Ein Instrument zur Messung des Schielgrades (Strabomêtre)

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Ein Instrument zur Messung des Schielgrades (Strabom~tre). vol~ Dr. Eduard Meyer in Paris. Es ist seit v. Graefe's werthvollen Untersuchungen fiber ,,Schielen und die Schieloperation" wohl allgemein acceptirt, dass die Dosirung der Tenotomie je nach dem Grade der Abweichung als eine der Hauptbedingungen des gfinstigen Ertblges angesehen werden muss. Wo, wie bei dem bei weitem grSsten Theile der concomitirend Schielenden, kein gemeinschaftlicher Sehact mehr erzielt werden kann, da hi~ngt der bestmSglichste Erfolg yon der genauen Beriicksichtigung der mechanischen Verh~ilt- nisse ab, da muss die Rticklagerung der Muskelinsertion so genau wie mSglich dem Grade tier Abweichung ge- m~tss stattfinden. Das Quantum der Rficklagerung kann eine nach v. Graefe's exaeten Angaben eingerichtete Operation bis auf einen Millimeter, ja mit noch gerin- gerer Schwankung erzielen. Zur genauen Bestimmung der Schielabweichung gab v. Graefe folgende Weise an (Arch. f. Ophth. III., S. 193.) Man lfisst den Patienten ein in der Mittellinie und in der horizontalen Visirebene gehaltenes Object in 6'--8' Entfernung fixiren; die Hornhaut des gesunden huges steht dann ungefiihr in der Mitte der Lidspalte, man markirt auf dem untern Lidrand dieses Auges den

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Ein Instrument zur Messung des Schielgrades (Strabom~tre).

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Dr. E d u a r d Meyer in Paris.

Es ist seit v. G r a e f e ' s werthvollen Untersuchungen fiber ,,Schielen und die Schieloperation" wohl allgemein acceptirt, dass die Dosirung der Tenotomie je nach dem Grade der Abweichung als eine der Hauptbedingungen des gfinstigen Ertblges angesehen werden muss. Wo, wie bei dem bei weitem grSsten Theile der concomitirend Schielenden, kein gemeinschaftlicher Sehact mehr erzielt werden kann, da hi~ngt der bestmSglichste Erfolg yon der genauen Beriicksichtigung der mechanischen Verh~ilt- nisse ab, da muss die Rticklagerung der Muskelinsertion so genau wie mSglich dem Grade tier Abweichung ge- m~tss stattfinden. Das Quantum der Rficklagerung kann eine nach v. G r a e f e ' s exaeten Angaben eingerichtete Operation bis auf einen Millimeter, ja mit noch gerin- gerer Schwankung erzielen.

Zur genauen Bestimmung der Schielabweichung gab v. Grae fe folgende Weise an (Arch. f. Ophth. III., S. 193.) Man lfisst den Patienten ein in der Mittellinie und in der horizontalen Visirebene gehaltenes Object in 6'--8' Entfernung fixiren; die Hornhaut des gesunden huges steht dann ungefiihr in der Mitte der Lidspalte, man markirt auf dem untern Lidrand dieses Auges den

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Punkt, welcher gerade unter dem Centrum der Hornhaut liegt, vielleicht eben vom untern Hornhautrande berfihrt wird, und sucht nun den symmetrischen Punkt am un- tern Lid des zweiten schielenden Auges (durch Cirkel- messung) auf. Gleichzeitig bestimmt man in diesem huge den gerade unter der Mitte der schielenden Horn- haut liegenden Lidpunkt; der Abstand der beiden letzt- erwiihnten Punkte yon einander ergiebt das lineare Maass der hblenkung in dieser Stellung, welche wir ffir die folgenden ErSrterungen als m i t t l e r e S t e l l u n g bezeichnen wollen."

Eine genaue Messung dieser Art verlangt, wie wir sehen, die Application des Cirkels an das untere hugen- lid bei gleichzeitig unveriinderte Fixation desselben Punktes yon Seiten des Kranken. Freilich wird die Beobachtung einer grossen Anzahl Schielender bald eine gewisse Geliiufigkeit in der ungefiihren Taxirnng der Schielabweichung zur Folge haben, ohne class man dic Markirung fief Punkte benSthigt, abet auch diese mSchte sich wohl wieder verlieren, ohne stetig wiederkehrende Uebung. Der Vorzug mathematischer Genauigkeit in dem linearen Maasse der Abweichung einerseits, fiir den giinstigen Erfolg der Operation bei dem bei Weitem grSssten Theis der Schielenden, andererseits ftir kli- nische Demonstrationen, haben reich dazu geftihrt, ein zu diesen Messungen bestimmtes Instrument zu construiren, das ich den Fachgenossen hiermit zur Beurtheilung iibergebe.

Es besteht ans einem Handgriffe, anf dem 2 Bran- chert angebracht sind, deren jede an ihrem andern Ende eine kleine Platte tragt, welche, yon der Form des un- tern hugenlides dazu besimmt ist auf demselben appli- cirt zu werden, so dass ihr freier Rand sich dem Lid- rande anpasst, huf jeder Platte sind 2 bewegliche Zei- ger yon denen das eine Paar zur Fixation der Stellung

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dient, in welcher die Schielabweichung gemessen werden soll, alas zweite zur Markirung der Abweiehung selbst. Will man die letztere in tier m i t t l e r e n S t e l l u n g messen, so stellt man zun~chst die yon unten her beweg- lichen Zeiger auf den Theilungsstrich, welcher auf der Platte mit 0 bezeichnet ist und hat nun bei der Appli- cation des Instruments darauf zu sehen, dass das innere Ende der Metallplatten den innern Augenwinkel beriihrt; zu diesem Zwecke sind die beiden Branchen des Instru- ments, innerhalb der Grenzen der mSglichen Entfernung beider Augen, beweglich. Man l~tsst sodann den Patien- ten sein fixirendes huge so richten, dass das Hornhaut- eentrum gerade fiber der Zeigerspitze steht; auf der an- dern Seite dreht man den yon oben her beweglichen Zeiger der Art, dass seine Spitze senkrecht unter der Cornealmitte des schielenden Auges steht. Die Distanz der beiden Zeigerspitzen auf der unter den letzteren befindlichen Platte ergiebt das lineare Maass der Ablen- kung in dieser Stellung. Will man sogleich auch das Maass der s e c u n d i i r e n h b w e i e h u n g haben, so ver- dekt man einen Augenblick das gesunde Auge, li~sst mit dem aadern fixiren und bestimmt dann die Stellung des Hornhautcentrums des ersteren jetzt schielenden Auges.

Wie wi res ffir dig mittlere Stellung angegeben, in derselben Weise kann die Abweichung in jeder beliebi- gen Augenrichtung gemessen werden; man hat dann nur vor der Application des Instruments dem eiuen Zeiger- paar die nSthige Stellung zu geben. Will man beispiels- weise bei einem Strab. convergens den Grad der Ab- weichung in einer seitliehen hugenstellung bestimmen, so dreht man vorher den Zeiger unter der fixirenden Seite um eine bestimmte Entfernnng yore Mittelpunkt der Platte nach aussen oder Innen und giebt dem Zei- ger der andern Seite die symmetrische Stellung nach Innen oder Aussen. Sodann wird das Instrument appli-

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cirt das fixirende Auge mit dem Hornhautcentrum fiber die Zeigerspitze gerichtet und andrerseits die Stellung der abgewichenen Cornealmitte markirt.

Die Metallplatten sind nach Millimetern graduirt, yon denen je 5 immer in einer Zahl vereinigt sind. Wenn andere Zwecke Winkelwerthe nothwendig machen, so lassen sich letztere leicht berechnen; 10 ~ sind gleich 1 mm 75; 40 ~ 7 mm.

Das angegebene Instrument dient in sehr einf'acher Weise zur Bestimmung der seitlichen Bulbusbeweglich- keit; man braueht dazu nur das Auge in seine i~usserste Innen- oder Aussenstellung drehen zu lassen und dabei den letzten Punkt zu markiren, welchen der Pupillar- oder Hornhautrand erreichen kann. Der Vergleich mit der Beweglichkeit des andern Auges in derselben Rich- tung ergiebt dann jegliehen Unterschied.

Aueh benutze ich dasselbe um die Entfernung der Pupillarcentra zu messen. Zu dem Zwecke lasse ich einen Gegenstand in der entsprechenden Stellung mit beiden hugen fixiren, markire den Mittelpunkt beider Pupillen, vermittelst zweier Zeiger und habe dann nur die Distanz der beiden Zeigerspitzen zu bestimmen, was nach Entfernung des Instruments vom Auge immerhin leichter und mit grSsserer Genauigkeit geschehen kann, als bei der unmittelbaren Messung an den Augen selbst.

Diese kurze Notiz wird zum Verst~ndniss des iiusserst einfachen Instruments und seiner Gebrauchs- weise genfigen. Der u den jede instrumentale Messung vor der ungefiihren Taxirung haben wird, der Beifall mehrerer deutschen Collegen, die das Instrument in meiner Klinik gesehen und vor allem alas anregende Urtheil meines hoehverehrten Lehrers v. G r a e f e bei seiner letzten hnwesenheit in Paris haben mich zur Yer- iiffentlichung desselben bewogen.