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1 Einführung von Handpuppen zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Crèche Margréitchen 1. Vorwort Bis zum Alter von zwei Jahren bilden sich nach und nach aus dem anfänglichen Gebrabbel des Kleinkindes spezifische Lauten, die dann Worte ergeben. Im Alter von 18 Monaten kennt ein Kind im Durchschnitt ungefähr 20 bis 50 Wörter und in den darauffolgenden Monaten lernt es durchschnittlich 6 neue Wörter am Tag. Im zweiten Lebensjahr geht es mit dem Spracherwerb des Kindes dann sehr schnell voran und das Kind lernt einfache Sätze zu bilden. Erstaunlich wie ein kleiner Mensch die Sprache erlernt. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich dass das Thema Sprache einen großen und wichtigen Platz in den Tagesstrukturen für Kleinkinder einnimmt. Zusätzlich kommt dazu dass das Land Luxemburg eine sehr eigene Sprachsituation hat. Mit luxemburgisch als Nationalsprache, dem Französischen und Deutschen als Amtssprache zeichnet sich das Luxemburger Land durch eine Mehrsprachigkeit aus. Auch in der Gemeinde Bissen, in der sich unsere Crèche Margréitchen befindet, treffen sehr viele verschiedene Nationalitäten, Kulturen und Sprachen aufeinander. Tagtäglich sieht sich unser Personal somit mit dem Thema Mehrsprachigkeit konfrontiert. Schon länger stellen wir uns deshalb die Frage „Wie können wir die frühe mehrsprachige Bildung in unserer Kindertagesstätte umsetzen?“. Nach verschiedenen Vorlesungen, dem Austausch mit einer Sprachentwicklungsexpertin, Diskussionsrunden im Team, sowie mit anderen Tagesstrukturen von elisabeth, haben wir verschiedene interessante Ansätze kennengelernt und uns näher mit diesem Thema befasst. Gemeinsam entschieden wir uns, uns für die Pilotphase zum Thema Mehrsprachigkeit zu bewerben. Ziel der Pilotphase war gelingende Praxismodelle in den verschiedenen Häusern zu identifizieren, sowie neue, innovative Strategien zur Förderung der Mehrsprachigkeit zu erproben. Nach der Annahme an der Pilotphase galt es für uns herauszufinden wie wir das Thema Mehrsprachigkeit in unserer Struktur weiter ausbauen können. Unser Ziel war es

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Einführung von Handpuppen zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Crèche Margréitchen

1. Vorwort

Bis zum Alter von zwei Jahren bilden sich nach und nach aus dem anfänglichen

Gebrabbel des Kleinkindes spezifische Lauten, die dann Worte ergeben. Im Alter von 18

Monaten kennt ein Kind im Durchschnitt ungefähr 20 bis 50 Wörter und in den

darauffolgenden Monaten lernt es durchschnittlich 6 neue Wörter am Tag. Im zweiten

Lebensjahr geht es mit dem Spracherwerb des Kindes dann sehr schnell voran und das

Kind lernt einfache Sätze zu bilden.

Erstaunlich wie ein kleiner Mensch die Sprache erlernt. Deshalb ist es auch nicht

verwunderlich dass das Thema Sprache einen großen und wichtigen Platz in den

Tagesstrukturen für Kleinkinder einnimmt.

Zusätzlich kommt dazu dass das Land Luxemburg eine sehr eigene Sprachsituation hat.

Mit luxemburgisch als Nationalsprache, dem Französischen und Deutschen als

Amtssprache zeichnet sich das Luxemburger Land durch eine Mehrsprachigkeit aus.

Auch in der Gemeinde Bissen, in der sich unsere Crèche Margréitchen befindet, treffen

sehr viele verschiedene Nationalitäten, Kulturen und Sprachen aufeinander. Tagtäglich

sieht sich unser Personal somit mit dem Thema Mehrsprachigkeit konfrontiert. Schon

länger stellen wir uns deshalb die Frage „Wie können wir die frühe mehrsprachige

Bildung in unserer Kindertagesstätte umsetzen?“.

Nach verschiedenen Vorlesungen, dem Austausch mit einer

Sprachentwicklungsexpertin, Diskussionsrunden im Team, sowie mit anderen

Tagesstrukturen von elisabeth, haben wir verschiedene interessante Ansätze

kennengelernt und uns näher mit diesem Thema befasst. Gemeinsam entschieden wir

uns, uns für die Pilotphase zum Thema Mehrsprachigkeit zu bewerben. Ziel der

Pilotphase war gelingende Praxismodelle in den verschiedenen Häusern zu

identifizieren, sowie neue, innovative Strategien zur Förderung der Mehrsprachigkeit zu

erproben.

Nach der Annahme an der Pilotphase galt es für uns herauszufinden wie wir das Thema

Mehrsprachigkeit in unserer Struktur weiter ausbauen können. Unser Ziel war es

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innovative Strategien zur Förderung des Luxemburgischen, zur Heranführung ans

Französische und zur Einbeziehung der Familiensprachen zu identifizieren, diese

Methoden zu erproben und an unsere lokale Situation, sowie Population anzupassen.

Das Team der Crèche Margréitchen, sowie elisabeth, sehen dieser neuen

Herausforderung positiv entgegen und freuen sich ihre Erfahrungen mit anderen

Tagesstrukturen teilen zu können.

Die folgenden Seiten geben ihnen einen Einblick in unseren Parcours während der

Pilotphase und schildern ihnen in unsere Überlegungen.

2. Informationen zur Crèche Margréitchen Die Crèche Margréitchen öffnete erstmals seine Türen für eine Gruppe von Kindern

zwischen 2 und 4 Jahren im Jahr 2010. Im Jahr 2012 wurde eine weitere Gruppe für

Kinder von 2 Monaten bis 2 Jahren hinzugefügt und 3 Jahre später, 2015, wurde eine

Gruppe für Kinder zwischen 18 und 36 Monaten geöffnet.

2.1. Raumstruktur:

Wir verfügen über 3 Gruppenräume mit jeweiligem Badezimmer und Schlafzimmer für

die Kinder, sowie einem großen Spielplatz.

2.2. Gruppenstruktur: Wir verfügen über drei Gruppen:

Gruppe „Séistären“: 2 Monaten bis zu 2 Jahren mit 12 Plätzen und 13 eingeschriebenen Kindern.

Gruppe „Scheewercher“: 18 Monaten bis zu 36 Monaten mit 12 Plätzen und 14 eingeschriebenen Kindern.

Gruppe „Tigeren“: 2 Jahren bis zu 4 Jahren mit 15 Plätzen und 18 eingeschriebenen Kindern (Kinder die mit 3 Jahren im Précoce eingeschrieben werden, wechseln zur Maison Relais).

Insgesamt 39 Plätze und 45 eingeschriebene Kinder.

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2.3. Personalstruktur: Es arbeiten insgesamt 12 Personen in der Crèche Margréitchen.

Das Team setzt sich aus folgenden Berufen zusammen:

Sozialpädagoginnen

Erzieherinnen

Erzieherin in Ausbildung

Kinderkrankenschwestern

qualifizierte erzieherische Mitarbeiterin; „aide socio-éducative“

Auszubildende „Auxiilaire de vie“

Da in Bissen viele ausländische Familien leben, die oftmals kein luxemburgisch sprechen,

war es uns wichtig Personal einzustellen das mehrere Sprachen beherrscht um

eventuellen Probleme aufgrund sprachlicher Barrieren vorzubeugen und folglich auch

über die Sprache eine Bindung zu den Familien aufbauen zu können.

So haben wir 8 Personen die als Muttersprache die luxemburgische Sprache haben, aber auch die deutsche und französische Sprache gut beherrschen. 5 Personen dieser 8 sprechen auch englisch. 3 Personen haben die portugiesische Sprache als Hauptsprache, sprechen aber auch luxemburgisch, deutsch, französisch und englisch. Eine Person ist französischer Nationalität, spricht die genannten 4 Sprachen und versteht portugiesisch.

3. Überlegungen der Crèche Margréitchen: Als Team machten wir uns Gedanken welche Art der Sprachförderung von unserer Population in der Kindertagesstätte angenommen und sich auch als erfolgreich bewerten könnte. Auch wenn das Team mehrere Sprachen sprechen kann und auf viele der Familiensprachen in unserem Haus eingehen kann, so war uns doch auch klar, dass wir diese Sprachen nicht derart fehlerfrei sprechen können wie ein Muttersprachler. Da sie nicht unsere Familiensprache ist, klingt es nicht authentisch wenn wir sie sprechen. Zusätzlich sprachen wir bislang immer auf luxemburgisch mit den Kindern, so dass wir uns fragten, wie diese es aufnehmen würden wenn eine Bezugsperson der Kindertagesstätte auf einmal die Sprache wechselt und eine, ihnen fremde Sprache mit ihnen spricht. Da sie wissen, dass wir alle luxemburgisch sprechen, nahmen wir an, dass sie auch wenn wir französisch sprechen würden, uns auf luxemburgisch antworten würden.

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Auch war es uns wichtig, den Kindern nicht die Sicherheit der Bezugsperson zu nehmen indem sie das Gefühl haben nicht verstanden zu werden oder sich gar als Reaktion auf den Sprachenwechsel weniger bis gar nicht äußern. Wir wollten die Sprache fördern und bewusster wahrnehmen, sie aber nicht entmutigen zu sprechen. Ferner stand die Frage im Raum ob sich jede Person des Teams zutrauen würde französisch mit den Kindern zu sprechen, da es auch ihnen „unecht“ erschien. Es musste also eine Methode gefunden werden, die es uns erlaubte in unserer jetzigen Situation eine neue Sprache einzufügen, die aber nicht von den Erzieherinnen komplett übernommen wird, spielerisch Impulse zu geben und die Kinder motiviert mitzumachen – und dann stießen wir auf die Handpuppen. Handpuppen bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Sie können in der sozialen Gruppenarbeit oder im Spiel mit einem einzelnen Kind eingesetzt werden. Das Handpuppenspiel ist, gezielt eingesetzt, geeignet um soziale, emotionale aber auch kognitive (Lern)Inhalte zu vermitteln. Sie können Situationen auflockern oder einfach nur unterhalten. Durch das Spiel kommt es automatisch in der spielerischen und entspannten Situation zur verbalen wie auch emotionalen Interaktion. Kinder die sonst „stiller“ sind oder Kinder mit Sprachschwierigkeiten werden lebhaft und machen aktiv mit. Ausgehend von diesem spielerischen Ansatz entscheiden wir uns, uns mit dieser neuen Methode zu befassen um sie auch in unserem Haus umzusetzen.

4. Planungsphase 4.1. Welche Handpuppe eignet sich? Besonders geeignet sind Handpuppen, die auf die Kinder sympathisch und ansprechend wirken. Besonders ausdrucksstark sind Puppen, deren Arme und Hände auch bewegt werden können. Die lebendige Wirkung wird gesteigert, wenn die Gestik sich nicht nur auf den Kopf beschränkt. Jedoch ist es bei Kleinkindern nicht unbedingt nötig zusätzlich Bewegungen der Arme und Hände miteinzubringen. Wichtig ist dass die Redner als erstes lernen den Umgang mit der Sprache der Puppe zu erlernen, bevor sie sich auf weitere Bewegungen konzentrieren. In Büchern und auf vielen Internetseiten wird geraten die großen kinderähnlichen Handpuppen zu benutzen, jedoch haben wir in unserer Kindertagesstätte keine positiven Erfahrungen mit diesen Puppen gemacht. Ihr großer Mund, sowie der große Kopf schüchterten die Kinder ein und machte ihnen Angst.

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Wir entschieden uns deshalb für tierartige Handpuppen. Sie sind groß genug um sie gut einsetzen zu können und wirken, dank Kindchenschema freundlich und sympathisch. Die Kinder reagierten auf Anhieb offen gegenüber diesen Handpuppen. Die Größe der Puppe sollte in Relation zur Größe der Zielgruppe sein. So benutzen wir kleinere Handpuppen in der Babygruppe um diese an Handpuppen zu gewöhnen und etwas größere Puppen in den beiden folgenden Gruppen. Mit älteren Kindern ab dem Alter von 4 bis 5 Jahren kann man sicherlich die größeren, kinderähnlichen Puppen benutzen, jedoch würden wir für Kinder zwischen 0 bis 3 Jahren davon abraten. Bei den Kindern von 0 bis 2,5 Jahren benutzen wir „freundlich gesinnte“ Tiere wie zum Beispiel das Schaf, den Fisch oder die Schildkröte und in der Gruppe für älteren Kinder sprechen wir auch mit einem Krokodil. Das Krokodil, was den jüngeren Kindern noch Angst macht, wirkt auf größere Kinder interessant. Handpuppen der Crèche Margréitchen:

Gruppe Luxemburgisch sprechende Puppe Französisch sprechende Puppe

Gruppe “Séistären” Lilli

Pluff

Gruppe “Scheewercher”

Mäh-Mäh

Charlotte

Gruppe “Tigeren” Kroko

Julie

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4.2.Der Charakter der Puppe Damit die Puppe natürlich wirkt, braucht sie eine eigene Persönlichkeit, einen eigenen Charakter. Sie muss "ihre" Gefühle zeigen und eine eigene Meinung haben. Es ist also auch davon abzuraten die Kinder den Namen der Handpuppe aussuchen zu lassen. Es galt also das Problem zu lösen wie die Puppe eine eigene Persönlichkeit erhalten kann, wenn sie von mehreren Personen mit unterschiedlichen Umgangsweisen bedient wird. Damit alle Personen eine möglichst gleiche Art im Umgang mit der Puppe umsetzen, entwarfen wir eine eigene Persönlichkeit für die Puppe und hielten sie in einer Art Steckbrief fest. Sie bekam einen Namen und ihr Geschlecht, ihre Vorlieben, ihre Abneigungen, Interessen und Charaktereigenschaften wurden festgelegt und festgehalten. Kleine Einzelheiten sollten festgelegt werden, jedoch ist es nicht nötig eine gesamte Biografie zu erstellen. Der Charakter der Puppe sollte immer auch offen gehalten werden um dem Spiel nicht Freiheit, Spontanität und Überraschungsmomente zu nehmen. Nur weil sie „lustig“ ist, heißt das nicht, dass sie nie ernst oder traurig sein kann. Damit sich die Kinder leicht mit der Puppe identifizieren können, empfiehlt es sich ihr ansatzweise mit kindlichen Charaktereigenschaften auszustatten. Wenn man die Puppe neu hat, hilft es einfach etwas mit ihr herum zu spielen. Dann kommt manches von selbst. Dies kann auch eine gute Übung sein um den Charakter der Puppe zu festigen. So hielten wir nach dem Experimentieren mit der Handpuppe bspw. fest, dass sie etwas tollpatschig ist. Ganz wichtig ist es bei diesem Charakter zu bleiben und nichts zu ändern (auch nicht den Namen oder andere Details), da dies die Kinder verwirren kann. Wenn man die Puppe öfters in der Gruppe verwendet, wird auch ihr Wiedererkennungseffekt gesteigert. Auch wenn es wichtig ist sich vor Benutzung der Handpuppe vorzubereiten, sollte man sich nicht unter Druck setzen und Spaß am Benutzen der Puppe haben. Die Faszination der Kinder zur Puppe macht vieles wett was man am Anfang noch nicht so gut beherrscht. 4.3. Das Verhalten der Puppe 4.3.1. Rolle der Puppe: Bevor die Puppe eingesetzt wird, sollte man sich überlegen welche Rolle die Handpuppe spielen soll:

▪ Expertin: kann Wissen weitergeben. ▪ Narr: Unterhaltungsfunktion. ▪ Vorbild: Zeigt Handlungsweisen die anstrebenswert sind. ▪ Freundin: Kinder können sich ihr individuell anvertrauen.

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Die Puppe kann, je nach Thema und Ziel, zwischen den Rollen wechseln, jedoch nicht mehrmals während einer Aktivität hintereinander, weil ihr Verhalten sonst zu sprunghaft und unverständlich ist. Es ist auch ratsam, dass die Handpuppe ein nettes Wesen besitzt und nicht zu Beginn aufbrausend ist und die Kinder neckt, damit die Kinder keine Angst vor der Puppe bekommen. Erst wenn sich die Kinder an sie gewöhnt haben, kann die Handpuppe auch mal Dummheiten machen oder ein ungestümes Verhalten (ohne zu übertreiben Vorbildfunktion) an den Tag legen. 4.3.2. Vorbildfunktion: Die Kinder identifizieren sich unbewusst mit der Handpuppe. Diese sind also, genau wie das Personal, Vorbilder. Die Puppe sollte also keine Handlungen vornehmen, die nicht erwünscht sind. Tut sie dies doch, entschuldigt auch sie sich. Eine andere Möglichkeit ist es, falsche Handlungen (einfache Fehler, keine ethisch unkorrekten Handlungen) der Handpuppe zu korrigieren und zu erklären. Denn auch die Handpuppe ist nicht perfekt und sollte auch keine Illusion eines problemlosen Lebens darstellen. 4.3.3. Spaßfaktor: Die Puppe nur zum Unterhaltungszweck gelegentlich zu nutzen hat absolut seine Berechtigung. Jedoch sollte die Handpuppe nicht nur als Spaßfaktor eingesetzt werden. Man sollte darauf achten nicht die vielen verschiedenen Möglichkeiten, die die Handpuppen bieten zu „verspielen“. Man sollte sich konkrete Ziele überlegen, die man mit Hilfe der Puppen erreichen möchte. So setzten wir uns als Ziel anhand der zweiten Handpuppe der französischen Sprache Raum in unserem Haus zu geben. 4.3.4. Üben: Es ist wichtig mit den Handpuppen zu üben bevor man sie vor den Kindern benutzt. Erstmals muss man eine Stimme für sie finden. Dabei sollte man darauf achten keine Stimme zu wählen, die zu viel Anstrengung kostet, da dies den Stimmbändern schaden kann. Man sollte sich mit der ausgewählten Stimme wohlfühlen. Auch muss man sich anfangs sehr konzentrieren um zwischen den Stimmen und den Sprachen zu unterscheiden und diese nicht zu verwechseln. Gleichzeitig soll man auf die Gestik und Haltung der Puppe achten und spontan auf die Fragen und Reaktionen der Kinder eingehen. Man kann vor dem Spiegel üben oder vor einer Kollegin. Aufpassen: -Nicht die Worte der Puppe mit der eigenen Mimik unterstützen. Es ist die Puppe die spricht. (Dies passiert gerne automatisch). -Man kann üben, sich "gegenseitig zu unterbrechen". Dies ist sehr effektvoll und unterstützt den Eindruck, dass da zwei Personen im Gespräch sind.

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4.4. Das Ankommen der Puppe In unserem Haus gab es bereits Handpuppen, so dass die Kinder an Handpuppen gewöhnt waren. Trotzdem entschieden wir uns dafür das Ankommen der Handpuppen sorgfältig zu planen und die Kinder darauf vorzubereiten. Da wir in jeder Gruppe jeweils eine luxemburgisch sprechende Puppe integriert hatten, half uns diese die „neue“ Handpuppe einzuführen. Diese nämlich sendete uns eine Woche lang Postkarten mit einer Nachricht. So bekam jede Gruppe einen Briefkasten, der vor dem Gruppenraum aufgehängt wurde und in den sie gemeinsam jeden Morgen nach dem Singkreis die Postkarte holten. Die Postkarten hatten wir Tage zuvor selbst gebastelt und zeigten die neue Handpuppe (also für jede Gruppe eine andere Postkarte basteln) in verschiedenen Kontexten, auf die wir genauer eingehen werden. Ankündigung der neuen Handpuppe :

Montags, 11ter April 2016: Erster Kontakt (Paris)

Nach dem Begrüssungslied zeigten die Erzieher den Kinder den neuen Briefkasten. Gemeinsam öffneten sie ihn und holten eine Postkarte heraus. Zurück im Gruppenraum las die Erzieherin den Kindern die Postkarte vor (der Text ist auf französisch) und erklärte dann auf luxemburgisch was auf der Karte stand. Die Handpuppe Charlotte hatte ihnen auf französisch geschrieben:

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Dienstags, 12ter April: Reise mit dem Zug

Eine weitere Postkarte wurden der Gruppe am nächsten Tag zugeschickt:

Mittwochs, 13ter April: Ankommen in der luxemburger Hauptstadt

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Donnerstag, 14ter April: Sightseeing-Tour

Freitags, 15ter April: Unterwegs mit dem Fahrrad

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Montags, 18ter April: Ankunft in Bissen

Am 18ten April um 8h30, genau eine Woche nach der ersten Postkarte, bekamen die Kinder die letzte Postkarte von der französischen Handpuppe, in der angekündigt wurde, dass sie in der Gemeinde Bissen angekommen war. Um 10h00 klopft es an der Tür und der Briefträger brachte jeder Gruppe einen Korb mit, der mit einem Tuch bedeckt war. Nachdem sich alle Kinder um den Korb versammelt hatten, zogen sie das Tuch herunter und sahen die neue Handpuppe im Korb sitzen. Die Kinder erkannten gleich die Handpuppe und riefen ihren Namen. In diesem Moment nahm die Erzieherin die Puppe und sprach zum ersten Mal mit der neuen Handpuppe auf Französisch zu den Kindern. Die andere Erzieherin nahm die luxemburgische Handpuppe, die die französische Handpuppe, ihre Kusine, begrüßte und das von ihr Gesagte übersetzte. Am Anfang war es schwer mit zwei Handpuppen zwei verschiedene Sprachen zu sprechen, deshalb raten wir zu Beginn diese Aktivitäten zu zweit durchzuführen, so dass man sich nur auf eine Stimme und Sprache konzentrieren muss. Nach der Ankunft kamen in verschiedenen Situationen immer wieder die Handpuppen dazu und die neue Handpuppe wurde in den Tagesablauf der Kindertagesstätte eingeführt.

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5. Grundlegendes zum Umgang mit Puppen 5.1. Sauberkeit Man darf die Puppen oftmals nicht, oder nur bei 30 Grad waschen. Um sie sauber zu halten, sollte man darauf achten in welchen Situationen man die Puppen benutzt und dass sie die Kinder nur mit sauberen Händen anfassen dürfen. 5.2 Kein Spielzeug Dass die Handpuppe das Werkzeug des Redners ist und kein Spielzeug, muss als erstes dem Personal klar sein und dann den Kindern. Wer Kinder mit den Handpuppen spielen lässt, riskiert damit, dass die Kinder die Handpuppe nicht mehr als "Persönlichkeit" wahrnehmen, sondern nur noch als Plüschtier, das sich bespielen lässt. Dann verliert die Handpuppe ihre Ausstrahlung auf die Kinder. 5.3. Wenn nicht im Gebrauch: außer Reich- und Sichtweite Für Kinder haben die Handpuppen eine Persönlichkeit, sie sind lebendig. Um diese Wirkung zu erhalten, sollte man die Handpuppe nie offen herumliegen lassen. Sie wirkt dann "tot". Abgesehen davon ist die Verführung für Kinder zu groß, mit der Handpuppe zu spielen (siehe Punkt 3.2.). Zum Schutz der Handpuppe und ihrer Wirkung auf die Kinder ist ein eigener Behälter (Koffer, Tasche, Schachtel, Häuschen) für die Handpuppe nötig. Nach ihrem Gebrauch sollte sie dann auch direkt dorthin verstaut werden. Haus von Mäh-Mäh und Charlotte: Haus von Kroko und Julie:

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Haus von Lili und Pluff:

5.4. Handpuppen "beißen" nicht: Kinder (vor allem die jüngere) neigen dazu, einer Handpuppe in den Mund zu fassen und erwarten dann, dass der Mund zubeißt. Man sollte grundsätzlich nicht mit einer Puppe schnappen oder beißen, sondern den Kindern versichern, dass sie nicht beißen wird. 5.5. Dauer der „Auftritte“: Die Puppe tritt nicht irgendwann auf, sondern zu einem gut gewählten Anlass Bsp. zu festen Ritualen oder bei bestimmten Aktivitäten. Auch nimmt sie nicht permanent am Geschehen teil oder tritt zu oft auf, um ihren Einfluss zu bewahren. Der Auftritt der Handpuppe sollte nicht länger als 10 Minuten dauern, um eine Überfrachtung der Kinder zu vermeiden. Die kurze Zeitspanne hilft zusätzlich, dass man den Handlungsablauf schlicht hält. 5.6. Ankündigung: Puppen erscheinen nicht plötzlich, sondern sie kündigen sich mit einem Geräusch oder einem Lied an. Am besten erscheint die Puppe immer gleich, zum Beispiel aus einer Tasche oder einer Schachtel, ihrem Zuhause. Vorteil einer Schachtel oder von einem Haus: Die Puppe kann Gegenstände aus der Schachtel herausholen die zum Thema passen.

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5.7. Moralapostel: Die Kinder können und dürfen der Handpuppe sagen was sie falsch macht, aber nicht die Puppe sagt den Kindern was richtig oder falsch ist. Es ist nicht sinnvoll, die Puppe den Moralapostel spielen zu lassen. Sie darf aber zum Nachdenken über ein Verhalten anregen. 5.8. Handpuppen bei Kindern unter 2 Jahren Für Kinder unter zwei Jahren gelten besondere Regeln. Hier ist das oberste Ziel dass sie die Puppe angstfrei erleben und nicht weinen. Sie sollen Spaß an der Puppe gewinnen und werden deshalb nicht gleich vom Erwachsenen ermahnt wenn sie der Handpuppe ins Auge pieksen, sondern die Handpuppe äußert sich lediglich mit einem „Autsch“. Es macht hier noch keinen Sinn darauf zu bestehen achtsam mit der Puppe umzugehen, da das Ausprobieren, in den Mund fassen und pieksen ihnen Spaß bereitet und sie es noch nicht lassen können. Hier entwickelt man am besten kleine, routinierte Abläufe mit der Handpuppe, die man nach und nach erweitern kann, Bsp. Die Puppe versteckt sich unter der Decke und wenn das Kind sie findet, ruft sie „buh“. Haben die kleinen Kinder Angst, so bespielt man die Mutigeren unter ihnen und diejenigen die Angst haben, können „aus sicherer Entfernung“ das Geschehen verfolgen. Es ist wichtig auf die Stimmungslage der Kinder zu achten und nicht zu versuchen sie für das Spiel mit der Handpuppe zu gewinnen, wenn sie zeigen dass sie sich fürchten oder sie das nicht wollen. Auch ist es hier hilfreich eine ängstliche Handpuppe zu spielen und keine freche. Das Kind wird sich weniger vor der ängstlichen Handpuppe fürchten. Zusätzlich ist es wichtig sein eigenes Tempo zurückzuschalten und ganz auf das Tempo des Kindes einzugehen. Manchmal ändern sich die Gefühle des Kindes schnell und trotz anfänglicher Neugier weint es auf einmal, dann ist es ratsam dass die Handpuppe sich verabschiedet, schlafen geht und es später (vielleicht Wochen später) noch einmal versucht. 5.9. Reaktionen der Kinder Es kann vorkommen, dass Kinder die Puppe schlagen oder ihr in die Augen oder in den Mund fassen. Dies muss keine böse Absicht sein, sondern kann auch einfach nur eine Form der Kontaktaufnahme sein. Am geeignetsten ist es, wenn die Puppe sich selbst wehren kann, indem sie äußert dass dies ihr weh tut und sie das nicht mag. Hilft dies nicht, so muss der Redner eingreifen und den Kindern erklären dass dieses Verhalten nicht erwünscht ist. Werden die Kinder während der Aktivität zu aufbrausend, so stellen sie sich auf und nehmen ihren Zeigefinger vor den Mund um die Kinder aufzufordern ruhiger zu werden. Je weniger man unternimmt, umso schneller legt sich der Sturm. Die Puppe spricht erst

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weiter wenn die Kinder wieder leiser sind. Es ist immer vorteilhaft, wenn die Puppe unerwünschte Ereignisse kommentiert und der Puppenspieler nicht eingreifen muss.

6. Wie bewege und führe ich die Puppe? 6.1. Die Haltung: Damit die Puppe natürlich wirkt, sollte man versuchen nur den Daumen zu benutzen um den Unterkiefer der Puppe zu bewegen. Nicht der ganze Kopf sollte sich bewegen wenn die Puppe spricht, sondern nur der Unterkiefer. Als Hilfe kann man den Zeigefinger über den Mittelfinger legen, um so zu verhindern dass sich die anderen Finger automatisch mitbewegen. 6.2. Der Augenkontakt: Für Kinder sind Puppen real und wirklich, darum ist der Augenkontakt mit der Puppe genauso wichtig wie der mit einer Person. Man tendiert dazu den Kopf der Puppe zu hoch zu halten, so dass man aus der Sicht der Kinder nur den Mund sieht und kein Augenkontakt besteht. Die Puppe schaut also die Kinder an (wenn man höher sitzt schaut sie runter) und schaut nicht über die Kinder hinweg oder ins Leere. 6.3. Reden: Um die Illusion des Sprechens aufrecht zu erhalten sollte sich der Mund beim

Sprechen öffnen und schließen. Es ist aber nicht nötig den Mund bei jeder Silbe zu öffnen. Die Kinder brauchen keine perfekte Illusion um die Handpuppe anzunehmen.

Wenn die Puppe einzelne Laute besonders betont oder schreit, öffnet sie den Mund länger. (Aufgepasst: bei kleinen Kindern ist es nicht ratsam, dass die Puppe schreit, da diese sonst Angst vor der Puppe bekommen könnten).

Schweigen: Wenn die Puppe schweigt, lässt man nicht den Mund weit offen

stehen. Vor und nach dem Wort ist der Mund zu oder nur ganz leicht geöffnet (ein zugepresster Mund macht einen verkniffenen Eindruck).

Beim Reden macht man kein ruckartiges Vorbewegen des Kopfes. Man achtet

darauf die Puppe natürlich und ruhig zu bewegen. Man spricht deutlich und nicht überhastet.

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Die Puppe spricht nicht, wenn sie nicht zu sehen ist (für die Kinder).

6.4. Die Stimme: Man gibt der Puppe eine eigene Stimme und bleibt beim Spiel dabei. Es ist kein Problem wenn verschiedene Erzieher mit der Puppe sprechen und somit nicht die gleiche Stimme haben, man sollte sich nur darauf einigen ob die Puppe heller spricht, aufgeregter, usw., damit die Stimme eine Persönlichkeit und somit Wiedererkennungswert bekommt. Anfangs ist es schwierig eine andere Stimme zu benutzen, da unsere Stimme fester Bestandteil unserer Identität ist und es kann vorkommen dass man in die normale Sprechstimme rutscht. In diesem Fall kann die Puppe sich räuspern und laut fragen, was denn nur mit seiner Stimme los ist. Um seine Stimme zu schonen, sollte man sich nicht zu weit von den Kindern weg setzen. 6.5. Bewegung: Schon ganz minimale Bewegungen können einen großen Unterschied machen.

Ein leicht geöffneter Mund wirkt locker, ein verschlossener Mund wirkt verkniffen.

Gefühlsäußerungen: Nahezu jede Gefühlsäußerung kann mit der Puppe dargestellt werden. Dazu braucht es aber Überlegung und Übung. Dies sollte man vor dem Spiegel üben und dann wirken die Puppen so lebendig, dass die Kinder sofort erkennen, was "in ihr" vorgeht und was sie will.

Auch Handpuppen schweben und fliegen nicht. Man setzt sie auf seinen Schoos, auf eine Unterlage oder trägt sie auf dem anderen Arm. Die Puppe darf gerne etwas angewinkelt sitzen, dies wirkt natürlicher. Stehend wirkt sie unruhig.

Die Puppe ist in Bewegung während des Sprechens. Umso lebendiger ihre

Bewegungen sind, umso mehr wird der Spieler der Puppe unsichtbar für die Kinder. Auch wir gestikulieren und bewegen uns beim Sprechen. Beim Singen und anderen „aufgeregteren“ Aktivitäten neigt man dazu die Handpuppe hastig hin und her zu bewegen. Zu hastige Bewegungen können unnatürlich wirken. Auch Handpuppen sollten sich nicht schneller bewegen als wir es von unseren Bewegungen her kennen.

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6.6. Die Gefühle der Puppe: Wenn man die Momente mit der Handpuppe nur darauf beschränkt sie erzählen zu lassen und die Kinder nur zuhören können, wird die Puppe schnell langweilig. Können die Kinder jedoch die Gefühle der Puppe erleben und nicht nur die Worte, können sie ihr viel länger und intensiver zuhören und sind längere Zeit aufmerksam. Um Gefühle zu zeigen helfen Bewegungen, man sollte sie aber auch mit Worten unterstreichen: „Ich bin heute so traurig (man senkt den Kopf). Ich habe mein liebstes Spielzeug verloren.“. Auch emotionale Geräusche können die Gefühlsäußerungen unterstreichen („oh“, „hui“, „ah“, „ihhh“, „bah“, usw.). 6.7. Ablauf: Ein geplanter Ablauf hilft einem dabei sich auf das Führen der Puppe und die Reaktionen der Kinder konzentrieren zu können. Es sollte einen leitenden Gedanken, den „roten Faden“ geben. Damit der Auftritt der Handpuppe möglichst ruhig verläuft, empfiehlt es sich mit den Kindern im Voraus zu vereinbaren auf ihren Plätzen sitzen zu bleiben. Ein Ritual hilft das Ankommen der Handpuppe zu unterstreichen (Bsp. Man klopft/klingelt am Haus, man ruft die Puppe, usw.). Man sollte die Kinder miteinbinden, indem man Impulse, bspw. in Form einer Frage gibt. Die Puppe sollte an der Dynamik und Energie die sie bei den Kindern vorfindet anknüpfen und diese dann als Vorbereitung auf die nächste Aktivität entwickeln. Möchte man anschließend essen und eine ruhige Atmosphäre schaffen, sollte man während des Spiels, was sehr dynamisch begann, langsam ruhiger werden, leiser sprechen usw., und die Kinder somit zur Ruhe führen. Zum Schluss verabschiedet sich die Puppe und gibt einen Grund an wieso sie geht (schlafen, einkaufen, aufräumen usw.), denn wenn sie keinen Grund hat zu gehen, könnt sie ja auch bleiben. Man sollte sich nicht überreden lassen weiter zu spielen. Manchmal ist es am besten dann aufzuhören wenn es am schönsten ist. Spielt man zu lange, kann Langweile entstehen. Werden die Kinder zu aufgedreht, hören nicht mehr zu und lassen sich auch nicht beruhigen, so verabschiedet sich die Puppe. Sie ist gelegentlich albern, mag es aber nicht wenn sie gar nicht ernst genommen wird. 6.8. Improvisieren: Man sollte in der Aktivität trotz Planung immer die Freiheit lassen auf spontane Einfälle und Aussagen der Kinder einzugehen. Ist den Kindern ihre Frage oder ihr Anliegen sehr wichtig, werden sie ohnehin nicht davon ablassen und benötigen die Antwort um wieder konzentriert zuhören zu können. Weiß man einmal nicht weiter, kann man seine Ratlosigkeit an die Handpuppe

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weitergeben: „Also….ich…weiß irgendwie nicht mehr was ich jetzt sagen wollte.“. 6.9. Pausen: Die Puppe kann viel Spannung aufbauen, so dass die Aktivität sehr laut werden kann. Wenn die Puppe nur wenige Sekunden schweigt, kann dies hilfreich sein um einen Ruhepunkt zu schaffen. Pausen helfen auch das Gesagte der Puppe auf die Kinder wirken zu lassen. Oftmals brauchen sie ein wenig Zeit um das Gesagte aufzunehmen und zu schnelles Sprechen, sowie zu viele Informationen hindern die Kinder daran dem Ablauf zu folgen. 6.10. Routine: Auch wenn die Routine hilft Energie zu sparen, kann sie jedoch sehr schädlich für das Handpuppenspiel sein. Man sollte Routine und Wiederholungen begrenzen um das Spiel lebendig zu halten. Auch hierfür ist es wichtig die Auftritte der Handpuppe zu reflektieren. Trotz allen Ratgebern gilt: Es ist wichtiger für die Kinder einen sorglosen und fröhlichen Puppenspieler vor sich zu sehen, als einen perfekten.

7. Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten Es ist wichtig die Handpuppe vielseitig einzusetzen um das Interesse der Kinder zu wahren. Wird die Puppe nur eingesetzt um Kindern Inhalte und Verhaltensweisen zu vermitteln, wird dir Freude und das Interesse am Spiel mit den Handpuppen abnehmen. Zielsetzungen sollten deshalb gründlich in das Spielerische eingebettet werden: 7.1. Lieder: Man kann Lieder zusammen mit der Handpuppe singen. Dies kann ein guter Einstieg sein für die Handpuppe oder als Auflockerung zwischendurch dienen. 7.2. Geschichten: Man kann die Handpuppe eine Geschichte erzählen lassen um Abwechslung in das Lesen von Geschichten zu bringen.

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7.3. Einführung in die Rituale: Die Handpuppen können an den Ritualen teilnehmen. So können sie zum Beispiel am Begrüßungslied (Singkreis) am Morgen teilnehmen. Dies unterstreicht ihren festen Platz in der Gruppe; man singt auch für sie. 7.4. Dialog mit der Puppe (freies Gespräch): Der „Puppenspieler“ unterhält sich mit seiner Puppe. Dies fordert Übung um zwischen den Stimmen und je nachdem Sprachen zu wechseln. Außerdem sollte man darauf achten, dass man, im Dialog, zu der Puppe spricht und sie dabei ansieht. Spricht man wieder zu den Kindern, schauen beide wieder zu den Kindern. Winzige Pausen helfen hier den Wechsel zwischen dem Sprechenden zu verdeutlichen. Alternativ kann eine Person nur die Puppe spielen und eine andere Person unterhält sich mit der Puppe. Beispiel: Handpuppe: „Je cherche mon verre. J’ai soif.“ Puppenspieler: „Ah, du suchst dein Glas weil du Durst hast?“ Handpuppe: „Oui, oui.“ Kinder: „Hier ist sein Glas.“ (und gehen das Glas suchen). 7.5. Die verschiedenen Altersgruppen und die Bühne: Bis zum Alter von 5 Jahren sollte man keine Bühne verwenden. Kleinkinder wollen sehen was sich hinter der Bühne versteckt. Auch möchten sie den "Puppenspieler" in diesem Alter noch sehen, so dass dieser nicht hinter einer Bühne versteckt sein sollte. Ferner ist ihre Konzentrationsspanne noch nicht lang genug und sie verstehen den eigentlichen Sinn der Bühne noch nicht. Eine Bühne ist bei Kleinkindern also nicht sinnvoll und sollte ihren Gebrauch später finden. 7.6. Geplante Aktivitäten: Handpuppen können in verschiedenen Aktivitäten punktuell (nicht länger als 5 Minuten) eingesetzt werden und bspw. Fragen stellen oder mithelfen. Beispiel Kuchen backen: Handpuppe: „Je vais vous aider à faire un gâteau. Quelqu’un pourra me donner le sucre ? ».

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Auch die spielerische Zeit mit der Puppe sollte nicht abgewertet werden. Man sollte sich realistische Ziele setzen und immer wieder reflektieren wie der Einsatz der Handpuppe aufgenommen wurde von den Kindern, was sich verändert hat und Über-, sowie Unterforderungen entgegenwirken.

8. Entwicklung in der Crèche Margréitchen : Ab dem Monat April waren die Handpuppen dann zu zweit in der Crèche Margréitchen. Anfangs integrierten wir die französischen Handpuppen nur in unserem Begrüßungslied. Nachdem wir für jedes Kind auf luxemburgisch gesungen hatten, sangen wir auch für die Handpuppen; für die luxemburgische auf Luxemburgisch und für die französische auf Französisch, das heißt, die letzte Strophe wurde jeden Morgen auf Französisch gesungen. Nach und nach integrierten wir neue Lieder. Vor jedem Essen sangen wir unser „Essenslied“, wobei wir die gleichen Strophen zwei Mal auf luxemburgisch und zwei Mal auf Französisch singen und dazu die passenden Handbewegungen ausführen. Allgemein singt immer die Puppe Lieder mit, dessen Sprache es ist. Zusätzlich tauchten sie dann manchmal im freien Spielen auf. Die Handpuppen wurden zum Beispiel bekocht von den Kindern. Bislang wurde die luxemburgische Puppe eher angesprochen als die französische: „Soll ech dir e Kuch baken?“. In diesen Situationen sprach die französische Handpuppe jedes Mal ein paar einfache und kurze Sätze, die dann von der luxemburgischen übersetzt wurden Bsp. „Moi aussi, j’ai faim.“. Nach der Übersetzung reagierten die Kinder dann auch auf den Wunsch der französischen Puppe. Die luxemburgische Handpuppe half stets die neue Handpuppe zu integrieren und übersetzte gelegentlich. Später dann wurden sie punktuell (nicht mehr als 5 Minuten) in Aktivitäten eingesetzt. So halfen sie eine Geschichte vorzulesen, schauten zu wenn der Kuchen im Ofen aufgeht oder beteiligte sich an einer Massage. Es blieb dann auch nicht dabei, dass die Handpuppen nur durch die Ideen der Erzieher Verwendung fanden. Nach und nach fragten die Kinder nach den Handpuppen, bspw. „Muss sech de Kroko net och seng Zänn wäschen?“, „D’Julie wëll och eng Massage. Ech masséieren hatt mam Ball.“. Immer mehr nun fragten sie auch nach der französischen Handpuppe. Sie antworteten ihr nicht auf Französisch, reagierten aber auf sie durch nicken und lachen (außer ein Kind dessen Familiensprache es war und wesentlich mehr als üblich sprach wenn die französische Puppe zu gegen war). Da die Handpuppen vor allem in wiederkehrenden Situationen eingesetzt wurden, wiederholten wir die gleichen Wörter und Sätze täglich auf Französisch.

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Nach einigen Wochen hatten die Kinder vereinzelt Worte aufgegriffen. So verstanden sie zum Beispiel wenn die französische Handpuppe Wasser haben wollte oder einen Kuss („eau et bisou“). Folgende Entwicklungen beobachteten wir bei den Kindern (Alter 2 bis 4 Jahre) in den ersten zwei Wochen: Die Kinder sprachen nur mit der ihnen bekannten, luxemburgischen Handpuppe. Fragten nach der luxemburgischen Puppe für den Sitzkreis, vergaßen jedoch die

französische. Folgende Entwicklungen beobachteten wir bei den Kindern (Alter 2 bis 4 Jahre) in den ersten 3 Monaten: Manche Kinder beobachteten die Handpuppe und reagierten in Situationen die

sich jeden Tag wiederholten Bsp. der Handpuppe winken oder die Hand geben wenn sie kommt oder geht.

Wiederholten Wörter die sie behalten hatten Bsp. „bisou“ wenn sie einen Kuss von der Handpuppe haben wollten.

Sangen die Lieder mit Lauten mit. Französisch sprechende Kinder sprachen in ihrer Muttersprache und auch mehr

als gewöhnlich. Entwicklungen nach 6 Monaten: 14 von 17 Kindern im Alter von 3 – 3,5 Jahren konnten auf luxemburgisch und

französisch von 1 bis 10 zählen (nach dem Sitzkreis haben wir jeden Monat ein festes Thema, was im letzten Monat die Zahlen waren. Außerdem zählen wir die Treppen wenn wir sie gehen.).

Sie konnten französische Lieder mitsingen, wobei sie nicht alle Wörter kannten, mehrere einige deutlich aussprachen, andere durch Laute imitierten.

Hatten sich verschiedene französische Wörter angeeignet Bsp. Bonjour, au revoir, bisou, oui, non, faim, maison, eau, ça va, ….

Antworteten der französisch sprechenden Handpuppe auf luxemburgisch (verstanden verschiedene Inhalte von dem was sie sagte).

Einige antworten auf Französisch. Bsp. „Est-ce que je peux m’asseoir à côté de toi ? », « Oui, Oui. »

Allgemein war die „Scheu“ vor einer fremden Sprache verpufft und die Entdeckungsfreude und Lust am Ausprobieren war geweckt.

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9. Dokumentation : -Postkarten: Die Postkarten wurden aufgehängt, so dass die Eltern das Geschehen mitverfolgen konnten. Viele Eltern fragten abends die Kinder nach der Postkarte und die Kinder zeigten sie ihnen und erzählten was es Neues gab. -Sprechende Wände: Im Gruppenraum wurden Fotos von Aktivitäten mit den Handpuppen mit Sprechblasen aufgehängt, in denen die Aussagen der Kinder festgehalten wurden. Auch werden Plakate mit Fotos und Betitelungen angefertigt. Die Eltern hatten somit die Möglichkeit jeden Abend zu sehen wie sich das betreffende Projekt weiter entwickelte und besondere Momente und Aussagen wurden über ein Jahr hinweg auf unserer großen Wand im Gruppenraum festgehalten. Nach und nach verflog so auch die anfängliche Skepsis der Eltern. -Aktivitäten: Damit die anfänglichen Ereignisse nicht vergessen wurden, und auch neue Eltern zurückblicken konnten, haben wir ein Album in jeder Gruppe wo die verschiedenen Ereignisse betreffend der Arbeit mit der Handpuppe festgehalten werden. Zusätzlich führt das Personal Tagebuch über alle Entwicklungen der Kinder betreffend der Sprache. -Reflektionsbogen: In Beobachtungsbögen halten wir verschiedene Beobachtungen fest und reflektieren sie in der Gruppe oder im Team. -Portfolio: Die Sprachentwicklung wurde in unseren Portfolios bei jedem Kind ausgebaut. Viele Seiten werden mit den Eltern „erarbeitet“, da uns die familiäre Sprachsituation sehr wichtig ist.

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10. Schlusswort : Wir hatten, haben und werden uns keine Ziele setzen im Sinne von „das Kind sollte 20 französische Wörter sprechen können, wenn es von der Kindertagesstätte zum Précoce wechselt“, sondern ließen uns von den Resultaten überraschen – und das waren wir, überrascht. Wir hätten nicht gedacht derartige Resultate zu erzielen, da wir die französische Sprache nicht unterrichten, sondern „nur“ spielerisch miteinbrachten, jedoch belehrten die Kinder uns eines Besseren. Wir wollten den Kindern die Scheu nehmen zu sprechen und auch auf fremde Sprachen zu reagieren und genau dies können wir beobachten: Man traut sich und spielt mit den Sprachen. Jeder der mit Kindern arbeitet, hat bereits beobachtet wie sie, obwohl sie verschiedene Sprachen sprechen und nicht immer eine gemeinsame haben, Wege finden sich zu verständigen. Sie wollen kommunizieren und sich mitteilen und finden selbst Wege dies zu tun. Dies geschieht auch bei den Handpuppen. Sie freuen sich wenn die Handpuppen aus ihrem Haus genommen werden und wollen mit ihnen Kontakt aufnehmen. Die Handpuppen haben diese Tageseinrichtung für sich gewonnen und Klein, wie auch Groß, haben Freude an ihnen. Was bedeutet Mehrsprachigkeit für uns: Mehrsprachigkeit in der Crèche: Das eigene Sehen und Fühlen, die eigenen Erfahrungen mit Worten die einem eigen und vertraut sind, benennen dürfen, so wie auch die Möglichkeit zu haben anderen Sprachen zu begegnen und Freude am Experimentieren mit neuen Worten erfahren zu dürfen.

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11. Quellenangabe :

Buch: Möller, Olaf: „Große Handpuppen ins Spiel bringen“,

7 Auflage, Ökotopia Verlag, Münster, 2015 Quellen im Internet: https://www.youngstarswiki.org/wiki/handpuppen.html http://www.handpuppenspiel.de/ http://cms.eigenstaendig.net/wp-content/uploads/2012/07/Verwendung-der-Handpuppe1.pdf