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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit? Fachabteilung Aussenbeziehungen Autorin: Anna SAARELA Generaldirektion Externe Politikbereiche der Union DE STUDIE

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen

der EU und China: umfassendere strategische

Zusammenarbeit?

Fachabteilung Aussenbeziehungen Autorin: Anna SAARELA

Generaldirektion Externe Politikbereiche der Union

DE

STUDIE

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GENERALDIREKTION EXTERNE POLITIKBEREICHE

FACHABTEILUNG

DG EXPO/B/PolDep/Note/2018_04 +105 DE

Juli 2018 - PE 570.493 © Europäische Union, 2018

STUDIE

Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

Autorin: Anna Saarela

ZUSAMMENFASSUNG

Trotz grundlegender Divergenzen, die vor allem mit staatlichen Eingriffen und den Grundrechten zusammenhängen, ist China für die EU ein wichtiger strategischer Partner. Die Partnerschaft erlaubt eine Zusammenarbeit zum beiderseitigen Vorteil und Dialog in vielfältigen Bereichen: von Investitionen über Verkehrswesen und Menschenrechte bis zur Cybersicherheit.

Auf der Grundlage von Xi Jinpings „Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“ beschreitet China derzeit neue Wege. Obwohl Präsident Xi wiederholt bekundet hat, dass dem Markt eine entscheidende Rolle zukommen werde, ist Staatseigentum weiterhin der Eckpfeiler der chinesischen Wirtschaft, obwohl tiefgreifende Reformen erforderlich wären, um das Problem der Überkapazitäten in diversen Industriezweigen an der Wurzel anzugehen. Xis „Belt and Road Initiative“, die inzwischen auch in die Verfassung aufgenommen wurde, ist ein Leuchtturmprojekt zu internationaler Vernetzung und Infrastruktur, in dem chinesische Staatsunternehmen eine bestimmende Rolle spielen.

Insgesamt soll der wichtige, aber komplexe Wandel Chinas hin zu einem nachhaltigeren Wachstum schließlich sowohl China als auch der ganzen Welt zugutekommen. Aufgrund der Interdependenz der Weltwirtschaft bleiben Folgewirkungen der Neuausrichtung Chinas auf die globale Wirtschaftsordnung nicht aus.

China nimmt in der Weltordnungspolitik und der internationalen Rechtsordnung eine Schlüsselrolle ein, die auch mit entsprechender Verantwortung einhergeht. Peking hat damit begonnen, nicht mehr nur nationale Ziele zu verfolgen, sondern vielmehr eine selbstbewusste Außen- und Sicherheitspolitik und vermehrte finanzielle, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit globaler Reichweite.

China steht auch vor innenpolitischen Herausforderungen: Es gilt, Millionen Menschen aus der Armut zu befreien und stetig wachsenden Einkommensunterschieden sowie der Verschlechterung der Lage der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der vorherrschenden Korruption entgegenzuwirken.

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Fachabteilung, Generaldirektion Externe Politikbereiche

Diese Studie wurde vom Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments (INTA) und der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China (D-CN) angefordert.

Die englischsprachige Niederschrift wurde am 12. April 2018 fertiggestellt (aktualisiert am 19. Juli 2018).

Gedruckt in Belgien.

Autorin: Anna Saarela mit Beiträgen von Levente Csaszi (Menschenrechte) und Sophie Murphy Byrne (Praktikantin).

Editionsassistenz: Jan Muyldermans und Gyorgyi Macsai

Rückmeldungen aller Art werden gerne entgegengenommen. Bitte kontaktieren Sie dazu die Autorin unter: [email protected].

Exemplare dieser Studie erhalten Sie auf Anfrage an: [email protected]

Dieser Bericht wird in der Online-Datenbank des Europäischen Parlaments veröffentlicht 'Think Tank'.

Der hier niedergeschriebene Inhalt und die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung der Verfasserin wieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments. Die Studie richtet sich an die Mitglieder und Mitarbeiter des EP für ihre parlamentarische Arbeit. Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern das Europäische Parlament vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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Inhaltsverzeichnis

1 Eckpunkte und wesentliche Entwicklungen 5

2 Die politischen Beziehungen zwischen der EU und China 6

2.1 Überblick 6

2.2 Die parlamentarische Dimension der Beziehungen EU-China 13

3 Handels- und Investitionsbeziehungen EU-China 14

3.1 Überblick 14

3.2 Waren- und Dienstleistungshandel 14

3.3 Bilaterale Investitionsbeziehungen 15

3.4 Ausländische Direktinvestitionen EU-China 15

3.5 Handelsschutz- und Anti-Dumping-Maßnahmen 17

4 Jüngste politische Entwicklungen in China 19

4.1 Überblick 19

4.2 Parlamentarische Dimension – der 13. Nationale Volkskongress 22

5 Umwelt und Klimawandel 24

6 Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten 25

7 Wirtschaft und Handel 28

7.1 Wirtschaftlicher Lagebericht 28

7.2 Entwicklungspläne und Wirtschaftsreformen 31

7.3 Chinas globale Handelsstrategie 36

7.4 Handelspolitische Fragen 39

7.5 Handel und Investitionen 41

7.6 Digitale Wirtschaft und Cybersicherheit 46

7.7 „Belt and Road Initiative“ (BRI) 49

8 Außen- und sicherheitspolitische Fragen 51

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8.1 Globale und regionale Sicherheit 51

8.2 Beziehungen zwischen China und den ASEAN-Staaten 54

8.3 Koreanische Halbinsel 55

8.4 Beziehungen zwischen China und den USA 57

9 Multilaterale Zusammenarbeit 58

9.1 Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank 58

9.2 Die BRICS-Schwellenmärkte 58

9.3 China und Afrika 59

Anhang 1: Tarifäre Maßnahmen der USA 60

Anhang 2: China: Wesentliche Wirtschafts- und Sozialindikatoren 64

Anhang 3: China: Freihandelsabkommen 65

Anhang 4: Chinas Sozialpunktesystem. Ein neues Instrument für strengere Kontrollen? 66

Anhang 5: Basisdaten 68

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1 Eckpunkte und wesentliche Entwicklungen

• Angesichts der zunehmenden internationalen Spannungen, des sich verschärfenden Protektionismus und der Unberechenbarkeit der geopolitischen Entwicklung ist die Zukunft weiterhin ungewiss. Hier bieten sich für die EU und China Möglichkeiten, ihr gemeinsames Bekenntnis zur Wahrung des auf festen Regeln beruhenden multilateralen Handelssystems, zur Bekämpfung des Protektionismus und zu Fortschritten bei der Handelsfreiheit unter Beweis zu stellen – ein wichtiges Instrument für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Eine derartige Möglichkeit wäre ein erfolgreicher Abschluss der längst überfälligen Verhandlungen über ein umfassendes Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Die EU hegt hinsichtlich der Handels- und Investitionsbeziehungen mit China Bedenken, unter anderem in Bezug auf die mangelnde Gegenseitigkeit in den Beziehungen, den fehlenden Marktzugang und die ungleichen Bedingungen, die ausländische Investoren in China vorfinden. Solange die Bedingungen nicht verbessert werden, kann ein Freihandelsabkommen nicht in Betracht gezogen werden.

• Präsident Xi hat seine persönliche Macht rasch gefestigt, fördert die ideologische Geschlossenheit und verfolgt den Traum von einer großen „Verjüngung Chinas“. Im Jahr 2018 wurde Xi Jinpings „Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“ per einstimmigem Beschluss als eines der Leitbilder der Partei in der Verfassung festgeschrieben und verhalf dem Präsidenten damit zur gleichen gehobenen Stellung wie den Gründervätern der Volksrepublik, Mao Zedong und Deng Xiaoping. Auch das Ziel, mit der „Belt and Road Initiative“ (BRI) das Leuchtturmprojekt Xi Jinpings zu verfolgen, wurde in die chinesische Verfassung aufgenommen. Das Handels- und Investitionsprojekt soll von China geförderte Infrastruktur und dessen Vernetzung auf der ganzen Welt unterstützen.

• Die Menschenrechtslage in China hat sich während der Regierungszeit von Xi Jinping stetig verschlechtert. Die offiziellen Verlautbarungen Chinas und die sich verschlechternde Menschenrechtslage stehen in deutlichem Gegensatz zueinander.

• Als Reaktion auf die Konjunkturverlangsamung ist China bestrebt, eine „neue Normalität“ zu erreichen, die durch wirtschaftliche und soziale Reformen gekennzeichnet ist und zu einem stärker dienstleistungs- und technologieorientierten Wirtschaftswachstum führen soll, wobei Marktkräfte eine entscheidende Rolle spielen sollen. In deutlichem Gegensatz dazu beinhaltet Chinas Masterplan für die Zukunft der verarbeitenden Industrie mit dem Titel „Made in China 2025“ Zielvorgaben für die Optimierung von Industriestrukturen, indem konkrete Marktanteilziele zwecks Verwirklichung einer „Selbstversorgungsgarantie“ festgelegt werden. Der Plan enthält explizite Zielvorgaben für zehn Branchen und nennt zehn zentrale politische Instrumente, mit denen diese Zielvorgaben erreicht werden sollen – wie etwa erzwungene Technologietransfers als Gegenleistung für Marktzugang sowie Subventionen und staatseigene Unternehmen. Ein Ziel der Reformagenda ist die Konsolidierung staatseigener Unternehmen als „Nationale Champions“, um ausländischen Unternehmen und Märkten als Weltmarktführer verstärkt Konkurrenz zu machen.

• Die Reformen behalten eine „chinesische Ausprägung“ bei und müssen erst noch beweisen, ob sie mit einer deutlichen Abkehr von der starken Rolle des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft verbunden sind. Chinas Wandel erfordert den Umstieg auf ein effizienteres und stärker marktorientiertes Wirtschaftsmodell, damit dem immer drängenderen Problem

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der Überkapazitäten begegnet werden kann, das sehr viel weitreichender ist und neben der Stahlindustrie mehrere andere Sektoren betrifft. Möglicherweise wird die Umsetzung der Reformen zum Abbau der Überkapazitäten das Problem in der Praxis jedoch nicht lösen, da in China auch in der Vergangenheit viele Zusagen nicht eingehalten wurden.

• Peking erkennt zunehmend an, dass die Erlangung des Status eines „bedeutenden Landes“ mit der Übernahme einer entsprechenden Verantwortung einhergeht, indem das Land eine zentrale Rolle in der Weltordnungspolitik und in der auf Regeln basierenden internationalen Ordnung spielt und den Verpflichtungen nachkommt, die es im Rahmen der G20 eingegangen ist. China hat etwas Bewegung erkennen lassen, indem das Land von der Verfolgung eng gefasster nationaler Ziele zu einer aktiveren Außen- und Sicherheitspolitik übergegangen ist, in finanziellen und wirtschaftlichen Fragen weltweit stärker kooperiert sowie Terrorismus, Protektionismus, den Klimawandel und Migrationskrisen bekämpft und eine gerechte Besteuerung und Lebensmittelsicherheit fördert. Xis Bemerkungen über die Unantastbarkeit der Vereinten Nationen, sein Bekenntnis zu einer multipolaren Welt und seine Vision über den Aufbau einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft zeigen Chinas Entschlossenheit, in der internationalen Politik und Wirtschaft mehr Verantwortung zu übernehmen.

• Zu verhindern, dass der Schutz wirtschaftlicher und strategischer Interessen in katastrophale Konflikte umschlägt, muss das oberste Ziel aller – auch der großen – Volkswirtschaften sein. In Asien verfolgt China weiterhin eine energische Außenpolitik, mit anhaltenden Territorialkonflikten mit seinen Nachbarn. Aus Sorge um eine rasche Eskalation der Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel hat China Nordkorea dazu aufgefordert, im Rahmen von verabschiedeten Resolutionen der Vereinten Nationen seine Nuklear- und Raketentests einzustellen. China hat außerdem den wirtschaftlichen Druck auf Pjöngjang kontinuierlich erhöht, die Ausfuhr von Öl, Stahl und anderen Metallen nach Nordkorea begrenzt und den Import von Kohle aus Nordkorea 2017 unterbrochen.

• Das unvorhergesehene Treffen zwischen Xi Jinping und dem nordkoreanischen Staatsführer, Kim Jong-un, hat das Engagement beider Seiten für eine Lösung zur Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel und für eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen erneuert. Als wichtigster Handelspartner und Hauptlieferant für Nahrungsmittel und Energie hat China gegenüber Nordkorea einen strategischen Vorteil. Peking hat sich wiederholt für die Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche eingesetzt, den multilateralen Rahmen zur Denuklearisierung Nordkoreas. Am 8. Mai 2018 fand der nordkoreanische Staatsführer sich im Vorfeld des Gipfeltreffens zwischen Nordkorea und den USA am 12. Juni 2018 zu einem weiteren überraschenden Besuch beim chinesischen Präsidenten ein.

2 Die politischen Beziehungen zwischen der EU und China

2.1 Überblick Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union (EU) und China sind im Rahmen der 2003 gegründeten

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union (EU) und China sind im Rahmen der 2003 gegründeten strategischen Partnerschaft weit fortgeschritten. Die Agenda 2020 für die Zusammenarbeit EU-China, ein im Jahr 2013 angenommenes gemeinsames Dokument der obersten Ebene, gilt als Leitfaden für die umfassende strategische Partnerschaft zwischen der EU und

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strategischen Partnerschaft weit fortgeschritten. Die EU erwartet von China, Verantwortung entsprechend seiner globalen Bedeutung zur übernehmen und die auf Regeln beruhende internationale Ordnung zu unterstützen. Mit der neuen China-Strategie der EU wird eine engere Zusammenarbeit mit China in drei wesentlichen Bereichen gefordert: – Wohlstands- und Reformagenda, – Außenpolitik und Sicherheit sowie – Weltordnungspolitik und multilateraler Kontext. Auch wird Chinas Beitrag zu Frieden und Sicherheit in östlichen und südlichen Nachbarregionen der EU geschätzt.

China. Angesichts der Veränderungen sowohl in der EU als auch in China und angesichts Chinas erneuert unterstrichener Absicht, sich international aufzustellen, hat die EU in ihrer Gemeinsamen Mitteilung „Elemente für eine neue China-Strategie der EU“, (angenommen am 22. Juni 2016) ihre eigenen Interessen festgehalten.

In der Gemeinsamen Mitteilung schreibt die EU, dass sie von China erwartet, dass es der Verantwortung, die mit seinem weltpolitischen Einfluss einhergeht, nachkommt und die auf Regeln basierende Weltordnung unterstützt, von der es selbst profitiert. Um eine höchstmögliche Kohäsion und Wirksamkeit in der EU sicherzustellen, bedarf es bei einem solch einzigartigen strategischen Partner wie China eines gesamteuropäischen Ansatzes. Die Beziehung der EU zu China sollte auf politischer und wirtschaftlicher Ebene zu gegenseitigen Vorteilen führen. Insbesondere muss der chinesische Markt für europäische Unternehmen und Investitionen geöffnet werden. Oberste Prioritäten der EU bleiben weiterhin der Abschluss des Umfassenden Investitionsabkommen zwischen der EU und China (siehe Kapitel 3.3. Seite 15), das für eine echte Gegenseitigkeit beim Marktzugang, gleichwertige Bedingungen und ein zuverlässiges und transparentes ordnungspolitisches Umfeld für Investoren und Investitionen sorgen würde. Ein tiefgreifendes und umfassendes bilaterales Freihandelsabkommen würde ehrgeizigeren Reformen unterliegen, z. B. einer Liberalisierung der chinesischen Wirtschaft und einer Einschränkung der Stellung der Staatsunternehmen sowie der damit einhergehenden Schaffung gleicher Bedingungen für in- und ausländische Unternehmen. Die strategische Zusammenarbeit der EU mit China umfasst drei Schwerpunktbereiche: Wohlstands- und Reformagenda, Außenpolitik und Sicherheit sowie Weltordnungspolitik und multilateraler Kontext.

Hinsichtlich der Wohlstands- und Reformagenda verfolgt die EU das Ziel einer größeren Öffnung des chinesischen Markts sowie sicherzustellen, dass sämtliche Aspekte ihrer Handels- und Investitionsbeziehung mit China von Gegenseitigkeit und Wettbewerbsgleichheit geprägt sind. Die Strategie passt zur „Trade for All“-Strategie und berücksichtigt die in der Entschließung des Europäischen Parlaments über die Beziehungen zwischen der EU und China festgehaltene Standpunkte. Sie verweist auf Chinas Verpflichtung gegenüber der WTO, u. a. Subventionen zu melden und die staatlich geleitete Wirtschaft zu reformieren, sodass ein größerer Spielraum für Marktkräfte besteht, damit Probleme wie die industriellen Überkapazitäten angegangen werden können.

Hinsichtlich Außenpolitik und Sicherheit fordert die EU von China eine stärkere Befolgung der internationalen Regeln und Normen (z. B. Einhaltung des VN-Seerechtsübereinkommens und die friedliche Beilegung des Streits um die Inseln im Südchinesischen Meer unter Beachtung des ASEAN-Verhaltenskodex) und die Mobilisierung von Ressourcen, um einen Beitrag zur Sicherheit als globales öffentliches Gut zu leisten, z. B in Afghanistan und Syrien. China gilt auch als ein wichtiger Akteur, um in der östlichen und südlichen Nachbarschaft der EU mit für Frieden und Sicherheit zu sorgen, und als unverzichtbarer Partner, um gemeinsame Ziele in Bezug auf die Abrüstung, die Nichtverbreitung von

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Während des achten strategischen Dialogs zwischen der EU und China am 1. Juni 2018 wurden zahlreiche Themen zur Vorbereitung auf den anstehenden Gipfel vom 16. und 17. Juli 2018 behandelt. Während der chinesisch-europäischen Gipfeltreffen der Jahre 2016 und 2017 wurde klar, dass die Beziehung sich schwierig gestaltete. Fortschritte erzielt wurden bei den

Waffen, die Terrorismusbekämpfung und das Internet (siehe Kapitel 7.6. Seite 46) zu erreichen. Internationale Sicherheit und Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel mit dem Ziel, in der Region und darüber hinaus für Sicherheit zu sorgen, stehen sowohl für die EU als auch für China an oberster Stelle.

Mit Blick auf die globale Ordnungspolitik setzt die EU bei ihrer Strategie für China auf gemeinsame Lösungen für globale Herausforderungen (z. B. Klimawandel und Umweltprobleme, Migration, humanitäre Krisen usw.), auf die Förderung eines wirksamen Multilateralismus und einer auf festen Regeln beruhenden Weltordnung sowie auf die Wahrung des Völkerrechts und universeller Werte.

Zur Unterstützung der Reformen in China wird in der EU-Strategie betont, dass es notwendig ist, die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und die Zivilgesellschaft zu stärken. Es wird außerdem unterstrichen, dass es die Rolle des jährlichen Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China zu stärken gilt. Auch der EU-China-Rechtsdialog, der im Juni 2016 ins Leben gerufen wurde, beschäftigt sich mit Fragen zur Rechtsstaatlichkeit. Zum Streit um die Inseln im Südchinesischen Meer und die Menschenrechte in China sagte Kommissionspräsident Juncker im Februar 2018, dass es hier keine gemeinsame Position der EU gebe.

Während des achten hochrangigen strategischen Dialogs zwischen der EU und China am 1. Juni 2018 wurden zahlreiche Themen zur Vorbereitung auf den 20. bilateralen Gipfel vom 16. bis 17. Juli 2018 behandelt. Die Führungsspitzen der EU und Chinas gaben eine gemeinsame Gipfelerklärung ab, die auch Ausführungen zu den Themen Klimawandel und umweltfreundliche Energie enthielt. Letzteres zeigt die Bedeutung des Kampfes gegen den Klimawandel und der multilateralen Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Übereinkommens von Paris aus dem Jahr 2015. Die Führungsspitzen bekräftigten ihre Bereitschaft, die globale Dimension ihrer Partnerschaft für Frieden, Sicherheit, Wirtschaftswachstum und nachhaltiges Wachstum, Reform und Zivilisation durch Umsetzung der Strategischen Agenda für Zusammenarbeit 2020 zwischen der EU und China zu vertiefen und zu stärken. Die Hauptthemen auf der Tagesordnung umfassten die laufenden Verhandlungen zum umfassenden Investitionsabkommen zwischen der EU und China; den gemeinsamen Einsatz für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) als Schnittstelle des auf Regeln basierenden multilateralen Handelssystems sowie die Schaffung von Synergien zwischen der „Belt and Road Initiative“ Chinas im Rahmen der Vernetzungsplattform zwischen der EU und China und dem EU-Investitionsplan (Transeuropäisches Verkehrsnetz – TEN-V). Neben den bilateralen Themen Außenpolitik und mit der Sicherheitsagenda zusammenhängende Themen wie das Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA); die Situation auf der Koreanischen Halbinsel; der Friedensprozess in Afghanistan; eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten; der Syrienkonflikt und die Stabilisierung Libyens sowie Zusammenarbeit zu Afrika. Beide Seiten begrüßten auch die Ausrichtung des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China im Juli 2018.

Auf dem Gipfeltreffen im Juli 2018 einigten die EU und China sich darauf, das Kooperationsabkommen über und zum Schutz von geografischen Angaben zu

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Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen über und zum Schutz von geografischen Herkunftsangaben. Die EU und China vereinbarten 2016, eine bilaterale „Stahlplattform“ einzurichten, um Chinas Überkapazitäten zu bewältigen. Die EU und China gehören nicht nur zu den größten Handelsmächten der Welt, die EU ist auch Chinas wichtigster Handelspartner.

beschleunigen, um die Verhandlungen möglichst bis Oktober 2018 abzuschließen. Im Juni 2017 wurden Fortschritte bei den Verhandlungen zum Abkommen über geografische Angaben erzielt, in dem die EU und China sich auf die Veröffentlichung von einhundert geografischen Angaben durch beide Seiten einigten. Dies eröffnete den Prozess zum Schutz der gelisteten Produkte mit geografischen Angaben vor Nachahmung und Missbrauch. Erwartet werden dadurch Handelsvorteile für beide Seiten sowie ein erhöhtes Bewusstsein der Verbraucher für Qualitätsprodukte.

Anders als in der Vergangenheit (und wie es beim 18. Gipfeltreffen zwischen der EU und China noch der Fall war) gab es auf dem 19. Gipfeltreffen zwischen der EU und China, das im Juni 2017 in Brüssel stattfand, keine gemeinsame Gipfelerklärung. Auf beiden Gipfeltreffen wurden voneinander abweichende Haltungen seitens der EU und Chinas offensichtlich, etwa durch Chinas Versuch, die EU zu überzeugen, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und China aufzunehmen und den Marktwirtschaftsstatus Chinas in der WTO anzuerkennen. Um den Auswirkungen von Chinas Überkapazitäten im Stahlbereich auf die EU zu begegnen, haben die EU und China sich 2016 auf die Einrichtung einer „bilateralen Stahlplattform“ geeinigt, die ähnliche Ziele verfolgt wie das Globale Forum zu Stahlüberkapazitäten. Obwohl der Schwerpunkt der Gespräche auf Chinas Stahlproduktion lag, haben zahlreiche andere Industriezweige in der EU Bedenken hinsichtlich der Überkapazitäten Chinas.

Auf dem 18. EU-China-Gipfelwurde 2018 zum europäisch-chinesischen Jahr des Tourismus erklärt und am 19. Januar 2018 eingeläutet. Parallel dazu fand der erste Tourismusgipfel zwischen der EU und China statt. Aufbauend auf dem Erfolg des „EU-China Blue Year“ 2017 zu Meeresfragen schlossen die EU und China auf dem Gipfeltreffen im Juli 2018 ein Partnerschaftsabkommen über die Ozeane.

Der 13. Wirtschaftsgipfel zwischen der EU und China vom 16.–17. Juli 2018 gab europäischen und chinesischen Politikern die Gelegenheit, sich mit Vertretern der Wirtschaft über wirtschaftsrelevante Themen auszutauschen, darunter das bilaterale Investitionsabkommen zwischen der EU und China, die Digitalwirtschaft, den Klimawandel und Nachhaltigkeit sowie Vernetzung.

Handel und Investitionen zwischen der EU und China (siehe Kapitel 3, Seite 14)

Die EU und China gehören nicht nur zu den größten Handelsmächten der Welt, die EU ist auch Chinas wichtigster Handelspartner und China ist zweitgrößter Handelspartner der EU. China ist zum Knotenpunkt globaler Lieferketten geworden und der wichtigste Handelspartner für schätzungsweise 120 Länder und Regionen. Technologische Entwicklungen, wirtschaftliche Innovationen und sinkende Handelskosten verändern globale Produktionsmuster weiterhin. Zwischenerzeugnisse für Chinas Wirtschaft werden in zunehmendem Maße im eigenen Land beschafft. Der Wandel in der globalen Wertschöpfungskette setzt Volkswirtschaften, die eng in die „asiatische Wertschöpfungskette“ eingebunden sind, unter Wettbewerbsdruck 1 . Einige EU-Länder haben in der jüngeren Vergangenheit einen proaktiveren Ansatz der EU gegenüber China gefordert,

1 IWF-Arbeitspapier , Quantifying the Spill-overs from China Rebalancing, veröffentlicht am 15. November 2016.

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Einige der wichtigsten Partner der EU, darunter China, Australien, Kanada, Indien, Japan und die USA, haben Prüfmechanismen, um möglichen ADI-Risiken entgegenzuwirken. Die EU hat keine einheitliche Position zur „Belt and Road Initiative“. Das sogenannte 16+1-Bündnis hat zu Spannungen zwischen China und der EU geführt. Die Europäische Kommission prüft derzeit ein Bauprojekt für eine Eisenbahnlinie zwischen Budapest und Belgrad, das ein wichtiges ADI-Projekt in der Region darstellt, auf mögliche Verstöße gegen Transparenzanforderungen der EU bei

insbesondere bei Politikinitiativen der EU wie dem laufenden Vorhaben eines EU-weiten Rahmens für die Überprüfung von Investitionen.

Am 28. Mai 2018 hat der Ausschuss für internationalen Handel (INTA) des EP einen Entwurf einer legislativen Entschließung zum Vorschlag der Kommission vom 13. September 2017 für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen (ADI) angenommen. Am 13. Juni 2018 einigte sich der Rat der EU auf eine gemeinsame Haltung zur vorgeschlagenen Verordnung, sodass eine baldige Aufnahme der Verhandlungen zwischen den beiden Institutionen erwartet wird. Mehrere der wichtigsten Partner der EU, darunter China, Australien, Kanada, Indien, Japan und die USA haben Prüfmechanismen, um möglichen ADI-Risiken entgegenzuwirken.

EU-China: „Belt and Road Initiative“ (BRI)

Es gibt keine einheitliche Haltung der EU zur „Belt and Road Initiative“ (BRI). Zudem wurden Bedenken über den „Teile-und-Herrsche“-Ansatz Pekings gegenüber der EU geäußert. Dass innerhalb der EU geteilte Haltungen herrschen, zeigte sich im April 2018, als 27 der 28 Botschafter der EU-Mitgliedstaaten in Peking einen Bericht veröffentlichten, in dem Bedenken über die ADI Chinas angesprochen wurden, da diese der Agenda der EU über die Liberalisierung des Handels zuwiderliefen und die Machtverhältnisse zugunsten subventionierter Unternehmen aus China verschöben.

Darüber hinaus hat das sogenannte 16+1-Bündnis Spannungen zwischen China und der EU hervorgerufen. China hat Absichtserklärungen mit allen 16 mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) 2 unterzeichnet, darunter Bulgarien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und den drei baltischen Staaten, die sich bereit erklärt haben, sich der BRI anzuschließen. Im Kommuniqué seines 6. jährlichen Gipfeltreffens am 27. November 2017 in Ungarn nennt das Bündnis die Handels- und Investitionsförderung als eine seiner Prioritäten. Daten des chinesischen Handelsministeriums zufolge erreichte das Handelsvolumen zwischen China und den 16 MOE-Ländern 2017 67,98 Milliarden USD, was im Vergleich zu 2016 einem Anstieg um 15,9 % entspricht. Der 7. 16+1-Gipfel soll am 6. und 7. Juli 2018 in Bulgarien stattfinden. Die chinesischen Investitionen in den 16 MOE-Ländern überstiegen 2017 9 Milliarden USD; 20 Projekte wurden abgeschlossen oder befinden sich in der Umsetzung, darunter eine Eisenbahnlinie zwischen Ungarn und Serbien (wofür Serbien ein Darlehen in Höhe von 297,6 Millionen USD von der chinesischen Bank Exim aufgenommen hat). Die Europäische Kommission prüft derzeit die EU-Rechtskonformität des Projekts in Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen Finanzvorschriften (wie die EU-Transparenzvorschriften für öffentliche Ausschreibungen). Der Bau des ungarischen Abschnitts der Eisenbahnlinie soll rund 2,1 Milliarden USD kosten und 2020 beginnen, wobei 85 % der Kredithöhe durch die chinesische Bank Exim bereitgestellt werden.

2 Elf EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien) und fünf Balkanstaaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sowie Serbien und Montenegro).

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öffentlichen Ausschreibungen. ADI müssen offene, transparente und inklusive Projekte sein, die internationalen und multilateralen Marktregeln, Anforderungen und Standards entsprechen. Im Rahmen der sogenannten „Connectivity Platform“ tauschen die EU und China sich über Verkehrspolitik aus, z. B. über den Rahmen für transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) und die chinesischen ADI-Projekte. Auch im Rahmen von Horizont 2020, einem der EU-Schlüsselprogramme zu Innovation und

Die ehrgeizige „Belt and Road Initiative“, Xi Jinpings Leuchtturmprojekt für zwischenstaatlichen Handel, in dessen Rahmen von China geförderte vernetzte Infrastruktur auf der ganzen Welt gebaut wird, sollte Möglichkeiten für regionale produktivitätssteigernde Wertschöpfungsketten bieten. Der Erfolg von Projekten wie der „Belt and Road Initiative“ hängt von ihrem Mehrwert für alle Seiten ab – nicht nur für China und Europa, sondern auch für etwaige beteiligte Drittländer. Dazu muss die BRI offen, transparent und inklusiv sein und internationalen und multilateralen Marktregeln, Anforderungen und Standards entsprechen.

Weitreichende bilaterale Zusammenarbeit zwischen der EU und China

Neben den jährlichen Gipfeltreffen spiegeln über 60 hochrangige Dialoge den weitreichenden Umfang der bilateralen Kooperation wider. Zu den gemeinsam bestimmten Schwerpunktbereichen für die Zusammenarbeit zählen Menschenrechte, Landwirtschaft und Biotechnologie, nachhaltige Urbanisierung mit ihren unterschiedlichen Dimensionen wie Energie, Umwelt und Klimawandel (siehe Kapitel 5, Seite 24), Verkehr, IKT, Sozial- und Geisteswissenschaften sowie Luftverkehr.

Die europäische-chinesische „Vernetzungsplattform“

Die „Vernetzungsplattform“ EU-China (errichtet am 29. Juni 2016) kam am Rand des EU-China-Gipfels 2018 zum dritten Mal zusammen und bewirkte ein höheres gegenseitiges Verständnis der europäischen und chinesischen Verkehrspolitik sowie eine Prüfung von Synergien in Hinblick auf Infrastrukturvorhaben und Investitionsprojekte von gemeinsamem Interesse im Verkehrswesen wie das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) in der EU (es wurde eine Liste europäischer Verkehrsinfrastrukturprojekte vorgestellt) und die Projekte Chinas in Zentralasien im Rahmen der „Belt and Road Initiative“. Die gemeinsame Vernetzungsplattform soll die Vernetzung durch kompatible See-, Land- und Luftverkehrsnetze sowie Energie- und Digitalnetze auf direkte und indirekte Weise fördern.

In diesem Zusammenhang ebenfalls zu nennen ist das Seeverkehrsabkommen zwischen der Kommission, den EU-Mitgliedstaaten und China aus dem Jahr 2002. Am 8. Dezember 2017 schlossen die EU und China Verhandlungen für zwei Abkommen ab, das bilaterale Abkommen über die Sicherheit der Zivilluftfahrt und das horizontale Luftverkehrsabkommen. Sie sollen den Marktzugang erleichtern, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Luftfahrtindustrie stärken und die weitere bilaterale Zusammenarbeit in der Luftfahrt fördern. Die Umsetzung des „Near-term Action Plan of the EU-China Connectivity Platform’“ (Kurzfristiger Aktionsplan der Vernetzungsplattform EU-China) soll die Vernetzung im Infrastrukturbereich zwischen der EU und China weiter fördern.

Partnerschaft EU-China: Horizont 2020

Auch in Bezug auf weitere Aspekte der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und China wurden gute Fortschritte erzielt, wie etwa bei der EU-China-Partnerschaft im Rahmen von Horizont 2020, eines der Schwerpunktprogramme der EU im Bereich Forschung, Innovation und technologische Entwicklung mit einem Budget von 80 Milliarden EUR für ein Arbeitsprogramm im Zeitraum 2018–

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technischer Entwicklung, macht die bilaterale Partnerschaft zwischen der EU und China gute Fortschritte. Die Energiezusammenarbeit zwischen der EU und China umfasst einen spezifischen hochrangigen Energiedialog und deckt insbesondere erneuerbare Energien, intelligente Netze und Energieeffizienz ab. Die Sicherheits- und Verteidigungsdimension der Beziehungen zwischen der EU und China wächst stetig.

2020. Chinesische Forscher und Unternehmen können sich dabei als gleichwertige Partner beteiligen und mit europäischen Forschungsteams zusammenarbeiten. Am 26. März 2018 wurde die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen/gemeinsamen Vorhaben von europäischen und chinesischen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Rahmen des EU-China Co-funding Mechanism for Research and Innovation (CFM) veröffentlicht. Die am 3. Mai 2012 ins Leben gerufene Urbanisierungspartnerschaft ist eine strategische Forschungs- und Innovationskooperation im Bereich nachhaltiger Urbanisierung zwischen der EU und China, die in Gestalt mehrerer gemeinsamer Projekte im Rahmen des siebten Rahmenprogramms und Horizont 2020 stattfindet.

EU-China: Zusammenarbeit im Energiesektor

Ein hochrangiger Dialog zur Zusammenarbeit im Energiesektor zwischen der EU und China auf der Basis des Fahrplans für die Zusammenarbeit zwischen der EU und China im Energiesektor (2016-2020) umfasst insbesondere die Themen erneuerbare Energie, intelligente Stromnetze und Energieeffizienz im Bausektor, Marktmechanismen für den Umweltschutz, saubere Kohle und Atomenergie. Das Arbeitsprogramm 2017–2018 des EU-China-Fahrplans für Zusammenarbeit im Energiesektor wurde am Rand des 19. EU-China-Gipfels im Juni 2017 unterzeichnet. China war bisher der größte Einzelempfänger von finanzieller und technischer Hilfe der EU in den Bereichen Energie und Klimawandel. In der gemeinsamen Erklärung vom 16. Juli 2018 haben die EU und China erklärt, dass sie die politische, technische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Klimaschutzes und zugunsten umweltfreundlicher Energie deutlich stärken werden.

EU-China: Sicherheits- und Verteidigungsdimension

Die Sicherheits- und Verteidigungsdimension der Beziehungen zwischen der EU und China wächst stetig. Die EU ist dafür, dass im Rahmen der Cyber-Taskforce EU-China ein regelmäßiger und substanzieller Dialog der EU mit China eingerichtet wird, um nach mehr Gemeinsamkeiten in Bezug auf Abrüstung, Nichtverbreitung, Terrorismusbekämpfung, Migration und Cybersicherheit zu suchen.

Während die Haltung der EU zum Waffenembargo gegen China unverändert bleibt, macht China Fortschritte auf dem Gebiet der internationalen Sicherheitszusammenarbeit mit Europa nicht mehr von der Aufhebung des Embargos abhängig.

Die EU und China haben bei der Bekämpfung der Piraterie eine erfolgreiche praktische Zusammenarbeit, etwa im Rahmen des ersten Marineeinsatzes der EU und der ATALANTA-Mission der EU mit Unterstützung der Marine der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Der Aktionsplan für die Zusammenarbeit der Zollbehörden Chinas und der EU im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums (2018–2020) war eine der Prioritäten des Strategischen Rahmens zwischen der EU und China.

Auf dem Friedens- und Sicherheitsforum EU-China 2017 wurden mehr konkrete Kooperationsprojekte gefordert, insbesondere auf der Koreanischen Halbinsel

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(siehe Kapitel 8.3, Seite 55), in Afrika, im Nahost-Friedensprozess, in Syrien, Afghanistan und in Bezug auf das Atomabkommen mit Iran. Ein multilaterales Vorgehen gegen Sicherheitsprobleme in der Nachbarschaft der EU erfordert außenpolitisches Wirken zusammen mit China, das dem VN-Sicherheitsrat als ständiges Mitglied angehört.

2.2 Die parlamentarische Dimension der Beziehungen EU-China Die EP-Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China beobachtet die Entwicklung des Verhältnisses zwischen der EU und China mit Blick auf Politik, Wirtschaft und Handel aufmerksam. Das 40. interparlamentarische Treffen fand am 15. und 16. November 2017 in Straßburg statt, nachdem die Treffen von China über ein Jahr lang ausgesetzt worden waren.

Die Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zur Volksrepublik China beobachtet zusammen mit den EP-Ausschüssen, insbesondere den Ausschüssen für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und für internationalen Handel (INTA), aufmerksam die Entwicklung des Verhältnisses EU-China mit Blick auf Politik, Wirtschaft und Handel.

Der Nationale Volkskongress Chinas setzte den regelmäßigen Austausch in Form der interparlamentarischen Treffen Mitte September 2016 aus, indem es das geplante interparlamentarische Treffen kurzfristig absagte, da es mit dem Besuch des Dalai Lama in Straßburg am 15. September 2016 zusammenfiel, der dort vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten sprach und Martin Schulz, den damaligen Präsidenten des europäischen Parlaments, traf.

Das 40. Interparlamentarische Treffen fand am 15. und 16. November 2017 in Straßburg statt, nachdem die Treffen von China über ein Jahr lang ausgesetzt worden waren. Zwischen den Parlamentsmitgliedern fand ein angeregter Meinungsaustausch zur Koreanischen Halbinsel, globalen Sicherheitsproblemen, zum Klimawandel, Handel und Investitionen sowie zu Cybersicherheit und digitaler Wirtschaft statt. Die chinesischen Abgeordneten informierten die Mitglieder der Europäischen Parlaments über die Ergebnisse des 19. Kongresses der Kommunistischen Partei im Oktober 2017.

Das 41. Interparlamentarische Treffen zwischen EP und China fand vom 7. bis 9. Mai 2018 in Peking und Hangzhou (China) statt.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments (AFET) in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für internationalen Handel (INTA) und dem Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) haben im April 2018 einen Initiativbericht über den Stand der Beziehungen zwischen der EU und China (2017/2274 INI) erstellt. Über den Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments soll auf der Plenartagung im September 2018 abgestimmt werden.

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3 Handels- und Investitionsbeziehungen EU-China

3.1 Überblick Obwohl die EU und China sehr enge Wirtschaftsbeziehungen pflegen, wird das Geschäftsklima in China gegenüber EU-Investitionen und dem EU-Handel als schwierig erachtet.

Obwohl die EU und China sehr enge Wirtschaftsbeziehungen pflegen, wird das Geschäftsklima in China gegenüber EU-Investitionen und dem EU-Handel als schwierig erachtet. Der Mangel an Gegenseitigkeit, ein fehlender Marktzugang sowie der Mangel an fairen Wettbewerbsbedingungen für ausländische Investoren in China sind Grund zur Besorgnis in der EU, da chinesische Investitionen gleichzeitig Freiheiten in der EU genießen und die Zuflüsse zunehmen. Die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und China sollten auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses des wechsel- und gegenseitigen Nutzens verstärkt werden. Chinas Wirtschaftsreformen, insbesondere Reformen, die die Rolle des Marktes stärken und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen, sind die Basis für eine Vertiefung der bilateralen Beziehungen.

3.2 Waren- und Dienstleistungshandel Auch 2017 war die EU Chinas wichtigster Handelspartner.

Auch 2017 war die EU Chinas größter Handelspartner, und China ist nach den USA der größte Warenhandelspartner für die EU. Der Warenhandel zwischen der EU und China hat einen Wert von über 1,5 Mrd. EUR pro Tag. Der Handel mit China weist einen Wert von insgesamt 375 Mrd. EUR im Zusammenhang mit EU-Wareneinfuhren und 198 Mrd. EUR im Zusammenhang mit EU-Warenausfuhren auf. Die EU verzeichnet auch weiterhin ein bedeutendes Handelsdefizit mit China, das sich im Jahr 2017 auf 176 Mrd. EUR belief.

Abbildung 1: EU-Handel mit China

Einfuhren aus China:

Ausfuhren nach China:

Differenz

Warenhandel im Jahr 2017: (in Mrd. EUR)

374,6 198,2 -176,4

% des EU-Gesamthandels 20,2 % 10,5 %

Dienstleistungshandel im Jahr 2016:

(in Mrd. EUR)

29,6 38,3 +8,8

% des EU-Gesamthandels 3,9 % 4,6 %

Quelle: Eurostat; GD Handel

Beide Seiten würden von einem Abkommen über geografische Angaben nach den höchsten Standards profitieren.

Die EU räumt einem Abkommen mit China über geografische Angaben für den Schutz von Nahrungsmittelbezeichnungen nach den höchsten internationalen Standards große Priorität ein. Auf dem EU-China-Gipfel im Juni 2017 wurde eine Einigung über die Veröffentlichung von 100 Bezeichnungen auf beiden Seiten erzielt. Das Abkommen aus dem Jahr 2012 zwischen China und der EU über den Schutz von 10 landwirtschaftlichen Produkten und Nahrungsmitteln mit geografischen Angaben in den Hoheitsgebieten beider Regionen hat gezeigt, dass beide Parteien Nutzen aus dem Abschluss eines Abkommens über geografische Angaben nach den höchsten internationalen Schutzstandards ziehen können.

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China bleibt für die EU weiterhin ein Schwerpunktland mit Blick auf den Schutz und die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (IPR). Über 80 % der gefälschten und raubkopierten Waren, die beschlagnahmt werden, kommen aus China oder Hongkong.

3.3 Bilaterale Investitionsbeziehungen Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) bringen der EU bedeutende Vorteile wie Wachstum und Arbeitsplätze.

Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) bringen der EU bedeutende Vorteile, sorgen für die Einbindung europäischer Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten, steigern Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Ressourcenallokation, bringen darüber hinaus Kapital, Technologien, Kompetenz und Innovation und eröffnen der Exportwirtschaft der EU neue Märkte.

Die im Jahr 2013 eingeleiteten Verhandlungen über das erste bilaterale umfassende Investitionsabkommen der EU bilden mit Blick auf die Vertiefung und Neuordnung der Beziehungen zu China die Hauptpriorität der EU. Größere Ziele wie ein Freihandelsabkommen können nur in Betracht gezogen werden, nachdem ein umfassendes Investitionsabkommen abgeschlossen wurde.

Das Investitionsabkommen zwischen der EU und China

Die im Jahr 2013 eingeleiteten Verhandlungen über das erste bilaterale umfassende Investitionsabkommen der EU bilden mit Blick auf die Vertiefung und Neuordnung der Beziehungen zu China die Hauptpriorität der EU. Ziel ist es, denselben Grad an Offenheit auf Chinas Märkten zu erreichen, der bereits auf den Märkten der EU vorhanden ist. Der Marktzugang soll erleichtert werden, indem sowohl diskriminierende als auch quantitative Beschränkungen beseitigt werden. Wichtige Aspekte für die EU sind der Schutz von Investitionen und Investoren sowie der gegenseitige Marktzugang. Die bilateralen Investitionsabkommen der EU-Mitgliedstaaten mit China sehen keinen Marktzugang für Investitionen vor.

Seitdem haben 17 Verhandlungsrunden stattgefunden, die letzte vom 22. bis zum 24. Mai 2018. Zu den verhandelten Fragen zählen der Zugang zu und Schutz von Investitionsmärkten, ein regulatorischer Rahmen für Investitionen, einschließlich Verfahren für Transparenz, Lizenzierung und Genehmigung, sowie nachhaltige Entwicklung und die Beilegung von Streitigkeiten. Am Rande des 20. EU-China-Gipfels wurden erste Angebote zum Marktzugang ausgetauscht und eine neue Verhandlungsphase eingeleitet.

Ein derartiges umfassendes Abkommen sowie Reformfortschritte Chinas bei der Liberalisierung seiner Wirtschaft und der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen würden neue Marktchancen eröffnen und es beiden Seiten ermöglichen, ehrgeizigere Ziele wie ein Freihandelsabkommen ins Auge zu fassen.

3.4 Ausländische Direktinvestitionen EU-China Laut chinesischem Handelsministerium sanken die ADI chinesischer

Unternehmen 2017 um 29 %.

Laut OECD nahmen die ADI-Ströme in die Länder der EU um 45 % ab (von 531 Mrd. USD im Vorjahr auf 290 Mrd. USD im Jahr 2017). China, im Jahr 2016 der zweitgrößte Investor weltweit, rangierte 2017 nicht mehr unter den fünf größten Investoren, da seine Auslandsinvestitionen um rund die Hälfte von

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217 Mrd. USD auf 102 Mrd. USD fielen. Chinas ausgehende ADI entsprachen 2017 12,3 % seines BIP.

Ausländische Direktinvestitionen zwischen China und der EU

Die Direktinvestitionstätigkeit Chinas in der EU sank 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 17 % auf 30 Mrd. EUR. Auch die ADI-Transaktionen der EU in China sanken 2017 von 8 Mrd. EUR auf 6 Mrd. EUR.

Abbildung 2: Chinas ADI-Zuflüsse im Vergleich zu den USA und EU-28 (in Mio. USD)

Quelle: UNCTAD, Weltinvestitionsbericht 2018

Chinesische Investitionen in Europa

Die Direktinvestitionen (ADI) Chinas in Europa erreichten 2017 ein Rekordhoch von 65 Milliarden Euro (79 Mrd. USD). Dies war hauptsächlich der Übernahme des Agrarunternehmens Syngenta durch ChemChina in der Schweiz geschuldet, die im Mai 2017 für 43 Milliarden USD erfolgte. Laut den chinesischen Behörden wären die chinesischen Direktinvestitionen in Europa um 22 % auf rund 38 Milliarden USD gesunken, wenn die Übernahme nicht stattgefunden hätte. Im Jahr 2017 sanken die ADI Chinas in den EU-Ländern drastisch, etwa in Deutschland um 84 %, in Spanien um 79 % und in Frankreich um 58 %.

Die verstärkten Kontrollen durch die chinesischen Behörden sowie durch einige EU-Mitgliedstaaten erklären die ungewöhnlich hohe Zahl der zurückgenommenen Investitionen im ersten Halbjahr 2016 und zum Jahresbeginn 2017.

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Abbildung 3: Chinas ADI-Abflüsse im Vergleich zu den USA und EU-28 (in Mio. USD)

Quelle: UNCTAD, Weltinvestitionsbericht 2018

Die EU und China haben erkannt, wie wichtig es ist, Zugang zu einem regelbasierten berechenbaren System zur Beilegung von Streitigkeiten in Verbindung mit Investitionen zu haben. Ein multilaterales System zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, also ein ständiger multilateraler Investitionsgerichtshof, wird derzeit geprüft.

Multilaterales Investitionsgerichtswesen

Angesichts des Beitrags, den ADI in beiden Volkswirtschaften leisten, haben die EU und China erkannt, wie wichtig es ist, Zugang zu einem regelbasierten berechenbaren System zur Beilegung von Streitigkeiten in Verbindung mit Investitionen zu haben.

Ein dauerhaftes multilaterales System zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten könnte in diesem Bereich weltweit höhere Beständigkeit, Vorhersehbarkeit und Legitimität bewirken. Angesichts der aktuellen ISDS-Fälle, von denen 36,4 % zugunsten des Staates und 26,7 % zugunsten des Investors entschieden wurden, gilt eine „neutrale Streitbelegung“, die unabhängig vom örtlich zuständigen Gerichtswesen ist, als wichtig, da in solchen Systemen der Staat unter Umständen einen inhärenten Vorteil aufweist. Laut UNCTAD wurden 2017 65 Schiedsverfahren eingeleitet. Insgesamt ist China in drei Fällen der beklagte Staat und in fünf Fällen Kläger gemäß internationalen Investitionsabkommen. Vier dieser fünf Fälle wurden zugunsten des Staates entschieden. Das Verfahren Hela Schwarz GmbH gegen China (ICSID-Aktenzeichen ARB/17/19), das 2017 auf Grundlage des bilateralen Investitionsabkommens zwischen China und Deutschland (2003) eingeleitet wurde, ist weiterhin anhängig.

Einen flexibleren und langfristigeren Ausweg könnte der Vorschlag der Kommission vom September 2017 über ein multilaterales Investitionsgerichtswesen darstellen, das derzeit in der EU diskutiert wird. Am 20. März 2018 hat der Rat die Verhandlungsrichtlinien angenommen, mit denen die Kommission ermächtigt wird, im Namen der EU ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten auszuhandeln.

3.5 Handelsschutz- und Anti-Dumping-Maßnahmen Die überarbeiteten Bestimmungen zum Handelsschutz sollen

Am 5 Dezember 2017 erzielten das Parlament und der Rat eine Einigung über den Vorschlag der Kommission über handelspolitischen Schutzinstrumente der EU, also Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen. Mit der Anpassung

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spätestens Ende Mai 2018 in Kraft treten. Die neue Vorgehensweise der EU bei der Berechnung der Anti-Dumping und Anti-Subventions-Marge für Einfuhren aus Drittländern wurde im Dezember 2017 wirksam.

soll die fortwährende Wirksamkeit des EU-Handelsschutzes angesichts neuer globaler Herausforderungen sichergestellt werden, z. B. im Hinblick auf die weltweit zahlreich vorhandenen Überkapazitäten von Produkten wie Stahl und Aluminium. Nach der Annahme durch den Rat am 16. April 2018, traten die neuen Vorschriften am 8. Juni 2018 in Kraft.

Am 3. Oktober 2017 erzielten das Europäische Parlament und der Rat eine Einigung über den Vorschlag der Kommission zur neuen Berechnungsweise für Anti-Dumping- und Anti-Subventions-Margen für Einfuhren aus Ländern mit erheblichen Marktverzerrungen oder in denen der Staat stark in die Wirtschaft eingreift. Die überarbeiteten Vorschriften traten am 20. Dezember 2017 in Kraft und die neue Berechnungsweise kann auf sämtliche WTO-Mitglieder angewendet werden.

Da der Großteil der Anti-Dumping-Ermittlungen und Handelsschutzmaßnahmen der EU sich gegen China richtet, veröffentlichte die Kommission am 20. Dezember 2017 einen Bericht über staatlich bedingte Marktverzerrungen in China. Im Jahr 2017 leitete die Europäische Kommission drei neue Anti-Dumping- sowie zwei Anti-Subventions-Ermittlungsverfahren gegen Produkte aus China ein.

Der Abschlussbericht des WTO-Ausschusses zu Chinas Beschwerde gegen die EU über Preisvergleichsmethoden ist nicht vor Ablauf des ersten Halbjahres 2018 zu erwarten.

WTO-Beschwerde Chinas gegen die bisherige EU-Methode

Die bisherige Methode war Anlass für eine Beschwerde bei der WTO, die China dort am 12. Dezember 2016 einreichte (WT/DS516: EU – Preisvergleichsmethoden). China erhebt Einspruch gegen bestimmte Bestimmungen der EU-Verordnung zur Ermittlung von Normalpreisen für Länder ohne Marktwirtschaft in Anti-Dumping-Verfahren gegen Produkte aus China.

In Einklang mit dem Protokoll zum WTO-Beitritt Chinas (Unterabsatz 15 Buchstabe a Ziffer ii), sei China seinem Standpunkt nach als Marktwirtschaft zu behandeln. Zu den Ländern, die ihr Recht zur Drittparteien-Mitgliedschaft in dem am 10. Juli 2017 geschaffenen WTO-Ausschuss angemeldet haben, zählen: Australien, Bahrain, Kanada, Kolumbien, Ecuador, Indien, Indonesien, Japan, Kasachstan, Südkorea, Mexiko, Norwegen, Russland, Taiwan, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und die USA.

In seinem Antrag weist China darauf hin, dass die Beschwerde vor allem auf die Bestimmungen zur Preisvergleichsmethode abzielen sollte, aber der Antrag sich auch auf etwaige Veränderungen, Ersatz oder Erweiterung der oben genannten Maßnahme und etwaige eng damit zusammenhängende Folgemaßnahmen beziehen sollte. Der Abschlussbericht des WTO-Ausschusses wird im zweiten Halbjahr 2018 erwartet. Zwischenzeitlich wurde die EU-Gesetzgebung geändert und die bisherigen Methoden werden nicht mehr angewandt; dies wiederum mindert die Bedeutung der WTO-Beschwerde.

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4 Jüngste politische Entwicklungen in China

4.1 Überblick Auf dem 19. Nationalkongress der kommunistischen Partei im Oktober 2017 wurde Präsident Xi Jinpings neues Führungsteam vorgestellt.

Das oberste Entscheidungsgremium der Partei, der Ständige Ausschuss des Politbüros, wurde am 25. Oktober 2017 zum Abschluss des 19. Nationalkongresses der kommunistischen Partei vorgestellt, der vom 18. bis zum 24. Oktober 2017 in Peking stattfand. Fünf der bisherigen sieben Mitglieder des Ständigen Ausschusses hatten das inoffizielle Höchstalter für Amtsträger von 68 Jahren erreicht, das seit 2002 ungeschrieben gilt. Die neuen Mitglieder sind neben dem erneut in seinem Amt bestätigten Präsidenten Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang: Han Zheng, Wang Huning, Li Zhanshu, Wang Yang und Zhao Leji. Dem 25 Mitglieder starken Politbüro gehören auch die sieben Mitglieder des ständigen Ausschusses an.

Abbildung 4: Der politische Apparat Chinas (2018)

Präsident Xi Jinping wirbt für die „Erneuerung Chinas“. Er hat sich die gleiche herausragende Stellung in der Verfassung gesichert, wie sie der Gründervater der Nation, Mao, innehatte. Die „Belt and Road Initiative“ ist ebenfalls in der Verfassung festgeschrieben.

Präsident Xi, der auf dem 18. Zentralkomitee der kommunistischen Partei 2016 zur „zentralen Führungsperson“ ernannt wurde, hat für den Traum einer großen Erneuerung Chinas rasch ein hohes Maß an Macht an sich gezogen und für ideologische Einheit geworben.

Im Oktober 2017 wurden Xi Jinpings „Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“ vom 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas per einstimmig verabschiedetem Verfassungszusatz in diese aufgenommen und verhalf dem Präsidenten damit zur gleichen gehobenen Stellung wie den Gründervätern der Volksrepublik, Mao Zedong und Deng Xiaoping.

Die „Belt and Road Initiative“ (BRI), Xi Jinpings Leuchtturmprojekt im Bereich des zwischenstaatlichen Handels, in deren Rahmen vernetzte Infrastruktur und andere Vernetzungsstrukturen mit Förderung Chinas auf der ganzen Welt gebaut werden, wurde auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas ebenfalls in der Verfassung festgeschrieben.

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Xi möchte Chinas Vormachtstellung in der Welt und in der Weltordnungspolitik wiederherstellen. Außerdem hat er einen längerfristigen zweistufigen Plan für Chinas Aufstieg auf der globalen Bühne ausgearbeitet. Präsident Xi versicherte, dass China den Marktzugang erheblich erleichtern, den Dienstleistungssektor weiter öffnen und die legitimen Rechte und Interessen ausländischer Investoren schützen werde. Die nun in der Verfassung festgeschriebene „Belt and Road Initiative“ hat für Xi bei der weiteren Öffnung Chinas Priorität.

Im Jahr 2017 besuchte Xi Jinping als erster chinesischer Präsident überhaupt das Weltwirtschaftsforum in Davos. Mit dem Besuch wurde ein neues Zeitalter in der Wirtschaftsdiplomatie Chinas eingeläutet.

Präsident Xi Jinping möchte Chinas Vormachtstellung in der Welt und in der Weltordnungspolitik wiederherstellen. In seiner über dreistündigen Auftaktrede auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas umriss er die 14 grundlegenden politischen Punkte, auf denen die Arbeit der Partei in den nächsten fünf Jahren (und darüber hinaus) gründen soll, um den Erfolg des Sozialismus chinesischer Prägung für ein neues Zeitalter zu sichern.

Außerdem umriss er einen längerfristigen zweistufigen Plan für Chinas Aufstieg auf der globalen Bühne. In der ersten Phase von 2020 bis 2035, so Xi, würde China zur „Weltinnovationsmacht“. In der zweiten Phase von 2035 bis 2050 würde das Land dann weltweit führend in Hinblick auf seine nationale Stärke und seinen internationalen Einfluss. Laut Präsident Xi sind wichtige Entwicklungen nicht rückgängig zu machen, wie Veränderungen in der Weltordnung und Weltordnungspolitik, die vernetzte und von wechselseitiger Abhängigkeit geprägte Weltwirtschaft, die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich und eine zunehmende Zahl an nicht-konventionellen Gefahren für die Sicherheit wie Terrorismus und Cyberangriffe.

Außenhandel und Investitionen

Auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas betonte Präsident Xi die Bedeutung von Außenhandel, neuen Handelsmodellen und -formen sowie von Maßnahmen zur Förderung der Liberalisierung auf hohem Niveau und von Handel und Investitionen. Er versprach, dass China das System der Inländerbehandlung vor der Niederlassung einführen werde, samt der landesweiten Einführung einer „Negativliste“ für ausländische Investitionen, die Ende Juni 2018 veröffentlicht wurde. Außerdem ging er die Verpflichtung ein, sämtliche in China eingetragenen Unternehmen gleich zu behandeln und den Marktzugang erheblich zu erleichtern, den Dienstleistungssektor weiter zu öffnen und die legitimen Rechte und Interessen ausländischer Investoren zu schützen.

Am 10. April 2018 versprach Präsident Xi Jinping in seiner Rede auf dem 17. jährlichen Boao Forum (erneut) eine Öffnung der chinesischen Wirtschaft einschließlich geringerer Zölle für Autos, verbessertem Schutz geistigen Eigentums, der Öffnung zahlreicher Dienstleistungssektoren für Investitionen aus dem Ausland und mehr Importe. Diese Ankündigungen sind nicht neu, weshalb China im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit nun handeln und die lange versprochene Öffnung seiner Wirtschaft (und Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen) wirksam angehen muss.

Die umbenannte und auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas in der chinesischen Verfassung festgeschriebene „Belt and Road Initiative“ (BRI) zählt zu den Prioritäten von Präsident Xi Jinping. In seiner Rede auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas rief er China dazu auf, die Initiative ebenfalls als Priorität zu behandeln und sich gleichzeitig nach innen einzubringen und global zu handeln und bei der Öffnung Chinas über die

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Mit Blick auf Hongkong und Macau besteht Xi auf dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“. Gegen die separatistischen Kräfte, die für die Unabhängigkeit Taiwans eintreten, reagiert China mit entschiedener Ablehnung und mit Abschreckung. Seit der Wahl Tsai Ing-wens zum Präsidenten Taiwans im Jahr 2016 ist die Lage zwischen China und Taiwan angespannt. Das Thema Taiwan hat sich als eines der kritischsten Themen für China seit dessen Staatsgründung erwiesen, hauptsächlich aufgrund des Verhaltens der USA in diesem Zusammenhang.

Nutzung von Verbindungen nach Osten und Westen neue Land- und Seewege zu erschließen, mit dem Ziel, ein globales Handels-, Investitions- und Infrastrukturnetzwerk aufzubauen.

Hongkong und Macau, Sonderverwaltungsgebiete und Taiwan

Auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei China erkannte Präsident Xi an, dass unter Beibehaltung der Ein-China-Politik mit Blick auf Hongkong und Macau bereits Fortschritte erzielt wurden, aber am Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ festgehalten werden müsse.

Bei der Nachwahl des Legislativrates der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong im März 2018 erzielte Hongkongs prodemokratische Partei zwei von vier Sitzen. Dabei offenbarten sich politische Uneinigkeiten, da die bekannte Kandidatin Agnes Chow sich nicht zur Wahl stellen durfte, weil ihre Partei sich für ein Selbstbestimmungsrecht der teilautonomen Stadt einsetzt. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines zunehmend scharfen Kurses Chinas gegen jegliche Versuche, die Ein-China-Politik zu unterwandern. Aktuell setzt sich die Legislative Hongkongs aus 26 prodemokratischen und 42 prochinesischen Kandidaten zusammen.

Zum Umgang Chinas mit Taiwan, dessen Regierung China nicht anerkennt, sagte Xi, dieser sei den politischen Entwicklungen in Taiwan angemessen. Auf die separatistischen Kräfte, die für die Unabhängigkeit Taiwans eintreten, reagierte er mit entschiedener Ablehnung und mit Abschreckung. Außerdem unterstrich er, wie wichtig es sei, Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße sicherzustellen und sagte, dass China niemals zulassen würde, dass Teile des chinesischen Hoheitsgebietes sich von China abspalten. Als Teil des Plans wächst auch der chinesische Nationalismus und der „Chinesische Traum“, die Vision eines mächtigen Militärs, einer Streitmacht von Weltrang unter der Führung der Partei wird umgesetzt. Im März 2018 erinnerte Außenminister Wang Yi die internationale Gemeinschaft daran, dass es nur ein China gebe und Taiwan ein untrennbarer Teil davon sei.

Als Tsai Ing-wen 2016 zum Präsidenten Taiwans gewählt wurde und die Demokratische Fortschrittspartei zum ersten Mal seit 2008 wieder die Macht erlangte, führte dies zu Spannungen zwischen China und Taiwan. China betonte, dass Taiwan sich an den sogenannten „Konsens von 1992“ halten muss, demzufolge China und Taiwan zu einem China gehören , der aber unterschiedlich interpretiert werden kann.

Das Thema Taiwan hat sich jüngst als eines der entscheidenden Themen für China erwiesen, insbesondere aufgrund des Verhaltens der USA. China betrachtet Taiwan als zu seinem Hoheitsgebiet gehörend und damit unter das Ein-China-Prinzip fallend. Das US-Gesetz über Reisen nach Taiwan vom März 2018 erkennt Taiwan als Pfeiler der Demokratie in Asien an und fördert gegenseitige offizielle Besuche zwischen den USA und Taiwan auf sämtlichen Ebenen.

Darüber hinaus hat China verhindert, dass die Weltgesundheitsorganisation und die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation Taiwan einladen. Als weiteres Beispiel hat Panama seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen

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und im Juni 2017 zum ersten Mal diplomatische Beziehungen mit China aufgenommen.

Am 22. März 2018 fanden die ersten Konsultationen zum Thema Menschenrechte zwischen Taiwan und der EU statt.

Xi führt einen harten Krieg gegen die Korruption und übt eine vollständige und rigorose Kontrolle über die Partei aus.

Bekämpfung der Korruption

In Bezug auf die Innenpolitik hatte Xi auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas trotz eines fünfjährigen Krieges gegen die Bereicherung durch Amtsmissbrauch vor der Korruption als größte Gefahr für die Zukunft der Partei gewarnt, die ihm zufolge zu einer riesigen Welle angewachsen sei. Xi setzt den Krieg gegen die Korruption weiter fort und führt die Partei im Nachgang ihres 19. Parteitags mit strenger Hand. Gemäß der Disziplinarordnung der kommunistischen Partei Chinas aus dem Jahr 2016, die als strengste Disziplinarordnung seit Zeiten Maos gilt, ist der Zentrale Disziplinarkommission (Central Commission for Discipline Inspection, CCDI) der KP dafür verantwortlich, die Umsetzung der Parteilinie, ihrer Grundsätze, Politik und Beschlüsse zu überwachen und zu überprüfen. Im Jahr 2017 verhängte die CCDI gegen insgesamt 159 100 Personen (im Vergleich zu 415 000 Personen im Jahr 2016) Strafen für Korruption und Verstöße gegen den Verhaltenskodex der Partei.

4.2 Parlamentarische Dimension – der 13. Nationale Volkskongress Die Jahresversammlung des Nationalen Volkskongresses fand vom 5. bis zum 18. März 2018 statt. Die Aufnahme der „Belt and Road Initiative“ in die Verfassung festigt den kontrollierenden Einfluss Xi Jinpings auf Gesellschaft und Geschichte Chinas weiter.

Die nicht gewählte Legislative Chinas, der Nationale Volkskongress der Volksrepublik Chinas, hielt seine 13. Jahresversammlung vom 5. bis zum 18. März 2018. Der Nationale Volkskongress verabschiedet wichtige Gesetze, billigt den Haushalt und stimmt Ernennungen zu. Im Jahr 2018 genehmigte der Nationale Volkskongress nicht nur Verfassungsänderungen, die die Begrenzung der Amtshöchstdauer des chinesischen Präsidenten auf zwei zusammenhängende Legislaturperioden aufheben, sondern bestätigte auch die Wiederwahl Xi Jinpings. So könnte Präsident Xi Jinping bis nach 2023 im Amt bleiben.

Die Vision von Xi Jinpings „Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“ wurde nach dem Marxismus-Leninismus, Mao Zedongs „Gedankengut“ und der „Theorie“ von Deng Xiaoping auch in die Präambel der Verfassung aufgenommen,

Die im Oktober 2017 verabschiedete Aufnahme von Präsident Jinpings „Belt and Road Initiative“ in die Verfassung festigt den kontrollierenden Einfluss Xi Jinpings auf Gesellschaft und Geschichte Chinas weiter und verleiht dieser Initiative, der bisher ein rein wirtschaftsbezogener Charakter zugeschrieben worden war, eine politische Dimension.

Der 13. Nationale Volkskongress stimmte auch einer institutionellen Umstrukturierung der Zentralregierung zu, um bürokratischer Unordnung entgegenzuwirken und Xis „Entourage“ zu stärken. Im Rahmen der Umstrukturierung wurden acht Ministerien abgeschafft, die Banken- und

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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Versicherungskommission zusammengelegt und ein größerer Teil ihrer Aufgaben an die Zentralbank übertragen.

Präsident Xi Jinping schlägt außerdem ein neuartiges Parteiensystem für die Entwicklung politischer Parteien weltweit vor.

Präsident Xi Jinping schlägt außerdem ein neuartiges Parteiensystem vor – eine chinesische Lösung, die zur Entwicklung politischer Parteien auf der ganzen Welt beitragen soll. Die acht sogenannten demokratischen Parteien dürfen am politischen System mitwirken (durch Abgeordnete im Nationalen Volkskongress oder Mitglieder des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes), sind aber fast vollständig der Kommunistischen Partei Chinas untergeordnet.

Abbildung 5: Überblick über die sogenannten demokratischen Parteien

Name Gründungs-jahr

Zusammensetzung

Revolutionäres Komitee der Kuomintang

1948 (Hongkong)

Chinesische Demokratische Liga 1941

besteht hauptsächlich aus Intellektuellen aus den Bereichen Kultur, Bildung, Wissenschaft und Technologie

Chinesische Gesellschaft für den Demokratischen Nationalen Aufbau

1945

besteht hauptsächlich aus patriotischen Unternehmern, Geschäftsleuten und Intellektuellen

Chinesische Gesellschaft für die Förderung der Demokratie

1945

besteht hauptsächlich aus Intellektuellen aus den Bereichen Kultur, Bildung, Medien und Wissenschaft

Chinesische Demokratische Partei der Bauern und Arbeiter

1930

besteht hauptsächlich aus Intellektuellen aus den Bereichen Gesundheitswesen, Bevölkerungsressourcen und Umweltschutz

Zhi-Gong-Partei 1925

besteht hauptsächlich aus zurückgekehrten Auslandschinesen, Verwandten von im Ausland lebenden Chinesen und Mitgliedern mit engen Verbindungen zu Auslandschinesen

Jiusan-Gesellschaft 1945

besteht hauptsächlich aus Intellektuellen der führenden und mittleren Ebene aus Wissenschaft, Technologie, Kultur, Bildung, Medizin und Gesundheitswesen

Demokratische Selbstbestimmungsliga Taiwans

1947 besteht hauptsächlich aus auf dem Festland lebenden Taiwanern

Quelle: Global Times, 7.3.2018

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5 Umwelt und Klimawandel In seiner Neujahrsansprache 2018 sprach Präsident Xi vor allem über innenpolitische Themen, ging aber auch auf die internationalen Verpflichtungen Chinas ein, z. B. mit Blick auf den Klimawandel.

In seiner Neujahrsansprache 2018 sprach Präsident Xi vor allem über innenpolitische Themen, darunter auch die Verbesserung der Lebensbedingungen für das chinesische Volk und das konkrete Ziel, bis 2020 alle Menschen im Land aus der Armut zu befreien. Er wies darauf hin, dass China im Rahmen der Vereinten Nationen nach Bedeutung als globaler Akteur strebe und in der globalen Wirtschaft und Politik mehr Verantwortung übernehmen wolle, indem es seine internationalen Aufgaben und Pflichten in einer multipolaren Welt erfüllt, z. B. im Bereich Klimawandel und Weltfrieden.

Im Fünfjahresplan zur Energieentwicklung für den Zeitraum 2016–2020 sind Ziele für 2020 mit 2015 als Ausgangspunkt festgeschrieben. Das Umweltschutzgesetz trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Seit der Entscheidung der USA im Juni 2017 zum Ausstieg aus dem Übereinkommen von Paris hat hier eine aus EU, China und Kanada bestehende Koalition eine wichtige Rolle übernommen.

In jüngster Zeit rücken Umweltbelange in China immer stärker in den Mittelpunkt. Auf dem 19. Parteitag der KPCh sicherte Xi zu, ein „schönes China“ zu gestalten, das sich durch eine saubere Umwelt, Hightech-Unternehmen und eine reaktionsstarke Regierung auszeichnet.

Am 5. Januar 2017 wurde der 13. Fünfjahresplan zur Energieentwicklung für den Zeitraum 2016–2020 vorgestellt. In ihm sind Ziele für 2020 mit 2015 als Vergleichsjahr festgelegt, darunter Ziele für den Gesamtenergieverbrauch, Senkung des Kohleverbrauchs, Steigerung der Windenergiekapazität und die Förderung von Energieeinsparungen und umweltfreundlicher Entwicklung sowie der Aufbau eines Emissionshandelsmarktes in China. Im Dezember 2018 kündigte China an, dass sein System für Kohlenstoffhöchstgrenzen und Kohlenstoffhandel anstatt wie ursprünglich vorgesehen für die acht größten Industriezweige (Strom, Chemie, Petrochemie, Bauwesen, Stahl, Nichteisenmetalle, Papier und Luftfahrt) zunächst nur für den Stromerzeugungssektor gelte. China verfügt jedoch über eines der größten Emissionshandelssysteme weltweit, das umfangreicher ist als das entsprechende Emissionshandelssystem der EU (ETS) und an dem über 1 700 Unternehmen mit über 4 Milliarden Tonnen an Emissionen beteiligt sind. Im Juli 2018 unterzeichneten EU und China eine Absichtserklärung über eine stärkere Zusammenarbeit beim Emissionshandel.

Das bisher fortschrittlichste und strengste Umweltschutzgesetz Chinas trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Es sieht stärkere Kontrollen der Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen auf lokaler Ebene sowie für Industrieprojekte mit großen Umweltrisiken vor. Als in China eine Umweltsteuer eingeführt wurde, legte der Staatsrat Bestimmungen für die Durchführung des Umweltsteuergesetzes, das am 1. Januar 2018 in Kraft trat, fest.

Die 23. Konferenz der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP23) unter fidschianischem Vorsitz fand im November 2017 in Deutschland statt.. Die EU und China haben sich zu einer wirksamen Umsetzung des Übereinkommens von Paris verpflichtet. Seit der Entscheidung der USA im Juni 2017, aus dem Übereinkommen von Paris auszutreten, hat das aus EU, China und Kanada bestehende Bündnis „Ministerial Meeting on Climate Action“ (MOCA – Ministertreffen zum Thema Klimaschutz) eine wichtige Rolle übernommen. Auf dem 20. Gipfeltreffen im Juli 2018 haben die EU und China ihre Verpflichtungen

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China ist weltweit der größte Emittent von Treibhausgasen und belegt beim Klimaschutz im Vergleich den 41. Rang.

aus dem Übereinkommen von Paris von 2015 bestätigt und vereinbart, zu deren Umsetzung enger zusammenarbeiten zu wollen.

Im von GermanWatch, dem New Climate Institute und dem Climate Action Network veröffentlichten Klimaschutz-Index 2018 belegt China, der weltweit größte Emittent von Treibhausgasen (siehe Abbildung 6), beim Klimaschutz, einschließlich der Entwicklung von erneuerbaren Energien und der Erreichung der ehrgeizigen Ziele für 2030, den 41. Rang. Im Jahr 2017 erreichte die Wind- und Solarstromleistung Chinas 168,5 GW bzw. 130,06 GW, und 5,3 % des gesamten Stromangebots in China stammten aus erneuerbaren Quellen.

Im Zuge der Bekämpfung der Luftverschmutzung werden in China seit 2015 weltweit die meisten energieeffizienten Fahrzeuge gefahren. Im Jahr 2016 stellte China 517 000 Fahrzeuge mit neuartigem Energieantrieb (batterieelektrische Fahrzeuge, Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge und Brennstoffzellenautos) her und plant, die Jahresproduktion bis 2020 auf 2 Millionen Fahrzeuge zu steigern.

Abbildung 6: Weltweiter CO2-Ausstoß im Jahr 2016, nach Ländern, in Mt

Quelle: © Europäisches Parlament, Fachabteilung der GD Externe Politikbereiche, AS/GM auf Grundlage von Daten aus dem Global Carbon Atlas, Dezember 2017

6 Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten Die Menschenrechtslage in China verschlechtert sich unter Xis Führung zunehmend.

Die Menschenrechtslage in China hat sich während der Regierungszeit von Xi Jinping stetig verschlechtert. Die offiziellen Verlautbarungen Chinas und die sich verschlechternde Menschenrechtslage stehen in deutlichem Gegensatz zueinander.

In seinem Schreiben anlässlich der Eröffnung des Pekinger Forums für Menschenrechte im Dezember 2017 merkte Präsident Xi Jinping an, dass es beim Schutz der Menschenrechte immer Verbesserungspotenzial gebe und China einen Weg zur Förderung der Menschenrechte eingeschlagen habe, der seiner Realität gerecht werde, indem die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte an die in China herrschenden Bedingungen geknüpft werde. Während China sich indessen öffnet und eine immer selbstbewusstere Rolle einnimmt, wird die Kontrolle nach innen immer weiter verschärft, obwohl

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Im Jahr 2014 startete die chinesische Regierung einen beispiellosen Angriff auf Menschen-rechtsverteidiger. Neue Gesetze beschränken Freiheiten unter Berufung auf die Staatssicherheit. Chinas erstes Gesetz über die Bekämpfung des Terrorismus enthält eine ungenaue Definition des Begriffs „Terrorismus“. Nach wie vor ist China das Land mit den meisten vollstreckten Todesstrafen; jährlich werden mindestens 2 000 Todesurteile per Erschießung oder tödlicher Injektion vollstreckt. Durch das Gesetz zur Steuerung ausländischer

Peking aktuell Mitglied des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen ist (bis Ende 2019).

Menschenrechtsverteidiger und andere Bürgerrechtler werden in dem Land zunehmend schikaniert, willkürlich festgenommen und gefoltert. Im Jahr 2014 startete China einen beispiellosen Angriff auf Menschenrechtsanwälte. Mehreren Anwälten wurde das Verbrechen der Untergrabung der Staatsgewalt zur Last gelegt, das mit einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren belegt ist. Erzwungenes Verschwinden von Personen im Ausland (darunter auch Fälle von Hongkonger Buchverlegern), Anklagen gegen Gewerkschaftsaktivisten und Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Freizügigkeit nehmen zu. Die Medien und das Internet werden stark kontrolliert und zensiert und zahlreiche Websites und Plattformen sozialer Medien sind gesperrt. Journalisten müssen sich Ideologieprüfungen unterziehen, bevor sie Presseausweise erhalten. Die chinesische Führung hat in beispiellosem Maß in Massenüberwachung und den Aufbau großer Datenbanken investiert, insbesondere in der Region Xinjiang im Rahmen des sogenannten „Physicals for All“-Programms (Untersuchungen für alle).

Im Rahmen des harten Durchgreifens wurden neue restriktive Rechtsvorschriften über Sicherheit, Anti-Terrorismus und nichtstaatliche Organisationen erlassen. Ein neues nationales Sicherheitsgesetz, das im Juli 2015 erlassen wurde und den Begriff Sicherheit weit gefasst und ungenau definiert, sieht die staatliche Überwachung des ideologischen Bereichs vor. Mit den neuen Richtlinien der Regierung ist es Medienunternehmen, die sich in ausländischem Besitz befinden, untersagt, Informationen ohne Genehmigung der Regierung zu veröffentlichen. Chinas erstes Gesetz zur Terrorismusbekämpfung trat am 1. Januar 2016 in Kraft und bringt Ungewissheit für Zivilgesellschaft, Medien und Wirtschaftsakteure. Insbesondere die Terrorismusdefinition ist ungenau und es wird vermutet, dass sie eingesetzt wird, um Gruppen oder Einzelpersonen strafrechtlich zu verfolgen, die sich nicht an die Staatspolitik oder sozialwirtschaftliche Maßnahmen halten wollen.

Trotz eines allmählichen Rückgangs ist China nach wie vor das Land mit den meisten vollstreckten Todesstrafen weltweit. Jährlich werden mindestens 2 000 Todesurteile per Erschießung oder tödlicher Injektion vollstreckt. Dies entspricht mehr als der Hälfte aller weltweiten Hinrichtungen. Die genauen Zahlen sind ein Staatsgeheimnis, und die Gerichtsverfahren sind in keiner Weise transparent, wobei geschätzt wird, dass 10–15 Prozent der Fälle vom obersten Gericht des Landes aufgehoben werden. Im Jahr 2011 senkte die Regierung die Zahl der mit der Todesstrafe belegten Vergehen, obwohl China die Todesstrafe auch für mehrere Delikte ohne Gewaltanwendung wie Drogenhandel und Wirtschaftskriminalität beibehält. Im Dezember 2017 fand in der Stadt Lufeng (Provinz Guangdong) in einem Stadion ein öffentlicher Prozess samt Verurteilung statt, der mit zehn unmittelbar vollzogenen Todesstrafen endete und eine öffentliche Debatte in den sozialen Medien auslöste.

Ein Gesetz zur Steuerung der Aktivitäten ausländischer nichtstaatlicher Organisationen trat am 1. Januar 2017 in Kraft. Mit dem Gesetz wird die Rolle des Ministeriums für öffentliche Sicherheit bei der Überwachung ausländischer

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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nichtstaatlicher Organisationen werden die Aktivitäten internationaler nichtstaatlicher Organisationen künftig stark beschränkt und überwacht. Die Spannungen zwischen den Behörden und ethnischen Minderheiten haben zugenommen. Die EU fordert China regelmäßig auf, seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen. Anlässlich des 36. Menschenrechtsdialog

nichtstaatlicher Organisationen gestärkt und eine Genehmigung der Regierung sowie ein aufwendiges Registrierungsverfahren sogar für die Durchführung vorübergehender Aktivitäten verbindlich eingeführt, während die amtliche Überwachung interner Angelegenheiten der nichtstaatlichen Organisationen, etwa in Bezug auf Personal und Finanzen, erhöht wird, einschließlich Einschränkungen für die ausländische Finanzierung. Schätzungen gehen von 6 000 bis 10 000 ausländischen NGOs in China aus, wovon bisher viele als Unternehmen registriert sind. Es gibt Gründe, die befürchten lassen, dass Wirtschaftsverbände, Wissenschaftler und Sachverständige bei ihren Tätigkeiten in den Bereichen Wirtschaft oder Technik oder ihren politischen, sozialen und kulturellen Aktivitäten durch die verhängten Einschränkungen ernsthaft behindert werden. Das neue Gemeinnützigkeitsgesetz vom 17. März 2016 schafft ein stärker kontrolliertes Umfeld für gemeinnützige Organisationen, die in China tätig sind, aber auch mehr Anreize für Spenden aus dem Inland.

Die Rechte von Personen, die einer Minderheit angehören, insbesondere in Tibet und Xinjiang, werden fortwährend verletzt. Xinjiang ist Gegenstand einer laufenden Anti-Terror-Kampagne und ist durch eine gefährliche Spirale von Gewalt und Unterdrückung geprägt. Die Behörden nehmen weiterhin friedliche tibetische Demonstranten fest und misshandeln sie. Die zurückgehende Anzahl an Selbstverbrennungen in tibetischen Gebieten ist kein Zeichen für eine Verbesserung der Lage, sondern ist auf schärfere repressive Maßnahmen gegenüber Personen zurückzuführen, denen eine Verbindung zu Selbstverbrennungsopfern vorgeworfen wird.

Das EP hat außerdem im Rahmen mehrerer Entschließungen angeführt, dass sich die Menschenrechtslage verschlechtert hat und gegen Freiheitsrechte verstoßen wird. Es versucht seit vielen Jahren, Aufmerksamkeit auf das Thema Tibet und die Uiguren zu lenken und dafür zu sorgen, dass es auf der internationalen Agenda bleibt.

Die EU gibt regelmäßig Erklärungen ab, in denen sie China dazu auffordert, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, darunter auch der Wahrung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Einer der 28 Mitgliedstaaten der EU blockierte die Initiative zu einer EU-Erklärung, in der das Vorgehen gegen Aktivisten und Dissidenten in China kritisiert wird und die dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 15. Juni 2017 vorgelegt werden sollte.

Die EU-Delegation in Peking wies anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember 2017 besonders darauf hin, dass Menschenrechtsverteidiger und Rechtsanwälte Opfer von Festnahmen, Inhaftierungen und Verurteilungen werden. Ebenso wurde das Thema Religions- und Glaubensfreiheit, u. a. in Xinjiang und Tibet, angesprochen. Auch wurde auf den Tod des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers von 2010, Liu Xiaobo, sowie auf die kürzlich erfolgte Verurteilung des Menschenrechtsanwaltes Jiang Tianyong hingewiesen.

Bei dem 36. Menschenrechtsdialog EU-China im Juli 2018 erinnerte die EU daran, dass China auch 20 Jahre nach der Unterzeichnung immer noch nicht den

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Fachabteilung, Generaldirektion Externe Politikbereiche

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s zwischen der Europäischen Union und der Volksrepublik China im Juli 2018 machte die EU auf die verschärfte Lage hinsichtlich der Bürger- und politischen Rechte in China aufmerksam.

Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert hat. Auch sprach die EU die verschärfte Lage auf dem Gebiet der Bürgerrechte und politischen Rechte in China an, die mit der Festnahme und Verurteilung zahlreicher chinesischer Menschenrechtsverteidiger einherging.

Die EU unterstützt zivilgesellschaftliche Aktivitäten hauptsächlich durch das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte. Auf dem 3. europäisch-chinesischen Rechtsdialog, der im Herbst 2018 stattfinden soll, sollen auch mit der Rechtsstaatlichkeit in Verbindung stehende Fragen angesprochen werden.

7 Wirtschaft und Handel

7.1 Wirtschaftlicher Lagebericht Am BIP bemessen, ist China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt hinter den USA und der EU.

Als größte Volkswirtschaft Asiens und zweitgrößte (bzw. drittgrößte, wenn die EU berücksichtigt wird) Volkswirtschaft weltweit spielt China eine wirtschaftlich bedeutende Rolle und trägt 2018 rund 23 % zum weltweiten Wachstum bei (IWF). Trotz einer Dämpfung der Konjunktur in jüngerer Vergangenheit können die meisten anderen Volkswirtschaften nicht mit China Schritt halten. Schätzungen der Weltbank zufolge soll sich das Wachstum in China im Jahr 2017 auf 6,8 % belaufen haben. Dennoch ist China Risiken ausgesetzt, die mit der hohen Unternehmensverschuldung in Verbindung stehen, insbesondere in Sektoren, die mit Überkapazitäten und rückläufiger Rentabilität zu kämpfen haben.

Beitrag zum weltweiten BIP-Wachstum, in % des weltweiten Wachstums

Wert des Wachstums in Mrd. USD

Abbildung 7: Die 10 Volkswirtschaften mit dem größten Beitrag zum weltweiten (nominalen) BIP-Wachstum im Jahr 2018 (IWF-Prognose) (Links: % des weltweiten Wachstums, rechts: Wert des Wachstums in Mrd. USD

Quelle: Europäisches Parlament, Fachabteilung der GD EXPO, 2017, AS/GM, auf der Basis von Daten aus IWF, World Economic Outlook, April 2017

Es wird davon ausgegangen, dass Chinas Wandel – oder seine sogenannte Neuausrichtung – für die

Die drei führenden Volkswirtschaften machen rund 65 % der Weltwirtschaft aus. Die durch Chinas Bruttoinlandsprodukt erzielte Wertschöpfung entsprach Schätzungen zufolge im Jahr 2017 15,5 % des globalen BIP. Für 2018 wird damit gerechnet, dass sein Beitrag zum weltweiten (nominalen) BIP-Wachstum sich auf rund 1,181 Mrd. USD belaufen wird. Demgegenüber beläuft sich der Beitrag

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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Weltwirtschaft insgesamt positiv ist, aber er dürfte weiterhin Spill-over-Effekte produzieren, die je nach Land und Region unterschiedlich ausfallen.

der EU auf 1,281 Mrd. USD. Zahlen der chinesischen Regierung zufolge wuchs die Wirtschaft des Landes 2017 um 6,9 %. Das Wachstumsziel der Regierung für 2018 beläuft sich auf 6,5 % und trägt der fortlaufenden Dämpfung der Konjunktur Rechnung, während der Schwerpunkt auf einem qualitativ hochwertigeren und effizienteren Wachstum liegt. Es wird davon ausgegangen, dass Chinas Wandel – oder seine sogenannte Neuausrichtung – für die Weltwirtschaft insgesamt positiv ist, aber er dürfte – durch den Handel, die Rohstoffpreise, Investitionen und die Finanzmärkte – weiterhin Spill-over-Effekte produzieren, die je nach Land und Region unterschiedlich ausfallen.

Abbildung 8: Die Weltwirtschaft nach BIP (2017, Beiträge in % des Gesamt-BIP)

Chinas Wachstum soll 2018 Prognosen zufolge leicht von 6,8 % im Jahr 2017 auf 6,4 % sinken. China richtet sich neu aus – von Investitionen hin zum Konsum und von der Produktion hin zu Dienstleistungen.

Laut Weltbank wird für die Weltwirtschaft für 2018 eine Wachstumsrate von 3,1 % prognostiziert. Im Vergleich zu 6,8 % im Jahr 2017, für das der IWF und die Weltbank ihre Prognosen für das Wachstum in China aufgrund dessen robuster Wirtschaft anhoben, soll das Wachstum 2018 leicht auf 6,6 % sinken. Die Prognose beruht auf der Annahme, dass China seine Schwachstellen angehen wird, wie z. B. einen hohen und schnell steigenden Verschuldungsgrad und „angepasste“ Unternehmensbilanzen (vor allem bei Staatsunternehmen). Des Weiteren zugrunde gelegt wird die Annahme, dass es im Handels- und Investitionsbereich zu keinen signifikanten Störungen kommt, sodass hier die Auswirkungen der anhaltenden Spannungen zwischen China und den USA zu berücksichtigen sind.

China durchläuft gegenwärtig einen entscheidenden, aber komplexen Transformationsprozess hin zu nachhaltigerem Wachstum; erreicht werden soll dies durch eine „Neuausrichtung“ weg vom Investieren hin zum Konsumieren und weg von einer Produktions- hin zu einer Dienstleistungswirtschaft. Im Jahr 2017 beruhte das Wachstum vor allem auf einem hohen Inlandskonsum, der Schätzungen zufolge im Jahr 2017 rund 59 % des BIP-Wachstums ausmachte. Der im Einzelhandel gemachte Umsatz mit Verbrauchsgütern erreichte 2017 im Vergleich zu 2016 einen mehr als 10 % betragenden Zuwachs, während der Onlinehandel 2017 sogar um 32,2 % stieg.

In der chinesischen Automobilindustrie fand 2017 ein Wandel weg vom hohen Wachstum statt. So wurden in China 2017 24,7 Millionen PKW verkauft, während es2016 noch 28 Millionen Fahrzeuge waren.

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Künftig wird für China mit einem langsameren Wachstum um mittelfristig 6,2 % gerechnet, wobei dies im Vergleich zu den meisten anderen Volkswirtschaften immer noch viel ist. Nachstehend werden die Prognosen des Economic Outlook für ausgewählte Volkswirtschaften mit China verglichen (Abbildung 9):

Abbildung 9: Reales BIP-Wachstum (jährliche prozentuale Veränderung), 2010–2022 (Schätzung) von China und ausgewählten Volkswirtschaften

Quelle: IWF-DataMapper (POLDEP Oktober 2017); World Economic Outlook Update, Januar 2018

Zahlen der nationalen Statistikbehörde zufolge machte Chinas Dienstleistungssektor im Jahr 2017 51,6 % des BIP aus. Landwirtschaft (Primärindustrie) und Industrie trugen 2017 7,9 % bzw. 40,5 % zum BIP bei.

Abbildung 10: Die Wirtschaftssektoren Chinas und der EU (in % des BIP), 2017

Quelle: Statistische Mitteilung, 28.2.2018; Eurostat

Die größten nachteiligen Spill-over-Effekte könnte die „Neuausrichtung“ für Volkswirtschaften mit sich bringen, die stark in die

Möglicher Spill-over-Effekt der „Neuausrichtung“

Eine Studie kommt zu der Einschätzung, dass ein Spill-over-Effekt der „Neuausrichtung“ in Form eines durchschnittlichen jährlichen Rückgangs des chinesischen BIP um einen Prozentpunkt das weltweite BIP um ca. 0,2 Prozentpunkte senken dürfte. Außerdem wird geschätzt, dass ein investitionsbedingter Rückgang in Chinas Produktionszuwachsrate von 1 %

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„asiatische Wertschöpfungskette“ eingebunden sind.

bei den G20-Ländern insgesamt zu einem Wachstumsrückgang von 0,25 % führen würde.

Als weltgrößte Exportnation und zweitgrößter Importeur steht China im Mittelpunkt des globalen Handelsnetzes und gehört zu den wichtigsten Handelspartnern nahezu aller Länder der Erde. Die IWF-Studie kommt zu der Einschätzung, dass Chinas Aufstieg in der Wertschöpfungskette – also die Produktion von Erzeugnissen (und Dienstleistungen) mit höherer Wertschöpfung – möglicherweise die größten nachteiligen Spill-over-Effekte für Volkswirtschaften mit sich bringt, die stark in die „asiatische Wertschöpfungskette“ eingebunden sind, wie Taiwan und Südkorea sowie – in geringerem Ausmaß – Japan und Deutschland. Eine weitere Analyse des IWF legt nahe, dass ein Wachstumsrückgang in China um 1 % einen Wachstumsrückgang von 0,3 % für die aufstrebenden Marktwirtschaften im ASEAN-Raum (Indonesien, Malaysia und Thailand) und einen Rückgang von 0,2 % für Volkswirtschaften im ASEAN-Raum bedeutet, die zum Frontier-Markt gezählt werden (Kambodscha, Volksrepublik Laos und Vietnam).

7.2 Entwicklungspläne und Wirtschaftsreformen Eine „kollektive Studientagung“ zu den wirtschaftlichen Schwerpunkten für das Jahr 2018 behandelte hauptsächlich Xis Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung, ein ausgewogenes und nachhaltiges Entwicklungskonzept von hoher Qualität.

Am 8. Dezember 2017 trafen sich die 25 Mitglieder des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas (KP) zu einer „kollektiven Studientagung“ und behandelten dort die wirtschaftlichen Schwerpunkte für das Jahr 2018. Chinas jährliche zentrale wirtschaftliche Arbeitskonferenz fand vom 18. bis zum 20. Dezember 2017 statt und beschäftigte sich hauptsächlich mit Xis „Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“, einem ausgewogenen und nachhaltigen „Entwicklungskonzept von hoher Qualität“, das ein langsameres aber effizienteres Wirtschaftswachstum im Einklang mit der „neuen Normalität“ vorsieht.

Die wirtschaftliche Agenda der Partei für 2018 umfasst Ziele wie intensivere angebotsseitige Reformen, eine Stärkung der Marktteilnehmer, Armutssenkung, Klimawandel, Förderung eines ausgewogenen Handels, einschließlich der landesweiten Implementierung eines bereits geschaffenen nationalen Aufbereitungssystems und eine groß angelegte Vision für die globale Vernetzung, zu der auch die „Belt and Road Initiative“ zählt.

7.2.1 Der 13. Fünfjahres-Entwicklungsplan für China Im Mittelpunkt der Reformen gemäß dem Fünfjahresplan für 2016–2020 steht die Beseitigung von Ungleichgewichten in der Wirtschaft. China strebt eine „Neue Normalität“ mit einem geringeren, aber stärker dienstleistungs- und

Als Reaktion auf die Konjunkturabschwächung wird das wirtschaftliche und soziale Reformprogramm durch den 13. Fünfjahresplan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Chinas für 2016–2020 (der 13. Fünfjahresplan), den der Nationale Volkskongress im März 2016 gebilligt hat, in eine Reihe konkreter Maßnahmen übersetzt.

Im Rahmen des wirtschaftlichen und sozialen Reformprozesses soll durch die „Neue Normalität“, die durch ein etwas geringeres, aber stärker dienstleistungs- und technologieorientiertes Wirtschaftswachstum gekennzeichnet ist, die Effizienz gesteigert werden. Laut dem Plan möchte

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technologieorientierten Wirtschaftswachstum an. Schrittweise offenbarten sich dabei die „chinesischen Merkmale“ der Reformen – so wird den Marktkräften weniger Gewicht beigemessen als erwartet. Chinas Masterplan „Made in China 2025“ für die verarbeitende Industrie weist dem Markt augenscheinlich keine maßgeblichere Rolle zu, da er Zielvorgaben für die Optimierung der Industriestrukturen beinhaltet.

China sein BIP und das Pro-Kopf-Einkommen sowohl der städtischen als auch der ländlichen Bevölkerung bis 2020 im Vergleich zu 2010 verdoppeln.

Laut dem 13. Fünfjahresplan plant die chinesische Regierung die Beteiligung des Privatsektors zu fördern und die Rolle der Regierung und des Marktes miteinander ins Gleichgewicht zu bringen sowie dem Markt bei der Allokation von Ressourcen die entscheidende Rolle zu überlassen. Dabei haben sich jedoch schrittweise die „chinesischen Merkmale“ der Reformen offenbart, da den Marktkräften weniger Gewicht beigemessen wird als erwartet – ein Ansatz, der sich von der angebotsorientierten Wirtschaft westlicher Prägung erheblich unterscheidet.

Chinas 13. Fünfjahresplan beinhaltet Ziele zur Umsetzung der „Made in China 2025“-Initiative, mit der China zum Fertigungsstandort von Weltrang werden möchte. Sowohl für die Modernisierung der Industrie wie auch für die aufgelisteten neuen strategischen Industriezweige setzt China auf fortschrittliche Technologien, um die Wertschöpfungskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Fertigungsindustrie zu verbessern.

Mit dem 13. Fünfjahresplan werden technologische F&E-Maßnahmen gefördert; außerdem hat der Plan zum Ziel, den Anteil der F&E-Ausgaben am BIP bis 2020 auf 2,5 % zu steigern. Im Jahr 2017 wurden in China 2,1 % des gesamten BIP für F&E ausgegeben, im Vergleich zu 2,8 % in den USA, 2,9 % in Deutschland und 3,3 % in Japan.

7.2.2 „Made in China 2025“ Die „Made in China 2025“-Strategie ist ein Masterplan für Chinas wirtschaftlichen Wandel und die Modernisierung seiner Fertigungsindustrie. Mit „Made in China 2025“ sollen ausländische Produkte auf dem chinesischen Markt mit solchen aus dem eigenen Land ersetzt werden. Ein aktualisierter Fahrplan für „Made in China 2025“ vom Januar 2018 dient dem Land als Orientierung auf seinem Weg zum

Bei der „Made in China 2025“-Strategie, die ein Masterplan für Chinas wirtschaftlichen Wandel und die Modernisierung seiner Fertigungsindustrie ist, sind kontinuierliche Fortschritte festzustellen. Der Plan umfasst konkrete Ziele für zehn Industriezweige, darunter moderne Informationstechnologie, automatisierte Werkzeugmaschinen und Robotik, Luft- und Raumfahrtausstattung und Hightech-Schiffe, moderne Eisenbahnausstattung, energiesparende Fahrzeuge und Fahrzeuge mit neuartigem Energieantrieb, elektrische Anlagen, Landmaschinen, neuartige Werkstoffe, Biopharmazeutika und leistungsstarke Medizingeräte.

Für diese Industriezweige ist im Plan vorgesehen, ausländische Produkte auf dem chinesischen Markt mit Produkten aus dem eigenen Land zu ersetzen. Ebenfalls enthält der Plan „halboffizielle“ Vorgaben für inländische Marktanteile, die die Fähigkeit zur Selbstversorgung garantieren sollen. Im Plan werden ebenfalls zehn zentrale politische Instrumente (wie erzwungene Technologietransfers im Austausch für Marktzugang, Normen, Subventionen, Finanzpolitik, Staatsunternehmen und öffentlich-private Partnerschaften) zu Erreichung dieser Ziele aufgelistet.

Ein aktualisierter Fahrplan für „Made in China 2025“ vom Januar 2018 enthält Ziele, die das Land bis 2025 zum weltweit größten Hersteller in den Bereichen Telekommunikation, Eisenbahn und Energieanlagen und zur Nummer zwei oder drei u. a. bei Robotik, High-End-Automatisierung und Fahrzeugen mit neuartigem Energieantrieb. Laut dem stellvertretenden Minister für Industrie

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weltweit größten Hersteller in den Bereichen Telekommunikation, Eisenbahn und Energieanlagen, der bis 2025 vollendet sein soll.

und Informationstechnologie, Xin Guobin, zählt China bereits bei über 220 Produktarten zu den weltweit führenden Fertigungsländern. Die Kosten für die Maßnahmen der Regierung und die finanzielle und sonstige staatliche Förderung im Rahmen des „Made in China 2025“-Programms werden auf über 1,5 Mrd. USD geschätzt. Im Juni 2016 wurde der Advanced Manufacturing Fund (Fonds für fortschrittliche Fertigung) in Höhe von 20 Mrd. RMB bzw. rund 2,7 Mrd. EUR eingerichtet, um Modernisierungsmaßnahmen in der chinesischen Fertigungsindustrie zu fördern.

Abbildung 11: Chinas Produktions-/Montagetätigkeit im Jahr 2015 in Prozent der weltweiten Produktion sowie der Produktion in den Jahren 2016 und 2017

Produktion bzw. Montage in China

in Prozent der weltweiten

Produktion im Jahr 2015

Produktion in Millionen Einheiten

2016 (Schätzung)

Produktion in Millionen Einheiten

2017 (Schätzung)

Kraftfahrzeuge 28 28 29

Computer 80 290 307

Mobiltelefone 90 2 058 1 890

Kühlschränke 50 85 85

Raumklimageräte 80 143 179

Farbfernsehgeräte 60 158 159

Quelle: EU-Handelskammer in China, „China Manufacturing 2025: Putting Industrial Policy Ahead of Market Forces, 2017; Statistisches Kommuniqué, Nationale Statistikbehörde Chinas, 28.2.2017; Statistisches Kommuniqué, Nationale Statistikbehörde Chinas, 28.2.2018

7.2.3 Die laufende Reform staatseigener Unternehmen China setzt die Reformen seiner staatseigenen Unternehmen fort, hält aber am Staatseigentum als Hauptstütze der chinesischen Volkswirtschaft fest. Mit der Reform der staatseigenen Unternehmen sank die Zahl der Staatsunternehmen von 117 auf 98 und es entstanden „Nationale Champions“.

Auch wenn China seine Reformen staatseigener Unternehmen fortführt, hält das Land am Staatseigentum als Hauptstütze der Wirtschaft fest, lässt jedoch zu, dass sich daneben andere Formen des Eigentums herausbilden. Mit der Reform der staatseigenen Unternehmen sank die Zahl der zentral verwalteten staatseigenen Unternehmen von 117 auf 98 und es entstanden „Nationale Champions“, die die Gewinnmargen internationaler Wettbewerber drücken können, da sie weiter staatlich gefördert werden. Ein Beispiel aus dem Jahr 2017 ist die Fusion von zwei der größten Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen, die China South Locomotive and Rolling Stock Corporation und die China CNR Corporation, deren Anteile am Weltmarkt 30 % bzw. 18 % betragen. Die neue CRRC Corporation Ltd hätte den mit Abstand größten Anteil am Weltmarkt.

Im Jahr 2017 hatten zentral verwaltete Staatsunternehmen über 700 neue „gemischtwirtschaftliche“ Unternehmen gegründet. Laut dem chinesischen Staatsrat gibt es auf zentraler und lokaler Regierungsebene derzeit 150 000 staatseigene Unternehmen. Die Fortune-Liste von 2016 der 500 weltweit größten Unternehmen umfasst 103 chinesische Unternehmen, von denen 28 finanzielle Verbindungen zur chinesischen Regierung zu haben scheinen.

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Bei der Reform wird Stahl-, Kohle- und Stromunternehmen Vorrang eingeräumt, darunter den Industriebereiche Erdöl, Gas, Eisenbahn, Telekommunikation, Zivilluftfahrt und militärnahe Industriebereiche. Strategisch wichtige Bereiche werden weiterhin von großen staatseigenen Unternehmen beherrscht.

Die State-Owned Assets Supervision and Administration Commission (SASAC - Kommission zur Beaufsichtigung und Verwaltung staatseigener Vermögenswerte) versucht die Reform der staatseigenen Unternehmen zu vertiefen und räumt der Priorisierung von Stahl-, Kohle- und Stromunternehmen und anderen Industriezweigen wie Erdöl, Gas, Eisenbahn, Telekommunikation, Zivilluftfahrt und militärnahen Industriebereichen Vorrang ein und führt „gemischtwirtschaftliche“ Reformen durch, wodurch viele staatseigene Unternehmen wie „privatwirtschaftliche“ Unternehmen funktionieren. Im Jahr 2017 erzielten die von der SASAC kontrollierten staatseigenen Unternehmen einen Gewinn von 1,4 Bio. RMB (ca. 216,8 Mrd. USD), was im Vergleich zu 2016 einen Anstieg von 15,2 % darstellte.

Der private Sektor ist in Branchen wie der Bekleidungs- und Lebensmittelindustrie sowie bei der Montage für Ausfuhren marktbeherrschend. Zugleich werden strategisch wichtige Sektoren nach wie vor von großen staatseigenen Unternehmen dominiert (zum Beispiel in den Bereichen Energie, Versorgungswirtschaft, Verkehr, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Bildung, Gesundheitsversorgung und Verteidigung).

7.2.4 Der 13. Fünfjahresplan für die Entwicklung des Handels mit Dienstleistungen Im Rahmen des 13. Fünfjahresplans für die Entwicklung des Handels mit Dienstleistungen werden aktiv Freihandelsabkommen angestrebt, um Chinas Position im Dienstleistungsmarkt in bestimmten Ländern zu stärken.

Mit dem 13. Fünfjahresplan für die Entwicklung des Handels mit Dienstleistungen (Plan) sollen zum Beispiel angebotsseitige Strukturreformen im Bereich des Handels mit Dienstleistungen gefördert und der Handel mit Dienstleistungen sowie die damit zusammenhängenden Auslandsinvestitionen liberalisiert und erleichtert werden. Außerdem soll er die Exportfähigkeit stärken – einschließlich der Entwicklung neuer Arten von Dienstleistungen wie dem grenzüberschreitenden elektronischen Handel und der Auslagerung von Dienstleistungen – und sieht vor, dass Freihandelsabkommen genutzt werden, um Chinas Position im Dienstleistungsmarkt in bestimmten Ländern zu stärken.

Laut dem Plan muss China in seinem wachsenden Handel mit Dienstleistungen verschiedene Probleme bewältigen, darunter zunehmenden internationalen Wettbewerb, Handelsprotektionismus und die Überarbeitung der internationalen Vorschriften für den Handel mit Dienstleistungen. China hat mit mehreren Ländern und Regionen Absichtserklärungen über eine Zusammenarbeit beim Handel mit Dienstleistungen (einschließlich E-Commerce) geschlossen.

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Chinas Finanz- und Geldpolitik

China sagte gemeinsam mit anderen Partnern der G20 zu, von kompetitiven Abwertungen abzusehen und für Wechselkurse keine Zielvorgaben zu Wettbewerbszwecken festzulegen. Für grenzüberschreitende Konten ist eine Genehmigung des staatlichen chinesischen Devisenamts erforderlich.

China hat die Fortführung einer marktorientierten Wechselkursreform zugesagt, die Flexibilität in beide Richtungen ermöglicht. Beim Treffen der G20-Finanzminister im Rahmen der chinesischen Präsidentschaft im Juli 2016 sagte China gemeinsam mit anderen Partnern der G20 zu, von kompetitiven Abwertungen abzusehen und für Wechselkurse keine Zielvorgaben zu Wettbewerbszwecken festzulegen.

Der Renminbi Yuan (CNY, aber oft als RMB bezeichnet) ist für Kontokorrentgeschäfte voll und für einige Kapitalverkehrsgeschäfte teilweise konvertierbar. Seit 2011 können alle Gebietsansässigen und nicht Gebietsansässigen den Renminbi für ausländische Direktinvestitionen nutzen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2018 haben die chinesischen Aufsichtsbehörden die Vorschriften verschärft und den Abhebungsbetrag für Einzelpersonen aus dem Ausland auf 100 000 RMB (ca. 15 530 USD) pro Jahr begrenzt.

Am 5. Januar 2018 veröffentlichte die People's Bank of China im Rahmen von Bemühungen, Auslandsinvestitionen und -handel zu erleichtern, eine Mitteilung zum Thema „Weitere Verbesserung der grenzüberschreitenden RMB-Abwicklungspolitik und Beschleunigung von Investitionen und Handel“. Für die grenzüberschreitende Kontenhaltung ist eine Genehmigung des staatlichen chinesischen Devisenamts erforderlich.

Am 1. Oktober 2016 wurde der RMB neben dem US-Dollar (0,58252), dem Euro (0,38617), dem japanischen Yen (11,900) und dem Pfund Sterling (0,085946) zur frei nutzbaren Währung im Währungskorb für Sonderziehungsrechte (SZR) des IWF und ist im Korb am drittstärksten gewichtet (1,0174).

Im Jahr 2016 kündigte China an, die Umsetzung des Aktionsplans der OECD/G20 zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan) voranzutreiben. Steuerreformen sind eine fortwährende Priorität. China hat auch die Definition des „wirtschaftlichen Eigentümers“ präzisiert, um die Anspruchsberechtigung von Nichtansässigen auf Vergünstigungen aus Steuerabkommen zu bestimmen.

Anlässlich der Übernahme der G20-Präsidentschaft 2016 kündigte China an, die Umsetzung des Aktionsplans der OECD/G20 zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan) voranzutreiben. Die chinesischen Behörden entschieden sich gegen einen Austausch der BEPS-Länderberichte für das Steuerjahr 2016, was sie in der am 19. Dezember 2017 veröffentlichten Mitteilung Nr. 46 der chinesischen Steuerbehörde bekannt gaben. Obwohl China nicht der OECD angehört, stellt es für die Organisation seit 2007 einen wichtigen Partner da.

Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer machen rund 50 % der gesamten Steuereinnahmen des chinesischen Staates aus. Die Steuerreform ist für die chinesischen Behörden eine fortlaufende Priorität, und aufgrund der Reformierung der Umsatzsteuer auf Dienstleistungen wurden die Steuern in den vergangenen fünf Jahren um schätzungsweise 2 Bio. RMB (308 Mrd. USD) gesenkt. Im Jahr 2017 wurde die Umsatzsteuerstruktur weiter gestrafft. Insbesondere ist China dabei, sein Steueridentifikationssystem für juristische Personen zu reformieren. Am 3. Februar 2018 kündigte die chinesische Steuerbehörde eine Klarstellung über das wirtschaftliche Eigentum in Doppelbesteuerungsabkommen an, um die Definition des „wirtschaftlichen Eigentümers“ zu klären, mit der die Berechtigung von nicht im Land ansässigen Personen für Steuervergünstigungen auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren aus China ab dem 1. April 2018 festgelegt wird.

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7.2.5 Die Strategie des Vorrangs für Erwerbstätigkeit Die Regierung setzt derzeit die Strategie des Vorrangs für Erwerbstätigkeit um und arbeitet am Ausbau von Berufsausbildung und Fortbildung sowie an der Verbesserung des Sozialschutzes.

Chinas wirtschaftliche Wachstumsphase im Rahmen der „Neuen Normalität“ umfasst die „Strategie des Vorrangs für Erwerbstätigkeit“ und eine aktivere Beschäftigungspolitik. Sie arbeitet auch am Ausbau von Berufsausbildung und Fortbildung sowie an der Verbesserung des Sozialschutzsystems.

Ende 2017 waren in China insgesamt 776,4 Millionen Menschen erwerbstätig: 424,6 Millionen in städtischen Ballungsräumen und 351,8 Millionen im ländlichen Raum. Im Jahr 2017 betrug die Gesamtzahl der Wanderarbeitnehmer 286,5 Millionen und war damit 1,7 % höher als 2016. In den Städten lag die Quote der gemeldeten Erwerbslosen weiter bei etwa 3,9 %.

Chinas einzige zugelassene Gewerkschaft, der Gesamtchinesische Gewerkschaftsbund (All-China Federation of Trade Unions, ACFTU), ist an vielen Arbeitsstätten präsent, doch die Gewerkschaftsvertreter stehen weitgehend unter dem bestimmenden Einfluss der Unternehmensführung.

7.3 Chinas globale Handelsstrategie China ist in allen Bereichen des multilateralen Handelssystems aktiv, ergänzt dies aber auch insbesondere durch eine umfassende Freihandelsabkommens-strategie auf regionaler, subregionaler und bilateraler Ebene.

China ist seit seinem WTO-Beitritt 2001 in allen Bereichen des multilateralen Handelssystems aktiv, ergänzt dies aber auch insbesondere durch eine umfassende Freihandelsabkommensstrategie auf regionaler, subregionaler und bilateraler Ebene zur Liberalisierung und Erleichterung von Handel und Investitionen sowie durch Kooperationsvereinbarungen. Im Jahr 2017 erstreckten sich Chinas Freihandelsabkommen weit über seine unmittelbare Nachbarschaft, wie die südostasiatischen Nationen (ASEAN), hinaus und reichten bis hin zu lateinamerikanischen, zentralasiatischen und europäischen Ländern. Im Jahr 2017 unterzeichnete China außerdem Freihandelsabkommen mit Georgien und den Malediven. China hat auch ein „Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit“ mit Taiwan geschlossen, das einem Freihandelsabkommen entspricht (Liste von Chinas Freihandelsabkommen siehe Anhang 3)

China ist der größte Handelspartner von mehr als 120 Ländern/Regionen, deren Anteil am weltweiten BIP bei über 80 % liegt.

7.3.1 Welthandelsorganisation (World Trade Organisation) Chinas Beitritt zur WTO im Dezember 2001 war ein großer Schritt. China ist mehreren seiner Verpflichtungen im Rahmen der WTO zur Öffnung und Liberalisierung seiner Wirtschaft noch nicht nachgekommen.

Im Verfahren zum WTO-Beitritt Chinas im Dezember 2001 wurde den rechtlichen und wirtschaftlichen Besonderheiten der chinesischen Übergangswirtschaft Rechnung getragen. Anhand dieser besonderen Bestimmungen konnten z. B. WTO-Mitglieder im Rahmen ihrer Beziehungen zu China von den allgemeinen Regeln abweichen, die im WTO-Antidumpingübereinkommen und im WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind.

Im Gegenzug musste China infolge seines Beitritts strenge Reformen umsetzen und wichtige Teile seiner Wirtschaft liberalisieren. Allerdings wurden einige der WTO-Verpflichtungen Chinas im Zusammenhang mit einer Öffnung und Liberalisierung der chinesischen Wirtschaft unter Einhaltung der WTO-Regeln noch immer nicht umgesetzt. Diese Verpflichtungen dienen zur Schaffung eines berechenbareren Umfelds für Handel und ausländische Investitionen. Laut

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China spielte eine aktive Rolle bei den Verhandlungen zur Doha-Entwicklungsagenda (DDA). Ein Beitritt Chinas zum WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen wäre von großer Bedeutung für die Weltwirtschaft.

Weltbank sind die Reformen zur Bewältigung industrieller Überkapazitäten noch nicht abgeschlossen. Im Jahr 2017 stabilisierten sich die handelsbeschränkenden Maßnahmen in den größten Volkswirtschaften und gingen im Rest der Welt zurück.

China hat insbesondere aktiv an den Verhandlungen zur Doha-Entwicklungsagenda (DDA) teilgenommen. Auf der Mini-Ministerkonferenz der WTO im März 2018 bekräftigte China seine Unterstützung für das multilaterale Handelssystem und für gemeinsame Anstrengungen für eine reibungslose Funktionsweise der WTO sowie zur Fortsetzung der Verhandlungen über die verbleibenden Themen der Doha-Entwicklungsagenda.

Das Land war eines der ersten WTO-Mitglieder, das das auf der Ministerkonferenz in Bali im Jahr 2013 geschlossene Handelserleichterungsabkommen (HEA) national ratifizierte. Das HEA trat am 22. Februar 2017 in Kraft und enthält Bestimmungen zur Beschleunigung der Beförderung, Freigabe und Abfertigung von Waren einschließlich Transportgütern, sowie Maßnahmen für eine wirksame Zusammenarbeit zwischen dem Zoll und anderen zuständigen Behörden in Fragen der Handelserleichterung und der Einhaltung von Zollvorschriften.

China beantragte am 28. Dezember 2007 den Beitritt zum plurilateralen WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA), ist derzeit jedoch weiterhin Beobachter und setzt die Verhandlungen über einen Beitritt zum GPA weiter fort. Ein GPA-Beitritt Chinas zu einvernehmlichen und angemessenen Bedingungen wäre für die WTO und die Weltwirtschaft von großer Bedeutung.

7.3.2 China und ausgewählte Freihandelsabkommen Die trilateralen Verhandlungen Chinas über ein FHA mit Japan und Südkorea wurden 2018 fortgesetzt. Das FHA zwischen China und Südkorea wurde im Jahr 2015 unterzeichnet.

Fast ein Jahr nach der 12. Verhandlungsrunde am 13. April 2017 in Tokio wurden die Handelsverhandlungen zwischen China, Japan und Südkorea vom 22. bis zum 23. März 2018 wieder aufgenommen. Die drei Parteien tauschen sich über Fragen wie den Warenverkehr, den Handel mit Dienstleistungen (Telekommunikation und Finanzdienstleistungen) und Investitionen aus. Das trilaterale Investitionsabkommen trat im Mai 2014 in Kraft. Die drei Länder sind auch an breiter angelegten Bemühungen um ein regionales Handelsabkommen mit 16 Ländern beteiligt, der Umfassenden Regionalen Wirtschaftspartnerschaft.

China und Südkorea haben im Juni 2015 ein bilaterales Freihandelsabkommen unterzeichnet. Mit dem FHA wird der Handel von Waren und Dienstleistungen im Wert von fast 300 Mrd. USD geregelt. Mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens werden Südkorea und China 50 % bzw. 20 % der Zolltarifpositionen vollständig abschaffen, und innerhalb von zehn Jahren werden Südkorea und China 79 % bzw. 71 % der Zolltarifpositionen liberalisieren. Innerhalb von 20 Jahren werden die Zölle auf den Großteil des Handels zwischen Südkorea und China, gemessen am Einfuhrwert, schrittweise abgeschafft: zu 85 % für China und zu 91 % für Südkorea. Die nächste Phase des bilateralen Paktes wurde im März 2018 durch die erste Verhandlungsrunde über Dienstleistungen und Investitionen eingeleitet, die auf bestehenden Verpflichtungen aufbauen sollte.

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China ist eine der an den Verhandlungen zur Umfassenden Regionalen Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) mit ASEAN beteiligten Parteien. Es wird nicht erwartet, dass es sich bei der RCEP um ein Handelsabkommen der „neuen Generation“ handelt, sondern dass es aus einigen WTO-Plus-Verpflichtungen besteht.

Die Umfassende Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) gilt als Chinas Alternative zum Transpazifischen Partnerschaftsabkommen (jetzt Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership, CPTPP – Umfassende und fortschrittliche Vereinbarung für eine transpazifische Partnerschaft). Die 16-Parteien-RCEP-FHA-Verhandlungen wurden von den 10 ASEAN-Ländern und den bestehenden FHA-Partnern der ASEAN – Australien, China, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland – am Rande des Ostasien-Gipfels im November 2012 eingeleitet. Die Ministerkonferenz der RCEP fand am 12. November 2017 statt, um das Treffen der RCEP-Spitze vorzubereiten, das am 14. November 2017 stattfand, als der Entwurf des RCEP-Abkommens (Stand: November 2017) der Gemeinsamen Erklärung der 16 Teilnehmerländer beigefügt wurde.

Der chinesische Außenminister hatte sich für gemeinsame Anstrengungen ausgesprochen, um die RCEP-Verhandlungen bis 2017 abzuschließen, und gab an, dass eine RCEP, TPP oder andere regionale Abkommen einen möglichen Weg hin zu einer umfassenderen Freihandelszone Asien-Pazifik (FTAAP) bilden. Die 21. Runde der RCEP-Verhandlungen fand vom 5. bis zum 9. Februar 2018 in Indonesien statt, Die 5. RCEP-Ministertagung vom 30. Juni bis zum 1. Juli 2018 in Tokio.

Es bleibt abzuwarten, ob das endgültige RCEP ein Handelsabkommen der „neuen Generation“ sein wird, aber es wird erwartet, dass es einige WTO-Plus-Verpflichtungen umfassen wird. Die Unterschiede zwischen der CPTPP und der RECP werden wahrscheinlich Bestimmungen z. B. zu staatseigenen Unternehmen, zur Umwelt und zum öffentlichen Beschaffungswesen betreffen. Bestimmungen über Investitionen und Streitbeilegung scheinen Teil des RCEP-Abkommens zu sein, aber das Ausmaß und die Tiefe der Sanktionsverpflichtung bleiben abzuwarten.

Seit dem Ausstieg der USA im Januar 2017 zählen zum CPTPP-Freihandelsblock noch Japan, Vietnam, Malaysia, Singapur und Brunei, Australien, Neuseeland, Peru, Chile, Kanada und Mexiko. Das CPTPP-Abkommen wurde am 23. Januar 2018 in Japan geschlossen und am 8. März 2018 in Chile unterzeichnet. Das CPTPP sieht vor, dass mindestens sechs bzw. die Hälfte der Unterzeichnerstaaten das Abkommen ratifizieren müssen, damit es in Kraft treten kann.

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Abbildung 12: Beteiligung an der Umfassende Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) und dem ehemaligen Transpazifischen Partnerschaftsabkommen (TPP-11), das jetzt als „Umfassende und fortschrittliche Vereinbarung für eine transpazifische Partnerschaft“ bezeichnet wird. Quellen: http://www.postwesternworld.com/images/2015/08/RCEP.png; http://atlantacir.org/wp-

content/uploads/2017/01/Chart-2.jpg

7.4 Handelspolitische Fragen

7.4.1 Überblick China wurde zwar 2010 zur weltgrößten Exportnation, bleibt aber für Einfuhren aus anderen Ländern verhältnismäßig geschlossen. Im Global Enabling Trade Report 2016 wird China an 61. Stelle geführt – nach den leistungsstärksten Ländern in seiner Nachbarschaft.

China ist seit 2010 weltweit größter Exporteur, sein Handelsüberschuss hat sich 2017 weiter verringert und ist gegenüber dem Vorjahr um 14,2 % gesunken, während die Gesamtexporte des Landes nach Angaben der Regierung um 11 % gestiegen sind. Chinas Außenhandelsvolumen stieg im Jahr 2017 um 14,2 % (im Vergleich zu 2016) auf 27,79 Bio. RMB (rund 4,28 Bio. USD). China bleibt für Importe aus anderen Ländern relativ verschlossen und rangiert in Bezug auf den inländischen Marktzugang auf Platz 121 von 136 Ländern. China hat angekündigt, dass es im Jahr 2018 Zölle und Einfuhrsteuern auf eine Reihe von Import- und Exportgütern wie Maschinenkomponenten, Energiematerialien und Rohstoffe für die moderne Medizin anpassen wird.

Im Global Enabling Trade Report 2016, der vom Weltwirtschaftsforum und der Global Alliance for Trade Facilitation gemeinsam veröffentlicht wurde, rangiert China auf Platz 61 (von 136 Ländern) im Index, in dem der inländische und ausländische Marktzugang, die Grenzverwaltung, der Verkehr und die digitale Infrastruktur, Verkehrsdienstleistungen und das Betriebsumfeld berücksichtigt sind. China liegt hinter den besten Ländern seiner Nachbarschaft – Singapur (Rang 1), Hongkong (Rang 3) und Japan (Rang 16). Am besten schneidet das Land in der Kategorie Verkehrsinfrastruktur ab, wo es den 12. Rang weltweit belegt.

Handelsspannungen stehen auf der Liste der Risiken, denen China im Jahr 2018 ausgesetzt ist, mittlerweile ganz oben.

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7.4.2 Überkapazität Im November 2017 hat China sich auf dem G20-Treffen mit anderen G20-Partnern darauf geeinigt, die Überkapazitäten im Stahlsektor abzubauen. China hat Schritte zum Abbau überschüssiger Produktionskapazitäten unternommen.

China nimmt zusammen mit anderen Partnern der G20 zur Kenntnis, dass die strukturellen Probleme – darunter die überschüssigen Kapazitäten in der Stahlindustrie und in anderen Wirtschaftszweigen, die durch eine schwache globale Konjunkturbelebung und eine rückläufige Marktnachfrage verschärft wurden – negative Auswirkungen auf den Handel, die Arbeitnehmer und das Wirtschaftswachstum zur Folge haben.

Am 30. November 2017 richtete die deutsche G20-Präsidentschaft das erste Ministertreffen des G20/OECD Globalen Forums zu Stahlüberkapazitäten (GFSEC) aus, das am 16. Dezember 2016 als Ergebnis des G20-Gipfels im Juli 2016 gegründet wurde. Die 33 Volkswirtschaften im Globalen Forum repräsentieren über 90 % der weltweiten Stahlproduktionskapazität. Die Minister einigten sich auf einen Bericht, der einen Fahrplan mit sechs Leitprinzipien zum Abbau von Stahlüberkapazitäten enthält. Im Bericht wird festgestellt, dass die Gesamtkapazität der GFSEC-Mitglieder zur Erzeugung von Rohstahl im Jahr 2016 bei 2 031,4 Mio. t lag, wobei der Anteil Chinas an dieser Menge schätzungsweise 1 073,3 Mio. t beträgt.

Chinas angebotsseitige Strukturreformen begannen 2016, als der Staatsrat in seinen Leitlinien für die Eisen- und Stahlindustrie zum Abbau von Überkapazitäten und zur Lösung von Schwierigkeiten bei der künftigen Entwicklung Ziele für den Abbau von 100 bis 150 Millionen Tonnen inländischer Rohstahlkapazität innerhalb von fünf Jahren ab 2016 festlegte. Sie sehen einen Kapazitätsabbau zwischen 9 % und 13 % auf 977–1027 Mio. t und die Umsiedlung von 500 000 Arbeitern vor – rund 15 % der Gesamtkapazität. Im November 2016 hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) den Anpassungs- und Modernisierungsplan für die Eisen- und Stahlindustrie (2016–2020) verabschiedet, der die gleichen Ziele enthält und mit dem die Kapazitätsauslastung bis 2020 auf 80 % erhöht wird.

Ursachen für das Problem der Überkapazitäten in einer Reihe von Schwerindustrien sind die staatliche Unterstützung staatseigener Unternehmen und einige handelsverzerrende Praktiken.

Chinas Problem der Überkapazitäten ist viel umfassender und betrifft neben dem Stahlsektor auch mehrere andere Branchen. Ursachen für das Problem der Überkapazitäten in einer Reihe von Schwerindustrien sind die staatliche Unterstützung staatseigener Unternehmen und einige handelsverzerrende Praktiken. Nach Aussagen des Staatsrates gehörte zu den Maßnahmen die Eindämmung der Produktion, und es gibt 23 Projekte in Industriezweigen mit überschüssigen Kapazitäten wie der Eisen- und Stahl-, Aluminium-Elektrolyt-, Zement-, Flachglas- und Schiffsindustrie. Laut Staatsrat wurde 2017 die chinesische Stahl- und Kohleproduktion um 5,95 Mio. beziehungsweise 27,03 Mio. Tonnen zurückgefahren.

Gemäß dem statistischen Jahrbuch 2017 der World Steel Association nahm die Gesamtproduktion von Rohstahl in China im Jahr 2017 leicht zu und stieg auf 831,7 Mio. Tonnen, was rund 49 % der Gesamtproduktion von 66 Ländern (von insgesamt 1691,2 Mio. Tonnen) entspricht.

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Abbildung 13: Einfuhren und Ausfuhren von Gütern nach wichtigsten Ländern und Regionen und die Wachstumsraten im Jahr 2017

Quelle: World Steel Association

7.5 Handel und Investitionen

7.5.1 Handel China ist ein wichtiger Teil der globalen Wertschöpfungskette und ein Großteil seiner Ausfuhren besteht aus im Ausland produzierten Komponenten, die zur endgültigen Montage im Land geliefert werden.

Der Weltbank zufolge ist China tief in den Weltmarkt integriert, da seine Einfuhren und Ausfuhren jeweils ein Zehntel des weltweiten Gesamtwerts bilden. Auch Chinas Investitionen machen mit einem Fünftel einen großen Teil der weltweiten Investitionen aus. China ist ein wichtiger Teil der globalen Wertschöpfungskette und ein Großteil seiner Ausfuhren besteht aus im Ausland produzierten Komponenten, die zur endgültigen Montage im Land geliefert werden. Der Einfuhranteil chinesischer Investitionsausgaben ging jedoch von rund 30 % im Jahr 2004 auf 18 % im Jahr 2014 zurück, da China Zwischenprodukte im Inland erwarb. Der Wandel in der globalen Wertschöpfungskette setzt Volkswirtschaften, die eng in die „asiatische Wertschöpfungskette“ eingebunden sind, unter Wettbewerbsdruck.

Im Jahr 2017 erreichte Chinas Außenhandel insgesamt 4,10 Bio. USD, und Chinas Exporte und Importe stiegen um 7,9 % bzw. 15,9 %, was zu einem Handelsüberschuss von 422,5 Mrd. USD führte. Im Jahr 2017 betrug der Handelsüberschuss Chinas gegenüber den USA 275,8 Mrd. USD, gegenüber der EU 127,2 Mrd. USD, gegenüber Indien 51,7 Mrd. USD und gegenüber Japan 28,3 Mrd. USD.

Nach Angaben der chinesischen Behörden waren 2017 weiterhin die USA mit 19 %, die EU mit 16 %, Hongkong mit 12 %, Japan mit 6 % und Südkorea mit 4,5 % die wichtigsten Bestimmungsländer für Chinas Warenexporte. In diesem Zusammenhang geht aus chinesischen Statistiken hervor, dass mehr als 12 % der Exporte aus China in die ASEAN-Region gehen.

Im Jahr 2017 waren die EU (13,0 %), Südkorea (10 %), die USA (8,4 %), Japan (9 %), Taiwan (8,4 %) und die Russische Föderation (2 %) die wichtigsten Länder und Regionen für Warenimporte nach China.

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Abbildung 14: Einfuhren und Ausfuhren von Gütern nach China nach wichtigsten Ländern und Regionen und die Wachstumsraten im Jahr 2017

Ausfuhren Einfuhren

Land/Region RMB (100 Mio.)

Anstieg im Jahresverlauf 2

016 (%)

Anteil an der Gesamtsumm

e in %

RMB (100 Mio.)

Anstieg im Jahresverlauf 2

016 (%)

Anteil an der Gesamtsumme

in %

EU-28 25 199 12,6 16,4 16 543 20,2 13,3

USA 29 103 14,5 19,0 10 430 17,3 8,4

Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN)

18 902 11,9 12,3 15 942 22,8 12,8

Japan 9 301 8,9 6,1 11 204 16,3 9,0

Hongkong 18 899 -0,4 12,3 495 -54,9 0,4

Südkorea 6 965 12,6 4,5 12 013 14,4 9,6

Taiwan 2 979 12,2 1,9 10 512 14,5 8,4

Brasilien 1 962 35,2 1,3 3 974 31,4 3,2

Indien 4 615 19,8 3,0 1 107 42,4 0,9

Russland 2 906 17,8 1,9 2 790 31 2,2

Südafrika 1 004 18,4 0,7 1 649 12,1 1,3

Sonstige, geschätzt 31 610 20,6 38 030 30,5

Gesamt, geschätzt 153 445 100 124 689 100

Quelle: Statistisches Kommuniqué:, Nationale Statistikbehörde Chinas, 28.2.2018

Abbildung 15: Chinas wichtigste Exportprodukte (2016 und 2017)

Waren 2016 (in 100 Mio RMB)

2017 (in 100 Mio RMB)

Bekleidung und Zubehör 10 413 10 656 Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und deren Komponenten

9 068 10 710

Mobil- und Autotelefone 7 643 8 503 Textilgarne und -waren 6 925 7 441 Walzstahl 3 587 3 700 Möbel und deren Teile 3 151 3 385 Schuhe 3 113 3 269

Quelle: Statistisches Kommuniqué, Nationale Statistikbehörde Chinas, 28.2.2018

Im ersten Quartal des Jahres 2018 stiegen Chinas Gesamteinfuhren Schätzungen zufolge um 31 % an, während seine Ausfuhren um 15 % anstiegen.

Aus den zusammengefassten Daten für Januar bis März 2018 geht ein Anstieg von 24,4 % (gegenüber dem Vorjahr) hervor, da das Gesamtvolumen für Einfuhren und Ausfuhren 563,5 Mrd. USD betrug. Chinas Handelsüberschuss stieg im ersten Quartal 2018 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 43,6 % auf 54,32 Mrd. USD; die Aus- und Einfuhren stiegen um 14,1 % bzw. 18,9 %.

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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Abbildung 16: Chinas Warenhandel in Mrd. USD

Quelle: Weltbank und CNBC

Chinas Einfuhren von kommerziellen Dienstleistungen machten mehr als ein Viertel der Gesamteinfuhren im Jahr 2017 aus.

Chinas Einfuhren von kommerziellen Dienstleistungen sind zwischen 2010 und 2016 von 140,9 Mrd. USD auf 449 Mrd. USD gestiegen. Im Jahr 2017 stieg der Gesamthandel mit Dienstleistungen aus China um rund 7 % auf 696 Mrd. USD, wovon 228 Mrd. USD auf Ausfuhren und 468 Mrd. USD auf Einfuhren entfielen. Nach WTO-Angaben war China mit 226. Mrd. USD im Jahr 2017 der fünftgrößte Exporteur von kommerziellen Dienstleistungen (gegenüber dem 16. Rang im Jahr 1995). Im Jahr 2017 stiegen die Dienstleistungsexporte aus China um 10,6 %, während die Dienstleistungsimporte in das Land im Vergleich zu 2016 um 5,1 % zunahmen.

Abbildung 17: Chinas Ausfuhren und Einfuhren von Dienstleistungen (in Mrd. USD)

Quelle: Weltbank – World Integrated Trade Solutions (WITS); 2017; Statistisches Kommuniqué,

Nationale Statistikbehörde Chinas, 28.2.2018 – Daten für 2017 von POLDEP auf Grundlage des Durchschnittskurses der US-Notenbank für 2017 berechnet: 1 USD = 6,7569 RMB.

7.5.2 Investitionen Mit einer Lockerung der formalen Anforderungen und einer Reihe von Anreizsystemen versucht China weiterhin, für ausländische Direktinvestitionen attraktiv zu werden. Mit neuen Richtlinien für die chinesische

China versuchte weiterhin, für ausländische Direktinvestitionen attraktiv zu werden, indem es verschiedene Branchen für ausländische Investoren geöffnet hat. Am 28. Juli 2017 trat das überarbeitete Verzeichnis der Wirtschaftszweige für ausländische Investitionen in Kraft. Darin ist festgelegt, in welchen von über 400 Industriezweigen ausländische Investitionen gefördert, beschränkt oder verboten werden. Im Verzeichnis für 2017 wurden die Beschränkungen bzw. Sonderverwaltungsmaßnahmen für ausländische Investitionen von 93 auf 63 gesenkt. Dies zeigt die Bemühungen des Staates, den Fertigungszweig für ausländisches Kapital attraktiver zu machen, u. a. durch die Strategie „Made in China 2025“ sowie die Strategie zur innovationsgetriebenen Entwicklung. Es werden ausländische Investitionen u. a. in den Bereichen Hochtechnologie und

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Außenwirtschaftspolitik sollen ausländische Investitionen in China erleichtert werden. China versuchte weiterhin, für ausländische Direktinvestitionen attraktiv zu werden, und zwar auch in den Freihandelszonen des Landes.

neue Technologien, moderne Fertigung, Energieeinsparung und moderne Dienstleistungsbranchen wie den elektronischen Handel gefördert. Für die Automobilherstellung gilt weiterhin die Joint-Venture-Regelung, die eine mindestens fünfzigprozentige Beteiligung einer chinesischen Partei vorschreibt, wobei diese auf maximal zwei für die gleiche Art von Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen beschränkt bleibt.

Die Regierung hat die am 10. Juli 2017 in Kraft getretenen „Sonderverwaltungsmaßnahmen der Pilot-Freihandelszone für die Zulassung ausländischer Investitionen“ (Negativliste) veröffentlicht, um die Verfahren für ausländische Investoren zur Ansiedlung in den 11 Freihandelszonen sowie die Aufhebung von Investitionsbeschränkungen in mehreren Sektoren in China zu vereinfachen. Die Liste umfasst 15 Investitionssektoren und 40 Branchen, in denen ausländische Investitionen nach wie vor „beschränkt“ oder „verboten“ sind, u. a. Bergbau, Leasing und Finanzierung. Gleichzeitig werden jedoch auch 27 Beschränkungen aufgehoben und damit eine stärkere Gleichbehandlung ausländischer und chinesischer Unternehmen ermöglicht. Das Negativlistenmodell soll im Januar 2018 landesweit eingeführt werden.

Der „China Going Global Investment Index“ von 2017 der Economist Intelligence Unit (siehe Abbildung 18) wird von den USA angeführt und wägt für 67 Länder Chancen und Risiken gegeneinander ab.

Abbildung 18: Änderungen des chinesischen ODI-Index, 2017 gegenüber 2015, ausgewählte Länder

Quelle: „China Going Global Investment Index 2017“, Economist Intelligence Unit

Im Jahr 2017 blieben die USA mit einem Zufluss von 311 Mrd. USD der größte Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen, gefolgt von China mit einem Rekordzufluss von geschätzten 144 Mrd. USD.

Ausländische Investitionen in China

Nach Angaben der UNCTAD sanken die weltweiten ausländischen Direktinvestitionen (ADI) 2017 um 16 % von korrigierten 1,81 Bio. USD im Jahr 2016 auf geschätzte 1,52 Bio USD. Im Jahr 2017 blieben die USA der größte Empfänger von ADI (275 Mrd. USD), gefolgt von China mit geschätzten 136 Mrd. USD. Den beiden führenden Ländern folgten Hongkong, Singapur und die Niederlande mit geschätzten Zuflüssen von 104 Mrd. USD, 62 Mrd. USD bzw. 58 Mrd. USD. Die ADI-Zuflüsse in die EU gingen von 500 Mrd. USD im Jahr 2016 auf geschätzte 370 Mrd. USD im Jahr 2017 zurück, was einem Rückgang von 26 % entspricht.

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Nach Angaben des Handelsministeriums erreichten die ADI-Zuflüsse nach China im Jahr 2017 mit 136,3 Mrd. USD ein Rekordhoch.

Mit neuen Vorschriften, die im März 2018 in Kraft traten, schränkt China die Auslandsinvestitionen inländischer Unternehmen ein. In der neuen Negativliste, die am 28. Juli 2018 in Kraft trat, werden die Branchen aufgelistet, für die Auslandsinvestitionen verboten oder eingeschränkt sind.

Am 26. Dezember 2017 erließ die Kommission für nationale Entwicklung und Reform (NDRC) die „Administrative Measures for Enterprise Outbound Investment“ (Verwaltungsmaßnahmen für abfließende Unternehmensinvestitionen) (Verordnung Nr. 11), die am 1. März 2018 in Kraft trat. Die Überwachung von Auslandsinvestitionen unterliegt nicht mehr den Verfahren der Vorabprüfung und der Erfassung und keinen Meldeverfahren, selbst bei Auslandsprojekten, deren Wert 300 Mio. USD übersteigt. Projekte, an denen „sensible Länder“, Regionen oder Branchen beteiligt sind, unterliegen jedoch weiterhin Prüfverfahren. Beschränkungen gelten für ausländische Direktinvestitionen von inländischen Unternehmen in bestimmten Bereichen wie Immobilien, Hotels, Unterhaltung und Sportmannschaften, wobei hingegen Investitionen in natürliche Ressourcen und entlang der „Belt and Road“-Korridore unterstützt werden.

Die NDRC und das Handelsministerium haben mit Wirkung zum 28. Juli 2018 gemeinsam eine neue nationale Negativliste mit dem Titel „Besondere Verwaltungsmaßnahmen für den Zugang zu ausländischen Investitionen 2018“ veröffentlicht. Mit der neuen Negativliste, die Industriezweige enthält, für die ausländische Investitionen verboten oder eingeschränkt sind, werden die restriktiven Maßnahmen von 63 in der vorherigen Version auf 48 gesenkt. Mit der neuen Negativliste für Freihandelszonen, „Sonderverwaltungsmaßnahmen für den Zugang ausländischer Investitionen zu Pilotfreizonen“, werden die restriktiven Maßnahmen von 95 in der vorherigen Version auf 45 gesenkt.

Chinesische Investitionen im Ausland

Laut dem Weltinvestitionsbericht der UNCTAD war China im Jahr 2017 hinter den USA (342 Mrd. USD) und Japan (160 Mrd. USD) die drittgrößte Quelle für Direktinvestitionen aus dem Ausland (125 Mrd. USD).

Nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums haben chinesische Investoren im Jahr 2017 Direktinvestitionen (ohne Banken, Wertpapiere und Versicherungen) in Höhe von 810,8 Mrd. RMB (120,1 Mrd. USD) getätigt, was einem Rückgang von 29,4 % gegenüber 2016 entspricht. Die chinesischen Investitionen in den Ländern entlang des „Belt and Road“-Korridors beliefen sich im Jahr 2017 auf 14,4 Mrd. US-Dollar.

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Abbildung 19: Weltweite ADI-Ströme Chinas (in Mio. USD)

Quelle: UNCTAD, Weltinvestitionsbericht 2018

Abbildung 20: Weltweite ADI-Bestände Chinas (in Mio. USD)

Quelle: UNCTAD, Weltinvestitionsbericht 2018

Eines der wichtigsten Ergebnisse des G20-Vorsitzes Chinas waren die Leitsätze der G20 für die Gestaltung globaler Investitionspolitik.

Eines der wichtigsten Ergebnisse des G20-Vorsitzes Chinas war die Einrichtung der Arbeitsgruppe „Handel und Investitionen“ (TIWG) im Jahr 2016, die die Leitsätze der G20 für die Gestaltung globaler Investitionspolitik (G20-Leitsätze) vorlegte. Sie enthalten zwar freiwillige, aber deutliche Erklärungen über Schlüsselfelder für die Gestaltung globaler Investitionspolitik (auf nationaler und internationaler Ebene), z. B. Zugang und Aufbau, Verfahren und Schutz, Förderung und Liberalisierung sowie Streitbeilegung.

7.6 Digitale Wirtschaft und Cybersicherheit Die Cybersicherheit gilt als einer der weltweit größten Risikobereiche.

Die Cybersicherheit gilt als einer der weltweit größten Risikobereiche und erfordert daher eine internationale Steuerung des Cyberspace. Die kürzlich eingerichtete Plattform des Global Cyber Centre des Weltwirtschaftsforums fördert die Zusammenarbeit bei globalen Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit.

Auf dem G20-Gipfel 2016 in Hangzhou hat China der digitalen Wirtschaft für den G20-Plan für innovatives Wachstum Priorität eingeräumt. In ihrer Erklärung vom 8. Juli 2017 legten die G20-Minister für digitale Wirtschaft einen Fahrplan für eine gemeinsame Digitalpolitik fest.

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Eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und China: umfassendere strategische Zusammenarbeit?

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Der 8. IKT-Dialog EU-China fand am 11. Juli 2017 statt. Die Zusammenarbeit im Rahmen von Initiativen wie EXCITING, die zum Ziel hat, Kooperationsplattformen zwischen China und der EU zu prüfen, könnte neue Technologien wie z. B. autonome Fahrzeuge hervorbringen.

In den Schlussfolgerungen des Rates vom 16. April 2018 zu „böswilligen Cyberaktivitäten“ (ein Teil der GASP der EU) wird betont, wie wichtig ein globaler, offener, freier, stabiler und sicherer Cyberraum ist, in dem die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit uneingeschränkt gelten, für das soziale Wohlbefinden, das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand. Ferner werden auch die im Rahmen der Cyber-Task-Force EU-China erzielten Fortschritte bewertet.

China hat mehr Internetnutzer als die EU und die USA zusammen, und sein schnell wachsender E-Commerce-Sektor macht rund 40 % des weltweiten E-Commerce aus.

Die digitale Wirtschaft Chinas machte 2017 30,3 % des gesamten BIP des Landes aus und betrug rund 3,43 Billionen US-Dollar. China hat mehr Internetnutzer als die EU und die USA zusammen und sein schnell wachsender E-Commerce-Sektor macht rund 40 % des weltweiten E-Commerce aus. Durch die Erleichterung des Zahlungsverkehrs für Waren und Dienstleistungen hat er die Geschäftsaktivitäten chinesischer Unternehmen sowie das tägliche Leben dramatisch verändert.

Zu den jüngsten Rechtsvorschriften in diesen Bereichen der digitalen Wirtschaft und Cybersicherheit zählt die chinesische Initiative „Internet Plus“ von 2016, die den Integrationsplan der Hauptstrategie „Made in China 2025“ (durch E-Commerce) fördert. Spätestens 2019/2020 will China in einigen seiner Regionen die 5G-Technologie kommerziell nutzen und das Land will bis 2035 zu einer weltweit führenden Cybermacht werden.

Die Strategie Chinas über internationale Kooperation im Cyberspace wurde am 1. März 2017 veröffentlicht und enthält vier Grundsätze für die Zusammenarbeit: Durch das chinesische Cybersecurity-Gesetz wird Unternehmen, die in kritischen Dienstleistungssektoren

Chinas Strategie über internationale Kooperation im Cyberspace

Am 1. März 2017 veröffentlichten die chinesischen Behörden eine Strategie über internationale Kooperation im Cyberspace, in der vier Grundprinzipien für die internationale Zusammenarbeit und sechs strategische Ziele Chinas festgelegt sind: Wahrung von Souveränität und Sicherheit, Entwicklung internationaler Regeln, Schutz der legitimen Rechte und Interessen der Bürger, Förderung einer fairen Internet-Governance, der digitalen Wirtschaft und Aufbau einer Plattform für den Austausch im Bereich der Cyberkultur.

Chinas Cybersecurity-Gesetz, das am 1. Juni 2017 in Kraft getreten ist, enthält zusätzliche nationale Sicherheitsüberprüfungsanforderungen und -standards für Unternehmen, die in China Netzwerk- und Datenoperationen durchführen oder durchführen wollen. Auf legitime Bedenken im Bereich der Cybersicherheit sollte in einer angemessenen Weise eingegangen werden, die den Marktzugang nicht unnötig einschränkt oder Handelsbeschränkungen für importierte IKT-Produkte und -Dienstleistungen schafft oder von den WTO-Verpflichtungen abweicht.

Das chinesische Cybersecurity-Gesetz stellt bereits strenge Anforderungen an die Datenübertragung, da es Unternehmen und ihre Partner, die in kritischen Dienstleistungssektoren wie öffentlichen Kommunikations- und Informationsdienstleistungen, Energie, Verkehr, Wasser,

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tätig sind, die Speicherung von Daten im Inland vorgeschrieben. Netzbetreiber, die personenbezogene Daten erheben und verwenden, sind verpflichtet, die Zustimmung der Person einzuholen, deren Daten erhoben werden.

Finanzen, öffentliche Dienstleistungen, elektronische Verwaltung und anderen wichtigen Informationsinfrastrukturen tätig sind, verpflichtet, persönliche und andere wichtige Daten, die bei ihrer Tätigkeit auf dem chinesischen Festland gesammelt werden bzw. entstehen in China zu speichern. Darüber hinaus sind die Netzbetreiber verpflichtet, Organe der öffentlichen Sicherheit und Staatssicherheitsorgane bei rechtmäßigen Tätigkeiten zur Wahrung der nationalen Sicherheit und zur Ermittlung von Straftaten technisch zu unterstützen. Das Gesetz hat eine größere Bedeutung, da es über die Datensicherheit hinausgeht und sich auch auf den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen erstreckt.

Netzbetreiber, die personenbezogene Daten erheben und verwenden, sind verpflichtet, die Zustimmung der Person einzuholen, deren Daten erhoben werden. Liegt keine Einwilligung vor, dürfen personenbezogene Daten nicht an Dritte weitergegeben werden, wobei es jedoch Ausnahmen gibt – für diese gilt jedoch die Bedingung, dass die betroffenen Personen nicht identifizierbar und keine Rückschlüsse auf sie möglich sein dürfen. Verstöße gegen die Vertraulichkeit persönlicher Daten können mit der Aussetzung des Geschäftsbetriebs oder Geldbußen (von maximal 1 Million RMB) belegt werden.

Die chinesische Cyberspace-Behörde hat im August eine Liste von Vorschriften veröffentlicht, die ab dem 1. Oktober 2017 die Registrierung mit Klarnamen per Aushang vorschreibt. Die Verordnung vom 2. Mai 2017 schreibt vor, dass Online-Nachrichtendiensteanbieter und Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen.

Zum 31. März 2018 traten neue Vorschriften für Virtual Private Networks (VPNs) in China in Kraft.

Seit dem 31. März 2018 dürfen Unternehmen und Verbraucher nur noch VPNs verwenden, die staatlich genehmigt bzw. lizenziert sind. Da das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) nicht für Unternehmen zuständig ist, die im Ausland tätig sind, scheinen die neuen Regeln auf lokale Rechenzentrum, Internetanbieter, Content Delivery Networks und andere Dienste abzuzielen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese neuen Vorschriften gegebenenfalls auf in China tätige multinationalen Unternehmen auswirken. So hat Apple 2017 674 VPNs aus seinem chinesischen App Store entfernt und als Grund für dieses Vorgehen die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften angegeben. Im August 2017 verfügte die Cyberspace Administration of China (CAC) gegenüber den Betreibern von fünf Websites, darunter einer führenden Online-Shopping-Plattform, dass sie Anbieter entfernen müssen, die Zugang zu VPNs anbieten.

Chinas Aktionsplan für künstliche Intelligenz zur Aufwertung seiner Wirtschaft

China hat eine eigene Entwicklungsstrategie für künstliche Intelligenz(KI), die im Juli 2017 vorgestellt wurde. Außerdem hat China im Dezember 2017 seinen Aktionsplan zur künstlichen Intelligenz für den Zeitraum 2018–2020 veröffentlicht, der eine Aufwertung seiner Wirtschaft mit KI als Hauptmotor vorsieht.. Der neue KI-Dreijahresplan für „Internet plus Künstliche Intelligenz“ wird voraussichtlich die gleichen Auswirkungen auf die Industrie haben wie die Initiative „Made in China 2025“ auf die Fertigungsindustrie. China strebt für 2018 einen Markt von 15 Mrd. US-Dollar im Bereich der künstlichen Intelligenz an.

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7.7 „Belt and Road Initiative“ (BRI) Im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI) werden von China geförderte Infrastruktur und Verbindungen gebaut. Die BRI dient vielen Zielen, unter anderem dem Abbau von Überkapazitäten in China.

Im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI), dem internationalen Kooperationsprojekt für von China geförderte Infrastruktur und Verbindungen, werden jährlich schätzungsweise 150 Mrd. US-Dollar investiert. Die BRI ist ein konzeptioneller Rahmen für Maßnahmen, die die wirtschaftliche Integration innerhalb Asiens, zwischen Europa und Asien sowie in (Nord-)Afrika und dem Nahen Osten durch eine Vielzahl von wirtschaftlichen Aktivitäten fördern sollen. Die BRI ist Teil der ehrgeizigen und neu ausgerichteten „Go Global“-Strategie Pekings. Neben den Verbindungs- und Infrastrukturprojekten dient die BRI auch der Stärkung der Energiesicherheit Chinas, indem sie die Versorgung des Landes diversifiziert und bei Überkapazitäten für einen zusätzlichen Zugang zu den Exportmärkten sorgt.

Chinas offizielle Medien berichteten im Dezember 2017, dass im Rahmen der BRI 86 Länder und internationale Organisationen 100 Kooperationsabkommen mit China unterzeichnet haben. Zu den Projekten gehören der Bau des Wirtschaftskorridors China-Pakistan, der Mombasa-Nairobi-Bahn, der Bau des Abschnitts Belgrad–Stara Pazova der Eisenbahnlinie zwischen Ungarn und Serbien und Häfen wie Khalifa in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Hambantota in Sri Lanka und Piräus in Griechenland.

Im Jahr 2017 beliefen sich die nichtfinanziellen Direktinvestitionen Chinas in den Ländern entlang des „Belt and Road“-Korridors auf 14,4 Mrd. USD. Das Gesamtvolumen der neu unterzeichneten Projekte betrug 144,3 Mrd. USD, ein Plus von 14,5 % gegenüber 2016. Große Projekte waren z. B. die Eisenbahnen zwischen Äthiopien und Dschibuti und zwischen China und Laos sowie das Port-City-Projekt in Colombo in Sri Lanka.

Im Jahr 2017 fanden entlang des „Belt and Road“-Korridors 62 Fusionen und Übernahmen statt, die sich auf 8,8 Mrd. US-Dollar beliefen. Größtes Projekt war der gemeinsame Erwerb von 12 % an der National Oil Company in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten durch die China National Petroleum Corporation und die China Energy Company Limited.

Abbildung 21: Die „Belt and Road Initiative“: „Der Weg (Road) bezeichnet die alten Seewege zwischen China und Europa, während der Gürtel (Belt) die bekannteren Wege der Seidenstraße auf dem Landweg beschreibt (siehe Karte).“

Quelle: The Economist, http://www.economist.com/news/china/21701505-chinas-foreign-policy-could-reshape-good-part-world-economy-our-bulldozers-our-rules

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„Polarseidenstraße“ durch die Arktis

Im Juni 2017 veröffentlichte China das Dokument „A Vision for Maritime Cooperation under the Belt and Road Initiative“ über eine blaue Wirtschaftspassage, die über den Arktischen Ozean nach Europa führen soll. Im ersten offiziellen Weißbuch zur chinesischen Arktis-Politik, das am 26. Januar 2018 veröffentlicht wurde, definiert sich China als nahe an der Arktis gelegener Staat. Die „Polarseidenstraße“ ist die dritte Säule der BRI als Leitinitiative, die China über die Arktis mit Europa und darüber hinaus verbinden soll. Seit dem Russland-Besuch des chinesischen Präsidenten im Juli 2017 haben die beiden Länder die Zusammenarbeit zur „Polarseidenstraße“ weiter ausgebaut.

Im Juni 2017 veröffentlichte China das Dokument „A Vision for Maritime Cooperation under the Belt and Road Initiative“ (Eine Vision für die maritime Zusammenarbeit im Rahmen der „Belt and Road Initiative“), derzufolge sich die maritime Zusammenarbeit auf den Aufbau der Wirtschaftswege China-Indischer Ozean-Afrika-Mittelmeer und China-Ozeanien-Südpazifik konzentrieren soll. Sie schlägt auch eine blaue Wirtschaftspassage vor, die über den Arktischen Ozean bis nach Europa führen soll. Dazu gehören die Mitsprache Chinas bei die Arktis betreffenden Belangen, wie z. B. der wissenschaftlichen Erkundung von Schifffahrtsrouten, die Einrichtung von Beobachtungsstationen an Land, die Erforschung von Klima- und Umweltveränderungen sowie die Bereitstellung von Navigationsprognosen. Außerdem werden chinesische Unternehmen ermutigt, sich an der kommerziellen Nutzung der Arktisroute zu beteiligen.

In dem ersten offiziellen Weißbuch zur chinesischen Arktispolitik, das am 26. Januar 2018 veröffentlicht wurde, wird bestätigt, dass die Hoheitsgewalt über die Arktis Kanada, Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Russland, Schweden und den USA obliegt. China definiert sich als nahe an der Arktis gelegener Staat, d. h. als einer der kontinentalen Staaten, die dem Polarkreis am nächsten sind. Chinas Strategie wirbt für die Vision einer „Polarseidenstraße“ durch die Arktis und über die japanische Meerenge. In seiner selbstbewussten Arktisstrategie spricht China beispielsweise davon, dass es bei der Verfolgung eigener Interessen die Interessen anderer Länder und der gesamten internationalen Gemeinschaft gebührend berücksichtigen werde.

Die „Polarseidenstraße“ ist die dritte Säule der Leitinitiative BRI (s. Karte). Trotz der Tatsache, dass die Arktis reich an natürlichen Ressourcen wie Eisenerz, Kohle und Edelmetallen ist, sind die Möglichkeiten im Transportsektor aufgrund der hohen Kosten für die Erschließung der natürlichen Ressourcen in der Arktis stärker in den Vordergrund gerückt als der Bergbau. Sowohl die Nordostpassage (über die russische Küste) als auch die Nordwestpassage (über den kanadischen Archipel) sind von strategischer Bedeutung. Die Nordseeroute, die sich etwa von Murmansk im Westen bis zur Beringstraße im Osten erstreckt, bildet jedoch den Schwerpunkt sowohl der russischen als auch der chinesischen Arktisstrategie.

Seit dem Russland-Besuch des chinesischen Präsidenten im Juli 2017 haben die beiden Länder die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der „Polarseidenstraße“ intensiviert sowie auf dem Gebiet der BRI, insbesondere im Energiesektor, der Frachtschifffahrt und bei der Entwicklung eines Unterwasser-Telekommunikationskabels in der nordöstlichen Arktis (Arctic Connect). Russland hat 2017 neue Vorschriften erlassen, denen zufolge der Transport von Energieressourcen auf der Nordostpassage russischen Schiffen vorbehalten ist. Auf Grundlage von Artikel 234 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) betrachtet Russland die Nordostpassage als seinen Territorialgewässern zugehörig.

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Durch Verweise auf UNCLOS im Weißbuch möchte China seine Rechte auf Erforschung der Arktis und Befahren ihrer Gewässer stärken.

Inzwischen betreibt China eigene Forschung, um neue Erkenntnisse über Umweltschutz und Befahrbarkeit der Gewässer in der Arktis zu gewinnen. Mit Verweisen auf UNCLOS in seinem Weißbuch möchte China seine Rechte auf Erforschung der Arktis und Befahren ihrer Gewässer stärken. China beabsichtigt außerdem, die Eisbrecherfähigkeit für den Schiffsbetrieb in den arktischen Gewässern zu erproben.

Abbildung 22: Schifffahrtswege in der Arktis (Yale University)

Quelle: Polar trade routes(Yale University); Global Construction Review, Januar 2018.

8 Außen- und sicherheitspolitische Fragen

8.1 Globale und regionale Sicherheit China ist ehrgeiziger und selbstbewusster geworden und versucht, seinen „gebührenden Platz in der Welt zurückzugewinnen". Auch in seiner Außenpolitik bezieht es eine selbstbewusstere, mehrdimensionale Position.

Die Außenpolitik ist nach wie vor hauptsächlich ein Instrument zur Förderung innenpolitischer Ziele, der Rolle der Kommunistischen Partei und des Wirtschaftswachstums. Unter der Führung von Präsident Xi ist China ehrgeiziger und selbstbewusster geworden und versucht, seinen „rechtmäßigen Platz in der Welt zurückzugewinnen". Auch in seiner Außenpolitik bezieht es eine selbstbewusstere, mehrdimensionale Position.

China hat die wachsenden globalen Aufgaben und Verpflichtungen anerkannt, die mit dem Status eines wichtigen Landes einhergehen, darunter auch der Vorsitz der G20 im Jahr 2016. Seit dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas wirbt China für neu gestaltete internationale Beziehungen, die auf einer für alle Seiten gewinnbringenden Zusammenarbeit beruhen und die zentrale Rolle der Vereinten Nationen, einschließlich der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, betonen.

China baut eine regionale Sicherheitsarchitektur entlang der Sea Lanes of Communication (SLOC – Kommunikations-Seewege) auf.

China baut eine regionale Sicherheitsarchitektur auf. Die sogenannten Sea Lanes of Communication (SLOCs), die die wichtigsten Seewege zwischen Häfen für Handel, Logistik und Seestreitkräfte beschreiben, sind ein wichtiger strategischer Plan Chinas, der über das Thema Piraterie hinausgeht, da er den Zugang zu den natürlichen Ressourcen des Nahen Ostens sowie zu den wichtigsten Handelspartnern für China in Europa und Afrika einschließt. Im Jahr 2017 eröffnete China auch offiziell seinen ersten Militärstützpunkt außerhalb Chinas in Dschibuti.

Konflikt um das Südchinesische Meer

Die Bedeutung des Konflikts um das Südchinesische Meer ist in jüngster Zeit zum beherrschenden Thema geworden, ebenso wie das selbstbewusste Verhalten

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In einem von den Philippinen gegen China eingereichten Verfahren entschied die UNCLOS im Konflikt um das Südchinesische Meer gegen China. Die EU unterstützt den raschen Abschluss eines wirksamen Verhaltenskodex zwischen dem ASEAN und China zum Verhalten der Parteien im Südchinesischen Meer („Declaration on the Conduct of Parties in the South China Sea“). Im Jahr 2017 hat China mit den Philippinen und den Küstenstaaten des Südchinesischen Meeres einen neuen Kooperationsmechanismus eingerichtet.

Chinas in seiner maritimen Peripherie. Das Ständige Schiedsgericht der Vereinten Nationen für das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) entschied am 12 Juli 2016 in einem von den Philippinen gegen China eingereichten Verfahren, dass der von China und den Philippinen beanspruchte Teil des Südchinesischen Meeres ausschließlich zu den Philippinen gehört. Am 10. April 2018 gaben Präsident Xi Jinping und sein philippinischer Amtskollege Rodrigo Duterte engere Beziehungen zwischen den beiden Ländern bekannt, während Peking 73 Millionen Dollar an Wirtschafts- und Infrastrukturhilfen und neue Impulse für die maritime Sicherheit zugesagt hat.

Die EU unterstützt den raschen Abschluss eines wirksamen Verhaltenskodex zwischen dem ASEAN und China zur Umsetzung der im Jahr 2002 verabschiedeten Erklärung zum Verhalten der Parteien im Südchinesischen Meer („Declaration on the Conduct of Parties in the South China Sea“). Im August 2017 verabschiedeten die Außenminister der ASEAN-Mitgliedstaaten und Chinas das Rahmenwerk zu einem Verhaltenskodex für das Südchinesische Meer. China und ASEAN veröffentlichten 2017 auch einen ersten Entwurf eines Verhaltenskodex für das Südchinesische Meer. Die für März 2018 geplanten Konsultationen zwischen China und ASEAN zum Verhaltenskodex im Südchinesischen Meer haben nicht stattgefunden. Es scheinen Differenzen zu bestehen, z. B. zu der Frage, ob die Anwendbarkeit des Verhaltenskodex auf den Spratly-Archipel beschränkt werden soll oder ob er auch für die Paracel-Inseln und das Scarborough-Riff gelten soll. Bei der Anwendung des UNCLOS stellt sich außerdem die Frage, ob die südostasiatischen Staaten zur Nutzung der Öl-, Gas- und Fischressourcen vor ihren Küsten berechtigt sein sollen.

Im Jahr 2017 forderte China die Küstenstaaten des Südchinesischen Meers auf, einen neuen Kooperationsmechanismus zu schaffen. Auf der zweiten Sitzung des bilateralen Konsultationsmechanismus zwischen China und den Philippinen am 13. Februar 2018 wurden einige positive Entwicklungen im Südchinesischen Meer festgestellt:

Zugang für Fischer in den umstrittenen Gebieten;

Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Meeresökosystems im Südchinesischen Meer und

eine Verpflichtung Chinas und aller Parteien, unbewohnte Gebiete in Übereinstimmung mit der Erklärung zum Verhalten im Südchinesischen Meer nicht zu bebauen.

Im Mai 2018 warnten die Philippinen China jedoch vor einem Krieg um die natürlichen Ressourcen im Südchinesischen Meer.

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Abbildung 23: Südchinesisches Meer: Von China beanspruchte Gebiete und umstrittene Inseln

Quelle: Global Security, CSIS, 30.3.2018

China ist an einer weiteren Streitigkeit im Ostchinesischen Meer beteiligt, die seine Beziehungen zu Japan überschattet.

China-Japan: Konflikt um das Ostchinesische Meer

Die Beziehungen zwischen China und Japan sind seit über 40 Jahren durch einen Territorialkonflikt über eine Reihe kleiner, unbewohnter Inseln im Ostchinesischen Meer, die von den Japanern „Senkaku“ und von den Chinesen „Diaoyu“ genannt werden, geprägt. Die beiden Nationen haben jedoch in letzter Zeit versucht, ihre Beziehungen zu verbessern.. Infolge wachsender Spannungen zwischen China und Japan über die strittigen Inseln im Jahr 2017 bekräftigten die Spitzen der USA und Japans in der gemeinsamen Erklärung der beiden Länder, dass die Senkaku-Inseln in Artikel V des Vertrags über gegenseitige Kooperation und Sicherheit zwischen Japan und den Vereinigten Staaten inbegriffen sind und dass sie die Kooperation vertiefen werden, um den Frieden und die Stabilität im Ostchinesischen Meer zu schützen. Am 11. Januar 2018 protestierte die japanische Regierung offiziell gegen die Einfahrt eines chinesischen U-Bootes in die 44 km lange, zusammenhängende Zone östlich und nordöstlich der Insel Miyako in der Nähe der japanischen Hoheitsgewässer um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer.

Aufgrund von Sicherheitsbedenken, die sich teilweise auch auf das eigene Hoheitsgebiet beziehen, engagiert sich China zunehmend in Zentralasien.

China in Zentralasien

China ist zu einem wichtigen Akteur in Zentralasien geworden und verfolgt das Ziel, Zugang zu Energieressourcen und neuen Ausfuhrmärkten für chinesische Waren zu erhalten. Zudem sollen die Vernetzung und die Förderung der „Belt and Road Initiative“ verbessert werden. Das Thema Sicherheit spielt in Chinas Zentralasien-Politik eine zunehmend wichtige Rolle. Angeblich baut China eine Militärbasis an der tadschikisch-afghanischen Grenze, da es Bedenken hinsichtlich einer möglichen muslimischen Radikalisierung in der Region, eines möglichen Übergreifens radikaler Elemente auf das von Unruhe geprägte Xinjiang oder eines negativen Einflusses auf Gruppen wie die Islamische Bewegung Ostturkestans (ETIM) hat.

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China betrachtet die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) als Hauptinstrument für die Konsultationen zur Stärkung der zentralasiatischen Sicherheit. Auf dem 18. SOZ-Gipfel im Juni 2018 wurde die besondere Rolle der regionalen Anti-Terror-Agenturen der SOZ bei der gemeinsamen Bekämpfung von Terrorismus, Separatismus und Extremismus und der Aufrechterhaltung der regionalen Sicherheit anerkannt. Am 17. Mai 2018 unterzeichnete China ein Abkommen über wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU).

Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit

China erachtet die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) als ein wichtiges Instrument für Gespräche zur Stärkung der Sicherheit in Zentralasien, während Wirtschaftsbeziehungen hervorgehoben werden und die Organisation dazu genutzt wird, neue regionale Anbindungsinitiativen wie die „BRI“ zu fördern. Im Juni 2016 unterzeichnete der Rat der Staatsoberhäupter der SOZ die Erklärung von Taschkent zum 15. Jahrestag der SOZ, billigte einen Fünfjahres-Aktionsplan (2016–2020) zur Umsetzung der SOZ-Entwicklungsstrategie für 2025 und verabschiedete die Verpflichtungserklärungen für den Beitritt von Indien und Pakistan zur SOZ.

Auf dem 18. SOZ-Gipfel am 10. Juni 2018 wurde die besondere Rolle der regionalen Anti-Terror-Agenturen der SOZ bei der gemeinsamen Bekämpfung von Terrorismus, Separatismus und Extremismus und der Aufrechterhaltung der regionalen Sicherheit anerkannt. Ein Schwerpunkt war der Fünfjahresplan zur Umsetzung des „Vertrags über langfristige gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit“ der SOZ-Mitgliedstaaten. Eine gemeinsame Mitteilung der Staatsoberhäupter der SOZ zum Thema „Erleichterung von Handelsverfahren“ unterstreicht auch, wie wichtig die gemeinsamen Bemühungen zur Förderung und Stärkung des multilateralen Handelssystems auf der Grundlage der Normen und Grundsätze der WTO ist. Die Kirgisische Republik übernahm die Präsidentschaft bis 2019.

Am Rande des 18. SOZ-Gipfels am 9. Juni 2018 kamen Präsident Xi und sein russischer Amtskollege überein, den Aufbau der Beziehungen zwischen China und Russland hin zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft intensiver zu fördern.

Am 17. Mai 2018 unterzeichnete China ein Abkommen über wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) (gegründet 2015 von Russland, Kasachstan, Belarus, Armenien und Kirgisistan), das die Integration der chinesischen BRI in den Rahmen der EAWU fördern soll. Das Abkommen umfasst 13 Aspekte wie Zollzusammenarbeit, Handelserleichterungen, geistige Eigentumsrechte, sektorale Zusammenarbeit und öffentliches Beschaffungswesen, elektronischer Geschäftsverkehr und Wettbewerb.

8.2 Beziehungen zwischen China und den ASEAN-Staaten Im Weißbuch mit dem Titel „Chinas Politik für die Sicherheitskooperation im asiatisch-pazifischen Raum“ werden die Prioritäten beschrieben, mit denen die bestehenden regionalen multilateralen Mechanismen

Im August 2018 übernehmen die Philippinen die Koordination des Dialogs ASEAN-China (während Singapur am 1. November 2017 den rotierenden Vorsitz des ASEAN für das Jahr 2018 übernahm).

Im Weißbuch mit dem Titel „Chinas Politik für die Sicherheitskooperation im asiatisch-pazifischen Raum“ werden die Prioritäten beschrieben, mit denen die bestehenden regionalen multilateralen Mechanismen verbessert und der Rahmen zur Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität im asiatisch-pazifischen Raum gestärkt werden soll.

In der gemeinsamen Erklärung des 20. ASEAN-China-Gipfels vom 13. November 2017 erklärten die Beteiligten, dass sie ihre strategische Partnerschaft durch die

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verbessert und der Rahmen zur Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität im asiatisch-pazifischen Raum gestärkt werden soll. Durch die wirksame Umsetzung des Aktionsplans 2016–2020 bauen ASEAN und China ihre strategische Partnerschaft weiter aus. Im gemeinsamen Kommuniqué wird darauf verwiesen, dass China die Suche nach Synergien zwischen dem „Connectivity 2025“-Plan der ASEAN und der „Belt and Road Initiative“ unterstützt.

Umsetzung des Aktionsplans 2016–2020 in einem breiten Spektrum von politischer Sicherheit, Wirtschaft und des soziokulturellen Bereichs weiter stärken werden. Die Spitzen der ASEAN-Staaten und Chinas einigten sich ferner auf weitere Bemühungen, die noch offenen Fragen im Rahmen des Rahmenabkommens über umfassende wirtschaftliche Zusammenarbeit und bestimmte Abkommen (ACFTA) zu klären, um eine engere wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zu bewirken und das seit Langem bestehende Problem in der Eisen- und Stahlindustrie mit Dringlichkeit anzugehen.

Die 11. Gemeinsame Kommission für das Freihandelsabkommen China-ASEAN (auch bekannt als CAFTA), das im November 2002 unterzeichnet wurde, tagte vom 13.–15. März 2018. China war der größte Handelspartner der ASEAN mit einem Gesamthandelsvolumen von 515 Mrd. USD und damit 13,8 % mehr als 2016. Die chinesischen Exporte in die ASEAN-Länder beliefen sich auf 279,1 Mrd. USD, was einem Anstieg von 9 % gegenüber 2016 entspricht, während die chinesischen Importe 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 20 % auf 236 Mrd. USD anstiegen.

Das gemeinsame Kommuniqué bezieht sich auf die Unterstützung Chinas für den Masterplan zur Vernetzung der ASEAN (MPAC) 2025 und die laufenden Bemühungen, Synergien zwischen dem MPAC 2025 der ASEAN und der chinesischen „Belt and Road Initiative“ zu ermitteln, einschließlich einer vertieften Zusammenarbeit im Bereich der Infrastrukturvernetzung durch die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) und den Silk Road Fund.

8.3 Koreanische Halbinsel China sieht die Erreichung einer stabilen, friedlichen Lösung und

Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel als wichtiges Ziel an und unterstützt weiterhin die konstruktive Rolle der Vereinten Nationen (UNO) und die entschiedene Verurteilung des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Vom 26. bis zum 28. März 2018 kam der nordkoreanische Staatsführer Kim Jong-un unerwartet nach Peking, was der Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Nordkorea und China dienen sollte. Die nordkoreanischen Besuche in China waren auch aufgrund des Gipfels zwischen Nordkorea und den USA, der im Mai 2018 stattfand, von Bedeutung. Auf dem Gipfel zwischen dem nordkoreanischen

Vom 26. bis zum 28. März 2018 kam der nordkoreanische Führer Kim Jong-un unerwartet nach Peking und damit zu seinem ersten Besuch in China seit seinem Amtsantritt im Jahr 2011. Die Gespräche zwischen den beiden Politikern sollten die Beziehungen zwischen Nordkorea und China wiederherstellen und betrafen auch die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel. Es wird angenommen, dass Kim Jong-un seine Bereitschaft zu Gesprächen mit der internationalen Gemeinschaft als Teil des Prozesses zum Ausdruck gebracht hat, in dessen Rahmen die Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel gelöst werden sollen. Peking hat sich wiederholt für die Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche eingesetzt, die den multilateralen Rahmen zur Denuklearisierung Nordkoreas bilden.

Der diplomatische Schritt wurde auch als Gelegenheit für Nordkorea gesehen, seinen Standpunkt, insbesondere in Bezug auf die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel, für den Gipfel mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae am 27. April 2018 vorzubereiten. Der historische eintägige Gipfel in

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und dem südkoreanischen Präsidenten wurde die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel behandelt. Die erneuerten Beziehungen zwischen China und Nordkorea führen den Einfluss Pekings auf Angelegenheiten mit Bezug zu Nordkorea vor Augen.

Panmunjom führte zu einer gemeinsamen „Erklärung für Frieden, Wohlstand und Wiedervereinigung der Koreanischen Halbinsel“ und war seit dem Ende des Koreakrieges 1950–53 das erste Mal, dass ein nordkoreanischer Führer südkoreanischen Boden betrat. Da nie ein Friedensvertrag unterzeichnet wurde, befinden sich die beiden Nationen technisch gesehen immer noch im Kriegszustand.

Am 8. Mai 2018 fand sich der nordkoreanische Staatsführer im Vorfeld des Gipfeltreffens zwischen Nordkorea und den USA, das am 12. Juni 2018 in Singapur stattfand, zu einem weiteren überraschenden Besuch beim chinesischen Präsidenten ein. In ihrer gemeinsamen Erklärung erkannten die beiden Politiker die Aufnahme neuer Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea an; gemeinsame Anstrengungen zum Aufbau eines dauerhaften und stabilen Friedens auf der Koreanischen Halbinsel und Südkoreas Verpflichtung, auf eine vollständige Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten. Im Anschluss an den Gipfel setzten die USA die militärischen Übungen mit Südkorea aus, was als großer Erfolg für Nordkorea und seine Verbündeten, China und Russland, betrachtet wurde.

Am 19. Juni 2018 traf Kim Jong-un den chinesischen Präsidenten im Rahmen seines dritten Besuchs in China, bei dem die Ergebnisse des kürzlich stattgefundenen Gipfels zwischen Nordkorea und den USA erörtert werden sollten. Die erneuerten Beziehungen zwischen China und Nordkorea führen den Einfluss Pekings auf Angelegenheiten mit Bezug zu Nordkorea vor Augen. China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Nordkoreas und dessen wichtigster Nahrungs- und Energielieferant. Im Jahr 2016 nahm der Handel Nordkoreas um rund 5 % zu, wobei auf China rund 93 % des gesamten Handels Nordkoreas entfielen. Der größte Teil der Einfuhren Chinas aus Nordkorea bildeten Kohle und mineralische Brennstoffe. Diese stiegen 2016 auf 1,2 Mrd. USD an, was gegenüber dem Vorjahr einem Anstieg von 12 % entspricht. In den ersten drei Quartalen 2017 gingen die chinesischen Importe aus Nordkorea sogar um 16,7 % zurück, während die Exporte um 20,9 % stiegen. Im Januar 2018 sank das Handelsvolumen erneut auf den niedrigsten Stand seit 2014 und belief sich auf 216 Mio. USD (minus 52 % gegenüber 2017), da China bestrebt war, die Sanktionen im Einklang mit den VN-Resolutionen zu Nordkorea umzusetzen. Im Anschluss an den US-Nordkorea-Gipfel schlug China am 12. Juni 2018 eine Lockerung der Sanktionen gegen Nordkorea vor, da Kim Jong-un zugesagt hatte, auf eine vollständige Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten.

Ein wichtiges Thema in den Beziehungen zwischen China und den USA im Zusammenhang mit der Koreanischen Halbinsel war der Einsatz des Systems zur Luftverteidigung des Einsatzraums in großen Höhen (THAAD). China hegt Bedenken, dass ein Militärbündnis zwischen Japan, den USA und Südkorea (eine asiatische Miniaturversion der NATO) durch die Entwicklung von THAAD gestärkt würde.

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8.4 Beziehungen zwischen China und den USA Die Beziehungen zwischen den USA und China sind durch eine Reihe von grundlegenden Sicherheits- und Handelsfragen belastet. Am 18. Dezember 2017 veröffentlichte die US-Regierung eine überarbeitete nationale Sicherheitsstrategie, in der China (neben Russland) als revisionistische Macht bezeichnet wird. Zu den jüngsten Entwicklungen in den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen China und den USA zählt die Erhöhung der Zölle auf Stahl und Aluminium sowie Handelssanktionen, die sich auf schätzungsweise 50 Mrd. USD belaufen. Der „100-Tage-Aktionsplan für den Handel“ im Rahmen des umfassenden Wirtschaftsdialogs zwischen den USA und China im Juli 2017 führte dazu, dass China die Einfuhr von Rindfleisch aus den USA zuließ.

Trotz des persönlichen Verhältnisses, das Präsident Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping auf zwei bilateralen Gipfeltreffen (im April und November 2017) an den Tag legten, sind die Beziehungen zwischen den USA und China durch eine Reihe von grundlegenden Sicherheits- und Handelsfragen belastet, die sich in der Aussetzung eines wichtigen bilateralen Wirtschaftsdialogs äußerten.

Am 18. Dezember 2017 veröffentlichte die US-Regierung eine überarbeitete nationale Sicherheitsstrategie, in der China (neben Russland) als revisionistische Macht bezeichnet wird. In der nationalen Sicherheitsstrategie werden die geopolitischen und wirtschaftlichen Probleme behandelt, mit denen die USA auf internationaler Ebene konfrontiert sind, und insbesondere erklärt, dass China versuche die USA im Indopazifikraum zu verdrängen, und dass China (und Russland) ihre Investitionen in den Entwicklungsländern darauf ausrichteten, ihren Einfluss auszuweiten und Wettbewerbsvorteile gegenüber den USA zu erlangen.

Chinas Handelsüberschuss, der im Jahr 2017 gegenüber den USA ein Rekordhoch von 375,6 Mrd. USD erreichte, hat die Spannungen weiter verschärft. Zu den jüngsten Entwicklungen in den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen China und den USA (siehe Anhang 1) gehören die von Präsident Trump am 8. März 2018 auf der Grundlage von Artikel 232 der nationalen Sicherheitsbegründungen beschlossene Einführung zusätzlicher Zölle auf Stahl (25 %) und Aluminium (10 %) sowie die am 22. März 2018 angekündigten Sanktionen der USA (einschließlich einer Anhebung der Zölle um 25 % für ausgewählte chinesische Produkte, die sich auf schätzungsweise 50 Mrd. USD belaufen) gegen China wegen seiner Technologietransferpraktiken, seiner Industriepolitik (wie die Initiative „Made in China 2025“), Überkapazitäten und restriktiver Maßnahmen zur Cybersicherheit. Am 19. Juni 2018 forderte der US-Präsident, chinesische Produkte im Wert von 200 Mrd. USD für die Belegung mit zusätzlichen Zölle in Höhe von 10 % zu bestimmen, um Chinas schädliche Handelspolitik und -praktiken zu bekämpfen.

Der „100-Tage-Aktionsplan für den Handel“ im Rahmen des Umfassenden Wirtschaftsdialogs zwischen den USA und China im Juli 2017 führte zu Maßnahmen, die mehr Möglichkeiten für US-Unternehmen in China schaffen sollten und brachte Fortschritte in Fragen wie Kreditrating und elektronische Zahlungsdienste, Commercial Banking und Flüssigerdgas sowie Marktzugang. Außerdem hat China erstmals seit 2003 die Einfuhr von US-Rindfleisch unter bestimmten Bedingungen ab dem 16. Juli 2017 zugelassen.

Am 12. Dezember 2017 gaben die Handelsminister der USA und Japans zusammen mit dem EU-Handelskommissar eine

Am 12. Dezember 2017 gaben die Handelsminister der USA und Japans zusammen mit der EU-Handelskommissarin gegenüber der WTO eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie ihre Besorgnis über hohe Überkapazitäten in Schlüsselsektoren, die durch staatlich finanzierten und geförderten Kapazitätsausbau, unfaire Wettbewerbsbedingungen durch hohe marktverzerrende Subventionen und staatliche Unternehmen, erzwungenen

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gemeinsame Erklärung zur globalen Wettbewerbsgleichheit ab.

Technologietransfer und Local-Content-Regelungen und Präferenzen zum Ausdruck brachten.

China ist vor Japan und Irland der größte Inhaber von US-Staatsanleihen.

Im Mai 2017 hat China seine Position als größter Inhaber der vom US-Finanzministerium emittierten US-Schuldtitel – bzw. Treasuries – vom nunmehr zweitgrößten Inhaber Japan wiedererlangt. Im April 2018 beliefen sich die Schulden der USA (insgesamt 6,17 Bio. USD an Schatzanweisungen, Schuldverschreibungen und Anleihen) gegenüber China auf 1,18 Bio. USD (19 %), gefolgt von Japan (17 %), Irland (5 %), Brasilien (5 %) und Großbritannien (4 %).

9 Multilaterale Zusammenarbeit

9.1 Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank wird als alternative Bank erachtet, in der China eine dominierende Rolle im internationalen Kreditwesen spielen wird, dabei seine geostrategischen Interessen verfolgen und seine „Belt and Road Initiative“ beschleunigen wird.

China ist Gründungsmitglied der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die am 25. Dezember 2015 gegründet wurde und ihren Sitz in China hat. Bislang halten 34 Länder als Gründungsmitglieder über 74 % der Anteile an der Bank und haben das AIIB-Abkommen ratifiziert. Insgesamt haben 86 Länder, darunter 16 EU-Mitgliedstaaten (und 14 G20-Länder), eine Mitgliedschaft bei der AIIB beantragt. Allerdings sind die USA nicht Mitglied der AIIB. Die Satzung der AIIB sieht zwei Arten der Mitgliedschaft vor: regionale Mitglieder, die 75 % des gesamten Stimmrechtsanteils halten, und nicht-regionale Mitglieder. Chinas Stimmrechtsanteil (26,9 %) ist wesentlich größer als jener von Indien, dem zweitgrößten AIIB-Mitglied, das 7,7 % hält. Russland hält mit 6,1 % den drittgrößten Stimmrechtsanteil. Die AIIB gilt als alternative Bank (z. B. zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfonds), in der China eine dominierende Rolle bei der internationalen Kreditvergabe an Entwicklungsländer spielen wird, nicht nur im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch im Sinne geostrategischer Interessen und einer Beschleunigung seiner „Belt and Road Initiative“ (BRI). Die AIIB unterhält jedoch Partnerschaften mit einigen wichtigen globalen Institutionen, einschließlich der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie der Europäischen Investitionsbank. Bisher hat die AIIB rund 4,3 Mrd. USD in 25 Projekte investiert, darunter Energie, Umweltschutz, Stadtentwicklung und Verkehr in China („Beijing Air quality improvement and coal replacement project“ - Projekt zur Verbesserung der Luftqualität Pekings und für den Ersatz von Kohle), Pakistan (2), Oman (2), Bangladesch (3), Indien (6), Indonesien (3), Georgien (1), Philippinen (1), Ägypten (1), Tadschikistan (2), Myanmar (1) und Aserbaidschan (1). Die AIIB hat auch in den International Finance Corporation Emerging Asia Fund investiert.

9.2 Die BRICS-Schwellenmärkte Im Jahr 2017 hatte China den im Turnus wahrgenommenen Vorsitz

China, das 2017 den Vorsitz der Schwellenmärkte der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) innehatte, richtete im September 2017 den neunten BRICS Leaders' Summit aus, was dazu beitrug, die Spannungen im chinesisch-indischen Grenzstreit zu reduzieren. Die Erklärung des Gipfels

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der Schwellenmärkte der BRICS-Staaten inne.

von Xiamen behandelt eine Vielzahl von internationalen Sicherheitsfragen, enthält einen Fahrplan zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsländern und hält an einer gerechten und ausgewogenen internationalen Ordnung fest, die sich auf die zentrale Rolle der Vereinten Nationen stützt. Die Staats- und Regierungschefs begrüßten den ersten Bericht über die Umsetzung der Strategie für die BRICS-Wirtschaftspartnerschaft. China spielt weiterhin eine Schlüsselrolle in der von den BRICS-Staaten unterstützten New Development Bank (NDB), die im Juli 2015 in Shanghai eröffnet wurde. Am Rande des BRICS-Gipfels im September 2017 unterzeichneten die NDB und der BRICS Business Council eine Absichtserklärung über eine strategische Zusammenarbeit. Südafrika, das 2018 den rotierenden Vorsitz der BRICS innehat, hat den jährlichen BRICS-Gipfel für den 25. bis 27. Juli 2018 angesetzt.

9.3 China und Afrika China ist zu einem strategischen Kooperations- und Wirtschaftspartner Afrikas geworden. Am 23. Februar 2018 fand die 10. Runde der Konsultationen zwischen China und der EU über afrikanische Angelegenheiten statt.

China hat sich zu einem strategischen Kooperations- und Wirtschaftspartner Afrikas entwickelt. Seit 2000 hat sich China für Afrika zum größten Handelspartner und auch zu einer wichtigen Quelle der Investitionsfinanzierung entwickelt. Nach Angaben des chinesischen Zolls belief sich der Gesamthandel zwischen China und Afrika im Jahr 2017 auf 170 Mrd. USD, ein Anstieg von 14,1 % gegenüber 2016. Chinas Exporte nach Afrika erreichten 94,74 Mrd. USD und nahmen damit um 2,7 % zu; Chinas Importe aus Afrika beliefen sich auf 75,26 Mrd. USD, was einem Handelsüberschuss von 19,48 Mrd. USD entspricht und einen Rückgang von 45,2 % gegenüber 2016 bedeutet. Schätzungen zufolge sind mindestens 2 500 große und mittelständische chinesische Unternehmen im Rohstoffsektor tätig, um eine längerfristige strategische Versorgung zu sichern. Die nächste Auflage des alle drei Jahre stattfindenden Gipfeltreffens des China-Afrika-Kooperationsforums ist für September 2018 in Peking geplant. Der China-Africa Industrial Capacity Cooperation Fund nahm im Januar 2016 mit einem von der chinesischen Regierung bereitgestellten Startkapital von 10 Mrd. USD seine Arbeit auf. In den 18 Monaten seiner bisherigen Laufzeit hat der Fonds lediglich sechs Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 542 Mio. USD genehmigt.

Am 23. Februar 2018 fand die 10. Runde der Konsultationen zwischen China und der EU über afrikanische Angelegenheiten statt.

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Anhang 1: Tarifäre Maßnahmen der USA Die Maßnahmen der USA zu Stahl und Aluminium gemäß Abschnitt 232

Gemäß zweier US-Präsidialerlasse vom 8. März 2018, die auf Grundlage von Abschnitt 232 des Trade Expansion Act der USA von 1962 aus Gründen der nationalen Sicherheit erlassen wurden, erheben die USA seit dem 23. März 2018 weltweit, einschließlich auf chinesische Waren (mit der Ausnahme von Waren aus vorübergehend ausgenommenen Ländern 3), zusätzliche Wertzölle auf die Einfuhr von Stahl (25 %) und Aluminium (10 %). Diese zusätzlichen tarifären Maßnahmen der USA wurden für die Stahl- und Aluminiumimporte der EU bis 1. Mai 2018 ausgesetzt, vorbehaltlich einer zufriedenstellenden langfristigen Alternative, um der drohenden Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit der USA entgegenzuwirken. Diese Befreiung wurde bis 1. Juni 2018 verlängert; ab diesem Datum waren die Zölle auf Einfuhren aus der EU automatisch anwendbar. Mit Bekanntmachung des Präsidenten vom 31 Mai 2018 wurden die Zölle auf die weltweiten Einfuhren von Stahl und Aluminium in die USA angepasst (sofern nicht anders bestimmt, einschließlich mengenmäßiger Beschränkungen4 und vorbehaltlich einer zufriedenstellenden Alternative zur Bewältigung der Bedrohung der nationalen Sicherheit). In der Zwischenzeit werden die Verhandlungen zwischen Washington und China auf hoher Ebene fortgesetzt. Am 19. Mai 2019 kündigte US-Finanzminister Steve Mnuchin kleinlaut an, dass die USA und China den Handelskrieg auf Eis legen, während die Gespräche Anfang Juni 2018 unter der Leitung von US-Handelsminister Wilbur Ross in eine Sackgasse gerieten.

Sowohl die EU als auch China verfolgen sogenannte „Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts“ gemäß den Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) der Welthandelsorganisation (WTO) von 1994 und des Übereinkommens über Schutzmaßnahmen, da die Maßnahmen der USA als „verschleierte“ Schutzmaßnahmen betrachtet werden. Am 9. April 2018 beantragte China zu den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium Konsultationen im Rahmen des WTO-Streitbeilegungsmechanismus (Fall DS544). Am 29. März 2018 meldete China der WTO solche „Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts“ (unter Missachtung bestimmter Bedingungen, wie z. B. einer 30-tägigen Wartezeit für das Inkrafttreten solcher Maßnahmen gemäß den WTO-Regeln) als Reaktion auf die tarifären Maßnahmen für bestimmte Einfuhren von Stahl- und Aluminiumerzeugnissen nach Abschnitt 232 des US-Gesetzes. Die von China vorgelegte Liste enthält vorläufig 128 Produkte in 7 Kategorien; der Wert der US-Exporte nach China wird auf rund 3 Mrd. USD geschätzt (2017).

Am 18. Mai 2018 setzte die EU den WTO-Rat für den Warenhandel von der vorgeschlagenen Aussetzung der Zugeständnisse und anderer Verpflichtungen ab dem 20. Juni 2018 in Kenntnis, da die USA es versäumt hatten, dem WTO-Ausschuss für Schutzmaßnahmen gemäß Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c eine Entscheidung über die Anwendung dieser tarifären Maßnahmen mitzuteilen.

Am 6. Juni 2018 beschloss die EU, ihr Recht auf eine Wiederherstellung des Gleichgewichts in Bezug auf US-Erzeugnisse gemäß der Liste der am 18. Mai 2018 an die WTO gemeldeten Erzeugnisse geltend zu machen, wobei der Schaden (in Höhe von insgesamt 6,4 Mrd. EUR, 2017) durch die US-Maßnahmen auf Stahl- und Aluminiumerzeugnisse einem Handelsvolumen von 2,8 Mrd. EUR des Handels entspricht. Die verbleibenden Maßnahmen zur Wiederherstellung des Handelsgleichgewichts in Höhe von 3,6 Mrd. EUR werden zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt – innerhalb von drei Jahren oder nach einer positiven Entscheidung im Rahmen der WTO-Streitbeilegung, falls diese früher erfolgen sollte. Die EU ist der Auffassung, dass „Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 in der geänderten Fassung (19 U.S.C. §1862), wie er von den Verwaltungs- und Justizbehörden der Vereinigten Staaten im Rahmen der vorgenannten und anderer

3 Kanada, Mexiko, Australien, Argentinien, Südkorea, Brasilien und die Europäische Union. 4 Ab dem 1. Juni 2018 gelten zusätzliche Zölle auf Stahl für alle Ursprungsländer außer Argentinien (Kontingent), Australien, Brasilien (Kontingent) und Südkorea (Kontingent) sowie auf Aluminium für alle Ursprungsländer außer Argentinien (Kontingent) und Australien.

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Maßnahmen wiederholt ausgelegt wurde, an sich mit den Verpflichtungen und Rechten der Vereinigten Staaten aus dem WTO-Übereinkommen nicht vereinbar ist“. Die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen die USA im Rahmen der WTO (Fall DS548 vom 1. Juni) bietet auch die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen einzuleiten, um den europäischen Markt vor Störungen durch die Umleitung von Stahl vom US-Markt zu schützen. Beim Aluminium hat die Kommission ein Überwachungssystem für Aluminiumimporte eingeführt, um die Handelsströme zu überwachen und vorbereitet zu sein, falls in diesem Sektor Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Abbildung 24: Einfuhr von Stahlerzeugnissen in die USA im Jahr 2017 (in Tonnen und Prozent)

Quelle: Global Steel Trade Monitor, US-Handelsministerium, März 2018; Statista

Gegen China gerichtete Maßnahmen der USA

Am 22. März 2018 unterzeichnete der US-Präsident ein Memorandum gemäß Abschnitt 301 des US Trade Act von 1974, in dem erste Zölle (von 25 %) angekündigt wurden, die innerhalb von 15 Tagen nach dem Datum des Memorandums für eine Reihe chinesischer Warenimporte (rund 1 300 Zolltarifpositionen) Geltung erlangen, deren Höhe auf rund 50 Mrd. USD geschätzt wird und die eine Wiederherstellung des Gleichgewichts in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China erreichen sollen. Am 4. April 2018 veröffentlichte der US-Handelsbeauftragte eine Bekanntmachung zur vorgeschlagene Maßnahme, die eine Liste mit „Vergeltungsmaßnahmen“ enthielt, zur öffentlichen Stellungnahme bis zum 11. Mai 2018.

Dies folgt auf die im August 2017 auf der Grundlage eines Memorandums des Präsidenten vom 14. August 2017 angekündigte Untersuchung der USA, in deren Rahmen geprüft wurde, ob Chinas Gesetze, Strategien, Verfahren oder sein Handeln ggf. unangemessen oder diskriminierend sind und US-Rechte des geistigen Eigentums, Innovation oder Technologieentwicklung beeinträchtigen könnten (gemäß Artikel 301 des Handelsgesetzes von 1974 (19 U.S.C. § 2411)). Die Prüfung der USA kam zu dem Ergebnis (22. März 2018), dass Chinas Marktpraxis zu unfairen Wettbewerbsbedingungen beitrage, da die chinesische Regierung ausländische Technologien ins Visier nehme und sie durch Joint Ventures und andere Investitionsbeschränkungen, diskriminierende Lizenzbestimmungen, staatlich unterstützte und geführte Auslandsinvestitionen, die im großen Stil für Technologietransfer, Cyber-Diebstahl und andere Mittel sorgen (insbesondere die Art und Weise, wie die chinesischen Rechtsvorschriften über Cybersicherheit, geistiges Eigentum oder Wettbewerb durchgesetzt werden), verdränge und absorbiere. Die Erkenntnisse der USA beziehen sich auf Chinas „Made in China 2025“-Strategie, die ausdrücklich verlangt, dass China seine „Selbstversorgungsfähigkeit“ bis 2020 auf 40% und bis 2025 auf 70 % bei Kernkomponenten und kritischen Materialien in einer Vielzahl von Branchen, einschließlich Luft- und Raumfahrt- sowie Telekommunikationsausstattung, steigert.

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Die USA haben am 26. März 2018 in der WTO Konsultationen (DS542) mit China im Rahmen des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) eingeleitet. Solche Konsultationen sind der erste Schritt im Streitbeilegungsverfahren der WTO. Erreichen die USA und China im Rahmen der Konsultationen keine Lösung, können die USA die Prüfung der Angelegenheit durch einen WTO-Streitbeilegungsausschuss beantragen. Am 4. April 2018 beantragte China Konsultationen (DS543) mit den USA über die tarifären Maßnahmen der USA für bestimmte chinesische Waren gemäß Abs. 301-310 des US Trade Act von 1974.

Zunächst beantragte am 4. April 2018 die EU (WT/DS542/3) den Beitritt als „Drittpartei“ gemäß den WTO-Regeln für die US-Streitbeilegungskonsultationen (DS542) aufgrund eines wesentlichen Handelsinteresses in dieser Angelegenheit. Auch Japan, die Ukraine, Saudi-Arabien und Taiwan haben sich den US-Konsultationen in der WTO zu China angeschlossen. Daraufhin beantragte die EU am 6. Juni 2018 eigene WTO-Konsultationen (DS549) zu bestimmten Maßnahmen Chinas, die die EU als unvereinbar mit dessen Verpflichtungen aus dem WTO-Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) bezeichnet.

Die USA forderten China auf, die Zölle auf eine Reihe von Erzeugnissen zu senken, die von der chinesischen Industriepolitik profitieren. Der Entwurf der Liste dieser Erzeugnisse durchlief das Bekanntmachungs- und Stellungnahmeverfahren, einschließlich einer öffentlichen Anhörung des „Section-301-Ausschusses“ der USA am 15. Mai 2018, bei der interessierte Parteien bis zum 23. April 2018 Eingaben machen konnten. Die Erhöhung der Zölle kann nur auf der Grundlage der endgültigen Liste gültig werden, die voraussichtlich im Juni 2018 veröffentlicht wird.

Darüber hinaus hat Präsident Trump den US-Handelsbeauftragten angewiesen, zu ermitteln, ob zusätzliche Zölle über 100 Mrd. USD für chinesische Wareneinfuhren gemäß Art. 301 angemessen wären. Etwaige zusätzliche Zölle würden einer ähnlichen Bekanntmachungs- und Stellungnahmefrist unterliegen. Zusätzlich zur Ankündigung der Zölle vom 6. April 2018 haben die USA gegen China ein WTO-Verfahren wegen dessen unlauteren Praktiken, einschließlich des erzwungenen Transfers von US-Technologie und des Diebstahls geistigen Eigentums der USA, eingeleitet.

Am 17. und 18. Mai 2018 hielten die USA und China Handelskonsultationen ab und gaben eine gemeinsame Erklärung ab. Die dritte Runde der Handelskonsultationen zwischen China und den USA am 2. und 3. Juni 2018 konzentrierte sich auf den Abbau des Handelsdefizits der USA durch die Erleichterung der Versorgung mit Agrar- und Energieerzeugnissen, um den wachsenden Bedarf Chinas zu decken. Die USA haben gegenüber China ein Handelsdefizit von 375 Mrd. USD im Warenverkehr; in einer Studie wird vermutet, dass die Kosten für gefälschte Waren, Software-Raubkopien und Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen bis zu 600 Mrd. USD betragen könnten.

Am 29. Mai 2018 kündigten die USA eine Untersuchung zu Kraftfahrzeugen gemäß Art. 232 an (so erheben die USA 2,5 % Zollgebühren für chinesische Kraftfahrzeuge, während China derzeit weiterhin unverändert Zollgebühren in Höhe von 25 % auf amerikanische Kraftfahrzeuge erhebt). Am 19. Juni 2018 forderte der US-Präsident, chinesische Produkte im Wert von 200 Mrd. USD für die Belegung mit zusätzlichen Zöllen in Höhe von 10 % zu bestimmen, um Chinas schädliche Handelspolitik und -praktiken zu bekämpfen. Die USA werden voraussichtlich bis zum 30. Juni 2018 spezifische Investitionsbeschränkungen und verstärkte Exportkontrollen für chinesische Personen und Unternehmen im Zusammenhang mit dem Erwerb von industriell bedeutsamer Technologie bekannt geben, die kurz darauf umgesetzt werden würden.

Im April 2018 unterband die Trump-Regierung den Kauf von Anteilen an US-Unternehmen durch den chinesischen Telekommunikationsriesen Zhongxing Telecommunications Equipment Corporation (ZTE) Nach dem Verbot twitterte Präsident Trump am 13. Mai 2018 abrupt, dass er ZTE im Rahmen umfassenderer Handelsverhandlungen mit Peking wieder ins Geschäft bringen wolle. Gemäß der neuen Vereinbarung vom

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7. Juni 2018 war ZTE zur Zahlung von 1 Mrd. USD verpflichtet und musste zusätzlich 400 Millionen USD an ausgesetztem Bußgeld hinterlegen, bevor das Unternehmen von der Denied Persons List gestrichen wird. Diese Strafen kommen zu den 892 Millionen USD hinzu, die ZTE bereits für angebliche Verstöße gegen die US-Sanktionen gezahlt hat, indem es im Rahmen der Vergleichsvereinbarung vom März 2017 Geschäfte mit Nordkorea und dem Iran machte. Das US-Handelsministerium verkündete 2018 weitere Maßnahmen, da das Unternehmen versucht habe, die Aufsichtsbehörden zu täuschen und keine Disziplinarmaßnahmen gegen die betroffenen Mitarbeiter verhängt habe. ZTE muss außerdem ein Team von speziellen Compliance-Koordinatoren unterhalten, die vom Bureau of Industry and Security ausgewählt werden und diesem gegenüber für einen Zeitraum von 10 Jahren verantwortlich sind. Diese neue Vergleichsvereinbarung stellt einen weiteren Rekord dar und erhöht die Gesamtstrafe für ZTE auf 2,29 Mrd. USD. Der US-Senat hat jedoch am 18. Juni 2018 ein Verteidigungsgesetz, den National Defence Authorization Act, verabschiedet, mit dem wahrscheinlich das Verbot für US-Unternehmen, Teile an ZTE zu verkaufen, wieder gültig würde und das Regierungsbehörden der USA den Kauf oder das Leasing von Telekommunikationsausrüstung und -dienstleistungen von ZTE und eines anderen chinesischen Telekommunikationsunternehmens, Huawei, verbieten würde.

Anstatt durch einzelne Länder (d. h. die USA) ergriffene unilaterale Maßnahmen oder andere Maßnahmen zur Steuerung der Handelsströme unterstützt die EU das regelbasierte multilaterale WTO-System, mit dem die eigentliche Ursache für die Probleme in diesen beiden Sektoren, d. h. globale Überkapazitäten, die größtenteils durch nicht marktgerechte Produktion, insbesondere in China, verursacht werden, angegangen wird.

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Anhang 2: China: Wesentliche Wirtschafts- und Sozialindikatoren

Wesentliche wirtschaftliche Indikatoren

China lag im Global Competitiveness Index (Globaler Wettbewerbsindex) (2017–2018) auf Rang 27 (von 137 Volkswirtschaften) im Vergleich zu Rang 28 im Vorjahr. China liegt damit vor mehreren EU-Mitgliedstaaten wie Estland (29), der Tschechischen Republik (31), Spanien (34), Malta (37) und Polen (39), während Taiwan auf Platz 15 liegt. In der Rangliste der Schwellenländer (von 103 Volkswirtschaften) belegte China den 26. Rang mit einer Note von 4,09 im „Inclusive Growth and Development Report 2018“. Auch bei Wachstum und Entwicklung hat sich China gut behauptet (9. Rang). Sein Gini-Koeffizient ist von weniger als 30 in den frühen 1980er Jahren auf 51 im Jahr 2018 gestiegen. Im Ease of Doing Business Report 2018 der Weltbank belegte China mit 65,29 Punkten den 78. Rang. China hat sich bei der Durchsetzung von Verträgen gut behauptet (5. Rang), war aber besonders schwach bei der Unternehmensgründung (93. Rang). Für den Bezug von Strom hat das Land hohe Kosten (356 % des Pro-Kopf-Einkommens). Im Korruptionswahrnehmungsindex 2017belegte China Rang 77 (von 180 Ländern) mit einem Ergebnis von 41 Punkten. Im Schattenfinanzindex 2018 des Tax Justice Networks belegte China Rang 28 (von 112 Ländern). Mit einem Anteil von weniger als einem Prozent am globalen Markt für Offshore-Finanzdienstleistungen spielt China in diesem Bereich und im Vergleich zu anderen Ländern nur eine kleine Rolle. Im Index für wirtschaftliche Freiheit der Heritage Foundation für 2018 belegt China mit einem Gesamtergebnis von 57,8 Punkten den 110. Rang (von 180 Ländern) und wird damit als „größtenteils unfrei“ eingestuft. Das Gesamtergebnis hat sich um 0,4 Punkte verbessert, da mit den gestiegenen Punktzahlen für die Integrität der Regierung und Wirksamkeit der Judikative der Rückgang bei der finanzpolitischen Gesundheit, Arbeitnehmerfreiheit und Eigentumsrechten übermäßig kompensiert wurde. Von 43 Ländern im asiatisch-pazifischen Raum belegt China Rang 24 und erzielt damit ein im regionalen und weltweiten Vergleich unterdurchschnittliches Ergebnis. Im Digital Adoption Index der Weltbank für 2016 erreichte China einen Wert von 0,62 von 1 und schneidet damit schlechter als Deutschland und die USA (0,78), aber besser als Bulgarien und Zypern (0,59) ab. Auf der Ebene der Einzelpersonen erzielte China mit mobilem Internet zu Hause (97 %) und Internetzugang zu Hause (54 %) das beste Ergebnis (0,77). Im FDI Regulatory Restrictiveness Index der OECD für 2016, der Beschränkungen von direkten Auslandsinvestitionen in 22 Wirtschaftszweigen und 62 Ländern weltweit misst, belegt China mit einem Wert von 0,327 Punkten (auf einer Skala von 0–1) Rang 4 auf dem Index der am stärksten abgeschotteten Volkswirtschaften.

Wesentliche soziale Indikatoren

Im Korruptionswahrnehmungsindex 2016 belegte China Rang 90 (von 188 Ländern) mit einem Ergebnis von 0,738. Chinas HDI-Wert ist höher als der Durchschnitt der ostasiatischen und pazifischen Länder (0,720). Beim Human Freedom Index (HFI) 2017 belegte China Rang 130 (von 159 Ländern) mit einem Wert von 6,01. Bei der persönlichen Freiheit liegt das Land auf Rang 136 (mit einem Wert von 5,62), und bei der wirtschaftlichen Freiheit Platz 112 (Wert: 6,4).

Arbeitsmarkt

Laut Statistica: The Statistics Portal lag die Arbeitslosenquote im Dezember 2017 bei 3,9 % der Erwerbsbevölkerung, was im Vergleich zum Wert von 4,02 % im Vorjahr einen Rückgang darstellt. Nach Angaben der Weltbank lag die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt im Jahr 2017 bei 61 % (% der weiblichen Bevölkerung über 15 Jahre). Ebenfalls nach Angaben der Weltbank lag das BIP pro Beschäftigtem (konstante KKP 2011 USD) in China im Jahr 2016 bei 27 196.

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Anhang 3: China: Freihandelsabkommen Unterzeichnet und wirksam (Tag des Inkrafttretens)

In Verhandlung Zur Diskussion stehend

FHA China – Australien (20. Dezember 2015)

FHA China – Israel China – Bengalen gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Chile (1. Oktober 2006) FHA China – Japan – Südkorea China – Kanada gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Costa Rica (1. August 2011)

FHA China – Malediven (unterzeichnet, aber noch nicht wirksam: 7. Dezember 2017)

China – Kolumbien gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Georgien (1. Januar 2018) FHA China – Mauritius

FHA China – Island (2. Juli 2014) FHA China – Moldau China – Fidschi gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

China – Südkorea (20. Dezember 2015) FHA China – Norwegen China – Mongolei gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Neuseeland (1. Oktober 2008)

FHA China – Sri Lanka China – Nepal gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Pakistan (1. Juli 2007) China – Palästina gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Peru (1. März 2010) FHA China – Eurasische Wirtschaftsunion (1. Oktober 2017)

China – Panama gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

FHA China – Schweiz (1. Juli 2014) China – Golf-Kooperationsrat FHA China – Papua-Neuguinea

gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

China – Thailand FHA (Oktober 2003) Umfassende Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP)

China – Peru Aktualisierung gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

China – Südafrikanische Zollunion FHA

China – Schweiz Aktualisierung gemeinsame Durchführbarkeitsstudie FHA

China – Hongkong Vereinbarung über eine engere wirtschaftliche Partnerschaft (1. Januar 2004)

China – Macau Vereinbarung über eine engere wirtschaftliche Partnerschaft (1. Januar 2004)

FHA China – Singapur (1. Januar 2009)

China – Taipeh Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit (12. September 2010)

Pazifisches Handelsabkommen (APTA) Asien (17. Juni 1976)

China – ASEAN Umfassendes Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit (1. Juli 2005)

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Anhang 4: Chinas Sozialpunktesystem. Ein neues Instrument für strengere Kontrollen?

Das Sozialpunktesystem (SCS) ist eine Initiative der chinesischen Regierung mit dem Ziel, bis 2020 ein landesweites soziales Bewertungssystem zu entwickeln. Am 14. Juni 2014 stellte die chinesische Regierung ein Planungskonzept für den Aufbau eines Sozialpunktesystems (2014–2020) vor. In diesem Konzept wurde bezeichnet das SCS als notwendige Voraussetzung bezeichnet, um die internationale Zusammenarbeit und den internationalen Austausch zu vertiefen, internationale Marken und eine internationale Reputation zu etablieren, die auslandsbezogenen Transaktionskosten zu senken und die soft Power und den internationalen Einfluss des Landes zu stärken.

Im Rahmen des vorgeschlagenen SCS werden Einzelpersonen in einer Reihe von Bereichen bewertet, was Interpretationsspielraum darüber lässt, wie umfangreich die Bewertung ausfällt. Zu den Bewertungsbereichen gehören Verwaltungsangelegenheiten (z. B. schwarze Listen für Rechtsverstöße in den Bereichen Steuern und Wohnungswesen), kommerzielle Tätigkeiten (z. B. E-Commerce, Personalwesen und öffentliches Beschaffungswesen) sowie Maßnahmen hinsichtlich der Gesetzestreue und dem Sozialverhalten des Einzelnen. Das SCS soll zentrale und lokale Daten der öffentlichen Hand, Daten von Wirtschaftsverbänden und Daten von kommerziellen Ratingagenturen in eine landesweite Datenbankplattform einspeisen, die von der Zentralregierung betreut wird. Die Daten decken sowohl den wirtschaftlichen Bereich als auch den sozialen, ökologischen und politischen Bereich ab. Die Einführung des Sozialpunktesystems wurde beschleunigt: Aus dem Bericht geht hervor, dass diese neuen Vorschriften bis Mitte 2018 landesweit in Kraft treten würden, als bekannt wurde, dass insgesamt 33,99 Millionen Punktecodes an neu angemeldete Unternehmen vergeben wurden.

Die beschleunigte Implementierung des SCS scheint bereits bei der Bonitätsbewertung von Einzelpersonen in Kraft getreten zu sein. Die Financial Times berichtete im Oktober 2017, dass die großen E-Commerce-Unternehmen verpflichtet sind, ihre Daten an zentrale Behörden wie die People's Bank of China (PBoC) weiterzugeben. Die PBoC gibt die Daten an staatliche Banken weiter, um eine Datenbank zu schaffen, die die Bonität von Einzelpersonen bewertet. Die Bonitätsbewertung von Einzelpersonen wird von auf dem chinesischen Markt tätigen Unternehmen sowie von anderen Akteuren, wie z. B. NGOs, vorgenommen. Nach dem SCS wird auch das Sozialverhalten bewertet und beispielsweise werden Personen, die als „schlecht“ eingestuft werden, für Regierungsbelange als „nicht vertrauenswürdig“ eingestuft. Diese Listen schränken den Zugang dieser Personen zu öffentlichen Ressourcen oder bestimmten Branchen ein, während kreditwürdigen Personen z. B. bei der Beantragung einer behördlichen Genehmigung komfortablere Dienstleistungen offenstehen. Die Einrichtung eines Mechanismus für den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Institutionen, wie die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für zivile Angelegenheiten und dem Obersten Gerichtshof, setzt die Erhebung von Informationen über „schlechte Kreditwürdigkeit“ voraus, auf die chinesische Gerichte landesweit zugreifen können. Entscheidend sind die Umsetzungsverfahren wie Belohnungs- und Strafsysteme.

Überwachung scheint nur der erste Schritt zu sein, während das endgültige Ziel darin besteht, das Verhalten sämtlicher Marktteilnehmer zu steuern, indem wünschenswerte Verhaltensweisen belohnt und unerwünschte bestraft werden. Wenn ein Unternehmen beispielsweise die Umweltvorschriften gewissenhaft einhält und seinen Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung sogar voraus ist, kann es eine Steuerermäßigung erhalten oder erhält vorrangig staatliche (gesicherte) Kredite. Merics nennt in seiner Studie „China's social credit system“ vom Mai 2017 als Beispiele für Strafen: ungünstige Bedingungen für neue Darlehen, höhere Besteuerung als von konformen Wettbewerbern, Benachteiligung bei der Mitwirkung an öffentlich geförderten Projekten und in schweren Fällen sogar die Schließung von E-Commerce-Konten

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von Unternehmen oder sogar die Verweigerung von Reisetickets für Top-Manager. Mögliche Belohnungen sind niedrigere Steuern oder günstige Kreditkonditionen.

Das SCS hat das Potenzial, die Rolle des Staates bei der Steuerung der Wirtschaft weiter zu stärken und damit auch den Spielraum für die Marktkräfte zu verringern. Das SCS könnte für protektionistische Zwecke genutzt werden, um einheimische Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen zum Nachteil ausländischer Unternehmen und sogar ausländischer Arbeitnehmer in China zu fördern (z. B. durch Belohnungen, wenn die Datenverarbeitung eines Unternehmens in China stattfindet oder einheimische Komponenten verwendet werden, oder durch Bestrafung, wenn ein Unternehmen mehr Ausländer über einen bestimmten Grenzwert hinaus einstellt).

Das SCS könnte genutzt werden, um die Möglichkeiten von ausländischen Unternehmen einzuschränken, einen Nutzen aus der angekündigten Liberalisierung im Investitionsbereich zu ziehen, die mit den Negativlisten einhergehen soll, die Chinas Investitionskataloge ersetzen werden (z. B. wenn nur Unternehmen mit guter Bewertung tatsächlich in Bereiche investieren können, die von den Negativlisten nicht ausgeschlossen sind, d. h. in unbeschränkte Sektoren). Laut der Merics-Studie (China Monitor vom Mai 2017) könnte die Verknüpfung von Investitionsmöglichkeiten mit der Bewertung im Rahmen des Sozialpunktesystems in einigen der kürzlich eingerichteten Freihandelszonen erprobt werden.

Das SCS scheint mit der umfassenden industriepolitischen Strategie im Rahmen von „Made in China 2025“ und den Bemühungen, die staatliche Kontrolle über den Cyberspace zu stärken, in Einklang zu stehen. Insbesondere die Leitlinien und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherheit der grenzüberschreitenden Datenübermittlung erfordern eine starke Bevorzugung von Datenlokalisierung und den Einsatz inländischer IKT-Ausrüstung. Neben der SCS-Initiative soll auch die Qualitätskontrolle durch E-Commerce-Unternehmen mittels Einführung von Identifizierungsregeln gestärkt werden und die Nutzer verpflichtet werden, für die Nutzung von Live-Streaming-Angeboten eine Klarnamen-Registrierung zu beantragen, was seit 1. Dezember 2017 in Kraft ist. Mit einer neuen Plattform kann bei falschen Namen, die im Internet verwendet werden, auf die ursprüngliche Domain Rückschluss gezogen werden – ein weiteres Instrument der chinesischen Regierung, um zu verhindern, dass Personen, die Informationen veröffentlichen, sich hinter ihrer Anonymität verstecken können. Im Januar 2018 hat China außerdem die endgültige Fassung der nationalen Norm zum Schutz personenbezogener Daten veröffentlicht. Sofern die Informationen nicht anonymisiert werden, ist eine vorherige Benachrichtigung und Zustimmung von Einzelpersonen zur Übertragung oder Weitergabe ihrer Daten erforderlich, wie dies auch laut dem chinesischen Cybersicherheitsgesetz vorgeschrieben ist. Darüber hinaus beschränkt die Zertifizierungspflicht für Virtual Private Networks (VPN) in China die Datenverarbeitung auf die Nutzung der staatlich genehmigten Technologie und kann Zugang zu einem riesigen Informationspool ermöglichen, der für das SCS genutzt werden könnte. Es ist wichtig, hinsichtlich des Systems und seiner Umsetzung auf Transparenz zu drängen: In Bezug auf die durchgesetzten Vorschriften sowie die verhängten Strafen und Belohnungen.

Quelle:: Merics, China Monitor Mai 2017

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Anhang 5: Basisdaten

Menschen und Geografie

Bevölkerung 1 378 665 000 Quelle: Weltbank (2016)

Hauptstadt Peking 21 240 000 Quelle: VN (2016)

Andere Großstädte Shanghai 24 484 000 Quelle: VN (2016)

Chongqing 13 744 000

Guangdong 13 070 000

Tianjin 11 558 000

Shenzhen 10 828 000

Fläche 9 562 911 km² Quelle: Weltbank (2017)

Lebenserwartung bei der Geburt

Frauen Männer

77,7 74,6

Quelle: Weltbank (2015)

Alphabetisierungsrate 95,1 % Quelle: Weltbank (2010)

Einstufungen

Index der menschlichen Entwicklung

Punktzahl: „Hoch“ Wertung: 90/188

Quelle: Index der menschlichen Entwicklung, Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, 2016.

Index der Pressefreiheit Punktzahl: 77,66/100 Ranking: 176/180

Quelle: Weltrangliste der Pressefreiheit, Reporter ohne Grenzen, 2017 (Wobei 0 die bestmögliche und 100 die schlechteste Wertung ist)

Freedom in the World – Freiheitsgrad

Punktzahl: „Nicht frei“ Rankings: Politische Rechte: 7/7 Bürgerliche Freiheiten: 6/7

Quelle: Freedom in the world, Freedom House, 2018. (Skala von 1–7, 1 = „am freiesten“, 7 = „am wenigsten frei“)

Wirtschaftsfreundlichkeit Punktzahl: 65,29/100 Ranking: 78/190

Quelle: Wirtschaftsfreundlichkeit „Doing-Business-Index“ der Weltbank, 2018.

Korruptionswahrnehmungs-index

Punktzahl: 41/100 Ranking: 77/180

Quelle: Korruptionswahrnehmungsindex, Transparency International, 2017. (0 steht für den höchsten Grad an Korruption, 100 für den niedrigsten)

Globaler Terrorismusindex Punktzahl: 5,543/10 Ranking: 31/163

Quelle: Globaler Terrorismusindex, Institute for Economics & Peace, 2017. (0 steht für den höchsten Grad an Korruption, 10 für den niedrigsten)

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PE 570.493 DG EXPO/B/PolDep/Note/2018_04+105