Elektrische Antriebe_06

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G. Schenke, 7.2008 Elektrische Antriebe FB Technik, Abt. E+I 74 6. Elektrische Kleinantriebe Gleichstrom-, Asynchron- und permanenterregte Synchronmaschinen können grundsätzlich für kleine Leistungen bis zu wenigen Watt gebaut werden. Die Anforderungen an diese Maschinen ergeben sich aus den Kennlinien und Betriebsbedingungen der angetriebenen kleinen Arbeits- maschinen. Hierzu zählen: Elektrowerkzeuge (Bohr-, Fräs- und Schleifmaschinen), Haushaltgeräte (Staubsauger, Waschmaschinen, Trockner, Rührwerke, Schlagmühlen und Fön). Hauptsächlich drei verschiedene Motorarten kommen auf diesem Gebiet zum Einsatz, deren Leistungen zwischen 50 W und 1,5 kW liegen. Am weitesten verbreitet sind Motoren mit Kollektoren (Universalmotoren, Gleichstrom- reihenschlussmaschinen) und kollektorlose Motoren (Induktionsmotoren, Asynchron- maschinen). Sie können direkt an das Wechselstromnetz angeschlossen werden und stellen kostengünstige Lösungen dar. Mit einfachen elektronischen Steuerungen können energie- sparende, komfortable, geräuscharme und flexible Geräte realisiert werden. Die Gruppe der elektronisch kommutierten, kollektorlosen Motoren umfasst Permanent- magnet-Synchronmotoren und geschaltete Reluktanzmotoren. Sie verbinden das hohe Drehmoment und die variable Drehzahl des Universalmotors mit den Vorteilen des Induk- tionsmotors. Spezielle Forderungen ergeben sich beim Einsatz in der MSR-Technik (Stellantriebe, Lagegeber), Büro- und Rechentechnik (Laufwerke in Rechnern, Drucker und Plotter) und beim Einsatz in verschieden Werkzeugmaschinen (Vorschubantriebe) und Industrierobotern. Bei diesen Einsatzbeispielen treten die elektrischen Kleinantriebe als typische Bauglieder zur Informationsnutzung in Erscheinung. Sie werden dabei über elektronische Stellglieder gespeist. Mit elektronischen Stellgliedern, für die in diesem Leistungsbereich vor allem FET-Module zum Einsatz kommen, lassen sich nahezu alle Forderungen an die Steuerung und Regelung der Antriebe erfüllen. Servomotoren In der Vergangenheit wurden Gleichstrom-Kleinantriebe für Stellvorgänge vorzugsweise eingesetzt. Heute werden Sie von permanenterregten synchronen Kleinantrieben verdrängt. Schrittantriebe Dort, wo keine Regelung notwendig ist, vorzugsweise in der Büro und Rechentechnik, finden Schrittantriebe mit Permanentmagnetläufer in Wechselpolbauweise, mit Reluk- tanzläufer oder mit Permanentmagnetläufer in Gleichpolbauweise (Hybridmotor) An- wendung. Synchrone Wechselstrom-Kleinmaschinen arbeiten mit einem Drehfeld, wobei der Ständer, wie bei asynchronen Wechselstrommaschinen, entweder eine zweisträngige Wicklung mit Kondensatorbeschaltung oder eine kurzgeschlossene Spaltpolwicklung erhält. Bei Spaltpol- maschinen unterteilt ein Schlitz den gesamten Polbogen in einen Hauptpol und einen Spaltpol, der einen kräftigen Kurzschlussring erhält. Merkmale der Spaltpolmaschinen sind der einfache Aufbau, das elliptische Drehfeld, der niedrige Wirkungsgrad (10 % bis 40 %) und die geringe Leistung bis 150 W. Als Läufer gelangen permanentmagnetische Polsysteme, unsymmetrische Magnetsysteme (Reluktanzmaschinen) und solche mit hartmagnetischen Werkstoffen (Hysterese- maschinen) zum Einsatz. Besondere Probleme ergeben sich bei der Erzeugung des

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6. Elektrische Kleinantriebe Gleichstrom-, Asynchron- und permanenterregte Synchronmaschinen können grundsätzlich für kleine Leistungen bis zu wenigen Watt gebaut werden. Die Anforderungen an diese Maschinen ergeben sich aus den Kennlinien und Betriebsbedingungen der angetriebenen kleinen Arbeits-maschinen. Hierzu zählen: • Elektrowerkzeuge (Bohr-, Fräs- und Schleifmaschinen), • Haushaltgeräte (Staubsauger, Waschmaschinen, Trockner, Rührwerke, Schlagmühlen und

Fön). Hauptsächlich drei verschiedene Motorarten kommen auf diesem Gebiet zum Einsatz, deren Leistungen zwischen 50 W und 1,5 kW liegen. • Am weitesten verbreitet sind Motoren mit Kollektoren (Universalmotoren, Gleichstrom-

reihenschlussmaschinen) und kollektorlose Motoren (Induktionsmotoren, Asynchron-maschinen). Sie können direkt an das Wechselstromnetz angeschlossen werden und stellen kostengünstige Lösungen dar. Mit einfachen elektronischen Steuerungen können energie-sparende, komfortable, geräuscharme und flexible Geräte realisiert werden.

• Die Gruppe der elektronisch kommutierten, kollektorlosen Motoren umfasst Permanent-magnet-Synchronmotoren und geschaltete Reluktanzmotoren. Sie verbinden das hohe Drehmoment und die variable Drehzahl des Universalmotors mit den Vorteilen des Induk-tionsmotors.

Spezielle Forderungen ergeben sich beim Einsatz in der • MSR-Technik (Stellantriebe, Lagegeber), • Büro- und Rechentechnik (Laufwerke in Rechnern, Drucker und Plotter) und beim Einsatz in verschieden • Werkzeugmaschinen (Vorschubantriebe) und Industrierobotern. Bei diesen Einsatzbeispielen treten die elektrischen Kleinantriebe als typische Bauglieder zur Informationsnutzung in Erscheinung. Sie werden dabei über elektronische Stellglieder gespeist. Mit elektronischen Stellgliedern, für die in diesem Leistungsbereich vor allem FET-Module zum Einsatz kommen, lassen sich nahezu alle Forderungen an die Steuerung und Regelung der Antriebe erfüllen. • Servomotoren In der Vergangenheit wurden Gleichstrom-Kleinantriebe für Stellvorgänge vorzugsweise

eingesetzt. Heute werden Sie von permanenterregten synchronen Kleinantrieben verdrängt. • Schrittantriebe Dort, wo keine Regelung notwendig ist, vorzugsweise in der Büro und Rechentechnik,

finden Schrittantriebe mit Permanentmagnetläufer in Wechselpolbauweise, mit Reluk-tanzläufer oder mit Permanentmagnetläufer in Gleichpolbauweise (Hybridmotor) An-wendung.

Synchrone Wechselstrom-Kleinmaschinen arbeiten mit einem Drehfeld, wobei der Ständer, wie bei asynchronen Wechselstrommaschinen, entweder eine zweisträngige Wicklung mit Kondensatorbeschaltung oder eine kurzgeschlossene Spaltpolwicklung erhält. Bei Spaltpol-maschinen unterteilt ein Schlitz den gesamten Polbogen in einen Hauptpol und einen Spaltpol, der einen kräftigen Kurzschlussring erhält. Merkmale der Spaltpolmaschinen sind der einfache Aufbau, das elliptische Drehfeld, der niedrige Wirkungsgrad (10 % bis 40 %) und die geringe Leistung bis 150 W. Als Läufer gelangen permanentmagnetische Polsysteme, unsymmetrische Magnetsysteme (Reluktanzmaschinen) und solche mit hartmagnetischen Werkstoffen (Hysterese-maschinen) zum Einsatz. Besondere Probleme ergeben sich bei der Erzeugung des

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Anlaufdrehmoments bei permanenterregten Maschinen. Hier wird häufig der Läufer zusätzlich mit einem Kurzschlusskäfig versehen, damit ein asynchrones Drehmoment gebildet werden kann. Zur Gewährleistung eines sicheren Anlaufs ist die Kenntnis des Intrittfalldrehmoments MT der jeweiligen Maschine notwendig. Dieses Moment ist abhängig vom Gesamtträgheitsmoment des Antriebssystems Jges (MT = f{Jges/JM}). Synchronismus kann nur erreicht werden, wenn gilt:

MT0 = Intrittfalldrehmoment, wenn Jges = JM (Maschinenträgheitsmoment); FImax = max. Trägheitsfaktor. 6.1 Universalmotoren Der Universalmotor wird dort eingesetzt, wo ein hohes Drehmoment und variable Drehzahl benötigt werden. Dieser Motortyp, der mit Gleich- oder Wechselstrom versorgt werden kann, hat in Hausgeräten die größte Verbreitung. Nachteilig sind der mäßige Wirkungsgrad und die begrenzte Lebensdauer. Der direkte Betrieb am 230-V-Wechselspannungsnetz ist möglich.

Phasenanschnittsteuerung Eine Drehzahlverstellung lässt sich bei Universalmotoren auf wirtschaftliche Weise durch eine Phasenanschnitt-Steuerung mit einem Triac erreichen. Die hohen Spitzenwerte des Stromes führen zu erheblichen Eisenverlusten. Ist der Triac nicht während der gesamten Vollschwingung leitend, enthält der aus dem Netz entnommene Strom niederfrequente Oberschwingungen, deren Amplituden die nach IEC-Norm zulässigen Werte übersteigen können.

Universalmotor mit Kollektoren im Wechsel-strombetrieb bei Triac-

Phasenanschnittsteuerung

Vorteile der Phasenanschnittsteuerung: • direkter Netzanschluss, • kostengünstige Lösung, • variable Drehzahl. Nachteile der Phasenanschnittsteuerung: • starker Stromripple, • Kollektoren verursachen Störungen (Funkenbildung), • kurze Lebensdauer (3000 h).

Chopperansteuerung Der Universalmotor lässt sich selbstverständlich mit einer gleichgerichteten Spannung versorgen, die von einem MOS-FET mit hoher Frequenz getaktet wird. Das Variieren der Drehzahl erfolgt durch Verändern der am Motor liegenden Spannung über das Tastverhältnis des Gleichstrom-Tiefsetzstellers. Da die Spannung gleichgerichtet ist, ergibt sich eine geringere Stromwelligkeit mit der Folge kleinerer Eisenverluste. Der Netzstrom ist nahezu sinusförmig, so dass die Oberschwingungen

WmaxM

ges

max

0TT M FI -

JJ

FI - 1

M = M ≥

⋅ (6.1)

M

Umot

Imot

UNetz t

Umot

UNetz

Imot

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gering sind. Der Netzfilter unterdrückt effizient die Chopperfrequenz (5 bis 20 kHz), so dass die Oberschwingungsnorm IEC-1000-2-3 erfüllt werden kann. Das pulsweitenmodulierte Signal wird vom Mikrocontroller erzeugt und über das MOS-Treiber-IC an den Chopper-Transistor (MOS-FET) gegeben. Der MOS-Treiber schützt vor Kurzschluss- und Überströmen. Der Mikrocontroller überwacht die Netzspannung und verwaltet die Schnitt-stelle zum Benutzer.

Universalmotor mit Chopperansteuerung

Vorteile der Chopperansteuerung: • geringer Stromripple, • weniger hörbares Geräusch, • höherer Wirkungsgrad. Nachteile der Chopperansteuerung: • Schaltfrequenz 20 kHz, • HF-Filterung erforderlich. Gegenüber der Phasenanschnittsteuerung steigt durch die Chopperansteuerung der Wirkungsgrad erheblich, der Motor kann kleiner dimensioniert werden, die Lebensdauer der Kollektoren nimmt zu, und der Netzstrom und die Oberschwingungen sinken. 6.2 Induktionsmotoren Induktionsmotoren (Asynchronmaschinen) werden als Antriebe für Pumpen, Kompressoren, Kühlgeräte und Lüfter eingesetzt, bei denen es auf Laufruhe und lange Lebensdauer ankommt. Die Drehzahl dieser, mit Wechselspannung betriebenen Motoren, lässt sich nicht ohne größeren Aufwand variieren, weil sie durch die Netzfrequenz von 50 Hz bestimmt wird.

Das Ein- und Ausschalten der Induktionsmotoren am Einphasennetz erfolgt mit einem Triac. Werden beide Drehrichtungen gefordert, so ist ein zweiter Triac vorhanden. Der Triac oder die beiden Triacs werden von einem Mikrocontroller angesteuert, der auch das Drehmoment überwacht, Über- und Unter-spannungen ausregelt und Hochlauframpen einhält (Wechselstromstellerbetrieb).

Induktionsmotor mit Triac-Steuerung für beide Drehrichtungen

Imot

Umot

UNetz

t

Umot

M

U Netz

Power MOS

I mot

UNetz

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Induktionsmotoren mit variabler Drehzahl Um einen Einphasen-Induktionsmotor mit veränderlicher Drehzahl zu betreiben, muss er mit einer Spannung angesteuert werden, deren Frequenz variabel ist. Auf wirtschaftliche Weise lässt sich dies mit einem Umrichter aus vier Schaltern realisieren, der zwei achtstufige, um 90° phasen-verschobene Rechteckwellen erzeugt. Die Amplitude der Spannung wird über das pulsbreiten-modulierte Signal des Mikrocontrollers an die Frequenz und damit an die Drehzahl angepasst. Das Drehmoment ist im ganzen Frequenzbereich hoch.

Drehzahlverstellbarer Einphasen-Induktionsmotor mit Umrichter-Steuerung

Die Ansteuerung der auf Masse bezogenen unteren IGBT's erfolgt mit einem doppelten Low-Side-Treiber-IC. Zwei High-Side-Treiber übertragen das Ansteuersignal an die auf gleitendem Potential arbeitenden High-Side-IGBT's. Die Treiber-IC's steuert direkt ein Mikrocontroller an. 6.3 Elektronikmotoren Bei Elektronikmotoren werden die Nachteile der mechanischen Kommutierung der Ankerströme, wie sie bei Gleichstrommaschinen auftreten, durch den Einsatz einer elektronischen Kommutierung vermieden. Zweckmäßigerweise werden die Ankerwicklungen im Ständer der Maschine angeordnet, so dass bei Verwendung eines dauermagnetisch erregten Läufers (Polrad besteht aus Ferriten, Al-Ni-Co- bzw. Sm-Co-Magneten) oder eines Reluktanzläufers kein Schleifkontakt auftritt. Zur zyklischen Selbstweiterschaltung der Ankerströme ist eine Erfassung der Pollage erforderlich. Synchronmotor mit Permanentmagnet Geschalteter Reluktanzmotor Der Elektronikmotor, bestehend aus Synchronmotor mit Permanentmagnet und elektronischer Kommutierung, wird auch als kollektorloser (bürstenloser) Gleichstrommotor bezeichnet. Diese ausgereifte Technologie ist besonders laufruhig. Mit geschalteten Reluktanzmotoren (Switched Reluctance Motor, SRM) können Drehzahlen bis n = 50000 min-1 erzielt werden.

UNetz

Umot

Umot

SS

SS

N

NN

N

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Bei der Permanentmagneterregung ist kein der Ständerspannung voreilender Strom möglich. Als Stellglieder kommen nur selbstgelöschte Wechselrichter mit Gleichspannungszwischenkreis in Betracht. Die geringe Anzahl der Wicklungsstränge beim Elektronikmotor (vorwiegend drei), im Vergleich zur großen Anzahl von Kommutatorlamellen bei Gleichstrommaschinen, erfordert oftmals besondere Maßnahmen bei der Magnetkreisgestaltung. Zur Erzielung eines guten Rund-laufs bei kleinen Drehzahlen ist die Magnetkreisgestaltung von besonderer Bedeutung. Das Betriebsverhalten und die Steuermöglichkeiten lassen sich anschaulich im polradorientierten Koordinatensystem beschreiben. Zur Realisierung der polradorientierten Steuerung sind folgende Voraussetzungen im stationären und dynamischen Betrieb zu erfüllen: • Erfassung der Polradlage, • Ermittlung des Ständerstromvektors mit Hilfe eines Stellgrößenrechners aus dem Sollwert

des Motordrehmoments und der Polradlage, • Einprägung des Ständerstromvektors in Form dreier zeitlich variabler Strangströme in den

Anker. Der dafür vorzusehende Aufwand für Motor, Stellglied, Ansteuerung und Regelung hängt vor allem vom konkreten Einsatzzweck ab. Bei Elektronikmotoren, die als Synchron-Servoantriebe für Werkzeugmaschinen und Industrieroboter eingesetzt werden, ist dieser Aufwand hoch. Vorteile von Synchron-Stellantrieben gegenüber Gleichstromstellantrieben: • höhere Zuverlässigkeit • Wartungsarmut • im Läufer der Maschine prinzipbedingt keine Verlustleistung • kleines Massenträgheitsmoment, dadurch günstiges dynamisches Betriebsverhalten • hohe Ansprüche an die Rundlaufeigenschaften im Bereich kleinster Drehzahlen sind

realisierbar Die dynamische Entkopplung von elektrischen und mechanischen Ausgleichsvorgängen wird durch Stellglieder mit hoher Dynamik und Strangstromregelungen erreicht. Hierfür sind Transistor-Pulswechselrichter und nichtlineare Stromregler (Zweipunktregler) geeignet. Bei lagegeregelten Stellantrieben in der MSR-Technik bietet sich die Möglichkeit, für die Zustands-größen Polradwinkel, Drehzahl und Lageposition einen gemeinsamen mechanischen Messwertgeber zu verwenden. Bei Kleinantrieben mit geringen Anforderungen an den Stellbereich wird meistens nur die hochgenaue Drehzahlstabilität dieser Antriebe genutzt. Hier kommen Synchronmotoren mit Permanentmagnetläufer oder geschaltete Reluktanzmotoren mit einfachen optischen Polla-gesensoren (Rotor-Positionsgeber) zum Einsatz.

Prinzipschaltung eines Synchron-Stellantriebes

SM

T3T1 T5Umot

T2 T4 T6

HSD

HSD

HSD T5

T3

LSD T4T6T4

T6

T2

PWMMC

T5

T3

T1

+

_

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Der selbstkommutierende Synchronmotor mit Permanentmagnetläufer wird durch die übliche Dreiphasen-Brücke (T1 - T6 mit antiparallelen Dioden) angesteuert, die die drei Motorphasen nacheinander mit Spannung beiderlei Polarität versorgt. Der Mikrocontroller MC erhält über die drei Rotor-Positionsgeber die Rotorposition (Polradlage) und steuert direkt die Transistoren an, um auf diese Weise die Phasenwicklungen sequentiell zu kommutieren. Die Transistoren T1, T3 und T5 werden über je einen High-Side-Treiber-IC (HSD) und die Transistoren T2, T4 und T6 über das Dreifach-Low-Side-Treiber-IC (LSD), das gleichzeitig die Spannungsregelung mittels PWM und Stromüberwachung übernimmt, angesteuert. Der geschaltete Reluktanzmotor (Switched Reluctance Motor, SRM) wird üblich über eine asymmetrische Halbbrückenstruktur für jede Wicklung angesteuert. Der hohe Aufwand für diese Schaltung entspricht der Prinzipschaltung eines Synchron-Stellantriebes; sie ist jedoch vielseitig und robust.

Kostengünstige Ansteuerung eines Dreiphasen-SRM mit nur einem Rotor-Positionsgeber

Eine kostengünstige Ansteuerung eines Dreiphasen-SRM mit nur einem Rotor-Positionsgeber und vier Transistoren (T1 - T4), z.B. für Haushaltsgeräte, zeigt die obige Schaltung. Nur der High-Side-Transistor T1, der die Spannung über das PWM-Signal entsprechend der Drehzahl variiert, und die zugehörige Diode werden mit hoher Frequenz geschaltet. Sie müssen für die nacheinander auftretenden Ströme der drei Phasen dimensioniert werden. Die kostengünstigste Lösung stellt der Einphasen-SRM mit zwei Transistoren und zwei Freilaufdioden dar. Dieser Antrieb ist ausschließlich für hohe Drehzahlen geeignet. 6.4 Schrittantriebe Schrittmotoren sind eine Sonderbauform der Synchronmaschine. Das Ständerdrehfeld dreht sich allerdings sprungartig um den Drehwinkel ϕ = n · α und nimmt den Permanentmagnet- oder Re-luktanzläufer mit. Zu einem Schrittmotorenantrieb gehört immer ein dem Motor zugeordnetes Ansteuergerät, in dem eine Programmeinheit die Steuerbefehle verarbeitet und der Leistungsstufe zuführt. Diese liefert aus einem Netzteil die erforderliche Impulsfolge zur Speisung der einzelnen Wicklungsstränge. Der Ständer hat entweder eine Mehrphasenwicklung, oder mehrere Ständerpakete sind zu einer sog. Mehrständerausführung zusammengesetzt. Die einzelnen Phasen bzw. Ständerspulen werden fortlaufend mit Stromimpulsen eingespeist. Es ergibt sich eine diskrete Lageänderung des magne-tischen Feldes. Schrittmotoren wandeln so elektrische Steuerbefehle in proportionale Winkel-schritte um. Die Welle dreht sich bei jedem Steuerimpuls mit einem Schritt um den Winkel α weiter. Bei schneller Folge der Impulse geht die Schrittbewegung in eine kontinuierliche Drehbe-wegung über. Der Schrittmotor kann beliebige Schrittfolgen in beiden Drehrichtungen ohne Schrittfehler ausführen. Die Position der Läuferstellung des Schrittmotors entspricht dem Erre-gungszustand der Spulen und damit der Polarität der Ständerpole. Wird diese Polarität durch Um-

Umot

+

-

T2 T3 T4

T1HSD

T1

T3T4

LSD

MC

PWM

T2T3T4

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kehrung der Erregerstromrichtung nach einem festgelegten Schaltrhythmus geändert, so stellt sich der Läufer schrittweise auf die jeweils neue Position ein.

1 Ansteuergerät 2 Programmeinheit 3 Leistungsstufe 4 Schrittmotor Schrittmotorenantrieb

Schrittmotoren werden als permanenterregte Motoren, als Reluktanzmotoren oder als Hybrid-motoren mit m = 2 bis m = 5 Wicklungssträngen ausgeführt. • Permanenterregte Motoren in Wechselpol-Bauweise besitzen einen zylindrischen Ferrit-

läufer, der entlang des Umfangs mehrpolig magnetisiert ist, wobei man mit p ≤ 12 und m = 2 Wicklungssträngen Schrittwinkel von α ≥ 7,5° erreicht. Dieser Motortyp ist preiswert und hat eine gute Dämpfung und durch den Dauermagneten auch im stromlosen Zustand ein Selbst-haltemoment.

• Reluktanzmotoren besitzen einen Läufer aus einem weichmagnetischen Zahnrad, das sich entsprechend den bestromten Ständerwicklungen in deren Magnetfeld einstellt. Durch die Nut-Zahnfolge wird der veränderliche magnetische Widerstand zur Drehmomentbildung ver-wendet. Man erreicht mit Reluktanzmotoren Schrittwinkel von α < 1°, hat kein Selbsthalte-moment (Gl. 2.35) und eine schlechte Dämpfung.

• Hybridmotoren sind permanenterregte Motoren in Gleichpol-Bauweise mit einem Läufer aus einem axial magnetisierten Dauermagneten, der beidseitig gezahnte Polschuhe aus Weich-eisen enthält. Die Zähne beider Ringe sind gegeneinander um eine halbe Teilung versetzt und bilden auf der einen Seite nur Nord- auf der anderen nur Südpole. Der Ständer besitzt eben-falls gezahnte Pole für eine meist fünfsträngige Wicklung. Hybridmotoren sind vor allem für große Drehmomente die wichtigste Bauform. Man erreicht Schrittwinkel α < 1°, eine gute Dämpfung und ein Selbsthaltemoment.

Permanentmagnetläufer Hybridmotor mit Permanent- Reluktanzläufer in Wechselpolbauweise magnetläufer in Gleichpolbauweise Läuferausführungen von Schrittmotoren Der Schrittwinkel α lässt sich allgemein angeben zu:

m = Phasenzahl p = Polpaarzahl des Läufers p m 2

360 = ⋅⋅°

α (6.2)

2 3

11 2 3

4

α αα

α

0 123

N

N

N

N

S S

SS

weichmagnetischer Werkstoff

Permanentmagnete Zahnung

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Θ I2

I1

I2

I1 t

1 2 3 4 1

t

I2

I1

15

3

7 86

4 212

43 1 2 3 4 16 2 375 8

Die Wirkung einer Zahnung der Ständerpole zur Realisierung kleiner Schrittwinkel kann an einem viersträngigen Motor mit acht Ständerpolen (m = 4), die jeweils fünf Zähne aufweisen, gezeigt werden.

Aufbau von Ständer und Läufer eines

Reluktanzmotors mit gezahnten Ständerpolen Bei erregter Ständerwicklung A befinde sich der Läufer (p = 25) mit 50 Zähnen in Lage 1, d.h. der Stellung maximalen Leitwerts zwischen Pol A und den Läuferzähnen. Wird jetzt der Strang B erregt, so springt der Läufer in die neue Lage 2 mit ebenfalls optimaler magnetischer Zuordnung. Da die Ständerpolteilung das 50/8 = 6,25fache der Läuferzahnteilung τn2 beträgt, entspricht die Lage 2 einer Drehung um 0,25 · τn2. Der Schrittwinkel des Motors beträgt damit α = 1,8°.

Läuferzahnstellung vor (1) und nach (2) einem Schritt

Um ein möglichst hohes Drehmoment zu erreichen, werden meist gleichzeitig mehrere Stränge bestromt. Die Art und Reihenfolge in der dieses geschieht, ermöglicht verschiedene Schrittarten. Vollschritt: Es werden stets alle m oder immer m - 1 Wicklungen bestromt. Für einen

zweisträngigen Schrittmotor ergeben sich bei m bestromten Wicklungen die unten einge-tragenen Feldlagen mit einem Schrittwinkel von 90°.

Halbschritt: Die Bestromung wechselt zwischen m und m - 1 Wicklungen. Man erhält jetzt 8 Feldlagen mit einem Schrittwinkel von 45°. Weil nacheinander eine oder zwei Wicklungen erregt sind, ändert sich die Ständerdurchflutung im Verhältnis 2 : 1 entsprechende Feld- und Drehmomentenschwankungen sind die Folge. Bei Motoren mit m = 5 sind die Unterschiede nur gering.

Vollschrittbetrieb Halbschrittbetrieb Schrittmotor (m = 2), Feldlagen und Wicklungsströme

D

C

B

A

τ n2

τn2/4

50/8 · τ n2 A B

----- 1

----- 2

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Neben dem Vollschritt- und Halbschrittbetrieb, die sich bei den meisten Ansteuergeräten wahlweise einstellen lassen, wird manchmal auch ein sogenannter Minischrittbetrieb (ministep) vorgesehen. Hier werden die Wicklungsströme mit einer aufwendigen Elektronik pulsweiten-moduliert geschaltet, was die Anzahl der Feldlagen wesentlich erhöht. Ansteuerschaltungen der Ständerwicklung • Bei unipolarer Speisung erhält jeder Pol zwei Wicklungen, von denen jede eine Stromrichtung

übernimmt. Die Elektronik ist mit zwei Schalttransistoren je Pol einfach, die Motorausnützung aber ungünstig, da stets nur 50% des Wicklungsraumes bestromt ist.

• Bei bipolarer Speisung fließt der Strom in nur einer Strangwicklung je Pol. Beide Strom-richtungen werden durch die doppelte Zahl an Schalttransistoren erreicht. Da die Motoraus-nützung bei bipolarer Speisung günstiger ist, wird diese Ansteuerschaltung bei hohen Dreh-momenten bevorzugt eingesetzt.

Unipolare Speisung Bipolare Speisung Ansteuerprinzip eines Schrittmotors Statisches Drehmoment Wird ein Schrittmotor bei erregtem Ständerstrang aus seiner Nulllage ausgelenkt, so entwickelt er ein Rückstellmoment, das nahezu sinusförmig verläuft (Kurve 1). Erreicht die Auslenkung den Schrittwinkel ϕ = -α, so erhält man das Kippmoment MK, das auch als Haltemoment MH bezeichnet wird.

Ist der Motor nun dauernd mit einem Gegenmoment MW belastet, so kann der Läufer nicht mehr die Leerlaufstellung mit ϕ = 0° einnehmen, sondern er bleibt um den Winkel β zurück (Polradwinkel der belasteten Synchronmaschine). Mit dem nächsten Stromimpuls erhält die Momentenkurve die neue Lage 2 und der Läufer kann mit dem Beschleunigungs-moment ∆M = M - MW einen Schritt mit dem Winkel α ausführen. Es bleibt also bei dem einmaligen Winkelfehler β, d.h. bei n Steuerimpulsen entsteht eine Ver-drehung um den Winkel n · α - β.

Statisches Drehmoment und Lastwinkel eines Schrittmotors Der Motor kann den nächsten Schritt ausführen, solange das Lastmoment MW kleiner als der Momentenwert im Schnittpunkt der Kurven 1 und 2 ist. Schrittfehler treten auf, wenn MW > MK ist. Schrittfehler können im quasistationären Betrieb auftreten, wenn 2/M M WKW > ist. Drehmoment-Frequenzdiagramm Mit welchen Drehmomenten ein Schrittmotor ohne außer Tritt zu fallen, d.h. ohne Schrittfehler bei einer bestimmten Steuerfrequenz betrieben werden kann, wird durch die Grenzfrequenz-Kennlinien angegeben.

MW

M∆M

αβ

-α α

ϕ

1 2-MK

MK

M

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fS

M

BA0

Aj

MAm

MBm

fAmfA0m fB0m

fBm

t

i L R 0

R V

U 0

y n T

L +

L -

i i2

i1

τ 2 τ 1

Drehmoment-Frequenz-diagramm eines Schrittmotors

A Anlaufgrenzfrequenz- Kennlinie B Betriebsgrenzfre- quenz-Kennlinie

Kurve A0 gibt die jeweilige Startgrenzfrequenz für JW = 0 an und begrenzt damit den Startbereich in dem der Motor ohne Schrittfehler mit einem bestimmten Lastträgheitsmoment JW anlaufen und anhalten kann. Bei JW > 0 sind dann Wertepaare wie Anlaufgrenzfrequenz fAm und Anlauf-grenzmoment MAm zulässig. Bei der maximalen Anlauffrequenz fA0m ist nur noch Leerlauf möglich. Nach dem Anlauf kann der Motor innerhalb der Betriebsgrenzkurve B arbeiten. Das verfügbare Drehmoment verringert sich bei höherer Steuerfrequenz, weil die Wicklungs-ströme innerhalb der Stromflussdauer ts immer stärker von der idealen Rechteckform abweichen. Stromversorgung Beim Aufschalten einer Gleichspannung UN steigt der Strom exponentiell mit der Zeitkonstanten τ = L/R des Wicklungsstranges an, d.h. der für das volle Drehmoment erforderliche Endwert des Stromes IN = UN/R wird erst ungefähr bei ts > 5 · τ erreicht. Im Konstantspannungs-Betrieb schaltet man zur Erhöhung der zulässigen Steuerfrequenz meist einen ohmschen Vorwiderstand in den Wicklungsstrang und reduziert damit die Zeitkonstante entsprechend.

i1 ohne und i2 mit Vor-

widerstand RV

Schaltung und Stromverlauf eines unipolar angesteuerten Wicklungsstranges

Eine wesentliche Erhöhung des Frequenzbereichs kann man durch Ausführung der Ansteuer-einheit mit Konstantstrom-Betrieb erreichen. Hier erhält die Motorwicklung eine höhere Spannung als UN aufgeschaltet, so dass der Strom schneller auf einen oberen Grenzwert Iog ansteigt. Jetzt wird die Spannung solange abgeschaltet, bis der Strom wieder auf einen unteren Wert Iug gesunken ist und danach erneut Spannung angelegt. Man stellt den Strommittelwert IN also in einem Taktbetrieb (Chopperbetrieb) ein, dessen Frequenz wesentlich über der Steuer-frequenz liegt.

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Schaltung und Stromverlauf eines bipolar angesteuerten

Wicklungsstranges Die Transistoren T3 und T4 über-nehmen neben dem Ansteuern der Wicklungsstränge zusätzlich die Stromreglerfunktion.

Gegenüberstellung unipolare und bipolare Ansteuerung Die unipolare Ansteuerung wendet man vorwiegend für kleine Leistungen an. Vorteile: • einfacher Aufbau, • geringerer Preis durch wenige Leistungsbauelemente. Nachteile: • maximal 50% der Wicklungsstränge sind gleichzeitig stromdurchflossen • Zusatzverluste durch Vorwiderstände, • Stromreduzierung bei Motorerwärmung durch Widerstandszunahme. Die bipolare Ansteuerung wird vorwiegend bei höheren Leistungen und hohen dynamischen Forderungen eingesetzt. Vorteile: • alle Wicklungsstränge können gleichzeitig Strom führen, • kein Zusatzaufwand an Leistungsbauelementen bei Stromregelung • geringe Verlustleistung, • im Stromreglerbetrieb keine Temperaturabhängigkeit des Stroms. Nachteile: • grundsätzlich höherer Aufwand an Leistungsbauelementen, • größerer Schaltungsaufwand.

i1(T1, D2)

i1(T1, T3)

T1

T4

D1 D2T2

T3

y2y1

Strom-regler

Rm

L -

L +

U0

Iug

Iog

i1

tT1T3 D2

T1 T1T3

T1T3

T1T3

T1T3D2

T1D2T1

D2T1

D2T1 T1

T3