EIN GRAVIERENDES ÖKOLOGISCHES, ÖKONOMISCHES UND ... · 1 1. Hintergrund Am 15. Juli 2008 trat die...

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| HINTERGRUND | ABFÄLLE IM MEER - EIN GRAVIERENDES ÖKOLOGISCHES, ÖKONOMISCHES UND ÄSTHETISCHES PROBLEM.

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ABFÄLLE IM MEER - EIN GRAVIERENDES

ÖKOLOGISCHES, ÖKONOMISCHES UND ÄSTHETISCHES PROBLEM.

Impressum

Herausgeber UmweltbundesamtWörlitzer Platz 1 06844 Dessau-Roßlau

E-Mail: [email protected]: www.umweltbundesamt.de

Redaktion: Stefanie WernerFachgebiet II 2.3

Stand: Aril 2010

Gestaltung: UBA

Umschlagfoto: © Jan van Franeker, IMARES

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1. Hintergrund

Am 15. Juli 2008 trat die EG Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) in Kraft. Sie stellt diezentrale Umweltsäule der europäischen Meeres-strategie dar, mit deren Hilfe der marine Sektornachhaltig gestärkt und ausgebaut werden soll.Das Ziel ist: Mit Hilfe des Ökosystemansatzes bis2020 einen guten Zustand der europäischenMeeresgewässer zu erreichen und zu erhalten.Hierfür sind die wesentlichen Elemente der Mee-resökosysteme zu bewerten und zu schützen.Erstmals sollen dabei auch die kumulativenEffekte menschlicher Belastungen auf die Meereerfasst werden. Mit dieser so genannten ganz-heitlichen Betrachtung wird ein neuer Ansatzverfolgt, welcher auch die Synergien und Wech-selwirkungen identifiziert. Von der bisher prakti-zierten rein sektoralen Betrachtung des Zustandseinzelner Ökosystemkomponenten und der Aus-wirkungen der verschiedenen menschlichen Nut-zungen auf die marine Umwelt wendet man sichkünftig ab.

Die Richtlinie führt elf Deskriptoren auf, anhandderer ein „Guter Zustand“ der Meere charakteri-siert und erreicht werden soll. Deskriptor 10benennt den Eintrag von Abfällen in die Meere:„Die Eigenschaften und Mengen der Abfälle imMeer haben keine schädlichen Auswirkungenauf die Küsten- und Meeresumwelt“.

Im Folgenden werden die Auswirkungen vonAbfällen im Meer dargestellt, die wichtigstenEintragsquellen beschrieben und Maßnahmenzur Verringerung des Eintrags von Abfällenzusammengestellt.

2. Abfälle im Meer – ein Überblick

Bei dem Thema „Abfälle im Meer“ handelt essich um ein gravierendes ökologisches, ökonomi-sches und ästhetisches Problem. Nach dem deut-schen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sind„Abfälle alle beweglichen Sachen, deren sich ihrBesitzer entledigt, entledigen will und entledi-gen muss.“ Meeresmüll ist durch das UNUmwelt-Programm (2005a) folgendermaßen defi-niert:

„Marine Abfälle sind alle langlebigen, gefertig-ten oder verarbeiteten beständigen Materialien,die durch Wegwerfen oder als herrenloses Gutin die Meeresumwelt gelangen“ („Marine litter isany persistent, manufactured or processed solidmaterial discarded, disposed or abandoned inthe marine coastal environment”). Diese Definiti-on schließt ein:

Müll, der vom Land aus ins Meer gelangt(durch Abwässer, Mülldeponien, illegale Müll-beseitigung an der Küste, durch Tourismus-und Freizeitaktivitäten);

Müll, der von Schiffen (inklusive Fischerei-fahrzeugen), Aquakultur- und Offshoreanla-gen ins Meer oder an die Küste gelangt.

Mariner Abfall befindet sich an der Meeresober-fläche, auf dem Grund sowie an Stränden. DurchWellen und Strömungen verteilt sich der Müllweltweit über den gesamten Globus. Etwa 70Prozent des Mülls sinken ab und lagern im oderauf dem Meeresboden. Mariner Abfall birgt einernstes Gefährdungspotenzial für Meereslebewe-sen. Dazu zählen das Verheddern in Müllteilenund die orale Aufnahme, mit dem Risiko des Er-stickens und Verhungerns der Meereslebewesen.

Das Verfangen in Netzen (insbesondere ausMonofilament), Angelleinen, Tauen oder Plastik-material – etwa Six-Pack-Verpackungen oderPlastikbeutel – stellen zudem eine signifikanteGefahr für Seevögel, Schildkröten, Delfine, Waleund andere marine Lebewesen dar. Vor allemjene Arten, die nahe an oder auf der Meeres-oberfläche leben, sind betroffen. Laut der „USMarine Mammal Commission“ sind 136 marineArten bekannt, die sich regelmäßig in Müll ver-fangen (darunter sechs Arten Meeresschildkrö-ten, 51 Arten Seevögel und 32 Arten marine Säu-ger - UNEP 2009a). Insofern führt mariner Müllauch zu Verlusten in der Biodiversität.

Ein Zehntel des gesamten Mülls in den Weltmee-ren – das entspricht rund 640.000 Tonnen –geht zu Lasten der im Wasser treibenden oderauf den Grund gesunkenen Fischereiausrüstung.Dazu zählen beispielsweise verlorene Netze(Geisternetze) und Angelschnüre mit Haken. Sieverbleiben noch jahrelang im Wasser. Hierin ver-fangen sich Meerestiere. Vor allem in küstenna-

Abfälle im Meer - ein gravierendes ökologisches, ökonomisches undästhetisches Problem.

Zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie

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hen Gebieten und Riffen schädigen sie kleinezerbrechliche Organismen wie Schwämme undKorallen (UNEP, 2005b).

PPllaassttiikkmmüüllll iisstt mmiitt eettwwaa 7700 PPrroozzeenntt ddeess eeiinnggeettrraa--ggeenneenn AAbbffaallllss bbeessoonnddeerrss bbeeddeeuutteenndd, denn dieAbbauzeit beträgt hier bis zu 450 Jahren. Daswird lediglich von Aluminiumdosen mit bis zu500 Jahren überboten. Plastik wird beim Abbaudurch physikalische, biologische und chemischeDegradation in immer kleinere Teile zersetzt.Die mikroskopisch kleinen Partikel (Mikroplastik)haben eine weitere negative Eigenschaft: Siekonzentrieren gefährliche Chemikalien in dermarinen Umwelt auf ihrer Oberfläche und stel-len damit eine potenzielle Eintragsroute für die-se Stoffe in das marine Nahrungsnetz dar.

Eine weitere negative Folge marinen Mülls sinddie hohen Kosten der Abfallbeseitigung für dieKüstengemeinden und betroffenen Wirtschafts-zweige, einschließlich des Tourismus.

3. Ist-Zustand der Meeresumwelt – Welche Rollespielen Abfälle in Nord- und Ostsee?

2012 müssen die EU Mitgliedstaaten nach Art. 5(2) EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL)eine Anfangsbewertung der Meeresumweltdurchführen. Hier ist auch über das Abfallauf-kommen im Meeresbereich und seine Auswir-kungen zu berichten.

Eine aktuelle Studie hat eine hohe Mülldichte inder deutschen Nord- und Ostsee bestätigt (Herr2009). Dabei erfolgten flächendeckende Beflie-gungen der gesamten deutschen Nord- und Ost-

see (Ostsee aus logistischen und populationsbio-logischen Gründen nach Norden über die aus-schließliche Wirtschaftszone (AWZ) Deutschlandshinaus erweitert bis zu den dänischen Inseln).Mit bloßem Auge aus 200 m Höhe erfasste Müll-teile traten auf weiten Strecken mit mehr alseinem Stück pro Kilometer auf. Dabei handelt essich bei dem erfassten Müll nur um den ober-flächlich bis wenige Meter unter der Wasser-oberfläche treibenden Anteil. Auf die gesamteWassersäule gesehen ist noch weitaus mehrAbfall zu erwarten. Der Großteil des Mülls sinktnicht sofort ab und sammelt sich erst nacheinem gewissen Zeitraum am Meeresboden(Vauk & Vauk-Hentzelt 1991). Die Müllverteilungist wind- und strömungsabhängig (Debrot et al.1995; Aliani et al. 2003) und auch vom Festlandwird Müll in die Nordsee eingetragen (Vauk &Vauk-Hentzelt 1991). In der Analyse von Herr(2009) wurde ein deutliche Korrelation zwischender Schiffsdichte und der Mülldichte festgestellt.Dieser Zusammenhang wurde schon 1991 ineiner Untersuchung der Zusammensetzungangespülten Mülls nachgewiesen: Es zeigte sich,dass der größte Müllanteil mit südöstlichen bissüdwestlichen Winden von den so genanntenVerkehrstrennungsgebieten in die deutscheBucht getrieben wird (Vauk & Vauk-Hentzelt1991). Auch die Herkunftsanalyse der Abfällezeigt: SScchhiiffffffaahhrrtt uunndd FFiisscchheerreeii ssiinndd ddiiee wwiicchhttiiggss--tteenn EEiinnttrraaggsswweeggee mmaarriinneenn MMüüllllss iinn ddiiee GGeewwäässsseerrddeerr ddeeuuttsscchheenn NNoorrddsseeee.. Diese Wahrnehmungwird durch die Auswertung verfügbarer Litera-tur zu Müll auf dem Meeresgrund als globalerTrend bestätigt: 16 von 26 ausgewerteten Studi-en identifizieren die Fischerei und den Schiffs-verkehr als Hauptherkunftsquellen (Spengler &Costa 2008). Dabei haben Kunststoffe den größ-ten Anteil an der „Vermüllung“ der Meere.

3.1 Ostsee

Bislang wird mariner Abfall nicht als ein wesent-liches Problem der baltischen Meeresumweltbetrachtet. Allerdings wurde bisher auch keineumfassende Studie durchgeführt, so dass einDefizit an vertrauenswürdigen sowie vergleich-baren Daten besteht.

1980 trat das regionale Übereinkommen für denSchutz der baltischen Meeresumwelt vor Ver-schmutzungen jeglicher Art in Kraft. Unter derHelsinki-Kommission, die besser bekannt ist alsHELCOM, fand das „Marine Litter Project“ statt –co-finanziert vom Umweltprogramm der Verein-ten Nationen. Damit wurde eine erste Auswer-tung des Abfallproblems in der Ostsee vorge-

Abbildung 1: Von Fischereinetz strangulierter Seehund (Quelle: Salko de Wolf, EcoMare)

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nommen; mit Hilfe von Literaturstudien, Bünde-lung der Informationen, Versendung von natio-nalen Fragekatalogen, Identifizierung von Maß-nahmen und der Erarbeitung sowie Implemen-tierung regionaler Strategien (UNEP 2007 &2009a). Folgende Informationen wurden in die-ses Projekt eingespeist:

Die Umweltschutzorganisation WWF hat überden Zeitraum 1998 bis 2005 Informationen übermarinen Abfall mittels des „Naturewatch BalticNetwork“ gesammelt. Die jährlichen Berichtebeschreiben die Abfallmengen, die an den Strän-den und Küsten der Ostsee gefunden wurden.Plastikabfälle stellten durchschnittlich 30-60 Pro-zent des Abfallgewichts bzw. der Abfallproduktedar, wobei in der Zusammensetzung Plastikfla-schen und -tüten dominierten (siehe Abbildung 2).

Bei Strandsäuberungsaktionen wurde der Anteilvon Müllteilchen pro 500 m Küstenlinie sowiedie Angabe der Müllmenge in kg oder m3 durchdie Gemeinden bewertet. Diese Informationensind allerdings nicht standardisiert und beschrei-ben die Situation in Einzelgebieten als Augen-blicksaufnahme.

Das Ergebnis wird zusätzlich von der Anzahl derMenschen, die am „Naturewatch“ teilnehmen,und deren Schulungsstand, in Bezug auf marineAbfälle, beeinflusst. In den Anrainerstaaten derOstsee variierten die gefundenen Müllmengenzwischen 2 und 328 Kilogramm (4 - 181 Stück)pro 500 Meter Küstenabschnitt. Die höchstenAbfallmengen betrugen 700 und 1.200 Stück pro100 m Küstenlinie, vergleichbar mit den Men-gen, die an der nördlichen Nordsee gefundenwurden (OSPAR 2007). In anderen Fällen variier-te die Abfallmenge hingegen lediglich zwischen6 und 16 Abfallteilen auf 100 Meter Strandab-schnitt.

In den Gewässern der westlichen Ostsee wurde1996 über Schleppnetzuntersuchungen der Müllam Meeresboden quantifiziert. Mit 1,26 ± 0,82

Stück pro Hektar waren die Zahlen mit denErgebnissen aus der Nordsee vergleichbar (Gal-gani et al. 2000).

Eine andere internationale Umweltorganisation,die „Ocean Conservancy“, schlussfolgerte ausden Ergebnissen von jährlichen Küstenreini-gungsaktionen, dass fast 58 Prozent des gesam-melten Mülls durch menschliche Aktivitäten ander Küste verursacht wird (inklusive Freizeitakti-vitäten).

Der Informationsstand über die Effekte vonmarinem Abfall in der Ostsee ist nach wie vorsehr gering. Schwedische Studien (Larsson et al.2003, Tschernij & Larsson 2003 und SwedishBoard of Fisheries 2004) konzentrierten sich aufbestimmte Gebiete, in denen das Risiko des Vor-handenseins verloren gegangener Netze sehrhoch ist. Im Jahr 2004 wurden 24 KilometerFischernetze gefunden, welche die marine Faunainsgesamt und ohnehin bedrohte Arten zusätz-lich gefährden.

3.2 Nordsee

Der Informationsstand über Abfall in der Nord-see ist weitaus umfassender. Über die ökologi-schen Auswirkungen - mit Ausnahme der Belas-tung der Eissturmvögel mit Plastikmüll – liegenjedoch auch hier nur wenige Erkenntnisse vor.

Es wird ggeesscchhäättzztt, dass sich allein 660000..000000 mm33

MMüüllll aauuff uunndd iimm MMeeeerreessbbooddeenn ddeerr NNoorrddsseeeebefinden. Etwa 20.000 Tonnen Abfall werdenjährlich in die Nordsee eingetragen, wovon 15Prozent im Wasser, 70 Prozent auf dem Meeres-boden und 15 Prozent an den Stränden verblei-ben (OSPAR 1995). In der niederländischen Nord-see sind beispielsweise zu jeder Zeit 6,6 Millio-nen Müllteile (8.600 t) vorhanden (OSPAR QSR2000).

Der Großteil des Mülls, der an deutschen Nord-seestränden gefunden wird, stammt sehr wahr-scheinlich aus der Schifffahrt, mit einem erhebli-chen Anteil aus der Fischerei (Fleet 2003). Mitneuen Forschungsprojekten hat das UBA in denletzten Jahren den Müll an den Spülsäumen derdeutschen Nordseeküste kartieren und untersu-chen lassen (Fleet 2003 & 2007). Damit hatDeutschland einen wesentlichen Beitrag zumPilotprojekt unter OSPAR (Komission für denSchutz und Erhalt des Nordostlatlantiks) „MarineBeach Litter Monitoring“ (Untersuchung desNordostatlantiks im Zeitraum 2000-2006) imRahmen des „Biodiversity Committees“ (BDC)geleistet (OSPAR 2007a).

Abbildung 2: Anzahl der Abfallteile unterschiedlicher Herkunft auf 500m Küstenlinie der Ostsee im Zeitraum 1999 – 2005 (WWFNaturewatch Baltic)

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Das OSPAR-Pilotprojekt lieferte erstmals einegute Gesamtübersicht über die Müllbelastungdes Nordostatlantiks. Die Ergebnisse zeigen: Plas-tik ist der dominante Anteil des Mülls. Währenddie Müllbelastung aus dem Bereich Fischereiund Aquakultur im Nordostatlantik in den Jah-ren 2000 bis 2006 stark zugenommen hat, zeigtedie Analyse anderer Müllquellen (etwa nichtbetriebsbedingter Abfall aus der Schifffahrt,Fischereifahrzeuge, Offshore-Anlagen) weder Zu-noch Abnahmen. Auch auf regionaler Ebenewurde keine signifikante Zu- oder Abnahme inder Anzahl der Müllteile aus letztgenanntenQuellen registriert.

Im Rahmen der genannten Forschungsprojektewurde der Müll in Kategorien, wie Plastik, Styro-por, Holz-, Tau- und Netzteile unterteilt. 59 Pro-zent der gefundenen Müllteile waren aus Plastikund/oder Styropor (Abbildung 3). Die Herkunftder Abfälle lässt sich jedoch meist nicht eindeu-tig zuordnen.

Gleichzeitig sollte mit dem Spülsaummonitoringuntersucht werden, wie sich das Einbringungs-verbot für Seeschiffe auf die Verschmutzung derSpülsäume auswirkt. (Nord- und Ostsee sind Son-dergebiete nach MARPOL Annex V Regel 5Absatz 1: Es dürfen nur Lebensmittelabfälle abeiner Entfernung von mehr als zwölf Seemeilenvon der Küste über Bord gegeben werden) Seit1989 das „Internationale Übereinkommen zurVerhütung der Meeresverschmutzung durchSchiffe“ (MARPOL 73/78) in Kraft trat, ist in derNordsee sogar die Entsorgung jeglicher Schiffs-abfälle ins Meer verboten (MARPOL 73/87Anhang V). Die Ergebnisse der Forschungspro-jekte wie auch der Studie von Herr (2009) zei-gen, dass dieses Übereinkommen bislang nicht

erfolgreich umgesetzt wurde. Insbesondere trei-bende Netzteile, die in der Untersuchung etwafünf Prozent des Mülls ausmachen, stellen eineGefahr dar. Sie können zum Verfangen undErtrinken von Meeressäugern und Vögeln führen(Dayton et al. 1995, OSPAR QSR 2000).

Derzeit weisen SSttrräännddee iinn ddeerr OOSSPPAARR--RReeggiioonneeiinnee dduurrcchhsscchhnniittttlliicchhee AAnnzzaahhll vvoonn 771122 MMüülllltteeii--lleenn pprroo 110000 MMeetteerr KKüüsstteennlliinniiee auf, wobei dieBelastung in den vergangenen zehn Jahren kon-stant hoch geblieben ist (Textentwurf für OSPAR-QSR 2010). Sowohl die Bestimmungen des MAR-POL Annex V und die Ausweisung der Nordseeals Sondergebiet für MARPOL Annex 5 im Jahre1991 als auch die Einführung von Entsorgungs-regelungen im Rahmen der RL 2000/59/EG überHafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälleund Ladungsrückstände in 2000 haben bisher zukeiner Reduktion des an der Küste ange-schwemmten Mülls geführt. In der IMO wirdderzeit an einer Aktualisierung des Annex Vgearbeitet, jedoch liegen noch keine konkretenVorschläge zur Verbesserung vor (Stand09/2009).

Die ökologischen Auswirkungen der Aufnahmevon Plastikmüll durch Seevögel wurden intensivdokumentiert. Eissturmvögel verwechseln Plas-tikstücke mit Nahrung und Teile, die größer als3 cm sind, mit den Sepiaschalen von Tintenfi-schen. Durch das Picken der Sepiaschale neh-men die Vögel Kalziumcarbonat auf, das sie fürdas Skelett und die Eischalenausbildung benöti-gen. Von 100 eingesammelten Plastikpartikelnwiesen 80 Prozent Schnabelabdrücke auf. DieEissturmvögel nehmen somit Plastikteilchen auf,die jedoch weder Nährstoffe noch Kalziumkarbo-nat enthalten und verspüren dadurch ein

Metall; 2,1

Bekleidung; 1,0

Papier, Pappe; 3,0

Glas; 3,6

Fischerei; 5,8

Sonstiges; 10,5

Holz; 14,1

Plastik, Styropor, Schaumgummi; 59,2

Nahrungsmittel; 0,7Abbildung 3: Müll-Zusammensetzung an der deutschen Nordseeküsteim Zeitraum 1991 bis 2002 (n = 93.341) (Fleet, D. 2003.Nationalparkamt Tönning)

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beständiges Sättigungsgefühl. Die Kondition undFitness dieser Tiere wird signifikant beeinträch-tigt und viele von ihnen verhungern. Untersu-chungen an verendeten Eissturmvögeln ergabeneinen Durchschnitt von 32 Plastikteilen in denMägen (Van Franeker et al. 2002). Im Zeitraumvon 2002-2006 untersuchten IMARES (Institutefor Marine Resources and Ecosystem Studies) unddas FTZ (Forschungs- und TechnologiezentrumWestküste) 304 verendete Eissturmvögel. Bei 95Prozent waren Plastikteile vorhanden, mit einerDurchschnittsanzahl von 31 Teilen und einemDurchschnittsgewicht von 0,30 Gramm Plastikpro Vogel (Van Franeker 2006).

Im Zeitraum 1970-2007 wurden 215 347 Kadavergestrandeter Seevögel an der niederländischenKüste untersucht, 513 davon hatten sich in Net-zen verstrickt (0,2 Prozent). Die Hälfte davonwaren Nördliche Basstölpel (pelagischer Seevo-gel) und Heringsmöwen (Küstenseevogel) (Camp-huysen 2008). In den letzten Jahren (2004-2007)wurden höhere Verstrickungsraten verzeichnet(0,75 ± 0,10 Prozent pro Jahr). An der deutschenNordseeküste betrug die Rate im Zeitraum 1992-2003 0,23 ± 0,11 Prozent (170 verstrickte Vögelvon 69.508 untersuchten), in den Jahren 2004-2007 war ebenfalls eine Zunahme 0,35 ± 0,06Prozent (60 verstrickte auf 17.566 untersuchte)zu verzeichnen (Camphuysen 2008).

Lange Beobachtungsreihen (1976-1985) auf Hel-goland zeigen, dass sich die Todesrate der inNetzresten verstrickten Basstölpel auf 29 Prozentan den Todfunden und Lebendverletzten beläuft(Schrey & Vauk 1987).

3.3 Externe Kosten der Verunreinigung der Meeremit Müll

Eine Studie der sozioökonomischen Auswirkun-gen marinen Abfalls für die Küstengemeindender Nordsee illustriert, dass es eine große Band-breite an Effekten gibt, die immense Kosten fürdie Gemeinden nach sich ziehen (Hall 2000).Betroffene Sektoren sind die Fischerei (zum Bei-spiel Schäden an Netz und Boot), die Aquakultur(Säuberung der Käfige), der Tourismus (Verlustedurch Wegbleiben der Gäste), die Schifffahrt(Reinigung der Häfen), das Militär (Behinderungder Navigation), die Energieerzeugung (Säube-rung der Filter), Hochwasserschutz (Blockaden)und die Landwirtschaft (Aufnahme des Müllsdurch Vieh auf Inseln). Weiterhin kommen Kos-ten für Erhebungen der Müllbelastung und Vor-sorge- und Aufklärungsprogramme dazu. Alleindie Kosten der Strandsäuberungen für dieGemeinden im Untersuchungsgebiet belaufensich auf etliche Millionen Euro jährlich. In Ost-holstein entstehen Kosten zwischen 750 000 und1,2 Millionen Euro jährlich (Kieler Nachrichten2006). Die Reinigung des fast sieben Kilometerlangen Westerländer Badestrands auf Sylt, andem täglich bis zu zwei Tonnen Müll anfallen(dies entspricht jährlich circa 23 000 Müllsäcken)wird aus der Kurabgabe finanziert (Preißler2008).

Andernorts sind die finanziellen Belastungenähnlich hoch. So betragen die jährlichen Kostender Effekte marinen Abfalls in einer kleinenGemeinde wie den Shetland Inseln rund 6 Mil-lionen Euro.

Abbildung 5: Prozentzahl der Top-12 verhedderter und an der nieder-ländischen Küste gestrandeter Seevogelarten. FilesNZG/NSO (Beached bird survey programme) 1979-2007.

Abbildung 4: In Fischereinetz verfangener BasstölpelQuelle: Jan van Franeker, IMARES

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4. Beschreibung des „Guten Zustands“ für denDeskriptor „D10“ und mögliche Qualitätsziele

Der bis 2020 zu erreichende „Gute Zustand“ istfür den DDeesskkrriippttoorr „„AAbbffäällllee iimm MMeeeerr““ ((DD1100)) nnaacchhMMSSRRLL ((AAnnhhaanngg II,, PPuunnkktt 1100)) wie folgt definiert:„Die Eigenschaften und Mengen der Abfälle imMeer haben keine schädlichen Auswirkungenauf die Küsten- und Meeresumwelt.“

Die entscheidende Frage, die es zu beantwortengilt, ist: Welche Abfallarten und Abfallmengenstellen keine Gefährdung für den „Guten Zustand“dar und welche Auswirkungen sind tolerabel?

Daraus ist abzuleiten, in welcher Form dieDatenerhebung und Bewertung erfolgen muss.Neben der EErrffaassssuunngg ddeerr MMüülllleelleemmeennttee pprroo FFllää--cchheenneeiinnhheeiitt sind EErrhheebbuunnggeenn nnaacchh HHeerrkkuunnfftt,,GGeewwiicchhtt uunndd VVoolluummeenn sowie eine BBeewweerrttuunnggddeerr mmöögglliicchheenn uunndd ttaattssääcchhlliicchheenn AAuusswwiirrkkuunnggeennaauuff ddiiee MMeeeerreessöökkoossyysstteemmee wichtig. Die Erhebungnach Gewicht und Volumen muss standardisiertwerden, um die Auswertungen vergleichbar zumachen (Nass- oder Trockengewicht, gewaschenoder ungewaschen, zusammengepresst odernicht zusammengepresst). Es könnten Müllartendefiniert (OSPAR 2007a) und gegebenenfalls eingrößenselektives Abfallmonitoring durchgeführtwerden. Ein Monitoring nach Müllart-Gefahren-klassen (gestaffelt nach der negativen Bedeutungfür Organismen) wäre ebenfalls denkbar.

Bei einer kumulativen Betrachtung der Auswir-kungen anthropogener Belastungen auf die Mee-resumwelt dürfen nicht nur solche betrachtetwerden, deren Auswirkungen auf Populations-ebene bereits bekannt sind. Es wird nach derzei-tigem Wissensstand in vielen Fällen auch nochnicht möglich sein, Populationseffekte durchden Eintrag von Abfällen in die Meeresumweltnachzuweisen. Daher muss es unter Vorsorgege-sichtspunkten zunächst darum gehen, allenbeschriebenen negativen Auswirkungen aufMeereslebewesen zu begegnen.

Um dem Problem Abfall in den Meeren langfris-tig gerecht werden zu können, müssen For-schungslücken insbesondere im Hinblick auf dieökologischen Auswirkungen auf Populationsebe-ne geschlossen werden. Weiteres Augenmerkmüsste auf der Betrachtung der Auswirkungenvon Meeresmüll auf geschützte Arten liegen.

Auch ein Papier der europäischen Kommissionvom 14. Mai 2009 (Document WG-GES May 093/3) macht die Schwierigkeiten im Umgang mitDeskriptor 10 deutlich:

i. Es ist schwierig, eine derart heterogene Ein-tragsquelle zu quantifizieren, die darüberhinaus nicht hinreichend durch reguläreMonitoring- und Bewertungsverfahren abge-deckt ist.

ii. Derzeit existiert kein normativer Ansatz, beidem die Präsenz von marinem Abfall auf derskalierten Basis der sich daraus ergebendenAuswirkungen bewertet wird. Ein solcherAnsatz müsste auch der großen Variabilitäthinsichtlich der potenziellen Gefährlichkeitder verschiedenen Müllkategorien gerechtwerden.

iii. Die Herkunft von Müll ist nicht standortge-bunden, die Verteilung zeigt (sub-)regionaleVerteilungsmuster (Mittelmeer und Nordostat-lantik scheinen besonders betroffen) und dieKüsteneffekte werden als lokales Problemwahrgenommen.

Als Bewertungssystem für die ökologischen Aus-wirkungen von Abfällen in Meeren standen bis-her die Müllaufnahme durch Organismen (inklu-sive Mikroplastik) und das Verfangen/Verhed-dern von Meereslebewesen in Müllteilen (wieNetzresten) im Fokus. Bislang liegen nur wenigeInformationen über die direkte Beziehung (zumBeispiel korrelativer Art) zwischen Müllmengeund ökologischer Wirkung vor. Ein geeignetesKriterium für ein ökologisches Qualitätszielwäre, die Anzahl der „Plastikpartikel in denMägen von Eissturmvögeln“ verbunden mit derFragestellung, ab wann hier ein Anlass zurBesorgnis für die gesundheitliche Gefährdunggegeben ist. Möglicherweise ist dieses Qualitäts-ziel auch auf andere Arten übertragbar.

Zu anderen ökologischen Folgen von Abfällenwie dem Verheddern von Meeresorganismen inMüllteilen (wie Netzresten, Sixpacks etc.) aufPopulationsebene ist wenig bekannt, obwohlklar ist, dass es sich hierbei um ein ernstzuneh-mendes Problem handelt.

Für die Bewertung marinen Abfalls ist ebenfallsvon Bedeutung, ob sich der Müll bereits in einerwirklichen Senke befindet oder an einem belie-bigen Punkt des Verbreitungspfades. Die Quellendes auftauchenden Mülls befinden sich oft weitentfernt. Olin et al. (1995) zeigten zum Beispiel,dass über 50 Prozent des an der schwedischenWestküste vorhandenen Mülls britischer Her-kunft ist, wobei dazu auch verlorengegangenesGut (britischen Ursprungs) von Schiffen andererNationen gehört. Ein Problem ist, dass der größ-te Anteil (über 38 Prozent) des globalen Müllauf-kommens keiner genauen Quelle zugeordnetwerden kann (MaLiTT 2002).

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In absehbarer Zeit wird es nicht möglich sein,einen wirkungsbasierten Ansatz für marinenMüll zu entwickeln. Als erster Schritt könnte dieFestlegung des „Guten Zustands“ auf dem Trenddes Meeresmüllaufkommens basieren (Status istgut, wenn Vorkommen von Abfällen verschiede-ner Herkunft (geringer (x) und/oder Trend rück-läufig ist (mit Attributen y, z)). Das entsprechen-de Monitoring muss an den Senken und Indika-torlebewesen für die Müllbelastung ansetzen.Dabei hält es das UBA für notwendig, weiteregeeignete Indikatoren zu entwickeln (Verfan-gen/Verheddern von Tieren in Müllteilen, Mikro-plastik in Sedimenten).

EEmmppffeehhlluunnggeenn:: Das UBA empfiehlt, über einenfestgelegten Zeitraum in regelmäßigen Abstän-den und an definierten Küsten-Strandabschnit-ten angeschwemmte Eissturmvögel einzusam-meln. Deren Mägen sind auf Müll zu untersu-chen und dabei zunächst dem vom OSPAR defi-nierten Qualitätsziel (EQO QO) zu folgen. DieNutzbarkeit des Qualitätsziels für die Umsetzungder MSRL (Bewertung des Meereszustands) unddie Entwicklung eines Indikators für das Verfan-gen/Verheddern von Seevögeln sollten geprüftwerden. Strandzählungen zur quantitativen undqualitativen Bestimmung marinen Abfalls habensich bewährt und sollten an ausgewählten deut-schen Strandabschnitten fortgeführt und ggf.methodisch weiterentwickelt werden. Sie sindunverzichtbar, da sie gute Informationen überdie Zusammensetzung hinsichtlich Quellen, derpotenziellen Gefährlichkeit und dem Auftauchenneuer, potenziell problematischer Müllteilegeben. Sie können Grundlage für die Entwick-lung gezielter Maßnahmen zur Verminderungdes Problems sein. Zur fortlaufenden Erfassungdes an der Meeresoberfläche treibenden Müllskönnte der von Herr (2009) praktizierte Ansatzweiterentwickelt werden.

Zudem gibt es Forschungsbedarf, wie Informa-tionen zu Müll am Meeresboden gewonnen wer-den könnten, da sich dort - insbesondere für denBereich der AWZ - die dominante Senke befin-det. Einige der in regelmäßigen Abständendurchgeführten Fischereisurveys könnten gleich-zeitig Müll im pelagischen Raum (in der Wasser-säule) erfassen. Zur Entwicklung eines Indikatorszu Mikroplastik wäre weitere Forschung erfor-derlich.

5. Monitoring – Methoden zur Überwachung von Meeresmüll

Folgende Areale kommen für eine Überwachungvon Meeresmüll in Frage:

Spülsaum

Meeresoberfläche

Wassersäule

Meeresboden

Methodische Ansätze sind verfügbar für:

Belastung der Sedimente und des Wassersmit Mikroplastik

Ökologisches Effektmonitoring: Belastung vonSeevögeln mit Plastik, Verfangen/Verheddernvon Seevögeln in marinem Abfall

Am weitesten ist die Methodik der Überwa-chung des Spülsaums der deutschen Nord- undOstseeküste entwickelt. Mittelfristig jedoch mussdas Müllmonitoring sowohl im Küstenbereich alsauch im Bereich der deutschen AWZ im Rah-men des Bund/Länder-Messprogramms (BLMP)institutionalisiert werden.

Neben den Spülsaumuntersuchungen ist noch zuprüfen, ob und wie es möglich ist, auch Müllvor-kommen an der Meeresoberfläche, in der Was-sersäule und am Meeresboden zu erfassen.Dabei könnten möglicherweise laufende Monito-ringaktivitäten zu anderen Zwecken wie etwaSchleppnetzauswertungen der Fischereifor-schung adaptiert werden. Das UBA empfiehlt diePrüfung, ggf. Weiterentwicklung und Standardi-sierung der nachfolgend behandelten Monito-ringansätze.

5.1 Spülsäume

Das UBA unterstützt den aktuellen Vorschlag desNationalparkamtes Schleswig-Holsteinisches Wat-tenmeer (David Fleet LKN-SH GB3 09/2009) zurWeiterführung der Spülsaumkartierungen derNordsee und einer Übertragung dieses Konzeptsauf die Ostsee. In diesem Zusammenhang sindeine Reihe Koordinierungs- und Harmonisie-rungsarbeiten zu leisten: Bestimmung der Erfas-sungstermine, Vereinbarungen mit erfassendenOrganisationen/Institutionen, Aufbau und Auf-rechterhaltung des Erfassungssystems, Schulun-gen der Zähler, Eingabe und Pflege der Daten,Datenauswertung, Berichterstattung, (Weiter-)Entwicklung der Methodik, Teilnahme an natio-nalen und internationalen Workshops, Arbeits-gruppen usw. Aktuell laufen Planungen, dasKonzept der Spülsaumkartierungen, die an der

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Nordsee durchgeführt werden, auf die Ostsee zuübertragen.

Erfassungen für die deutsche Ostseeküste könn-ten im Rahmen der Betreuung von Schutzgebie-ten und nach Absprache von den vor Ort tätigenNaturschutzvereinen, der Nationalpark- und Bio-sphärengebietsverwaltung und staatlichen Ein-richtungen durchgeführt werden - wie an derdeutschen Nordseeküste bereits praktiziert. Wäh-rend der Erfassungen können weiterhin parallelgestrandete Seevögel geborgen, verpackt, etiket-tiert, in Kühltruhen zwischengelagert und aufdie Todesursache hin untersucht werden (Eissturm-vögel – Sektionen zur Ermittlung der Plastikteileim Magen durch IMARES und FTZ). Zudem könn-ten etwa Heringsmöwen und Basstölpel nach derAnzahl der Individuen registriert werden, diesich verfangen/verheddert haben. Es bleibt zuprüfen, ob neben diesen beiden Arten (Hochsee-vogel- und Küstenvogelart) weitere Indikatorar-ten für eine Auswertung in Betracht kommen.

5.2 Treibender Müll an der Meeresoberfläche

Ein Monitoring des schwimmenden Mülls kannnur über kontinuierliche Befliegungen erfolgen,wie sie ohnehin im Rahmen von Schweinswal-Flugzählungen erfolgen (FTZ Büsum – Nord- undOstsee). Sowohl aus den Daten dieser Zählungenals auch aus der automatisierten Fischereiüber-wachung (VMS) lassen sich Korrelationen zwi-schen Müllvorkommen und Schiffsdichte herstel-len und Küstenabstand und Wassertiefe ableiten.

Weiterhin wird vom Bundesamt für Seeschiff-fahrt und Hydrographie (BSH) das Flachwasserin-formationssystem Gewässerverunreinigung (FISGVU) betrieben, mit dem durch Flugüberwa-chungen auch Müll - nach Position und Art - imdeutschen Hoheitsgebiet und der AWZ erfasstwird. Das ist allerdings kein Monitoring imeigentlichem Sinne, sondern ein Instrument, mitdem Verstöße gegen die Vorschriften des MAR-POL-Übereinkommens 1973/78 (in Verbindungmit der MARPOL-Owi-Vo) und des Helsinki-Über-einkommens (in Verbindung mit der 1. und 2.Ostseeschutzänderungsverordnung) geahndetwerden. Es ist zu prüfen, ob dieses Kontrollin-strument weiter ausgebaut werden könnte.

Auch aus der automatisierten Fischereiüberwa-chung (VMS-System) und aus dem „GermanSmall Scale Bottom Trawl Survey“ sind Informa-tionen zu gewinnen. Über Letzteren könnenMüllmengen und -arten am Meeresboden erfasstwerden (siehe 5.3).

5.3 Müll in der Wassersäule und am Meeresboden

Das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhavenuntersucht seit vielen Jahren die Müllbelastungam Meeresboden im Bereich der deutschenNordsee. Die Daten basieren auf rund 25 Hols(Einholen des Netzes) mit zwei Netztypen (Baum-kurre auf dem Meeresboden und Grundschlepp-netz, welches teilweise im Meeresboden zu fin-den ist) auf drei Fahrten im Jahr. Eine Differen-zierung des Mülls wird seit Frühling 2007 ana-log zu den Spülsaumuntersuchungen vorgenom-men.

Das BLMP und das Thünen-Institiut führen regel-mäßig Schleppnetzuntersuchungen zu Fischbe-ständen und fischereiliche Untersuchungen inder Freiwasserzone durch. Diese könnten umMülluntersuchungen ergänzt werden (Seezun-gensurvey, International Beam Survey, GermanSmall Scale bottom trawl etc.).

In Flachwasserbereichen empfehlen sich syste-matische Tauchuntersuchungen, wie sie vor Hel-goland bereits exemplarisch durchgeführt wer-den, um einer Zerstörung des Benthals durchSchleppnetzuntersuchungen vorzubeugen.Schleppnetze sind zudem nicht überall einsetz-bar (zum Beispiel über Riffen). Tauchuntersu-chungen haben zusätzlich den Vorteil, dass sieeine `in situ` Beobachtung zulassen, die auchdie Erfassung von kleinen Partikeln ermöglicht.Ein Nachteil ist, dass der Einsatz von Tauchernräumlich und hinsichtlich der Tiefe begrenzt ist,so dass Tauchfahrzeuge besser geeignet sind.Synergien könnten bei den mit Unterwasserka-mera überwachten Seekabeln genutzt werden.Müllteile können während der Videoaufnahmenerfasst werden.

Das UBA empfiehlt den Ländern, dass sich dieKoordinationsstellen auch am „Fishing for Lit-ter“-Projekt der KIMO beteiligen. Dazu wärenKontakte mit Fischern und Häfen vor Ort herzu-stellen, Fischer mit den nötigen Mitteln zu ver-sorgen (Behälter zur Aufbewahrung des Mülls,etc.) und in den Häfen für die kostenfreie unpro-blematische Abgabemöglichkeit zu sorgen. Wei-terhin könnte von hier aus die Presse- undÖffentlichkeitsarbeit erfolgen, um das ThemaMeeresabfall besser zu kommunizieren und denam „Fishing for Litter“ partizipierenden Fischerneinen Sympathiebonus bei Touristen undGemeinden zu verschaffen (siehe auch 6.).

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5.4 Ökologisches Effektmonitoring: Müll in Mägenvon Eissturmvögeln

Vor dem Hintergrund einer anhaltend hohenVerschmutzung der Nordsee wurden auf derNordsee-Ministerkonferenz in Bergen im März2002 ökologische Qualitätsziele (Ecological Qua-lity Objectives = EcoQOs) vereinbart, um politi-sche Zielvorgaben messbar zu machen. Hierzuwurde in einem von der EU von 2002 bis 2004geförderten Projekt (Fulmar Litter EcoQO Study)der Parameter „Anzahl von Plastikmüllteilen inEissturmvogelmägen“ als Indikator der Belas-tung der Nordsee mit Plastikmüll untersuchtund für die internationale Implementierung die-ses EcoQOs durch OSPAR weiterentwickelt. AlsZielwert (EcoQO) für die Plastikmüllbelastungder Nordsee wurde empfohlen: „Weniger als 10 % der Eissturmvögel sollten 0,1 g oder mehrPlastikmüll im Magen haben; innerhalb einerStichprobe von 50-100 Eissturmvogel-Spülsaum-funden für jede von 5 verschiedenen Nordseere-gionen über einen Zeitraum von mindestens 5Jahren.“ Der Eissturmvogel wurde als geeigneterIndikator gewählt, weil er ein typischer Hochsee-vogel ist, der in der Nordsee weit verbreitet undhäufig vorkommt, seine Nahrung überwiegendan der Meeresoberfläche aufnimmt und dabeiauch umher treibende Müllteile frisst. Zudemwerden tote Eissturmvögel in ausreichendemStichprobenumfang entlang der Nordseeküstegefunden. Aufgrund umfangreicher Vorarbeitenaus den Niederlanden (IMARES) liegen für die-sen Teil der Nordsee bereits Langzeitdaten vor,an denen sich deutliche Trends in der Plastik-müllbelastung erkennen lassen. Die toten Eis-sturmvögel werden bei regelmäßigen Spülsaum-kontrollen eingesammelt, abtransportiert undfachgerecht untersucht. Die entnommenenMagenproben werden durch IMARES in den Nie-

derlanden analysiert, die gefundenen Müllparti-kel sortiert, kategorisiert und gewogen, um denaktuellen Belastungsstatus in Bezug zum Ziel-wert festzustellen und die Müllquellen zu identi-fizieren.

Als weiterführendes Effektmonitoring kommt eingeeignetes Monitoring von in Müll verfange-nen/verhedderten Basstölpeln und Heringsmö-wen in Betracht.

5.5 Monitoring von Mikroplastikteilen im Wasserund in Sedimenten

Mikroskopische Plastikfragmente und -fasernsind mittlerweile in der marinen Umwelt weitverbreitet und reichern sich in der Freiwasserzo-ne und in den Sedimenten der verschiedenenHabitate an. Aufgrund der hohen Persistenz derPlastikpartikel unter zwei Zentimetern Größe,haben diese möglicherweise auch ein Risikopo-tenzial für Amphipoden, Kiemenringelwürmerund Seepocken, die Plastik innerhalb wenigerTage aufnehmen. Bei Muscheln konnte sogargezeigt werden, dass die Plastikpartikel durchdie Magenwand ins Blut gelangen. Mikroplastikabsorbiert chemische Substanzen, die so in dieOrganismen gelangen. Hier bleibt zu prüfen, obdie Entwicklung einer Monitoring-Strategieerforderlich ist.

6. Maßnahmen in Schifffahrt und Fischerei zurBegrenzung des Mülleintrags

Die Anwendung des Prinzips „Verursacher zahlt“und die Identifizierung der wahren Kosten desmarinen Abfalls könnten marktbasiert und effek-tiv kontrolliert erfolgreich zum Adressieren derProblematik beitragen (UNEP 2009). Währenddas Verursacherprinzip vor allem durch effekti-vere Kontrollen auf See und entsprechende Ahn-dung bei Vergehen zu erreichen wäre, handeltes sich bei dem Zweiten Prinzip um ein ökono-misches Instrument. Dies müsste die externenKosten der gesamten Produktkette erfassen. Ins-gesamt liegen jedoch noch zuwenig ausreichendwissenschaftliche Informationen über die ökono-mischen und sozialen Schäden durch marinenMüll vor (EU-Commission Document WG-GESMay 09 3/3).

Aufgrund des diffusen Eintrags des marinenMülls ist es schwierig, geeignete Maßnahmen zuidentifizieren, die an den Quellen ansetzen.Gegenwärtig konzentrieren sich die Maßnahmenteilweise auf Vorsorge (Abnahme des Mülls in

Abbildung 6: Plastikmüll im Magen eines toten SeevogelsQuelle: Jan van Franeker, IMARES

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Häfen), vor allem aber auf Nachsorge (Sammelnim Meer und am Strand). Es muss eine deutlicheVerstärkung der Vorsorge angestrebt werden, daSammlungen in den Meeresökosystemen deut-lich aufwendiger und damit kostspieliger sind.Die Nachsorge erreicht auch nur einen Teil desMülls, der Großteil verbleibt in der Umwelt.

Nord- und Ostsee sind als MARPOL Anhang V alsSondergebiete ausgewiesen. Für die Schifffahrt(inklusive Fischerei) ist das Einbringung von Müllverboten. Dennoch hat sich die Müllbelastungder Nord- und Ostsee seit ihrer Ausweisung alsSondergebiete nicht verbessert: Die Schifffahrtträgt rund 70.000 m3 Abfälle im Jahr in derNordsee ein. Einen Überblick über die von Schif-fen durchschnittlich erzeugte Abfallmenge gibtAbbildung 7.

Die bisherigen Forschungsprojekte zeigten kei-nen Rückgang des angespülten Abfalls. Deshalbsind in folgenden Bereichen weitere Maßnah-men zu entwickeln und umzusetzen:

6.1 Maßnahmen an Bord / Schiffsbetrieb

Die Müllmenge auf See ließe sich reduzierendurch: verstärkten Einsatz von Recycling-, Dosier-und Nachfüllsystemen, etwa für Reinigungsmit-tel und Verpackungen. Auch durch Mülltren-nung, eine Volumenreduzierung der Reststoffe(Müllpresse, nicht Schredder, denn dann ist der

Müll nicht mehr identifizierbar) an Bord sowieausreichend Stauraum für die Abfälle. Diese Fak-toren können das – illegale – Einbringen redu-zieren.

Neben diesen technischen Verbesserungen sindbesonders die Sensibilisierung und Schulung desBordpersonals entscheidend. Dies ist bereits inden IMO-Richtlinien zur Umsetzung von MAR-POL Annex V (IMO1997) genannt, aber offenbarnoch nicht erfolgreich umgesetzt. Beim Festle-gen der Minderungsmaßnahmen für den„Deskriptor Müll“ der MSRL sollte sich Deutsch-land deshalb verstärkt für die Verbesserung derSchulungs- und Trainingsmöglichkeiten einset-zen. Zwar gibt es auf allen Schiffen (inklusiveFischereifahrzeugen) Aushänge, welcher Müllüber Bord gegeben werden darf, doch muss dasThema auch adäquat in dem Bewusstsein derMannschaft verankert sein.

Zur Umsetzung der genannten Maßnahmenkann die aktuell laufende Revision des MARPOLAnnex V beitragen. Sinnvoll erscheint auch diein der „Correspondence Group“ diskutierteÄnderung der rechtlichen Situation, ein generel-les Verbot des Einbringens von Abfall ins Meerzu vereinbaren („zero discharge“), für das beiNotwendigkeit Ausnahmen definiert werdenkönnen (MEPC 59/6/3: “Consider options whet-her or not to include a general prohibition onthe discharge of garbage, except where allowed

Abfallart Schiffstyp Erzeugter Abfall

Schlamm * Schiffe mit Schwerölantrieb

Schiffe mit Dieselantrieb

1,5 – 2 % des Verbrauchs

0,5 % des Verbrauchs

Ölhaltiges Bilgenwasser Durchschnittliches Schiff (ca. 30 000 dwt)

Ca. 20 m3/Monat

Abfälle der Mannschaft Alle 3 kg/Person/Tag

Ladungsbedingte Abfälle ** Typischer Stückgutfrachter *** 49,3 kg/Tag

Abbildung 7: Von Schiffen durchschnittlich erzeugte Abfallmenge (aus EMSA: Mehr Sicherheit und Sauberkeit im Seeverkehr in der Europäischen Union)

* Ein durchschnittlicher Panamax-Massengutfrachter (35.000 gt) (ein typisches Durchschnittsschiff):– verbraucht etwa 35 t Treibstoff pro Tag,– erzeugt etwa 0,7 t Schlamm pro Tag.

** Dies bezieht sich auf Anhang V des MARPOL-Übereinkommens. Anmerkung: Ladungsrückstände sind nicht Bestandteil der von Schiffen erzeugten Abfälle.

*** Andere Schiffstypen erzeugen wesentlich weniger ladungsbedingte Abfälle.

Quellen: Vereinigung der europäischen Seehäfen:- Waste Management Plan for Ship Generated Waste (Abfallwirtschaftsplan für Schiffsabfälle) (2000);- Workshop on Port Reception Facilities for Ship Generated Waste and Cargo Residues (Workshop über Hafenauffanganlagen

für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände (2001).

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in the regulations of Annex V”). Zurzeit wird imAnnex V nur aufgeführt, was nicht eingebrachtwerden darf.

Es ist zu prüfen, ob die Ausstattung der Netzemit elektronischen Sendern sinnvoll sein könnte,um verlorene Netze a) orten und b) Verstöße bes-ser ahnden zu können. Dies könnte im Verbundmit der Implementierung eines verpflichtendenMeldesystems von verloren gegangenem Fische-reigerät erfolgen.

2007 publizierte OSPAR Leitlinien für die Imple-mentierung eines „Fishing for Litter“- Projekts inder OSPAR-Region (2007b). Diese Initiative istsehr erfolgreich - mit ihr ist eine Müllreduktiondurch die Fischindustrie erreichbar. Dabei wirdder Abfalleintrag in signifikanten Mengen ausder marinen Umwelt entfernt und es wirdgleichzeitig das Bewusstsein einer der wichtigs-ten in das Problem involvierten Personengruppegestärkt - das der Fischer. Die Idee ist so einfachwie effektiv: An die partizipierenden Fischerei-fahrzeuge werden robuste große (1m3) Säcke ver-teilt, in denen sie Müll, der während desFischens in ihren Netzen landet, einsammelnund verstauen können. Die vollen Säcke könnenkostenfrei im Anlandehafen entsorgt werden.Die Hafenaufsicht kategorisiert den Müll.Momentan partizipieren etwa 100 Schiffe in denOSPAR-Regionen III und II (Nordsee). Würden500 Schiffe teilnehmen, könnten jährlich rund2.000 Tonnen Müll als Sammlungsrate erreichtwerden, der durch die Fischerei vom Meeresbo-den geborgen würde. Das sind immerhin zehnProzent der jährlich in die Nordsee eingebrach-ten 20.000 Tonnen (Oslo and Paris Conventionsfor the Prevention of Marine Pollution 1995).

6.2 Maßnahmen im Hafen

Vielfach werden unzureichende Entsorgungs-möglichkeiten in den Häfen als Problemgenannt. Auch unterschiedliche und/oder hoheEntsorgungsgebühren, komplizierte Logistik(Anmeldung, Zeitaufwand) sind Hemmnisse fürdie Nicht-Nutzung der Entsorgungseinrichtun-gen.

Eine Untersuchung der Hafenauffangeinrichtun-gen für Schiffsmüll in der EU (EMSA 2005)ergab, dass die entsprechende EG-Richtlinie2000/59/EG in den verschiedenen Ländernunterschiedlich ausgelegt wird. Dies gilt vorallem in Bezug auf die Entsorgungsgebühren alsAnreizsystem zur Abgabe des Abfalls in denHäfen. Eine Umfrage in 50 europäischen Häfen

zeigte, dass strengere und einheitliche Vorgabenvon den Hafenbehörden gewünscht werden. Ineinigen Häfen werden zusätzlich Anreizsystemefür Schiffe mit dem „Green Award“ angeboten,zum Beispiel reduzierte Hafengebühren oder diegünstigere Nutzung der Entsorgungseinrichtun-gen(http://www.greenaward.org/defaulthome.htm„All members of Euroshore, the association ofport reception facilities, provide a 5% discountin 9 countries“).

Positive Beispiele sind die “Baltic Strategy onPort Reception Facilities for Ship-generated Was-tes”, die ein “no-special-fee”-System für die Ost-seehäfen eingeführt hat und das Konzept Däne-marks: Die Entsorgungsgebühren sind hierbereits in den Hafengebühren enthalten(http://www.helcom.fi/shipping/waste/en_GB/waste/).

Solange die Müllannahme in europäischenHäfen nicht generell kostenfrei gestellt wird,wird sich die Einstellung der Seeleute nurschwer ändern lassen. So stehen beispielsweisein Dänemark in den Häfen LKW-große Containerbereit, in denen aller Müll inklusive alten Netz-materials kostenfrei entsorgt werden kann.Zusätzlich kann man Kanister Altöl an die Pierstellen, die ebenfalls kostenlos entsorgt werden.

Ökonomische Maßnahmen (wie etwa Gebühren,Strafen, Fördergelder, handelbare Zertifikate),die Anreize zur Müllvermeidung / -abgabe inden Häfen erzeugen, sind ebenfalls sinnvoll undsollten Bestandteile in eines künftigen Maßnah-menpakets sein.

Strengere Kontrollen der Mülltagebücher durchdie Hafenstaatkontrollen sowie höhere Strafenbei illegaler Entsorgung auf dem Meer sindzusätzlich notwendig, um den Druck zu erhö-hen. Durch die zulässige Verbrennung vonAbfällen (auf Passagierschiffen) sowie das erlaub-te Überbordwerfen - zum Beispiel von Essensres-ten - ist jedoch eine Kontrolle der Abfallmengenäußerst schwierig. Hier sollte sich Deutschland /die EU bei der Überarbeitung des MARPOLAnnex V für eine umweltorientierte Problemlö-sung (etwa Verbot der Verbrennung auf See) ein-setzen. Die Praktikabilität dieses Vorschlags soll-te jedoch zuvor in einer Studie untersucht wer-den.

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7. Zusammenfassung

Der Bericht, enthält eine erste Zusammenstel-lung der verfügbaren Forschungsergebnisse undBewertungsansätze zur Thematik. Kurz gefasstergibt sich folgender Sachstand:

SSiittuuaattiioonnssbbeesscchhrreeiibbuunngg

Die wichtigsten Eintragsquellen des marinenMülls sind die Seeschifffahrt und die Fische-rei, nachgewiesen für die südliche Nordsee.

Das Müllaufkommen an der deutschen Nord-seeküste ist weitaus besser dokumentiert alsan der Ostseeküste. In der Ostsee ist das Müll-Problem vermutlich signifikant geringer alsin der Nordsee. Um dies abschließend beur-teilen zu können, ist eine Gesamtschau derMülleinträge für die Ostsee zu erarbeiten.

Die Belastung mit Müll ist besonders in derNordsee in den vergangenen zehn Jahrenunverändert hoch geblieben. Die Regelungenunter MARPOL und der RL 2000/59/EG führ-ten nicht zu einer nennenswerten Reduktiondes an der Küste angeschwemmten Mülls.

Abfall in den Meeren hat deutliche negativeAuswirkung auf marine Organismen, insbe-sondere in Folge der Aufnahme von Partikelnund des Verfangens in Müll- oder Netzteilen.

Besondere Bedeutung kommt Plastikmüll miteiner sehr langen Abbauzeit zu. Er zersetztsich zum Teil in mikroskopisch kleine Teile,die zudem chemische Substanzen absorbierenund in das Nahrungsnetz eintragen können.

Die Folgekosten des Müllvorkommens undder Beseitigung sind regional unterschiedlich,insgesamt aber erheblich.

BBeewweerrttuunnggssaannssäättzzee

Bisher gibt es keine Bewertungsansätze zuden ökologischen Auswirkungen von Meeres-müll die geeignet wären, einen „Guten Mee-reszustand“ festzulegen. Das UBA empfiehlt,die Erarbeitung von Bewertungsansätzen alsArbeitsschwerpunkt in die EU ArbeitsgruppeGES einzubringen.

Die Eignung der bisher vorliegenden Ergeb-nisse langjähriger Spülsaum- und Grund-schleppnetzuntersuchungen für die deutscheNordseeküste sowie die Untersuchungen zurAnzahl von Plastikpartikeln in Seevögelmä-gen zur Bewertung der Müllproblematikmuss geprüft und die Methoden ggf. weiterentwickelt werden. Ferner wurde eine Reiheneuer vielversprechender Ansätze für Müllun-tersuchungen identifiziert und dargestellt.

ÜÜbbeerrwwaacchhuunngg

Mit dem vorliegenden Bericht unterbreitetdas UBA erste Vorschläge zur künftigen Über-wachung von Meeresmüll im Spülsaum, ander Meeresoberfläche, in der Wassersäuleund am Meeresgrund; von Mikroplastik inSedimenten und zum ökologischen Effektmo-nitoring und stellt diese zur Diskussion.

MMaaßßnnaahhmmeenn

Der vorliegende Bericht stellt Vorschläge fürMaßnahmen zur Reduzierung des Müllein-trags über die Eintragspfade Schifffahrt undFischerei vor.

Bisher konnte nicht geprüft werden, ob sich diedargestellten methodischen Ansätze für dasMonitoring für eine Routineüberwachung eig-nen. Vor allem der Wirkungsbezug und dieUrsachenzuordnung bleiben ein unzureichendgelöstes Problem.

Derzeit ist es uns noch nicht möglich zu ent-scheiden, ob ein Monitoring flächendeckenderforderlich ist, oder ob ein oder zwei Ansätzeals Indikator für die Abschätzung der Belas-tungsentwicklung und der Gefährdung der Mee-reslebewesen ausreichen. Insbesondere muss zudiesem Zeitpunkt offen bleiben, ob eine direkteÜberwachung in der AWZ sinnvoll und praktika-bel ist, oder ob zum Beispiel auf der Basis vonSpülsaumuntersuchungen Rückschlüsse auf dieAWZ möglich sind.

Das UBA wird im Rahmen der übertragenen Auf-gaben Methoden der Müllbewertung weiter ent-wickeln, Daten aufbereiten, Bewertungen erstel-len und diese in der Gesamtbewertung des öko-logischen Zustands der MSRL mit seinen 11Deskriptoren angemessen berücksichtigen.

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