Eine ethnographische Studie zu Selbstverortung und ...

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Eine ethnographische Studie zu Selbstverortung und transnationalen Kommunikationsnetzwerken von syrischen Geflüchteten in Freiburg i.Br. Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Bachelor of Arts“ der Philologischen, Philosophischen und Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. vorgelegt von Clara Dröll Sommersemester 2017 Europäische Ethnologie

Transcript of Eine ethnographische Studie zu Selbstverortung und ...

Eine ethnographische Studie zu Selbstverortung und

transnationalen Kommunikationsnetzwerken von

syrischen Geflüchteten in Freiburg i.Br.

Bachelorarbeit

zur

Erlangung des akademischen Grades

„Bachelor of Arts“

der Philologischen, Philosophischen und

Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der

Albert-Ludwigs-Universität

Freiburg i.Br.

vorgelegt von

Clara Dröll

Sommersemester 2017

Europäische Ethnologie

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung ............................................................................................................................. 3

1.1. Erkenntnisinteresse .......................................................................................................... 4

1.2. Relevanz .......................................................................................................................... 5

2. Theoretische Grundlagen .................................................................................................... 5

2.1. Geflüchtete ...................................................................................................................... 5

2.2. Selbstverortung ................................................................................................................ 6

2.3. Transnationalität .............................................................................................................. 6

2.4. Kommunikationsnetzwerke ............................................................................................. 7

3. Empirische Forschung ......................................................................................................... 8

3.1. Forschungsfeld ................................................................................................................ 8

3.2. Feldzugang ...................................................................................................................... 8

3.3. Methodisches Vorgehen .................................................................................................. 9

3.4. Sampling ........................................................................................................................ 12

3.5. Einzelfallanalysen ......................................................................................................... 16

3.5.1. Fallbeispiel 1 – Jan ................................................................................................. 16

3.5.2. Fallbeispiel 2 – Ali ................................................................................................. 20

3.5.3. Fallbeispiel 3 – Bisan ............................................................................................. 23

3.6. Reflexion ....................................................................................................................... 27

4. Fazit ..................................................................................................................................... 29

5. Ausblick ............................................................................................................................... 30

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 32

Quellenverzeichnis .................................................................................................................. 34

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 34

Anhang .................................................................................................................................... 35

Anhang A: Einverständniserklärung der Interviews ............................................................ 35

Anhang B: Interview-Leitfaden ............................................................................................ 37

Anhang C: Interview-Transkription mit Legende ................................................................ 39

Anhang D: DVD mit Audiodatein der Interviews ................................................................ 74

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1. Einleitung

Was ist für dich momentan der wichtigste Gegenstand?

Abbildung 1: Eigene Aufnahme von Rasal

„Also [in] erster Linie, mein Handy. Ohne Handy würde ich den Kontakt nach Hause

verlieren.“1

Seit 2011 tobt in Syrien ein Bürgerkrieg zwischen den Regierungstruppen und opposi-

tionellen Gruppen. 13,5 Millionen Menschen – das entspricht etwa zwei Drittel der ursprüng-

lichen Bevölkerung Syriens – sind auf Hilfsleistungen angewiesen.2 Der Großteil der syri-

schen Geflüchteten (ca. 4,2 Millionen) ist in die Nachbarländer Türkei, Jordanien, Irak und

den Libanon geflohen, da eine schnelle Rückkehr angestrebt wird oder die finanziellen Mittel

für eine Flucht über eine größere Distanz fehlen.3 Wegen der großen Notlage sind besonders

seit 2015 einige Syrer*innen auch nach Deutschland geflohen. Dies führt hier zu einem hitzi-

gen Diskurs zwischen Bürger*innen, Interessengruppen oder politischen Parteien. Aus einer

kulturanthropologischen Sicht besteht das Interesse, die induktive Perspektive der geflohenen

Menschen näher zu beleuchten. Unter der Flucht, als eine Form der Gewaltmigration, versteht

1 WhatsApp Sprachnachricht von Rasal, am 14.06.2017. 2 Vgl. O.V.: Syrien. In: Oxfam Deutschland. Für eine gerechte Welt. Ohne Armut. Abrufbar unter: https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/laender/syrien?pk_campaign=ox-syrien&pk_kwd=syrienkrieg&utm_wec=11494&gclid=CImv3MK37NICFdQK0wodKSEP_g (Stand: 12.06.2017). 3 Vgl. Oltmer, Jochen: Globale Migration. Geschichte und Gegenwart. München 2. Aufl. 2016, S. 129.

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man das Ausweichen vor einer lebensbedrohenden Zwangslage auf Grund von Gewalt.4 Diese

Form von Gewaltmigration ist von den Konzepten der Deportation, Evakuierung, Umsiedlung

oder Vertreibung zu trennen. Flucht ist selten ein linearer Prozess. In den meisten Fällen ist er

durch ein überstürztes Ausweichen in den nächsten, sicher erscheinenden Ort gekennzeichnet.

Darauf folgt eine Weiterwanderung zu Verwandten und Bekannten oder die Suche nach ei-

nem rechtlich geschützten und unterstützenden Rahmen. In vielen Fällen müssen sich Ge-

flüchtete auf Dauer oder längere Sicht auf eine prekäre Existenz einstellen. Die Handlungs-

macht der betroffenen Personen ist hierbei oftmals sehr eingeschränkt und die Zukunftsper-

spektive sehr ungewiss.

1.1. Erkenntnisinteresse

In meiner Bachelorarbeit möchte ich der Frage nachgehen, wie sich aus Syrien geflohene

Menschen in der prekären Situation und Zuschreibung als Flüchtling selbstverorten. Wie se-

hen sie sich in ihrem neuen Wohnort, der oftmals nicht frei gewählt wurde? Der Fokus soll

hierbei auf transnationale Vernetzungen und Beziehungsverhältnissen zwischen verschiede-

nen Orten liegen. Wie und über welche nationalen Grenzen hinweg kommunizieren und tau-

schen sich syrische Geflüchtete aus? Und mit wem? Wie findet transnationale Kommunikati-

on statt?

In meiner Literaturarbeit geht es mir in erster Linie darum, die Konzepte „Flucht“ und

„Transnationalität“ einzugrenzen und in einen gemeinsamen Kontext einzubauen. In meiner

empirischen Forschung möchte ich durch mehrere qualitative Interviews die verstehende Per-

spektive von Einzelfällen einnehmen und analysieren.

Um mich meinem Forschungsfeld zu nähern, werde ich mit einer theoretischen und li-

teraturbasierten Darstellung der zentralen Konzepte meiner Bachelorarbeit anfangen. Was

wird unter Flucht verstanden? Wie lässt sich Transnationalismus eingrenzen und definieren?

Darauf aufbauend möchte ich durch die Interviewanalyse wissenschaftlich untersuchen, wie

syrische Geflüchtete über Grenzen hinweg kommunizieren und sich in transnationalen Le-

benswelten verorten. Hierfür ist von Forschenden eine gewisse Sensibilität verlangt, um die

oftmals sehr prekäre Situation der Geflüchteten empirisch erfassen zu können.

Die Erforschung von Selbstbildern ist in der Kulturanthropologie ein zentraler Be-

standteil zum Verständnis kultureller Phänomene. Alltagsphänomene stellen hierbei ein

4 Vgl. Oltmer, Jochen: Globale Migration. Geschichte und Gegenwart. München 2. Aufl. 2016, S. 25.

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Haupterkundungsfeld dar. Die empirische Forschung stellt deshalb das Herzstück dieser Ar-

beit dar. Ziel ist es, einen Beitrag zu leisten, der im Fach der Kulturanthropologie/Europäische

Ethnologie Anklang findet und zum Weiterforschen anregt.

1.2. Relevanz

Das Leben von Syrer*innen in Deutschland ist nur bruchstückhaft dokumentiert und wis-

senschaftlich noch nicht tiefgehend bearbeitet. Vergleichbare Arbeiten in der Kulturanthropo-

logie/Europäische Ethnologie und interdisziplinären Fachdisziplinen liegen mir nicht vor.

3269 Syrer*innen leben derzeit in Freiburg; sie stellen die größte Gruppe an Geflüchteten

dar, gefolgt von Geflüchteten aus dem Irak.5 Der Anteil an syrischen Frauen und Kindern ist

in Freiburg größer als bundesweit.6 So bildet die Altersgruppe von 0 – 7 Jahren mit 22,6% die

zweitstärkste Gruppe.7 Insgesamt ist die Gruppe der Minderjährigen deutlich größer (43,9%)

als bundesweit (36,2). 61,2% aller Geflüchteten in Freiburg sind jünger als 25 Jahre.8

2. Theoretische Grundlagen

In den folgenden Unterkapiteln werden die Begriffe und Konzepte, die dieser Arbeit

zugrunde liegen, näher vorgestellt.

2.1. Geflüchtete

Nicht nur die Fluchterfahrung selbst, sondern auch die Wahrnehmung als Flüchtling

ist wichtig für die Selbstverortung. Ich werde im Folgenden den Begriff "Flüchtling" durch

den Begriff "Geflüchtete" ersetzen. Das erscheint mir wichtig, um der Entsubjektivierung, der

"Versächlichung" der geflüchteten Menschen zu entgehen. Die Etikettierung, die "Macht des

Labels" kann die Fremdwahrnehmung von Geflüchteten negativ beeinflussen.9 Die Wortwahl

„Geflüchtete“ erlaubt es auch, eine Schwäche der deutschen Sprache zu beheben, denn die

Entsubjektivierung findet sich nicht in anderen europäischen Sprachen (refugee, réfugié, refu-

giado, rifugiato, ...). Somit möchte ich an dieser Stelle auch dafür plädieren, einen neuen Be-

griff für „Flüchtlingsheim“ zu finden, wie beispielweise Unterkunft für Geflüchtete.

5 Vgl. O.V.: Freiburgs Flüchtlinge. In: Badische Zeitung: Freiburger Zeitung, 05.05.2017. 6 Ebd. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Vgl. Krause, Ulrike: It Seems You Don’t Have Identity, You Don’t Belong. Reflexionen über das Flüchtlings-label und dessen Implikationen. In: Zeitschrift für Internationale Beziehung, 23 (2016), S. 8-37, hier S. 9f.

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2.2. Selbstverortung

Unter dem Begriff der Selbstverortung verstehe ich die eigene räumlich Einordnung

und Wahrnehmung des Wohnortes.

Es geht um die analytische Kategorie „Ort“10 als Teil des Verstehens von Geschichte,

um eine „Verräumlichung" der historischen Erzählung11, die gerade bei Geflüchteten eine

besondere Bedeutung hat. Auch wenn der Begriff Heimat oder "zweite Heimat" öfter in den

Interviews gebraucht wurde, geht es mir nicht um Wertung, nicht um ein theoretisches Kon-

zept, sondern um eine induktive ("Selbst") Herangehensweise, um sehr Konkretes, wie Woh-

nung, persönliche Gegenstände oder Essen. Diese Räumlichkeit erscheint mir gerade in der

Zerrissenheit durch das erzwungene Verlassen des Herkunftsortes und den von außen be-

stimmten Zielort von Geflüchteten besonders interessant.

2.3. Transnationalität

Der Begriff der Transnationalität ist noch keine 100 Jahre alt und auch in der Kultur-

anthropologie/Europäischen Ethnologie erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts aufgegriffen

worden.12 Interessant erscheint mir dabei, dass der Begriff „Trans“ schon 1940 im Bereich der

Kultur verwendet wurde, um das Wort Akkulturation, das die Aufgabe einer Kultur in der

Folge eines Ortwechsels beinhaltete, mit einem dem wirklichem Geschehen besser entspre-

chenden Begriff („transculturisation“) zu ersetzen.13 Ende der 1990er Jahre wurde der Begriff

„Transnationalismus“ im wissenschaftlichen Kontext der Migrationsforschung aufgegriffen.14

Der Begriff löst damit ältere Konzepte wie „Assimilation“ und „cultural pluralism“ ab. All-

gemein gefasst versteht man unter der Transnationalität, den Link zwischen verschiedenen

Orten, welcher sehr komplex sein kann. Diese Links können Familienbesuche, Geldüberwei-

sungen oder sozialer sowie politischer Natur sein.

10 Vgl. Lipphardt, Anna: Vilne. Die Juden aus Vilnius nach dem Holocaust. Eine transnationale Beziehungsge-schichte. Paderborn 2010, S. 29. 11 Vgl. Soja, Edward: Postmodern Geographies. The Reassertion of Space in Critical Social Theory. Lon-don/New York 8. Aufl. 1989, S. 1. 12 Vgl. Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina: Towards a Definition of Transnationalism. Introductory Remarks and Reserach Questions. In: Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina (Hrsg.): Towards a Transnational Perspektive on Migration. Race, Class, Ethnicity, and Nationalism Reconsid-ered. New York 1992, S. ix-xiv, hier S. ix. 13 Vgl. Fernando Ortez zitiert nach Comitas, Lambros: Preface. In: Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina (Hrsg.): Towards a Transnational Perspektive on Migration. Race, Class, Ethnicity, and Na-tionalism Reconsidered. New York 1992, S. vii-viii, hier S. vii. 14 Vgl. Kivisto, Peter: Theorizing transnational immigrants. A critical review of current efforts. Ethnic and Raci-al Studies, Vol. 24., No. 04.07.2001, S. 549.

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Die aus meiner Sicht nach wie vor treffendste Definition der Transnationalität kommt

von Pries, der verschiedene Typen der Internationalisierung je nach Handelndem unterschei-

det (z.B. Inter-Nationalisierung, Supra-Nationalisierung, Re-Nationalisierung, Globalisierung,

Glokalisierung) und zur Vermeidung eines "catch-all" Begriffs den Intensitätsgrad der Bezie-

hungen berücksichtigt.15 Transnationalität meint danach: „die Zugehörigkeitsgefühle, kultu-

rellen Gemeinsamkeiten, Kommunikationsverflechtungen, Arbeitszusammenhänge und die

alltägliche Lebenspraxis sowie die hierauf bezogenen Organisationen und gesellschaftlichen

Ordnungen und Regulierungen, die sich in relativ dauerhaften und pluri-lokalen, die Grenzen

von Nationalstaaten überschreitenden sozialen Gebilden und Sozialräumen niederschlagen."16

Das Konzept der transnationalen Migration ist heute präsenter denn je, da es einfacher

geworden ist zu reisen und über soziale Medien in Kontakt zu bleiben. Transnationalität über-

trägt sich somit auch auf die Lebenswelten von Geflüchteten. In einer globalen, dicht vernetz-

ten Welt gegenseitiger Abhängigkeit ist die Analyse von transnationalen Lebenswelten unab-

dingbar.

Die Betonung des Überschreitens des Nationalen eröffnet auch Chancen, dem Dilem-

ma des „weder hier noch dort“ zu entkommen und im Verständnis eines „hier und dort“ das

Lokale zu demystifizieren.17 Die dürfte jedoch bei Geflüchteten, deren Überschreitung mit

Verlust und Traumata verbunden ist, und deren Ankunft eventuell neue Verluste und Trauma-

ta mit sich bringt, erst mittelfristig von Bedeutung sein.

2.4. Kommunikationsnetzwerke

Kommunikation und Netzwerken kommt in der Geschichte der Migration eine beson-

dere Rolle zu, hängt doch von der Qualität und Vollständigkeit der Informationen nicht nur

eine realistische Einschätzung der Risiken während der Reise, sondern auch der Chancen und

Risiken am Ankunftsort ab. Herkunfts- und Aufenthaltsorte sind deshalb "über Netzwerke,

also über durch Verwandtschaft, Bekanntschaft und Herkunftskollektive zusammengehalten

Kommunikationsysteme miteinander verbunden."18

15 Vgl. Faist, Thomas; Fauser, Margit: Das Transnationale in der Migration. Eine Einführung. Weinheim und Basel 2014, S. 18. 16 Pries, Ludger: Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Frankfurt am Main 2008, S. 44. 17 Vgl. Hess, Sabine: Transnationalismus und die Demystifizierung des Lokalen. In: Schmidt-Lauber, Brigitta (Hrsg.): Ethnizität und Migration. Einführung in die Wissenschaft und Arbeitsfelder. Berlin 2007, S. 179-193, hier S. 179. 18 Oltmer, Jochen: Globale Migration. Geschichte und Gegenwart. München 2. Aufl. 2016, S. 14.

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3. Empirische Forschung

3.1. Forschungsfeld

Das Forschungsfeld umschreibt „ein sich immer wieder neu und anders konstitu-ierendes Gebilde, das sehr verschiedene Ausdrucksformen enthält: Handlungen, Akteurinnen und Akteure, Bedeutungen, Objekte und Diskurse, die sich stetig verändern, auflösen und wieder neu zusammensetzen. Damit steht nicht (mehr) die Homogenität eines konkreten Ortes im Mittelpunkt, sondern die Heterogenität, die sich aus dem Netzwerk von Bezügen und Beziehungen ergibt.“19

Da meine Feldforschung von Freiburg ausgehen sollte, ergab sich hierdurch schon die

erste Eingrenzung auf einen realen Forschungsort: Freiburg im Breisgau. Durch meine über-

geordnete Fragestellung, wie sich Geflüchtete selbst verorten und welche Bedeutung hier

transnationaler Kommunikation zukommt, ergaben sich die weiteren Handlungen und Ak-

teur*innen in meinem Forschungsfeld. Für die Akteur*innen als handlungsmächtige Subjekte

nahm ich als zweite Eingrenzung die Staatszugehörigkeit und begrenzte mich somit auf Ge-

flüchtete syrischer Nationalität. Weitere Eingrenzungen des Forschungsfeldes nahm ich zu

Beginn des Forschungsprozesses nicht vor, um vielfältige Perspektiven darstellen zu können.

Als Objekte meines Feldes ergaben sich im Verlauf der Forschung, die fotographi-

schen Aufnahmen von den wichtigsten Gegenständen oder Fotos der Akteur*innen. Hier-

durch konnten für die Studie bildlich Objekte festgehalten werden, welche für die Selbstver-

ortung sowie die transnationalen Kommunikationsnetzwerke von zentraler Bedeutung sind.

Im Prozess der Feldforschung ergaben sich stetig neue Fragestellungen, neu aufkommende

Themen und Diskurse sowie weitere Kontaktmöglichkeiten.

3.2. Feldzugang

Mein Zugang zum Forschungsfeld wurde mir durch meinen syrischen Mitbewohner in

meiner Freiburger Wohngemeinschaft ungemein erleichtert. Er stellte sich für diese Studie

sehr schnell als mein Gatekeeper20 heraus und öffnete mir viele Türen und Kontaktmöglich-

keiten. Über ihn erlangte ich nicht nur Zugang zu mehreren Gesprächspartner*innen, sondern

darüber hinaus auch zahlreiche Hinweise und Tipps. Durch den gemeinsamen Alltag in unse-

rer Wohngemeinschaft kam es schon vor dem Forschungsprozess zu zahlreichen Gesprächen

19 Gajek, Esther: Lernen vom Feld. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 53-68, hier S. 53. 20 Vgl. Von Dobeneck, Florian; Zinn-Thomas, Sabine: Statusunterschiede im Forschungsprozess. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 86-100, hier S. 89.

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über sein Heimatsland Syrien, seine Flucht, alltägliche Sorgen und Probleme, wodurch mir

hochsensible „inside“ Informationen zugetragen wurden.

Über diesen ersten Kontakt kam es zum Schneeballeffekt, nämlich einem „Multiplika-

torensystem der Kontaktvermittlung“.21 Somit erhielt ich schnell Handynummern von Freun-

den meines Gatekeepers. Der Zugang und die Bereitschaft für Gespräche seitens meiner neu-

en Kontaktpersonen fiel erneut sehr leicht. Dies erkläre ich mir zum einen dadurch, dass diese

ihrem Freund/meinem Gatekeeper einen Gefallen erbringen wollten, indem sie sich Zeit für

ein Treffen mit mir nahmen. Zudem kannte ich einige der Freunde meines Gatekeepers schon

von WG-Besuchen, wo bereits Sympathie entstanden war, die auch für eine Vertrauensbasis

sorgte.

Um die Heterogenität des Forschungsfeldes zu gewährleisten, war es mir sehr wichtig,

auch an weibliche Gesprächspartnerinnen heranzukommen. Der Zugang erwies sich jedoch

als sehr schwierig. Im engeren Freundeskreis meines Gatekeepers fanden sich keine syrischen

Frauen, die sich für ein Gespräch bereiterklärten. Erst durch mehrfaches Nachfragen bei mei-

nen weiteren Gesprächspartnern kam ich schließlich mit Gesprächspartnerinnen in Kontakt.

So konnte ich ein Interview mit der jüngeren Schwester meines zweiten Interviewpartners

führen, sowie mit einer 13-Jährigen, die, die Tochter eines Bekannten meines vierten Inter-

viewten war. An dieser Stelle möchte ich jedoch auch darauf hinweisen, dass die Heterogeni-

tät des Forschungsfeldes im Rahmen dieser Arbeit eingeschränkt ist, da sich viele der Befrag-

ten untereinander kennen und befreundet und in einem Fall sogar verwandt sind. Daraus ergab

sich eine sehr junge Akteursgruppe. Die erhobenen inhaltlichen Daten, auch im familiären

Vergleich, ergaben jedoch sehr unterschiedliche Aussagen und thematische Schwerpunkte,

wodurch wiederum ein gewisses Maß an Heterogenität gewährleistet werden konnte. Insge-

samt konnte ich kein Zögern oder Zurückhalten von hochvertraulichen und sehr persönlichen,

wie auch bedrückenden Erlebnissen und Erfahrungen feststellen, sondern vielmehr eine sehr

redefreudige und offene Haltung mir gegenüber.

3.3. Methodisches Vorgehen

Die Kernmethode dieser Studie stellen sieben qualitative Interviews dar. Qualitative

Interviews ermöglichen es, dass die „einzelnen Menschen [...] in ihrem sozialen und kulturel-

len Lebensumfeld erkennbar bleiben und nicht hinter Organisationsstrukturen verschwinden 21 Von Dobeneck, Florian; Zinn-Thomas, Sabine: Statusunterschiede im Forschungsprozess. In: Bischoff, Chris-tine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 86-100, hier S. 90.

10

oder sich als demografische Daten in die Anonymität verflüchtigen“.22 Eine der großen Stär-

ken qualitativer Interviewverfahren stellt somit die besondere Nähe zu den Biographien der

Gesprächspartner*innen dar.23 Diese Herangehensweise erachte ich für mein Erkenntnisinte-

resse als sehr geeignet, da für die Analyse der aktuellen Lebenswelten die Fluchterfahrung

sowie Betrachtung der gesamten Biographie von großer Bedeutung ist.

Den qualitativen Interviews liegt ein Leitfaden zu Grunde (siehe Anhang B). Diesen

habe ich möglichst offen gestaltet, damit die Themen- und Schwerpunktsetzung von den In-

terviewten ausgehen konnte und möglichst wenig durch mich als Forschende eingegrenzt

wurde. Der Leitfaden dient somit einer groben Strukturierung des Gesprächs, soll aber zeit-

gleich einen großen Handlungsspielraum ermöglichen.24 Die Einstiegsfrage meiner Gespräche

lautete: „Erzähl doch mal einfach ein bisschen über dich.“ Durch diesen offenen Gesprächs-

anfang, konnten die Interviewten ganz frei die für sie persönlich wichtigsten Informationen

preisgeben. Der erste Teil des Interviews stellte somit den Fokus auf die jeweilige Biographie

und wurde dann gefolgt von einem zweiten Teil, dem teilstandartisierten Interviewkatalog.

Hierfür habe ich drei übergeordnete Kategorien gebildet: Rechtlicher Status, aktuelle Lebens-

situation/Selbstverortung, Kommunikation & Netzwerke. Je nach der Schwerpunktsetzung

meiner Interviewpartner*innen im ersten Gesprächsteil setzte ich mit dem passendem The-

menblock an. Wenn der/die Interviewten also beispielsweise direkt am Anfang auf sei-

nen/ihren rechtlichen Status zu sprechen kam, stellte ich im nächsten Schritt die für diesen

Themenblock untergeordneten Fragen. Dadurch wollte ich sicherstellen, dass es nicht zu ab-

rupten Sprüngen und Themenwechsel kam und einen möglichst freien Erinnerungs- und Ar-

gumentationsfluss25 anregen.

Die Interviews wurden alle mit einem Aufnahmegerät aufgezeichnet und sind als Au-

diodateien auf einer DVD im Anhang zu finden (siehe Anhang D). Das Aufnahmegerät wurde

von meinen Interviewpartner*innen kaum beachtet, also nicht als störend empfunden, sodass

ich davon ausgehen kann, dass ein vertraulicher Rahmen geschaffen wurde, in welchem die

Interviewten frei erzählen konnten.

22 Lehmann, Albrecht: Vom Verstehen des Selbstverständlichen. Fragestellungen und Methoden der Volkskun-de. In: Fetthauer, Sophie; Grauel, Ralf; Matthiesen, Jens (Hrsg.): Die Standortpresse. Kulturwissenschaften in der Standortdiskussion. Hamburg 1995, S. 87-91, hier S. 88. 23 Vgl. Spiritova, Marketa: Narrative Interviews. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgru-ber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 117-130, hier S. 119f. 24 Vgl. Ebd., S. 121.25 Vgl. Ebd.

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Für die Auswertung des erhobenen Datenmaterials richtete ich mich nach der Qualita-

tiven Inhaltsanalyse von Mayring.26 In einem ersten Schritt verfasste ich beim Anhören der

Interviews eine Inhaltsanalyse um somit in einem weiteren Schritt inhaltliche Schwerpunkt-

setzung und Kategorien herausarbeiten zu können. Bei einem zweiten Abhören der Audioda-

teien notierte ich Brüche sowie besondere Elemente der Sprachstruktur. Ein vollständiges

Interviewtranskript liegt im originalen Wortlaut exemplarisch als Anhang der Arbeit bei (sie-

he Anhang C). Für die Übertragung der mündlichen Rede in einen schriftlichen Text richtete

ich mich an die Vorgaben zum Transkribieren nach Schmidt-Lauber.27 Da die Interviews

nicht auf der Muttersprache der Befragten geführt wurden, habe ich die direkten Zitate leicht

angepasst, um einen Lesefluss zu gewährleisten und meinen Gesprächspartner*innen gegen-

über Respekt zu erweisen.

Die Namen der Interviewten sowie weitere hochvertrauliche Informationen wurden

alle anonymisiert. Vor Beginn der Interviews wurde eine Einverständniserklärung (siehe An-

hang A) von beiden Seiten unterschrieben. Die Interviewten konnten auf diesem Formular ein

selbstausgewähltes Pseudonym eintragen. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass

meine zwei Gesprächspartnerinnen trotz meines Hinweises ihren richtigen Namen auf dem

Dokument eintrugen und ich dann später zwei Pseudonyme für sie auswählte, um die Ano-

nymisierung zu gewährleisten.

Eine weitere für diese ethnographische Studie bedeutende Methode stellen die infor-

mellen Gespräche dar. Es kam sowohl vor als auch im Anschluss der Interviews zu längeren

Diskussionen mit weiteren interessanten Informationen, die ich anschließend in meinem Feld-

tagebuch festhielt. Neben den Inhalten der informellen Gesprächen hielt ich in einem Ge-

dächtnisprotokoll nach jedem Interview auch Beobachtungen des Gesprächsortes sowie der

Interviewsituation, Qualitäten des/der Erzählenden, nonverbale Äußerungen und die Reflexi-

on der eigenen Rolle fest. Zudem sammelte ich in meinem Feldtagebuch Ideen, Schwierigkei-

ten und neuaufkommenden Fragen. Zu informellen Gesprächen kam es darüber hinaus auch

in meiner Wohngemeinschaft, auf einer sich zufällig ergebenden Begegnung während einer

sechsstündigen Zugfahrt und auch bei einem zufälligen Treffen mit einem meiner Inter-

viewpartner auf einer Demonstration gegen Abschiebung in der Freiburger Innenstadt.

26 Vgl. Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. Weinheim, Basel 5. Auflage 2008. 27 Vgl. Schmidt-Lauber, Brigitta: Das qualitative Interview oder: Die Kunst des Reden-Lassens. In: Göttsch, Silke; Lehmann, Albrecht (Hrsg.): Methoden der Volkskunde. Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der Europäi-schen Ethnologie. Berlin 2001, S. 169-188, hier S. 181f.

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Darüberhinaus erhielt ich weitere interessante Informationen über zwei Besuche in

zwei verschiedenen Flüchtlingsheimen in Freiburg, die sich als sehr unterschiedlich heraus-

stellten. Ich erlangte hierdurch noch tiefergehende Einblicke in die Wohnsituation von ge-

flüchteten Menschen. Alle Interviews fanden im aktuellen Wohnort meiner Gesprächs-

partner*innen statt, da ich bei der Orts- und Terminvereinbarung freundlicher Weise von allen

in ihre Wohnung eingeladen wurde. So ist meinen Gedächtnisprotokollen auch zu entnehmen,

wie die jeweiligen Zimmer eingerichtet sind. Einer meiner Interviewpartner hat beispielswei-

se seine Sprachzeugnisse sowie beglaubigte Abschlusszertifikate sichtbar an eine seiner Wän-

de gehängt. Ein weiterer Interviewpartner hat eine große syrische und deutsche Flagge in sei-

nem Zimmer hängen. Diese Objekte können in Bezug auf die Selbstverortung interpretiert

werden, jedoch kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter darauf eingegangen werden.

Zum Zeitpunkt meines Forschungsprozesses fand Ramadan statt, so dass es sich erge-

ben hat, dass ich zweimal auch zum Fastenbrechen eingeladen wurde. Daraus ergaben sich

weitere Gesprächsmöglichkeiten sowie eine Teilhabe an einem für die Selbstverortung der

Geflüchteten zentralem Moment. Ein Fastenbrechen erlebte ich in einem Flüchtlingsheim, wo

ich die Trennung zwischen Frauen und Männern und den Umgang miteinander beobachten

konnte. Zudem erhielt ich interessante Einblicke in Familiendynamiken und Erziehungsmaß-

nahmen. Das zweite Fastenbrechen fand im intimen Rahmen nur mit meinem Inter-

viewpartner statt, der sich nach meinem Dank für die freundliche Einladung und die Zuberei-

tung vieler Köstlichkeiten, bei mir bedankte, dass ich gekommen sei, sodass er nicht alleine

das Fasten brechen musste und somit seine Freunde und Familie noch stärker vermissen wür-

de (auf das darauf folgenden Interview gehe ich in meinem zweiten Fallbeispiel im Unterka-

pitel 3.5.2 genauer ein). Ich konnte zahlreiche Beobachtungen machen und dabei feststellen,

dass der Zelebration des Fastenbrechens eine enorme Bedeutung für die Selbstverortung zu-

geschrieben wird.

3.4. Sampling

Unter Sampling „wird in den Sozialwissenschaften eine Auswahl der zu untersuchen-

den Fälle im Sinne forschungsleitender Fragestellungen und der zu entwickelnden Theorie

bezeichnet.“28 Wie bereits im Kapitel über meinen Feldzugang (siehe Kapitel 3.2.) themati-

28 Von Dobeneck, Florian; Zinn-Thomas, Sabine: Statusunterschiede im Forschungsprozess. In: Bischoff, Chris-tine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 86-100, hier S. 91.

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siert, besteht das Ziel darin, möglichst heterogene Fälle zu finden.29 Die zwei von mir vorge-

nommen Einschränkungen auf den Raum Freiburg und die Staatsangehörigkeit der untersuch-

ten Gruppe wurden schon im Kapitel über das Forschungsfeld (siehe Kapitel 3.1.) erläutert.

Ein weiteres Kriterium für das theoretische Sampling waren soliden Kenntnisse der deutschen

Sprache. Dieses Kriterium ergab sich jedoch von selbst, da sich nur Personen mit fortgeschrit-

tenen Sprachkenntnissen (Niveau B2 – C1) für ein Interview bereit erklärten. Ich bot meinen

Interviewpartner*innen auch an, das Gespräch auf Englisch zu führen, falls es ihnen lieber

sein sollte, doch meine sieben Gesprächspartner*innen bevorzugten die deutsche Sprache.

Im folgenden Abschnitt möchte ich eine Kurzvorstellung aller Interviewten vorneh-

men, um dann im darauf folgenden Schritt die von mir vorgenommene Fallauswahl offen zu

legen.

Interview 1 mit Jan30: Jan ist 27 Jahre alt und vor zwei Jahren aus dem Irak nach Deutsch-

land geflohen. Er ist mit 13 Geschwistern und seinen beiden Eltern in einer ländlichen Region

auf einem großen Hof mit vielen Tieren im Norden von Syrien aufgewachsen. Sein Bachelor-

studium zum Bauingenieur hat er erfolgreich in Latakia absolviert. Sein großer Traum ist es

in Deutschland einen Platz für ein Masterstudium zu finden und anschließend zu promovie-

ren. Als Kurde ist er zweisprachig aufgewachsen, lernte in der Schule und an der Universität

Englisch und steckt jetzt viel Zeit und Energie in das Perfektionieren der deutschen Sprache.

Interview 2 mit Ivan31: Ivan ist 20 Jahre alt und mit seiner jüngeren Schwester und seinen

beiden Eltern im Zentrum Aleppos aufgewachsen. Zwei Jahre lang konnte er nicht zur Schule

gehen und hat während dieser Zeit über 200 Bücher aus der Bibliothek seines Vaters gelesen.

Im Krieg hat er einen seiner engsten Freunde verloren. Als für ihn wichtigstes Objekt hat er

ein gemeinsames Foto von sich und seinem verstorbenem Freund ausgewählt. Ivan ist poli-

tisch sehr interessiert und wenn er etwas hier in Deutschland ändern könnte, dann wäre das

die AFD. Vor kurzem hat Ivan die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH)

erfolgreich bestanden und wird im kommenden Wintersemester mit dem Medizinstudium in

Freiburg beginnen.

29 Vgl. Von Dobeneck, Florian; Zinn-Thomas, Sabine: Statusunterschiede im Forschungsprozess. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 86-100, hier S. 91. 30 Persönliches Interview mit Jan am 30.05.2017 in Freiburg i.Br. 31 Persönliches Interview mit Ivan am 01.06.2017 in Freiburg i.Br.

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Interview 3 mit Ali32: Ali, 24 Jahre alt, kommt aus Aleppo, wo er in einer wohlhabenden

Familie mit sechs Geschwistern aufgewachsen ist. Vor zwei Jahren ist er aus der Türkei nach

Deutschland geflohen, lernt seitdem Deutsch und kellnert nebenbei in einem Restaurant. Er

hat bisher keinen Aufenthaltstitel erhalten, was ihn in vielerlei Hinsicht stark einschränkt. So

kann er beispielsweise nicht in eine WG ziehen, obwohl er schon eine gefunden hat, sondern

muss im Heim wohnen bleiben, wo es ihm nicht gefällt. Zudem ist es ihm durch die Duldung

nicht erlaubt Deutschland zu verlassen, was bedeutet, dass er seine deutsche Freundin, die

momentan in Prag studiert, nicht besuchen kann. Ali ist politisch sehr gut informiert und auch

sehr aktiv. Die Revolution in Syrien und das Regime Assads sind Themen, die ihn sehr be-

schäftigen und bewegen.

Interview 4 mit Rasal33: Rasal ist 27 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn, den er bisher

noch nie gesehen hat. Seit über einem Jahr wartet er auf die Familienzusammenführung mit

seiner Frau und seinem Kind, die momentan in der Türkei auf Pässe warten. In Syrien ist Ra-

sal in einer sehr großen Familie mit 24 (Halb-)Geschwistern aufgewachsen und hat dort als

Obstlieferant gearbeitet, um seine jüngeren Geschwister über die Runden zu bringen. Diese

Arbeit stellte für ihn während der Zuspitzung der Kriegslage in Syrien eine tägliche Lebens-

bedrohung dar. Dies musste er jedoch zwei Jahre lang jeden Tag wieder erneut auf sich neh-

men, um genügend Geld für die Flucht beiseite legen zu können. Dass er während seiner

Flucht nicht allen Frauen und Kindern helfen konnte, beschäftigt ihn sehr. Bei seiner Ankunft

in Deutschland hat er sich sehr verloren gefühlt, da er weder Deutsch noch Englisch sprechen

konnte und alleine war. In Freiburg angekommen, wurde er in einer Theatergruppe aufge-

nommen, wovon er freudig berichtet.

Interview 5 mit Osan34: Osan ist 21 Jahre alt und lebt zusammen mit seinem Vater in einer

Einzimmerwohnung. Er ist Kurde und hat in Syrien als Journalist gearbeitet und viel Fotoma-

terial gesammelt. Sein Mitbewohner in Syrien hat ihm seine SIM-Karte geklaut und ihn an die

Regierung verraten. Daraufhin wurde er inhaftiert und verbrachte drei Monate im Gefängnis,

wo er viel durchmachte, bis ihn sein Vater freikaufen konnte. Osan spricht fließend Kurdisch,

Arabisch, Türkisch, Englisch und Deutsch und konnte sich so, vor, während und nach der

Flucht in vielen Situationen als sehr hilfsbereit erweisen und sich etwas Geld dazu verdienen.

Momentan schreibt er an einem Roman, den er auf Deutsch übersetzen lassen möchte und zu

veröffentlichen hofft.

32 Persönliches Interview mit Ali am 02.06.2017 in Freiburg i.Br. 33 Persönliches Interview mit Rasal am 03.06.2017 in Freiburg i.Br. 34 Persönliches Interview mit Osan am 04.06.2017 und am 15.06.2017 in Freiburg i.Br.

15

Interview 6 mit Bisan35: Bisan ist vor kurzem 18 Jahre alt geworden und die jüngere

Schwester von Ivan. Sie lebt zusammen mit ihren Eltern in einem Flüchtlingsheim, wo ihr

Bruder Ivan oft vorbei schaut. Bisan besucht die zehnte Klasse einer katholischen Mädchen-

schule. Ihre Heimat Syrien ist für sie im Alltag sehr präsent wie auch all ihre Kontakte und

Freundschaften dort. Sie träumt davon, dass der Krieg in Syrien bald endet und dass sie dahin

zurückkehren kann. Im Flüchtlingsheim fühlt sie sich nicht wohl und ist mit ihren Eltern

schon länger erfolglos auf der Suche nach einer Zweizimmerwohnung in Freiburg.

Interview 7 mit Almira36: Almira ist 13 Jahre alt und 2015 mit ihrem Vater aus Syrien ge-

flohen. Ihre Mutter und die drei jüngeren Geschwister mussten sie in Griechenland in einem

Flüchtlingscamp zurücklassen, da das Geld für die Schmuggler nicht für alle reichte. Zwei

Jahre später, vor zwei Monaten, konnte Almiras Mutter mit den Kindern aus Griechenland

nach Deutschland kommen. Almira übernimmt nun sehr viel Verantwortung für die ganze

Familie und baut viele Brücken zwischen ihren Eltern und dem hiesigen Umfeld. So begleitet

sie ihren Vater ins Jobcenter und ihre schwangere Mutter zum Frauenarzt. Ihre jüngere

Schwester, welche in den zwei Jahren im Flüchtlingscamp griechisch gelernt hat und dort

viele Freundschaften geknüpft hat, versucht sie über Heimweh hinweg zu trösten und ihr

Deutsch beizubringen. In der Schule wird Almira häufig von ihrer Klasse in die Vorberei-

tungsklasse zu ihren Geschwistern geholt, um zu vermitteln und unterstützen. Im Interview

betont sie mehrfach wie sehr sie Baschar (Hafiz al-Assad) hasst.

Diese Kurzvorstellungen lassen die Fülle und Vielfältigkeit an erhobenem Datenmate-

rial erahnen. Im folgendem Kapitel werde ich nun genauer auf die Interviews mit Jan, Ali und

Bisan eingehen. Die durch den Rahmen dieser Arbeit vorgegebene Reduzierung auf drei Fall-

beispiele ist mir sehr schwer gefallen. Um möglichst heterogene Fallbeispiele darzustellen,

war mir wichtig, einen männlichen sowie einen weiblichen Interviewten genauer vorzustellen

und die Inhalte des Interviews zu analysieren. Ein weiterer Grund für die Fallauswahl war der

aktuelle Wohnort: Jan wohnt in einer WG, Ali bei seiner Freundin und Bisan in einer Unter-

kunft für Geflüchtete. Alle weiteren Unterschiede werden in den folgenden Fallbeispielen

ersichtlich und im Fazit (siehe Kapitel 4) übergeordnet miteinander verglichen, um eine

Schlussfolgerung ziehen zu können.

35 Persönliches Interview mit Bisan am 18.06.2017 in Freiburg i.Br. 36 Persönliches Interview mit Almira am 22.06.2017 in Freiburg i.Br.

16

3.5. Einzelfallanalysen

3.5.1. Fallbeispiel 1 – Jan

Abbildung 2: Eigene Aufnahme von Jan

„Ich meine zum Beispiel, wenn man fließend sprechen kann, kann man über viele Sachen sprechen, aber jetzt ist es zum Beispiel ein bisschen schwierig. Ich möchte zum Beispiel manchmal über eine Sache sprechen oder so, schwierig. Und manchmal wenn zum Beispiel die Deutschen mit mir sprechen, kann ich nicht verstehen was sie sagen oder fragen und manchmal ist das ein Scham[gefühl] und ich hasse diese Situation, verstehst du was ich meine? Und immer sagt man zum Beispiel ‚Wie bitte? Wie bitte?‘ und das ist ein bisschen schwierig für mich und es gibt Leute, die zum Beispiel, die 18 bis 20 Jahre alt sind, die sprechen sehr gut und sprechen immer mit Deutschen und ja vielleicht denken die nicht wie ich, ich mein’ zum Beispiel, die Leute in meinem Alter oder älter, denn ich kenne auch Leute, die auch 27 oder [älter sind] (kurze Pause) die Leute leiden auch (kurze Pause) unter der Sprache.“37

Das Interview mit Jan fand am 30.05.2017 in unserer gemeinsamen Wohngemein-

schaft statt. Die Atmosphäre war somit sehr entspannt und ich hatte nicht das Gefühl, dass Jan

mir Informationen vorenthielt, sondern im Gegenteil sehr offen von seinem Leben, seiner

Flucht und seiner aktuellen Lebenssituation erzählte. Dies lässt sich auch damit erklären, dass

im Vorfeld bereits durch einen gemeinsamen Alltag Vertrauen aufgebaut werden konnte. Das

Interview dauerte 2:08:7 und im Anschluss fand noch ein längeres Gespräch statt, welches

nicht mehr aufgezeichnet wurde, sondern in meinem Gedächtnisprotokoll festgehalten wurde.

37 Dieses Zitat wie alle weiteren Zitate in diesem Unterkapitel sind dem persönlichen Interview mit Jan vom 30.05.2017 in Freiburg i.Br. zu entnehmen.

17

Auf meine Einstiegsfrage erzählte Jan fast 20 Minuten völlig frei. Insgesamt musste ich als

Interviewerin das Gespräch wenig lenken. Viele Fragen aus dem Interview-Leitfaden wurden

bereits von ihm an anderer Stelle beantwortet. An drei Stellen im Interview wurde die von mir

formulierte Frage von meinem Gegenüber nicht verstanden, sodass ich sie durch eine Neu-

formulierung anders stellte. Ansonsten gab es keine größeren sprachlichen Schwierigkeiten.

Auf einige Fragen bekam ich die Reaktion „das ist eine gute Frage“, woraus ich auch schlie-

ßen kann, dass mein Gegenüber Interesse an diesem Gespräch hatte.

Auf den Gesprächseinstieg „erzähl doch mal einfach ein bisschen über dich“, schilder-

te mir Jan ganz ausführlich seine Fluchtgeschichte. Wichtige Erzählelement hierbei waren

u.a.: Schmuggler, Polizei, Geld(Überweisungen), Grenzen und Hilfsorganisationen. Aufgefal-

len ist mir, dass Jan beim Erzählen über seine Flucht präzise Zeit- und Ortsangaben machte.

Dies macht deutlich, wie wichtig einzelne Grenzüberschreitungen waren, sodass die genaue

Angabe von Zeit, Wochentagen und Ort präsent in Erinnerung bleiben. Ein weiteres wieder-

aufkommendes Element ist die Thematisierung von Fingerabdrücken. So schildert Jan, dass er

in Ungarn nach einem anderen Weg gesucht hat, um den Fingerabdrücken zu entkommen:

„Denn wir möchten zum Beispiel hier in Ungarn (kurze Pause), wie kann man sagen, Finger-

abdruck nicht machen, denn das ist schwierig [...] vielleicht geben sie uns in Deutschland kei-

nen Aufenthaltstitel und das ist sehr schlecht für uns.“

Eine weitere thematisch übergeordnete Kategorie, die für dieses Interview zentral ist,

ist die Kommunikation. Schon während der Flucht spielt das Handy als Kommunikationsmit-

tel eine wichtige Rolle: „In Serbien haben wir auch mit der Familie telefoniert für die Über-

weisung oder wo wir sind, denn die Eltern haben Sorgen was mit uns passiert. Wir haben im-

mer Kontakt mit den Eltern gehabt. Wir hatten fast alle ein Handy.“ Auch vor der Flucht sind

Kommunikationsnetzwerke für Jan von großer Bedeutung und prägen somit auch die Ent-

scheidung des Fluchtziels.

Besonders wichtig ist für Jan die Kommunikation mit seiner Familie:

„Drei Brüder und eine Schwester [wohnen] in Reutlingen, hier in Deutschland und anderer [Bruder] mit seiner Familie in Dänemark und (..) ja, wir sind 14 Ge-schwister [...] und ein Bruder mit seiner Familie in der Region Kurdistan-Irak und eine Schwester mit [...] ihrem Mann auch in der Region Kurdistan-Irak und ande-re [Schwester] in Syrien. Ja und jetzt (...) wir sind nur vier, wir haben nicht gehei-ratet, aber alle anderen sind verheiratet. Ja und sie haben Kinder und ich habe vielleicht 16 oder 17 Nichten und Neffen und ja das ist gut und immer es gibt Kontakt. Ja (..) ja und gut, das ist gut, denn es gibt WhatsApp. WhatsApp ist sehr wichtig.“

18

Dieses Zitat macht deutlich, wie eine große Familie durch den Bürgerkrieg in Syrien auf

unterschiedliche Teile der Welt verstreut wurde, wodurch sich transnationale Kommunikati-

onsnetzwerke ergeben. Die Familien-WhatsApp-Gruppe ist somit sehr bedeutend für das

Funktionieren eines Grenzen überschreitenden Netzwerkes.

Für die Kommunikation vor Ort in Freiburg spielt die deutsche Sprache selbstver-

ständlich eine ganz zentrale Rolle. Wie wichtig die Sprache für Jan persönlich ist, wird allein

schon durch das Foto deutlich, welches er aufgenommen hat, um den für ihn aktuell wichtigs-

ten Gegenstand zu repräsentieren (siehe Abbildung 2). Jan besucht zur Zeit einen C1 Sprach-

kurs und bereitet sich auf den dritten Versuch für die „Deutsche Sprachprüfung für den Hoch-

schulzugang“ vor, welche für geflüchtete Menschen eine der Voraussetzungen für einen Stu-

dienplatz in Deutschland ist. „Jetzt möchte ich mich für einen Master bewerben in Duisburg-

Essen und das ist sehr wichtig für mich, denn [...] Sprache ist der erste Schritt, aber ich meine,

wenn man einen Master anfängt, glaube ich, dass das gut ist. Das ist der erste Schritt von

meinem Traum, den Master und danach promovieren.“ Wie u.a. durch dieses Zitat veran-

schaulicht, möchte er seine Sprachkenntnisse verbessern, um seinen Traum verwirklichen zu

können. Sprache ist in diesem Fallbeispiel zum einen Mittel zum Zweck für die weitere Aus-

bildung und um seinem persönlichem Interesse nachzukommen: „(..) ich suche nach Wissen-

schaft und ja, ich möchte immer, wie kann man sagen, andere Sachen zum Beispiel verstehen

und was passiert und wie passiert das, ja.“ Zum anderem sieht Jan das Erlernen der deutschen

Sprache auch als Voraussetzung, um in Freiburg Freundschaften knüpfen zu können:

„Normaler Weise bin ich sozial, aber hier in Deutschland, vielleicht ist [die] Spra-che eine Grenze für mich. Denn zum Beispiel, wie kann man sagen, wenn es eine Diskussion oder ein Thema gibt, möchte ich wie andere Leute sprechen oder mich ausdrücken, verstehst du was ich meine? Aber ich bin mir sicher, dass das falsch ist. Ich muss zum Beispiel mehr Kontakt machen, damit ich gut sprechen kann. Aber leider mache ich das nicht und ich warte darauf, dass ich gut spreche und ich danach mit anderen Leuten zum Beispiel Freundschaft machen [kann] oder so. Deswegen habe ich jetzt zum Beispiel weniger Freundschaften hier in Freiburg mit Deutschen.“

Jan reflektiert also von sich aus, dass es negativ ist, dass er erst die Sprache besser ler-

nen möchte, bevor er sich auf neue Freundschaften einlassen kann. Die Sprache stellt somit

nicht nur ein verbindendes Element da, wodurch verbale Kommunikation erst ermöglich wird,

sondern kann gegebenenfalls auch trennend wirken. Schamgefühle, sowie die Tatsache man-

che Aussagen nicht verstehen zu können, werden zu einer zu überwindenden Hemmschwelle.

Die Beheimatung in der eigenen Muttersprache stellt ein Sicherheitsnetz dar, in welchem das

19

Individuum sich so ausdrücken und präsentieren kann, wie es möchte. Dadurch wird der

transnationalen Kommunikation zu Familie und Freunden, welche dieselbe Muttersprache

haben, eine noch größere Bedeutung zugeschrieben.

Neben der Flucht, Kommunikation und Sprache stellte der rechtliche Status noch ei-

nen weiteren thematischen Schwerpunkt des Interviews dar. „Ich lebe hier in Deutschland wie

andere Leute und (..) wie kann man sagen, man guckt nach sechs oder sieben Jahren was pas-

siert und vielleicht [...] bekomme ich einen deutschen Pass und ich bleibe hier und lebe wie

ein Deutscher auch in Deutschland.“ Dieses Zitat macht u.a. deutlich, wie wichtig offizielle

Dokumente, wie beispielsweise ein Pass sind, um sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen.

Aufenthaltstitel sowie Pässe haben eine enorme Macht auf das Leben der Individuen, insbe-

sondere, wenn diese nicht vorhanden sind und stellen daher entscheidende Papiere für die

Selbstverortung dar. Aus dieser Aussage wird auch ersichtlich, dass sich Jan eine Zukunft in

Deutschland gut vorstellen kann und sich somit schon in Freiburg verortet. Dies wird wiede-

rum dadurch verstärkt, dass Jan nicht an ein baldiges Ende des Kriegs in Syrien glaubt: „denn

ich glaube, dass der Krieg in Syrien [...] vielleicht noch zehn Jahre dauert.“ Auch für die Zeit

nach dem Krieg, einen Wiederaufbau des Landes, hat er wenig Hoffnung. Da Jan diese

Sichtweise hat, gestaltet er aktiv sein Leben in Deutschland, um seine Zukunftspläne realisie-

ren zu können.

„Und natürlich, wenn ich zum Bespiel [einen] Aufenthaltstitel [auf fünf Jahre verlän-gert] oder [einen] deutschen Pass bekomme (..) das freut mich, das [ist] gut zum Bei-spiel, denn vielleicht glaube ich, dass [der] deutsche Pass ist [der] stärkste Pass in der Welt und das ist auch gut, zum Beispiel kann man einfach in andere Länder [...] fahren und ja gut. Ja gut, ich glaube, das ist gut, wenn man zum Beispiel zwei [...] Pässe hat. [...] Ich komme aus Syrien und ja ich bin Syrer, aber wenn zum Beispiel hier, wenn ich in Deutschland zum Beispiel lebe, glaube ich zum Beispiel nach 20 oder 50 Jahren (..) ich mag Deutschland so wie Syrien, verstehst du was ich meine, denn zum Beispiel hier in Deutschland, sie hat auch, wie kann man sagen, gute Sachen für uns gemacht und ich glaube, man muss immer (kurze Pause) [in] diese Richtung zum Bespiel den-ken, [...] wenn zum Beispiel andere (kurze Pause) Personen, Leute oder andere Regie-rung zum Beispiel gute Sachen für dich machen, man muss (kurze Pause) dankbar sein, ja.“

20

3.5.2. Fallbeispiel 2 – Ali

„Ohne Sprache kein Menschen.“38

Abbildung 3: Eigene Aufnahme von Ali

Das Interview mit Ali39 fand am 02.06.2017 in Freiburg in der Wohngemeinschaft

seiner Freundin statt und dauerte 1:54:53. Dem Interview ging bereits ein langes Gespräch

voraus, da ich zum gemeinsamen Fastenbrechen eingeladen wurde (siehe Kapitel 3.3. zum

methodischem Vorgehen). Ali erlebte ich als einen sehr offenen Gesprächspartner, der sehr

redegewandt ist. Das Interview verlief nicht nah am Interview-Leitfaden, da das Gespräch und

somit die thematische Schwerpunktsetzung von Ali ausging.

Auf meine Einstiegsfrage hin, mir von seiner Lebensgeschichte zu erzählen, fragte er

kurz nach, ob in Deutschland oder überhaupt. Ich erwiderte darauf „überhaupt“, welches Ali

den Anstoß gab, 25 Minuten frei zu erzählen. Gleich zu Anfang kam er auf das Gefühl der

Sicherheit zu sprechen:

„Die ganze Geschichte, das ist einfach, wir hatten so zwei Häuser in Syrien und (kurze Pause) das Gefühl sicher zu sein. Das war wirklich, also ja Deutschland ist auch sicher und so, aber sicher als in du, wenn du hier geboren bist und dort auf-gewachsen bist und alle und kennst so viele Männer (kurze Pause), viele Men-schen und du kennst so viele, also Straßen [...] du kannst wirklich ganz locker lau-fen ohne, viele sagen Hallo, begrüßen dich und so, das ist [ein] anderes Gefühl.“

38 Dieses Zitat wie alle weiteren Zitate in diesem Unterkapitel sind dem persönlichen Interview mit Ali vom 02.06.2017 in Freiburg i.Br. zu entnehmen.39 Siehe vollständiges Transkript im Anhang C.

21

Besonders interessant an diesem Zitat finde ich, dass mit Syrien, obwohl dort seit längerem

ein brutaler Krieg mit unzähligen Opfern geführt wird, noch ein Gefühl der Sicherheit ver-

bunden wird. Sicherheit bedeutet für Ali, viele Menschen und Orte zu kennen. Dieses Gefühl

empfindet er (noch) nicht in Deutschland, wobei er später im Interview darauf zu sprechen

kommt, dass er nicht aus Freiburg wegziehen möchte, da er sich hier schon ein großes Kon-

taktnetz aufgebaut hat, sich gut auskennt, mit vielen Cafés vertraut ist und sich in der Stadt

gut orientieren kann. Die vielen Menschen und Orte, die er bereits kennt, also das, was er mit

einem Gefühl der Sicherheit verbindet, trifft also schon (ansatzweise) auf Freiburg zu. Ali

erzählt auch, dass er Freiburg bereits vermisst hat als er ein paar Tage in Berlin war. Daraus

lässt sich schließen, dass er sich schon ganz aktiv in der Stadt verortet.

Interessant an diesem Fallbeispiel ist auch, dass auf die Einstiegsfrage hin nicht direkt

von Fluchterlebnissen erzählt wurde wie in anderen Fallbeispielen. Ali spricht auch nicht von

Flucht, sondern von der Reise: „Die Reise, es ist wirklich ein anderes Gefühl, andere Ge-

schichte, andere Geschichte.“ Durch diese Reise hat er „ein anderes Leben betreten.“ Darauf

kommt er jedoch erst im späteren Verlauf des Interviews zu sprechen. Zu Beginn des Inter-

views geht Ali ausführlich auf die Revolution, die Diktatur und Assad ein. Dadurch wird auch

sehr gut nachvollziehbar, dass das für ihn wichtigste Foto eine Aufnahme von einer Demonst-

ration in Syrien ist. Ali war in seinem Heimatsland sehr in die Revolution involviert: „Aber

das dritte Jahr [im Studium] habe ich mich ganz tiefer, ich bin tiefer gegangen in die, als die

Revolution angefangen hat.“ Das politische Geschehen beschäftigt ihn sehr und somit wurde

und ist er bis heute sehr aktiv. Demonstrieren und für seine Rechte Einstehen ist für ihn von

großer Bedeutung und löst bei ihm Freiheitsgefühle aus:

„Aber die Geschichte als wir angefangen haben, einfach mit der ganzen Revoluti-on, das Gefühl ist unfassbar, ich kann nie vergessen, dass ich, als ich das Gefühl gehabt habe. Das ich einfach etwas äußern, etwas von meinem Herzen äußern [kann]. [...] das Gefühl zu haben die (kurze Pause) die können nicht mehr aushal-ten unter Druck zu sein, die können nicht mehr ohne Freiheit [...] leben. Freiheit, das ich alles sagen [kann] was ich will.“

Ganz zentral im Interview ist auch die Thematisierung des rechtlichen Status. Ali hat

bisher kein Aufenthaltsrecht erhalten, da ihm unterstellt wird, Palästinenser zu sein. Er wird

daher nur geduldet. Dass seine Freunde bereits einen Bescheid erhalten haben, er jedoch noch

nicht, frustriert ihn sehr. „Also je länger [desto] frustrierter wurde ich.“ Er fühlt sich dadurch

auch sehr benachteiligt, da ihm keine Person beratend zur Seite steht:

22

„Aber die, genau, das ist das [...] Hindernis von diesem Ding (kurze Pause) keine zuständige Person, die dir helfen kann (kurze Pause) soviel Bürokratie, das ist wirklich, der ohne Bescheid leidet wirklich darunter, das ist soviel Bürokratie. Auch mit so wenig Geld, mit so keine Unterstützung [...] Gottseidank habe ich das Stipendium an der Uni Freiburg gehabt.“

Nicht nur die finanzielle Unterstützung fehlt ihm, sondern auch eine empathische

menschliche Unterstützung: „Jetzt ich habe keinen, niemanden der für mich das, der mich

unterstützt. Nicht das Geld, also mit Geld, sondern mit Gefühl, weißt du, der wirklich etwas

machen kann.“ Somit ist er auf die Hilfe seiner Freundin und Freunden angewiesen. Ali hat

bereits viele Behördengänge durchgemacht und mit Hilfe eines Anwalts geklagt, jedoch blieb

dies bisher auch erfolglos.

„Mal schauen, wann ich diesen Bescheid endlich bekomme. Aber die Freude, es ist, ich habe die Freude schon verloren. Ich kann, dann kann ich einfach ein biss-chen, also frei laufen, frei mit [einem] normalen Ausweis [...]. Ich habe dieses Pa-pier so, ich hasse das.“

Hieraus wird ersichtlich, welche Bedeutung und Einschränkungen der nicht vorhandene

Bescheid in Alis Leben haben. Er fühlt sich „anders“, da er keinen „normalen“ Ausweis hat.

Er fühlt sich dadurch auch benachteiligt und eingeschränkt. Eine Aufenthaltsgenehmigung zu

bekommen würde für ihn Freiheit bedeuten; wieder „frei laufen“ zu können. Aktuell ist es

ihm nicht erlaubt aus Deutschland auszureisen, was erhebliche Einschränkungen auf sein Pri-

vatleben hat, da seine Freundin in der Tschechischen Republik wohnt.

Der Status der Duldung bringt auch die weitere Einschränkung in Alis Leben, dass er

nicht frei über seinen Wohnort entscheiden kann. So wohnt er offiziell noch in einem Wohn-

heim für Geflüchtete außerhalb von Freiburg, ist jedoch in der Wohnung seiner Freundin „ab-

getaucht“. Ali betont an mehreren Stellen im Interview, dass es ihm sehr wichtig ist, in Frei-

burg zu wohnen, um nicht durch den außerhalb liegenden Standort der Unterkunft für Ge-

flüchtete abgeschottet zu werden. Zudem möchte er eine eigene Wohnung finden, um: „So

wieder Ruhe, wieder ganz normal, normaler Mensch zu fühlen.“

In diesem Fallbeispiel werden auch wieder die transnationalen Kommunikationsnetz-

werke sichtbar. So besteht über Skype und WhatsApp Kontakt nach Prag zu seiner Freundin

und zu seinen Eltern, welche in Istanbul wohnen, seiner Schwester, die in Saudi-Arabien ver-

heiratet ist und nach Syrien, wohin eine seiner Schwestern zurückgekehrt ist. Ali sind diese

Verbindungen und Kontakte sehr wichtig, aber er verortet sich gleichzeitig auch in Freiburg.

23

Die Verortung geschieht unter anderem über die Sprache. Ali hat sehr solide deutsche

Sprachkenntnisse: „Gottseidank, dass ich meine Muttersprache nicht vergessen habe (La-

chen)." Er kann sich auch gut vorstellen, dass Deutsch zu seiner zweiten Muttersprache wird.

Die deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang hat er bisher bei zwei Versuchen noch

nicht bestehen können. Dies bedeutet eine Barriere für seinen weiteren Zukunftsplan: ein Me-

dizinstudium in Freiburg aufnehmen zu können.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Ali trotz aller Schwierigkeiten und Hürden, wel-

che das Schicksal eines geflüchteten Menschen mit sich bringen, sein Leben in Freiburg in die

Hand nimmt und aktiv gestaltet. So hat er sich bereits ein großes Netz an Kontakten aufbauen

können und sehr gute Kenntnisse über die Stadt sowie der Sprache aneignen können. Ali ge-

lingt es, die Sprache und Kultur seines Heimatlandes mit seinem Ankunftsort zu verbinden

und beide Kulturen ausleben zu können:

„Also auf jeden Fall Freizeit und so, das kommt drauf an, wenn ich die arabische Atmosphäre will, brauche, dann ich auch die syrischen Freunde besuche (kurze Pause). Wenn ich die deutsche Atmosphäre brauche, dann die deutsche Freunde. Das ist doch gut.“

3.5.3. Fallbeispiel 3 – Bisan

„Für mich ist es am Wichtigsten eine Wohnung [zu] finden. Und mehr Freunde auch. Und

mehr Kontakt mit Leuten machen und mehr deutsch lernen.“

Abbildung 4: Eigene Aufnahme von Bisan

24

Bisan40 habe ich am 18.06.2017 in ihrem aktuellen Wohnort, einer Unterkunft für Ge-

flüchtete in Freiburg, auf ein Interview getroffen. Ihre Handynummer hatte ich von ihrem

älteren Bruder bekommen, mit dem ich einige Tage zuvor in seiner Wohngemeinschaft be-

reits ein Interview geführt hatte. Das Interview fand an einem sehr heißen Tag während des

Ramadan statt. Der Ramadan wurde auch zum Gesprächsthema, da Bisan, wie ihre ganze Fa-

milie auch, fastet. Die Unterkunft hat auf mich wie ein Gefängnis gewirkt, da es isoliert auf

einem Industriegelände und komplett umzäunt war. Am Zaun hing ein Schild mit den Öff-

nungszeiten des Tores. Bisan holte mich unten am Tor ab, um mich dann zur Security zu be-

gleiten, wo ich mich anmelden musste. Das Interview fand dann in einem kleinem Zimmer

statt, in welchem ihre Mutter, später auch ihr Bruder, anwesend waren. Im Zimmer ange-

kommen, legte Bisan ihr Kopftuch ab, was mir gegenüber Vertrauen zeigte. Da wir uns noch

nicht kannten, begannen wir mit etwas „small talk“, bevor ich das Aufnahmegerät anschaltete.

Das Interview lief ganz anders als die bisherigen, da ich durch die gewonnenen Erfahrungen

schon etwas Sicherheit und Routine mit in die Interviewsituation brachte und sich auch sehr

nah am Leitfaden orientierte. Dies lag zum einen daran, dass ich Bisan vor dem Treffen für

das Interview noch nicht kannte und ich somit eine völlig fremde Person für sie war. Zudem

sagt sie von sich selbst, dass sie ein sehr schüchternes Mädchen ist, was wiederum erklärt,

warum sie vielleicht nicht jede Frage ausführlich beantworten konnte, zumal alle Fragen sehr

persönlich waren.

Zu Beginn des Interviews wurde die Flucht direkt angesprochen. Die Flucht spielt im

Leben aller meiner Interviewpartner*innen selbstverständlich eine ganz zentrale Rolle, jedoch

wird sie in jedem Fallbeispiel unterschiedlich thematisiert. Bisan kann sich beispielsweise an

die Namen einzelner Länder, die sie bei der Flucht durchquert hat, nicht mehr erinnern. Dies

erkläre ich mir dadurch, dass sie zum Zeitpunkt der Flucht erst 15 Jahre alt war und mit ihrem

älterem Bruder und ihren beiden Eltern zusammen geflohen ist. Sie musste somit nicht die

Verantwortung oder Organisation der Flucht übernehmen, wie dies der Fall bei meinen männ-

lichen Interviewpartnern war, die sich alleine auf den Weg nach Deutschland gemacht haben.

Ein immer wieder auftauchendes Element im Interview mit Bisan ist die Angst. Nicht

nur im Kontext der Flucht, sondern auch wenn sie von der Gegenwart spricht, wird deutlich,

wie viel und was ihr Angst bereitet. Als Bisan mit ihrer Familie von der Türkei nach Grie-

chenland fliehen wollte, musste die Familie drei Versuche starten bis sie die griechische Küs-

te erreichen konnten. Einmal kenterte das Schlauchboot „und wir fallen ins Wasser, dann wir

40 Von mir ausgewählter Name.

25

bleiben im Wasser [für] zwei Stunden.“41 Ein anderes Mal wurden sie auf See von einem

„türkischem Schiff“ zurück ans Land gebracht. Bisan beschreibt wie groß ihre Angst vor dem

Wasser ist, da sie nicht schwimmen kann. „Ich habe Angst davor nochmal ins Wasser zu fal-

len, weil ich nicht schwimmen kann. [...] Und auch wenn ich sehe, dass meine Mutter ins

Wasser fällt und sie kann auch nicht schwimmen [...] das macht mir Angst.“ In dem Ge-

spräch, welches dem Interview folgte, erzählte sie mir auch, wie schwierig es für sie ist, dass

sie Schwimmunterricht in der Schule hat und wie viel Angst ihr das bereitet.

„Wenn wir in Syrien waren, ist [das] Leben normal. [...] Wir gehen zur Schule und danach zum Haus und so. Danach ich gehe zu meinen Freunden, zu meinem Onkel, zu meiner Tante, wo ich war, ich kenn’ alle die Plätze da, ich kann, wo ich war richtig gehen und niemand sagt, warum du gehst so und niemand hat Angst vor mir.“

Die Fremdwahrnehmung aus ihrer Perspektive ist auch an Angst geknüpft. „Ich weiß nicht,

sie gucken zu mir, dass sie mögen mich nicht oder ich bin gleich einem Tier oder so.“ Bisan

fühlt sich in ihrem neuen Umfeld als Fremde wahrgenommen, welches Angst bei ihr auslöst.

Sie spricht auch von Angst im Zusammenhang mit der deutschen Sprache: „Wenn ich gehe

zur Schule, ich kann nichts mit jemandem sprechen, weil ich kann nicht die Sprache und das

macht mich etwas, ich weiß nicht, Angst haben und so.“

Bisan hat auch Angst um ihre Verwandten und Freunde, welche noch in Syrien leben:

„Ich werde immer traurig und ich habe Angst auch, ich habe Angst, dass meiner Tante, Onkel

oder Freunden etwas passiert. Wenn die Situation zum Bespiel richtig nicht gut ist, dann habe

ich richtig Angst. Ich will, dass niemandem etwas passiert. Und dann, ich weiß nicht, ich habe

immer Angst.“

Die Angst findet somit auf mehreren Ebenen statt und prägt das Leben und somit die

Selbstverortung von Bisan ganz entscheidend mit. Dies verstärkt wiederum die starke Bin-

dung an ihr gewohntes Familien- und Freundesnetz. An diesem hält sie fest, durch dieses be-

kommt sie Sicherheit. Daher ist ihr Handy, welches sie als wichtigstes Objekt ausgewählt hat,

ganz entscheidend für sie, um den Kontakt nach Syrien und andernorts verstreuten

Freund*innen halten zu können.

Bisans Angst ist auch verbunden mit tiefer Traurigkeit und einem damit einhergehen-

den lähmenden Gefühl:

41 Dieses Zitat wie alle weiteren Zitate in diesem Unterkapitel sind dem persönlichen Interview mit Bisan vom 18.06.2017 in Freiburg i.Br. zu entnehmen.

26

„Als ich in Syrien war im Krieg, da war es ganz normal für mich, die Bilder [von der Zerstörung] zu sehen und so. Als ich hierher gekommen bin, am Anfang und bis jetzt, ich kann gar keine Fotos sehen und so. Das macht mich richtig sehr trau-rig. Und ich würde dann weinen und so, ich kann gar kein Foto sehen oder etwas hören, das macht mich richtig sehr traurig und so. Ich kann nichts (...).“

Neben den Gefühlen von Trauer und Angst, welche Bisans Leben begleiten, spielt die

aktuelle Wohnungssituation eine ganz entscheidende Rolle in ihrem Leben. Auf die Frage, ob

sie mir ihre Wohnungssituation schildern kann, hat Bisan einen direkten Vergleich zu ihrem

Leben vor der Flucht gezogen. „Weil weißt du, wenn jemand ein großes Haus hat [...] eine

große Familie und sie sind, leben nebeneinander und so und viele Freunde, wenn er kommt zu

einem (kurze Pause) richtig schlechtem Heim, das war richtig traurig.“ Es wird im Verlauf

des Interviews ziemlich schnell klar, dass sie sich in der Unterkunft nicht zu Hause fühlt. Zu-

hause bedeutet für sie: „dann gehe ich zur Toilette ohne mein Kopftuch und diese Sachen. Ich

kann [...] was ich will in der Küche machen, ich kann alle Leute zu mir einladen und so und

niemand sagt, warum du machst das oder so. Das für mich bedeutet das Zuhause.“ Die Unter-

kunft für Geflüchtete bringt jedoch viele Einschränkungen mit sich. So kann Bisan in den

geteilten Räumen, wie etwa Küche und Bad, nicht ohne ihr Kopftuch rumlaufen, da diese

auch von Menschen außerhalb ihrer Familie benutzt werden. Zudem läuft das Personal der

Security regelmäßig durch die Gänge: „Sie kommen jederzeit hier[her] und sie sehen, dass der

Herd ist an oder aus und so und dann gehen sie.“ Darüberhinaus ist es nicht erlaubt, dass Be-

sucher*innen in der Unterkunft übernachten. Dies stellt eine weitere folgenschwere Ein-

schränkung in Bisans Leben dar, weil sie ihre Freundinnen nicht einladen kann oder zwei

ihrer engen Freundinnen aus Syrien, welche mittlerweile in Berlin und Köln wohnen, sie nicht

besuchen können.

Bisan erzählt auch von dem schlechten Verhältnis zu den Nachbarn außerhalb des

Heimes, denen sie jedoch noch nie begegnet ist. So ist es zu Konflikten gekommen, da sich

Nachbarn über Lärm beschwert haben, woraufhin eine Ausgangssperre eingeführt wurde und

es den zahlreichen Kindern in diesem Heim nicht mehr erlaubt ist, auf der einen Straßenseite

zu spielen. „Weil da die Leute, die deutschen Leute hier, unsere Nachbarn, sie waren richtig

verärgert davon.“ Die Regelungen im Heim haben somit drastische Auswirkungen auf das

individuelle Leben der Bewohner und sind freiheitsbeschränkend, da Besuch sowie Ein- und

Ausgangszeit fremdbestimmt werden.

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An zahlreichen Stellen im Interview zieht Bisan Vergleiche zu „meinem Land“ Syrien.

Dies veranschaulicht wie präsent ihre verlorene Heimat im alltäglichen Leben ist. Bisan hat

den Wunsch, in ihre Heimat Syrien zurückzukehren:

„Weißt du, alles hier ist richtig gut, aber etwas ganz anderes von unserer [Hei-mat]. [...] Das was ich will, nicht alle Leute wollen das [...], aber ich sage, wenn die Situation [der Krieg] ist beendet, ich will in meine Stadt [Aleppo], weil meine Stadt, meine Sprache, alles was ich gern [habe], aber hier ist alles neu für mich und so.“

3.6. Reflexion

Dieses Kapitel möchte ich der Reflexion des Forschungsprozesses sowie der For-

schungsergebnissen widmen, welches für ethnographisches Forschen eine zentrale methodo-

logische Herangehensweise darstellt. Zu allererst möchte ich festhalten, dass bedingt durch

die Tatsache, dass die Interviews nicht in der Muttersprache meiner Gesprächspartner*innen

geführt wurden, an einigen Stellen Verständnisfragen aufgekommen sind. So haben meine

Gesprächspartner*innen auf ein paar meiner Fragen nachfragen müssen und ich habe mich

stets um eine möglichst deutliche und einfache Formulierung bemüht. Während der Intervie-

wauswertung ist mir jedoch aufgefallen, dass ich einige Male mehrere Fragen mit untergeord-

neten Fragen nacheinander gestellt habe, welches die Geprächssituation verkompliziert hat

und dazu führte, dass nur auf die letztgestellte Frage eingegangen wurde.

Des Weiteren möchte ich die Rolle reflektieren, die mir von meinen Inter-

viewpartner*innen zugeschrieben wurde. So hatte ich während der Gespräche das Gefühl,

nicht nur als Forschende, sondern vielmehr (auch) als Deutsche und somit Vermittlerin, die

die Informationen an die Mehrheitsgesellschaft weiterträgt, wahrgenommen zu werden. Ins-

besondere im Gespräch mit Almira42, hatte ich den Eindruck, dass ich als Journalistin wahr-

genommen werde, mit dem Anspruch die Aussagen zu veröffentlichen. So kam es auch zu

einer längeren Diskussion über die Anonymisierung, da sie mit ihrem richtigen Namen ge-

nannt werden wollte. Ihr Vater hat Almira beispielsweise auch darum gebeten, mir zu über-

setzen, wie schlecht sie während ihrer Flucht in Ungarn behandelt worden sind und betont,

dass ich dies „denen“ weitersagen soll.

42 Von mir ausgewählter Name.

28

Darüber hinaus kann ich reflektieren, dass all meine Gesprächspartner*innen einen

enormen Redebedarf hatten. So kam es beispielsweise bei meinem Interviewpartner Osan zu

einem zweiten Treffen und generell sind alle Interviews sehr lang ausgefallen. Ein Interview

war mit mehreren Unterbrechungen knappe sechs Stunden lang. Dies interpretiere ich dahin-

gehend, dass es nicht wie im Fall eines „Research-Up“ zu zeitlichen Einschränkungen ge-

kommen ist, sondern meine Gesprächspartner*innen viel Zeit hatten und eine sehr hilfsbereite

Haltung an den Tag gelegt haben. Als noch wichtiger erachte ich jedoch die Reflexion, dass

ein großes Bedürfnis sichtbar geworden ist, die persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse,

insbesondere der Flucht, einer neutralen und externen Gesprächsperson zusammenhängend

erzählen zu können.

Zudem möchte ich reflektieren, dass mir der Ausstieg aus dem Feld bis zum jetzigen

Zeitpunkt der schriftlichen Ausarbeitung sehr schwer fällt. Durch das tiefgehende Forschen

über und mit einer sehr vulnerablen Gruppe wurde ich an viele hochvertrauliche Informatio-

nen herangetragen, u.a. auch mit der Bitte, dies an niemanden weiterzutragen, weshalb ich in

dieser Studie auch großen Wert auf die Anonymisierung sowie den vertraulichen Umgang mit

den aufgezeichneten Daten gelegt habe, was u.a. auch die Auswahl der drei Fallbeispiele be-

einflusst hat. Der Kontakt zu meinen Interviewpartner*innen, nicht zuletzt natürlich auch zu

meinem Mitbewohner, geht weit über die Forschungsarbeit hinaus und so kann ich jedoch

auch auf einen enorm gewinnbringenden persönlichen Lernprozess zurückblicken.

An dieser Stelle möchte ich auch auf den US-amerikanischen Historiker und Ethnolo-

gen James Clifford verweisen, welcher mit seinem Werk „Partial Truths“ einen bedeutenden

Leitsatz für das ethnographische Forschen gesetzt hat:

„In cultural studies at least, we can no longer know the whole truth, or even claim to approach it. The rigorous partiality I have been stressing here may be a source of pessimism for some readers. But is there not a liberation, too, in recognizing that no one can write about others any longer as if they were discrete objects or texts? And may not the vision of a complex, problematic, partial ethnography lead, not to its abandonment, but to more subtle, concrete ways of writing and reading, to new conceptions of culture as interactive and historical?“43

Ich reflektiere somit abschließend, dass in dieser Forschungsarbeit nur halbe Wahrhei-

ten dargestellt werden konnten, da allein schon die Rahmenbedingungen dieser Abschlussar-

43 Clifford, James: Introduction: Partial Truths. S. 25. Als PDF abrufbar unter: http://researchmethodswillse.voices.wooster.edu/files/2012/01/Clifford_PartialTruths1.pdf (Stand: 16.07.2017).

29

beit und gleichzeitig die Fülle an erhobenen Datenmaterial, zu Unvollständigkeiten geführt

haben, welche ich hiermit offen reflektiere.

4. Fazit

Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass viele verschiedene Mechanismen für

die Selbstverortung bedeutend sind. Die drei vorrangigen Kategorien, die ich für die verglei-

chende Materialanalyse dieser Forschung herausgearbeitet habe, sind: Sprache & Kommuni-

kation, Wohnen und der rechtliche Status. Diese Kategorien stellen zentrale Bausteine für die

Selbstverortung dar, wie in den einzelnen Fallbeispielen illustriert werden konnte.

Die Sprache stellt ein wichtiges Sicherheitsnetz dar, in welchem sich Individuen frei

ausdrücken können. Sprache kann zudem wie im Beispiel der Lebenswelt von Geflüchteten

zu einem Machtinstrument werden. So kann Sprache Türen öffnen oder auch verschließen:

Durch Sprache wird der Zugang zu Universität, Arbeit und Kontakten jeglicher Art erst er-

möglicht. Gleichzeitig kann Sprache aber auch ein Machtinstrument werden, das durch Kate-

gorisierung und Labeln trennt: In den qualitativen Interviews dieser Arbeit wurde ersichtlich,

dass die Fremdzuschreibung als „Flüchtling“ von geflüchteten Menschen aufgegriffen und

internalisiert wird. So bezeichnen sich die Befragten dieser Studie selbst als Flüchtling und

stellen diese Kategorisierung in Abgrenzung zu den Anderen, den Deutschen. Das Fremdbild

wird somit zum Selbstbild. Für die Selbstverortung bedeutet das zunächst die Dominanz des

Herkunftsortes. Dies wurde insbesondere in den Fallbeispielen meiner Interviewpartnerinnen

deutlich, die im „Flüchtlingsheim“ wohnen. Die Selbstverortung als „Flüchtling“ wird durch

den Wohnort in einem „Flüchtlingsheim“ noch verstärkt.

Wie durch die Fallbespiele auch veranschaulicht werden konnte, ist selbstbestimmtes

Wohnen ganz entscheidend, um sich mit dem Ankunftsort verbinden zu können. In der Unter-

kunft für Geflüchtete steht die Vergangenheit im Fokus und nicht das Hier und Jetzt. Die At-

mosphäre in diesen Unterkünften ist geprägt durch die Flucht, welche alle Bewohner*innen

miteinander teilen. Dadurch entstehen Dynamiken, die intern verbindend sind und nach außen

abgrenzend werden können. In Freiburg wohnen derzeit 74,8% der Geflüchteten in Unter-

künften für Geflüchtete.44 Diese Prozentzahl sinkt seit dem Frühjahr 201645, entweder, weil

mehr Geflüchtete in eine private Wohnung umziehen oder aus Freiburg wegziehen.

44 Vgl. O.V.: Freiburgs Flüchtlinge. In: Badische Zeitung: Freiburger Zeitung, 05.05.2017. 45 Vgl. Ebd.

30

Drittens ist der rechtliche Status entscheidend für die Frage der Verortung, da von ihm

die Zukunftsperspektive abhängt. Interviewpartner*innen, die dank ihres rechtlichen Status,

dank der Anerkennung als Geflüchtete, eine klare Zukunftsperspektive in Deutschland haben,

verorten sich verstärkt in ihrem Ankunftsort. Wenn die individuelle Zukunftsperspektive nicht

in Deutschland gesehen wird, wird das Transnationale zum Trennendem. Dies wurde durch

das dritte Fallbeispiel dieser Studie besonders deutlich.

In dem Spannungsverhältnis von Herkunfts- und Ankunftsort, also von Transnationali-

tät, wirken Sprache, Wohnort und rechtlicher Status dann sichernd und verbindend, wenn sie

von den Geflüchteten beherrscht und selbstbestimmt sind beziehungsweise ihrem Ziel ent-

sprechen. Ist, wie im Fallbeispiel von Bisan, der Bezugspunkt zum Herkunftsort in die Ver-

gangenheit gerichtet, als dort noch alles in Ordnung war, bezieht sich die transnationale Ver-

ortung auf einen utopischen Ort, und geht damit ins Leere, was zusätzlich trennend wirkt.

Die Kommunikationsnetzwerke zeigten sich so wichtig (siehe Abbildung 1) wie selbst-

verständlich: In den Interviews wurden sie nicht direkt thematisiert, sie wurden vorausge-

setzt. Das zeigte sich daran, dass meine Fragen nach den Kommunikationsmitteln und – part-

ner*innen kurz und schlicht beantwortet wurden.

In allen Interviews tauchte ein weiteres Element auf, das ich bei der Konzeption meiner

Arbeit nicht im Blick hatte, das mir aber für die Selbstverortung wichtig erscheint: Dankbar-

keit. Dankbarkeit kann, neben Sprache, Wohnort und Status, zu einem verbindendem Element

zu dem neuen Ort werden.

Ali: „Also ich muss sagen, dass ich bin wirklich beeindruckt von den Deutschen. [...] Es gibt Leute, die helfen so gerne, die faszinieren mich. Sie helfen (kurze Pause) also ich kannte die Leute überhaupt nicht und sie haben mir geholfen mehr als ein Verwandter, sie haben mir soviel geholfen [...]. Und das finde ich wirklich so gut, deswegen eigentlich, mag ich so gerne, ich glaube deswegen das war der eine Grund von den Gründen, das ich die Sprache so schnell gelernt habe [...]. Weil ich [...] mag [...] diese Spontanität von den Deutschen manchmal, dieses gu-te Herz von den Deutschen und das mag ich gerne.“

5. Ausblick

Wie eingangs schon erwähnt, stellt mein Forschungsthema eine Lücke in der aktuellen

sozialwissenschaftlichen Forschung dar und konnte im Rahmen dieser Studie auch nicht

gänzlich gefüllt werden, weshalb ich an dieser Stelle auf weiteren Forschungsbedarf hinwei-

31

sen möchte. Von weiterem Interesse erachte ich, die Durchführung qualitativer Interviews mit

syrischen Geflüchteten einer anderen Altersgruppe. Meine Interviewpartner*innen sind zwi-

schen 13 und 27 Jahren alt und stehen somit beispielhaft für Kinder und Jugendliche. Es wäre

jedoch auch interessant, ältere Gesprächspartner*innen zu finden, um auch deren Lebenssitua-

tion durch einen anderen Blickwinkel darstellen zu können.

Das Thema und die Herangehensweise an die Lebenssituation einer Vielzahl an ge-

flüchteten Menschen ist so komplex und vielfältig, dass ich noch eine große Brandbreite an

weiterem Forschungsbedarf sehe. So wäre eine thematische Fokussierung auf die Fluchterfah-

rung von besonderer Relevanz sowie eine vertiefte Auseinandersetzung der damit einherge-

henden Belastungsstörungen und mit dem Umgang mit Erinnerungen.

Ich erachte es für wichtig, aktuelle sowie politisch stark umstrittene und diskutierte

Themen, wie die der Lebenswelten von Geflüchteten, aus einer kulturanthropologischen Per-

spektive aus zu beleuchten und zu dekonstruieren. Mein Ziel war es durch diese Arbeit zu

verdeutlichen, wie vielfältig und divers die in aller Munde im aktuellen Diskurs gebrauchte

Kategorie „Flüchtling“ ist. Ich möchte mit diesem Forschungsbeitrag dazu anregen, vorsichtig

mit solcher Kategorienbildung umzugehen und dafür plädieren, stets das jeweilige individuel-

le Schicksal in Betracht zu ziehen.

Mit diesem Zitat von Zygmunt Bauman, welcher Anfang dieses Jahres verstorben ist,

möchte ich meine ethnographische Forschungsarbeit auf einer aktivistischen und anregenden

Note abschließen:

„In einer global dicht vernetzten Welt gegenseitiger Abhängigkeit können wir uns unserer moralischen Unschuld niemals gewiss sein, solange Menschen Leid und Elend ertragen müssen. Wir können weder behaupten, von nichts gewusst zu ha-ben, noch sicher wissen, dass ihr Leiden nicht möglicherweise durch eine Ände-rung unseres Verhaltens hätte verhindert werden oder zumindest gemildert wer-den können. Als einzelne mögen wir machtlos sein, aber gemeinsam können wir etwas tun, und Gemeinsamkeit wird durch einzelne hergestellt.“46

46 Bauman, Zygmunt: Leben in der Flüchtigen Moderne. Frankfurt am Main 2007, S. 58.

32

Literaturverzeichnis

Bauman, Zygmunt: Leben in der Flüchtigen Moderne. Frankfurt am Main 2007. Clifford, James: Introduction: Partial Truths. Als PDF abrufbar unter: http://researchmethodswillse.voices.wooster.edu/files/2012/01/Clifford_PartialTruths1.pdf (Stand: 16.07.2017). Comitas, Lambros: Preface. In: Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina (Hrsg.): Towards a Transnational Perspektive on Migration. Race, Class, Ethnicity, and Nati-onalism Reconsidered. New York 1992, S. vii-viii. Faist, Thomas; Fauser, Margit: Das Transnationale in der Migration. Eine Einführung. Wein-heim und Basel 2014. Gajek, Esther: Lernen vom Feld. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leim-gruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 53-68. Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina: Towards a Definition of Trans-nationalism. Introductory Remarks and Reserach Questions. In: Glick Schiller, Nina; Basch, Linda; Blanc-Szanton, Cristina (Hrsg.): Towards a Transnational Perspektive on Migration. Race, Class, Ethnicity, and Nationalism Reconsidered. New York 1992, S. ix-xiv. Hess, Sabine: Transnationalismus und die Demystifizierung des Lokalen. In: Schmidt-Lauber, Brigitta (Hrsg.): Ethnizität und Migration. Einführung in die Wissenschaft und Arbeitsfelder. Berlin 2007, S. 179-193. Kivisto, Peter: Theorizing transnational immigrants. A critical review of current efforts. Eth-nic and Racial Studies, Vol. 24., No. 04.07.2001. Krause, Ulrike: It Seems You Don’t Have Identity, You Don’t Belong. Reflexionen über das Flüchtlingslabel und dessen Implikationen. In: Zeitschrift für Internationale Beziehung, 23 (2016), S. 8-37. Lehmann, Albrecht: Vom Verstehen des Selbstverständlichen. Fragestellungen und Methoden der Volkskunde. In: Fetthauer, Sophie; Grauel, Ralf; Matthiesen, Jens (Hrgs.): Die Standort-presse. Kulturwissenschaften in der Standortdiskussion. Hamburg 1995, S. 87-91. Lipphardt, Anna: Vilne. Die Juden aus Vilnius nach dem Holocaust. Eine transnationale Be-ziehungsgeschichte. Paderborn 2010. Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitati-vem Denken. Weinheim, Basel 5. Auflage 2008. Oltmer, Jochen: Globale Migration. Geschichte und Gegenwart. München 2. Aufl. 2016.

33

Pries, Ludger: Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Frankfurt am Main 2008. Schmidt-Lauber, Brigitta: Das qualitative Interview oder: Die Kunst des Reden-Lassens. In: Göttsch, Silke; Lehmann, Albrecht (Hrsg.): Methoden der Volkskunde. Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der Europäischen Ethnologie. Berlin 2001, S. 169-188. Soja, Edward: Postmodern Geographies. The Reassertion of Space in Critical Social Theory. London/New York 8. Aufl. 1989. Spiritova, Marketa: Narrative Interviews. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 117-130. Von Dobeneck, Florian; Zinn-Thomas, Sabine: Statusunterschiede im Forschungsprozess. In: Bischoff, Christine; Oehme-Jüngling, Karoline; Leimgruber, Walter (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S. 86-100.

34

Quellenverzeichnis

Persönliches Interview mit Jan am 30.05.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Ivan am 01.06.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Ali am 02.06.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Rasal am 03.06.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Osan am 04.06.2017 und am 15.06.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Bisan am 18.06.2017 in Freiburg i.Br.

Persönliches Interview mit Almira am 22.06.2017 in Freiburg i.Br.

WhatsApp Sprachnachricht von Rasal, am 14.06.2017.

O.V.: Freiburgs Flüchtlinge. In: Badische Zeitung: Freiburger Zeitung, 05.05.2017.

O.V.: Syrien. In: Oxfam Deutschland. Für eine gerechte Welt. Ohne Armut. Abrufbar unter: https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/laender/syrien?pk_campaign=ox-syrien&pk_kwd=syrienkrieg&utm_wec=11494&gclid=CImv3MK37NICFdQK0wodKSEP_g (Stand: 12.06.2017).

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Eigene Aufnahme von Rasal, per WhatsApp zugeschickt am 14.06.2017.

Abbildung 2: Eigene Aufnahme von Jan, per WhatsApp zugeschickt am 19.06.2017.

Abbildung 3: Eigene Aufnahme von Ali, per WhatsApp zugeschickt am 26.06.2017.

Abbildung 4: Eigene Aufnahme von Bisan, per WhatsApp zugeschickt am 18.06.2017.

35

Anhang

Anhang A: Einverständniserklärung der Interviews

Informationen und Einverständniserklärung

zur Teilnahme an folgendem Forschungsprojekt:

Titel: Eine ethnographische Studie zu Selbstverortung und transnationalen Kommunikations-netzwerken von syrischen Geflüchteten in Freiburg i. Br. Forschende: Clara Dröll Rahmen der Forschung: Es handelt sich um ein empirisches Forschungsprojekt im Rahmen einer B.A. Abschlussarbeit am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Betreuerin der Arbeit: Prof. Dr. Anna Lipphardt Informationen zur Teilnahme am Forschungsprojekt:

• Die Verantwortliche, Clara Dröll, trägt dafür Sorge, dass alle erhobenen Daten streng vertraulich behandelt und ausschließlich zum vereinbartem Zweck verwendet werden.

• Der/Die Interviewte erklärt sein/ihr Einverständnis mit der Tonaufnahme und wissen-schaftlichen Auswertung des Interviews.

• Relevante personenspezifische Daten werden durch die Forschende anonymisiert.

• Der/Die Interviewte erklärt sich damit einverstanden, dass Aussagen aus dem folgen-

dem Gespräch in ausgewerteter Form, paraphrasiert oder direkt zitiert in oben genann-ter Forschungsarbeit verwendet werden dürfen.

• Der/Die Interviewte erklärt sich damit einverstanden, dass die fertige Forschungsarbeit

ggf. veröffentlich werden darf. à Nicht Gewünschtes bitte streichen!

• Gewünschtes Pseudonym für die Verwendung von personenbezogenen Daten und Ge-sprächsinhalten:

• Sonstige Bemerkungen und Erklärungen zur gewünschten Verwendung von personen-

bezogenen Daten und Gesprächsinhalten:

36

Einverständniserklärung des/der Interviewten Hiermit erkläre ich mich damit einverstanden, dass die Informationen, die ich auf diesem Formular und im anschließendem Gespräch preisgebe, unter den oben genannten und hiermit zugestimmten Bedingungen, zur Bearbeitung des genannten und durch die Forschende erklär-ten Forschungsprojekts im Rahmen einer B.A. Abschlussarbeit genutzt werden dürfen. Ort, Datum Unterschrift Erklärung der Forschenden zur Verwendung von personenbezogenen Daten und In-formationen, die aus dem folgendem Gespräch hervorgehen: Hiermit versichere ich, Clara Dröll, dass ich die auf diesem Formular und im anschließendem Gespräch preisgegebenen Informationen ausschließlich zur Anfertigung der oben genannten Forschungs- und Abschlussarbeit und unter den oben genannten und von dem/der Interview-ten bewilligten (unterschriebenen und nicht durchgestrichenen) Bedingungen verwenden wer-de. Ort, Datum Unterschrift

37

Anhang B: Interview-Leitfaden

Interview-Leitfaden

Datum: Ort: Zeit:

Atmosphäre:

Angaben zur Person à informed consent sheet

- Alter:

- Geschlecht:

- Gegenwärtige Tätigkeit:

- Zeitpunkt der Flucht:

- Seit _____________________ in Deutschland

- Seit _____________________ in Freiburg

Einstieg: Lass’ dir ruhig Zeit für die Antworten, es geht nicht darum was richtig oder falsch

ist, sondern um deine persönlichen Ansichten und Erfahrungen. Die Antworten und alle ge-

nannten Namen oder Straßen werden selbstverständlich anonymisiert.

Aufrechterhaltene Fragen: Fällt dir sonst noch was hierzu ein? Wie ging es weiter? Du hat-

test vorher erwähnt, dass [...]. Was meinst du damit? à Paraphrasen und Spiegelungen

Einstiegsfragen

Erzähl doch mal einfach ein bisschen über dich. (Lebensgeschichte)

Wie bist du nach Deutschland gekommen? Seit wann wohnst du in Freiburg?

Kannst du mir noch mehr über deine Flucht erzählen?

Wie würdest du dein Leben vor der Flucht beschreiben?

Rechtlicher Status

Was für einen Aufenthaltstitel hast du momentan?

Was bedeutet das für dich?

Wie wirkt sich das auf dein Leben in Freiburg aus?

38

Aktuelle Lebenssituation/Selbstverortung

Wie sieht deine Lebenssituation jetzt aus? Was machst du momentan?

Beschreibe mir doch mal deine aktuelle Wohnungssituation. Wo und mit wem wohnst du?

Wo hältst du dich in Freiburg auf? Was sind deine täglichen Wege?

Wo verbringst du gerne deine Freizeit? Mit wem verbringst du deine Freizeit?

Wie fühlst du dich hier in Freiburg?

Zur Zeit ist ja Ramadan. Fastest du? Wie nimmst du den Ramadan hier in Freiburg wahr?

Welche Unterschiede zwischen deinem Leben in Syrien und deinem Leben in Deutschland

sind für dich bedeutend?

Wie wirst du hier in Freiburg mit deiner Vergangenheit konfrontiert?

Wie fühlst du dich von deinen Mitmenschen in Deutschland wahrgenommen?

Kommunikation & Netzwerke

Erzähl mir doch mal ein bisschen über die Menschen, die gerade für dich wichtig sind.

Wen würdest du in Freiburg als deine Bezugspersonen oder Freunde bezeichnen?

Was machen diese Beziehungen für dich aus? Wie verändern sie sich mit der Zeit?

Wie kommst du hier sprachlich zurecht?

Wie stehst du im Kontakt zu deiner Familie oder Freunden in Syrien? Wie oft?

Zu wem hast du noch Kontakt? Wohin? Wie entwickeln sich diese Kontakte?

Welche sozialen Medien benutzt du für die Kommunikation?

Wie verfolgst du das politische System in deinem Heimatland Syrien?

Ausblick

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

An welchem Ort möchtest du in Zukunft gerne leben? Warum?

Was würdest du gerne an deiner momentanen Situation ändern?

Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Offene Ausstiegsfrage

Von meiner Seite wär’s das jetzt. Möchtest du noch irgendetwas erzählen, was dir wichtig ist

und noch nicht erwähnt wurde?

Interviewdauer:

39

Anhang C: Interview-Transkription mit Legende

Legende nach dem Transkriptionsprogramm f5:

(kurze Pause) à Kurze Pause

(..) à Mittlere Pause

(...) à Lange Pause

(Lachen) à Außersprachliches Ereigniss

Persönliches Interview mit Ali am 02.06.2017 in Freiburg i.Br.

Interviewdauer: 1:54:53

Interviewerin: Ok, geht los (Lachen) Aber du kannst, es geht wirklich darum einfach deine

persönliche Erfahrung und dein Leben, nicht was irgendwie richtig oder falsch ist und (..)

genau, alles was dir irgendwie wichtig erscheint und wenn du irgendetwas nicht verstehst,

dann gerne nachfragen oder so oder du kannst auch auf Englisch versuchen zu erklären, mit

Händen und Füßen, aber dein Deutsch ist ja auch wunderbar, also glaube ich, dass das gar

kein Problem ist. Genau, vielleicht kannst du mir einfach ein bisschen von deiner Lebensge-

schichte erzählen. #00:00:38-8#

Befragter: Ok, meine Lebensgeschichte. Also (...) also hier in Deutschland oder überhaupt?

#00:00:46-4#

Interviewerin: Überhaupt. #00:00:46-4#

Befragter: Ok. Also ich bin, also ich bin in Syrien geboren und auch dort also aufgewachsen

(kurze Pause). Mein Leben war ehrlich gesagt, es war wie ich schon gesagt habe, vorher war

es einfacher. Die ganze Geschichte, das ist einfach, wir hatten so zwei Häuser in Syrien und

(kurze Pause) das Gefühl sicher zu sein. Das war wirklich, also ja Deutschland ist auch sicher

und so, aber sicher als in du, wenn du hier geboren bist und dort aufgewachsen bist und alle

und kennst so viele Männer (kurze Pause) viele Menschen und du kennst so viele, also Stra-

ßen, du kennst viele, du kannst wirklich ganz locker laufen ohne, viele sagen Hallo, begrüßen

dich und so, das ist anderes Gefühl. Und (kurze Pause) ja genau und meine erste Lebens, ich

habe, bei uns ist das Abitur bis 18, ich hatte, bei uns Abitur ist etwas anderes, nicht wie bei

euch, also bei uns Abitur bedeutet, dass ich, ich musste so fast zwei Jahre ganz auswendig

lernen um das zu schaffen, um eine gute Punkt zu haben. (kurze Pause) Ich hatte das gut ge-

40

macht, ich hatte so perfekte Punkte, aber (kurze Pause) ich hatte immer diese, diese Problem

mit meinem, meinem Arabisch Lehrer. Und der war so keine Ahnung, ich hasste ihn und

deswegen ich hatte die, den, ich hatte die ganzen Fach, also nicht gemocht und deswegen hat-

te ich wirklich in meine Abitur, alle Punkte waren, waren perfekt, nur in Arabisch hatte ich elf

Punkte von, also von 40 verloren. Genau, das war lustig, weil ich bin Araber, aber ich mag

meine arabische Sprache, weil nicht, weil mein Lehrer hat mich das eingestellt, so, ich hab, so

hatte ich diese zwei Jahre so lange, also gedauert, also wirklich das war für mich ewig gedau-

ert, das ich endlich fertig also fertig war. Und dann habe ich also mich entschieden, dass ich,

ich also Ingenieur, also Bauingenieur studieren will (kurze Pause) habe ich das geschafft und

habe ich an der Uni angefangen, das war gut, also der erste (..) das war neues Gefühl, also

meine Uni war irgendwo anders, nicht in meiner Heimat, also mein Haus und (kurze Pause)

mit Studenten zu sein, so zu unterwegs zu sein, ein bisschen frei von meinen Eltern zu sein,

das war also anderes Gefühl. Und (kurze Pause) genau und Aleppo das ist ein, eine ganz alte

Stadt. Ich liebe diese alten Gassen von Aleppo so zu laufen. Das ist so diese Feuchtigkeit, ein

bisschen so man fühlt diese, diese, diese, den alt, ein bisschen, also natürlich man fühlt das

nicht, aber man spürt das ist wirklich ein altes, altes Gebäude vor mir steht. Oder der alte,

keine Ahnung, bei uns ist es dieses Schloss, dieses riesige Schloss in der Mitte von Aleppo,

das ist eine Schloss, der so viele Menschen erlebt hat. Und (kurze Pause) ja, ein Vorteil von

das war mein Schwester, meine Schwester hat auch Medizin studiert und wir waren zusam-

men, also wir, sie ist zwei Jahre älter als ich, sie ist auch meine, also ein bisschen Vorbild war

für mich, weil bis heute eigentlich, sie ist immer motiviert und sie war, sie war immer der, der

Person, der (kurze Pause) mich berichtigen, weißt du? Es gibt, manchmal habe ich ein paar

Fehler gemacht und die war meine, wie eine so, keine Ahnung, wie meine Lehrerin, ein biss-

chen, ja also manche, manche Beziehung zwischen Geschwister ist nicht so gut, aber (kurze

Pause) also ich glaube das liegt daran, dass ich mit ihr so, so als ich Kind war so gestritten

habe und eine Seite von diesen Punkt gehabt wir beide (unverständlich) das reicht. Wir sind

jetzt also nicht feindlich, sondern Freunde oder so. Genau (..) wir haben uns getroffen, also

kochen, also zur Zeit, ich musste das also kochen lernen, aber vorher, keine Ahnung, meine

Mutter hat mir immer etwas, ein paar, also Gerichte geschickt, also fertige Gerichte, das heißt

ich brauchte nicht so viel zu kochen und sogar wie so eine alle in Berlin zur Zeit, gab es auch

bei uns so viele Restaurants und so viel, in der Mitte von unserem Wohnheim, gab so ganze

also viel mehr als zehn Restaurants und das zu essen uns zu geben und ganz billig, also Preis

für Studenten. Ja und dann das habe ich gemacht die ersten zwei Jahre war gut, aber die dritte

Jahr, habe ich mich ganz tiefer, ich bin tiefer gegangen in die, als die Revolution angefangen

41

hat. Ich hatte, also natürlich hatte ich nebenbei ein bisschen gelernt, ein bisschen für Klausur,

ein bisschen für Vorlesung gehabt, aber meine Hauptgedanken waren also diese Revolution,

was bei uns in unserer Heimat angefangen hat. Am Anfang war es ganz anonym, weißt du, es

gab, also unserer, unserer Präsident, also der Vater von unserem Präsidenten ist 2000 gestor-

ben. Er war ganz altmodisch, er ist so, wie, eine richtiger Diktator, er ist ein richtiger Diktator.

Aber als sein Sohn, dieser Stuhl von Macht also genommen hat, wir dachten ok, er ist jung, er

ist (kurze Pause) also Augenarzt, er, er hat einen, also seine Frau ist auch, sie ist syrisch, sie

ist aus Syrien, aber sie hat auch, sie ist in Britannien aufgewachsen, das heißt sie sind nicht

wie die altmodische Gedanken von Diktatur, wir sind vielleicht Diktatur, aber (kurze Pause)

eine neue Ding, also er hat, er will, neue Reflexion in alle Richtungen machen. Deswegen

hatte ich, ich hab ihn immer gemocht. Er, obwohl es ist ein bisschen komisch, an meine Fami-

lie war also mittel, wir waren nicht so arm, wir waren nicht so reich, wir waren in der Mitte.

Wir hatten Laden, hatten Häuser, aber (kurze Pause) wir hatten auch Länder von Oliven und

von, also Bäume von Oliven und auch Pistazien. Und das war, also das ist andere Geschichte,

aber (kurze Pause) aber auf jeden Fall wir hatten, ich hatte das Gefühl, dass Assad, die neue

Assad, er wird unsere Heimat also verbessern. Er wird neue, keine Ahnung, neuer Aufstieg

von, von die Gedanken, dass wir einfach so in die Diktatur, so diese Gedanken, das Soldaten

und Militär und Polizei haben die Macht auf die Menschen und ohne Recht sie können alles

machen was sie wollen. Aber keine Ahnung, deswegen ist, das ist, das hat mich wirklich ver-

wirrt. Am Anfang war einfach (kurze Pause) wir dachten das ist wirklich eine (..) verschwo-

rene Theorie, Verschwörung von die andere Ländern, das sie einfach Assad nicht mehr wol-

len, aber (kurze Pause) aber die ersten zwei Monate, also das hat, hat sich geändert, langsam

geändert. Obwohl ich hab eine Demo mit Assad gemacht, die erste Woche von Assad, als

diese, aber nachher das war total anders. Er hat angefangen wirklich Leute, die demonstrieren,

die protestieren, die gegen ihn, einfach, also erschossen, einfach. Ich, ich, ich kannte so viele

Freunde, die sind im Gefängnis gegangen einfach, weil sie, keine Ahnung, die Name von,

also war nicht rassistisch am Anfang, war einfach nicht so, weil bei uns gibt so Hauptteile;

Sunniten, das sind so fast 95% von die, also Einwohner, Bevölkerung und es gibt die Aleviten

und christlich gibt, also die Leute von andere religiös gibt, aber die sind Minderheit. Und

trotzdem Assad ist, kommt aus Aleviten, er ist Muslim und andere Partei kann man und er hat

die Macht (kurze Pause) und er hat, er hat immer das profitiert, dass er einfach die andere

Minderheit, das er einfach sagt, die Mehrheit wird euch vernichten, du solltest gegen die an-

deren kämpfen, das ist die andere Seite, die andere gegen Assad sie haben das gemacht, ge-

sagt und das und ein bisschen langsam, langsam, es ist einfach in einem Tornado gewesen, es

42

ist einfach alles zerstört ist. Aber (kurze Pause) was ich wirklich sagen will, es ist einfach

(kurze Pause) das unsere Heimat war so, das Leben, also in unserer Heimat war ganz lang-

sam, langsam, also natürlich modern, aber langsam, irgendwie. Ja, ja, wir wollen das alles

schaffen, wir wollen, wir gehen ganz langsam, wir machen meine Priorität war, das ich meine

Studium fertig mache, dann ich wollte nach Deutschland kommen, ein bisschen Master ma-

chen und nachher nach Syrien zurück kommen, ja gehen. Aber der (unverständlich) irgendwie

hat das, der Schicksal, Gott hat etwas anderes entschieden, das ich bevor meine, bevor ich

meine Studium fertig mache, das ich hierher komme. (..) Ja und das, also mit der Geschichte

mit dem also vorher war, ich kann dir nie vorstellen was, was, was, wie schön unsere Heimat

war. So denn man kann alles machen, alles tun, außer die Freiheitteil, das es einfach, das man

sich nicht mit dem, keine Ahnung, Polizei oder mit dem Assad, Politikersachen, einmischen,

dann alles ok. Aber wenn man sagt ok, ich habe einmal ausgewählt wer, also Präsident, also

Auswahl (Lachen) es gab nur den Namen von Assad. Man darf nichts anderes, gab niemand

anderes, wirklich. Und ich musste seinen Namen schreiben (kurze Pause) sonst kriege ich

einen Ärger, weil warum hast du nicht, warum hast du nicht ausgewählt, warum hast du nicht

Assad gewollt, gewählt, das heißt du bist, keine Ahnung, du bist (kurze Pause) ein Feind von

dem Staat, also (Lachen) und ich erinnere mich an eine gute Geschichte, das ich, ich habe

meinem Vater das angetan, also 2009 oder so, ich hatte, habe auf meinem Handy selber eine

Nachricht geschrieben (kurze Pause) aber ich habe das geschrieben, niemand hat mir ge-

schickt (kurze Pause) und ich hatte das in meiner Nachrichtenteil also gespeichert und mein

Vater gezeigt und der ist, also es geht darum, ich habe geschrieben, dass es, wenn du gegen

Assad, also demonstrieren willst, wenn du (unverständlich) Freiheit willst, in Syrien willst

und so etwas, ganz verboten, also Politiker verboten. Ok und also meine Mutter stand neben-

bei und ich habe sie gemerkt, dass sie, ich habe sie ein Zeichen gegeben, dass sie, das eine,

also denk von damit ich meinen Vater also verarsche (Lachen) und dann sie hat das auch ge-

kriegt, das sie nicht lacht und ich hatte das versucht, dass ich nicht lache auch, weil, aber als

er die ersten zwei Zeilen gelesen hat, seine Gesichtsfarbe hat sich geändert, wirklich, es ist

also gelb geworden und oh Gott und am Ende es gibt so ein paar Sachen, das du mit uns also

kommunizieren kannst und erst hat er, also einen Schock oder so (..) und dann fängt er an zu

schimpfen und dann mit mir zu schimpfen ‚Was hast du gemacht? Mit wem hast du also kon-

taktiert? Hast du, oh Gott, wir sind verloren‘ und es gibt diese Aussagen, wenn man gegen

Assad etwas macht, also gegen Regierung, es geht, sie würden uns also hinter die Sonne schi-

cken. Das heißt es ist eine Aussage, also man wird verschwunden. Genau und er hat das ge-

sagt und dann nach zwei, drei Minuten, ich musste etwas sagen, damit er also sich beruhigt

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(kurze Pause) und dann hat er, er wollte mich also (kurze Pause) ich hab ihm das nie erzählt

und dann ‚Oh Gott, oh mein Gott‘ er hat geseufzt und ‚Gottseidank, alles ok, alles ok‘, aber

und dann hat er mein Handy genommen und sofort gelöscht und ‚Alles, es ist nie passiert,

alles ok, du bist nicht so, also du hast nicht‘, also er wollte einfach von dem Themas schnell

rausgehen, also nichts, nichts passiert. Und dann stell dir vor, ich bin ein Junge und das ich

einfach neu in diese Leben gehen will, also einfach (kurze Pause) vorher hatte ich nie ge-

dacht, dass es keine Ahnung Krieg gibt, das Diktatur, das wir Diktatur, keine Ahnung, also

ich bin hier aufgewachsen, ich dachte das ist normal, wir sind Kinder und die erziehen uns,

sie haben uns erzogen, dass wir einfach Assad ist alles, keine Ahnung, die andere Seite von

man muss das machen und das machen, nur mit einer Partei von (kurze Pause) wie zum Bei-

spiel CDU bei euch, bei uns gab’s so Baath, das gehört Assad und alle müssen reingehen,

müssen reingehen, wenn du nicht reingehst, dann, dann wirst du einfach keinen Job finden

und keine gute Position in der (unverständlich) und dann aber das war, das war meine Gedan-

ken, ich war Kind, ich wollte etwas frei sagen und ich wusste, dass mein Vater reagiert und

das wär so (..) und, und keine Ahnung, stell dir vor, dass du eine Mann bist oder ein Mensch

bist, der so ausgeprägt ist, der kann nicht äußern, der kann nicht sagen, nicht kündigen, weil

er, keine Ahnung, Angst von, von, es gibt die Aussage, dass die (kurze Pause) die Wände hat

Ohren auch (..) und das andere Gesichte ist meine Cousin ist, hat in Rumänien also, also seine

Medizin, also seine Studium war in Rumänien. Er hat dort studiert und so, er war ein bisschen

frei, weißt du, er hat nicht so sofort wie die anderen Männer oder Menschen, die in Syrien

geblieben sind. Und ich mochte ihn, weil wir hatten vor der Revolution ganz locker miteinan-

der, oh Gott (Lachen), mit einander geredet, Assad gegen keine Ahnung, gegen, die ganze

Geschichte von die Kooperation in unserer Heimat (Lachen) und ich habe, ich mag deswegen

die Leute bisschen, ich hab so etwas, er hatte so etwas und ich hatte einfach seine ganze

Stimme (kurze Pause) ich habe nichts geredet (Lachen) ich hatte, ich habe ein bisschen ihn

profeziert [provoziert] und dann er hat angefangen gegen die ganze Regierung zu reden (kur-

ze Pause) ich habe das Rekord, also aufgenommen und dann (kurze Pause) am Ende er wusste

das nicht und dann habe ich ihn (kurze Pause) er ist fertig und dann habe ich ihm gesagt, also

ich hab das angespielt (kurze Pause) und er ‚Oh my God, willst du mich verarschen?! Willst

du, dass ich nicht hier leben kann‘. Er hat das nicht so reagiert, weil er wusste, dass ich nichts

machen will (kurze Pause) genau, aber nachher, ich habe das sofort gelöscht. Das ist, so ist

das. Wir, wir konnten nicht äußern (kurze Pause) und wir (..) so es gab diese, diese Soll von

Assad und seiner Familie und seine Macht und keine Ahnung (kurze Pause) und das Problem,

die anderen Teile, es gibt (unverständlich) ok, ich verstehe es, ich bin nicht mit Diktatur oder

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so, aber du bist Assad, ok du bist der Präsident, verstehe ich, aber du kannst mindestens etwas

Gutes in diesem, diesem, diesem Land machen, weißt du, du hast so viel Geld, wir haben

Erdöl und (kurze Pause) und als die Revolution angefangen hat, wir hatten etwas wir haben

erfahren, dass Assad hat in verschiedene Konto, also über die ganze Welt, er hat mehr als,

keine Ahnung, eine Zahl von, von Milliarde Dollar (kurze Pause) der, ich verstehe nicht, also

er hat, könnte zwei Möglichkeiten nehmen, entweder er könnte einfach sagen: ‚Ich nehme die

ganze Geld und gehe ich weg. Dann kaufe ich eine, eine (unverständlich) Halbinsel, keine

Ahnung, irgendwo in Hawai, keine Ahnung.‘ Aber was ich nicht verstehe, er ist geblieben

und diese, diese, diese Heimat zu (..) er hat das zerstört, alles, alles, alles, fast, es, mein Vater

hat einmal, ist gefahren von einer Stadt zu andere (kurze Pause) nach andere und er meinte,

normaler Weise gab eine Stadt nebenan, also in der rechten Seite von der Autobahn (kurze

Pause) und er meinte, es ist nicht da, überhaupt, es gab, es gab, weißt du, es gab überhaupt

keine, keine Säule, keine, keine kleinen Häuser geblieben. Das ist absurd, warum man hat

soviel investiert und diese Geld, weißt du Panzer und keine Ahnung, so viele Militärsachen

(kurze Pause) um nichts, also, was, also, das ist die Frage, was, was will er. (kurze Pause)

Genau, wir haben uns überlegt, ok, er könnte einfach weg gehen (kurze Pause) jemand ande-

ren und am Anfang war die Revolution, nicht am Anfang gesagt, dass er so rausgehen muss.

Am Anfang wir wollten also etwas Neues, neue, keine Ahnung, Struktur von, von die Regie-

rung, Struktur von die, keine Ahnung, das ist ganz normal, aber als er das nach fünf, also vier

Monaten, er hat angefangen die Leute zu verhaften und so. Natürlich wird die Reaktion von

den Mensch einfach sagen, wir wählen (unverständlich) so keine Präsident, so eine Präsident

für uns. Genau (kurze Pause) dann, dann also so Ende 2012 hat Assad ist verrückt geworden

und hat er einfach, keine Ahnung, zum Militär, richtigem Militär angefangen, also zu bom-

bardieren. Luftangriffe hat er so Ende 2012 angefangen und (kurze Pause) ich war in Aleppo,

ich hatte meine letzte, oh Gott, ich hatte meine letzte Zeit von, ich hatte meine Praktikum,

Praktikum an der Uni gemacht, alle gut gemacht, alle Punkte gehabt, obwohl ich schon stolz

war (kurze Pause) und hatte ich erfahren, dass keine Ahnung, dass mein Staat Syrien gerade

bombardiert ist (..) dann hatte ich, bin ich zu, nach andere Stadt also gegangen, weil wir konn-

ten nicht direkt, ich bin, also Assad (kurze Pause) es gibt bestimmte Name von Städte und

weil ich andere, diese Städte gehört, kann ich nicht durch diese, diese Militärpunkt nicht

durchfahren. Deswegen also ich wollte andere Stadt, also andere Weg nehmen, damit ich

nicht verhaftet werde. Und dann habe ich so nach (..) das am schlimmsten war, dass keine,

keine Internet gibt in dem, sie sind alle von meinem Dorf also gegangen draußen zu, nach

anderer Stadt und es gab keine Kommunikation, also ich konnte mit meine Eltern, mit meine

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Familie, die ganze Familie nicht kommunizieren (kurze Pause) und das war so schlimm, ich

hab, ich hatte so drei oder vier Tagen nichts von, keine Auskünfte von meine Familie Situati-

on. Vielleicht stirbt, jemand ist gestorben, vielleicht jemand ist verletzt (kurze Pause) oder,

das waren die schlimmsten Tagen meines, meines Lebens. Dann habe ich entschieden, dass

ich direkt irgendwo in die Nähe von meinem Dorf also hingehen soll, damit ich (kurze Pause)

keine Ahnung, niemand, natürlich würde ich jemand also treffen, damit ich begegne, dann

also, dann kann ich meine Eltern suchen, also meine Familie. Dann habe ich das gemacht,

habe ich meine Familie von anderer Stadt entfernt, so 20km von meiner Dorf gefunden (kurze

Pause) dann haben wir uns entschieden, dass (kurze Pause) dass wir nach andere Stadt gehen

soll, weil es macht keinen Sinn, dass wir einfach in diese Stadt bleiben. Das ist alles zerstört,

man hat, man, also als ich mein Haus also betraten, betreten habe (kurze Pause) ich hab, eine

Träne von meine Auge ist einfach so runtergegangen, ich, ich wusste mein Haus, meine eigen

Haus, ich hab das nicht erkannt. Was, was, warum, also es gibt, weißt du (kurze Pause) bei

uns es gab immer mit normale, mit normale Krieg zwischen Länder, das wär also vielleicht

Hauptstadt, Hauptstadt, vielleicht richtige große Städte, aber mein Dorf ist so klein und das,

ich hab nie gewusst, dass ich mein Haus durch einen Krieg, keine Ahnung zerstört wird. Und

das am schlimmsten war für unsere, unsere Jets, unsere, unsere Militär (kurze Pause) oh Gott

und dann haben wir entschieden, wir gehen weg. So die Sache mit, dann hatte, dann man wird

entweder mit Assad oder gegen Assad und mit die Name meinen Dorf, also ich kam aus Idlib,

Idlib ist ein Dorf, es gibt also es war immer gegen Assad, also in der Assad, der Vater von

den, also den Vater von die aktuelle Assad (kurze Pause) wir haben ihm (Lachen) mit Sanda-

len, Sandalen und Tomaten auf ihn geworfen (Lachen) wie in das 80iger Jahre und dann hat

er wirklich so (unverständlich) so zwei (unverständlich) gemacht. Er hat, keine Ahnung, er

war so verrückt, dann hat er versucht, die so viele Menschen wurden verhaftet, aber das war

eine richtige gute Aktion, also Akt von uns, dass wir das gemacht haben. Deswegen ist es, wir

hatten immer diesen schlechten Ruf von keine Ahnung, gegen Assad und so. Aber mit dem

Anfang ehrlich gesagt, wenn du die Nachrichten hörst, also es ist immer Idlib geblieben, im-

mer es ist die Teil von gegen alles, gegen die andere Partei von (unverständlich) die mit Iran

und so und auch gegen Assad und das freut mich sehr (Lachen) (...) Aber die Geschichte als

wir angefangen haben, einfach mit den ganzen Revolution, das Gefühl ist unfassbar, ich kann

nie vergessen, dass ich, als ich das Gefühl gehabt habe. Das ich einfach etwas äußern, etwas

von meinem Herzen äußern (kurze Pause) also ja natürlich es kommt die Polizei und sie ha-

ben viele Menschen verhaftet, sogar viele Freunde. Aber das Gefühl zu haben die (kurze Pau-

se) die können nicht mehr aushalten unter Druck zu sein, die können nicht mehr ohne Freiheit

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zu leben. Freiheit, das ich alle sagen was ich will, dass ich die Leute, die, die für mich arbei-

ten, also Politiker zumindest, also die Politiker sie arbeiten für Menschen, natürlich und um-

gekehrt. Und das ich diese Leute also, also auswähle, nicht umgekehrt. Und ja natürlich und

(...) #00:25:54-7#

Interviewerin: Und wie war das Gefühl? Wenn du das beschreiben kannst. #00:25:56-8#

Befragter: Das, das ist unglaublich. Es ist, ich war so glücklich. Ich konnte von, vor Freunde

fliegen. Wirklich, wirklich. Ich war (kurze Pause) ich war die erste sechs Monate oder so, also

so halbe Jahr, also mehr, das war die beste. Ich glaube, wenn ich so (..) ja genau (kurze Pause)

das war die beste Zeit meines Lebens, weil anderes, anderes ich hatte so viele Erfahrung ge-

habt, keine Ahnung, ich hab so schnell (kurze Pause) ich bin so viel Auto gefahren, ich bin,

ich bin ein bisschen Abenteuer, ich bin gewandert, ich bin alleine in die, in die also Wälder

geblieben so. So viele Sachen mit den Menschen gemacht (kurze Pause) aber so viele Sachen

gemacht, aber die, das war wirklich so etwas anderes. Mein Vater er hat immer, er war so

immer schockiert. Also (Lachen) er meinte, das geht nicht. Er, er wusste das, er wusste, dass

Assad verrückt sein wird. Wirklich, er meinte, dass wir, wir hatten, wir mussten, wir sollten

das vorher machen für euch, damit ihr ein gutes Leben haben, aber wir hatten keinen Mut das

zu machen. Und das ist, das tut uns leid, dass ihr das machen solltet. Ja (..) dann bin ich also,

bevor dem IS entstanden hat, dann waren wir in diese, in Aleppo Nord und wir sind bei einem

also ganz enge Freund von meinem Vater geblieben, dort sechs Monate oder so, bevor der

(kurze Pause) bevor das, die Situation sich also eskaliert hat, dann haben wir, sind also nach

Türkei geflohen. Das auch nicht so offiziell, sondern mit Schmuggler Sachen (..) und das war

auch nicht so gut. #00:27:52-7#

Interviewerin: Und wer ist wir? Also wer war da alles dabei? Deine ganze Familie, oder?

#00:27:56-2#

Befragter: Meine ganze Familie, genau. #00:27:58-5#

Interviewerin: Das heißt, du hast erzählt, du hast eine Schwester und hast du noch mehr Ge-

schwister? #00:28:01-9#

Befragter: Ich habe sechs Geschwister. Ja, ich habe noch drei Schwestern, drei Brüder. Und

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von die drei Brüder sind zwei Zwillinge, genau. Und wir sind alle so nach Türkei gegangen.

Das war, das war wirklich so schwierig, weil es ist ein bisschen anderes, also andere Wäh-

rung, andere, anderes Leben und mit dem, mit dem Krieg, obwohl wir (kurze Pause) wir hat-

ten so genug Geld (kurze Pause) aber keine Ahnung, wenn man nicht arbeitet, wenn man

nichts zu tun haben, man und so lange geblieben, wir haben unsere Geld nicht investiert (kur-

ze Pause) und dann diese Währung Wechslung und wir waren, weißt du, wir waren nicht so,

die Leute sind mit Dollar gearbeitet oder bei uns Hauptsache ist Dollar. Und (kurze Pause) ja

ganz normale Menschen, die, dann wir haben nicht das gewusst, dass unsere Währung also

wechseln müssen (..) dann wir haben so viel verloren. Mit dem Krieg wer denkt überhaupt an

Geld, aber es gibt Leute, sie sind, keine Ahnung, sie, sie interessieren sich überhaupt nicht

wer sterbt oder so. Genau. Da haben wir also etwas Geld bezahlt, damit wir reingehen in der

Türkei kommen kann, können. Dann ja (kurze Pause) wir sind so drei Monate geblieben, dann

hab ich etwas, einen Job in Istanbul gefunden (kurze Pause) dann sind alle nach Istanbul ge-

gangen. #00:29:39-7#

Interviewerin: Also du bist zu erst und dann ist deine Familie nachgekommen, oder wie?

#00:29:43-5#

Befragter: Ja, genau. Dann habe ich eine Wohnung, also ein Haus gemietet und ein paar Sa-

chen also gerichtet und die alle sind gekommen. Ja, ein bisschen gearbeitet, ein bisschen so

gemacht, rumgelaufen, so (kurze Pause) Istanbul ist eine schöne Stadt, eine schöne Stadt auf

jeden Fall. Und meine Familie sie sind immer da. #00:30:05-6#

Interviewerin: Sind noch da? #00:30:06-6#

Befragter: Ja, sind noch da. #00:30:06-8#

Interviewerin: Alle? #00:30:08-3#

Befragter: Nicht also alle, eine, die Medizin (kurze Pause) sie ist (kurze Pause) sie ist in Sau-

di-Arabien. Sie ist verheiratet und die andere sie ist auch in Syrien. Sie ist, keine Ahnung, sie

ist ein bisschen jung (kurze Pause) aber, keine Ahnung, sie hat sich entscheiden, dass sie, sie

hat jemand kennen gelernt (kurze Pause) dann haben sie sich entschieden, dass sie einfach

sich heiraten. Und dann, er hat so viele Länder, so Geschäfte in Syrien (kurze Pause) wo es so

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chaotische Sachen sind (kurze Pause) dann hat er sich entschlossen, dass er einfach nach Sy-

rien gehen will. Und sie ist mit ihm gegangen. #00:30:50-9#

Interviewerin: Und sie hat ihn in Istanbul kennengelernt? #00:30:54-6#

Befragter: Ja. Sie war junger, aber keine Ahnung, bei uns also Hauptsache es gibt keine (...)

also heiraten das ist Beziehung ohne Heiraten das geht nicht. Sie hat religiöse Sachen, auch

kulturelle Sachen, Gesellschaftssachen, so viel, alles. Und dann sie ist, sie war 17 oder 18 so.

Und dann hat sie, ein bisschen jung, aber sie wusste das. Sie hat ihn gemocht, geliebt und so

und dann haben sie entschieden, ja, die beiden sind so vor ein Jahr in Istanbul auch geblieben

und dann, also in der Türkei zu arbeiten ohne, ohne ein Diploma, ohne, dass du, keine Ah-

nung, wenn du eine Art, es gibt so viele Ärzte, so viel Ingenieure, die ich kannte, sie haben

ihre Unterlagen verloren und sie mussten in so Istanbul oder andere Städte in der Türkei ein-

fach (kurze Pause) Kellner arbeiten oder in der Küche, weil (kurze Pause) sie können das

nicht beweisen, dass sie einfach Ingenieur ist oder Jurastudent, sie haben Jura studiert, wirk-

lich, wirklich. Dann unglaublich wirklich, es gibt Menschen (kurze Pause) die sogar so (..) ich

kenne einen Mann, er hat fünf, in zwanzig Jahren, also er war ein guter Lehrer, hat so viel

gemacht, Arabisch Lehrer und dann er ist nach Türkei gegangen und (kurze Pause) was gibt

für Arbeit er hat gemacht. Und das, genau. (kurze Pause) So irgendwie, dann 2015, also die

Idee, dass ich nach Deutschland komme, diese Schmuggler Sache von Griechenland, diese

Schlauchboot zu machen, zu, über, drauf zu gehen und dann nach Griechenland zu kommen

von der Türkei, also ich mein’ ich war total dagegen. Ich, ich wenn mein Vater davon etwas

erzählt hat, das ich so darüber denken oder so, daran denken oder so: ‚Was? Willst du mich

verarschen? Ich will nicht im Meer sterben.‘ Das waren meine ersten, also Eindruck. Dann

keine Ahnung, es war, es hat sich, die Sache hat sich beschleunigt und dann habe ich so

schnell, so schnell wie möglich habe ich mich entschieden, dass ich wirklich nach, diese Rei-

se machen will. (...) Die Reise, es ist wirklich ein anderes Gefühl, anderes Geschichte, andere

Geschichte (..) #00:33:28-3#

Interviewerin: Von Syrien nach Istanbul jetzt die Reise oder #00:33:30-3#

Befragter: Nein, also als wir hier nach Deutschland entschieden haben. Die Reise ist, es ist,

was ich erlebt habe, das ist schon etwas. Also von bombardieren, Angriffe, Luftangriffe, Leu-

te sterben vor mir, viele Sachen habe ich erlebt schon. Aber diese Reise, was war wirklich

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etwas anderes. War (kurze Pause) war keine Ahnung, ich hatte das Gefühl, dass ich einfach

(..) ein anderes Leben betreten habe. Eine andere (...) andere, anderes, andere Welt, weißt du,

wie wenn man diese Reise von diese, diese Filme von Hollywood, einfach neue Welt also

besuchen, das hatte ich wirklich. Warum, weil ich unsicher total die ganze Zeit von, von vor-

ne bis ich nach also München gewesen bin, hatte ich das unsicher Gefühl, weil (kurze Pause)

dann haben wir entschieden, dann haben wir mit Schmuggler geredet und dann diese, diese

Schlauchboot, das war so am Schlimmsten und das war so Mitternacht (..) und normaler Wei-

se dauert zwischen, also durchschnittlich also drei Stunden diese Reise, zwei, drei, manche sie

haben das mit sechs Stunden geschafft, manche mit eine Stunde (kurze Pause) die wollten das

eigentlich den Tag vorher machen, aber das hat, keine Ahnung, die Polizei ist gekommen, wir

sind ein bisschen also in die (unverständlich) Jungle, also (..) versteckt also (kurze Pause)

dann, den nächsten Tag, nachher, also Nacht, dann war das besser, die Atmosphäre besser um

das zu machen. Die Meer, das Meer war nicht so (..) war stabil, es gibt keine Welle oder so

(kurze Pause) also das Wetter war gut auch. Und dann sind wir mehr als, mehr als 45 Perso-

nen auf ein Schlauchboot, der für, keine Ahnung, neun Personen geeignet ist, wirklich. (..)

Aber in der Mitte von der Reise war ich, also ich, ich liebe Meer. Mein Meer, also (kurze

Pause) als ich in Syrien war, hatte ich mit meinem Auto immer, ich bin immer mit meinem

Auto also gefahren nach Meer, also zum Meer, also so entfernt, so eine Stunde oder so, bin

ich, mich wirklich so, ich hab genug, wenn ich so, also müde und gestresst und so genervt von

dem Leben, bin ich hingegangen, am Meer gesessen und einfach alles sauber machen, ge-

macht habe, alles meine Gedanken, meine (kurze Pause) was ich fürchte, was ich nicht mag,

ist einfach verschwunden. (...) Am Anfang war’s so ein bisschen schwierig als ich diese

Schlauchboot also eingetreten habe, aber in der Mitte von die Reise, alle, manche sie haben

geweint, manche sie haben, keine Ahnung, aber ich hatte das Gefühl, dass ich (..) dass ich, ich

mag das, keine Ahnung, ehrlich gesagt ich versteh’ das nicht. Ich habe einfach, der Mond hat,

es ist Vollmond gewesen und ich habe ein bisschen mit dem Wasser, obwohl unser Schlauch-

boot ist die Hälfte von ihm, also bis Hälfte, die Mitte von ihm einfach Wasser, also nicht von

drinnen, von draußen, weißt du, der Schlauch ist so hoch und die Mitte ist schon im Wasser,

weil es so viel Gewicht gibt. Dann haben wir mit Wasser gespielt und überhaupt, ja, natürlich

es gibt den tiefen Gedanken, dass ich vielleicht sterbe, aber als ich das gedacht habe, ok und

wenn ich sterbe, ok. Und dann würde ich mit dem Meer eine eigene Leben weise, keine, keine

Ahnung, diese, diese, diese Angst, habe ich einfach vergessen, ich glaube das war ein gift von

Gott, ein Geschenk, weil ein Gift ist ein andere Geschichte, weil die Deutsche, die Gift ist

eine also etwas Gefährliches (Lachen) ein Geschenk von Gott, hat mich beruhigt und er

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macht, damit ich das atmen kann. Und danach nach einer Stunde wir haben das geschafft, in

Griechenland gelandet und die andere Reise hat angefangen, wir sind so lange manchmal,

also wir sind so lange gelaufen, wirklich. Wir waren eine, eine Insel, heißt Mytetili (kurze

Pause) genau und diese Insel, man muss von unserer Seit bis die, keine Ahnung, bis die Hal-

testelle von einen Bus oder wie ein Haupt, wie eine Stadt, in der Mitte, wir sind so mehr als

fünf Stunden gelaufen. Wir waren schon so erschöpft, wir waren, keine Ahnung (kurze Pause)

ein bisschen sind wir, wir waren so gestresst. Die erste Stunde war ok, weil die war so glück-

lich, wegen, weil wir das geschafft haben, aber nachher, oh Gott (Lachen) es gab Leute, sie

haben uns geholfen, von Deutschland, von Amerika und von Frankreich, sie sind mit dem

(kurze Pause) also ehrenamtlich, sie sind hingegangen, Studenten, keine Ahnung und (kurze

Pause) sie haben ein bisschen, was Essen, ein bisschen Essen, ein bisschen Trinken, einige

Getränke mit geholt, sie haben alles uns gegeben. Und das finde ich wirklich, dann habe ich

wirklich, bei uns, wir hatten diesen Überblick, dass, dass die europäische Länder, sie sind,

guck mal, wir haben, dass sie, sie haben, ich glaube, das war also mein Eindruck, dass die

europäischen Länder, sie trinken nur also Alkohol, insbesondere Deutschland, also so viel

Bier, ich weiß nicht, also anders, also mein Onkel war hier, ja, genau, die Sache mit Maschi-

ne, also mit, die Deutsche sind Vorreiter mit dem Maschinenbau, Aufbau und so und ich

dachte, die Leute, sie trinken abends und morgens sie arbeiten (Lachen). Außer das habe ich

nichts, wirklich (Lachen) genau, also habe ich nichts anderes gedacht. Aber als ich die Leute

kennen gelernt und als ich diese, ich hab sogar zwei Deutsche also kennen gelernt in Grie-

chenland und auch in Griechenland in zwei Städte, Thessaloniki und andere Stadt und er mich

so viel geholfen. Das Problem ist, die Griechen sind reden nicht alle Englisch und die meisten

sie wollen nicht Englisch reden. Als wir etwas also kaufen wollen, wollten, als wir etwas,

keine Ahnung, etwas, uns informieren wollten, das hat nicht geklappt, keine Ahnung. Und die

andere, es ist wirklich andere Sprache, wie eine lateinische Sprache, es ist, was, das (Lachen)

kann man nicht lesen, was ist das denn (kurze Pause) also ich kann das nicht buchstabieren,

ich kann nichts machen. Und dann habe ich, nach Thessaloniki, also erstmal die waren in ei-

nem Camp, so einem Zelt, wir sind so ein Zelt, haben ein bisschen eine Nachtung, um ein

offiziell Papier von die Griechen zu bekommen, damit wir weiter also gehen können. Und

dann, wir sind die zwei Nächte geblieben und diese Zwischenmitte war so, ich, Meer, wieder

Meer, es taucht immer in meinen Gedanken auf, weil es gab so nebenbei, es gab so, so blau

Meer, so blau Wasser, also es hat mir verrückt gemacht (kurze Pause). Einfach hab’ ich dieses

Wasser, hab’ ich die andere also gesagt, wir haben geschwommen, wir sind geschwommen

und so, das war wirklich, wieder mit Wasser, wieder mit Kälte zu haben, war so sommerliche

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Tagen (..) und dann, aber die Hauptsache, die ganze Geschichte, ich wusste, dass das so dau-

ert, das so lange Laufen mussten, so lange darunter zu leiden mit viele Geschichten, aber (..)

als wir haben das geschafft, diese Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien, aber dort

(kurze Pause) die mazedonische Armee war so nett, keine Ahnung. Es gab so Kinder, ich hat-

te gerade Gedanken, Gedanken, das ich einfach kein Kind bin oder kein alter Senior, weil,

weil die arme, die beide, so zwei Seiten von Alter, es ist so schwierig, die beiden sie haben

keine Macht, um sich zu, zu, ein bisschen zu laufen, ohne die andere zu helfen. Und die ande-

re, wir mussten nochmal ein bisschen warten, es hat ein bisschen geregnet. Dann mussten wir

nochmal bis abends warten und sie haben uns also, also verlassen, um die Grenze zu überque-

ren, wir sind einfach gelaufen, es gab keine also Straßen, das wir folgen können, wir sind, wir

sind also durch Weingarten und so, keine Ahnung, einfach so gelaufen (..) und es war so

schlimm, weil (kurze Pause) oh Gott, so dunkel war es, dunkel und die Leute waren so (kurze

Pause) ich hatte das Gefühl, dass ich diese, der, der Untergang der Welt, wenn jemand sagt:

‚Ich nur, ich nur‘, weißt du? Und die Leute sind gelaufen, wir sind so zwei Stunden gelaufen

ohne eine, eine Weg zu folgen (..) irgendwie hat, wir haben das geschafft mit diesen, mit dem

Hauptbahnhof von einem (..) Bahn, von einem Zug und so, wir sind auch so geblieben bis es,

um die offiziell Ding, Papier zu haben und dann kommt die Zug, als der Zug also gekommen

ist (..) wir mussten wirklich, es gab so viele Menschen, ich musste also stehen bleiben, so

ungefähr vier Stunden oder fünf Stunden, stehen bis ich, wirklich es gab so viele Menschen

miteinander, also alle sie sind, egal auch welche Nationalität sie sind, aber es war so ein

schlechtes Gefühl, weil ich war so müde schon, wollte nur schlafen, aber das hat nicht funkti-

oniert. Dann am, wir haben, haben wir also die Grenze von Serbien also gelandet, weil das

war also auch ehrenamtliche Sachen, die Leute haben einfach Brot und Wasser also gelassen,

das finde ich wirklich wie, ich hatte das Gefühl, dass ich in eine Wüste war und dass ich, je-

mand mir ein Wasser geschenkt hat. Das war wirklich gut. Wir sind so lange auch gelaufen

(Lachen) die ganze Geschichte ist mit Laufen, oh Gott, wir sind so viel, also noch mal halb

Tage, so eineinhalb Tage so gelaufen, also keine Ahnung, Wälder, keine Ahnung, viele Men-

schen auf diese Strecke, weißt du, es gibt Menschen vor mir, so, es gab so vielen Menschen,

oh Gott (kurze Pause) dann was machen wir, ich hab in die Mitte von die ganze Geschichte,

was machen wir, warum eigentlich. Dann habe ich also (kurze Pause) als ich so kurz geschla-

fen habe, ich habe immer so ein Traum, Träume von meiner Heimat gehabt, von meiner alten,

also vor dem Krieg, vor dem alles, dann, oh Gott, ich habe noch nie so, an so etwas gedacht,

dass ich so etwas erleben muss, in diese Zeiten (kurze Pause) keine Ahnung, dass ich meine

Heimat verlassen ohne alles, überhaupt keine Ahnung zu haben, dass ich so durch Wälder zu

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laufen, durch, mit komische Sprache zu kommunizieren (Lachen) und jede Land hat seine

eigene Sprache, also das hat uns nicht geholfen, keine Ahnung, manche, Serbia und da die

Leute reden so überhaupt nicht Englisch, außer Belgrad, die Hauptstadt (...) und dann wir

waren in Serbia, Serbia war so am Schlimmsten, die, also, weil ich offiziell das machen woll-

te, dass ich, ich hatte Angst immer vorm Schmuggler und das jemand uns in der Mitte von

dem Wald oder Straße so anhaltet und sagt, ok, aufhaltet, keine offizielle Papier, dann du

musst in Gefängnis, keine Ahnung. Dann hatte ich mir entschieden, dass ich ganz offiziell

bleibe (kurze Pause) mit die Gruppe, mit die Gruppe, der ich mit gekommen bin (kurze Pau-

se) und wir waren irgendwo, wir mussten in ein Camp bleiben, so ein Camp, das war über-

haupt nicht so, so heiß, die Hitze, das war unglaublich. Es gab keine, wir mussten wirklich auf

dem Matsch sitzen bis, keine Ahnung, die Polizei sagt, ok komm, also es gab so eine Schlan-

ge davor, so zwei Tage geblieben, auf dem Matsch geschlafen (kurze Pause) das war, keine

Dusche, keine Ahnung (Lachen) das war wirklich ein anderes Leben. Also wir sind in Europa

jetzt, wir sollten, kein Ahnung, weißt du, dass man, ja, also es gab die (...) ja, die Europäer sie

leben im Wohl, sie leben so gut, aber Serbien ist schon, also nicht so weit weg von Europa.

Dann hatte mich, also ich war ein bisschen enttäuscht. Wenn wir also keine, mindestens keine

Dusche haben, so (..) dann diese Nacht, diese zwei Tage sind gegangen, dann haben wir, sind

auch einen Zug genommen nach Belgrad. Belgrad war jetzt wirklich eine schöne Stadt, weil

ich wirklich so viele Menschen kennengelernt, die aus, es gab so viele Menschen aus andere

Länder, aus Russland, aus keine Ahnung und ich hab’ ein paar Freunde getroffen, sie wollten,

dass ich bei denen also übernachten, aber die waren so zu 15 Personen, eine Gruppe und ich

wollte die, die Gruppe nicht verlassen, wir haben keine Hotel gefunden, dann hatten wir auf

eine, auf dem Boden geschlafen (..) oh Gott (Lachen) wieder diese Boden, ich glaube, wenn

man, man muss nicht so viel an die Zukunft denken, wirklich, man muss ein bisschen, weil

wenn kommt etwas anderes, dann enttäuscht man, wird man sich enttäuscht. (...) Oh Gott,

dann nächste Tag haben wir etwas, ein Hotel gefunden, haben wir geduscht, war, ich hab’

eine lange Dusche gehabt von einer Stunde, niemand kommt rein, ich will die ganze Dusche

haben (Lachen) so eine Stunde wirklich, ich war so dreckig und oh Gott, oh Gott (Lachen)

unglaublich und dann nachher ich habe das neue Gefühl gehabt, aber das war blöd von mir

(kurze Pause) andere Gruppe sie haben entschieden, sich entschieden, dass sie einfach ohne

Schmuggler die Grenze also überqueren. Aber das Problem, ich hatte diese Schmuggler ge-

habt und ich habe ihm 1500€ bezahlt, also 1500€ bezahlt. Die Leute, die nicht gewartet haben

auf diesen Schmuggler, sie sind schon viel weiter, sie waren schon in Wien, sie haben nur

400€ bezahlt, wegen die Taxi und so (kurze Pause) und ich warte noch in, in Belgrad mit dem

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scheiß Gefühl, das ich, keine Ahnung, das ich das nicht schaffen kann, das ich sterbe, keine

Ahnung (..) und dann kommt die Schmuggler, er hat das irgendwie entschieden, dass wir ein-

fach (kurze Pause) und wir waren einfach an der Grenzen von Belgrad, zwischen Belgrad und

Ungarn, Ungarn, in einem Wald. Es gab so, keine Ahnung, so verschiedene Menschen, es gab

die Leute mit Schwerte, es gab Leute (kurze Pause) sie sind Flüchtlinge auch, aber keine Ah-

nung welche Nationalität, ich will keine Nationalität sagen (kurze Pause) aber ich, sie, also in

Syrien, tut mir leid, ich, ich, ich also ich vergleiche mit oder die anderen, also meine Heimat,

mit andere Heimat anderer Länder nicht (kurze Pause) aber ich würde sagen, die waren alle

nicht, sind gleich. Ich glaube, weil wir ganz frisch sind, weil sie unsere Krieg, diese Krieg

neulich angefangen hat, wir waren ganz wie Deutsche, also ganz normal, also, weißt du, wir

haben keine schlimmen Gedanken, keine (kurze Pause) wir sind normale Menschen, die lie-

ben, die, die keine schlechten Gedanken haben. Aber ich glaube, andere Länder, die schon

seit Jahren also Krieg hatten, ehrlich gesagt, sie haben keine Angst, sie waren, keine Ahnung,

ein bisschen kriminell Gedanken mehr als, keine Ahnung und dann mussten wir in die eine

Haus, oh Gott, es war voll von Menschen (kurze Pause) Flüchtlingen, aber die andere drau-

ßen, die andere Leute, sie wohnen, sie wohnen da. Keine Ahnung woher kommen sie, ich

sage nichts, aber (kurze Pause) sie haben Schwerte, sie haben so, also Messer, sie haben, stell

dir vor, also erst habe ich kein Bock drauf, dass ich einfach in diesem Land bin und dann die

andere Seite, dann die Leute keine Ahnung was sie machen wollen mit uns. Auf jeden Fall

(kurze Pause) genau, aber diese Zwischenzeit hatte ich nur etwas, also 30€ in meinem Geld-

beutel. So alle waren so hungrig und so (..) ich wollte mit einem Freund zu einem (unver-

ständlich), so halb zwölf hingehen so (kurze Pause) etwas zu kaufen, wir hatten geduscht und

Hunger, ich kann nicht glauben was ich, dass ich das erlebt nochmal habe, dass ich das erle-

ben musste. Und dann bin ich in die Innenstadt hingegangen mit einem Freund und auch die

Polizei (kurze Pause) die Polizei, sie waren, keine Ahnung, sie haben unsere, also diese offi-

ziell Papier von uns gesehen, aber sie meinten: ‚Nein‘, also weil also Fristzeit ist schon abge-

laufen, aber das stimmt nicht und die, und die sollten mit uns zu Gefängnis gehen und dort so,

keine Ahnung, entweder Geld bezahlen oder einfach dort bleiben. Dann, dann hat diese also

Horror angefangen, die beide, ich hatte, ich wollte das einfach weg rennen, aber keine Ah-

nung, sie waren so große Menschen (kurze Pause) und das, ich habe erst, ich denke immer, es

wird schlimmer, wenn ich das mache (kurze Pause) die scheiß, die blöde zwei Männer sie

haben uns, auf uns gewartet von dem, also ich hatte 30€, ich wollte das wechseln, diese Wäh-

rung, ich kann nicht mit Euro bezahlen, dann habe ich in diese Automat, nicht Automat, es

gab eine Frau, sie wechselt das (Lachen). Sie warten auf uns in, an der Ecke, sie wussten, dass

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niemand kommt und (kurze Pause) um ihn zu haben, zu verhaften, wirklich. Habe ich das

gewechselt und wir sind raus, sie haben (unverständlich) ok, sie haben mit uns geredet, setzt

euch (kurze Pause) und so bla, bla, bla mit Gefängnis Sachen (kurze Pause) keine Ahnung,

ich hatte das Gefühl, das man diese Leute bestechen kann, wirklich. Dann habe ich mir über-

legt, ich hab’ gesagt, also sie konnten Englisch, Gottseidank, dann habe ich gesagt, ok, ich

habe so, keine Ahnung, wieviel Währung in Serbien, aber ich habe so etwas 25€ (kurze Pau-

se) und mein Freund auch und ihr beide könntet das nehmen und wir können einfach (kurze

Pause) niemand hat uns gesehen, ok. Er hat die Idee gemocht einfach, wirklich. Ich hatte das

Gefühl, das ich in Syrien war oder so (Lachen) wirklich, wir machen das immer in Syrien

(Lachen). Und dann habe ich ihm die 50€ also gegeben und er war so glücklich, ‚Hau ab, hau

ab!‘, aber die scheiße Ding, diese Geld war, ich hatte nur das Geld um Essen zu kaufen (kurze

Pause) wir hatten nichts, ich dachte, ok, wir schaffen das. Aber in diese Nacht wir mussten so

um fünf Uhr losgehen und dann mussten wir so eineinhalb Tag im Wald bleiben ohne nichts,

nehmen das Essen und wir essen das in die Wälder, wie auf der Grenze auf (unverständlich)

und das war, wir hatten nichts, ich hatte riesen Hunger, ich konnte wirklich so Grass von dem

Boden essen, unglaublich. Und ich hab’ mit den zwei Polizisten so die ganze Strecke ge-

schimpft, was, wie macht man so etwas. Das ist einfach, ja also (kurze Pause) ja, keine Ah-

nung. Also nicht essen, das Geld für Essen war, nicht für etwas anderes, nicht, keine Ahnung,

das ich in einem Hotel wäre oder so. Und dann müssen wir diese zwei Nächte so durcheinan-

der, ich war so, ich und meine Freunde, meine Freunde und ich waren so total, wir hatten

Wasser schon, aber (kurze Pause) anderes nichts. Oh Gott, aber das hat mir beigebracht, dass

wirklich man sollte immer ‚Gottseidank‘ sagen, weil man kennt das Gefühl nie, dass man

einfach nichts zu haben wieder. Deswegen Ramadan, ich mache Ramadan sehr gerne, weil die

Hauptsache von Ramadan, das man einfach die Leute in Armut sind, es gibt Leute, sie können

nichts essen, keine Ahnung von welchen Ländern, die nicht auf dem Fastenbrechen zu abends

zu warten, sondern sie können drei Tage ohne Essen bleiben oder so, das ist die Hauptsache.

(...) Genau, dann sind wir mit die Schmuggler durch die Wälder, keine Ahnung, das weißt du

schon, durch die Nacht, haben wir so Obst gesehen, etwas von Aprikose oder so, aber sie wa-

ren schon weg, aber es gab welche auf dem Boden, sie waren ein bisschen, der hat sich ge-

schimmelt, aber die, ich hab’ die Hälfte also geschnitten, also, also gewaschen, es gab Wasser

(..) ein bisschen gegessen, das war gut. Und dieser Schmuggler, hast du die Geschichte von 70

Personen, sie sind in einem also LKW gestorben? #00:57:29-5#

Interviewerin: Ja, hab’ ich gehört. In Österreich. #00:57:31-2#

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Befragter: Ja, genau, in Österreich. Wir hatten die gleiche Strecke. Mit kleinem, kleinem Au-

to. Wirklich, die gleiche. #00:57:38-8#

Interviewerin: Und es war danach, nach dem Unfall? #00:57:41-3#

Befragter: Nee, davor. Davor, dann als ich, ich war in Mannheim, glaube ich. (..) Ich war in

Mannheim, glaube ich, als ich das gehört habe, dann habe ich ‚Oh mein Gott‘, das konnte mir

passieren. #00:57:55-4#

Interviewerin: Ja, das ist ganz furchtbar, ja. #00:57:57-4#

Befragter: Genau, oh Gott. (..) Und dann hatte der Schmuggler einfach uns auf dem, der erste

Punkt von Österreich gelassen und weggerannt. Und als die österreichische Polizei gekom-

men ist: ‚Wo sind wir?‘. Also wir wussten überhaupt nichts, von wo wir sind, welche Polizei

sind da, ich dachte am Anfang, dass sie die ungarische Polizei und es war schlimm, weil Un-

garn, sie zwingen die Menschen, sie behandeln die Menschen nicht so gut und sie zwingen

die Menschen, das sie ihre Fingerabdrücke abgeben und so und mit Dublin so dieses An-

kommen, Abkommen, das man muss in die erste europäische Länder zurückgehen, wo er sei-

ne Finger bringt, es abgegeben hat. Genau, dann hat, aber das war scheiße für mich, ich habe

so viel Geld ausgegeben und auch diese Zeit also verbracht und das nicht, also ich habe keine

Fingerabdruck in andere Länder und guck mal bis heute habe ich keine Bescheid, aber die

Leute, sie haben schon Fingerprint, sie haben schon, keine Ahnung, andere Aufenthalt gege-

ben, andere, also europäische Länder, sie haben schon diese Bescheid von BAMF. Ja, auf

jeden Fall (..) #00:59:19-1#

Interviewerin: Vielleicht kannst du mal, wenn (kurze Pause) du hast erzählt von der Gruppe,

von der Gruppe erzählen mit der du unterwegs warst? Da warst du ja dann ohne deine Familie

und zum Beispiel, du hast erwähnt, dass du einen Freund mit dem du dann festgenommen

wurdest in Syrien und dann eine andere Gruppe, die ohne Schmuggler, was war das für eine

Gruppe? Oder was wart ihr für eine Gruppe? #00:59:39-0#

Befragter: Also die Gruppe, sie waren auch Syrer. Also es gab eine riesige Gruppe, aber die

Hauptsache, die Gruppe, die waren zusammen so 15 Personen aus Syrien, verschiedene Städ-

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te. Wir haben uns also bei dem ersten Schmuggler in der Türkei kennengelernt und wir haben

uns entschieden, dass wir einfach weiter machen wollen (kurze Pause) aber die anderen, ja,

das war die Gruppe. Manche sie haben entschieden, dann die Hälfte, sie haben entschieden,

dass sie einfach auch zu einen Schmuggler in Belgrad gehen wollen und die, ich war mit die

andere Hälfte, das ich mit Schmuggler weiter, ich wollte keine Fingerabdrücke. #01:00:17-2#

Interviewerin: Und kanntet ihr euch untereinander? Also #01:00:21-3#

Befragter: Ich kannte nur zwei Freunde und die andere nicht, aber es ist genug das sie so sind,

aus Syrien, das reicht. Aber die Sprache war sehr schön, arabisch miteinander zu kommuni-

zieren, miteinander zu vertrauen. (..) Ja, genau. #01:00:40-5#

Interviewerin: Und, wann genau bist du denn nach Deutschland gekommen? Oder wie ist

dann alles Weitere also, ab dem Moment, das du in Österreich warst, wie ist es dann weiter

gegangen? #01:00:51-0#

Befragter: Dann in Österreich, sie haben, die Rote Kreuz, sie haben uns genommen, ein biss-

chen was Essen gegeben und so ein paar Sachen (..) und dann haben wir, von Wien, also hatte

ich den Zug nach München genommen (Lachen) und dann hatte ich entschieden, ich hab’

einen Freund gefragt, das ich, welche Stadt ist die beste Stadt für Asylverfahren so schnell zu

kriegen, er meinte Karlsruhe. Und ich hasse den Freund, weil Karlsruhe ist die am Schlimms-

ten, die, die geht so langsam mit dem Asylverfahrending (kurze Pause) und dann bin ich nach

Karlsruhe gegangen, ich bin, ich war so, das war so bescheuerte also Idee von mir, hab’ mich

also und ich hatte das Gefühl, das ich, das ich, ich hab’ Angst von die Polizei, das sie mich

fest, verhaften wollte. Aber in Karlsruhe, ich wollte, ich hab’ einen Polizist gerufen und mein-

te: ‚Hey, ich bin Asyl‘. Ich hab’ ein paar Worte gelernt, so Asyl und so (kurze Pause) ‚Kannst

du mir helfen?‘, so etwas, er meinte: ‚Geh, geh, geh weg! Du kannst irgendwo gehen‚ diese

Asylcamp bitte ich helfe dir nie.‘ ‚Was?!‘ Wirklich, in Karlsruhe. Ich habe die ganze Nacht,

diese ganze 20 Tage von Polizei Angst gehabt (kurze Pause) und als ich das, mich bei Polizei

also (..) also, also, also mich erkundigen will oder mich informieren will, die ‚Geh, geh weg!‘.

Ich dachte, was ist los mit Polizisten, ich möchte in meine Heimat gehen, nichts schlimmer als

hier. Geh weg, wirklich. Dann habe ich eine andere Frau gefragt und sie wusste wo ist diese

Adresse von, von diese Camp von Flüchtlingen, diese Hauptcamp in Karlsruhe. Bin ich hin-

gefahren, dann registriert und so ein paar Sachen und dann sind wir so eine Nacht geschlafen

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dort und dann die haben sich entschieden, dass wir einfach nach Mannheim gehen sollen. Wir

sind hingegangen, von Mannheim ich bin dort so 20 Tage geblieben (Lachen) und dann, wer

so eine, also so, wenn man von einer Stadt zu anderen über, wie heißt das, also wir waren in

Mannheim und die Leute, die sind so, die dort so lange geblieben sind (..) die bekommen an-

dere Möglichkeit, das sie nach andere Städte gehen können. Nicht von sich selber, sonder die

Stadt entschiedet das. Aber nach so 15 Tagen habe ich, die Stadt hat entschieden, dass ich

nach so Hochschwarzwald gehen muss. Und dann habe ich gedacht, oh, ich war ein bisschen

glücklich am Anfang (Lachen) aber dann hatte ich erfahren, dass ein Freund, hat gesagt, dass

es die Schwarzwald ist im so etwas, Schwarzwald und dann, oh Gott, wir sind verloren (La-

chen) und dann sie haben uns nach Eschbach geschickt. Eschbach ist ein kleines Dort, also

(kurze Pause) ungefähr so 40 Kilometer oder 30 Kilometer von Freiburg, aber Mitte von nir-

gendwas. Also es ist eigentlich neben von dem Dorf Eschbach, aber es ist nicht in Eschbach,

sondern noch ein, zwei Kilometer entfernt von Eschbach. Und das war wirklich so schlimm.

In Mannheim wir waren fast in Mitte der Stadt, es war so ein Gebäude, es hatte ein bisschen,

man hatte ein bisschen Ruhe gehabt und so. Aber in Eschbach, da waren Container und ich

war so schockiert, ich war so überrascht, ok, das ist ok. Dem schlimmsten war so schwierig,

weil die Klo und so die waren draußen und wir sind andere und die Küche, wir durften nicht

essen, sie haben uns die, das Essen gebracht (Lachen) sie haben uns kein Geld gegeben, über-

haupt nichts (kurze Pause) also dann, dann wir haben ein bisschen, nach so drei Monaten, ein

bisschen so protestiert, es gab so viele Menschen noch, dann haben wir Demonstration ge-

macht in Freiburg (Lachen) das war auch gut. Wir haben mit dem Beamten in Landesamt ge-

redet, wir haben das geregelt, dass wir zu einem anderem Camp nebenbei also umziehen kön-

nen. Das hat geklappt. Die anderen, das neue Camp ist gut, ist gut eingerichtet und alles ist

drinnen. Mit Winter es ist lieber so als, keine Ahnung, durch den Matsch und so zu laufen.

Dann (kurze Pause) war ok, dann ich habe mit einem Beamten geredet, ich wollte irgendwo

näher nach Freiburg zu kommen (kurze Pause) ohne diese Bescheid von BAMF, also Haupt-

sache, vorher ich konnte also umziehen und sie können das gerne bezahlen, aber das Problem

ich wollte eigentlich in Freiburg. Ich (..) so Ende September oder so habe ich mich entschie-

den, dass ich die Sprache lernen muss. Ohne Sprache kein Menschen. Meine erste Wort war

Baum, Baum (Lachen) habe ich das gelernt und dann habe ich also (kurze Pause) bin ich im-

mer mit dem Fahrrad gefahren nach Heiterstheim, so etwas 30 Minuten und dann von Hei-

tersheim nach Freiburg, das hat wirklich eine Weile gedauert, jeden Tag hin und her. Auf je-

den Fall und dann habe ich jemanden getroffen an der Uni, eine Freundin und dann sie mein-

te, dass es gibt so Kurse, die Leute also sie sind Studenten und sie machen das gerne für

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Flüchtlinge, jede zwei Tage so ein bisschen Unterricht, also Hauptsache von Wort und so bei-

zubringen und so. Ich bin so oft so einen Monat hingegangen, ein bisschen gelernt (kurze

Pause) das war gut. Am Anfang war hier also gut und das ist es schwierig geworden (Lachen)

jede Essay es waren so viele Worte, so viele Vokabeln, so viel Grammatik, so neue Sprache

und das ist nebenbei mit dem Stress mit der Sprache, nebenbei, also Winter hat angefangen,

oh Gott (Lachen) und dann, irgendwie habe ich, habe ich mich bei Goethe Institut also mich

beworben und nach so zwei Wochen habe ich eine Bescheid gehabt, das ich akzeptiert wird,

dass ich ein Stipendium in, Stipendium in Goethe Institut gehabt. Und das war perfekt, wirk-

lich. Weil die Leute, die ohne Status, ohne Bescheid von BAMF gehabt, sie durften nicht, also

wer finanziert das, dass sie einfach in einen Sprachkurs reingehen können. So, deswegen habe

ich, das war Glück gehabt, habe ich angefangen. Goethe Institut ist ein perfektes Institut für

Sprache, es ist so schwierig, so hart, wirklich. Habe ich A2, A1 gemacht, Zertifikat gehabt

und ich hatte noch ein Stipendium für B1. Sie haben von jedem, also jede Klasse eine be-

stimmte Zahle von Studenten, also die Teilnehmer genommen, die gut waren. Ich fand einige

von denen, aber das Problem, nicht Problem, doch das war Problem, keine Ahnung, unter-

schiedlich. Auf jeden Fall ich hatte diese andere Stipendium, ich hatte eine Kurs, Uni Frei-

burg hat angefangen (kurze Pause) diese Angebot für Geflüchtete (kurze Pause) also mit (kur-

ze Pause) sie wollen studieren und so, habe ich mich beworben, einen Test gemacht, bestan-

den und habe ich die zweite Möglichkeit, entweder im Goethe Institut zu bleiben und auch an

der Uni Freiburg. Dann habe ich gesagt, Uni ist Hauptsache, ich meine, meine Richtung. Ich

hab’ die erste also, also Angebot abgelehnt. Habe ich die andere also genommen, das war gut.

Die ersten vier Monate waren gut, ich habe viel gelernt, eigentlich musste man, ich war der

einzige oder so, der mit A2 angefangen hat. Aber der, der Niveau, das Niveau von Goethe

Institut ist glaube A2 ist schon B1 für andere Sprachinstitute, im Vergleich mit Volkshoch-

schule oder (kurze Pause) mit IOA oder so. So, die anderen waren schon B1, ich war die ein-

zige mit A2, habe ich angefangen. Es gab zwei Teile, Gruppen. Gruppe von [Jan] und Grup-

pe, meine Gruppe. Die Gruppe von [Jan] sie waren, sie haben A2 angefangen, aber sie haben,

keine Ahnung, Corinna (unverständlich), die Direktorin oder die Chefin, sie hat entschieden,

dass ich, ich bin gut mit B1 anzufangen. Habe ich angefangen, die ersten drei Monate waren

gut, die, die, die, ich war begeistert, die Lehrerin war begeistert, war richtige gute Lehrerin

und Lehrer. Dann hat angefangen, ich war, hatte, keine Ahnung, die Situation mit dem, alle

hatten diesen Bescheid bekommen, ich nicht, das hatte mich frustriert, frustrierter gemacht

noch. Also je länger frustrierter wurde ich. Und diese Zwischenzeit habe ich, also habe ich

mit Leute geredet und bin ich nach Gundelfingen umgezogen. Mit dem Hoffnung, mit der

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Hoffnung, das ich irgendwie nach Freiburg kommen kann, nach einer Wohnung, so eine

Wohnung, also umziehen kann. So, wieder Ruhe, wieder ganz normal, normaler Mensch zu

fühlen. Aber das hat nicht geklappt und (...) mit dem, mit dem Laufen der Zeit (..) dann hatte

andere Lehrer, so verschiedene Lehrer sich gewechselt, sich getauscht und dann hat mich das

irritiert und dann hatte ich nicht so viel Lust auf Lernen auf jeden Fall (kurze Pause) und wie-

der an der B2 Niveau war alles ok und dann habe ich wieder angefangen zu lernen, weil dann

eine gute Lehrerin gekommen ist. Und dann (..) bis C1 wir haben das geschafft. Ich (kurze

Pause) ich hatte dieses Zertifikat von C1 mit 2,3 (kurze Pause) und ich habe diese DSH Prü-

fung, diese deutsch Muttersprache abgelegt und nicht geschafft, die erste Mal und die zweite

Mal (kurze Pause) ich könnte DSH 1 bekommen, aber fehlt mir so ein Punkt. Und jetzt, also

ich überlege mir, dass ich vielleicht einfach Medizin studieren will. Weil eigentlich, ich will

gerne in Freiburg bleiben. Tut mir leid für die Deutschen, wenn sie also wechseln wollen, also

einfach zwischen Städte, es ist schon ok so, so gut, aber für mich, ich kenne so viele Men-

schen hier, ich hab‘ so viel Bekanntschaft, so, so viele, ich kenne die Stadt sehr gut, ich werde

nicht lieber in diese Zeit nochmal umziehen, lieber nicht. Später ich, ich mag so gerne Städte

besichtigen und so, so viele Möglichkeiten zu, neu etwas zu erleben, aber nicht zu sein. Und

sowieso darf ich nicht mit alle diese Sachen, aber wenn ich diesen Platz an der Uni kriege,

dann darf ich. So, ich habe mich entschieden endlich, weil ich mit eine (kurze Pause) mit ei-

nem Ärztin, also mit einem Arzt geredet habe, der, der arbeitet in der Schweiz und er macht

so bestimmte (..) also er ist Chirurg, wie heißt das, er macht das mit einer bestimmten Machi-

ne, mit also er arbeitet nicht so viel mit Blut und er meinte zu mir, also [Ali] bitte, also es gibt

kein Arzt, der Blut mag, natürlich (unverständlich) stell dir vor, dass ein Mensch Blut mag.

Weißt du, das ist meine Hauptsache, weil ich hasste Blut und ich kann nicht so ertragen (..) so

dann er meinte, es gibt so viele Richtungen von so Spezialität von, von, wenn du nach dem

Studium, du kannst viele machen, nicht so viel mit Blut zu tun hast, aber wie keine Ahnung,

es gibt andere bestimmte Richtungen. Doch so etwas, ich mag so gerne, dass ich die Leute

helfen und dann habe ich mir überlegt, ich habe schon bei unsere Rote Kreuz in Syrien zwei

Jahre ehrenamtlich gehabt, gemacht. Ich mag das sehr gerne, ich habe das gemocht. Und ich

glaube, wenn ich das schaffen kann, wenn ich diese, ich würde mich so in paar bewerben und

wenn ich das schaffe, dann würde ich gerne hier in Freiburg bleiben. #01:15:13-2#

Interviewerin: Dann wünsche ich dir viel Glück, ich drück’ die Daumen. #01:15:14-1#

Befragter: Danke (Lachen) #01:15:15-3#

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Interviewerin: Jetzt schon für das nächste Wintersemester oder wann? #01:15:17-2#

Befragter: Ja, also ich würde für nächste Wintersemester, wenn das klappt, wenn nicht, dann

nächste Jahr. #01:15:22-8#

Interviewerin: Und das heißt, machst du davor jetzt nochmal die DSH Prüfung? #01:15:28-0#

Befragter: Also ich, ich würde mich bewerben und sagen, dass ich im September das, diese

DSH ablegen kann. Wenn sie sagen, dass sie mir einen Platz geben, dann wenn ich DSH

schaffe, dann gehe ich rein und würde ich immatrikuliert, würde ich einen Platz nehmen,

wenn ich nicht, also ich würde einen Platz nehmen, aber das ist abhängig von dem DSH Prü-

fung. Und dann, wenn ich das schaffe, dann kann ich, dann würde ich akzeptiert, wenn nicht,

dann verliere ich meinen Platz, mal schauen. Ich würde mich also bald bewerben und mal

schauen, ich hoffe, das klappt. #01:16:10-1#

Interviewerin: Hast du denn dein, weil du hast erzählt, dass du in Aleppo schon studiert hast,

aber das hast du dann gar nicht zu Ende studieren können, weil dann der Krieg ausgebrochen

ist? #01:16:18-8#

Befragter: Ja, genau, ich hab’ so zwei, fünf Semester also studiert (kurze Pause) irgendwie hat

das nicht geklappt. #01:16:32-6#

Interviewerin: Und (kurze Pause) du hast vorhin noch erzählt von, von einem Freund, der dir

zum Beispiel gesagt hat, es ist gut nach Karlsruhe zu gehen für das Asylverfahren und so und

war das auch ein Freund, den du aus Syrien kanntest oder? #01:16:49-7#

Befragter: Ja, der Freund, der war schon in Dortmund (kurze Pause) also so 2014 und ich hab’

ihm angerufen und er ist so ein, so ein entfernter Verwandte (Lachen) und er meinte mir und

du kannst gerne nach Karlsruhe, ich hab’ gehört Karlsruhe ist am schnellsten. Ich habe, ich

kann mit ihm nicht mehr reden (Lachen). Aber ich glaube, es ist schon ok für mich, also ich

hab’, wenn ich in München wäre, dann würde ich nicht so viele Menschen in Freiburg ken-

nen, weißt du, ich würde nicht kennen lernen, weil da die nicht viele Menschen (unverständ-

lich) also ich würde das nie also ändern. Also dann lieber was, so ist das, das ist schon ok.

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#01:17:36-7#

Interviewerin: Das heißt, du fühlst dich hier wohl? Hast du das Gefühl, dass Freiburg schon

(..) ein Zuhause geworden ist oder dass oder wie würdest du das beschreiben? #01:17:48-2#

Befragter: Also Freiburg, keine Ahnung, als ich in Berlin war so zehn Tage, also ich hatte das

Gefühl, ich vermisse Freiburg, wirklich, ich vermisse, keine Ahnung, ich kenne so viele Rich-

tungen, ich kenne, ich kenne so viele Café, die man so gut gehen kann, ich kann so erzählen

von ein paar Geschichten hier, dass ich einen Freund getroffen habe, eine Freundin getroffen

habe, eine Party gehabt, eine, jemand hat mich hier eingeladen, hier habe ich, keine Ahnung,

gegrillt mit den Freunden neben der Dreisam sehr bald. Aber in Berlin, es war so groß, ich

mochte das nicht. Ja, also ich mag (kurze Pause) lieber ich bin in einem Dorf aufgewachsen,

dann lieber so etwas Dörfliches. Nicht auch große Städte, ja auch zum Besuchen, Tourismus

und so (Lachen) Touristen sind eigentlich so nichts mehr. #01:18:49-6#

Interviewerin: Und vielleicht kannst du mir, das würde mich auch interessieren, ein bisschen

erzählen über die ganzen Leute, die du hier kennst und deine Freunde oder Bekannten hier in

Freiburg, mit wem du sonst noch so im Kontakt bist oder so. #01:19:04-7#

Befragter: Also es gab am, ehrlich gesagt, es gab so eine, eine Projekt, heißt ‚Zusammen es-

sen’ (kurze Pause) und die Deutsche sie haben das, die Freunde, die ich kannte, die haben das

angefangen, dass Deutsche sie laden die Flüchtlinge zum Essen ein und (kurze Pause) dann,

also während des Essen, sie reden miteinander, egal welche Sprache und (kurze Pause) und

mit, damit habe ich viele Menschen kennengelernt und wir haben das zurückgegeben. Wir

haben die Deutsche also eingeladen zum Essen eingeladen und (kurze Pause) durch diese

Ding, diese Projekt habe ich so viele kennengelernt. An der Uni so viele verschiede Veran-

staltungen, habe ich auch viele kennengelernt. Manche waren so sympathisch, manche (kurze

Pause) waren, manche treffe ich bis heute, ich kenne die Leute seit zwei Jahren, das ich hier

gekommen bin, sie sind so sympathisch, sie sind nett und das (kurze Pause) das macht das

Leben hier ist leichter, weißt du. Und mit Menschen zu sein, mit vielen Kontakt zu haben, die

(..) und fast alle, also fast alle die ich kenne, also sind nicht von Freiburg, weißt du, sie haben

das Gefühl ein bisschen sie sind nicht von hier. Das ist schon etwas und zur Zeit ich bin so

(kurze Pause) also älter als die anderen, ich bin nicht mehr Freiburger oder so aber ich bin

hier seit so zwei Jahren oder so, mehr als die anderen, die neuen ankommenden Leute. So, sie

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fragen mich, woher soll ich, es gibt Leute, die sind seit wirklich vier Jahren und ich kenne mir

jetzt mehr aus hier in Freiburg, mehr besondere, bestimmte Cafés, mehr als die anderen.

#01:21:07-2#

Interviewerin: Vielleicht muss ich dich auch mal nach Freiburg Tipps fragen (beide Lachen)

#01:21:08-1#

Befragter: Nein, quatsch, aber ja, ich mag so gerne zu laufen, so Fahrrad zu fahren, das hat

mir geholfen, also ich bin Fahrrad gefahren hier an der Ecke, ich wollte etwas trinken, dann

bin ich so in einem Café gelandet, irgendwo anderes bin ich in so eingeladen, hier wurde ich

(kurze Pause) wir haben Frisbee gespielt, wir haben Fußball gespielt, wir haben geschwom-

men, wir haben, ich habe gearbeitet, genau. #01:21:37-1#

Interviewerin: Und wenn du meinst, die andere, die jetzt auch kommen oder nach dir gekom-

men sind (kurze Pause) woher kommen die alle oder genau #01:21:45-2#

Befragter: Also die Flüchtlinge, meinst du? Also die meisten waren aus Syrien, aber die ande-

ren, viele Teile von, von, von (kurze Pause) Südafrika, es gibt viele, Frauen auch (kurze Pau-

se) aber ich glaube die große Welle war Syrien, also erste 2016, glaube ich. Viele Menschen

sind aus Syrien gekommen. Als sich diese (unverständlich) diese Situation so geplatzt. (kurze

Pause). Es gab so eine falsche (kurze Pause) Darstellung von die Leute (kurze Pause) also ich

bin hierher gekommen, um, um also studieren und so, ehrlich gesagt in Syrien Lebensqualität

so zu suchen. Also in Istanbul hatten wir gutes Lebensqualität, hatten wir unser Haus mit

meine Familie, wir zum Beispiel, ich bin, ich konnte, ich hatte einen Job, aber die Hauptsa-

che, ich habe mir überlegt mit meiner Familie, das ich Studium, es ist die beste in Deutsch-

land. Und das war mein Haupt, mein Hauptidee, dass ich, weil (kurze Pause) deswegen bin

ich hierher gekommen. Aber es gibt Leute, sie sind hierher gekommen und sie sind enttäuscht

zur Zeit. Manche sind zurück, keine Ahnung, in die Türkei gegangen, manche sind geblieben,

manche (kurze Pause). Es gibt Leute sie dachten, es ist einfach das Paradies in der Erde ist

hier. Leute kriegen Geld um zu bearbeiten und keine Ahnung, man sollte, man muss nichts

machen und so und das, das geht nicht. Es ist ein Tag in die Ausländerbehörde zu sein, ist

genug, mehr als reicht (Lachen) mehr als reicht. Ja, genau. Aber die meisten waren aus Syri-

en, glaube ich. #01:23:49-9#

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Interviewerin: Und bist du noch viel im Kontakt oder wie ist der Kontakt zu deiner Familie,

die noch in Istanbul ist oder deiner Schwester in Saudi-Arabien und in Syrien, wie kommuni-

ziert ihr? #01:24:01-9#

Befragter: Also es ist, Gottseidank das es Technologie gibt. Skype, wir skypen immer.

WhatsApp, es gibt immer WhatsApp und Skype. Und wir reden also, wenn sie Zeit haben,

wenn ich Zeit habe, wir skypen, wir sagen Hallo und letztes Mal haben wir zusammen [mein

Freundin] und ich also meine Mutter angerufen (Lachen) Ich war der Übersetzer und [meine

Freundin] kannte ein bisschen, konnte also ein bisschen arabische Wörter, ein bisschen, meine

Mutter hat so viel gelacht. #01:24:38-8#

Interviewerin: Oh schön! War das, das erste Mal, dass ihr zusammen geskypt hattet?

#01:24:42-1#

Befragter: Nee, das war das zweite Mal mit [meiner Freundin]. Und [meine Freundin] sie ist

so schüchtern, weißt du, sie kriegt immer so rote, rote Gesicht (Lachen). Ich musste lachen,

oh Gott (Lachen). Aber, ja. Und die anderen, in Syrien, ich rede mit sie, wenn sie Internet hat.

In Saudi-Arabien auch. Und die andere Schwester in Istanbul, ich rede, telefoniere sie auch

oft. #01:25:12-9#

Interviewerin: Und du hast vorhin auch erwähnt, glaube ich, dass du auch einen Onkel hier in

Deutschland hast, hast du sonst noch woanders noch Familie oder Verwandten? #01:25:22-4#

Befragter: Ich hab’ meinen Cousin in Berlin. Aber die Geschichte von meinem Onkel, mein

Onkel hat in 2000, erst in 2003 Krebs gehabt und dann 2008 wieder, dann er ist nach Frank-

furt gekommen 2008 um also Therapie zu haben, also mit Chemical Therapie. Oh Gott, er ist

so 2009 zurück gekommen, aus Syrien zurück gekommen, aber so wie eine, wie eine Leiche,

wirklich. Er war so schon tot. Ja, deswegen erst Frankfurt, also Deutschland mit Krankheit

und so, es ist, die sind Vorreiter. Und der andere Cousin, er ist in Berlin, ich habe ihn besucht

auch. (kurze Pause) Also ich habe eine Veranstaltung gehabt, eine Woche, [meine Freundin]

und ich (..) und dann die letzte, sie ist nach (unverständlich) ich habe, ich war bei ihm, so drei

Tage geblieben, ich bin geblieben, war auch, er war so, so großzügig, so viele arabische Es-

sen, seine Frau, sie hat so viel gemacht, kleine Kinder und so. Ja (...) #01:26:46-5#

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Interviewerin: Und wir hatten ja davor noch ein bisschen darüber geredet, aber vielleicht kön-

nen wir gerade noch einmal ein bisschen darüber reden oder du hast erwähnt eben, was ich

auch voll verstehen kann, dass du sehr frustriert warst als die anderen so ihren Bescheid be-

kommen haben im Sprachkurs und du noch nicht (kurze Pause) genau, wie für dich aktuell die

Situation ist. Und wie dein Aufenthaltstitel, wie es um den steht und was das so für dich be-

deutet. #01:27:16-1#

Befragter: Also die, normaler Weise es dauert nicht so lange, aber ich glaube mit dem BAMF,

sie entschiedet manchmal, sie meinte so durchschnittlich so sechs Monate dauert es, die ganze

Verfahren. Aber die Sache ist, ich glaube als ich so im August, ich bin 20. August 2015 erst

hierher gekommen. Die, ich glaube meine Unterlagen, so was ich gemacht habe, mein erste

Interview habe ich in November gemacht, 2015. Sie waren, sie landen ganz unten. Und als die

Welle von den Flüchtlingen gekommen sind, so viele gekommen, sie haben alle drauf, also

alle neuen Unterlagen sind drauf gekommen und das, als sie das bearbeiten wollten, sie haben

nur von oben genommen, eine, eine, eine (kurze Pause) bis meine Unterlagen sind schon ver-

loren, irgendwie. Und die, die Sache ist, ich glaube, dann hatte ich, ich musste, ah, sie haben

gedacht, dass ich halt nicht Syrier, sondern Palästinenser bin. Keine Ahnung woher, das war

so tun von denen. Dann habe ich in die zweite Interview, das ist September 2016, erwähnt,

dass ich kein Palästinenser bin, sondern ein ganz 100% Syrer. Und dann habe ich meine Abi-

turzeugnis abgegeben, ich hatte keine offizielle Papiere, nur diese Abiturzeugnisse. Das war

schlimm, aber ich hatte beglaubigte Kopie schon dabei, aber ich hab’ das schon abgegeben

und (kurze Pause) ich warte seit, also bis Juni, nein, bis Januar oder so Februar habe ich mich

entschieden, ich habe eine Beamte angerufen und sie meinte, ich hab’ sie gefragt, was ist

mein Status ist, Erkennungszeichen oder so und sie meinte, ihre Unterlagen werden bearbei-

tet, sie müssen noch Geduld haben und dann habe ich, war ich so sauer. Dann habe ich sofort

einen Anwalt angerufen und ihm eingerichtet. Der blöde Mann hat das fast gemacht, er sollte

das anrufen und dann nochmal erklären mit dem BAMF, nicht direkt sagen, dass wir irgend-

wie anklagen, euch anklagen, sondern (kurze Pause) bitte können sie ein bisschen beschleuni-

gen, die ganze Prozess, damit meine, meine, meine also (kurze Pause) damit ich das schnell

kriegen kann. Aber er hat das nach zwei Tagen ein bisschen angeklagt, offiziell gemacht, dass

ich und dann die Chefin, sie hat das gesehen, dass ich, ihre Beamten, die kleinen (Lachen) sie

haben das nicht gut gemacht und sie haben irgendwie, keine Ahnung, Strafe gehabt, keine

Ahnung, ich weiß nicht. Aber jetzt, meine, meine Unterlagen waren in diesem bowl (unver-

ständlich) in diese, diese Seite und es wurde die andere Seite genommen, aber die anderen

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Seiten, sie wurden wirklich gut diktiert und gut bearbeitet. (..) Vor kurzem war ich so im Büro

vom Oberbürgermeister in Freiburg, ich habe nicht ihn getroffen, sondern eine, ein (kurze

Pause) Mann arbeitet mit ihm, er war so nett. Er war wirklich so nett, ich dachte, die wird so

ein chaotischer Interview. Wir haben darüber geredet, dass er vielleicht die Stadt Freiburg

irgendwie eine Lösung findet, dass ich hierher umziehen kann. Weil ich arbeite, weil ich das

selber verdiene, verdienen kann und so. Und (kurze Pause) er war so, wirklich so sympa-

thisch, er meinte, ah, er meinte, dass der Oberbürgermeister, er hat, er war schon, also der hat

auch neben seinem Studium schon gearbeitet als Kellner und so, das ist nicht sehr schlimm,

dass ich auch arbeite und gleichzeitig studiere. Fande ich, das ist nett von ihm. Ja, wir haben

ein bisschen geredet und so und mal schauen, ob er etwas finden kann. Genau. #01:31:28-7#

Interviewerin: Aber das heißt momentan darfst du gar nicht aus Freiburg raus und (kurze Pau-

se) was bringt das für Probleme für dich, weil zum Beispiel, [deine Freundin] ja in Prag

wohnt, würdest du da gerne hin oder was würdest du gerne anders machen, wenn es ginge?

#01:31:48-4#

Befragter: Wenn ich diese Aufenthaltsgenehmigung, dann kann ich einfach umziehen. Ent-

weder sie, also ok, diese Sache ist bevor man diesen Bescheid bekommt, dann (kurze Pause)

es gibt keine zuständige Person für dich. Jetzt habe ich keinen, niemand der für mich, das der

mich unterstützt. Nicht Geld, also mit Geld, sondern mit Gefühl, weißt du, der wirklich etwas

machen kann. Außer die Deutsche, die Bekannte von mir. So, mit wenn man diesen Bescheid

bekommt, dann Jobcenter, der sich also, es gibt für jeden zuständige Person. Und der also

würde mich empfehlen, dass ich das machen soll, was willst du machen, was willst du studie-

ren, was willst du in deinem Leben machen, er, er (kurze Pause) es gibt mehr, das ist die Sa-

che, dann kann ich natürlich umziehen, dem Problem von einer Stadt zu Stadt, das kommt

darauf an, aber zumindestens von, von dem Camp, weißt du, damit ich vom Camp daraus

gehen kann. Irgendwie vor sieben Monaten oder so, kommt diese, taucht diese, diese Ge-

schichte auf, dass (..) dass man in diesem Camp zwei Jahre bleiben muss. (...) ohne, ohne,

wenn man diesen Bescheid nicht bekommt, vom BAMF. Und genau, deswegen darf ich nicht.

#01:33:17-8#

Interviewerin: Deswegen, obwohl du die Wohnung hier in der Nähe hattest, durftest du des-

wegen nicht dahin ziehen? #01:33:21-3#

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Befragter: Ich darf nicht deswegen. Ich habe mit dem Beamten so zwei Jahre, zwei Wochen

gestritten, um nichts, um nichts, also wir waren so am Ende nicht so sympathisch. Dann bin

ich, habe ich jemand anderes gefunden, Nachmieter und alles ok. Aber die, genau, das ist die,

die, also Hindernis von diesem Ding (kurze Pause) keine zuständige Person, die dir helfen

kann (kurze Pause) soviel Bürokratie, das ist wirklich, der ohne Bescheid leidet wirklich da-

runter, das ist soviel Bürokratie. Auch mit so wenig Geld, mit so, keine Unterstützung, nie-

mand bezahlt diese, Gottseidank das ich diese Stipendium an der Uni Freiburg gehabt habe.

Aber sonst, niemand würd’ mir das bezahlen, wenn ich einen Kurs habe, haben will. Weil

Jobcenter doch, er bezahlt das, aber sonst niemand bezahlt das. Also es gibt Leute, die warten

bis heute, ohne, ohne (kurze Pause) die ich kenne, aber nicht so viele. Sie haben schon diesen

Beschied bekommen, sie haben schon angefangen, aber ich meine, so neulich sie haben das

nicht gefunden, weil die, wer bezahlt das? Das kostet auch Geld. Aber Jobcenter unterstützt

das, aber ich nicht. (...) Keine Ahnung, ja viele Seiten von also (..) vielleicht würde jemand

anderes anrufen, vielleicht jemand der mir hilft zum Beispiel mit Bewerbung, keine Ahnung,

viele Sachen, der, meine, meine (kurze Pause) natürlich ist das braucht immer, das ich das

selber machen soll, was ich machen will, aber ich würde, wäre besser, wenn er sagt ok, ich

bin da für dich, ich helfe dir bis du dein Ziel erreichen kannst. Aber das habe ich nicht und

das ist wirklich, tut mir leid, aber das ist wirklich alleine das zu schaffen, ich schaffe das ein

bisschen mit Hilfe von [meiner Freundin], von die anderen Freunden, aber (kurze Pause) ehr-

lich gesagt, ich weiß nicht, ob man, es ist schwierig alleine das durchzulaufen. Mal schauen,

wann ich diese Bescheid endlich bekomme. Aber die Freude, es ist, ich hab’ die Freude schon

verloren. Ich kann, dann kann ich einfach ein bisschen, also frei laufen, frei mit normale

Ausweis wieder zu haben. Ich habe diese Papier so, ich hasse das. #01:35:46-1#

Interviewerin: Hast du keine Karte, sondern nur einen Zettel oder wie? #01:35:47-6#

Befragter: Genau, und das (..) mein Ausweis ist nicht dabei, oh ich hab’ kein Ausweis, ich

fühle mich so (kurze Pause) keine Ahnung. Genau (...) #01:36:01-2#

Interviewerin: Und dein Zeil, was ist das Ziel, was du gerne erreichen möchtest? #01:36:05-

3#

Befragter: Studieren. Studieren und dann mal schauen. Aber es gibt so viele Sachen hier in

Deutschland, die mir, mir gefällt auf jeden Fall. Menschen, das, das die Menschen nicht mit

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anderen so tief einmischen, die Verwandte, bei uns Verwandte also sie machen, sie mischen

so viel in viele Sachen ein und das nervt. Meine Tante hat das gesagt, mein Oper hat das ge-

sagt, meine keine Ahnung, die andere kleine Schwester von der andere Verwandte, sie wollte

das machen und das ist keine Macht, aber das nervt, man hat das Gefühl, das wenn man etwas

falsches macht oder so, alle beobachten, alle. Aber hier in Deutschland ist besser, ok. Also

zum Beispiel [meine Freundin] mit ihrer Beziehung mit ihre Eltern, die andere Freunde mit

ihren Eltern (kurze Pause) nichts, nicht ohne Respekt oder so, sondern so frei, finde ich (La-

chen) #01:37:08-4#

Interviewerin: Hast du ihre Eltern auch schon kennengelernt? #01:37:10-8#

Befragter: Ja, wir, ich bin oft eingeladen, Weihnachten, keine Ahnung, viele verschiedene

Veranstaltungen, genau. #01:37:19-5#

Interviewerin: Wohnen die auch hier in Freiburg oder in der Nähe? #01:37:20-4#

Befragter: Also [meine Freundin], ihre Mutter aus Gießen, sie ist aus Gießen. Und der, ihr

Vater, sie sind getrennt, er wohnt in der Schweiz. In der Nähe von Konstanz. Genau, die bei-

den sind nett, die andere, also neuere Mutter, also die neue Frau von ihm auch, sie ist nett und

(kurze Pause) Gottseidank, dass er Araber mag und so (Lachen) er hat einen marokkanischen

Freund gehabt und der, er mag die Araber, Gottseidank. Er ist so also aufgeschlossener

Mensch. #01:38:02-6#

Interviewerin: Und, ich schau’ hier gerade mal auf meinen Zettel, aber du hast schon ganz

ganz viel erzählt sowieso und Fragen schon beantwortet (beide Lachen) das ist wunderbar (...)

Ja, genau, vielleicht so ein bisschen, was du momentan machst, du kellnerst ja und was und

mit wem verbringst du gerne deine Freizeit (kurze Pause) oder wie sieht das so aus?

#01:38:39-3#

Befragter: Also auf jeden Fall Freizeit und so, das kommt darauf an, wenn ich die arabische

Atmosphäre will, brauche, dann ich auch die syrische Freunde besuche (kurze Pause) wenn

ich die deutsche Atmosphäre brauche, dann die deutsche Freunde. Das ist doch gut. Und na-

türlich liebe ich es so mit meiner Freundin, es gibt Leute sie bringen mich immer zum La-

chen, die Deutschen, es gibt Leute und ohne, ohne absichtlich. Ich habe eine Freundin neu

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kennengelernt und sie ist wirklich so, so (kurze Pause) keine Ahnung, so offen und so, weißt

du, ohne, das (kurze Pause) wir reden über alles, wir diskutieren so viele Themen, die (kurze

Pause) ein bisschen man nicht mit allen reden kann. Wir lachen über alles, keine Ahnung.

Und ich finde, es ist gut, ich liebe neue Leute kennenzulernen, weil man, es ist wie neue Er-

fahrungen, weißt du? Auch die alte, die alte Freunde, wir verbringen Zeit, entweder Shisha

rauchen, wie [Jan] und andere Leute (Lachen) und so, kochen zusammen und so. #01:39:55-

7#

Interviewerin: Und machst du auch viel mit deiner (kurze Pause) oder ist das hier für dich

jetzt auch schon deine WG hier? Oder du bist ja hier in der Wohnung ja jetzt noch nicht so

lange, weil du ja noch #01:40:08-9#

Befragter: Aber ich kenne [die Mitbewohnerin] kenne ich sie sehr gut und sie plant, dass sie,

sie will einfach die letzte Woche von Ramadan mit mir machen. Wirklich, damit wir das zu-

sammen kochen kann (Lachen) #01:40:20-9#

Interviewerin: Und das heißt, dann macht ihr hier auch manchmal Sachen gemeinsam?

#01:40:27-2#

Befragter: Also (kurze Pause) vor kurzem habe ich Kartoffelsuppe gemacht, ich habe mit den

anderen also, sie haben das genommen, sie fanden das wirklich so lecker, das war meine erste

Mal das ich das machte (Lachen) #01:40:42-7#

Interviewerin: In Deutschland ist man das viel, aber ist das auch in Syrien? #01:40:48-0#

Befragter: Nee, gar nicht. Ich hasse Kartoffel, ich mag Kartoffel nicht so gerne (Lachen). Das

ist so Klischee hier in Deutschland, Kartoffeln und Bier (Lachen). Auf jeden Fall (kurze Pau-

se) habe ich das gemacht, geklappt und (kurze Pause) sie fanden, sie waren, wir haben so ein

bisschen geredet bis halb elf oder so und dann jeder hat seine anderen Sachen gemacht. Der

eine wohnt da oben, also ich hab’, ich konnte Türkisch und auch Englisch natürlich, auch mit

die deutsche Sprache es hat alles beherrschen, das heißt ich kann nicht Wörter Englisch noch

Türkisch reden. Ich versehe alles was die Leute sagen, aber reden kann ich nicht. Gottseidank,

dass ich meine Muttersprache nicht vergessen habe (Lachen) #01:41:47-6#

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Interviewerin: Aber dein Deutsch ist wirklich, ich bin sehr sehr beeindruckt. Das stell’ ich mir

schwer vor zu lernen und generell wie ist das mit der Sprache, sprichst du gerne Deutsch oder

fehlt dir das Arabische? Oder wenn du redest von der deutschen und arabischen Atmosphäre,

vielleicht kannst du das nochmal beschreiben, geht das um so Sprache oder um Essen oder wo

sind da so Unterschiede? #01:42:18-4#

Befragter: Auf jeden Fall das ist eine gute Frage. Also ehrlich gesagt (..) so, so (kurze Pause)

mit Gefühlen, wenn ich Arabisch rede, das ist mit mehr, ich zeige mehr Gefühle und ich fühle

mehr, also wenn ich mit, mit [meine Freundin] etwas rede so auch von Liebe und so, Liebe

auf Arabisch damit ich das fühlen kann. Die deutsche Sprache, am Anfang war es schwierig,

die ersten sechs Monate hatte ich nicht das gemocht, aber zur Zeit ich bin beeindruckt, dass

ich, dass ich sogar Bücher lesen kann auf Deutsch und sogar das genießen. Ich hab’ immer

auf Englisch Bücher gelesen, also das hat mir nicht gefallen. Und (kurze Pause) sogar die

Deutsche, ich glaube das wird meine zweite Muttersprache, auf jeden Fall. Ich kann das nicht

beschreiben, aber ich würde sagen, am Anfang war komische Sprache, aber nachher es ist ok.

Natürlich es ist immer noch schwieriger, also mit Umgangssprache auszukommen, weißt du.

Wir haben das Hochsprache, also Hochdeutsch gelernt, deswegen die Arbeit, wenn die so

schnell reden miteinander, ich, ich (kurze Pause) also entweder sie reden mit Dialekt oder

wenn ich (kurze Pause) und die gute Sache mit die deutsche Sprache, ich kann mich wirklich

ausschalten, weißt du. Wenn zwei vor mir deutsche reden, wenn ich nicht hören will, dann

wie eine, weißt du, wie ein Knopf oder so in meinem Kopf, weißt du ich kann alles, ich kann

das Gefühl haben das niemand vor mir redet und keine Ahnung. Kann man ein bisschen igno-

rieren auf jeden Fall. (kurze Pause) Wenn ich konzentriere, das Gute ist, dass ich nicht so viel

denken muss, wenn ich die Sprache, also wenn ich Deutsch rede. Am Anfang war nicht so,

war wie eine Mathematik, ich musste so zwei und zwei vier und so. Aber zur Zeit es ist ok.

Ja, als ich oft geträumt habe von die Deutsche, als ich oft geträumt habe, dass ich (kurze Pau-

se) und damals habe ich so oft deutsch geredet, dann ist es vorbei. Ich glaube ich habe einen

Traum mit einem altem Senioren geredet und sie meinte, dass ich von ihrem Garten wegge-

hen muss (Lachen) (...) #01:45:08-5#

Interviewerin: Aber das ist ja klar, dass das ganz lange dauert, dass das ein Prozess ist so eine

Sprache zu lernen. #01:45:17-0#

Befragter: Auf jeden Fall man lernt nie aus. #01:45:22-1#

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Interviewerin: Stimmt (..) und hast du das Gefühl, dass du hier in Freiburg viel konfrontiert

wirst mit deiner Vergangenheit oder überhaupt konfrontiert wirst? Oder #01:45:38-5#

Befragter: Das, ah (kurze Pause) wenn das Thema also Krieg kommt auf jeden Fall. Wenn das

Thema Flüchtlinge kommt, auf jeden Fall (unverständlich) also ich bin wegen des Kriegs ge-

flohen und sogar, so schnell, ich bin geflüchtet, nicht wie die normale Erasmusstudenten oder

keine Ahnung, die andere EU Studenten, also Studenten, die ihre, ein Semester machen wol-

len (…) #01:46:11-9#

Interviewerin: Und wie fühlst du dich dann so von anderen Deutschen wahrgenommen?

#01:46:19-1#

Befragter: (...) Es gibt Leute, die sind so wirklich aufgeschlossene Menschen und die helfen

gerne. Und sie, sie freuen sich wirklich, wenn, wenn sie mich hören das ich gut spreche, sogar

wenn, wenn ich so viele, so viele Zwecke habe, ich will das erledigen, ich will das erledigen,

ich will das erledigen und es gab so Leute, sie sind so beeindruckt, dass ich so viele von Ge-

setze kenne, mehr als die Deutsche manchmal. Ich musste das, also ich musste das lernen da-

mit ich das auskomme, weil, wie ich gesagt habe ich hab’ niemand er mich direkt unterstützen

kann. (..) Und ja (kurze Pause) letzte Woche, letzte drei Wochen war ich jeden Tag, fast jeden

Tag bei anderes Amt und bei, bei der Ausländerbehörde (Lachen) oh Gott. Diese Wartezeit ist

so am Schlimmsten. Manchmal dauert es so drei Stunden (Lachen) oh Gott und nur um ein

kleinen Ding zu haben oder nur ein kleine (kurze Pause) Information zu bekommen. Online

geht nicht, also Internet und so, das muss (kurze Pause) genau und der Termin geht nicht, also

das man einen Termin vereinbart, geht nicht. #01:47:43-2#

Interviewerin: Das stelle ich mir sehr anstrengend vor (…). Vielleicht noch eine andere Frage,

du hast ja ganz am Anfang auch die politische Situation in Syrien beschrieben mit Assad und

so weiter, wie ist es jetzt für dich, seitdem du in Freiburg bist, das (kurze Pause) wie verfolgst

du da das politische Geschehen oder ja. #01:48:11-3#

Befragter: Ok, also wir haben so zwei Demonstrationen gemacht, Demo gemacht gegen As-

sad hier in Freiburg. Ja natürlich (kurze Pause) ich mag das nicht sehr gerne das man hier

wohnt und eine Politiker Meinung von seine Heimat hat, so wie türkische Situation oder keine

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Ahnung andere Ländern. Wenn hier zum Beispiel Amerikaner, er wohnt hier und er will (kur-

ze Pause) demonstrieren was Trump in Amerika macht, aber bei unserem Fall, es ist ein biss-

chen besonders, weil wir sowieso nicht in unsere Heimat reingehen können oder reisen kön-

nen. So, wir haben also so protestiert, also als er so diese Chemie Attacke gemacht, das erste

und das zweite als er (unverständlich) so irgendein Luftanschlag gemacht hat, so 200 Men-

schen gestorben sind. Und sonst (kurze Pause) also wir reden natürlich mit den Freunden was

Politiker Sachen, was könnte besser sein, wenn Assad das gemacht hätte und so und so mit

Freunden, aber mehr kann ich nicht. Die Welt hat nichts gemacht, ich kann nichts mehr.

#01:49:28-8#

Interviewerin: Ich meinte jetzt auch mehr dahingehen sich zu informieren, also #01:49:33-3#

Befragter: Ja, die laufende Tage was in Syrien passiert, ich schaue immer Nachrichten von

verschiedene so, ich kenne, ich hab’ Menschen, die sind schon in meinem Dorf und andere

Dorf. #01:49:45-4#

Interviewerin: Mit denen du dann redest? Und dann erzählen sie dir was vor Ort ist?

#01:49:54-1#

Befragter: Ja, die erzählen was ist passiert, was für ein Luftanschlag gibt, was überhaupt was

die Leute leiden darunter und so (...) #01:50:09-4#

Interviewerin: Und was für soziale Medien oder so benutzt du dann zum Kommunizieren für

die Kommunikation? #01:50:18-9#

Befragter: Also entweder Facebook, Messenger bei Facebook und WhatsApp (..) das ist nicht

so intim, dass man einfach Nachrichten schicken kann und so bekommen kann. (...)

#01:50:40-1#

Interviewerin: (...) Du hast ja gesagt, dass du dir vorstellen kannst momentan möchtest du

(kurze Pause) auf jeden Fall gerne in Freiburg bleiben, weil du hier schon ganz viele Leute

kennst und so, aber hast du so in weiter Zukunft auch Hoffnung oder Pläne oder Wünsche

nach Syrien zurück zu kehren oder wie sieht so dein Wunsch für die Zukunft aus? #01:51:05-

9#

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Befragter: Ehrlich gesagt es gibt diese Thema ist wirklich schwierig, weil (...) ich würde nicht

die Deutschen beschwichtigen und sagen ok ich gehe wenn das (..) also das Leben hier, ich

hab’ mich ein bisschen geändert und bei uns es dauert wirklich so lange bis es Krieg gibt, es

dauert noch eine Weile bis es wieder ein bisschen moderner und Freiheit gibt. Und (kurze

Pause) ich habe schon mit [meiner Freundin] geredet, wenn wir können so einen Monat Ur-

laub in Syrien machen und dann wieder hierher kommen oder so, keine Ahnung, so gemischt.

Ich weiß nicht, aber ich würde sagen, wenn ich, das wäre blöd, dass ich mein Studium hier

mache und dann wieder in Syrien zurück. Das ist schade für die, für die Deutsche auch, nicht

nur für mich. Wenn ich alles, also natürlich also (kurze Pause) kulturelle Sachen verstanden

habe und alles was die Leute wollen und dann und was die Leute reagiert wie, worauf und

was mögen die Leute und einfach verschwunden zu sein, das geht nicht. Aber ich würde so

sagen, wenn ich (..) das Richtige machen, meinen, meinen Zweig (kurze Pause) jetzt das ich

hier weiter mache, hier leben zu können (..) und auch zu als eine zweite Heimat zu haben. Ich

(kurze Pause) ja (kurze Pause) ich würde, manche sagen ok, nein wenn ich den Krieg sich

beendet, dann einfach ich gehe. Aber wo? Und wie? Bei uns dauert so eine Weile bis es wie-

der, mindestens also mit den Einrichtungen von Krankenhäuser und Universität, wieder das

aufzubauen, das dauert wirklich ein paar (...) #01:53:01-6#

Interviewerin: Ja, das stimmt. #01:53:03-4#

Befragter: Aber natürlich würde ich gerne in meine Heimat nochmal gehen, vielleicht eine

Weile bleiben und auch (kurze Pause) nach Deutschland zurück so (...) #01:53:17-1#

Interviewerin: Ok, also ich glaube, dass das von mir aus so weit alle Fragen sind, du hast mir

ja schon ganz viele spannende Einblicke in dein Leben geben können. Ich weiß nicht, wenn es

noch irgendetwas gibt was dir wichtig erscheint, wo wir jetzt noch gar nicht drüber geredet

haben oder was ich auch noch nicht erwähnt habe oder was du noch sagen möchtest oder ob

es noch irgendwas gibt auf das du eingehen möchtest? #01:53:42-3#

Befragter: Ich würde nur sagen, dass ich bin wirklich beeindruckt von die Deutsche, die (kur-

ze Pause) es gibt Leute, sie helfen so gerne, die für mich fasziniert. Sie helfen (kurze Pause)

also ich kannte die Leute überhaupt nicht und sie haben mir geholfen mehr als ein Verwandte,

sie haben mir soviel geholfen, ein paar Sachen, die ich wollte. Ich kannte so Verwandte, die

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das nie machen wollten. Und das finde ich wirklich so gut, deswegen eigentlich, mag ich so

gerne, ich glaube deswegen das war der eine Grund von die Gründe, das ich die Sprache so

schnell gelernt habe und auch (kurze Pause) das Grund, der Grund, das ich mit einer Deutsche

befreundet bin. Weil ich, ich mag die, die, diese Spontanität von die Deutschen manchmal,

diese gutes Herzen von die Deutschen und das mag ich gerne (...) genau. #01:54:46-7#

Interviewerin: Das ist schön. Ok, gut (beide Lachen) dann mache ich das jetzt aus. #01:54:52-

7#

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Anhang D: DVD mit Audiodatein der Interviews