Endoprothetik in Deutschland: Zu häufig und zu viel? · AOK-Ch f f d t i M b d O ti Kli ik h i h...

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Endoprothetik in Deutschland: Zu häufig und zu viel? Prof. Dr. Rüdiger Smektala Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum Ruhr-Universität Bochum WAZ-Nachtforum | 13.06.2013

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Endoprothetik in Deutschland:

Zu häufig und zu viel?

Prof. Dr. Rüdiger Smektala

Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie,Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus BochumRuhr-Universität Bochum

WAZ-Nachtforum | 13.06.2013

WAZ 10-08-2012: Zu viele neue Hüften und Knie?AOK Ch f f d t i M b d O ti Kli ik h i h dAOK-Chef fordert eine Mengenbegrenzung der Operationen. Kliniken wehren sich gegen den Vorwurf, die Eingriffe aus finanziellen Gründen zu steigern.

Position AOK Rheinland/Hamburg• Oder wird unnötig oft operiert, weil dieOder wird unnötig oft operiert, weil die

Krankenhäuser damit gutes Geld verdienen?

• Günter Wältermann, der neue Chef der AOK Rheinland/Hamburg, glaubt an Letzteres.

• Mit seiner Forderung, die Zahl der Operationen durch die Ausgabe von Zertifikaten zu begrenzen, hat er Kliniken und Ärzte mächtig aufgeschreckt.

Position KGNW• Die KGNW wittert eine „Kampagne

gegen die Kliniken“. • Durch technischen Fortschritt seien die

OP i l h d l f ühOPs viel schonender als früher.• Patienten, die unter starken Schmerzen

litten, entschieden sich daher häufiger für einen Eingriff, um wieder schmerzfrei und mobil zu sein.

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http://www.derwesten.de/wirtschaft/zu-viele-neue-hueften-und-knie-id6966799.htmlWAZ 10-08-2012

S ä fKeine deutsche Studie zur Häufigkeit der Arthrose!Holländische Studie am ehesten übertragbar!

In der holländischen Studie (wie auch inIn der holländischen Studie (wie auch in anderen Untersuchungen) wurde keine Angabe

zurzurdurchschnittlichen Häufigkeit der Arthrose

gemacht weil dadurch das Ausmaß desgemacht, weil dadurch das Ausmaß des Problems in höheren Altersgruppen

unterschätzt würde

G dh it i D t hl d 2 A fl F b 2007 B li R b t K h I tit t (ISBN 3 89606 173 9)

unterschätzt würde.

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Gesundheit in Deutschland; 2. Auflage Februar 2007; Berlin: Robert Koch-Institut (ISBN 3-89606-173-9)Van Saase J, Van Romunde L, Cats A et al. (1989) Epidemiology of osteoarthritis: Zoetermeer survey. Comparison of radiological osteoarthritis in a dutch population with that in 10 other populations. Ann Rheum Dis 48: 271 to 280

S äSchätzungen zum Vorliegen einer Arthrose

Nach neueren Untersuchungen aus dem Ausland lassen sich bei fünf bis 15 Prozent der Personen über 55 Jahren sowohl röntgenologisch objektivierbare Abnutzungserscheinungen als auch subjektiv erlebte Schmerzen und Beschwerden in den Kniegelenken feststellen.

In europäischen Studien, die das Vorliegen einer Arthrose nur durch klinische Erhebungen erfassten, liegt die Häufigkeit der g g gKniegelenksarthrose bei etwa zehn, die der Hüftarthrose bei rund fünf Prozent.

Wenn man mit aller Vorsicht diese Schätzungen auf Deutschland überträgt, ist davon auszugehen, dass sich bei 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung im sechsten Lebensjahrzehnt die röntgenologischen Zeichen einer Hüft- oder sec ste ebe sja e t d e ö tge o og sc e e c e e e ü t odeKniegelenksarthrose finden und etwa die Hälfte von ihnen unter Schmerzen leidet.

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Gesundheit in Deutschland; 2. Auflage Februar 2007; Berlin: Robert Koch-Institut (ISBN 3-89606-173-9)

G ( GS )Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98)

Es wurde nach dem Vorliegen einer Arthrose gefragt. Dabei bejahten 31 Prozent der 18- bis 79-jährigen Frauen und Männer die Frage nach einem irgendwann in der Vergangenheit ärztlich festgestellten "Gelenkverschleiß, (einer) Arthrose der Hüft- oder Kniegelenke bzw. der Wirbelsäule“

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g

Gesundheit in Deutschland; 2. Auflage Februar 2007; Berlin: Robert Koch-Institut (ISBN 3-89606-173-9)

( ) ö ä fArthrosepatient(inn)en gehören zu den häufigsten Klienten des Gesundheitssystems

Arthrose ist ein ausgesprochen häufiger Behandlungsgrund in der stationären wie ambulanten Versorgung. N h D t d Z t li tit t fü di k ä tli h V ähl Nach Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zählen sowohl die Kniegelenks- als auch die Hüftgelenksarthrose zu den zehn häufigsten Einzeldiagnosen in orthopädischen Praxen. A h All i di i d kti h Ä t Chi i Auch Allgemeinmediziner und praktische Ärzte, Chirurgen sowie hausärztliche Internisten werden häufig wegen Arthrosebeschwerdenaufgesucht.

Hüft- als auch die Kniegelenksarthrose gehören zu den 30 häufigsten Einzeldiagnosen bei stationären Aufenthalten

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Unterschiede im Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland, 1996 und 2040

Übernommen aus:

(Ch. Höhn, Hrsg.) Demographische Trends, Bevölkerungswissenschaft und Politikberatung, Opladen 1998, S. 143 (Abb. 1)

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üfHüftgelenksendoprothetik:Regionale Unterschiede nach Bundesländern 2009

Unterschiede

Faktor 2,6

Schäfer T.; Jeszenszky C.; et al: Regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme von Hüft- u. Knieendoprothesen.Knieendoprothesen. Krankenhausreport 2012 Hrsg. J. Klauber, M. Geraedts, J. Friedrich, Wasen J., Schattauer 2012

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2012

Kniegelenksendoprothetik:Regionale Unterschiede nach Kreisen 2005-2009

Unterschiede MännerMänner

Faktor 4,3

Schäfer T.; Jeszenszky C.; et al: Regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme von Hüft- u. Knieendoprothesen.Knieendoprothesen. Krankenhausreport 2012 Hrsg. J. Klauber, M. Geraedts, J. Friedrich, Wasen J., Schattauer 2012

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2012

I ti t Hi R l t 1 000 M di E ll b G dInpatient Hip Replacement per 1,000 Medicare Enrollees, by Gender(Gender: Overall; Year: 2007; Region Level: State)

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I i K R l 1 000 M di E ll b G dInpatient Knee Replacement per 1,000 Medicare Enrollees, by Gender(Gender: Overall; Year: 2007; Region Level: State)

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ä ä ( )Erklärungsansätze (international)

USA (Dartmouth Atlas Projekt) Faktor 4 Präferenzen der Versorger

• Detaillierte Analysen erfolgen nicht GroßbritannienGroßbritannien

Faktor 3 Alter Entfernung zum Versorgungszentrum

Dänemark Dänemark Unterschiede um bis zu 40% Untersucht:

• Dichte an orthopädischen Chirurgen, Alter, Bevölkerungsdichte, Arthosehäufigkeit, Schweregrad, Kosten oder Br ttoso ialprod ktKosten oder Bruttosozialprodukt.

Kein Ergebnis konnte die Unterschiede erklären. Finnland

Faktor 2-3 Untersucht: Populations- und Orthopädiedichte, sozioökonomische Faktoren, Distanz zum

Versorgungszentrum Kein Erklärungsansatz

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Schäfer T.; Jeszenszky C.; et al: Regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme von Hüft- u. Knieendoprothesen. Krankenhausreport 2012 Hrsg. J. Klauber, M. Geraedts, J. Friedrich, Wasen J. , Schattauer 2012

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Problemanzeigen

Oberflächenersatz am Hüftgelenk: Metall-Metall Kombination

Probleme:

Metallabrieb von Cobalt und Chrom

Dadurch Bildung von neuem, überschießenden Gewebe am Kunstgelenk

Dadurch Schmerzen und Lockerung: Fehlschläge !

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Prothesentypen

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Monokondylärer (unikompartimentaler) Ersatz (1)Schlittenprothese

Hohe asptische Lockerungsraten: 40 % in den ersten

10 Jahren !

Aber: durch die Möglichkeit minimal-invasiver

Techniken wieder steigende Operationszahlen.

Alternative: Umstellungsosteotomie bei Achsenfehlerng

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Monokondylärer (unikompartimentaler) Ersatz (2)Schlittenprothese

Indikation: ältere Patienten mit unikompartimentärer ArthroseArthrose

Intakten Bandverhältnissen

Keine Achsenfehler

Es gibt mittelfristige, ermutigende Ergebnisse ! Langfristergebnisse liegen nicht vor.

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Monokondylärer (unikompartimentaler) Ersatz (3)Schlittenprothese

Bei Fehlschlag der unikopartimentalen Schlittenprothese bleibt nur der

bikondyläre Ersatz. Diese Operation ist jedoch wegen der

vorangegangenen Knochenresektion für die Schlittenprothese nicht

unproblematisch, es handelt sich schon um eine TEP Wechsel p ,

Operation.

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Gelenkartroplastik-RevisionslastenBRD und CH

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roze

nt

Revisionslasten für Hüft- und Knieprothesen in Deutschland und der Schweiz. Bemerkenswert ist der nicht konstante Trend für beide

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Pr

Prothesentypen in CH. Von 2005-2007 sanken die Lasten und stiegen erst in 2008 wieder auf ein höheres Niveau als im Jahr 2005 an. Die Graphik zeigt zudem den vergleichsweise stärksten Anstieg

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2

2005 2006 2007 2008vergleichsweise stärksten Anstieg der Revisionslast für die OSG-Prothesen in der BRD. OSG oberes Sprunggelenk

Revisionlast THA BRD Revisionlast OSG BRD Revisionlast TKA BRDRevisionlast THA BRD Revisionlast TKA CH

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Der Orthopäde 2011

Endoprothetik in Deutschland

45 000

50.000 1.200

Hüft-Endoprothesen: Wechsel und Komponentenwechsel

35.000

40.000

45.000

1.000

1.100

20.000

25.000

30.000

800

900

8 323 1 696 19 1 2 19 6 3 21 830 22 03 23 269 2 119 2 645.000

10.000

15.000

700

800

8.323 17.696 19.152 19.653 21.830 22.703 23.269 25.119 25.6470

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011600

Fälle Anzahl der Krankenhäuser

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Fälle Anzahl der Krankenhäuser

Fazit

Keine Arthrosestudien in Deutschland Arthrosepatientinnen und -patienten gehören

zu den häufigsten Klienten des Gesundheitssystems

Zunahme Betagter bei Abnahme der GesamtbevölkerungGesamtbevölkerung

Zunahme der Prothetik und anderer medizinischer Leistungen

Kostenzunahme als Herausforderung für das Kostenzunahme als Herausforderung für das Gesundheitswesen

R i l U t hi d i d V Regionale Unterschiede in der Versorgung sind unübersichtlich.

Indikationsstellung wird wesentlicher

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Bestandteil der Qualitätssicherung