Eine kleine Stadtführung für Freunde mit vielen Pausen in ... · hören über Kirchen in Lucca...

16
Seite 1 Eine kleine Stadtführung für Freunde mit vielen Pausen in kleinen Cafés oder beim Wein (unvollständige Fassung Oktober 2011) Die Geschichte Luccas ist voll von unerhörtem Hin und Her, von heftigen, nachbarschaftlichen Kriegen, glorreichen Siegen und großer Macht, von dramatischen Niederlagen, Spielball fremder Interessen – und auch von großem Reichtum, den es zu schützen galt. Von fast allem finden wir heute noch Zeugnisse in der Stadt. Einige davon werden wir bei unserem Spaziergang kennenlernen, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Das geht auch kaum, weil fast jeder Stein in dieser Stadt durch die Jahrhunderte immer neue Nutzungen erfuhr. Wir müssen also wild durch die Zeiten springen, was schon die erste Station deutlich demonstrieren wird. Jochen Motto: »Es ist alles nur geklaut!«

Transcript of Eine kleine Stadtführung für Freunde mit vielen Pausen in ... · hören über Kirchen in Lucca...

Seite 1

Eine kleine Stadtführung für Freundemit vielen Pausen in kleinen Cafés oder beim Wein(unvollständige Fassung Oktober 2011)

Die Geschichte Luccas ist voll von unerhörtem Hin und Her, von heftigen, nachbarschaftlichen Kriegen, glorreichen Siegen und großer Macht, von dramatischen Niederlagen, Spielball fremder Interessen – und auch von großem Reichtum, den es zu schützen galt.

Von fast allem finden wir heute noch Zeugnisse in der Stadt. Einige davon werden wir bei unserem Spaziergang kennenlernen, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Das geht auch kaum, weil fast jeder Stein in dieser Stadt durch die Jahrhunderte immer neue Nutzungen erfuhr.

Wir müssen also wild durch die Zeiten springen, was schon die erste Station deutlich demonstrieren wird.

JochenMotto: »Es ist alles nur geklaut!«

3

4

5

6

8

13

13

13

14

16

Seite 2

Die Stationen

- Wir beginnen bei der Piazza Anfiteatro sprechen über die dort sichtbaren Zeitläufte von der Antike bis heute

- Anhand des Stadtplanes erläutern wir das römische Lucca und gehen weiter zur Stadtmauer.

- Die Stadtbefestigung wie wir sie heute sehen Zu Fuß steigen wir in die Kasematten »Casemetta San Martino« unter dem Bollwerk S. Martino ein. Das 16. Jhdt.

- Auf der Mauer sprechen wir auch über die Reste der mittelalterlichen Mauer Konflikte mit Pisa, Guelfen und Ghibelinen

- Wir sehen den Torre Guinigi, erfahren mehr über Geschlechtertürme in Lucca

- Wir können die Mauer beim Dom verlassen, hören über Kirchen in Lucca Der Dom San Martino mit dem Volto Santo später: San Frediano mit der Mumie der Hl. Zita und einer fehlenden Maria im Mosaik und schließlich auch das auch noch: Endlos Abgründiges in Sant' Agostino

- Vom Dom geht es zur Piazza Grande (Napoleone) Die kurzen schönen Jahre des Fürstentums Lucca unter Elisa Baciocchi, Napoleons Schwester.

- Über die Piazza San Michele, vielleicht in die Kirche hinein, Hinweis auf die römische Nord-Süd und die Ost-West-Achse, die wir schon auf dem Stadtplan gesehen hatten. Wer ist der Mann, der auf dem Denkmal sinniert?

- Weiter geht's zur Piazza San Salvatore. Am Brunnen sprechen wir über die Zeit nach Napoleon, die Herzogin von Parma etc.

- Und schließlich in den Palazzo Giustiani, Appetit auf spätere Besichtigungen des Palazzo Pfanner (Garten) und des Palazzo Mansi (Pracht und Gobelins)

- Giacomo Puccini dürfen wir natürlich nicht vergessen sein Denkmal und sein Geburtshaus an der Piazza de Citadella, gleich nebenan.

Das AnfiteatroEiner der schönsten Plätze, die ichkenne

Im Stadplan grün eingezeichnet:Lucca zur römischen Zeit. Dort wo sichNord-Süd-Achse und Ost-West-Achsekreuzen lag das Forum.Darum heisst die Kirche San Michele,die genau dort steht, korrekt auch'San Michele al Foro'.

Seite 3

Die Piazza dell'Anfiteatro

Zu den noch sichtbaren Spuren der Römerzeit, gehört die originellePiazza Anfiteatro. Der Name weist auf ihren antiken Ursprung als Am-phitheater hin.

Das Amphitheater wurde zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. erbaut.Damals lag es ca. 2,5 bis 3 m tiefer als das heutige Straßenniveau.. Eskonnte bis zu 10.000 Zuschauer aufnehmen. Dieser kostbare Schau-platz vieler Wettkämpfe bestand aus zwei Bogenreihen mit Marmor-säulen und -verzierungen.

Später in eine Festung umgewandelt, als Fundgrube für Baumaterialgenutzt, von den Säulen und Marmorverkleidungen entkleidet, ent-standen im Mittelalter auf dem ehemaligen Theater bürgerliche Wohn-häuser, und das Innere der Arena wurde zu vielen kleinen Schrebergär-ten für den Hausgebrauch umfunktioniert. Der Zusatz »Grotta« beidem Alimentari an der Ecke erinnert noch an die Zeit des 'Stein-bruchs'.

Im Lauf der Jahrhunderte war das alte Theater mal Gefängnis, malSalzlager und, zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch öffentlicherSchlachthof.

Dank der Fürstin Elisa Bonaparte, die dem kompetenten ArchitektenLorenzo Nottolini die Wiederinstandsetzung übertrug, hat der Amphi-theaterplatz um 1810 seine heutige Gestalt angenommen, blieb aberbis in die 1960er Jahre eher ein Schmuddelmarkt.

Noch vor 30 Jahren war es unschicklich, im Amphitheater zu wohnen.Erst in den letzten Jahren ist es zu einer respektablen Adresse gewor-den.

Das römische Lucca

Schauen wir auf den Stadtplan und sehen uns die Straßen der Innen-stadt an. Hier fällt uns ein deutliches Quadrat auf, das im Süden durchden Corso Giuseppe Garibaldi begrenzt ist, im Osten durch die Via del-la Rosa und die Via dell'Angelo Custode, im Norden durch die Via Mor-dini und die die Via San Giorgio, und im Westen schließlich durch dieVia Galli Tassi und die Via Cittadella.

Dieses Quadrat zeigt die Grenzen Luccas zur Zeit der Römer und denVerlauf der ersten Mauer. Sie war ca. 8 bis 9 Meter hoch (einen drei-eckigen römischen Vorläufer nicht mitgezählt). Einen Teil der Kalkblöcke aus denen die Mauer bestand, kann manheute noch im Inneren der Kirche Santa Maria della Rosa bewundern(einbezogen ins linke Seitenschiff). Die römische Mauer wurde von vierToren unterbrochen. Richtung Norden nach Parma, einem Osttor nachFlorenz und Rom, nach Süden um Pisa zu erreichen und dem Westtorfür Reisende nach Luni (das ist unser Tor San Donato).

Julius Cäsar

Pompeius

Crassus

Unsere Stadt aus der Vogelperspektive

Seite 4

Auf dem Stadtplan sehen wir auch, dass das Amphitheater außerhalbder römischen Stadtgrenzen lag. – Vor allem auch darum, weil man dieGladiatoren, die gut bewaffnet waren und sich wenig um Recht undGesetz kümmerten, lieber draußen hielt.

Nicht nur die Mauer, auch die Stadt selbst wurde von den Römern neuangelegt, geometrisch, wie sie es bevorzugten. Ein Netzwerk von en-gen, parallel zueinander verlaufenden Straßen. Die zentrale Nord/Südachse verlief auf der heutigen Via Filungo und ihrer Fortsetzung,der Via Cenani. Die Ost/Westachse auf der Via S. Paolino, die sich alsVia Roma fortsetzt.

Wo sich beide Achsen kreuzten, war das Forum – und das lag auf demPlatz San Michele. Aus diesem Grund heißt die Kirche mit vollem Na-men auch heute noch »San Michele al Foro«.

Als die Römer etwa gegen 200 v.Chr. nach Lucca kamen, waren sienoch nicht die Weltmacht späterer Jahrhunderte, sondern schufen erstden Anfang ihres Imperiums. Dazu gehörte auch die Besetzung Luccas, als strategischen Verkehrsknotenpunkt.

Lucca arrangierte sich mit den neuen Herrschern schnell und wurdeschon 180 v.Chr. zur »Colonia Latina« erhoben. Das war ein Privilegdass die Lucceser nutzten. Die Bedeutung wuchs, und knapp 100 Jah-re später war die Stadt bereits ein »Municipio Romano«.

Bald darauf gab es hier ein wahrhaft historisches Gipfeltreffen: 56 v.Chr. trafen sich in Lucca die drei wichtigsten Akteure und auchGegenspieler des entstehenden Imperiums: Julius Cäsar, Pompeiusund Crassus. Die gingen als das 1. Triumvirat in die Geschichtsbücherein. Hier in Lucca verhandelten sie zwei Monate lang über ihre Macht-teilung. Das war für die Stadt ein bedeutender Erfolg. Politisch, aberauch wirtschaftlich: Denn mit den drei hohen Herren waren gewaltigeGefolgschaften und wenigstens 200 Senatoren in der Stadt.

Die Stadtbefestigung

»La Mura«, die Mauer. Eine Untertreibung für diese gewaltige Befesti-gungsanlage. Zu Fuß steigen wir in die Kasematten »Casemetta San Martino« unterdem Bollwerk S. Martino ein (rechts von der Piazza S. Maria, die mitdem Fahrradverleih).

Die Befestigung, die wir heute sehen, ist bereits die dritte und ent-stand etwa zwischen 1550 und 1650, unter der »Signoria« (derStadtherrschaft) von Paolo Guinigi. Sie erweiterte die frühere Stadtbe-festigung gerade im Osten beträchtlich und schloss auch den Palazzoder Familie mit ein, der bis dahin außerhalb lag (s. S.7). Über den TurmGuinigi mehr, wenn wir ihn sehen.

La Mura

Porta Elisa

Porta S. Pietro

Illustration der Kasematte S. Martino

Seite 5

La Mura zeugt vom großen Schutzbedürfnis der Stadt, von ihremReichtum und vom Neid der Nachbarn, besonders Pisa und Florenz.Die außerordentlichen Ausgaben dafür konnte sich nur eine sehr rei-che Stadt leisten. Die besten Militärbaumeister wurden angeheuert,um die Stadt in einen Tresor für ihre Schätze zu verwandeln.

Um 1650 war das Werk nach einem enormen finanziellen Aufwandund dem Verbrauch von vielen Millionen Ziegeln vollendet. Die Mauernhaben einen Gesamtlänge von 4,2 km und bestehen aus 11 Erdwäl-len, die an der Basis bis zu 30 m breit sind und die außen 12 m hochmit Ziegeln verkleidet wurden.

Nach außen folgte ein 35 m breiter Graben, den man mit Wasser füllenkonnte, und danach ein äußerer Erdwall für die Schützen. Für diesesgigantische Bauwerk musste jeder Bürger der Stadt seinen Beitrag lei-sten, z.B. zwei Wagenladungen mit Steinen – und die reichen Kaufleu-te, deren Schätze es besonders zu schützen galt, natürlich mehr.

Abgesehen von ihrer Funktion als Bollwerke dienten die riesigen Kam-mern und endlosen Gänge auch als Pulverkammern, Asylstätte undProviantspeicher. In den unterirdischen Kellern, die mit Ziegelgewöl-ben eingedeckt waren bewahrte man Munition und all das auf, wasnotwendig war, um einem langen Angriff oder einer Belagerung stand-zuhalten.

Ursprünglich gab es nur drei Tore, erst die Schwester Napoleonsließ1804 im Ostteil das vierte Tor die Porta Elisa hineinbrechen. (Überdie Zeit ihrer Regentschaft mehr am Piazza Grande)

Als sie schließlich fertig war, wurde sie militärisch fast nicht mehr be-nötigt. Zumindest musste sie nie einen Feindesansturm abwehren.Vielleicht lag das aber auch daran, dass angesichts der Mauer nie-mand mehr Lust hatte auf eine langwierige und vermutlich erfolgloseBelagerung.

Aber die Mauern boten Schutz gegen ein dramatisches Hochwassersdes Serchios im Jahr 1812. Der Serchio war aus den Ufern getretenund hatte die Gegend rings um die Stadt überschwemmt, der alteStadtkern blieb aber wegen der hermetisch abgeschlossenen Tore ver-schont. Als Elisa Bonaparte Baciocchi auf die Nachricht von der Hoch-wasserkatastrophe hin, versuchte, in die Stadt zurückzukehren, muss-te sie sich von einem Kran über die Mauer hieven lassen.

Die Luccheser sind sehr stolz, dass ihre Stadt nie unter die Herrschaftder Medici-Großherzöge kam und unterscheiden deshalb heute noch,wer »fuori« oder -wie der echte Luccheser- »dentro le mura« geborenist.

Obwohl die Stadt von den Truppen Ludwigs von Bayern besetzt wurde,an den reichen Genuesen Gheradino Spinola verkauft, vom böhmi-schen König Johann besetzt, an die Rossi aus Parma verpfändet, vondenen an Martino della Scala aus Verona abgetreten, an die Florenti-ner verkauft, an die Pisaner übergeben, nominell befreit und deshalb

Porta San Gervasio

Seite 6

abhängig von Kaiser Karl IV. und von seinem Vikar regiert, gelang esLucca doch, seit 1369 zuerst als Demokratie, nach 1628 als patri-zisch-aristokratische Oligarchie, seine Unabhängigkeit als Stadtrepu-blik neben Venedig und Genua zu behaupten.

Die mittelalterliche MauerGuelfen und Ghibellinen

Vom mittelalterlichen Mauerverlauf, der zweiten Mauer, gibt es nochwuchtige Zeugen. Sie entstand im 12. und 13. Jhdt. und man erkenntsie an den behauenen Blöcken, besonders schön an der Porta die San-ti Gervasio e Protasio, auf die man von der Porta Elisa schaut, und ander Porta de Borghi am nördlichen Ende der Via Fillungo.

Da diese Mauern durch die Erfindung neuer Kriegsmaschinen (z.B. Ka-nonen mit größerer Durchschlagskraft) unzureichend geworden waren,errichtete man im Laufe des 15. Jhdt. in regelmäßigen Abständen wei-tere Bollwerke für Kanonen in vorgerückter Stellung. Als dann Mittedes 16. Jhdt. der Bau der neuen, heutigen Mauer begonnen wurde,wurden diese Bastionen in die Anlage mit einbezogen. Außerhalb hatteLucca ein ganzes System von Wachtürmen in der weiten Region instal-liert, die die Kriegsmaschinerie rechtzeitig in Gang setzen konnten.

Bauzeit und Nutzen dieses Verteidigungssystems – also des Vorläufersder Mauer, auf der wir heute gehen – fällt in die Zeit der explosivenNachbarschaft mit dem verhassten Pisa. Eine Rivalität, die ab 1004eskalierte, über Jahrhunderte die die ganze Region involvierte und diesich angeblich bis heute fortsetzt.

Aber all das half nichts gegen einen anderen Feind: Die Zwietracht imInneren. Die mächtigen Familien bekämpften einander, die Stadtteileund Verrat öffnete auch den äußeren Feinden die Tore. Verstärkt wur-de das nach 1200 noch durch die 'außenpolitische' Situation, demKampf zwischen den Guelfen (papsttreuen) und den Ghibellinen (kai-sertreuen), der auch die Konflikte in der Stadt schürte. Während derheftigen Auseinandersetzungen in der Mitte des 13. Jahrhunderts zähl-te die Zugehörigkeit zur jeweiligen Partei mehr, als die zur Heimat-stadt.

Zu den Parteigängern der Ghibellinen zählte vor allem der Adel, wäh-rend die Großkaufleute auf der Seite der Guelfen standen. In Lucca(wie in allen toskanischen Städten) waren beide Parteien vertreten.Und schlimmer noch: Die Guelfenfraktion spaltete sich nochmals indie 'Weißen' und die 'Schwarzen', was Lucca in eine schwere Krisetrieb. Dante hat diese Zeit in Lucca in seiner »Göttlichen Komödie« beschrieben.

Grundsätzlich versuchte Lucca aber immer, auch in späterer Zeit, undnicht ganz erfolglos, sich diplomatisch mal auf die eine, mal auf die an-dere Seite zu schlagen und sich durchzulavieren.

Idealisierte Stadtansicht von Luccamit vielen Türmen (Ausschnitt auseinem Bild in der Kirche San Paolino).

Torre Guinigi

1413 ließ Paolo Guinigi zusätzlicheinen Sommer-Palazzo bauen,damals außerhalb der Stadtmauern,heute aber innerhalb: an der Via della Quarquonia – und ein sehr sehens-wertes Museum.

Seite 7

Der Torre Guinigi

Im unruhigen 13. und 14. Jahrhundert mit seinen städtischen Zwistig-keiten liegt auch der Ursprung der »Geschlechtertürme«, von denender Torre Guinigi als Wohnturm der letzte erhaltene ist. Ursprünglichsollen es weit über 100 gewesen sein!

Wir müssen uns Lucca zu jener Zeit also als einen Wald von Türmenvorstellen, wie er heute noch ähnlich in San Gimignano vorhanden ist.Diese Geschlechtertürme der einzelnen Patrizierfamilien waren nichtregelmäßig über das Stadtgebiet verteilt, sondern zu Familiengruppenvereint. Eine Stadt aus lauter privaten Festungen, denn jeder musstevor jedem auf der Hut sein.

Als Zeichen der Größe einer der berühmtesten Familien von Lucca, er-hebt sich der Guinigi-Turm mit seinen 45 Metern und seinem unge-wöhnlichen Schmuck – jahrhundertealte Steineichen, die auf seinerSpitze wachsen - majestätisch in die Höhe. Hier oben (209 Stufen) hatman den totalen Überblick. Warum Steineichen gepflanzt wurden? Wirhaben von zwei Versionen gehört: Die Besitzer wollten einen Gartenhaben, der nicht nur aus Nutzpflanzen besteht, oder durch die Eichenwar es ihnen möglich, den höchsten Turm der Stadt zu haben.

Vom Turm blickt man auch auf das im 13. Jhdt. gebaute Haus der Fa-milie Guinigi gleich daneben, einer der mächtigsten Sippen von Lucca.Es besteht völlig aus Ziegeln, wie auch der Turm. Der Palazzo war fürseine Zeit unerhört groß und prächtig und kann als letzter erhabenerVertreter des typischen gotischen Wohngebäudes in Lucca gelten. Ergehört heute der Stadt, die Familie ist ausgestorben.

Paolo Guinigi hat, wie bereits gesagt, im 16. Jhdt. dafür gesorgt, dassdie Mauer auf die heutige Ausdehnung erweitert wurde. So kam auchder noch prächtigere Sommersitz der Familie (s.Bild) 'in' die Stadt.

Zwei Heilige, ein Heiligtum, drei Kirchen und ein Eingang zur Hölle

Zwei Heilige werden wir erwähnen: San Paolino und San Frediano,ein Heiligtum bewundern: das Volto Santo, und drei Kirchen besuchen:San Martino (der Dom), San Frediano und Sant' Agostino

Dieser San Paolino war ein Jünger des Apostel Petrus. Er brachte dasChristentum schon zur Römerzeit nach Lucca und war der erste Bi-schof der Stadt. Das mochten die Römer damals aber nicht und richte-ten ihn in Rom hin.

Die Leiche des Heiligen wurde jedoch geborgen, in Lucca begrabenund nach Jahrhunderten der Vergessenheit, nach 1200 Jahren geheim-nisvoll wiedergefunden. In dieser Zeit schossen die Kirchen wie Pilzeaus dem Boden. San Paolino wurde zum Stadtheiligen erhoben undseine Gebeine ruhen in der Kirche San Paolino.

Fassade des Doms mit Campanile

Säulendetails in der Fassade

Sankt Martin teilt seinen Mantel

Seite 8

San Frediano kam aus Irland, vermutlich mit den Langobarden, dienach dem Niedergang des römischen Reiches um 600 die Herren derStadt Lucca wurden.

Der Dom San Martino

Die schöne Fassade des Domes gehört zur ältesten Bauperiode undwurde bereits im um das Jahr 1200 gebaut. Die gestufte Arkadenreihesteht als Dekorationsschicht vor der eigentlichen Fassadenmauer. Dasdürfte eine der ersten Formen dieser Idee nach dem Pisaner Vorbildsein. Die Fassade ist mit der Vorhalle ein eigener Bauteil, der auchheute noch sichtbar von dem dahinter liegenden Kirchenbau getrenntist.

Besonderer Wert wurde dabei auf die Gestaltung der Säulen gelegt.Die sind nicht einheitlich, sondern weitgehend alle verschieden. Dierechte Ecksäule des obersten Fassadengeschosses ist eine sog. Kno-tensäule. Eine solche Säule hatte im Mittelalter magische Bedeutung,d.h. sie sollte Unheil abwehren durch Zauberzeichen. Die Verknotungeiner Doppelsäule in der Mitte galt als ein solches Zauberzeichen.Auch später wurde noch mit solchen Mitteln gearbeitet. Bei den goti-schen Kathedralen waren beispielsweise die Wasserspeier fast regel-mäßig in der Gestalt von Ungeheuern geformt - aus dem gleichenGrund.

An den Säulen und den Wandflächen ist jede Möglichkeit zu einer fei-nen Ornamentik genutzt wurde, deren Motive wahrscheinlich aus derTextilkunst stammen, die hier in Lucca eine große Rolle spielte.

Die Vorhalle wurde 1230-60 mit plastischem Schmuck ausgestattet:Neben der linken Tür ( Porta die S. Croce) auf dem Architrav (= 'Hori-zontalbalken') die Verkündigung, die Geburt Jesu und die Anbetung derHeiligen 3 Könige. Darüber die Lünette mit der Kreuzabnahme. All dasstammt aus der Zeit von ca. 1280 (Pisano).

Am Mittelportal reicher Intarsienschmuck am Architrav die Apostel mitMaria in der Mitte (Auf dieses Motiv werden wir bei S. Frediano zu-rückkommen!). In der Lünette darüber Christi Himmelfahrt, einge-rahmt von zwei Engeln.

Rechts zur Pforte des Hl. Regulus im Architrav die Motive 'der Heiligediskutiert mit den arianischen Goten' in der Lünette sein Martyrium.Zwischen den Portalen zwei Reliefbänder: Oben die Legende des hl.Martin:

Dieser Heilige, der so um 320 geboren sein soll, Ab 334 war Martin alsSoldat der Reiterei der Kaiserlichen Garde in Amiens stationiert. DieGardisten trugen über dem Panzer einen weißen Überwurf aus zweiTeilen, der im oberen Bereich mit Schaffell gefüttert war. An einemTag im Winter begegnete Martin am Stadttor von Amiens einem ar-men, unbekleideten Mann. Außer seinen Waffen und seinem Militär-mantel trug Martin nichts bei sich. In einer barmherzigen Tat teilte er

Berühmter Labyrinth-Stein am Eingang(rechter Pfeiler).

Das Volto Santo

Tintoretto: Das letzte Abendmahl

Sarkophag der Ilaria del Carretto

Seite 9

seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen. Inder folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen, be-kleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte.Im Sinne von Mt 25,35–40 EU – „Ich bin nackt gewesen und ihr habtmich gekleidet … Was ihr getan habt einem von diesen meinen gering-sten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ – erweist sich Martin hier alsJünger Jesu.

Darunter die Monate mit den Tierkreiszeichen. In der Lünette der Humanist Pietro Vitali im Profil von Matteo Civitali.

Rechts, Richtung Glockenturm, am Pfeiler, ein Labyrinth. Das ist eintypisches Symbol in vielen Kirchen jener Zeit, aber dieses Labyirinthwird besonders oft erwähnt undabgebildet. Die lateinische Inschriftauf der rechten Seite lautet übersetzt:»Das ist das Labyrinth, das vom Kreter Dädalus errichtet wurde, und ausdem niemand, der eingetreten war, herauskommen konnte; mit Ausnah-me von Theseus, dem der Ariadnefaden aus Liebe half.«

Im Innenraum heute die Gruppe vom hl. Martin zu Pferd mit dem Bett-ler (1230).Elegante Weihwasserbecken von Civitali (1500) Von ihm auch die Kan-zel. Fußboden: Schöne Intarsien: Salomons Urteil.

Der Templetto des Volto Santo. Auch von M. Civitali (1480)Der Volto Santo von Lucca ist ein hölzernes Kruzifix im Dom San Mar-tino in Lucca. Es wird seit dem Mittelalter als Reliquie verehrt. In Luc-ca nimmt es die Stellung eines Stadtpatrons ein, dessen Fest am 14.September, dem Fest der Kreuzerhöhung, begangen wird.

Der Volto Santo zeigt den Gekreuzigten im langen Gewand, mit Bart,langem Haar und geöffneten Augen. Nach der Legende wurde dasKreuz von Nikodemus geschnitzt und stellt das wahre Antlitz Christidar. Es soll auf wunderbare Weise auf einem führerlosen Schiff nachLuni gelangt sein und dort, da man sich nicht über seine Ausstellungs-ort einigen konnte, auf einen Ochsenkarren ohne Lenker gelegt wor-den sein, der erst in Lucca zum halten kam.

Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Kreuz von Pilgern als Zwischen-station auf dem Weg nach Rom aufgesucht und sein Bild in Nordeuro-pa verbreitet. Es gibt mehrere ähnliche Kreuze, die auf das Vorbild aufLucca zurückgehen. Dazu gehören Kreuze in Bamberg, im Paulus-Domvon Münster und das Braunschweiger Imervard-Kreuz.

Im rechten Seitenschiff »Das Letzte Abendmahl« von Tintoretto, ca.1550.

In der Sakristei der berühmte Sarkophag der Ilaria del Carretto, Fraudes Paolo Guinigi, die 1405 mit nur 26 Jahren starb. Ein Meisterwerkder italienischen Renaissance von Jacopo della Quercia.

S. Frediano: Goldenes Fassadenmosaik

Das romanische Taufbecken

Die wunderschöne Holzstatue derschwangeren Maria könnte für michauch ein Werk des frühen 20. Jhdt. sein.

Seite 10

Die Kirche San Frediano

Die grandiose Kirche wurde um 1130 gebaut. Es gab einen Vorgänger-bau, der angeblich von S. Frediano persönlich im 6. Jhdt. gebaut wur-de. Der Heilige ist hier auch begraben, unter dem Altar.

Die Fassade geht ausnahmsweise nicht nach Westen, sondern nachOsten, weil damals in direkter Nähe eine neue Stadtmauer gebautworden war und man die Fassade nicht gegen diese Mauer gehen las-sen wollte.

Im 13. Jh. wurden die Langhausmauern um 3,30 Meter erhöht, wes-halb nun auch die Fassade nach oben gezogen werden musste. Soentstand ein merkwürdiger Aufbau auf dem unteren Fassadenteil, dermit einem berühmten 'byzanthinischen' Mosaik versehen wurde, der„Himmelfahrt Christi“. Wo ist die Maria zwischen den Aposteln?

Im streng katholischen Lucca reagierte man begeistert auf die Forde-rungen Luthers nach einer Rückkehr des Klerus zu spirituellen Idealenund Prinzipien. Auch harte Strafen, die Inquisition der Kirche und so-gar der Scheiterhaufen konnte die Ausbreitung des Luthertums nichtverhindern.

Ich las irgendwo, das auch S. Frediano teilweise ein Zentrum der Re-formation war. Meine Antwort auf die fehlende Maria ist deshalb, dassman in dieser Zeit, die auch die Marienverehrung kritisierte, an ihrerStelle das Fenster durchbrach.

Diese Hexenjagd gegen die Ketzer dauerte in Lucca recht lange. An-schließend war die Stadt gebrochen und hatte sich selbst ihrer freie-sten Denker beraubt, die sie, wenn nicht verbrannt, dann doch vertrie-ben hatte.

Nur die Kirche erholte sich schnell und verleibte sich in Zeiten der Ge-genreformation durch Schenkungen und Stiftungen bald einen großenTeil Luccas ein, der vor allem mit Kirchen und Klöstern bebaut wurde.Aus dieser Zeit stammt Luccas Ruf als 'Stadt der hundert Kirchen'.

Das war ein Hemmnis für die Stadtentwicklung. Deshalb kam zum Er-lass der 'kirchlichen toten Hand'. Das bedeutete, dass neue größereHinterlassenschaften nicht der Kirche vermacht werden durften.

Im Inneren der Kirche reine, herbe Romanik. Im Mittelschiff stehenHöhe und Breite im klassischen Verhältnis 2:1.

An Kunstwerken im Inneren sehr bemerkenswert- das romanische Taufbecken aus dem 12. Jhdt. Um 1880 in Einzelteilezerlegt und erst wieder 1952 nach einer erhaltenen Zeichnung wiederzusammengesetzt.- die Holzstatue der Jungfrau, aus einer Verkündigungsgruppe (Civitali)

Verkündigungsszene in Kermaik

Gemälde einer Volto Santo Prozessionmit mitgeführtem Heiligtum. (Zunächstwar das Volto Santo hier in S. Frediano'zuhause'.)

Die mumifizierte Leiche der S. Zita

Seite 11

- Eine Verkündigungsszene aus glasierter Terrakotta aus dem 15. Jhdt.Durch Material und Farbigkeit erinnert mich die - vor allem durch Gir-landen und Putti an den Seiten - k an den Jugendstil.

- In den Seitenkapellen Gemälde von einer Prozession mit dem VoltoSanta und Wundertaten des hl. Frediano. (1500)

Unübersehbar neben all den Kunstwerken ist in einer Seitenkapelleder gläserne Sarg mit dem mumifizierten Körper der Hl. Zita. Die Le-gende sagt zu Ihrem Leben folgendes:

Zita kam mit 12 Jahren als Magd zu der wohlhabenden Familie Paga-no di Fatinelli nach Lucca, sie war fleißig und wohltätig gegen Arme.

Wasser, das sie einem Armen eingeschenkt habe, soll sich in Weinverwandelt haben, Brotlaibe, die sie ohne Wissen und Duldung ihrerHerrschaft an die Armen verteilte, erschienen in ihrer Schürze als Blu-men, als sie, von ihrer Herrschaft überrascht und zur Rede gestellt-wurde. Zita starb an Tuberkulose und im Ruf der Heiligkeit.

Zita wurde in der Kirche San Frediano in Lucca bestattet. An ihremSarg ereigneten sich zahlreiche Wunder, die ihre Verehrung auch überItalien hinaus begründeten.

Mit ihren Attributen des Schlüsselbundes und drei Brotlaiben wurdesie Patronin von Lucca; der Dienstboten, Haushälterinnen und Haus-angestellten.

Weit hinten im linken Kirchenschiff sieht man eine riesige Kalkstein-platte von 5 m Länge. Die sieht aus, als ob sie Bauarbeiter vergessenhaben. Den Stein hat aber, so heisst es, der hl. Frediano mit eigenerKraft hierher gebracht: In einem Steinbruch in der Nähe fand man dieschöne Platte, aber es war unmöglich, sie zu bewegen. Daraufhin be-gab sich Bischof Frediano selbst zum Steinbruch und mit Hilfe seinerPriester hob er die Platte auf 'wie ein Strohhälmchen'!Auf dem Stein gründete und weihte er den Altar. Nach dem erwähn-ten Umbau der Kirche kam er an die Stelle, wo wir ihn heute noch se-hen können.Die lateinische Inschrift lautet übersetzt: »O Leser, wer du auch immer bist, du würdest aus Stein sein, wennDich dieser Stein nicht zur Bewunderung und zur Verehrung des heili-gen Frediano reizte.«

Die Madonna del Sasso

Der Leichnam der Elena Guerra

Seite 12

Die Kirche Sant' Agostino

Die Kirche steht in unserer Nachbarschaft: Aus dem Haus rechts hin-aus, erste Straße links (Via del Loreto), die Via S. Giorgio kreuzen unddann nach 50 m auf der rechten Seite.

Kein Reiseführer würdigt sie, und so tun wir es, denn sie hat ein Ein-gang direkt in die Hölle:

Die rechte Seitenkapelle schmückt ein wundersames Bild, die 'Madon-na del Sasso' (Madonna des Steins). Des Steins? - Ein Mann, der seinganzes Vermögen im Spiel verloren hatte, schleuderte einst voller Wuteinen Stein gegen die Madonna. Und jetzt geschahen zwei Wunder:

Erstens: Die Madonna versetzte das Kind vom rechten auf den linkenArm und blutete an der Schulter.

Zweitens, und noch viel dramatischer: Die Erde tat sich unter demGotteslästerer auf. Er schwebte noch eine Zeitlang in der Luft, um sei-ne Sünden zu bereuen. Das tat er aber nicht, und deshalb fuhr er hin-ab in die Hölle.

Davon zeugt das Bild auf der linken Seite der Kapelle. Und der Höllen-eingang, das ist genau das verschlossene Loch unter dem Bild im Fuß-boden! Die lateinische Inschrift auf der Plakette darüber sagt: »DerGotteslästerer wusste nicht, dass die Madonna dazu bereit war, ihm zuverzeihen, wenn er seine Sünde bereut hätte.«.

Jetzt ist das Loch mit einer Eisenplatte versperrt. Aber zuvor ließ mannoch ein langes Seil hinab - es war verbrannt und roch nach Schwefel,als man es wieder hervorzog.

Eine weitere Merkwürdigkeit hält Sant' Agostino bereit: Die einbalsa-mierte Frauenleiche im Glassarkopharg unter der Altarplatte.

Das ist Elena Guerra (1835 - 1914). Eine Lucceserin , die 1959 vonPapst Johannes XXIII selig gesprochen wurde. Mit einer Reihe eindring-licher Briefe an Papst Leo XIII mahnte sie daran, 'die Kirche durch eineRückkehr zum Heiligen Geist zu erneuern' – was sicherlich durchausehrenwert ist.

Piazza Napoleone

Teatro del Giglio

Denkmal für Francesco Burlamacchiauf der Piazza S. Michele.

Kunstvolle Fassade von S. Michele

Seite 13

Die Piazza Grande (Napoleone)

Der große Bau ist der Palazzo Ducale, heute Sitz der Verwaltung derProvinz Lucca. Hier gab es zahlreiche Vorgängerbauten, vor allemauch Festungen, in der sich die florentinischen Fremdherrscher wäh-rend ihrer Zeit verschanzt hatten, weshalb der Bau unbeliebt und spä-ter z.T. geschliffen wurde. Pläne aus dem 18. Jhdt. für eine Neugestal-tung kamen nur wenig zur Ausführung, weil Elisa Bonaparte die Bühnebetrat, die in nur wenigen Jahren bis 1814 die Stadt ziemlich umkrem-pelte – und eigentlich zu ihrem Vorteil:

Elisa verleibte zahlreiche Gotteshäuser und staatlichen Besitz derStadt ein, ließ etliche abreißen und hatte die Ambitionen, ein kleinesParis zu schaffen. Dabei half ihr der Architekt und Ingenieur LorenzoNottolini (s. Anfiteatro, Najadenbrunnen).

Auch der Platz vor dem Palazzo wurde so auf Ihr Betreiben hin gestal-tet, wobei zahlreiche Häuser dafür abgerissen wurden.

Teatro del Giglio mit dem Denkmal für Garibaldi. Das Theater warsehr bedeutend und wetteiferte um die Zeit nach 1800 sogar mit derMailänder Scala um den Ruhm, Italiens bedeutendste Bühne zu sein.

Die Piazza San Michele/Kirche

Blick auf den Stadtplan: Hier kreuzten sich die alten römischenHauptachsen, hier war das antike Forum. Darum heisst die Kirche heu-te noch S. Michele al Foro.

Der Mann auf dem Denkmal von 1863 ist kein Heiliger, sondern Fran-cesco Burlamacchi, ein Lucceser Patriot aus der Zeit um 1550. In Flo-renz regierte damals Cosimo I Medici. Fürst Cosimo war ein Tyrannund das republikanische Vorbild, des in jener Zeit eigentlich des fürihn unbedeutenden Luccas ein Greuel war. Und Burlamacchi hatte so-gar den Plan, republikanische Regierungen in allen Städten der Toska-na wieder zuerrichten.. Das war nicht gut für ihn: Mit der Hilfe des Kai-sers gelang es Cosimo, B. zum Tode verurteilen zu lassen.

Die Kirche ist, wie auch der Dom, im 12. Jhdt. im pisanisch-romani-schen Stil erbaut, mit der vorgesetzten Fassade. Die ist erheblich grö-ßer, als das Langhaus erforderlich macht. Es ist wohl wahrscheinlich,dass die Kirche ursprünglich erheblich größer geplant war. Auf ihremFirst, der drachentötende Erzengel Michael.

Im Inneren bemerkenswert:das große bemalte Holzkruzifix auch aus dem 12. Jhdt.die Madonna mit Kind, von Civitali,der Altar der hl. Lucia aus farbiger Terrakotta, 500 Jahre alt.

Der Najadenbrunnen, aus dem wirunser Wasser holen.

Unser Palazzo. Die Eingangshalle

Gedenktafel für A.Catalani am HausVia S. Guistina 21

Seite 14

Die Piazza San Salvatore

Lorenzo Nottolini schuf 1842 den Brunnen der Najaden auf dem PlatzSan Salvatore. Auftraggeberin war die (nach Elisa) neue Herzogin vonLucca, Marie Louise von Parma.

Die schöne Frau ist eine Najade oder Nymphe, jung, schön, musika-lisch und tänzerisch. Sie konnte heilen und in die Zukunft sehen. Ge-nau die richtige Wahl, um uns mit Wasser zu versorgen.Das Wasser kommt direkt aus der Garfagnana und seine Qualität isthervorragend und wird von höchster Stelle garantiert.

Rechts vom Brunnen sieht man die schlichte Fassade der im 12 Jhdt.gebauten Kirche San Salvatore.

(Später vielleicht die Eisdiele, den Weinhandel und unser Gemüsefach-geschäft erwähnen?)

Die Palazzi des 18. Jhdt.

Im 18. JH entstanden in der Stadt zahlreiche neue Gebäude mit Innen-hof, wie zum Beispiel auch auch 'unser' Palazzo der Familie Giustinia-ni. In Reiseführern wird oft noch Palazzo Malpigli genannt.

Die Straßenfronten in solchen Palazzi sind abschnittweise im Stil derSpätrenaissance gestaltet; der Eingang in Form eines durchgehendenAtriums führt in einen Innenhof oder in einen rückwärtigen Garten, dervon einem oder zwei Gebäudeflügeln, die den Treppenaufgang zumObergeschoss enthalten eingerahmt wird.

Die Gedenktafel an unserem Haus ist Alfredo Catalani (1854 - 1893)gewidmet, einem Opernkomponisten, der wohl hoch geschätzt war,aber trotzdem heute nur noch Kennern bekannt ist. Er hat viele Jahrein unserem Haus gelebt. (Francesco weiss allerdings nicht, in welcherWohnung.) Das schöne Gedicht hat ein Domenico Riccio geschrieben.Ins deutsche hat es für uns Freundin Karin S. übersetzt:

Er erschien nur für kurze Jahre / um sich blickend hoch in sich / entnahm er der anderen Seite des Lebens / Dajanice Edmea Loreley Wally*. / Er brachte den Menschen liebliche Noten / dass das Herz nicht vergaß und erkannte und nicht vergisst. / An der Trauerweide hängt die Harfe / aber es tönen noch die Saiten / von Fingern berührt, die unsere Augen nicht mehr sehen.

*das sind die Namen von Catalanis Opern

Gobelins im Palazzo Mansi

Das Hochzeitszimmer – Versailleskönnte neidisch werden!

Im Garten des Palazzo Pfanner

Seite 15

Palazzo Mansi

zwischen dem 16. u. 17. Jhdt. gebaut. Sehr reich, sehr vornehm, außer-gewöhnlich für die Zeit.Im Erdgeschoss Platz für die Kutschen und Sänften zum VorfahrenHeute staatl. Pinakothek.

Spektakulär die Säle im 1. OG! Der Musiksaal mit perspektivisch inter-essanten Malereien von 1700. Herkules steigt zum Gastmal der Götterauf, das Urteil des Paris u.a.Danach 3 Säle mit flämischen Gobelins (ca. 1600) mit Darstellungenaus dem Leben des römischen Kaisers Aurelian und der von ihm be-siegten Königin Zenobia aus Palmyra (heute Syrien). An den Decken Al-legorien der Erde, des Wassers und der Luft.

Die Allegorie des Feuers dann im herrlichen Hochzeitszimmer. Hinterdem Bett Amor & Psyche als Bild.

Palazzo Pfanner (Garten)

Um 1670 im Stile der ital. Spätrenaissance als Palazzo Moriconi ge-baut. In den Besitz der bayerisch/österrichischen Familie Pfanner kamer Mitte des 19. Jhdt. Die Familie war sehr angesehen und stellte spä-ter auch einen Bürgermeister. Eine später Spross der Familie war einberühmter Arzt (ca. 1900?) Seine Instrumente sind im Palazzo nochausgestellt.

Der Palazzo ist heute noch im Besitz der Familie Pfanner.

Wir lieben den wunderschönen Garten mit Brunnen und Statuen undHecken, die die Wege säumen. Bis 1929 war hier im Garten und in denKellerräumen übrigens die 'Birreria Pfanner'. Der erste Pfanner, Felixhatte hier 1846 ein Brauhaus errichtet.

Denkmal für G. Puccini auf der PiazzaCittadella. Sein Geburtshaus sieht manim oberen Bild auf der linken Seite.

Seite 16

Giacomo Puccini

Sozusagen auf der Rückseite unseres Hauses, in der Corte S. Lorenzo9, wurde der Schöpfer von La Boheme, Turandot, Tosca, Madame But-terfly am 22. Dezember 1858 geboren, also genau vor 150 Jahren (vomJahr unseres eigenen Einzugs nach Lucca gerechnet).

Giacomo Puccini stammt aus einer Musikerfamilie. Sein Vater MichelePuccini war Leiter der Stadtkapelle von Lucca, Organist am Dom undKomponist von Opern und Messen, sein Großvater Domenico Pucciniebenfalls ein Komponist von Orchesterwerken und Klavierstücken.

2008, als wir alle Lucca für uns entdeckten, gab es an jedem Wochen-ende kleine und größere Konzerte an allen Ecken der Stadt.

Seit 2011 ist das Geburtshaus als Museum zu besichtigen.