungsregime zt betei l igen. Da die ge 'plante Sicherheitsorganisation den Namen,,Vereinte\ationenoo tragen wrde, stand im Mai 1946 noch kei-ne:l\'egs fest. Die fragliche Bestimmung bezieht sih alsokeineswegs auf diese Organisation, sondern vielmehrauf die Gesamtheit der gegen Deutsihlanal kriegfhren-den verbndeten Staaten - so wie auch das Geseg Nr.3der US-Militrregierung den Ausdruck ,,Vereinte Natio'nen" definiert. 'Wenn also in tler Kapitulationsurkundiiberhaupt "irr" saqhliche Zustniligkeit dieser Art vor'

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    behalten war; dnn hdrstens zu$unsten dieser ,krieg-fhrenden Staatenkoalition,Yon deutscherSeite aber wird bestritten werde.rn,dader Artil{el 4 der l(apitulationsurkunde berhaupt einesachliche Ermchtigung vorbehalte, auf die der Erlaeiires Besagungsstatuts gestBt werden knnte. Vennder Akt vom 8. Mai :1945 lediglich militrische Bedeu-tung hatte und nadr der Vollmacht seiner Signatare undnach den Umstnden gar keine weitergehende Bedeu-tung haben konnte, so korinte er auch keine rechtswirk-same Ermchtigungsklausel von so hoher politischerTragweite enrhalten. W'enn die Unterzeichne, t"4igAdie Vollmacht besaen,einen militrischen bergatreaktzu'vol lziehen, so konnten sie auch keiner anderweitigenfnstanz weitergehende Befugnisse bertragen. Nemoplus juris transferre potest quam ipse habet. Es ist viel_mehr anzunehmen, da sieh die - inzwischen obsoletgewordene = Klausel auf eine .nhere Regelung der mili-trischen Kapitulationsbedinguugen be2og..Mosler, Der Einflu del Rechtsstellung Deutschlanilsaul die Kriegnerbrerlrerprozesse:, SJZ.79112,Sp.J64 .,sieht in d,er Berliner Erklrung aom S. Juni l94S dusim Artiltel 4 der Kapitulationsurhu,nde aorb.ehalteneugeneral instrument ol surrenderoo.Dern ,t"ht e,nt.gegen, da d,ie Berliner Erhlrung nicltt ,,by or on

    rnen. Htte Artikel 4, nie Steiniger annirnmt, o,spd_. tere politische Regelungenoo aorbehalten wolleno.sohtre er rechtlich heine Bedeutung giehabt. Denn einesptere politische Regelung konnte iler Kapitulations-aht g.ar nicht prjudizieren.

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    5o rrnschenswert es sein mag, da die heutigen Ver'rinten Nationen (die UN.) mit der Regelung des deut'r&en Besagungsretes befat wrden, so besteht docheine positivredrtlidr begrndete Zustniligkeit in dieserHinsi&t nit.

    l. Das Rheinland.abho mm.n aon 1979 als Moitelt?-tb Yorbild eines Besagungsabkommens knnte in einemcerr-issenMae ilas Rheinlanilabkommen vom 28. Juni1919 (RGBI. f9f9 S.133? tr.) herangezogen.werden. e'do drfen einige gr-undlegende Unterschiede zwischen,clerpolitischen und rechtlichen.Lage von 1919 und derron 1945-1948 nieht verkalnt werden,Unterschiede,di e:idr vor allenr aus der bilingung-slosenKapilulation, dertotalen BeseSung Deutschlands, dem vollstn'Jigen Zt '+ammenbrud-rder d6utschen Staatsorganisation und demichuldkonto des vergangenel Rgimes ergebegDas Rheinlandabkommen bezog sich nur auf einen be 'srnkten Teil des deutsdrerr Staatsgebietes. Die deut'r&e Staatsgewalt blieb trog innerpolitischer Umwlzun'gen bestehen und vermodrte sic} durch handlungsfhigeRegierungsorgne geltend zu machen. Zweck der Beset-r ng war Biirgschaftsleistung fr die Ausfhrung desFriedensvertrages. Das damalige Besagungsabkommenrurde nach Absdrlu un auf der Grundlage des Frie-densvertrages vdreinbart. Es regelte demnach den Tat'bestand eine4 occupatio pacifica' (Ygl. im einzelnenn. Heyland, Die Rechtsstellung der besegten Rhein-lende. Handb. des Vlkerrechts, II. Bd., 7'.Aht. f 923.)Demgegenbr handelt es sich gegenwrtig darum, dasror Abschlu eines Friedensvertrages gltige Besagungs'redrt zu entwi&eln. Dabei besteht eine wesentlicheS&rrierigkeit darin, da das Besagungsabkommen ge-risse Fragen,-die zugleich Gegenstand des Friedensver'trages sein mten, voj$reifenil - wenn au nur -mit

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    provisorischer Virkung - zu regeln haben wrde. Dasolche vorgreifenden und provisorischen Regelungenr'lkerrechtlich oft von erheblicher prjudizierender Vir-kung sind, ist die Verantwortung, weldhe die Landes-regierungen beim Alischlu eines Besagungsabkommensauf sich nehmen, ungemein gro. Das Besagungsabkom-men wrcle in mancher Hinsicht den Charakter einesPrliminarfriedens haben. Die Hoffnung, da jegigeZugestndnisse im endgltigen Friedensvertrag zurck-genommen werden knnten, kann sich leicht als trge-iisch brweisen. Auf der anderen Seite knnte durch einBesagungsabkommen, das berechtigten deutsdren Rechts-ahspr&en Rechnung trgt, die knftige Friedeusrege-lung in einem gnstigen Sinne vorbereitet werden.In einem bestimmten Sinne wrde jedenfalls beim Ab-schlu eines Besagungsabkommensder heute gegebeneRechtszustand an den damals unter denr Rheinlandab-kommen hemschendenangerlhert die BesegungDeutsch-lands wrde aus einer einseitigen in eine vereinbarteOkkupation verwandelt. Als solchewre sie keinesfal lsmehr eine ,,occupatio bell ica". Bei richtiger Vrdigungder SacJrlage ann sie als solche schon seit dern 8. Maibzw. 5. Juni 1945 nicht mehr angesprochen werden.(Vgl. unten IV, 1,4.) Sie wrde dem Rechtszustandderoccupatio pacif ica strker angenhert, der im vollenSinne allerdings erst mit dem Abschlu des Friedens-vertrages erreicht ryrde. Das Ziel eines Besagungsab-kommens knnte demnach in diser Hinsicht geradezudahin definiert werden, da es die auf der einseitigenMacht der Sieger beruhende (wenn auch auf gewissevlkerrechtliche Titel gestgte) Beselung durch eine aufgegenseitigeVereinbarunggegrndeteOkkupation zu er-segen htte.

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    I IL Die gegenwrtigeRedrts- und YerfassungslageDeutschlands1. Die Fragestelht'n g: Besteht Deutschlanil als Staat?

    S&on die bisherigen Erwgungen lassen erkennen, dadie Fragen des Besagungsrechtes icht unabhngig vo ntiner eindeutigen Stellungnahme za det Grundfragerac der gegenwrtigen verfassungs' und vlkerrecht'l i&en Lage Deutschlands beantwortet werden knnen'Diese Grundfrage lautet:Besteht noeh ein deutscher Staat ls vlkerredrtlidrennd verfassungsrechtliche Einheit - oder ist das Reichlurch Kapitulation, Zusammenbruch und anschlieende\euordnung untergegangen und in eine Vielheit yonadrtzehn selbstndigen, mehr oder rninder ,souverneno'Staatswesen erfal len - oder gibt es gar in Deutschlani l.ine autonome Staatlichkeit berhaupt nicht4nehr, son-dern nur noch ein System totaler Fremdherisdraft, allen-;al ls mit der Aussicht auf sptere Neubegrndung einer. elbstndigen staatl ichen Ordnung?,{ngesichts der schledrthin beispiellosen Art, in der sich.-liedeutsche Kapitulation, der Zusammenbruch uncl diehisherige Neuordnung vollzogen haben, hat jei le dieser'1reiMeinungen in der staats- und vlkerrechtlichen Dis-kussion Verfechter gefunden. 'Wenn auc,h dieses viel-',Aichtige Problem hier nicht in seiner vollen wissen-:,aftlichen Breite errtert werden kann, so mu dochin dieser Grundfrage eine klare Stel lung eingenommeno"erden, wenn eine tragfhige Basis fr eine rechtlicheFixierulg des Besagungsregimes gewonnen werdenr ol l .Die Beantwortung dieserFrage ist keineswegs on ,,blotheoretischem'o nteresse. Sie ist vielmehr im echtenSinne theoretisch bedeutsam, nmlidi in der 'Weise, daalle praktischen Ei4zelfragen legtl ich von ihr bestimmt

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    und_beherrs&t werdeu. Sie ist im brigen auch auer-halb deb eigentlichen Besagungsrechtesvon grter Trag-weite. Es gengt, daran zu erinnern, da etwa die Frageder Fortgeltung der vlkerredrtlidren Staatsvertrge desDeutschen Reiches mit auslni l isen Staaten von ihr.abhngig ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat sie, aussehl praktischen dnlssen, bereits die Judikatur aus-Indisdrer Gerichte beschftigt.Vgl. die Entscheidung des Obergeridrts des KantonsZii& uom 7: Dezernber 1945, die si& mit der Frageder Fortgeltung d,er Haager Konaention betr. d,asZioilprozeredtt uom 17.JuIi 1905 mVerhItnis zui-selien Deutscltlanil und d.erSdiweiz zu belassen hattb.' DRZ,1947, Seite 31ff.. 2.; Die militrische Niederwerfing (debetlatio)Deutsdtlands

    - a) Der Begriff er debellatioEs ist mehrfach die Meinung vertreten worden, Deutsch-land befinde sich seit der bedingungslosen Kapirulationim Zustande der debellatio, d,h._der vl l igen kriege-rischen Niederkmpfung und der daraus rebultierendenVernichtung seiner selbstndigen taatl iehenExistenz.Der Begriff der delrellatio bezeiehnet in der Tai nichtnur einen tatschlichen Zustand vollstndicen militri-schen Zusammenbruchs und staatlich-poliiischer Des-organisation, sondern darber hinaus den- iechtlidrenZustand des Untergangs iler bisherigen Staatspersn-lidrkeit. Damit diese .rechtliche .Folge eintrete, bedarfeS allerdings uicht nur eines objektiven Tatbestands,sonclern darber hinaus eines subjektiven Moments,Nicht jede volldtndige militrische Niederlage zieht denUntergang der staatlichen Existenz des Besiegten nachsidr; nirlt jeder totale Zusammenbruch nimmt den Cha-48

    rakter einer debellatid im Sinne des Vlkerrechis an.Preuen war J807Vollstndig zusammengebrochen; berr-r trat keine Debellation -ein. Zum objektiven Ztulatn-menlruch mu vielmehr die Existenzaufgabe des Be-siegten oder die Existenzvernichtung durch den Siegerai: zustzliclies subjektives Moment hinzutreten;-damit. i& der vol le. Tatbestand der debellatio ergibt.Staatsuntergang durirh Debellation kann demgem ver'=& iedeneFormen annefmen:Erstens. Ist der Ville des Siegers auf Vernichtung derstaatl ichen Existenz des Gegners gerichtet, so steht es'ihm nach berlieferten und mindestens bis l9I4 nichtbezrveifelten Grundsgen des Vlkerrechts frei, nadrrollendeter Niederkmpfung den gegnerischen Striat zuanneklieren, d. h. seine Souvernitt- zu bernehmen,sein Gebiet dem eigenen Staatsgeliiet einzugliedern,=eine Bevlkeruug dem eigenen Staatsvolk zu inkorpo-rieten (debellatrio mit Annektion). +Die Annektion kahn auch in der Weise erfolgen, dadas Gebiet des besiegten Staates unter mehrere Siegeraufggteilt und jetles Teilgebiet vn dem entsprechendenSiegerstaat annektiert wird;' sie kann weiterhin dieForm der Kollektivannektion annehmen mit der Folge,da aus i lem Gebiet des besiegten Staates ein'Kondo-minium, d. h. ein gemeinschaftlich ,lieherrschtes Terri-torium der Sieger wird, Sie kann endlich auch daraufbeschrnkt sein, dem Sieger nur die volle Verfgungs-eewalt'zu verschaffen, die ihn in die Lage versegt, so-gleich zugunsten eines dritten Staates ber'das eroberteGebiet zu verfgen.Liegt eine Annektion nicht in der Absicht des Siegers,so wre eine Auslschung der gegnerisdren Staatsper'snlichkeit -allenfalls noch durdr effektive, ersaBloseYernidrtung der politisehen Ordnung und staatlidrenOrganisation des Beiiegten und stndige Aufrechterhal'tun$ dieses Zustandes denkbar. Es rure besonders zu

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    prfen, ob dieses eine vlke.rrechtlich legitime Fqrm deiStaatsverriidrtung mittels Debellation darstellt.Zweiteins. Ist iler 'Wille des Siegers nicht auf die Vr-nichtung der staatlichen Existenz des Gegners geridrtetund enthlt er sidr al ler diesbezglichenAkte, so kanngteitlhwohl Staatsuntergang ilurch Debellation eintreten,wenn nmlich der auf selbstndige staatliche Existenzgerichtete politisdre Lebenswille im besiegten Lande er-I os hen ist ( d ebe l ati o mit ansdrli e endem S aatszer all ).Diese Form des Staatsuntergangeswre gegeben,wenndie politischen Energien in dem besiegten Volke nichtmehr ausreichten, um berhaupt ir.i5endeineForm effek-tiver Staatsgewalt zu organisieren. Sie wre in andererWeise aber auch dahri gegeben, wenn der politise Le-benswille des hesiegten Volkes zwar nicht total er.loscherr,aber auf Auflsung der'bisherigen staatl idhen Einheit]und Schaffurig einer Mehrheit selbstndiger Teilstaatengerichtet wfu e ( d ebellatio mit anschlieenile:r S taatszer.gliederng).Zwprfen iit nunmehr, ob im Falle Deutschlands einerder soeben umschriebenen Tatbestnde des staatsrmter-ga4gr durch Debellation gegeben ist, und weite"rhin, obdas Vlkerrecht ber diese gelufigen Formen hinausetwa weitere, neuartige Spielarten iler Debellation zu-lassenkann.

    .b) Die Annektion im. heutigen VlkerredrtBevor die Frage geprft._wird; ob im deutschen'Fal leeine debellafib mit Annektion gegeben ist, bedarf es zu-nchst der Klrung einer nidrf unwichtigen Vorfrage. . ,In allen Diskussionen ber die heutige RechtslageDeutschlandsrwird als selbstver'stndli unterstellt, dadie alliierten Siegermchte beredrtigt waren, auf Grundder vollstndigen Niederkmpfung Deutschland zu anek-.t ieren.50

    Zwm Teil i$ aus dieser Annuhme ein bedeutsa mer-idJu8 a majore ad,rninus gezogen worde,n: wenn tlieAlliierten sdton beredttigt waren, so etu)a lautgte dieFnlserung, Deutschland zu annelttieren, so ltonnterutie aul jed,en Fall jed,e anilere, nicht s9 weitreichentlel'erigung ber seine Rechtslorm unil sein Schicksalwefien. Vgl. z.B. Steiniger, NJ., 1947 Seite 748:*icon aus iler Dnhregel, da wer ilas Grere darf,,stdt arm Kleineren belugt ist (in maiore minus.),falgt, ila iie, il.ie IIes h,|tten annektieren knnenzridz ebensogut als politische Interaenienten beneh-m,en konnten, so wie sie es getan kaben uryd,tttn.oeIn hnlidrer Weise leiter Jennings, 'MDR., 7948,S,eite 6, d ie Belugnis zur bernahrne der d.eutsthenStaatsgeTnaltdurch die Allerten aus eiier tildr.nS&luSlolgerung her.So =elbstverstndlidr diese Auffassung rron den Voraus-ffgungen des lteren' Vlkerrechts 'her ist, S wenig*hstverstndlich ist sie dodr' auf .dem Boden der heu-tigen Konzeptionen des Vlkerrechts.D,ar Redrt zur nne ktion auf Grund kriegerisdrer Er-o,erung hat in der neuesten Entwicklung des Vlker-m,ts schon insoweit eine wesentliche Einschrnkung

    rerfa-hren,als ein Eroberungkrieg, der auf seiten desSli,egersunter. Verlegung bindender vlkerrechtlicher'f,rieesveihtungs. oder Kriegsdrtungsvorschriften; ins-h,e:ondere unier 'Versto 'gegen das Kriegsveibot desBriand-Kellogg-Paktes von 1928 gefhrt worden io",l,einen gltigen Tifel .zur Annektion des Besibgten zulerleihen .rrermag.I' gl. Oppenheim-Laut erpach.t, International Law, I,5'h ed.7937, p.454: ,rln s.o ar as these initruments' I' lherbundsagung und Kellogg-Paht) prohibit uar,rkey probably rend,er inualiil conquest on the partai the state uhi.ch has resorted to alar contrary to itsIigations.';

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    F.',

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    Diese Einsdtnkung kann hier auei Betracht bleiben,weil der zweite .Veltkrieg auf seiten der Alliiertennicht untei Yerlelung solc,herVerpflichtungen gefhrtworden ist. Sie ist jedoch nidrt die einzige Eniwicklung,die im.Hinblick auf das Annektionsrecht zu verzeichnenist.. Schon im 19. Jahrhundert sind gegen das unbe'schrnkte Annektionsrecht auf Grund kriegerischer Er-oberung imTer wieder Einwendungen erhoben worden,welche die Zustimmung der von der .A'nnektion betrof-fenen Bevlkerung fr rechtlidr notwen"dig erklften.Diese insbesondere in der franzsischen Vlkerrechts-lehre des 19. Jhrhunderts ntwickelte sogenannte PIe'biszitth.eorie hatte sich bis 1914 nicht durchzusegen ver-mocht. Am Ausgang des ersten Weltkrieges erhieltendie in ihr verkrperten Grundkonzeptionen neue starke,Antriebe durch das von Prsident 'Wilsan verkndete,,Selbstliestimmungsrecht der V lker".D as Selb tbestimmungsr echt lie gt, nnerh,alb d'er;,Vier-zehn Punkte" (Kongrereite'Wilsons aom S. Januiti1918) den Punhten 6 bis 13 zugrunde' In d'er Kon-grereile aom TT.Februar ,1918 ham e's n den be '

    rhmten Sage zurn Ausdludt: ,,Vllt'er und Prouinzendrlen nicht uerschachert uerden, als ob sie bloe'Warenod.er Steine in einem Spiele uren, sei es audt'n dem groen, nun lr immer aerrulenei Spiele desGlei,gewichts iler Krtte.ot Die grundlegende For-mulierung enthielt bereits d'ie Mount Vernon'Red,eoam 4. Iuli 1978: ,,. . . the settlement ol eaery ques'tion wlrcther ol territory, ol sou'ereignty, ol economicarrangenent, or ol political relationsh'ip; upon thebases ol the acceptance ol that settlernent by tlrcpeople imrneiliately concerned'i'

    Dieser Grundsag ist - mipdestens fr die Friedensrege-lung von 1918/19 - von allen damals kriegfhreldenStaaten engenonimen worden (Lansing-Note vom 5. No-vember 1918). Der Yersai l ler Vertrag war, iedenfal ls im52

    hrzip, dararif aufgebaut. Gleidrwohl ist der Wilson'srien Formel in den Jahren nach Versailles keine all'p:neine Anerkennung zuteil geworden.TsI. Hall-Higgiits, International Law, p, 54 N. 2:-Th,e phrase is one ol'dangerous aaguiness as encou'razing inord,inate nationalist claims, aid its applica'tion, in ignoring economic conditionso has led to somedisastrous results." Oppenheitn'Lauterpadtto a. a. O'p.435: ,,But i t is doubtlul w.kether he Law ol Nationsu:ill euer make it,a condition ol eaery cession that itmttst by ratified by a plebiscite.Th,e necessitiesol inter-national policy may nou and' then' allon or eoen de'ntand such a plebiseite, but in some cases hey will.not al low it."Wenneleich auch die Atlantic Charter in ihrem zweiten

    Fookie o".kod"t", da die Alliierten ,,keine Gebiets'oernderungen (wnschen), die nicht mit den irei zum-{u.druck gebrachten Vnschen der betreffentlgn Vl'her bereinstimmen", so bleibt doch zweifelhaft, ob da'mit ein bindender Ylkerrechtssag und nicht blo einepolitise Maxime. zum Ausdruck gebracht werden;ol I e.[an rvird daher nicht mit Sicherheit behaupten knnen,,{s das Selbstbestirirmungsrecht der Vlker in der For'mulierung Wilsons ein fr alle Flle bindender Sag,desf,lr:itiven Vlkerredrts, sei. Eines aber wiril man mitr:iiter Gewiheit behaupten knnen: es mag sein, darit jeile .Gebietsabtretung der Besitigung durch einFlebiszit bedarf, um vlkerrechtlidr wirksam zu werden;-le: Recht eines ganzen Volkes aber, ber sein poli'ti=ches Schicksalund seine staatlidre Zugehrigkeit mit'mentscheidbn, ist in einer Welt, die sich einmtig zuder Idee der Denqokreitie bekennt, ein unverzirhtbarerrnnd grundlegendel Bestandteil der vlkenchtlichent-rralnnng.Es hann daher aul detn Boden des heutilgen\'Iherrethts heinen uie aath' immer begrndeten Rechts'

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    titel geben, ilei es erlubte, ein groes Kuhuruolh ntitselbstniliger St aat stradi t on gegen seinen W ll en j ed.erselbstndi gen stadtlidren E xistenz orm zu ber auben.Die jngste Geschichte w.eist gleichwohl eine Reihe vonFllen auf, ' in denen es zur Ausl[schung der staatl ichenSelbstndigkeit ganzei Vlker gekomrnen ist. Das DritteReich hat etwa im Falle cler Tschechoslowakei oder Po-lers gegen jenes grundlegend Prinzip verstoen. Dieserrimperialistische Exze ist in der garazenWelt mit Em-prung verurteilt worden. Er ist so ungeeignet wie mrrm$lich,,die Existenz eines R.echtstitels 2u einer solchenStaatsvernichtung zu beweisen.

    c) Keine ilebellatio mit Annektibn-Abgesehen von der grrrndsglichen Frage, ob eine Aus-Ischung Deutschlands durdr debellatio mit anschlieen-der Annektion des-gesamten deuts.chenStaatsgebietesvlkerrechtlich berhaupt mglich wre, kanir fm fol-genden von der unbezweifelbaren Tatsacheausgegangenwerden, da die .siegermchte von i945 eine solcheTotalannektion weder gewollt nodr vollzogen halien.Es gibt keine Annektion ohne Annektionseikirung, d.h.ohne den deutlich durch Vorte oder rnindestens kon-kludente Handlungen bekundeten Willen des Siegerszur Einverleibung des eroberten Gebietes. Die Alliier-ten, weit'davon entfernt, eine solch'e Annektionserkl-rung abzugeben, haben sic{r vielmehr eindeutig gegendie Anlektion entschieden und haben diese Entschei-dung ebenso eindeutig zum Ausdrudr gebracht. Aus dergroen Zahl 'tlafr mageblicher Aolieroogen brauchtnur ah die Berliner Viermchteerklrupg vom 5, Jqni1945 erinnert zu werden. Im Anschlu an die dort aus.gesprochene bernahme der d-eutschen Staatsgewaltdurch die Besalungsmcht-ewird festgestellt:,,Die ber-nahme der besagten Regierungsgewalt und Befugnis zuden vorstehend genannten Zwecken bewirkt nicht die54

    -{nnektierung Deutschlands" (ErgBl. Nr. I zum Amts-blatt des Kontrol lrats, S. 7) .Zahlreiche andbie Erklrungen der Siegermchte habendem Sinne nach den gleichen Inhalt, angefangen vonder Jalta-Deklaration vom lI. Februar'1945 - in der ge -.agt wird, da das deutsche Volk nicht vernichtet wer-den sol le - bis zum Potsdamer Abkmmen, das Deutsdr'land als ein Rechtbsubjektvoraussegt, ndem es von ihmdie Erfllung bestimmter Pflichten fordert; seine poli-tis&e Neugestaltung auf dmokratischer Grundlage an-kndigt und eine knftige Teilnahme eines friedlichenDeutschlands am internationalen Leben ins Auge fat'-{lles dieses wre sinnlos, wenn Dutschland auf Grundeiner Totalannektion aufgehrt htte zu besteheri''Andiesem Redrtsstandpunkt haben die Alliierten seit 1945unzweifelhaft fesrgehalten, wie aueih immer die vonihnen verfolgt Besagungspolitik mit ihren Wandlungenund mancherlei Widersprchen redrtlich zu qualifizierensein mag. Eine Auerung oiler konkludente Harrtllung,die im Sinne eines auf Totalannektion gerichteten Sie'gerwillens gedeutet werden knnte, lt sich nidrt nach''rreisen. Sie existiert hicht.M. V ralty ) L' adrni'nistration int ernationale' iI e I' Alle'rnagne du 8 rnai 7945 au 24 auri l 1947'(1948) p'I?

    sq q , unt ers r eieht d, s F ehien ein es Annelt tion snill en soil ,"it"o iler Allerten, nimntt aber gleicltwihl on,iJader deutsdt'e Staat inlolge einer debellatio unter'gegangen ist. Mit ilem allgemein onerhannten Grund'sa7, d.a ler obiektioe Tatbestand d'er debellatio nochnicht ilen (Jntergang eines Staates zur Folge hat, se$ter siehnidtt aiseinandr.d) Keine tlebellatio mit anslieender Errichtung

    eines KondoininiumsTon den berkomme en Begriffen des Vlkerre&ts ausEesehen st damit auch die Annahme eines von den Be-

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    sagungsmdrten auf ehemals deutschem Bden erridr.teten Kondominiums ausgesdrlossen, die Hans Kelsenin seiner aufsehenerregenden Deutung dep RechtslageDeutsdrlands riach der bedingungslosprr Kapitulationvertreten hat.D er aielzitier t;. in D eut schlanil zun ch.stanicieinenil

    in d.en n'eisten FIIen nur aus Bericlt'ten zueiter H.andbehannt gewordene uid d"h", uielfach unuollstndigoder nniaerstndLich uieilergegebene Redt'tsstand-punhi Kelsens st in zwei Auls7,en en'twicheh uard'enoderen erster schon oor dem Zusarnmenbruch, im Oltto-b., lg4h, oerffentlich,i wurile, u:hrerud ler ztneite ind,.ernZeitraum zuischen d,er Berliner: Erhlrung aorn5. Juni 1945 und ilem Potsdarier 'Abhonmen aotn2. August 7945 ersdtien. (,,T'he in.ternational legalstaius ol Gennany to be esmblished immeiliatelyupon tertninaiion.bf the War", American lournal ol,International Lato, VoI.38 Nr.4, October f944,'pp.689 sqq. - ,,The legal status ol Gernlany accordingto the l)eclaration of Berlin'., ebila. Vol- 39' July1945, pp.518 sqq.) Audt' nach ilem Potsilamer Ab''hommen hat Kelsen grunds7lich an' seinen Thesenfestgehahen, uie sich aus einer uoln 7. August 1947d,atiertenoam T.September 194V oerfrentlichten Zu-schfift an d,ie ,,New Yorh Times" (agl. Menzel, Zur'o lh er e&'tlichen L age D eut sdtland's, Eur opa-Ar dtiu,

    t 2. Jg., 6.Folge, Dezembbr 1947' S' 1009) souie auseiner Abhan'illung in der ,,Arnerican Political ScienceReuiew" (ab/edruckt in Heli 3/1948 iter ,,BerlinerHelteL', auszugsr'oeisem o,KurJe:r"Nr. 119 oom 26. Mai1948) ergibt.De.nn die Errichtung eines Kondominiums, d. h. eitierGemeinherrschaft mehrerer Mdrte auf einem ihrer ge-meinsamen Gebietshoheit unterworfenen Boden, httenach diesen berkommenen Begriffen nur im Vegg einerAnnektion erfolgen knnen. Eine soldre aber hat na56

    den ausdrcklichen Erklrungen der Mchte nidrt statt-pefanden und war nieht beabsidrtigt'k*tr."o hlt jedobh die berkommene Lehre tles Vlker-re,rhts, wongch" der lrerguttg der Gebietshobeit einesdetrellierten Staates auf ilen Sieger nr im Wege der

    reorganisierten gegnerischen Staat zurckbertragenoder ob er es an Dritte abtreten will 'Die Berliner Erklrung vom 5' Juni 1945 sei

    gleich-bedeutend, so fhrt Kplsen fort, mit einer Willenskund'gabe der Okkupationsmchte, da' sie das deutscheStaatsgebiet il dieser Weise ihrer' Souverni{t unter'

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    stel l ten (S.522). Das brauche nichr notwendig zur Folgehaben, da sich die Verfassung und die Rechtsordnungder Okkupationsmchte automtisch auf das b"r"gt"Gebiet erstredie und dessen Bevlkerung die Staats-angehrigkeit dieser Mdrte erwerbe. Das bisherigeRecht knne, soweit is nicht gendert werde, kraft aus-ilrcklicher oder stillschweigender bernahme (,,recep--.-t ioni ') fortgelten. Da das deutsche Staatsgebiet unterdie gemeinsameSouvernitt (,, joined sovereignty,,)derBesagungsmchte gestel l t worden sei, habe man vo neinem ,rKondominium" zu sprechen (wobei auf das Bei-spiel des preuisch-sterreichisdren Kondominiums berSchleswig-Holstein l864-1866, des britisdr-gyptischenber den Sudan seit IB9B, des brit isdr-franzsischen be rdie Neuen Hebriden seit 1914 und des sterreichisch-ungarischen ber Bosnien-Herzegowina 1909-1918 ver-wieseriwird).Die von Kelsen verfochtenen Thesen sind sowohl inDeutschland wie auch im Ausland ganz berwiegendabgelehnt worden.

    In Deutschland hat sie nur ilie Berliner Zeitung .,DerTagesspiegeloo orbehahlos ahzeptiert. (Vgl. ilie Aus.gaben aorn 27. Januar, I7. Februar, 73.Februur und18.Mrz 1947. Dagegen Laun, Die Zeit, 73. Mrz und,,3. April 1947. Siehe auch Menzel, Europa-Archiu,1947, Seite 1011.) Mit gewissen Mod.ifiltationen habensidr cliesen Thesen angeschlossenW. Abenilroth, NeueJustiz, Jg. 1, Nr.4l5 (April-Mai 1947 Seite 73 fr.,und E. Pollach (in einem bei Abendroth, Seite 83zitierten, in d,en Mitteilungen des Prfungsaussdtus-ses des S.tadtgerichts Berlin uerlJentlichten Rechts-gutadrten oom 15. September 1945).Gegen Kelsen: Zinn, Das staatsrechtliche ProblemDeutschland, SJZ. 1947, Sp. J|. Geiler. Die gegen'u:rtige aIkerrechtlidre Lage Deutschlands, lg47,Seite 7 fi. Arndt, DeutscJrlanils reehtlidte Lage, Die

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    IYanillung, 1947, S'eite I10. F' A. Manno' London,Deutschlands heutiger Status, 5J2.7947, Sp. 465ff.Ernst J. Cohn, Loruilon, Zwn rechtlidten ProblemDeutschlanil, MDR., 1947, Seite lB0. Steirt'iger, Aus'schliebarkeit des Rechtslneges bei Staatshaftungs'klagen durch neues Lanilesrecht? N J , 1-947,Seite 147ders., Das Besugungsst:atut, NJ", 1947. Seite 207.Menzel, Deutschland - ein Kondominium oder Ko'impetium? Iahrb. f. inteinat. u. auslnil. ft. RechtSonderilruclt' zur II. Hamburger Tagung dt. 'VIher'redrtslehrer, April 1948)'Seite 43 fr .Venn nidtt ausdrchli&' so d'odt' iler Sadt'e nadt'gegen Kelsen: Loeing, DRZ. 1946, Seite 129 f' S&'lo'chauei, DRZ. 1947, Seite 118 t, u-Mangoldt, Grund'sgliches zum Neuaufbau iner ileutsch,en Staats'gewalt, 7947. Laun, MDR., 1947, Seite 246 ff. Peters,NJ., 1947, Seite 2. R. Y. Jennings, MDR., 1948,Seite 3 ff. G. Sauser'Hall, Schweiz' Jahrbudt' f inter-nationales Recht, Bd.III (1946), Seite 9-t3' Peter,Schueiz. Mon.Ilefte, 1946, Seite 8. Obergeridt't desKantons Zrich, DRZ- 1947, Seite 3l '

    Tatschlich stehen diese Thesen sowohl zu den Grund-:gen desVlkerrechts wie zu der Politik der Besa3ungs-mchte m'Witlersprudr' Sie gewinnen auclr nicht dadurchao berzeugungskrft, das Kelsen in seiner lebten Stel-lungnahme (Kurier Nr. 119/1948) darzulegen sucht, dail ie .,Fiktion'o einer Fortexistenz des deutschen Staatesnict ,,pol i t isch vortei lhaft" sei, weil die Besa[ungs'mchte bei Annahme solcher Fortexistenz nur eine occu'patio bel l ica nach den Regeln der HLKO' vorzunehmenherechtigt seien. Kelsen verkennt, da tlie Existenzeines Staates im Sinne des Vllcerrechts keineswegs ilieExistenz einer unabhngigen Regierung vorausseBtl\-ielmehr kennt das Vlkerrecht mannigfae'he Formenoon Abhngigkeitsverhltnissen, die den Charakter desabhngigenGemeinwesensals Staat und als Subjekt i les

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    Vlkerrechts keineswegs notwendigerweise aufheben.(Westlake, International Law, 1910 l2"d ed.], Vol. I,p.21: ,,It is not necessary or a state to be independentin order to be a state of fntelnational Law.o')Der Staatsc*rarakt er eines Gemeinwesens wird auch dannnicht beseitig t; wenn seine Staatsgewalt vorbergehendersagweise von einem oder niehreren fremden Staatenausgebt wird - ein Tatbestand, der sich sowohl imStaatsrecht wie im Vlkerredrt bei der vorbercehen-den ,,Sequestration" eines Landes ergeben kun*Deutschland befindet sich, wie noch nher zu zeigen seinwird, zur Zeit im Zustande einer solchen Sequestration,'durch die seine Staatsgewalt nicrht ausgelscht, sondernvorbergehend zur Ausbung von den Besagungsmchterrbernommen worden ist (sieheunten IV, 3).Es mag zunchst dahingestel l t bleiben; ob der Sieger mFalle einer i lebel latio die Gebietshoheit des erobertenLandes ohne Annektion in der Weise erwerben kann,wie Kelsen annimmt, nmlic.h ohne ihm den Redrts-status eines inkorporierten Gebietes zd geben und mitdem Vorbehalt, erst spter eine endgltige Entschei-dung ber sein Sdricksal treffen zu wollen. Hierberwird im Zusammenhang mit einer im deutschen Schrift-tum neuerdings vertretenen Theorie etwas zu sagensein,die in 'Weiterentwid

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    ir'o$r oacrpetio belliea im Sinne der HLI(O. begrndet,nod eine vollstndige Annektion bewirkt habe. Siezeige vielmehr, da es noch einen. dritten Veg gebe;nmli& Regierung und Staat zu trennen und al le Macht-

    eigenen Staat'sgebiete, sondern im Namen eines fort-bestehenden deutschen Staates zu regieren. Unter de ngegebenen Umstnden htten die Besagungsmchtenidrt nur das Recht, sieh solche Machtbefugnise anzu-eignen, die ber eine lufende Verwaltung des beseg-ten Gebietes hinausgingen - es sei vielmehr sogar ihrePflicht, so zu handeln, weil. sich.nur in ihrer Hand eineRegierungsgewalt befinde und sie daher, die Verant-wortung dafr tr'gen, da auch alle Regierungsauf-gaben wahrgenommn wrden. 'Wolle man darauf be.stehen,' da sich die Besegung in ilen Grenzen derHLKO. halte, so heie das die Aufrechterhaltung einesRegierungsvakuums fordern. Dies knne ooigti"trechters sein.Dieser Kennzeichnung der Rechtslage ist rlurchaus zuzu_stimmen, Es wird zu zeigen sein, da iliese. Lage ainbesten hit dem technischen Rechtsbegriff d"" ,,5.qo"-sttationo' zu erfassen st .

    . e) Keine debellatio mir ,,SubjugationooEs ist in diesem Zusammenhang eine Auffassung zuberprfen, welche die Rechtslage des besegten Deutsch-Iand mit einer neuartigen Ausdeutung des Beg4iffes ,,,subjugation" zu bestimmen sucht. lian wird dieseLehre als eine Veiterbildung und begrifflie Zuspigung62

    'd+r Kelsenschen Theben auffassen drfcn, wenngleidrsie si nicht in al len Konsequenzen mit dieser ded

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    jugationoo fr dieserr Fall zu resbrvieren und in denFllen vol lstndiger Einverleibung von,,Anhektionoo zu'sprechen; Zr eilner solchen Subjugation seien die,Sieger1945 geschritten,:sie htten die deutsche Staatsgewaltbernommen, ohn-e sich das deu tsche Staatsgebie t ein-zuverleiben oder das dcutsdre Volk zu inkoiporieren.(So "I.a: Kempski, Deutschland als Vlkerrechtsprblem.,,Merkur", I. Jg.'1947,Hef t 2. Seite I 88 ff.)Die wichtigste Konsbquenz dieser Lehre liegt darin, dasie den berga4g der deutschen Staatsgewalt auf dieBesagungsmdrte nicht als eine lediglich treuhndbrisdreSequestration der ihrer Substanz nach'deutsch bleiben-den Staatshoheit auffat, sondern den deutschen Staatals untergegangen ansieht. Die ehemalige deutschpStaatsgewalt ist ein Bestandtei l der Staatshoheit de rBesagungsmchte geworden. Fr.ihre ges,amthnderischeAusbung wird der von Kelsen vorgeschlagene Begriffdes Kondoniinats als unp4ssend abgelehnt, weil keingerpeinsames Staatsgebiet dpr B6iagungsm-chte auf.deutschemBoden entstanden sei; statt dessen-wird de r$egriff des Koimperiums herangezogen.Irn Sinne iler gebruch'lidtenTerminologie des Vlher'rechts bezeichnet.der Ausdrach o,Kondominiunt"' eine

    Gemeinherrschalt mehrerer Mchte ber eigenes Ge'biet, .d.er Ausdruclt ,,Koimp'eriurn" dagegen eine Ge:meinherrschaft aul lremdem Gebiet. Vgl. Vetdra,, VIlterredtt, 7937, Seite 132' Die ltonstruhtiaeiSchnnierigkeiten, in uelche. die Lehre aon der Subiu-gation im oben entwichhen Sinne fhrt, Iiegen aulder Hanil: ist iler tleutsdte Staat untergegangen'andereiseits aber aurh heiru Konilorninium iler Be-sagungsmchte entsiand'en, so ist die Frage, aul wes'

    sen Gebiet sie eigentlidt. ihre Herrschattsgewah be.ttigen, sduner zu beaitworten,Die Behauptung, es handle sich bei der Subjugation umeine bisher mehr oder weniger unbeachtbte, durch die64

    reuesten Ereignisse aktuell gewordene Rechtsfigur des1ll .errechts, bedarf einer genauen pr[ung. D", U" -heber dieser Lehre wirft selbst die Frage auf, ,.ob undin rrelchen-Grelazelndie Subjugation sich mit den prin.npien des gegenwrtigen Vlkerrechts vertrgt,. (Seite193). Er hlt es fr evident, da sil sich,,als Dauer-rEltand nicht verteidigen l1", da sie vielmehr recht-1i, ,,nur als bergangserscheinung mglich" sei. IhrZn-e& sei es, ,dieEigenstaatl ichkeitwieder herzubtel len,*J ;o e inen neuen Staat a ls Vlkerrechtssub jek taufzu-bauen". Nur durch.den Zweck, ,,ds unterworfene Volknieder instandzqSegen, n die Vlkerrechtsgemeinschaftzurckzulcehren und seinen Staat neu aufzubauenl'.rerde sie gerechtfertigt (Seite I9{).finen Vorgang, der auf 'Wiederherstellung der staat-r;, ien Selbstndigkeit abzielt, ausgeredrnet als,,subju-gation" za bezeichnen, ist schon sprachlich im hchstenl lae unbefriedigend. Aber auch.sachlich ist -die Be -erndung, mit der.die Einfhrung dieses neuen B*egriffes:: die Systematik des Ylkerrechts gerechtfertigt wer-d+n soll , in keiner 'Weise berzeugend. Das insti tutio-nelle Gefge-des Ylkerrechts kann nicht.durch beliebie+nundene konstruktive Figuren ad hoc "r*"i t".t -u*r--'len. Es hat seinen griten Sinn; wenn das Vlkerrecht*ire Subjugation in dem hier zur Errterung stehenden-irnne nicht kennt. Der durch das Vlkerrecht eeboteneF+&tsscJrugberuht darauf, da den Staaten bcstimmte,:-n=ti tutionel l est umrisseneBettigungsformenzurWahlge=tel l t sind. Es steht ihnen frei, die eine oder die an-ntere Form zu whlerr, aber es steht ihnen licht frei,e einmatr gewhlte Forrn beliebig zu rtrodifrzieren. Derrm f,riege siegteie Staat kann sich darauf beschrn-Len. den unterlegenen'Staat nach den Regeln der occu-u,atio bellica militrisdr zu besegen. Er kann, wenn die\-oraussegungeneiner debellatio gegeben sind, zur An .n,eLlion schreiten. Er kann, soweit ein gltiger Inter-

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    ventionsti tel gegeben st, die ini l i trische Besegung mi teiner pol i t ischen Intervention kombinieren. Aber erkann nicht nach den poli t ischenBedrfnissen desAugen-blicks zu einer verschleierten, unvollstndigen .A.nnek-tion schreiten, die wesentliche Rechtsgarantien aueracht lt, die. auch im Begriff der Arinektion nodr mit-enfhalten sind. Die Zulssigkeit der Subjugation kannnicht durch einen Schlu a maiori ad minus aus d'erZa-lssigkeit der Annektion gefolgert werden. Denn di eSubjugation ist kein bloes rnjnus, son'dern ein al iuclgegenber der Annektion. So tief diese legtere auch indas Leben eines bisher selbstndigen Volkes eingreift,s'o bietet sie ihm doch ein Mindestma an Rechtsgardn-tien insoweit, als die Bevlkerung mit der Einverleihungdie Staatsangehrigkeit des annektierenden Staates er -u,irbt und darnit einen neuen Rechtsstatuserlangt. Da sStaatsgebiet wird Teil des Terri toriums des Eroherersund erhlt damit einen neuen Schug seiner Integrit..tgegenber jeilem Dritten' Die Subjugation irn Sinne derbloen bernahme der Staatsgewaltdagegennimmt derBevlkerung des unterjochten Staates eden Rechtsstatusund dem Territorium ieden sicheren Rechtsschug' Beiderqerden zum bloen Objekt einer ihnen fremden Staats-gewalt.Ein legitimes Bedrfnis fr eine solche Rechtskonstruk-tion ist auch dann nicht gegeben?wenn man die auer-gewhnlichen Zielsegungen bercksichtigt, weldre dieAll i ierten in Deutschland verfolgen. Da es.ihnen erklr-termaen nicht um die Vernichtung des deutschen Vol'kes und States berhaupt geht, sondern um die Aus-rottung des Natio'nalsozialismus und lVlilitaris*us uidum ,die Entwicklung einer demokratischen und dezen-tralisierten Staatsstruktur, bieten ihnen die Rechtsfor-mn der poli t ischen Intervention und der Sequestration'dei deutschen Staatsgewirl t gelgend Eingriffsmglich''k"it"o zur Verwirklichung dieser Ziele. Gingen ihre66

    -tiridrten weitel, so mten sie sich zur Vollannektion+.t-.&l ieen, wobei al lerdings die Frage aufzuwerfenr re. ob die staatl iche Auslschung eirres groen euro_:ri=&en Kulturvolkes nicht gegen oberste naturrecht_" &e Prinzipien des internationalen Lebens verstt.I,,=r -{nnektionsbegriff des posit iven Vlkerrechts knnt:r. ine rechtl iche Verpfl ichrung des Annektierendei. den*iorporierten Staat zu irgendeinem Zeitpunkt wiederja elt lassen und neu zu konsti tuieren; es ist schwer+-"zuseheir, woraus sich eine solche Verpflichtung beir"r Subjugation ergeben soll . Auf jeden l-al l l iest es imE:messen es bermchl igenden taates , en Ze j tpunk t: . r \eukonqt i tu ierung, i les bermc l r t ig tenes tzuseBenrud die Bewhrungsfrist auf Jahre oder Jahrzehnte zu: +messen.Auch unter diesem Blickwinkel ist al lenfal lst-neAnnektion ertrgl ich, die fr dieZwischenzeit festeFiectsverhltnisse chafftonicht aber ei ire Subjugation,::e rromglich auf Jahrzehnfe ein ganies VolJe seiner;l ternationalen Staatsbrgerrechteberaubt.l l -nterwqrfungsformen solcher Art hat al lenfal ls,ein pri-r, tiles Kolonialvlkerrecht vergangener Zeiten gekannt.Itrie als Beispiele zur Stgung der SubjugationsrheorieLtrangezogenen Flle sind ohne Beweiskraft fr diesenZrrgck. im Falle der Vlkerbundsmandate handelte es.:, um eine internationale Treuhandsehaft" die de n1-[andatsmchteneineswegs volle Souvernitt und ver-:etngsbefugnis, sondern ledigl ich eine unter der I(on-:rol le desVlkerbundes verbleibende Verwaltungsbefug--i= bef die Mandatsgebiete verschaffte; m Falle Neu-:'rndiands handelte es sich um eine Verwaltungszession,i.e den britishen Kommissaren lediglich die Ausbungder hrer Substanznach eigenstndig gebliebenenStaats-: 'rralt Neufundlands gestattete. Das von Hitler errich":tte -,Generalgouvernement r,die beseg,ten olnischeniehiete", das al lenfal ls als Beispielsfal l herarrgezoger.

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    werden knnte, rvird niemand als Przeilenzfall be 'werten wollen. Es knnte nur in einem negativen Sinneals Beispielsfal l herangezbgenwerden, insofern es zeigt,wie eine Subjugaticin n der Praxis aussieht.Es ist. gewi notwendig, die deutsche Situation mi tunerschrockenem , Realismus zu sehen und die harteTflirklichkeit nicht mit ilem drftigen Flitter pseudo'juristischer Konstruktionen zu verhllen, wo sie de mSelbstbewutsein einer einst bedeutenden lFation un 'ertrglich erscheint. Aber es bleibt notwendig, sich demNihi l ismus'zu widersegen, der in der 'Welt der groenMchte nur die Gewalt am Werke sieht, die nach ihremBelieben mit dem Besiegten untl Ohnmchtigen ver-fahren kann und der es freisteht, durch Annektion oderSubjugation oder andere Formen der Unterjochung imVechselspiel der Gewaltsamkeit fortzufahren' Die Sie'ger haben wiederholt erklrt und haben im NrnbergerProze bekrftigt, da das Lben der Vlker auf da sRecht gegrndet sein mu. Das ist ein Sag, der auch- und geracle fr den Besiegten Geltung haben mu;denn das Recht des Siegers wird schwerlich gefhrdetoder umstri tten sein. Dem Besiegten mag das von ih mgebte Unrecht mit Hrte vergolten werden - der Recht'losigkeit i les Subjugierten kann er nicht preisgegebensein. Den Siegern standen mancherlei Arten des Vor-gehens gegen das besiegte Deutsc'hland rei ' Diese eineaber war ihnen durch das Vlkerrecht, ztt dern sie sichbekannten und bekennen, verwehrt: die Vernichtungdes deutschen Staates ohne gleichzeit igeAnnektion' dieSubjugation, clie das deutsche Volk jedes vlkerrechtlichbestl*-baren Rechtsstatus berhaupt berauben wrdeI mit dem fragwrdigen Trost, da ihm die Eigenstaat'lichkeit neu gewhrt werden solle, wenn es ihrer knf'tig als wrilig erscheinen werde.68

    f) Keine ilebellatio mit effektiver VernichtungI.t die Debellation Deutschlnds veder durch anschlies-.ende Annektion, noch durch Errichtung eines Kondo-rniniums oder durch ,,subjugation'o zur Staatsvernich-:ung im Sinne des Ylkerrechts vervol lstndigt worden,.o bleibt schlielich noch die Mglichkeit zu prfen, dadie debellatio von einern auf effektive, ersagloseVer-nichtung des gegnerischen Staates getragenen Wil lender Sieger begleitet wre. Dabei wre nicht nur der ex'treme Fall einer totalen Devastation des deutschen iedlungsgebietesund einer weitgehenderi Dezimierungder Bevlkerung durch Hunger, Seuchen und AnarchieinsAuge zu fassen.Eine effektive, ersagloseAuslschungdes deutsdren Staates lge vielmehr auch dann schon\ or, wenn Deutschland im Zustande eines Niemands'landes, dauernder poli t ischer Desorganisation, Verfas-.un gslosigkeit, Recht- und Frietllosigkeit gehalten wrde'Es lt sich ein Zustand denken, in dem eih Volk ineiner Form aus der Rechtsgemeinschaft ler Nationenausgestoen ist, die es ihm unr4glich lnacht, sich alsStaat zu orgarrisieren nd als Rechtssubjekt aufzutreten'Ein Paria-Volk dies