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TRUPPENDIENST 6/2008 547 Einsatz Die Ausgangslage und die Vorbereitung Österreich übernahm erstmals im Rahmen eines NATO-Einsatzes die Führung eines brigadestarken Verban- des. Brigadier Mag. Robert Prader wurde am 29. Mai 2008 mit dem Kom- mando über die Multinational Task Force South (MNTF S) im Kosovo betraut. Mit dieser bedeutenden Funk- tion und der damit verbundenen Ver- antwortung stellte sich die Frage nach dem Personenschutz für den Komman- danten, denn gemäß internationaler Norm wird der Kommandant einer Brigade als „schutzwürdiges Gut“ an- gesehen. Der Auftrag zur Ausarbeitung und Vorbereitung eines entsprechenden Personenschutzes erging an das neu formierte Kommando Militärstreife/ Militärpolizei in Wien. Die Agenden des militärischen Personenschutzes sind somit nach zwölf Jahren im Juni 2008 vom Jagdkommando an die Mit der Übernahme des Kommandos über die Multinational Task Force South im Kosovo war auch ein entsprechender Personenschutz für den Kommandanten aufzubauen. Das Close Protection Team (CPT) stellt diesen rund um die Uhr sicher. Autoren: Oberleutnant Joachim Meier, Jahrgang 1966, rückte am 1. Oktober 1986 zum damaligen Ausbildungszentrum Jagdkampf ein. 1991 Absolvierung des Jagdkommandokurses, danach Aus- bildung zum Unteroffizier (letzter Dienstgrad: Offiziersstellvertreter). Wechsel in die A2-Lauf- bahn und seit 2003 als ziviler Beamter beim Jagdkommando in verschiedenen Funktionen tätig. Personenschutzausbildung 1996 und seit dieser Zeit Angehöriger der Lehrgruppe Personenschutz beim Jagdkommando. Auslandseinsatz: Mai 2008 bis September 2008 als Kommandant Close Protection Team. Major Mag. (FH) Michael Barthou, Einjährig Freiwilliger Oktober 1994 bei der Ausbildungs- kompanie/Militärkommando Oberösterreich, Militärakademie von 1999 bis 2002, ausgemustert als Panzeroffizier zur 3. Kompanie/Panzerbataillon 10 als Zugskommandant und stellvertreten- der Kompaniekommandant; September 2003 Versetzung zum Panzerbataillon 14 als stellvertre- tender Kompaniekommandant, dann S1&S5; 2007 Versetzung zur 4. Panzergrenadierbrigade als S5 - nach Umgliederung OffzÖA&Komm. Kurse: Informationsoffizier, Internationaler Militär- beobachterkurs, Internationaler PIO-Kurs, Presse-Stabsoffizierskurs an der Akademie für Infor- mation und Kommunikation. Auslandseinsätze: Dezember 2004 bis Juli 2005 LOT EUFOR/Bos- nien, aktuell: Mai 2008 bis November 2008 KFOR als Chief Public Affairs Office/MNTF S. Militärpolizei übergegangen. Aufgrund der noch nicht endgültig aufgefüllten Strukturen wurde das Jagdkommando damit beauftragt, die Fehlstellen im Personenschutzelement für die erste Rotation zu besetzen. So wurden der Foto: Combat Camera Team/MNTF S, Montage: Rizzardi

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TRUPPENDIENST 6/2008 547

Einsatz

Die Ausgangslage und dieVorbereitung

Österreich übernahm erstmals imRahmen eines NATO-Einsatzes dieFührung eines brigadestarken Verban-des. Brigadier Mag. Robert Praderwurde am 29. Mai 2008 mit dem Kom-mando über die Multinational TaskForce South (MNTF S) im Kosovobetraut. Mit dieser bedeutenden Funk-tion und der damit verbundenen Ver-antwortung stellte sich die Frage nachdem Personenschutz für den Komman-danten, denn gemäß internationalerNorm wird der Kommandant einerBrigade als „schutzwürdiges Gut“ an-gesehen.

Der Auftrag zur Ausarbeitung undVorbereitung eines entsprechenden

Personenschutzes erging an das neuformierte Kommando Militärstreife/Militärpolizei in Wien. Die Agendendes militärischen Personenschutzessind somit nach zwölf Jahren im Juni2008 vom Jagdkommando an die

Mit der Übernahme des Kommandos über die Multinational Task Force South im Kosovo war auch einentsprechender Personenschutz für den Kommandanten aufzubauen. Das Close Protection Team (CPT) stelltdiesen rund um die Uhr sicher.

Autoren: Oberleutnant Joachim Meier, Jahrgang 1966, rückte am 1. Oktober 1986 zum damaligenAusbildungszentrum Jagdkampf ein. 1991 Absolvierung des Jagdkommandokurses, danach Aus-bildung zum Unteroffizier (letzter Dienstgrad: Offiziersstellvertreter). Wechsel in die A2-Lauf-bahn und seit 2003 als ziviler Beamter beim Jagdkommando in verschiedenen Funktionen tätig.Personenschutzausbildung 1996 und seit dieser Zeit Angehöriger der Lehrgruppe Personenschutzbeim Jagdkommando. Auslandseinsatz: Mai 2008 bis September 2008 als Kommandant CloseProtection Team.Major Mag. (FH) Michael Barthou, Einjährig Freiwilliger Oktober 1994 bei der Ausbildungs-kompanie/Militärkommando Oberösterreich, Militärakademie von 1999 bis 2002, ausgemustertals Panzeroffizier zur 3. Kompanie/Panzerbataillon 10 als Zugskommandant und stellvertreten-der Kompaniekommandant; September 2003 Versetzung zum Panzerbataillon 14 als stellvertre-tender Kompaniekommandant, dann S1&S5; 2007 Versetzung zur 4. Panzergrenadierbrigade alsS5 - nach Umgliederung OffzÖA&Komm. Kurse: Informationsoffizier, Internationaler Militär-beobachterkurs, Internationaler PIO-Kurs, Presse-Stabsoffizierskurs an der Akademie für Infor-mation und Kommunikation. Auslandseinsätze: Dezember 2004 bis Juli 2005 LOT EUFOR/Bos-nien, aktuell: Mai 2008 bis November 2008 KFOR als Chief Public Affairs Office/MNTF S.

Militärpolizei übergegangen. Aufgrundder noch nicht endgültig aufgefülltenStrukturen wurde das Jagdkommandodamit beauftragt, die Fehlstellen imPersonenschutzelement für die ersteRotation zu besetzen. So wurden der

Foto: Combat Camera Team/MNTF S, Montage: Rizzardi

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Einsatz

Kommandant/Einsatzleiter des Per-sonenschutzelementes und zwei Perso-nenschützer durch das Jagdkommandogestellt, die restlichen sechs Personendurch das Kommando Militärstreife/Militärpolizei.

Personenschutzim In- und Ausland

Die Durchführung des Personen-schutzes für eine ständige Schutzpersonim Ausland unterscheidet sich im We-sentlichen kaum von der Arbeit im übli-chen Umfeld in Österreich, wo grund-sätzlich Schutzpersonen nur temporär alsGäste des Bundesministeriums für Lan-desverteidigung zu beschützen sind.

Der Einsatz beginnt mit der Erkun-dung der Örtlichkeiten, Ausarbeitungder Fahrtstrecken und Absprachen mitjenen Stellen, die von dem bevorste-henden Einsatz berührt werden.

Die protokollarische Leitung desBesuchsprogrammes liegt in der Ver-antwortung der Attachéabteilung imBundesministerium für Landesver-teidigung, im Referat „MilitärischesProtokoll“. Diese Aufgabe übernimmtim konkreten Fall im Kosovo der mi-litärische Assistent des Kommandantender Multinational Task Force South.Eine genaue Terminplanung der Ab-fahrts- und Ankunftszeiten wird mitdem Close Protection Team koordi-niert, da jeweils die Fahrt- bzw. Flug-

zeiten in die Termine eingerechnetwerden müssen. Je nach Gefährdungs-stufe der Schutzperson variieren Stär-ke und Ausrüstung der CPT.

Der Besuch beginnt bereits mit derAbholung der Schutzperson am Flug-hafen oder an Grenzübergängen mitbundesheereigenen Fahrzeugen; dieswird in Österreich mit einer Lotsungdurch die Militärstreife durchgeführt.

Im Ausland beginnt jeder Einsatzebenfalls mit der Abholung der Schutz-person, allerdings werden die Fahrtenhier ohne Lotsung durchgeführt. DieVerwendung der Exekutivausstattung(Blaulicht, Folgetonhorn) wird im An-lassfall befohlen oder bei Gefahr imVerzug durch den Kommandanten desCPT vor Ort veranlasst.

Der Kommandant der MNTF Snimmt seine Termine in den meistenFällen mit Hilfe eines Hubschrauberswahr, wobei ein bis zwei Personen-schützer (Close Protectors) in der Ma-schine mit dabei sind. Der Rest desTeams verlegt mit Kraftfahrzeugen anden Ort des Termins, um möglichsteine zweite Option (Back-Up) mit denFahrzeugen bei Schlechtwetterein-bruch oder technischem Gebrechen desHubschraubers sicherzustellen. Hiergibt es keine Unterschiede zu einemEinsatz in Österreich.

Bei mehrtägigen Terminen/Veran-staltungen im Inland verbringen ein biszwei Close Protectors die Nacht imselben Hotel wie die Schutzperson inangrenzenden Zimmern. Hiervon un-terscheidet sich der Einsatz im Aus-land, da das CPT vom KommandantenMNTF S räumlich getrennt ist. Diesstellt im HQ MNTF S allerdings keinProblem dar, da das Fieldcamp Prizrenals „Sicherer Hafen“ beurteilt wurdeund der Kommandant sich darin völligfrei und unbewacht bewegen kann.

An Banketten oder Abendveranstal-tungen (Oper, Theater, etc.) nehmen im-mer ein bis zwei Close Protectors in un-mittelbarer Nähe der Schutzperson teil.

Der wesentliche Unterschied zumKosovo ist jedoch, dass in Österreichdie Einsätze nur in ziviler Kleidungdurchgeführt werden, wogegen dasCPT im Einsatzraum grundsätzlich inUniform unterwegs ist.

Das Personenschutzelement derMNTF S ist rund um die Uhr für den

Ein Personenschützer beim Beobachten der Schutzperson.

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Einsatz

Kommandanten beziehungsweise fürden militärischen Assistenten abruf-bereit, um jederzeit kurzfristig Aus-fahrten und Termine wahrnehmen zukönnen. Dies ist jedoch eher die Aus-nahme, da die Arbeit grundsätzlichnach einem strukturierten Terminplanabläuft. Dennoch ist, zumindest zuBeginn, die ständige Nähe zwischenSchutzperson und Personenschützernfür beide Seiten ungewohnt, und be-darf einer gewissen Eingewöhnungs-phase. Diese dauert je nach Team undKommandant einige Wochen.

Die tägliche Routine derClose Protectors im Kosovo

Der normale Tagesablauf des Per-sonenschutzelementes beginnt morgensmit einer kurzen Besprechung zu denVorhaben des Tages, der Personalein-teilung für die Ausfahrten und die stän-dige Wartung, Optimierung und In-standhaltung der Kraftfahrzeuge undder persönlichen Ausrüstung.

An den Tagen, an denen keine Aus-fahrt angesagt ist, werden größere Ar-beiten wie Technischer Dienst oderScharfschießen eingeplant und durch-geführt. Auch das persönliche Trainingdes Teams erfolgt an solchen Tagen.Dazu kommen Erkundungsfahrten undRoutenplanungen für künftige Unter-nehmungen.

Die AusrüstungZur ständigen Ausrüstung des CPT

im Ausland gehören die Pistole P 80sowie das Sturmgewehr 77 und/oderdie Pistole P 90. Im Anlassfall werdenPersonenschützer auch mit Mehr-

Der erste Kommandant des CPT im Ausland zu seinem Einsatz:

„Für mich war und ist die Teilnahme an diesem Einsatz insofern eine Her-ausforderung, da noch nie eine ständig zugewiesene Schutzperson über die-sen langen Zeitraum zu beschützen war. Dazu noch eingebettet in den inter-nationalen Verbund bei KFOR versprach der Einsatz sehr interessant zu wer-den. In weiten Teilen hat sich dieser erste Eindruck auch bestätigt.

Das Personal, welches aus Personen aus dem Jagdkommando und der Militär-polizei zusammengestellt wurde, arbeitet sehr engagiert und professionell zu-sammen. Probleme traten bis zum heutigen Tag im Team noch keine auf.Man kann nur mit Stolz auf die bisher gezeigten Leistungen blicken, die dasCPT rund um Brigadier Mag. Robert Prader geleistet hat. Österreich brauchtden Vergleich mit anderen Nationen nicht zu scheuen.“

Oberleutnant Joachim Meier

zweckflinte, Scharfschützengewehroder Ähnlichem ausgestattet. Verbin-dung hält das CPT untereinander mitden Teamfunkgeräten, die wahlweisemit einem so genannten „Bodyguard-satz“ oder mit einer Induktions-Sprech-garnitur ausgestattet sind.

weiterer Folge die Lehrgruppe Perso-nenschutz beim Jagdkommando gebil-det wurde.

Für die folgenden zwölf Jahre wur-den durch diese Lehrgruppe unter an-fangs hohem persönlichen Einsatz dieGrundlagen geschaffen, den militäri-

Ansonsten unterscheidet sich diepersönliche Ausrüstung nicht von jenerder anderen Soldaten.

Die Anfänge des militäri-schen Personenschutzes

Der Beginn des Personenschutzesbeim Jagdkommando geht auf das Jahr1996 unter der Führung des derzeitigenMilitärkommandanten von Tirol, Gene-ralmajor Mag. Herbert Bauer, zurück.Die Erarbeitung der Grundlagen unddie erste Ausbildung fanden unter derLeitung deutscher Feldjäger noch imselben Jahr statt. Der Lehrgang bestandaus zwölf Teilnehmern, aus denen in

schen Personenschutz internationalkonkurrenzfähig zu machen. Jährlichwurden ein bis zwei Personenschutz-Kurse mit großer internationaler Betei-ligung abgehalten. Diese wurden auchvon Angehörigen des Innenministeri-ums besucht und mit hoher Anerken-nung bedacht.

Die Lehrgruppe Personenschutzstellte aber nicht nur das Lehrpersonal,sondern auch das Gros des Einsatz-personals mit dem Auftrag, die Besu-che des Verteidigungsministeriumsabzudecken. In den Jahren 1998 bis2003 wurden jährlich um die 35 bis 40Einsätze geleistet, wobei als Schutz-personen neben ausländischen Vertei-digungsministern und Generalstabs-chefs auch internationale Größen wieDr. Javier Solana, der NATO-Oberbe-fehlshaber in Europa (SACEUR),NATO-Waffengattungschefs EUROPAund einige mehr von den Personen-schützern des Jagdkommandos „be-treut“ wurden.

Auch Großveranstaltungen fielen inden Verantwortungsbereich des Perso-nenschutzes, wie z. B. Tagungen im Rah-men des österreichischen EU-Vorsitzes,ein NATO-Workshop in Wien und dieISFAT, eine internationale Konferenz zurTerrorismusbekämpfung in Wien.

Auf intensivesSchießtrainingwird besondererWert gelegt.

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