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Entertainment-Education

Fallbeispieleffekt

Furchtappelle

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Entertainment Education

• Nutzung unterhaltender Fernsehinhalte, um Informationen zu transportieren

• Erreichen von Zielpublika, an denen gängige Informationskampagnen vorbeigehen (Jugendliche, soziale Randgruppen, etc.)

• Wirkungsmechanismus: unbewusstes Lernen von Informationen während der Rezeption von unterhaltenden Inhalten durch ...

- Rollenmodelle

- Verschleierung der Tatsache, dass man lernen / überzeugt werden soll

„Entertainment-education is the process of purposely designing and implementing a media message to both entertain and educate, in order to increase audience members’ knowledge about an educational issue, create favorable attitudes, shift social norms, and change overt behavior.”

(Singhal et.al., 2004: 5)

Entertainment-Education

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Entertainment-Education

Studie zu HIV / Aids (Endres, 2006)

• Hintergrund

- Steigende Anzahl von HIV-Infektionen

(2600 Infektionen im Jahr 2005,

höchste Infektionsrate seit 1995)

- Sinkendes Bewusstsein um die Gefahren

- Informationsorientierte Kampagnen verfehlen ihr Ziel

• Experiment, Jugendliche (12 bis 15 Jahre)

- EG1: „Lindenstraße“ mit HIV-bezogener Handlung

- EG2: reine Informationssendungen über HIV

- KG: „Lindenstraße“ ohne HIV-bezogene Handlung

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Entertainment-Education

Studie zu HIV / Aids

• Vorgehen

- Schüler sahen eine Woche lang täglich Fernsehausschnitte

- Nachhermessung (drei Tag später): Wissen, Einstellungen und Verhaltensintentionen

bzgl. HIV und Verhütung

• Ergebnis

- Stärkerer Einfluss der „Lindenstraße“ auf Wissen, Einstellung und Verhaltensintentionen

bzgl. HIV und Verhütung als Informationssendungen

- Informationssendungen wiederum haben stärkeren Einfluss als Rezeption der

„Lindenstraße“ ohne HIV-Handlungsstrang

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Entertainment-Education

Wissen über HIV / Aids

0

2

4

6

8

Lindenstraße (HIV) Info (HIV) Lindenstraße (ohne HIV)

F=9,13, p<0,001

Basis: n=84; n (LS, HIV) = 28, n (Info, HIV) = 27, n (LS, KG) = 29Mittelwerte auf einer Skala von -32 bis + 26 Punkten (Index aus richtigen (Pluspunkt) und falschen Antworten (Minuspunkt), z.B. Abgrenzung HIV / Aids, Übertragungsmöglichkeiten, Behandlungsmöglichkeiten)

Wissenspunkte

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Entertainment-Education

Verhaltensintention: Safer Sex

1

2

3

4

5

Lindenstraße (HIV) Info (HIV) Lindenstraße (ohne HIV)

F=14,24, p<0,001

Basis: n=84; n (LS, HIV) = 28, n (Info, HIV) = 27, n (LS, KG) = 29Mittelwerte auf einer Skala von 1 (trifft über nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu)

„Ich hätte kein Problem damit, mit einem HIV-positiven Partner zu schlafen, solange wir immer ein Kondom benutzen.“

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt (z.B. Zillmann & Brosius, 2000)

• Fallbeispiele– Beschreibung Betroffener oder Wiedergabe ihrer Meinungen: �Interview mit dem

Mann auf der Stra�e�– Im Gegensatz zu summarischen Realit�tsbeschreibungen, die einen Sachverhalt

mit Tatsachen, Zahlen und Fakten abstrakt und systematisch beschreiben– Ziel: Veranschaulichung abstrakter Sachverhalte, Authentizit�t und Lebhaftigkeit

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt (z.B. Zillmann & Brosius, 2000)

• Fallbeispieleffekt

Fallbeispiele, die auf nicht repräsentativen Meinungen einzelner Personen basieren, beeinflussen die Wahrnehmung eines Problems stärker als die valideren summarischen Realitätsbeschreibungen.

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispielstudie (Zillmann et al., 1992)

• Stimulusartikel: Gewichtszunahme nach einer Di�t

• Faktor 1: Summarische Realit�tsbeschreibung: Ein Drittel der Personen, die

die Di�t gemacht hatten, hat wieder zugenommen (2 Versionen:

Prozentangabe, ungef�hres Verh�ltnis).

• Faktor 2: Variation der Fallbeispiele:– selektiv: alle Fallbeispiele haben zugenommen– gemischt: die Hälfte hat zugenommen– repräsentativ: ein Drittel hat zugenommen

• Faktor 3: Abfrage unmittelbar nach Stimuluspr�sentation, 2 Wochen sp�ter

• AV: Einsch�tzung, wie viele Personen nach ihrer Di�t wieder zugenommen

haben

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0

20

40

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80

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FB alle (selektiv) FB Hälfte (gemischt) FB Drittel (repräsentativ)

unmittelbar danach2 Wochen später

Fallbeispieleffekt

Fallbeispielstudie: Ergebnis

Basis: n=213

Häufigkeitseinschätzung: Wieviel Prozent nehmen wieder zu?

Prozent

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt: weitere Wirkungsarten (Daschmann, 2001)

• Wirkungsobjekte– Realit�tsvorstellungen: Fallbeispiele beeinflussen Wahrnehmung von

Meinungsklimata, H�ufigkeitseinsch�tzungen und Risikowahrnehmung– Kausalattribution: Rezipienten sehen bei Fallbeispielen Schuld eher bei

pr�sentierten Personen als bei summarischen Realit�tsbeschreibungen, Befunde allerdings etwas heterogen

– Pers�nliche Meinung: Fallbeispiele beeinflussen vermutlich auch pers�nliche Meinung, Befunde allerdings etwas heterogen

• Wirkungsmodalit�ten

– Wirkungsdauer: unklar, einzelne Studien belegen mittel- oder langfristige Effekte

– Wirkungsst�rke: am st�rksten bei Realit�tsvorstellungen (Varianzanteil 42 bis 76 %), moderate Effekte auf Kausalattribution, schwacher Einfluss auf eigene Meinung

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt: Auf der Suche nach den Ursachen (Daschmann, 2001)

• Merkmale der Fallbeispiele– Zitatcharakter: Verst�rkt Effekt, erkl�rt ihn aber nicht– Dramatik und Lebhaftigkeit: geringer verst�rkender Einfluss– Bebilderung, soziale �hnlichkeit, Aussagegehalt: kein Einfluss

• Merkmale der summarischen Realit�tsbeschreibung

– Pr�zision: geringf�gig st�rkerer Einfluss, wenn summarische Aussagen ungenauer

– Betonung (Informationsumfang): kein Einfluss

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt: Auf der Suche nach den Ursachen (Daschmann, 2001)

• Darstellungsmerkmale– Thema: Fallbeispieleffekt bei fiktiven sozialen und aktuellen politischen

Themen, Fallbeispieleffekt nicht themenspezifisch– Pr�sentationsmedium: Fallbeispieleffekt unabh�ngig vom Medium

(H�rfunk, TV, Tageszeitung, Zeitschriften)

• Rezipientenmerkmale

– Geschlecht: kein Einfluss– �hnlichkeit zwischen Rezipient und Fallbeispielen: kein Einfluss– Empathie: kein Einfluss– Involvement: kein Einfluss– Voreinstellung: kontr�re Voreinstellungen reduzieren Effekt, schwach

belegt

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Fallbeispieleffekt

Fallbeispieleffekt: Zusammenfassung• Fallbeispiele beeinflussen Wahrnehmung eines Problems, Kausalattribution

und eigene Meinung st�rker als die summarische Realit�tsbeschreibung

• d.h. Menschen sch�tzen Gr�� e und Art eines Risikos eher aufgrund einer

Einzelfallinformation ein und vernachl�ssigen eigentlich validere statistische

Informationen

• Der Fallbeispieleffekt ist weitgehend unabh�ngig von Darstellungs- und

Rezipientenmerkmalen

• Erkl�rungsansatz geht auf heuristische Informationsverarbeitung

(Verf�gbarkeitsheuristik, Repr�sentativit�tsheuristik) zur�ck

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Furchtappell

Furchtappell - Forschungsstand• Forschungslage noch immer recht disparat

• Vermutung: umgedrehte U-Funktion (d.h. bei

zu geringem und zu starkem Furchtappell

geringere Effekte)

• Bedingungen (Job, 1988) – Zielgruppenmitglieder f�hlen sich schon vorher

von dem Problem betroffen – bef�rchtetes Ereignis trifft bald ein – Lieferung von Verhaltensalternativen – Angstniveau muss durch das gew�nschte

Gesundheitsverhalten reduzierbar sein – Adressaten werden darin best�rkt, dass das

gew�nschte Verhalten auch geleistet werden kann (Self und Rogers, 1990)

Quelle: Vögele (2007)

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Literatur

Literatur

� Daschmann, G. (2001). Der Einfluß von Fallbeispielen auf Leserurteile. Experimentelle Untersuchungen zur Medienwirkung. Konstanz: UVK.

� Endres, S. (2006). Vergessen steckt an! Ein Intensivexperiment zur Persuasionswirkung von Entertainment-Education am Beispiel der HIV/AIDS-Problematik in der „Lindenstraße“ verglichen mit Informationssendungen. Unveröffentlichte Magisterarbeit.

� Job, R.F.S. (1988). Effective and ineffective use of fear in health promotion campaigns. American Journal of Public Health, 78, 163-167.

� Self, C.A. & Rogers, R.W. (1990). Coping with threats to health: Effects of persuasive appeals on depressed, normal, and antisocial personalities. Journal of Behavioral Medicine, 13, 343-357.

� Singhal, A., Cody, M.J., Rogers E.M., Sabido, M. (Hrsg.) (2004): Entertainment-Education and SocialChange. History, Research, and Practice. Mahwah, NJ: Erlbaum.

� Vögele, C. (2007). Gesundheitsförderung und Gesundheitsprävention. In Kerr, J., Weitkunat, R. & Moretti, M. (Hrsg.), ABC der Verhaltensänderung. Der Leitfaden für erfolgreiche Prävention und Gesundheitsförderung (S. 293-312). München, Jena: Urban & Fischer.

� Zillmann, D. & Brosius, H.-B. (2000). Exemplification in communication: The influence of case reports on the perception of issues. Mahwah, NJ: Erlbaum.

� Zillmann, D., Perkins, J.W. & Sundar, S.S. (1992). Impression-formation effects of printed news varying in descriptive precision and exemplifications. Medienpsychologie: Zeitschrift für Individual- und Massenkommunikation, 4, 168-185, 239-240.