Elke Heidenreich The King‘s Singers Joachim Król€¦ · THE KING‘S SINGERS. 8. Oktober, 20...

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75 74 www.crescendo.de September – Oktober 2016 ERLEBEN Fotos: Christiane Fritsch; Chris O‘Donovan; Robert Eickelpoth; Bettina Flitner BAROCK-GIGANTEN „Als wenn die ewige Harmonie sich mit sich selbst unterhielte“, sagte Goethe einmal über Johann Sebastian Bach. Bei den Frauenkirchen-Bachtagen trifft der Meisterkomponist auf ein ebenso meisterliches Bauwerk, das noch viel mehr packende Musik beherbergt. VON MARIA GOETH 1996 entstand die Dresdner Frauenkirche neu – aus Legosteinen. Damals war es noch so gut wie unvorstellbar, dass der barocke Prachtbau einmal wieder so erstrahlen würde, wie ihn Johann Sebastian Bach erleben durſte, als er dort am 1. Dezember 1736 ein furioses Konzert auf der Silbermann-Orgel gab. Ungläubig und mit einem Quäntchen nostalgischer Sentimentalität pirsch- ten die Schaulustigen um den Nachbau aus bunten Kunststoff- Klötzchen, während draußen das imposante Gerippe des im Zweiten Weltkrieg beinahe vollständig zerstörten Baus in den sommerblauen Himmel schnitt. Für fünf Mark konnte man einen Legostein für den Wiederauau erwerben, für 4.000 Mark ein ganzes Kuppelsegment, für 25.000 die Turmspitze. Acht Jahre später war es so weit, und das letzte „echte“ Steinchen, die gigantische kupferne Turmhaube mit dem vergoldeten Kreuz wurden feierlich auf 91 Meter Höhe gewuchtet. Seitdem ist die Dresdner Frauenkirche nicht nur Friedens- symbol, monumentaler evangelisch-lutherischer Sakralbau und berechtigterweise eine der beliebtesten Dresdner Sehenswürdig- keiten, sondern auch Heimat für rund 100 Konzerte pro Jahr. Vom 24. September bis zum 3. Oktober 2016 finden, parallel zum Bachfest Dresden, die Frauenkirchen-Bachtage statt – eine glanzvolle Huldigung des musikalischen Paten der Frauenkirche. Acht Musikveranstaltungen in zehn Tagen, davon ein Orgelkon- zert, eine Geistliche Sonntagsmusik sowie fünf weitere Konzerte, darunter die gemeinsamen Eröffnungs- und das Abschlusskon- zerte von Bachtagen und Bachfest plus musikalisch speziell aus- gestaltete Orgelandachten erwecken den Barockmeisters ener- giereich zum Leben. Die Dresdner Kapellsolisten unter Helmut Branny eröffnen das Festival mit einer kraſtvollen Mischung aus Bach-Konzerten, Vivaldis Violinkonzert Der Meeressturm und der Sinfonie Die Elemente von Jean-Fery Rebel. In den darauffol- genden Tagen werden Orgelwerke von Bach zu hören sein, die der Organist, Cembalist und Improvisationsvirtuose nachweislich tatsächlich bei seinen Dresdner Konzerten spielte. Übrigens wurde gleich der erste Besuch Bachs in der sächsischen Metro- pole im Jahr 1717 von einem kleinen Triumph veredelt: Bach sollte dort in einen Cembalo-Wettstreit mit dem berühmten Franzosen Louis Marchand treten, einem königlichen Hofvirtu- osen. Doch als Bach in Dresden eintraf, war Marchand ver- schwunden: Der große Franzose hatte kalte Füße bekommen! Sicher keinen Grund zum Verstecken hat dagegen der Geiger und fünffache ECHO Klassik-Gewinner Daniel Hope, der zusam- men mit Pianist Sebastian Knauer am 26. September um 20 Uhr mit Werken von Bach und Brahms die „steinerne Glocke“, wie die Frauenkirche liebevoll genannt wird, zum Klingen bringen wird. Als weitere Highlights der Frauenkirchen-Bachtage wäre zum einen noch das Konzert mit Trompetenkönig Reinhold Friedrich, dem Württembergischen Kam- merorchester unter Ruben Gazarian und dem als Frankfurter Tatort-Kommissar bekannten Schauspieler Joachim Król als Moderator zu nennen, bei dem sich Bach- Werke auf spannende Weise mit der zwei- ten Sinfonie von Arthur Honegger paaren; zum anderen ein Konzert des Sächsischen Vocalensembles mit den Virtuosi Saxoniae, einem Ensemble unter Ludwig Güttler, das sich weitgehend aus Musikern der Sächsischen Staatskapelle generiert, mit Werken von Bach und Hasse. Krönend beschließt ein Konzert mit Bachs Festmusiken für das kurfürstliche sächsi- sche Haus das Festival, interpretiert von den beiden hauseigenen Ensembles: dem Kammerchor der Frauenkirche und dem ensem- ble frauenkirche unter Matthias Grünert. Nach den Bachtagen wird es nicht still im sächsischen Schmuckstück. Am 8. Oktober um 20 Uhr kommen die legen- dären e King‘s Singers ins Haus. Das sechsköpfige, britische A-Cappella-Ensemble mit ihrer in der Tiefe wunderbar klangfül- ligen Besetzung aus zwei Countertenören, einem Tenor, zwei Baritonen und einem Bass bringt unter dem Titel „Also hat Gott die Welt geliebt“ eine intensive Mischung geistlicher Gesänge von Heinrich Schütz über Max Reger und Francis Poulenc bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen zu Gehör. Eine Woche später, am 15. Oktober ebenfalls um 20 Uhr, lädt die Frauenkirche zu den „Nachtgedanken“ ein, einem küns- teübergreifenden Format, bei dem sich herausragende Lyrik und Prosa mit dazu maßgeschneiderter, spannungsvoller Musik ver- mengt. Geladen ist dazu Elke Heidenreich, Grande Dame der Literaturvermittlung und selbst produktive Schriſtstellerin. Sie liest aus eigenen Werken ebenso wie aus denen von Johann Wolf- gang von Goethe, Joseph von Eichendorff, Marcel Proust und vie- len mehr. Feinsinnig darauf abgestimmt kredenzen die Musiker des Calmus Ensembles dazu eigens für sie geschriebene oder arrangierte Werke, etwa Jazzballaden nach Gedichten von Charles Baudelaire, bekannte Chansons von Gerog Kreisler oder Vertonungen der Galgenlieder von Christian Morgenstern. Inhal- tich rankt sich dabei alles um die intensivierten, unabwendbaren Gedanken der Nacht: beängstigende und traurige, aber auch wunderschöne, lustige und inspirierende. Das Calmus Ensemble aus Leipzig – besetzt mit Sopran, Countertenor, Tenor, Bariton und Bass – stellt mit seinen Pro- grammen gekonnt unter Beweis, daß man auf höchstem musikalischen Niveau sowohl ernsthaſt als auch humorvoll sein kann. Damit erreichen sie nicht nur das deutsche Publikum, sondern sie sind seit Jahren auch im restlichen Europa und den USA äußerst erfolgreich. n Im Inneren der Dresdner Frauenkirche FRAUENKIRCHEN-BACHTAGE 24. September bis 3. Oktober 2016 THE KING‘S SINGERS 8. Oktober, 20 Uhr NACHTGEDANKEN 15. Oktober, 20 Uhr Informationen und Kartenservice: Tel.: +49-(0)351 - 656 06 701 [email protected] www.frauenkriche-dresden.de The King‘s Singers Joachim Król Elke Heidenreich

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BAROCK-GIGANTEN„Als wenn die ewige Harmonie sich mit sich selbst unterhielte“, sagte Goethe einmal über

Johann Sebastian Bach. Bei den Frauenkirchen-Bachtagen trifft der Meisterkomponist auf ein ebenso meisterliches Bauwerk, das noch viel mehr packende Musik beherbergt.

VON MARIA GOETH

1996 entstand die Dresdner Frauenkirche neu – aus Legosteinen. Damals war es noch so gut wie unvorstellbar, dass der barocke Prachtbau einmal wieder so erstrahlen würde, wie ihn Johann Sebastian Bach erleben durfte, als er dort am 1. Dezember 1736 ein furioses Konzert auf der Silbermann-Orgel gab. Ungläubig und mit einem Quäntchen nostalgischer Sentimentalität pirsch-ten die Schaulustigen um den Nachbau aus bunten Kunststoff-Klötzchen, während draußen das imposante Gerippe des im

Zweiten Weltkrieg beinahe vollständig zerstörten Baus in den sommerblauen Himmel schnitt. Für fünf Mark konnte man einen Legostein für den Wiederaufbau erwerben, für 4.000 Mark ein ganzes Kuppelsegment, für 25.000 die Turmspitze. Acht Jahre später war es so weit, und das letzte „echte“ Steinchen, die gigantische kupferne Turmhaube mit dem vergoldeten Kreuz wurden feierlich auf 91 Meter Höhe gewuchtet.

Seitdem ist die Dresdner Frauenkirche nicht nur Friedens-

symbol, monumentaler evangelisch-lutherischer Sakralbau und berechtigterweise eine der beliebtesten Dresdner Sehenswürdig-keiten, sondern auch Heimat für rund 100 Konzerte pro Jahr.

Vom 24. September bis zum 3. Oktober 2016 finden, parallel zum Bachfest Dresden, die Frauenkirchen-Bachtage statt – eine glanzvolle Huldigung des musikalischen Paten der Frauenkirche. Acht Musikveranstaltungen in zehn Tagen, davon ein Orgelkon-zert, eine Geistliche Sonntagsmusik sowie fünf weitere Konzerte, darunter die gemeinsamen Eröffnungs- und das Abschlusskon-zerte von Bachtagen und Bachfest plus musikalisch speziell aus-gestaltete Orgelandachten erwecken den Barockmeisters ener-giereich zum Leben. Die Dresdner Kapellsolisten unter Helmut Branny eröffnen das Festival mit einer kraftvollen Mischung aus Bach-Konzerten, Vivaldis Violinkonzert Der Meeressturm und der Sinfonie Die Elemente von Jean-Fery Rebel. In den darauffol-genden Tagen werden Orgelwerke von Bach zu hören sein, die der Organist, Cembalist und Improvisationsvirtuose nachweislich tatsächlich bei seinen Dresdner Konzerten spielte. Übrigens wurde gleich der erste Besuch Bachs in der sächsischen Metro-pole im Jahr 1717 von einem kleinen Triumph veredelt: Bach sollte dort in einen Cembalo-Wettstreit mit dem berühmten Franzosen Louis Marchand treten, einem königlichen Hofvirtu-osen. Doch als Bach in Dresden eintraf, war Marchand ver-schwunden: Der große Franzose hatte kalte Füße bekommen!

Sicher keinen Grund zum Verstecken hat dagegen der Geiger und fünffache ECHO Klassik-Gewinner Daniel Hope, der zusam-men mit Pianist Sebastian Knauer am 26. September um 20 Uhr mit Werken von Bach und Brahms die „steinerne Glocke“, wie die Frauenkirche liebevoll genannt wird, zum Klingen bringen wird.

Als weitere Highlights der Frauenkirchen-Bachtage wäre zum einen noch das Konzert mit Trompetenkönig Reinhold Friedrich, dem Württembergischen Kam-merorchester unter Ruben Gazarian und dem als Frankfurter Tatort-Kommissar bekannten Schauspieler Joachim Król als Moderator zu nennen, bei dem sich Bach-Werke auf spannende Weise mit der zwei-ten Sinfonie von Arthur Honegger paaren; zum anderen ein Konzert des Sächsischen Vocalensembles mit den Virtuosi Saxoniae, einem Ensemble unter Ludwig Güttler, das

sich weitgehend aus Musikern der Sächsischen Staatskapelle generiert, mit Werken von Bach und Hasse. Krönend beschließt ein Konzert mit Bachs Festmusiken für das kurfürstliche sächsi-sche Haus das Festival, interpretiert von den beiden hauseigenen Ensembles: dem Kammerchor der Frauenkirche und dem ensem-ble frauenkirche unter Matthias Grünert.

Nach den Bachtagen wird es nicht still im sächsischen Schmuckstück. Am 8. Oktober um 20 Uhr kommen die legen-dären The King‘s Singers ins Haus. Das sechsköpfige, britische A-Cappella-Ensemble mit ihrer in der Tiefe wunderbar klangfül-ligen Besetzung aus zwei Countertenören, einem Tenor, zwei Baritonen und einem Bass bringt unter dem Titel „Also hat Gott die Welt geliebt“ eine intensive Mischung geistlicher Gesänge von Heinrich Schütz über Max Reger und Francis Poulenc bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen zu Gehör.

Eine Woche später, am 15. Oktober ebenfalls um 20 Uhr, lädt die Frauenkirche zu den „Nachtgedanken“ ein, einem küns-teübergreifenden Format, bei dem sich herausragende Lyrik und Prosa mit dazu maßgeschneiderter, spannungsvoller Musik ver-mengt. Geladen ist dazu Elke Heidenreich, Grande Dame der Literaturvermittlung und selbst produktive Schriftstellerin. Sie liest aus eigenen Werken ebenso wie aus denen von Johann Wolf-gang von Goethe, Joseph von Eichendorff, Marcel Proust und vie-len mehr. Feinsinnig darauf abgestimmt kredenzen die Musiker des Calmus Ensembles dazu eigens für sie geschriebene oder arrangierte Werke, etwa Jazzballaden nach Gedichten von Charles Baudelaire, bekannte Chansons von Gerog Kreisler oder Vertonungen der Galgenlieder von Christian Morgenstern. Inhal-tich rankt sich dabei alles um die intensivierten, unabwendbaren Gedanken der Nacht: beängstigende und traurige, aber auch wunderschöne, lustige und inspirierende.

Das Calmus Ensemble aus Leipzig – besetzt mit Sopran, Countertenor, Tenor, Bariton und Bass – stellt mit seinen Pro-grammen gekonnt unter Beweis, daß man auf höchstem musikalischen Niveau sowohl ernsthaft als auch humorvoll sein kann. Damit erreichen sie nicht nur das deutsche Publikum, sondern sie sind seit Jahren auch im restlichen Europa und den USA äußerst erfolgreich. n

Im Inneren der Dresdner Frauenkirche

FRAUENKIRCHEN-BACHTAGE24. September bis 3. Oktober 2016

THE KING‘S SINGERS8. Oktober, 20 Uhr

NACHTGEDANKEN15. Oktober, 20 Uhr

Informationen und Kartenservice: Tel.: +49-(0)351 - 656 06 701

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Elke Heidenreich