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Elementare Geometrie Prof. Dr. M. Rost Text 7 (SS 2021) 1 https://www.math.uni-bielefeld.de/ ~ rost/eg Vorbemerkung: Hauptziel dieses Textes ist die Formulierung der ¨ Ahnlichkeitss¨ atze und der Strahlens¨ atze. Diese sind sicherlich klausurrelevant! Der erste Abschnitt Kongruenz von Strecken (Seite 2) geh¨ ort eigentlich in Text 6, vor die Kongruenzbeweise. Anstatt ihn nachtr¨ aglich in Text 6 einzubauen, steht er hier als Nachtrag. Zwei ¨ Ubungsaufgaben sind auch dabei. Ab Seite 6 gibt es Wiederholungen und Erg¨ anzungen zu zentrischen Stre- ckungen. Dieser Teil erledigt die Hauptarbeit f¨ ur sp¨ ater. Auf Seite 12 gibt es nochmal einen ¨ Uberblick ¨ uber alle m¨ oglichen Transfor- mationen der Ebene in sich. Hier werden Scherungen kurz erw¨ ahnt. Allerdings kommen die Scherungen sonst nicht mehr vor. Auf Seite 13 werden die ¨ Ahnlichkeitss¨ atze formuliert. Der Beweis folgt ziem- lich schnell aus den Kongruenzs¨ atzen. Auf Seite 15 werden die Strahlens¨ atze formuliert. Der Beweis folgt aus Ei- genschaften von Streckungen. Fragen, Anmerkungen und Hinweise sind ausdr¨ ucklich erw¨ unscht (per E-Mail). 1 4. Juni 1

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Elementare GeometrieProf. Dr. M. Rost

Text 7 (SS 2021)1

https://www.math.uni-bielefeld.de/~rost/eg

Vorbemerkung:

Hauptziel dieses Textes ist die Formulierung der Ahnlichkeitssatze und derStrahlensatze. Diese sind sicherlich klausurrelevant!

Der erste Abschnitt Kongruenz von Strecken (Seite 2) gehort eigentlich inText 6, vor die Kongruenzbeweise. Anstatt ihn nachtraglich in Text 6 einzubauen,steht er hier als Nachtrag. Zwei Ubungsaufgaben sind auch dabei.

Ab Seite 6 gibt es Wiederholungen und Erganzungen zu zentrischen Stre-ckungen. Dieser Teil erledigt die Hauptarbeit fur spater.

Auf Seite 12 gibt es nochmal einen Uberblick uber alle moglichen Transfor-mationen der Ebene in sich. Hier werden Scherungen kurz erwahnt. Allerdingskommen die Scherungen sonst nicht mehr vor.

Auf Seite 13 werden die Ahnlichkeitssatze formuliert. Der Beweis folgt ziem-lich schnell aus den Kongruenzsatzen.

Auf Seite 15 werden die Strahlensatze formuliert. Der Beweis folgt aus Ei-genschaften von Streckungen.

Fragen, Anmerkungen und Hinweise sind ausdrucklich erwunscht (per E-Mail).

14. Juni1

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Kongruenz von Strecken

Im letzten Text 6 hatten wir die Kongruenzsatze besprochen. Dabei ging es umdie Frage, ob zwei gegebene Dreiecke ∆ABC und ∆A′B′C ′ deckungsgleich sind.

Ein Hilfsmittel ist dabei, zuerst zwei gleichlange Seiten der beiden Dreiecke auf-einander zu legen. Danach argumentiert man je nach Typ des Kongruenzsatzes.Man braucht ggf. noch eine Spiegelung und ist dann aber fertig.

Dieser erste Schritt handelt nicht von Dreiecken, sondern von Strecken (“Zwei-ecken”). Ich will dies nochmal ausfuhrlicher besprechen.

Wir geben uns dazu jetzt zwei Strecken AB, A′B′ gleicher Lange vor undwollen sie zur Deckung bringen. Wir setzen voraus, dass es sich um echte Streckenhandelt (A 6= B, A′ 6= B′). Es sei also

|AB| = |A′B′| > 0

Man verschiebt zunachst einen der Punkte der ersten Strecke, etwa den PunktA,auf den entsprechenden Punkt A′ der zweiten Strecke.

Dies geschieht durch eine Parallelverschiebung um den Vektor−−→AA′. Dabei wird

der Punkt B mitverschoben, und zwar nach B′′ = B + A′ − A.

Danach dreht man um den Punkt A′ so, dass der Punkt B′′ auf B′ zu liegenkommt. Dies geht, weil die Strecken A′B′′ und A′B′ gleichlang sind.

Hier wird so abgebildet (v =−−→AA′):

Eτv−→ E

DA′,α−−−→ E

A 7→ A′ 7→ A′

B 7→ B′′ 7→ B′

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Bemerkung. Nachtrag:Im Folgenden sei so eine Komposition einer Translation und einer Drehung

eine ebene Bewegung der Ebene genannt (keine Spiegelung dabei). (In Text 6,Seite 12 hatte ich das Wort “Herumschieben” gebraucht.)

Unter einer Kongruenz verstehen wir eine Bewegung oder eine Bewegunggefolgt von einer Achsenspiegelung. Zwei Objekte der Ebene sind kongruent, wennsie durch eine Kongruenz aufeinander abgebildet werden konnen.

Wir sehen also, die Strecke AB kann man durch eine Bewegung mit der StreckeA′B′ zur Deckung zu bringen. Dies geht immer, so lange die beiden Strecken gleichlang sind.

Umgekehrt, Kongruenzen sind abstandserhaltend. Konnen also zwei Streckendurch eine Kongruenz aufeinander abgebildet werden, so sind sie gleichlang.

Wir halten fest

Merksatz 11. Zwei Strecken sind genau dann kongruent, wenn sie gleichlangsind.

Dabei gilt: Sind zwei Strecken gleichlang, so kann man durch eine geeigneteBewegung die eine Strecke auf die andere Strecke abbilden. Eine Spiegelung istdazu nicht notig.

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Wenn man die Rollen der Punkte A und B vertauscht und auch die Rollen derPunkte A′ und B′ vertauscht (also A↔ B und A′ ↔ B′), wird so abgebildet (w =−−→BB′):

Eτw−→ E

DB′,β−−−→ E

A 7→ A′′ 7→ A′

B 7→ B′ 7→ B′

Frage 1: Warum sind die beiden Drehwinkel α und β gleich groß?

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Wenn man nur die Rollen von A′, B′ vertauscht, ergibt sich folgende Skizze:

Hier wird so abgebildet (u =−−→AB′):

Eτu−→ E

DB′,γ−−−→ E

A 7→ B′ 7→ B′

B 7→ C 7→ A′

Frage 2: Warum sind β und γ Nebenwinkel?

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Zentrische Streckungen (Teil 2)

In Text 6 (Seiten 9–10) wurden die zentrischen Streckungen µZ,r eingefuhrt.

Im Folgenden gibt es eine Wiederholung (mit selbstgemachter Skizze!). Imnachsten Teil (ab Seite 8) folgt eine Erganzung zu Verhaltnissen.

Die Streckung µZ,r mit Zentrum Z und Streckfaktor r 6= 0 war so definiert: Esist die Abbildung

µZ,r : E→ E

der Ebene in sich, bei der jeder Vektor mit Anfangspunkt Z mit dem Faktor rmultipliziert wird. (Siehe Text 6, Seite 9.)

In der folgenden Skizze werden Streckungen mit Zentrum Z illustriert.

Einmal die Streckung µZ,2 mit Streckfaktor 2, die A, B auf A′ bzw. B′ abbildet.

Ferner die Streckung µZ,−0.5 mit negativem Streckfaktor −1/2, die A, B auf A′′

bzw. B′′ abbildet.

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Satz 11. Es sei µ eine Streckung mit Streckfaktor r. Fur zwei beliebige Punk-te A, B seien A′, B′ die Bilder unter der Streckung:

A′ = µ(A)

B′ = µ(B)

Dann gilt|A′B′| = |r| · |AB|

Ferner wird unter einer Streckung eine Gerade auf eine parallele Gerade abge-bildet. In der Skizze:

AB ‖ A′B′ ‖ A′′B′′

Streckungen erhalten Winkel. In der Skizze:

∠PAQ = ∠P ′A′Q′

Bemerkung. Einen ausfuhrlichen Beweis wird hier nicht gegeben.Wer will, kann sich selbst daran versuchen.Eine Moglichkeit ware, den Beweis zu reduzieren auf den Fall Z = (0, 0). Dann

hat man eine explizite Formel (siehe Text 6, Seite 9) und kann “nachrechnen”.

Dass bei einer Streckung mit Faktor r Langen mit |r| multipliziert werden, giltganz allgemein. In der Skizze oben ist das fur Kreise angedeutet. Ohne Beweishalten wir fest:

Satz 12. Es sei µ eine Streckung mit Streckfaktor r. Das Bild eines Kreises mitRadius s ist wieder ein Kreis. Dieser hat den Radius |r| · s.

Ahnliches gilt fur die Langen von Kreissegmenten: In der Skizze ist die Langedes Kreissegments von P ′ nach Q′ doppelt so lang wie das Kreissegment von Pnach Q (doppelt weil r = 2).

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Zentrische Streckungen (Teil 3)

Ganz allgemein kann man zwei beliebige Strecken AB und CD betrachten undsie strecken.

Im Einzelnen: Es sei µ eine Streckung mit Zentrum Z und Faktor r. Fernerseien A, B, C, D beliebige Punkte und es seien

A′ = µ(A)

B′ = µ(B)

C ′ = µ(C)

D′ = µ(D)

die Bildpunkte unter der Streckung.

In der Skizze haben wir wieder den Faktor r = 2.

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Nach Satz 11 erhalt man

|A′B′| = |r| · |AB||C ′D′| = |r| · |CD|

Diese beiden Gleichungen kann man nun auf verschiedene Weisen ausschlach-ten.

Man kann zunachst |r| jeweils auf eine Seite bringen und erhalt

|A′B′||AB|

= |r|, |C ′D′||CD|

= |r|

Eliminiert man dann |r|, ergibt sich

(1)|A′B′||AB|

=|C ′D′||CD|

(= |r|)

Oder man dividiert in beiden Gleichungen die rechten und linken Seiten. Dabeifallt der Faktor |r| heraus und man bekommt

(2)|A′B′||C ′D′|

=|AB||CD|

Wenn man will, kann man (1) und (2) auch direkt ineinander umrechnen.

Man schreibt (1) und (2) auch gerne in der Form

|A′B′| : |AB| = |C ′D′| : |CD|(1)

|A′B′| : |C ′D′| = |AB| : |CD|(2)

Bemerkung. Die ubliche Sprechweise fur

x : y = u : v

ist: “x verhalt sich zu y wie u zu v”.

(1) bedeutet in Worten:

Satz 13. Bei einer Streckung ist das Langenverhaltnis von Bildstrecke zu Streckeunabhangig von der Wahl der Strecke. (Dieses Verhaltnis ist namlich der Abso-lutbetrag |r| des Streckfaktors.)

(2) bedeutet:

Satz 14. Bei einer Streckung bleiben die Verhaltnisse von Streckenlangen erhal-ten.

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Spezialfalle

Es gibt einige interessante Sonderfalle.

Die vier Punkte A, B, C, D konnen ja irgendwo liegen.

Einer der Punkte darf auch das Zentrum Z selbst sein. Es sei etwa

C = Z

Dann ist C ′ = Z ′ = Z, denn Z bleibt fest unter der Streckung. Unsere Gleichun-gen werden zu:

|A′B′||AB|

=|ZD′||ZD|

|A′B′||ZD′|

=|AB||ZD|

Es ist auch nicht verboten, dass D einer der Punkte A oder B ist. Setzt manneben C = Z auch noch

D = B

so werden die Gleichungen zu:

|A′B′||AB|

=|ZB′||ZB|

|A′B′||ZB′|

=|AB||ZB|

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Formulierung fur Dreieckslangen

Es sei ∆ABC ein Dreieck mit den Seitenlangen a, b, c.

Ferner sei ∆A′B′C ′ das Bild von ∆ABC unter der Streckung. Die entsprechen-den Seitenlangen von ∆A′B′C ′ seien a′, b′, c′.

Dann ergeben (1) und (2)

(1′) a′ : a = b′ : b = c′ : c (= |r|)bzw.

(2′) a′ : b′ : c′ = a : b : c

Zur Illustration gibt es nochmal die Skizzen von Wikipedia (m ist durch r zuersetzen).

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Kongruenzen, Ahnlichkeiten etc. (Uberblick II)

Es gibt folgende elementare Typen von Transformationen der Ebene in sich:

• Translationen (Parallelverschiebungen)

• Drehungen

• Spiegelungen (an einer Geraden)

• Streckungen

• Scherungen

Die ersten vier Typen hatten wir schon kennengelernt. Der letzte Typ (Sche-rungen) kam bisher nicht vor. Das Thema der Scherungen ist toll, aber erfah-rungsgemaß der schwierigste Typ von elementaren geometrischen Abbildungen.Scherungen kommen in der Vorlesung aus Zeitgrunden nicht weiter vor. Leider!

Scherungen erhalten weder Abstande noch Winkel, allerdings sind es sog. affineAbbildungen. Das bedeutet, dass Geraden auf Geraden abgebildet werden. EinBeispiel in Koordinaten ist die Abbildung (Scherung an der y-Achse)

E→ E

(x, y) 7→ (x, y + 3x)

Kompositionen (Hintereinanderausfuhrungen) gewisser der genannten Typenfaßt man zu Oberbegriffen zusammen. Nach aufsteigender Komplexitat sind dies:

• Translation: Translation

• Bewegung: Translation + Drehung

• Kongruenz: Bewegung + evtl. Spiegelung

• Ahnlichkeit: Kongruenz + Streckung

• Affinitat: Ahnlichkeit + Scherung

(Dabei muß im Einzelfall nicht jede der genannten Typen echt auftreten: z.B.ist eine Translation auch eine Kongruenz).

Wenn man Dreiecke betrachtet, sind die Begriffe “Kongruenz” und “Ahnlich-keit” am interessantesten. Sie fuhren zu den Kongruenzsatzen (siehe Text 6) undden Ahnlichkeitssatzen (kommen gleich).

Was Dreiecke und Scherungen angeht: Je zwei beliebige Dreiecke konnen durcheine Affinitat ineinander uberfuhrt werden. (Das ist eine ubliche erste Ubungs-aufgabe zu Scherungen.)

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Ahnlichkeitsatze

Hier sind die Ahnlichkeitssatze:

Satz (W:W:W-Satz). Zwei Dreiecke, die in zwei (und somit in allen) Winkelnubereinstimmen, sind ahnlich.

Satz (S:S:S-Satz). Zwei Dreiecke, die gleiche Seitenverhaltnisse haben, sind ahn-lich.

Satz (S:W:S-Satz). Zwei Dreiecke, die in einem Winkel und im Verhaltnis deranliegenden Seiten ubereinstimmen, sind ahnlich.

Satz (S:S:W-Satz, auch S:s:W-Satz). Zwei Dreiecke, die im Verhaltnis zwei-er Seitenlangen und in dem Winkel, der der langeren Seite gegenuberliegt,ubereinstimmen, sind ahnlich.

Diese Satze folgen leicht aus den Kongruenzsatzen.

Beginnen wir mit S:S:S. Der Satz besagt ausfuhrlich:

Es seien ∆ABC und ∆A′B′C ′ zwei Dreiecke mit den Seitenlangen a, b, cbzw. a′, b′, c′. Gilt dann

(2′) a′ : b′ : c′ = a : b : c

so sind die Dreiecke ahnlich.

(Oben hatten wir gesehen, dass nach einer Streckung (2′) gilt. Jetzt geht esquasi um den Umkehrschluß.)

Aquivalent zu (2′) ist

(1′) a′ : a = b′ : b = c′ : c

Zum Beweis von S:S:S nimmt man das Verhaltnis in (1′) als Streckfaktor einerStreckung. Es sei also

r =a′

a=b′

b=c′

cStreckt man das Dreieck ∆ABC mit dem Faktor r (es spielt keine Rolle, wel-ches Zentrum Z man dabei wahlt), so erhalt man ein drittes Dreieck ∆A′′B′′C ′′.Dessen Seitenlangen sind r-mal die Seitenlangen von ∆ABC. Das sind aber dieSeitenlangen von ∆A′B′C ′. Z.B. hat man

a′′ = ra = a′

Die Dreiecke ∆A′B′C ′ und ∆A′′B′′C ′′ sind daher nach dem Kongruenzsatz SSSkongruent.

Nach einer geeigneten Streckung werden die beiden Dreiecke also kongruent.Dies ist aber die Definition von Ahnlichkeit.

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Analog geht man bei den anderen Ahnlichkeitsatzen vor.

Beweis von W:W:W:

Eigentlich ware WWW zu schreiben. Es geht um die Winkel selbst, nichtetwa um die Verhaltnisse der Winkel. Man schreibt das Verhaltniszeichen “:” umanzudeuten, dass es sich um einen Ahnlichkeitssatz handelt (und nicht um einenKongruenzsatz).

Man konnte den Satz auch W:W-Satz oder WW-Satz nennen, denn wegender Winkelsumme im Dreieck braucht man nur zwei der drei Winkel zu kennen.

Nehmen wir an, wir wissen, dass in zwei vorgelegten Dreiecken ∆ und ∆′ zweiWinkel ubereinstimmen, etwa

α′ = α, β′ = β

Nach einer Streckung konnen wir annehmen, dass die Seiten c und c′ gleichlangsind (der Streckfaktor ware r = c/c′). Man kann nun den Kongruenzsatz WSWanwenden.

Entsprechend beweist man S:W:S mit Hilfe von SWS und S:s:W mit Hilfevon SsW.

Bilder dazu gibt es von mir nicht. Gucken Sie mal auf den angegeben externenLink.

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Die Strahlensatze

Bei den Strahlensatzen betrachtet man ein Zentrum Z und 2 oder 3 Geradendurch Z. Diese werden dann noch von 2 parallelen Geraden g und g′ geschnitten.

Das typische Bild dazu ist:

(Bild 1)

Die Punkte A, B, C und A′, B′, C ′ sind die Schnittpunkte der parallelenGeraden g und g′ mit den Geraden durch Z.

Die Strahlensatze lauten:

Satz (1. Strahlensatz). Es verhalten sich je zwei Abschnitte auf einer Geradendurch Z so zueinander wie die ihnen entsprechenden Abschnitte auf einer anderenGeraden durch Z:

|ZA′||ZA|

=|ZB′||ZB|

Satz (2. Strahlensatz). Es verhalten sich die Abschnitte auf den Parallelen sozueinander wie die ihnen entsprechenden Abschnitte (von Z aus genommen) aufeiner der Geraden durch Z:

|A′B′||AB|

=|ZA′||ZA|

Satz (3. Strahlensatz). Es verhalten sich die Abschnitte auf einer Parallelen sozueinander wie die ihnen entsprechenden Abschnitte auf einer anderen Parallelen:

|A′C ′||B′C ′|

=|AC||BC|

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Beim 1. Strahlensatz und 2. Strahlensatz braucht man die Gerade durch Cund C ′ nicht.

Daher werden diese Strahlensatze oft durch folgendes einfachere Bild illustriert:

(Bild 2)

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Von diesen Bildern gibt es dann noch die folgenden Varianten. Bei diesen liegendie parallelen Geraden g und g′ auf verschiedenen Seiten des Zentrums Z.

(Bild 1a)

(Bild 2a)

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Bei Bild 1 und Bild 2 braucht man nur die Strahlen von Z durch A, B, bzw. C(und nicht die ganzen Geraden). Daher der Name Strahlensatz.

Wie beweist man die Strahlensatze?

Wichtig ist, zu erkennen, dass bei allen 4 Bildern eine Streckung vorliegt.

Es gilt namlich:

Satz 15. Es sei Z ein Punkt und es seien g und g′ zwei parallele Geraden, die Znicht treffen. Dann gibt es eine Streckung mit Zentrum Z die g nach g′ abbildet.

Der Streckfaktor ist dabei das Verhaltnis der Abstande von Z zu den Geraden.Es gilt

r =|Zg′||Zg|

oder

r = −|Zg′|

|Zg|je nachdem ob die Geraden auf der gleichen Seite von Z liegen oder nicht.

Hier ist eine Skizze zum ersten Fall. Die Gerade durch F und F ′ ist die ge-meinsame Lotgerade (Lotfallen von Z auf die parallelen Geraden g und g′). Dieanderen Geraden durch Z braucht man hier nicht und sind daher gestrichelt.

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Beweis von Satz 15. Nach Definition des Abstandes einer Geraden von einemPunkt hat man

|Zg| = |ZF |, |Zg′| = |ZF ′|Es folgt

r =|Zg′||Zg|

=|ZF ′||ZF |

Die Streckung µZ,r bildet daher den einen Lotfußpunkt F auf den anderen Lot-fußpunkt F ′ ab. (Falls Z zwischen F und F ′ liegt, nimmt man −r.)

Also bildet die Streckung die Gerade g auf eine Gerade durch F ′ ab. Da beiStreckungen die Bildgerade parallel ist, ist diese Gerade die vorgegebene Gera-de g′. �

Beweis der Strahlensatze

Die Strahlensatze sind nun einfach zu beweisen:

Der 1. Strahlensatz, also|ZA′||ZA|

=|ZB′||ZB|

folgt aus (1): Man ersetze dort B und D durch Z und C durch B und beachteZ ′ = Z.

Der 2. Strahlensatz, also|A′B′||AB|

=|ZA′||ZA|

folgt ebenfalls aus (1): Man ersetze dort C durch Z und D durch A und beachtewieder Z ′ = Z.

Der 3. Strahlensatz, also|A′C ′||B′C ′|

=|AC||BC|

folgt aus (2): Man setze dort D = B und vertausche dann B mit C.

Bei den normalen Formulierungen der Strahlensatze spricht man allerdings garnicht von einer Streckung (Multiplikation mit r).

Leider, wie ich finde. Die Streckung und der Faktor r sind namlich immerimplizit da. Wenn man damit alles ausschreibt, ergeben sich die Strahlensatzevon selbst.