Eine gute halbe Weltumkreisung im Regen BMW Kohl · PDF file1000 Kilometer hinter Istanbul am...

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Eine gute halbe Weltumkreisung im Regen – ist Guinnessbuch verdächtig. Vorgesehen war eine wunderschöne Sommertour bis ins letzte Eckchen Asiens, den Baikalsee. Um das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen, drehten wir die ursprünglich geplante Route über den Norden, Polen, Lettland, Litauen, Russland – einfach um und wählten zur Anreise die Südvariante über die Türkei und Georgien. Geplant haben wir den Kilometermarathon schon vor fast einem Jahr. Das bei der Packerei solche Irrsinnigen Kilos zusammengekommen sind, hätte keiner für möglich gehalten. Doch um für alle Situationen das richtige Equipment zur Verfügung zu haben, d.h. Zelt, Kocher u.u.u, waren wir schon an der Motorradmäßigen max-Angabe der Gesamtbelastung. Die 1200er GS von Dieter kam über 400 kg und meine kleine 800er GS lag bis auf ein paar Pfund knapp darunter. Von Fahren im Motorrad ursprünglichen Sinne waren wir weit entfernt. Nie im Leben habe ich solch eine Fuhre bewegt. Im laufe der Tage, dachte ich, gewöhnt man sich daran. Abfahrbereit mit Fahrer 380kg Am 04.Mai, einem behangenem Montag, gingen wir das Abenteuer an. Die ersten wackligen Übungen waren schon nach 100 km Autobahn zur Gewohnheit geworden.Auf der Fahrt Richtung München-Salzburg, war nichts, was der Erwähnung bedarf. Den ersten Regentest durften wir kurz hinter München durchführen. Die allabendliche Schauer begleitete uns von

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Eine gute halbe Weltumkreisung im Regen –

ist Guinnessbuch verdächtig.

Vorgesehen war eine wunderschöne Sommertour bis ins letzte Eckchen Asiens, den Baikalsee. Um das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen, drehten wir die ursprünglich geplante Route über den Norden, Polen, Lettland, Litauen, Russland – einfach um und wählten zur Anreise die Südvariante über die Türkei und Georgien.

Geplant haben wir den Kilometermarathon schon vor fast einem Jahr. Das bei der Packerei solche Irrsinnigen Kilos zusammengekommen sind, hätte keiner für möglich gehalten. Doch um für alle Situationen das richtige Equipment zur Verfügung zu haben, d.h. Zelt, Kocher u.u.u, waren wir schon an der Motorradmäßigen max-Angabe der Gesamtbelastung. Die 1200er GS von Dieter kam über 400 kg und meine kleine 800er GS lag bis auf ein paar Pfund knapp darunter. Von Fahren im Motorrad ursprünglichen Sinne waren wir weit entfernt. Nie im Leben habe ich solch eine Fuhre bewegt. Im laufe der Tage, dachte ich, gewöhnt man sich daran.

Am

Abfahrbereit mit Fahrer 380kg

Am 04.Mai, einem behangenem Montag, gingen wir das Abenteuer an. Die ersten wackligen Übungen waren schon nach 100 km Autobahn zur Gewohnheit geworden.Auf der Fahrt Richtung München-Salzburg, war nichts, was der Erwähnung bedarf. Den ersten Regentest durften wir kurz hinter München durchführen. Die allabendliche Schauer begleitete uns von

nun an jeden Tag. Zwei Tage später gegen Mittag sind wir schon an der serbischen Grenze und dreschen unsere BMW´s gegen 16:00h durch den bulgarischen Zoll. Ab jetzt wird alles etwas chaotischer. Löcher in den Straßen von ungeahnter Größe bereiten uns schon ein wenig auf die kommenden Wochen vor.

Sofia, die Hauptstadt – ist schon nicht mehr mit dem normalen Europa messbar. Ein einziges durcheinander. Demnach fällt auch unsere erste Fehlplanung, meine im Navi, Dieter im Roadbook, ins Gewicht. Mein noch guter Freund Dieter ist 20 Meter vor mir und fährt stur in die eine Richtung, während mein Navi eine ganz andere Route vorschlägt. Da nun halt Navi mehr weiß als jedes Roadbook und vor allen Dingen als jeder herkömmliche Dieter, überhole ich 50 m vor der Abzweigung und folge meinem Navi – in Richtung Sofia Innenstadt. Schei….. , schreie ich in meinen Helm. Hat unser Roadbook doch recht gehabt. Was nun wieder mies war, Dieter folgte als hinterherfahrender nicht mir, sonder hielt wie schon erwähnt in die andere Richtung. Kleines Missverständnis. Was machen. Ich halte mich auf einer 4-spurigen Autostrada in Richtung Innenstadt und weiß im Moment nicht, wie ich wieder auf die Gegenfahrbahn komme. Hier ist handeln angesagt. Als die Mittelleitplanke auf einem kurzen Stück fehlte, nahm ich mir ein Herz, - Vollbremsung – links in den Gegenverkehr und wieder zurück. Schweißtropfen laufen mir den Helm runter. Nach gut einer viertel Stunde rumkurven, sehe ich meinen nun nicht mehr guten Freund, auf der nächsten Rastanlage lässig eine Zigarre rauchen. Na ja, er hat wenigstens gewartet. Der erste ernste Meinungsaustausch und das für die Zukunft festlegen von Regeln, bleibt nicht aus.

Nächstes Abenteuer, die Bulgarisch / Türkische Grenze. Nach guten vier intensiven Kontrollen und einigen Bemerkungen der Zöllner, was wir denn so alles mit uns rumschleppten, lässt man uns endlich in die Türkei. Mit den Reifen hatte man ein Problem konstruieren wollen. Nach längerer Erklärung, das die für den Eigenbedarf sind, konnten wir den Schlagbaum endlich passieren.

Die kommende Destination Istanbul behält uns 2 volle Tage. Um hier alles an Sehenswürdigkeiten in sich aufzunehmen, benötigt man normalerweise min. eine Woche. Wir schaffen das im Schnelldurchgang in dieser kurzen Zeit. Wir wollten normalerweise Samstag morgen um 5 Uhr geweckt werden, haben uns die Wecker natürlich auf diese Zeit gestellt. Doch völliger Blödsinn. Wir hatten die Rechnung nicht ohne den Muezzien gemacht. Der kam uns eine viertel Stunde vorher schon dazwischen. Lautstark war ganz Istanbul aufgeweckt. Oder hören die das gar nicht mehr? Das Wetter war bitter kalt, im einstelligen Bereich, dazu neblig. Gar kein richtiges Wetter, wie wir uns das im Süden gewünscht hatten. Doch, nützt ja nichts. Wir rüsten unsere Karren mit unserem leichten Übergepäck wieder abfahrbereit aus und starten gg. 06:15h über die beiden berühmten Brücken Istanbul´s - Asien entgegen.

Der erste Knaller lässt nicht lange auf sich warten. Ich folge treu und brav unserem „Reiseleiter“ auf seinem dicken Enduroelefanten und mache auch gehorsam alles schön nach, d.h. Dieter steuert seine GS 1200 durch eine elektronische Durchfahrtskontrolle, die der Erfassung von Autobahnvignetten dient. Ich die üblichen 2-3 Meter dahinter……… und….. Klicks-Blitz. Die asiatischen Alarmanlagen legen los. Die kleine 800er wurde erfasst. Das Dickschiff – nicht. Ein flüchtiger Blick links und rechts, um die Lage nach Bullen

abzuchecken und mit einem miesen Gefühl im Bauch rolle ich brav mit devotem Halbgas dem Reiseleiter hinterher. Ob das gut gegangen hat? Bei der nächsten Polizeisperre werde ich freundlich begrüßt, nach dem woher und wohin gefragt und winkend verabschiedet. Da soll einer mit klar kommen. Das ganze Procedere haben wir noch etliche male. Ich könnte hier Geschichten schreiben, ……… die nicht mehr enden wollen.

1000 Kilometer hinter Istanbul am „Schwarzen Meer“

Wir nähern uns Georgien. Regen, Regen, Regen. Es will nicht mehr aufhören und immer dicht bleibt nichts. Das Problem ist Georgien. In den uns bekannten Gegenden in Europa, hält man dann irgendwann mal an, kehrt in einem gemütlichen Gasthof ein und lässt sich verwöhnen. Hier nicht. Schon beim Grenzübertritt haben wir gemerkt, das hier die Uhren etwas anders ticken. Die Verständigung läuft gegen „0“, da wir der georgischen Sprache leider nicht mächtig sind. Von English als Weltsprache, gar nicht zu reden. Infolge dessen wird selbst das Tanken zur Tortur. 95Oktan, sowie das Wort Superbenzin sind ebenso Fremdwörter, wie alles weitere International bekannte, auch. Wie eben schon erwähnt, gibt es in diesem Zusammenhang nichts, wo man einkehren kann, oder besser gesagt, würde. Alles verfallende Hütten, kein Hotel, kein Gasthof – und wenn, dann vergeht einem das Anhalten bei der ersten Begutachtung von außen schon. Die Straßen, sofort hinter dem Grenzort Batumi, sind der Knaller schlechthin. Löcher, die selbst einen Kleinwagen bis zur völligen Zerstörung aufnehmen können, sind zudem auch noch mit Schlamm und sonstigem Unrat gefüllt, so dass bei einem Sturz unweigerlich das Krankenhaus ansteht und auch das ist hier in weiter Ferne. Selbst unsere Trucker mit ihren ansonsten robusten 40-Tonnern, haben

Ehrfurcht vor diesem Zustand und nähern sich den Felgenfallen nur im Schritttempo. Wir können also nirgends einkehren und brauchen so für die läppischen 380 km bis zur Hauptstadt Tiflis, gute acht Stunden, wo wir endlich auf ein wenig Erlösung hoffen.

Beste Straßenverhältnisse – besonders bei Regen

Alte Steine – wahrscheinlich hat damit jemand sein Haus verschönert

Am nächsten Morgen gibt es wiederum nichts schönes bzgl. Wetter zu berichten. Da wir auf Navi bewusst verzichten, hat Dieter eine Super Idee. Für 30 Lara (etwa 13,50 Euro) bringt uns ein Taxifahrer raus aus dem Straßengewimmel. Wir ziehen weiter Richtung Norden zur russischen Grenze. Dazu müssen wir über ein paar Bergpässe und wir erkennen an unseren zittrigen Fingern, das es Schweinekalt geworden ist. Der Blick ins Cockpit, auf unsere Temperaturanzeige bestätigt mit 0,5`Grad, das wir uns im Glattbereich befinden. Um das ganze zu Vervollständigen, kommen noch Schnee- und Graupelschauer hinzu. Kurz vor der Grenze werden die obligatorischen Schlaglöcher so groß, das sie von einem kleineren Fahrzeug schon nicht mehr passiert werden können.

Etwas belohnt werden wir für all das, von der netten Abfertigung beim russischen Zoll. Wir werden stellenweise ein wenig bewundert und auch belächelt, wie man so bescheuert sein kann, mit dem Motorrad bei diesen Bedingungen sowas zu unternehmen. Jeder, Truckerfahrer wie Zöllner, armenische PKW-Touristen, mit allen haben wir einen kleinen Smalltalk, soweit sie denn außer den asiatischen Sprachen ein paar Brocken Englisch verstehen. Unsere Heimatsprache versteht hier keiner. Nach weniger als 1 ½ Stunden haben wir das Grenzprozedere passiert. Hier haben wir von Bekannten schon andere Zeiten vernommen. Bis zu 3-4 Stunden sei als normal zu betrachten. Glück gehabt.

Des Öfteren kommt es vor, das Hirten Ihre riesigen Herden von Schafen, Kühen, Ziegen oder sogar Pferden, über die Straßen leiten. Hier ist Geduld angesagt. Tiere gehen hier vor und das ist auch gut so.

Hier ist nichts mit schnell vorankommen

Gegen späten Nachmittag bemühen wir uns um eine Schlafstelle – finden auch eine. Leichtes kribbeln im Unterleib, sowie das stolzieren einiger Ultrakurz und mit High Heels bewaffneten, blonden 20-25 jährigen Russinnen, lassen einen Verdacht in uns aufkommen. Wir schlafen in einem Stundenhotel. Auch auf dem Parkplatz ist das Ganze an Hand der abgestellten Fahrzeuge zu sehen und nachvollziehbar. Die Nobelkarossen, die hier präsent sind, kann sich nicht mal ein guter Geschäftsmann in Old Germany leisten. Nachdem man uns ordentlich abgezogen hat, starten wir auf Grund der Verständigungsschwierigkeiten ohne das versprochene Super Frühstück. Wir bekamen eine Keksdose voll Brote, die uns, diesmal eine langbeinige Ludmilla, wortlos auf den Tisch stellte.

Heutige Destination: Richtung Wolgograd – früher Stalingrad. Es kommen gute 740 km auf uns zu.

Wir schreiben Freitag, den 15.Mai 2015 – Wetter: traumhaft, Sonne, angenehm warm. Der Longrun heute wird überschattet von einem kleinen Zwischenfall, der schon fast lächerlich erscheint, wäre es nicht mit Geld verbunden. Auf diesen irrsinnig langen Strecken kommen immer mal wieder Polizeikontrollen vor. Mal im Abstand von 5 km –mal alle 300 km. Mal sind es Geschwindigkeitskontrollen, mal einfach nur so. Da wir relativ normal mit dem Verkehr schwimmen und uns gut anpassen, d.h. wenn es hoch kommt 10-15 km über den vorgeschriebenen 90 km/h fahren, erscheint es fast als unmöglich, die Grenze so toll überschritten zu haben.

Kurz und gut, irgendwann winkt uns wieder mal einer rein und deutet auf einen Einsatzwagen, in dem sich der gute Kollege mit dem Kontroll-Bildschirm befand. Das ganze ließ schon irgendetwas Schleimiges vermuten, zumal die ganze Konversation mit dem jungen Police Man, mit grinsendem Gesicht und völlig relaxt ablief. Ein Foto von Dieter, wo unmissverständlich die Zahl 115 km/h eingeblendet wurde, ließ nichts Gutes ahnen. Mein Foto hatte 3 km/h weniger im Display. Die überaus große Toleranz der russischen Polizei erlaubt einen Abzug von 10%. Wenn man nun das Ganze mal hochrechnet, 115-10% ergibt 103,5 d.h. wir hatten ca. 10 zu viel drauf. Krass schiebt der Ein-Sterne General Dieter einen Block hin, diskutiert nicht lange rum und schreibt da 500 U$ drauf. Und, grinst uns beide unverschämt ins Gesicht. Er schien ein Gegenangebot zu erwarten, oder Geld. Wir entscheiden uns für Gegenangebot. Dieter streicht die 500 U$ durch und schreibt 20 Euro drauf, was den Uniformierten in ein schallendes Gelächter brachte. Nimmt er natürlich nicht an. Dieter und er kritzeln die Zahlen immer mehr durch und ersetzen sie durch kleinere, bzw. bei Dieter durch größere Werte. Irgendwann steht dann für beide die Zahl 50 Euro drauf, die dann noch für zwei Bikes zusammen gültig gemacht wird. Dieter hat noch einen europäischen, braunen Schein im Portemonnaie und schiebt ihn dem Grinser hin. Der Fuffi wandert in die rechte Hosentasche, vermutlich zu den anderen schwarzen Scheinen. Scheint ein einflussreicher Tag gewesen zu sein. Wir grinsen nun auch, mit dem Gefühl, ein Geschäft gemacht zu haben. Danach verlassen wir das Scenario und ziehen mit der gleichen Geschwindigkeit weiter. Unterwegs erleben wir eine sagenhafte Landschaft mit riesigen Viehherden. Das Bild könnte genau so gut aus der Prärie Nord Amerikas stammen, betrachtet man die berittenen Cowboys, wie sie ständig die Herden umreiten um sie im Zaum zu halten. Denn Zäune kennt man in Russland nicht. Bei unserer Fotographie ist diesmal kein Hirte oder Cowboy zu sehen. Diese Herde grast „ohne Beschränkung“.

Vieh überall – Pferde, Kühe, Ziegen und Schafe – was auch immer. Reichlich vorhanden.

Morgen früh geht es frisch und munter in den Norden, Richtung Samara.

Sonntag Morgen. Wetter sollte passen. Ja, passte auch. Es geht aber auch gerade aus der Stadt raus und schon nach den ersten nicht lesbaren Schildern, fängt das tägliche Duschbad wieder an. Das ganze Wasserspiel baut sich soweit auf, dass an das erreichen von Samara nicht zu denken ist und wir kurzum, in einem kleinen Kaff, nach zusätzlichen 35 Suchkilometern, durch ein mit Uran und Atommüll verseuchtem Gebiet, doch noch ein Hotel finden. Na, Ja. Hotel mit unserer Vorstellungskraft ist es auf den ersten Augenschein nicht. Das ganze spielt sich in einem alten Plattenbau ab, der ziemlich runtergekommen ist und einer Renovierung auch nicht mehr stand halten würde. Das ganze erinnerte mich an 1989, als ich das erste mal nach dem Mauerfall, den östlichen Teil Europas besuchte. Hier hatten die Bedingungen einen Vergleich zu 89 gefunden. Dusche – nein, nur ein verrostetes Wasserrohr, das wir bitte nicht benutzen sollten, da auf Ebene 6 intakte Duschen zur Verfügung stehen und wir die gerne nutzen dürften. Das innere des Zimmers ließ mich meinen Schlafsack in Erwägung ziehen. Motorradgarage – oh Gott, nein. Und packt bloß alles runter, morgen früh ist da sonst nichts mehr drauf. Danach meinte der Empfangschef, zeige ich euch, wo ihr die Karren hinstellen könnt. Sind nur ein paar Minuten. Der Platz war gute 1,2 km entfernt und entpuppte sich als Schrottplatz, dessen Bewachung aus einer älteren Dame mit „vertüddelter Katze“ bestand. Den kleinen Weg zum Hotelplattenbau stapften wir in voller Ausrüstung zurück. Beregnet, Verschwitzt und unter dem Gemurmel, das wir diesen Tag als einen der anstrengendsten abhaken. Als wir uns dann „nicht geduscht“ zum Essen in der Kaffeebar treffen, sind wir von den Socken. Feinstes KGB Outfit, in Form von Möbeln, Bedienung und Ablauf der Veranstaltung. Geschmeckt hat es trotzdem. Dafür war das Unterkommen mit Verpflegung zu einem Spottpreis von 1400 Rubel (23 Euro) mit ohne Duschen, jedoch incl. Breakfeast und

Abendessen, recht günstig zu haben. Am nächsten Morgen stellen wir fest, das Frühstück ohne Bon nicht geht. Alles eine klare Organisationsfrage.

Montagmorgen, wieder ein schwarzer Montagmorgen. Eine halbe Stunde dauert es, bis wir erst mal die Mopeds vom Schrottplatz abgeholt haben, eine weitere halbe Stunde die Packerei. Wir sind wenigstens schon mal um 50% schneller geworden, wir haben mittlerweile Routine im System. Klatschnass sind wir trotzdem. Es fängt schließlich mit „Feucht“ an. Halb feucht noch von gestern, das übrige von heute morgen. Dies wiederum halb Schweiß vom rödeln, der Rest von oben. So fängt man einen glücklichen Tag an. Die Löcher in den Straßen lassen sich von der Größe her nicht mehr berechnen, da schon komplett mit einer braunen Wasserschmiere gefüllt und zu Todesfallen mutiert. Fahrerisch tasten wir uns ans Limit. Jeder gefahrene Kilometer ist ein zum Glücksspiel errungener Erfolg. Bis Samara ist es ja nicht mehr so weit. Nach 260 mutigen Einheiten erreichen wir unser heutiges Ziel, suchen jedoch wiederum irre lange nach einer Unterkunft. Wieder alles abpacken. Vor lauter Dreck finden wir fast keine Verschlüsse mehr an unseren Taschen. Die Hoffnung, mal wieder trocken zu fahren, stirbt ab, als Dieter auf seiner EDV-Anlage, womit er auch ab und zu telefoniert, die neuen Wetterkapriolen vorliest. Also morgen wiederum in die nassen Klamotten einsteigen und das nächste Glücksspiel fordern. Wir sind mittlerweile schon in der dritten Woche unterwegs und haben von den über 6.000 km gut die Hälfte mit Wasseraufgüssen verbracht. Es kann ja nur besser werden.

Ein kurzer trockener Moment?

Nachts regnet es üblicherweise selten. So auch diese Nacht. Doch rechtzeitig zum fröhlichen Start in den Motorradmorgen, meldet sich einer, der überhaupt keine Ahnung von Wetter hat,

nämlich Petrus. Die nächsten Stunden, bis nach Mittag sagt er „Wet Konditions“ an. Gegen Nachmittag erreichen wir, halb vom Fahrtwind schon wieder trocken, die ersten Ausläufer des Ural. Es kommt eine leichte positive Stimmung auf, doch mit dem Stadteingangsschild von Ufa, der Hauptstadt des Ural´s, unserem heutigen Ziel, schenkt er uns einen Liter Wasser p./Minute. Die Straßen von Ufa scheinen fast unpassierbar, so läuft die braune Brühe durch die Stadt. Wir fragen überall nach Schlafmöglichkeiten, aber keiner will bei der Suppe mit uns was zu tun haben. Wir haben keine Chance. Mittlerweile sind unsere schönen, vom Fahrtwind trocken gewordenen Klamotten, wieder vollgesogen vom feinsten. Klar, wer nimmt schon begossene Pudel auf? Zu guter Letzt müssen wir tief in die Tasche greifen, um das letzte Doppelzimmer der Stadt, dem ebenso suchenden Messebesucher zu entreißen. Ab in die Nobelherberge. Jemand im schwarzen Anzug, der unser Elend teilt, bringt uns wieder in Stimmung. Er muss wohl irgendwas im Hotel zu sagen haben, denn er überstimmt die Rezeption und hat schließlich doch noch ein Doppelzimmer frei. Nach dem Eincheck, fährt er sogar seinen Pkw raus und bietet unseren Mopeten sogar noch seine Garage an. Na, geht doch.

Für die kommenden Tage sagt man uns voraus, wir bräuchten unsere Fahrweise nicht anderen Umständen anzupassen, es wird weiter regnen. Gott sei dank brauchen wir wenigstens morgens die Regenkleidung nicht immer neu zu verstauen. Zeit gespart.

Morgen früh haben wir uns Omsk als nächstes Ziel vorgenommen, falls wir bis morgen früh unser Visier überhaupt trocken und klar bekommen. Gestartet sind wir aus dieser Herberge nur ungern, wissen wir doch, das eine Unterkunft in dieser Kategorie lange nicht mehr zu haben ist. Der Schleusenwärter lässt uns wenigstens im trockenen starten, doch nicht lange, da geht alles wieder seinen gewohnt, feuchten Gang.

Irgendwann kommt gute Laune auf, da unser altes Sonnensystem die Oberhand bekommt und uns bezüglich der Landschaft, die wir bisher noch nicht großartig wahr nehmen konnten, ins schwärmen bringt. Wir gleiten die M5 in Richtung Omsk durch den Ural. Besonders hoch kommen wir nicht, immerhin zeigt unser Höhenmeter im Navi stolze 740m an. Nach vielen gelungenen Überholmanöver, halten wir wie gewohnt, alle 100 km an, damit unser Dieter sich einen Nikotinstab reinziehen und seine bitter nötige Flüssigkeit in Form von Kaffee, aufnehmen kann. Bei diesen Gelegenheiten lernen wir allerhand kuriose Sachen kennen. Toiletten ohne Türen, Schnapsbrennanlagen zum Schnäppchenpreis, Hunde, die nur noch an Ketten gehalten werden und so vor sich hin vegetieren. Kühe, die mitten auf der Autostrada grasen. Die Sheriffs stehen ein paar Meter daneben und es stört niemanden. Ausgemusterte Lkw´s, die ohne Bremsen mit maximal 10 km/h die Autobahn runter schleichen und so einen Mega Stau nach sich ziehen. Dazwischen die üblichen Löcher, die manches Rad für immer eliminieren. Und dazwischen zwei Spaßfiguren. Denn nur so sehen uns die Russen, halb mit Bewunderung, halb mit Kopfschütteln – warum muss jemand mit dem Motorrad zum Baikalsee? Auf die Idee käme hier keiner.

Doch bei alledem, dem Unverständlichen, dem sehr armen Lebensstandard, bleibt der Russe ob Männlein oder Weiblein immer freundlich, nett und hilfsbereit. Seit der gesamten Reise in diesem Land, gibt es nichts negatives in dieser Richtung zu melden.

Der pure Dreck – Fangopackungen sind ähnlich

Wenn möglich, wollen wir Omsk, eine der großen Landeshauptstädte Russlands, erreichen. Das Tagespaket verlangt uns fast 900 km ab. Kilometer, gezeichnet von Fangopackungen der Extraklasse. Wir werden von den Trucks wiedermal geduscht, nur mit dem Unterschied zum richtigen duschen, sie bringen uns kein sauberes Wasser, sondern den schwarzen Dreck der sibirischen Baustellenkultur mitten in die Gesichter. Dementsprechend sehen wir beide bei unserer Ankunft in Omsk aus.

Relativ schnell und durch das wohlwollende Entgegenkommen einer Hotelangestellten, bekommen wir einen Tip und gelangen so zu einem kleinen, aber gemütlichen Familienhotel. Dies, und der Umstand unserer völligen, körperlichen Zerstörung, lässt einen Erholungsurlaub von einer Übernachtung mehr, zu. Somit haben wir die Gelegenheit den Bikes am nächsten Tag etwas Liebe zukommen zu lassen und uns selbst wieder auf ein lockeres Weiterkommen zu programmieren. Nach einer gründlichen Wäsche im Dampfstrahlzentrum von Omsk, das wir nach gut einer Stunde suchen, in einem Hinterhof finden, wechsele ich noch an meiner F800GS die hinteren Bremsbeläge. Durch die ständige Mehrreibung aus Schlamm und Schmuddelwasser, war die Abnutzung natürlich um ein vielfaches größer. Kein Wunder also. Bei der kleinen Inspektion fällt mir das defekte Lenkkopflager auf, zwar noch im Anfangsstadium, jedoch für die weitere Dauer der Langstreckenrunde bestimmt nicht förderlich. Reparieren ist z.Zt. sowieso nicht möglich, da ich a.) kein passendes Werkzeug dazu mit habe, b.) keine Lust auf 3-4 Stunden „frickeln“ in der freien Natur verspüre, sowie c.) eh keinen Lagerkit mit dabei habe. Die BMW Niederlassung Omsk versuchen wir erst gar

nicht zu suchen, da mit Sicherheit auch dort keiner so ein Teil im Regal liegen hat. Somit schiebe ich das erst mal vor mich hin. Bei den Straßen hier und der ewigen geradeaus Fahrerei, völlig normal das dieses Teil früher als beim Hersteller geplant, den Geist aufgibt. Hoffentlich wird dies auf die Dauer keine Spaßbremse.

Endlich runter mit dem Dreck

Unsere schönen geputzten Mopeds bleiben am nächsten Morgen bei der Abfahrt Richtung Novosibirsk nicht lange „Schön“. Nieselregen. Unsere Stimmung ist demzufolge auf einem irren, tiefen Niveau. Der ganze Aufwand für die Katz.

Doch alles kam anders. Meine Anzeige im Cockpit zeigt in den Morgenstunden, kühle 6,5‘ Grad. Zwar gut frisch, es sollte jedoch eine weitgehend trockene Fahrt werden. Ein paar Stunden später wurde es zunehmend wärmer und damit auch die Gesinnung. Irgendwann lese gleichzeitig auf der Anzeige die Zahlen 11:11h und km-Stand 555,5 ab. Kurz, es muss was dran sein, an diesen Weisheiten. Auf der fast 30 km langen Anfahrt ins Stadtzentrum von Novosibirsk nur freundlich winkende Schupos. Ein hinzueilender Taxifahrer, während eines intimen Gesprächs mit der Polizei, erkundet sich nach unserem Begehr und leitet uns daraufhin zu einem preiswerten Hotel in die Nähe des Geschehens. Na wenn das nichts ist. Taxikosten: 0. Natürlich ist Trinkgeld angesagt.

Wir inspizieren Novosibirsk und geben uns am übernächsten Tag den Ruck nach Irkutsk, der nächsten Großstadt kurz vor dem Baikalsee. Es treibt uns nun wie verrückt in Richtung Baikal, was wir auch am nächsten Tag erreichen. Das erste Hauptziel ist geschafft. Wie erlöst

posieren wir am See und lichten uns in allen Lagen gegenseitig mit dem Objekt der Begierde ab.

Baikalsee – 31722 qkm – tiefste Stelle 1.642 m – Länge 636 km – Breite 80 km – (Vergleich Tanganjikasee – 32900 qkm)

Doch ohne Rast und ohne Ruh – weiter Richtung Ulan Ude, dem letzten Sibirischen Örtchen vor der Mongolei. Unsere Kilometer werden nun schon 5-stellig verzeichnet. Um die Sache nicht einem Roman gleichzusetzen, kürze ich bewusst etwas ab. Es gibt unzählige Anekdoten über jeden gefahrenen Kilometer zu berichten. – Wir erreichen nach 4 Stunden Grenzformalitäten und noch übleren Straßen, Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei. Das Gefühl bleibt nicht aus: je mehr wir Richtung Osten kommen, desto chaotischer wird das Straßenbild.

Umleitungen bei Straßenreparaturen u.s.w. gibt es keine. Noch nicht mal ein Hinweisschild lässt vermuten, hier wird etwas ausgebessert. Einfach: Wenn nichts mehr geht, rechts ab ins Grüne und eine der 3 bis 50 Spuren suchen, die die Viehweide hergibt. Das gilt für 40-Tonner genauso wie für Fahrräder. Man merkt halt, dies ist ein kleines Training für die bevorstehende „Gobi“ und zeigt, wie Mensch und Tier zusammen auskommen müssen.

Die 1,3 Millionen Stadt Ulan Bator, wo gute 50 % der Bevölkerung der Mongolei beheimatet ist, lässt sich vom Flair her gut mit den östlichen Großstädten der Russischen Regionen vergleichen. In der Stadt gibt es einiges zu sehen. Vom offiziellen Schwarzmarkt für Kfz-Teile bis zum Edelhotel ist alles zu bekommen.

Dschingis Khan Denkmal aus Stahl – gute 40 Meter hoch incl. des Gebäudes.

Motoren in allen Variationen auf dem Schwarzmarkt von Ulan Bator / 250.000 km bis 1.5 Mil. – aber noch gut.

Nach einer 2 Tägigen Ruhepause und kleiner Inspektion an unseren BMW´s geht’s ab in Richtung Altai – durch die Nördlichen Ausläufer der Wüste Gobi. Zunächst die Anfahrt über die Gebirgsvariante im Norden, wo es ab und an auf ca. 2.400 Höhenmeter kommt. Durch die Anzeige in unseren Cockpits, die so um die 0-1 Grad Celsius vorgibt, lassen wir uns zuerst nicht beunruhigen, als jedoch leichter Schneefall im Anmarsch ist, schauen wir uns doch etwas fragend an. Auf 2.400 m – nennt sich Pass – steckt die große Kuh in Form eines Umfallers im Glatteis schon fest. Beim Versuch, mit der kleinen GS ein Wendmanöver zur Rettung einzuleiten, rutscht auch diese ab in den Graben. Doch halb so wild, nach erfolgten Rettungseinsätzen, bergen wir die Karren und beschließen dann doch, die südliche Variante in Richtung Altai, über die Gobi einzuleiten. Also alles wieder zurück. Wieder mal einen Tag verhauen. Um hier keinen Roman zu schreiben, kürze ich das nächste Vorhaben ab. Die große Kuh wird mit den Gewichtsproblemen nicht so recht fertig und macht mehrere Bodenproben im Sand. Kurz vor Altai, es mochten noch so um die 70-80 km gewesen sein, beschließen wir dann an einer bevorstehenden Flussdurchquerung, den Rückweg in Richtung Ulan Bator wieder anzutreten und somit nochmals 1.800 km Umweg in Kauf zu nehmen. -

Oben auf dem Pass in 2.400 m Höhe gute 20-30 cm Neuschnee – unbefahrbar.

Nach einem Zwischenstopp in unserem alten Camp in Ulan Bator, geht es relativ schnell wieder zurück Richtung Heimat. Der Frust ist uns allen anzumerken, die Prozedur nicht nach vorherigem Schema X, wie ausgedacht, abzuschließen.

Nun sind ca. 10.000km Rückreise nicht in einem Atemzug zu erwähnen. Auch hier kommen noch einige Anekdoten hinzu. Wir nehmen als Streckenverlauf die Rückreise: Ulan Bator,

Ulan Ude, Baikalsee, Irkutsk, Novosibirsk, Omsk, Kazan, Moskau, Grenze Russland/Europa in Estland, dann Lettland, Litauen, Polen und Deutschland. Das meiste davon wiederum in strömendem Regen. Die letzten 1.350 km, so um die 100 km vor Warschau, machen wir zur Tagesetappe nach Hause.

Ab nun geht es NON-STOP. Auch in Deutschland beschert uns der Wettergott keine Erlösung. Wir haben die gesamte Tour, es waren fast 25.000 km in der Patsche gefahren. Nasse Klamotten, durchgeweichte Stiefel, Helme die mittlerweile schon nach Moder stinken, gehörten genauso zu unserem täglichen Ablauf, wie Schalter, die sich nicht mehr schalten lassen, Reifen die viereckig waren, Lenkkopflager, die alle20 Meter nach einer Korrektur des Geradeauslaufs verlangten. U.s.w. Alles in allem. Die Eindrücke der Tour und das Erlebte in der Mongolei, in Russland der Türkei und all den anderen 15 Staaten, war so beeindruckend, das dies in einer gesonderten Lektüre von mir festgehalten wird.

Der gesamte Bericht umfasst in der orig. Version gut das dreifache an Text.

Eine Stunde Arbeit um das „Versunkene Schiff“ wieder auf festen Boden zu bekommen.

Kosten:

Reisekosten: Benzin : – 1.100.-- €

Unterkunft : - 3.600.-- €

Ersatzteile: 3 Satz Reifen : - 840.-- €

Kette, Öl u. Kleinteile : - 500.-- €

Straßengebühren : - 100.-- €

Gesamtkosten : ( alles Ca. Angaben ) Rd. 6.000 €