ENTSCHEIDUNGEN€¦ · August 2013 erteilte US-Patent 8 501 723 und die daraus am 2. Juli 2013...

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2020 Heft 4 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 133 Blatt für PMZ, Hrsg.: DPMA, © Carl Heymanns Verlag, Unberechtigte Vervielfältigung verboten Mit dem in Absatz 1 genannten Namen wird ein Er- zeugnis der Klasse 2.21. Fertigmahlzeiten gemäß Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2014 der Kommission 3 ausgewiesen. 3 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2014 der Kommission vom 13. Juni 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Quali- tätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 36). Artikel 2 Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 77 vom 13. März 2020, 1f. (https://eur-lex.europa.eu/oj/direct-access.html) ENTSCHEIDUNGEN Bundesgerichtshof ArbNErfG § 5 Abs. 1 und Abs. 2 in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung (Fesoterodinhydrogenfumarat) a) Dem Schriftformerfordernis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Arb- NErfG aF ist Genüge getan, wenn dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugeht. Darüber hinausgehende Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber ergeben sich aus dieser Vorschrift nicht. b) Der Annahme einer gesonderten Meldung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen in einem Schreiben zusammenfasst, solange diese dasselbe technische Pro- blem betreffen und auf einem gemeinsamen Lösungsan- satz beruhen und die Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs als solche erkennbar ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.4.2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 1 – Initialidee). c) Bei Beteiligung mehrerer Mitarbeiter an einer Erfin- dung genügt die Meldung eines Mitarbeiters den Anfor- derungen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF, wenn der Arbeitgeber ihr entnehmen kann, dass Miterfinder betei- ligt waren und wie er diese und deren Anteile ermitteln kann. Welchen Detaillierungsgrad die Meldung insoweit aufweisen muss, hängt insbesondere davon ab, welche Kenntnisse der Arbeitnehmer hat oder sich unschwer ver- schaffen kann. Danach ist der Arbeitnehmer in der Regel gehalten, die Miterfinder aus seinem eigenen Verant- wortungsbereich konkret zu benennen. Hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens genügt grundsätzlich die Angabe der be- treffenden Organisationseinheit (Fortführung von BGH, Urt. v. 18.3.2003 – X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 – Ge- häusekonstruktion). BGB § 117 Abs. 1 a) Eine Vereinbarung, in der ein Arbeitnehmer Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber überträgt mit dem Zweck, diesem die Anmeldung von Schutzrechten zu er- möglichen, stellt kein Scheingeschäft dar. b) Überträgt der Arbeitnehmer auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung Rechte an einer Erfindung, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfin- dung ausgeht, kann er gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlangen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertragung getä- tigten Anmeldungen erlangt hat, wenn sich später her- ausstellt, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde. BGH, Urteil vom 17.12.2019 – X ZR 148/17 (OLG Düsseldorf). Tatbestand Der Kläger ist Apotheker und war von 1998 bis April 2005 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfol- 1 BlPMZ 2011, 300 f. gend: Beklagte) beschäftigt und dort als Miterfinder an einer Diensterfindung mit der internen Bezeichnung »SPM 907 Fesoterodinhydrogenfumarat Retardtablette« beteiligt. Aus dieser Erfindung sind das am 22. Januar 2010 ange- meldete und am 6. August 2013 erteilte US-Patent 8 501 723 und die daraus am 2. Juli 2013 durch Teilung abgeleitete US-Patentanmeldung 13/933 788 hervorgegangen, die Arz- neimittelzusammensetzungen mit Fesoterodin betreffen. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Einräumung einer Mit- berechtigung an diesen Schutzrechten und auf Feststellung eines Erfinderanteils in Anspruch. Der Kläger übermittelte dem damaligen Leiter der Pa- tentabteilung der Beklagten per Hauspost ein von ihm unterschriebenes Schreiben vom 26. Januar 2005 mit der Überschrift »SPM 907 (Fesoterodinhydrogenfumarat) Re- tardtablette Galenische Entwicklung/Schutzrechte«, dem drei Anlagen beigefügt waren. Das Schreiben ging am 28. Januar 2005 bei der Patentabteilung der Beklagten ein. Das Schreiben enthält nähere Angaben über den Hin- tergrund, das Zustandekommen und den Gegenstand der Entwicklung. Unter der Überschrift »Patentaspekte« wird ausgeführt, die Frage, in welchem Umfang sich aus der Entwicklungsarbeit patentierbare Sachverhalte ableiten ließen, bedürfe sorgfältiger Prüfung. An der Entwicklung seien die Arbeitsgruppen »Formulierung« und »Analytik« beteiligt. Für die Gruppe »Formulierung«, der er selbst an- gehörte, schlug der Kläger einen Anteil von 30 % vor. Er- gänzend regte er an, die Aufteilung innerhalb der Gruppe »Analytik« einem von ihm namentlich benannten Mitglied dieser Gruppe zu überlassen. Am 7. Februar 2005 leitete der Kläger einen Gegenvor- schlag seines Kollegen von der Gruppe »Analytik« vom 28. Januar 2005 per E-Mail an den Leiter der Patentabtei- lung der Beklagten weiter. Darin wird eine Verteilung auf beide Gruppen zu gleichen Teilen vorgeschlagen. Der Klä- ger teilte mit, dass er damit einverstanden sei. Am 8. April 2005 forderte die Beklagte den Kläger auf, eine Erfindungsmeldung unter Verwendung des bei ihr ge- bräuchlichen Formblatts zu machen. Dieser Aufforderung kam der Kläger am 15. April 2005 nach. Dem ausgefüllten Formblatt war ein Schreiben nebst Anlagen 1 bis 3 beige- fügt, das wie das Formblatt das Datum vom 15. April 2005 trägt, und inhaltlich mit dem Schreiben des Klägers vom 26. Januar 2005 übereinstimmt. Lediglich die Ausführun- gen über Patentaspekte wurden wie folgt geändert: »In welchem Umfang sich aus der geleisteten Entwick- lungsarbeit patentierbare Sachverhalte ableiten lassen, be- darf selbstverständlich einer sorgfältigen Prüfung. Natür- lich sollten hierbei auch die übrigen an der Entwicklung maßgeblich beteiligten Personen mitwirken. Nach Auf- fassung des Unterzeichners ist die erreichte Stabilisierung eines Phenolesters durch Interaktion mit Xylitol neuartig, insbesondere, da sie auch in Gegenwart von Wasser die Hy- drolyse deutlich unterdrückt. 2 « Ferner wurden anstelle des ursprünglichen Vorschlags eine hälftige Aufteilung auf die beiden Gruppen vorge- schlagen und die auf die einzelnen Mitarbeiter entfallenen Anteile mit Prozentangaben beziffert. 2 im Original »unterstrichen«, hier »kursiv« – redaktionelle Anpassung an das Layout im BlPMZ

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2020 Heft 4 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 133

Blatt für PMZ, Hrsg.: DPMA, © Carl Heymanns Verlag, Unberechtigte Vervielfältigung verboten

Mit dem in Absatz 1 genannten Namen wird ein Er-zeugnis der Klasse 2.21. Fertigmahlzeiten gemäß Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2014 der Kommission3 ausgewiesen.

3 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2014 der Kommission vom 13. Juni 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Quali-tätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 36).

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 77 vom 13. März 2020, 1f. (https://eur-lex.europa.eu/oj/direct-access.html)

EN TSCH EIDU NGEN

Bundesgerichtshof

ArbNErfG § 5 Abs. 1 und Abs. 2 in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung (Fesoterodinhydrogenfumarat)

a) Dem Schriftformerfordernis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Arb-NErfG aF ist Genüge getan, wenn dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugeht. Darüber hinausgehende Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber ergeben sich aus dieser Vorschrift nicht.

b) Der Annahme einer gesonderten Meldung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen in einem Schreiben zusammenfasst, solange diese dasselbe technische Pro-blem betreffen und auf einem gemeinsamen Lösungsan-satz beruhen und die Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs als solche erkennbar ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.4.2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 7331 – Initialidee).

c) Bei Beteiligung mehrerer Mitarbeiter an einer Erfin-dung genügt die Meldung eines Mitarbeiters den Anfor-derungen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF, wenn der Arbeitgeber ihr entnehmen kann, dass Miterfinder betei-ligt waren und wie er diese und deren Anteile ermitteln kann. Welchen Detaillierungsgrad die Meldung insoweit aufweisen muss, hängt insbesondere davon ab, welche Kenntnisse der Arbeitnehmer hat oder sich unschwer ver-schaffen kann. Danach ist der Arbeitnehmer in der Regel gehalten, die Miterfinder aus seinem eigenen Verant-wortungsbereich konkret zu benennen. Hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens genügt grundsätzlich die Angabe der be-treffenden Organisationseinheit (Fortführung von BGH, Urt. v. 18.3.2003 – X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 – Ge-häusekonstruktion).

BGB § 117 Abs. 1

a) Eine Vereinbarung, in der ein Arbeitnehmer Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber überträgt mit dem Zweck, diesem die Anmeldung von Schutzrechten zu er-möglichen, stellt kein Scheingeschäft dar.

b) Überträgt der Arbeitnehmer auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung Rechte an einer Erfindung, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfin-dung ausgeht, kann er gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlangen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertragung getä-tigten Anmeldungen erlangt hat, wenn sich später her-ausstellt, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde.

BGH, Urteil vom 17.12.2019 – X ZR 148/17 (OLG Düsseldorf).

Tatbestand

Der Kläger ist Apotheker und war von 1998 bis April 2005 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfol-

1 BlPMZ 2011, 300 f.

gend: Beklagte) beschäftigt und dort als Miterfinder an einer Diensterfindung mit der internen Bezeichnung »SPM 907 Fesoterodinhydrogenfumarat Retardtablette« beteiligt. Aus dieser Erfindung sind das am 22. Januar 2010 ange-meldete und am 6. August 2013 erteilte US-Patent 8 501 723 und die daraus am 2. Juli 2013 durch Teilung abgeleitete US-Patentanmeldung 13/933 788 hervorgegangen, die Arz-neimittelzusammensetzungen mit Fesoterodin betreffen. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Einräumung einer Mit-berechtigung an diesen Schutzrechten und auf Feststellung eines Erfinderanteils in Anspruch.

Der Kläger übermittelte dem damaligen Leiter der Pa-tentabteilung der Beklagten per Hauspost ein von ihm unterschriebenes Schreiben vom 26. Januar 2005 mit der Überschrift »SPM 907 (Fesoterodinhydrogenfumarat) Re-tardtablette Galenische Entwicklung/Schutzrechte«, dem drei Anlagen beigefügt waren. Das Schreiben ging am 28. Januar 2005 bei der Patentabteilung der Beklagten ein.

Das Schreiben enthält nähere Angaben über den Hin-tergrund, das Zustandekommen und den Gegenstand der Entwicklung. Unter der Überschrift »Patentaspekte« wird ausgeführt, die Frage, in welchem Umfang sich aus der Entwicklungsarbeit patentierbare Sachverhalte ableiten ließen, bedürfe sorgfältiger Prüfung. An der Entwicklung seien die Arbeitsgruppen »Formulierung« und »Analytik« beteiligt. Für die Gruppe »Formulierung«, der er selbst an-gehörte, schlug der Kläger einen Anteil von 30 % vor. Er-gänzend regte er an, die Aufteilung innerhalb der Gruppe »Analytik« einem von ihm namentlich benannten Mitglied dieser Gruppe zu überlassen.

Am 7. Februar 2005 leitete der Kläger einen Gegenvor-schlag seines Kollegen von der Gruppe »Analytik« vom 28. Januar 2005 per E-Mail an den Leiter der Patentabtei-lung der Beklagten weiter. Darin wird eine Verteilung auf beide Gruppen zu gleichen Teilen vorgeschlagen. Der Klä-ger teilte mit, dass er damit einverstanden sei.

Am 8. April 2005 forderte die Beklagte den Kläger auf, eine Erfindungsmeldung unter Verwendung des bei ihr ge-bräuchlichen Formblatts zu machen. Dieser Aufforderung kam der Kläger am 15. April 2005 nach. Dem ausgefüllten Formblatt war ein Schreiben nebst Anlagen 1 bis 3 beige-fügt, das wie das Formblatt das Datum vom 15. April 2005 trägt, und inhaltlich mit dem Schreiben des Klägers vom 26. Januar 2005 übereinstimmt. Lediglich die Ausführun-gen über Patentaspekte wurden wie folgt geändert:»In welchem Umfang sich aus der geleisteten Entwick-lungsarbeit patentierbare Sachverhalte ableiten lassen, be-darf selbstverständlich einer sorgfältigen Prüfung. Natür-lich sollten hierbei auch die übrigen an der Entwicklung maßgeblich beteiligten Personen mitwirken. Nach Auf-fassung des Unterzeichners ist die erreichte Stabilisierung eines Phenolesters durch Interaktion mit Xylitol neuartig, insbesondere, da sie auch in Gegenwart von Wasser die Hy-drolyse deutlich unterdrückt.2«

Ferner wurden anstelle des ursprünglichen Vorschlags eine hälftige Aufteilung auf die beiden Gruppen vorge-schlagen und die auf die einzelnen Mitarbeiter entfallenen Anteile mit Prozentangaben beziffert.

2 im Original »unterstrichen«, hier »kursiv« – redaktionelle Anpassung an das Layout im BlPMZ

Page 2: ENTSCHEIDUNGEN€¦ · August 2013 erteilte US-Patent 8 501 723 und die daraus am 2. Juli 2013 durch Teilung abgeleitete US-Patentanmeldung 13/933 788 hervorgegangen, die Arz - neimittelzusammensetzungen

134 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 122. Jg. / 2020

Blatt für PMZ, Hrsg.: DPMA, © Carl Heymanns Verlag, Unberechtigte Vervielfältigung verboten

Mit Schreiben vom 3. Juni 2005 erklärte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Erfindungsmeldung vom 15. Ap-ril 2005, sie nehme die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch.

Seit 2007 verhandeln die Parteien (ergebnislos) über eine Vergütungsvereinbarung. Der Kläger macht geltend, er habe die Diensterfindung bereits mit dem Schreiben vom 26. Januar 2005 gemeldet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Beru-fungsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Mitberechtigung an dem erteilten Patent und der noch anhängigen Anmeldung einzuräumen, und zwar Zug um Zug gegen die anteilige Erstattung der von der Beklagten aufgewendeten Schutzrechtskosten, und gegenüber dem US-amerikanischen Patentamt in die Umschreibung des Patents und der Patentanmeldung auf den Kläger als Mit-inhaber einzuwilligen. Ferner hat es festgestellt, dass der Kläger hinsichtlich seines Anteils der am 26. Januar 2005 gemeldeten Diensterfindung weiterhin materiell Berechtig-ter sei. Soweit der Kläger abgetretene Ansprüche einer der beteiligten Mitarbeiterinnen geltend gemacht hat, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-teils. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des ange-fochtenen Urteils im beantragten Umfang und zur Zurück-verweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Einräumung einer Mitberechtigung an den auf die Erfindung angemeldeten und erteilten Schutzrechten zu. Die Beklagte habe die Er-findung nicht wirksam in Anspruch genommen. Die hier-für in § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG in der für den Streitfall maßgeblichen, bis 30. September 2009 geltenden Fassung normierte Frist sei am 3. Juni 2005 bereits abgelaufen ge-wesen.

Das Schreiben des Klägers vom 26. Januar 2005 werde den Anforderungen an eine gesonderte schriftliche Erfin-dungsmeldung nach § 5 Abs. 1 ArbNErfG aF ganz offen-sichtlich gerecht. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel dar-an, dass es sich um eine gesonderte Erklärung handle. Die gegenteilige Annahme des Landgerichts verkenne, dass das Schreiben und die ihm beigefügten Anlagen ein inhalt-lich zusammengehörendes Dokument darstellten, das sich einem einheitlichen Thema widme. Genauso wenig über-zeugend sei die Annahme des Landgerichts, es handle sich lediglich um einen Tätigkeitsbericht. Wortlaut und Inhalt des Schreibens ließen für eine dahingehende Interpretation schlechterdings keinen Raum. Dies folge bereits aus dem Zeitpunkt des Schreibens, das nach Abschluss der Untersu-chungen erstellt worden sei. Dementsprechend werde nicht über Zwischenergebnisse berichtet, sondern über endgülti-ge Erkenntnisse. Exakt in diesem Sinne sei auch der Inhalt des Schreibens abgefasst. Eventuell verbleibende Zweifel seien jedenfalls durch die Ausführungen zur Anteilsvertei-lung ausgeräumt worden. Gestützt werde dieses Ergebnis durch den Umstand, dass die Beklagte gegen die Meldung des Klägers vom 15. April 2005 nichts erinnert habe. Eine Verschiebung des Beginns der Frist zur Inanspruchnahme der Erfindung ergebe sich weder daraus, dass der Kläger auf Bitten der Beklagten die Erfindung unter Verwendung eines Formblatts erneut gemeldet habe, noch aus dem Um-stand, dass der Kläger den Anteil der von ihm geleiteten Gruppe »Formulierung« an der Erfindung zunächst auf 30 % veranschlagt und später auf 50 % heraufgesetzt habe. Für eine wirksame Erfindungsmeldung sei nur eine Be-nennung der beteiligten Mitarbeiter und ihrer sachlichen Beiträge zu der Erfindung erforderlich, nicht hingegen eine Quantifizierung der daraus resultierenden Anteile an der Erfindung. Angaben hierzu seien lediglich als Anregungen an den Arbeitgeber anzusehen.

Dass der Kläger am 20. November 2007 eine von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformulierte Vereinba-rung zur Übertragung der Rechte an den streitgegenständ-lichen Erfindungen (Assignment) unterzeichnet habe, habe nicht zu einem Übergang des Erfindungsanteils des Klägers auf die Beklagte geführt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger darin den Erhalt einer Vergütung bescheinigt, eine solche unstreitig bisher aber nicht erhalten habe, sprächen die Gesamtumstände dafür, dass es sich bei dieser Verein-barung um ein Scheingeschäft handle, bei dem weder der Kläger noch die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen auf die Übertragung des klägerischen Erfindungsanteils gerichteten Rechtsbindungswillen gehabt hätten, und dass der einzige Zweck dieser Vertragsurkunde darin bestan-den habe, für das US-Patentamt den äußeren Schein einer Übertragung der Erfindung auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten hervorzurufen.

Der dem Kläger zustehende Anspruch sei auch nicht verwirkt. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger frühes-tens 2013, seit er anwaltlich beraten sei, von dem zu seinen Gunsten bestehenden Vindikationsanspruch Kenntnis er-halten habe. Der danach verstrichene Zeitraum von zwei-einhalb Jahren bis zur Klageerhebung reiche nicht aus, um die Durchsetzung des Anspruchs als missbräuchlich und treuwidrig anzusehen.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

Die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen vermögen seine Schlussfolgerung, die in § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG aF normierte Frist für die Inanspruchnahme der Diensterfindung habe bereits am 28. Januar 2005 begon-nen, nicht zu tragen.

1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Schrei-ben des Klägers vom 26. Januar 2005 könne schon deshalb nicht als Erfindungsmeldung angesehen werden, weil es keinen Adressaten angebe, insbesondere nicht an die Pa-tentabteilung der Beklagten gerichtet sei, sondern lediglich einen Verteiler für Kopien enthalte.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG in der für den Streit-fall maßgeblichen, bis 30. September 2009 geltenden Fas-sung hat ein Arbeitnehmer, der eine Diensterfindung ge-macht hat, diese unverzüglich dem Arbeitgeber gesondert schriftlich zu melden. Hierzu muss dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugehen.

Über dieses Erfordernis hinaus ergeben sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF keine Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber. Darüber hinausgehende Anforderungen können gemäß § 22 Satz 1 ArbNErfG auch nicht vertraglich festgelegt werden.

Im Streitfall hat der damalige Leiter der Patentabteilung der Beklagten die vom Kläger unterschriebene Mitteilung vom 26. Januar 2005 zwei Tage später im Original erhalten. Damit ist dem Schriftformerfordernis des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF Genüge getan.

2. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, es fehle an einer gesonderten Meldung.

a) Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht insoweit davon ausgegangen, dass das Schreiben vom 26. Januar 2005 und die ihm beigefügten Anlagen als Einheit zu be-trachten sind. Deshalb ist es unschädlich, wenn einzelne für die Beurteilung erhebliche Informationen nicht in dem Schreiben selbst enthalten sind, sondern in einer Anlage.

b) Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es an einer gesonderten Meldung nicht deshalb, weil der Kläger verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Dar-reichungsformen aufgezeigt hat.

Das Erfordernis einer gesonderten Meldung dient dem Zweck, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitgeber eine Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs nicht rechtzeitig als solche erkennt. Des-halb darf die Meldung nicht in andere Berichte eingefügt werden (BGH, Urt. v. 12.4.2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 Rn. 12 – Initialidee).

Ob der Arbeitnehmer in bestimmten Konstellationen darüber hinaus gehalten ist, für mehrere Erfindungen je-

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2020 Heft 4 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 135

Blatt für PMZ, Hrsg.: DPMA, © Carl Heymanns Verlag, Unberechtigte Vervielfältigung verboten

weils eine eigene Meldung abzugeben, bedarf keiner Ent-scheidung. Im Streitfall war der Kläger jedenfalls deshalb nicht gehindert, alle Ergebnisse in einem Schreiben zu-sammenzufassen, weil sie dasselbe technische Problem betrafen und die einzelnen Lösungsvorschläge auf einem gemeinsamen Lösungsansatz beruhten, der, wie auch die Beklagte nicht verkennt, im weiteren Verlauf sogar im Mit-telpunkt stand.

3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ent-schieden, dass die Mitteilung vom 26. Januar 2005 nicht deshalb unzureichend ist, weil darin nicht alle Miterfinder und deren Anteile angegeben sind oder weil der Kläger die Angaben zu den auf die beteiligten Arbeitsgruppen entfal-lenden Anteilen später korrigiert hat.

a) Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF soll die Meldung allerdings unter anderem die Mitarbeiter sowie Art und Umfang ihrer Mitarbeit angeben und hervorheben, was der meldende Arbeitnehmer als seinen eigenen Anteil ansieht. Diese Angaben stehen nicht im Ermessen des Arbeitneh-mers. Die Meldung muss auch insoweit so gestaltet sein, dass der Arbeitgeber eine sachgerechte Entscheidung tref-fen kann. Hierzu benötigt der Arbeitgeber Angaben über die Beteiligung Dritter, weil er bei einer Mehrzahl von be-teiligten Miterfindern für jeden gesondert eine Vergütung schuldet (BGH, Urt. v. 18.3.2003 – X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 – Gehäusekonstruktion).

Diesen Anforderungen genügt eine Meldung grund-sätzlich aber schon dann, wenn der Arbeitgeber ihr ent-nehmen kann, dass Miterfinder beteiligt waren und wie er diese und deren Anteile ermitteln kann. Welchen Detail-lierungsgrad die Meldung danach aufweisen muss, hängt insbesondere davon ab, welche Kenntnisse der Arbeitneh-mer hat oder sich unschwer verschaffen kann. So ist er in der Regel gehalten, die Miterfinder, die in seinem eigenen Verantwortungsbereich tätig waren, konkret zu benennen. Zu darüber hinausgehenden Ermittlungen ist er hingegen grundsätzlich nicht verpflichtet. Wenn ihm bekannt ist, dass Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Unternehmens beteiligt sind, genügt deshalb grundsätzlich die Angabe der betreffenden Organisationseinheit.

Ausgehend von diesem Maßstab ist die Mitteilung vom 26. Januar 2005 im Streitfall nicht deshalb unzureichend, weil der Kläger die Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe »Analytik« nicht namentlich benannt hat. Der Kläger ge-hörte dieser Gruppe nicht an und war deshalb nicht gehal-ten, Ermittlungen zu Art und Umfang der Beteiligung von Mitgliedern dieser Gruppe anzustellen. Vielmehr genügte die Mitteilung, dass Mitglieder dieser Gruppe an der Er-findung beteiligt sind.

b) Angaben zu den Anteilen von Miterfindern kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur informatorischer Charakter zu, weil jeder Miterfinder zu einer eigenen Er-findungsmeldung verpflichtet ist. Selbst wenn ein einzel-ner Arbeitnehmer seinen eigenen Anteil zu hoch bewertet, kann er sowohl im Falle einer Inanspruchnahme als auch im Falle eines Freiwerdens der Erfindung Rechte daran nur in dem Umfang erwerben, wie sie ihm im Verhältnis zu den anderen Miterfindern zustehen (BGH, Urt. v. 14.2.2017 – X ZR 64/17, GRUR 2017, 5043 Rn. 47 – Lichtschutzfolie).

Hieraus hat das Berufungsgericht zutreffend die Schlussfolgerung gezogen, dass die Mitteilung vom 26. Ja-nuar 2005 nicht deshalb unzureichend ist, weil der Kläger den darin enthaltenen Vorschlag zur Verteilung der Anteile auf die beiden Arbeitsgruppen später korrigiert hat.

Wenn ein Arbeitnehmer überobligationsmäßig Vor-schläge zur Verteilung der Miterfinderanteile macht, darf dies grundsätzlich nicht dazu führen, dass er schlechter steht, als wenn er von solchen Vorschlägen abgesehen hät-te. Ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, wenn die Vorschläge in der Weise irreführend sind, dass der Arbeit-geber an einer sachgerechten Entscheidung gehindert ist, bedarf keiner Entscheidung. Diesbezügliche Anhaltspunk-te sind im Streitfall weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

4. Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ansprüche des Klägers nicht verwirkt sind.

3 BlPMZ 2017, 206 ff.

Die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für eine Verwirkung vorliegen, ist grundsätzlich dem Tat-richter vorbehalten (BGH, Urt. v. 19.12.2000 – X ZR 150/98, BGHZ 146, 217, 223 – Temperaturwächter).

Im Streitfall lässt die vom Berufungsgericht vorgenom-mene Würdigung keinen revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler erkennen.

Die vom Berufungsgericht angestellte Erwägung, es sei davon auszugehen, dass der Kläger frühestens seit 2013 Kenntnis von dem bestehenden Vindikationsanspruch ge-habt habe, vermag den Einwand der Verwirkung aller-dings nicht auszuschließen. Ein Anspruch kann auch dann verwirkt sein, wenn er dem Berechtigten unbekannt war (BGH, Urt. v. 27.6.1957 – II ZR 15/56, BGHZ 25, 47; Beschl. v. 23.1.2018 – XI ZR 298/17, NJW 2018, 1390 Rn. 17).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts wird aber durch die von ihm getroffene Feststellung getragen, dass auch aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte für einen mög-lichen Vindikationsanspruch bestanden. Mangels solcher Anhaltspunkte konnte auf Seiten der Beklagten in Bezug auf eventuelle Ansprüche des Klägers kein Vertrauens-tatbestand entstanden sein, zumal die seit 2007 geführten Verhandlungen über eine Vergütung des Klägers nie zu einem Abschluss gelangt sind.

5. Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner entschie-den, dass eine mit dem Schreiben vom 26. Januar 2005 wirksam in Lauf gesetzte Frist durch die Erfindungsmel-dung vom 15. April 2005 nicht nachträglich von neuem be-gonnen hat.

Wie der Senat bereits entschieden hat, bedarf die An-nahme, ein Arbeitnehmer wolle die ihm aus einer wirksa-men Erfindungsmeldung erwachsene Rechtsposition aufge-ben, besonderer Anhaltspunkte. Dies gilt auch dann, wenn die wirksam in Lauf gesetzte Frist zur Inanspruchnahme der Erfindung noch nicht abgelaufen ist (BGH, GRUR 2017, 504 Rn. 28 – Lichtschutzfolie).

Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass solche Anhaltspunkte im Streitfall nicht gegeben sind, hält der re-visionsrechtlichen Überprüfung stand.

6. Im Ergebnis ebenfalls zutreffend hat das Berufungs-gericht entschieden, dass die Übertragungsvereinbarung vom 20. November 2007 den Klageansprüchen nicht ent-gegensteht.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann diese Vereinbarung allerdings nicht als Scheinge-schäft angesehen werden, wenn sie den Zweck hatte, der Beklagten die Anmeldung von Schutzrechten in den Ver-einigten Staaten zu ermöglichen.

Diesen Zweck konnten die Parteien nur durch eine wirk-same Erklärung erreichen. Deshalb kann jedenfalls auf der Grundlage des deutschen Rechts nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien die vereinbarte Rechtsfolge nicht eintreten lassen wollten.

b) Selbst wenn eine Rechtsübertragung danach wirk-sam war, steht dies Ansprüchen des Arbeitnehmers auf (Rück-)Übertragung nicht entgegen, wenn beide Seiten da-von ausgegangen sind, dass die Rechte an der Erfindung nach deutschem Recht schon kraft Inanspruchnahme ge-mäß den Vorschriften des Gesetzes über Arbeitnehmerer-findungen auf den Arbeitgeber übergegangen sind.

aa) Entgegen einer verbreiteten Auffassung (OLG Düs-seldorf, Urt. v. 18.9.2003 – 2 U 70/99, GRUR-RR 2004, 163; LG Düsseldorf, Urt. v. 1.3.2011 – 4b O 124/08, juris Rn. 61; OLG Frankfurt, Urt. v. 8.3.2007 – 6 U 92/06, OLGR Frank-furt 2008, 854, 855) fehlt es zwar auch in solchen Fällen jedenfalls nach deutschem Recht nicht an dem für eine Rechtsübertragung erforderlichen Erklärungsbewusstsein.

Beide Seiten wissen und wollen in solchen Fällen, dass die zur Anmeldung eines US-Patents erforderliche Rechts-stellung auf den Arbeitgeber übergeht.

bb) Der zum Zwecke der Anmeldung erforderliche ding-liche Übertragungsakt ist aber zu unterscheiden von dem schuldrechtlichen Grundverhältnis, auf dem er beruht.

Wenn ein Arbeitnehmer seine Rechte an einer Er-findung auf den Arbeitgeber überträgt, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfindung ausgeht,

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dient der Übertragungsakt der Erfüllung einer Pflicht, die dem Arbeitnehmer nach seiner Vorstellung aufgrund der schuldrechtlichen Beziehung zwischen ihm als Diensterfin-der und dem Arbeitgeber obliegt. Stellt sich später heraus, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde, kann der Arbeitnehmer deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlan-gen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertra-gung getätigten Anmeldungen erlangt hat.

c) Dies gilt unabhängig davon, nach welcher Rechtsord-nung die Wirksamkeit des Übertragungsakts zu beurteilen ist.

Auch insoweit ist zwischen dem Übertragungsakt und dem ihm zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu unter-scheiden. Letzteres unterliegt nach deutschem Kollisions-recht dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Recht, weil dieses auch für die Rechte und Pflichten maßgeblich ist, die sich aus einer Dienstvereinbarung ergeben (BGH, Urt. v. 4.9.2018 – X ZR 14/17, GRUR 2019, 271 Rn. 65 – Drahtloses Kommunikationsnetz). Diese Rechtordnung ist gemäß der für den Streitfall maßgeblichen Kollisionsregel in Art. 38 Abs. 1 EGBGB auch für die bereicherungsrechtliche Rück-abwicklung maßgeblich.

d) Im Ergebnis kann deshalb dahingestellt bleiben, ob sich die Wirksamkeit der Übertragung nach deutschem oder nach amerikanischem Recht richtet und ob sie auch nach letzterem wirksam ist. Selbst wenn dies zu bejahen ist, sind die Klageansprüche nach dem für das Arbeitsverhält-nis maßgeblichen deutschen Recht jedenfalls gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB begründet.

7. Als nicht frei von Rechtsfehlern erweist sich hingegen die Würdigung des Berufungsgerichts, das Schreiben vom 26. Januar 2005 erfülle die Funktion einer Erfindungsmel-dung.

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF muss der Arbeit-nehmer kenntlich machen, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt.

Die Meldung dient nicht nur dem Zweck, dem Arbeitge-ber die technische Lehre der Erfindung als solche zu über-mitteln. Sie soll ihm vielmehr auch deutlich machen, dass es sich um eine neue und (jedenfalls möglicherweise) auf erfinderischer Tätigkeit beruhende technische Lehre han-delt, die er (nur) innerhalb gesetzlicher Frist in Anspruch nehmen und zum Patent anmelden kann (BGH, GRUR 2011, 733 Rn. 19 – Initialidee).

Ein Tätigkeitsbericht oder die bloße Bekanntgabe von Versuchsergebnissen und dergleichen reichen hierfür nicht aus. Hinzukommen muss zumindest der Hinweis, dass der Arbeitnehmer die Versuche für bedeutsam erachtet und als Ausdruck eines gegebenenfalls patentfähigen allgemeinen Lösungsprinzips oder einer Erfindung ansieht (BGH, Urt. v. 17.1.1995 – X ZR 130/93, Mitt. 1996, 16 – Gummielastische Masse I).

b) Im Streitfall kann das Vorliegen dieser Voraussetzun-gen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden.

Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht in seine Würdigung nicht alle für den Streitfall relevanten Umstände eingestellt hat. Die auf dieser Grundlage vorge-nommene Beurteilung, für eine abweichende Interpretation sei schlechterdings keinen Raum, hält deshalb der revisi-onsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon aus-gegangen, dass das Schreiben einschließlich der ihm bei-gefügten Anlagen in seiner Gesamtheit zu würdigen ist. Bei seiner Würdigung, dass danach zweifelsfrei eine Erfin-dungsmeldung vorliege, hat es sich jedoch nur mit Passagen befasst, die für sich gesehen für dieses Ergebnis sprechen. Mit anderen Passagen, die das Landgericht zu einer ab-weichenden Würdigung geführt haben, hat sich das Beru-fungsgericht hingegen nicht befasst.

aa) Zu Recht macht die Revision geltend, dass sich das Berufungsgericht mit den einleitenden Passagen des Schreibens hätte auseinandersetzen müssen, wonach die mitgeteilten Informationen »zur Vorbereitung einer vertie-fenden Bewertung« dienten.

Diese Ausführungen stehen in Einklang mit der am Ende des Schreibens geäußerten Einschätzung, es bedür-fe einer sorgfältigen Prüfung, in welchem Umfang sich aus der geleisteten Entwicklungsarbeit patentierbare Sach-verhalte ergäben. Sie stehen dem vom Berufungsgericht gefundenen Ergebnis zwar nicht zwingend entgegen. Im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung (§ 286 ZPO) hätte sich das Berufungsgericht aber mit ihnen befassen und begründen müssen, weshalb es die von ihm herangezogenen Passagen des Schreibens als ausschlagge-bend erachtet. Die wiederholt geäußerte Einschätzung, das Ergebnis sei ganz offensichtlich bzw. es bestehe kein ver-nünftiger Zweifel, vermag die gebotene umfassende Würdi-gung nicht zu ersetzen.

bb) Ebenfalls zu Recht rügt die Revision, dass das Beru-fungsgericht nicht erkennen lässt, auf welcher Grundlage es zu der Einschätzung gelangt ist, die Meldung sei nach Abschluss der Untersuchungen erfolgt.

Auch insoweit genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer bereits zu einem endgültigen Ergebnis gelangt ist. Aus sei-ner Mitteilung muss dieser Umstand vielmehr für den Ar-beitgeber erkennbar zu entnehmen sein.

Vor diesem Hintergrund hätte das Berufungsgericht zu-mindest kurz darlegen müssen, auf welche Passagen der Mitteilung es seine Beurteilung stützt. Diesen Anforderun-gen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

III. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Die Frage, ob das Schreiben vom 26. Januar 2005 die Anforderungen an eine Erfindungsmeldung erfüllt, bedarf der erneuten tatrichterlichen Würdigung. Diese wird das Berufungsgericht im wieder eröffneten Berufungsverfah-ren vorzunehmen haben.

Für eine Zurückverweisung an einen anderen Senat, wie dies die Beklagte angeregt hat, besteht kein Anlass. Der Umstand, dass das Berufungsgericht nicht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände gewürdigt hat, be-gründet keine Anhaltspunkte dafür, dass es den Sachver-halt nach der Zurückverweisung erneut unvollständig wür-digen wird.

VO (EG) Nr. 207/2009 Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und c, Art. 102 Abs. 1 Satz 1; VO (EU) Nr. 2017/1001 Art. 9 Abs. 2 Buchst. c, Art. 130 Abs. 1 Satz 1 (ÖKO-TEST II)

a) Zwischen einer Marke, die ein Testlogo darstellt, und einem Zeichen, das dieses um die Angaben zum Tester-gebnis und der Fundstelle ergänzte Testlogo wiedergibt, besteht keine Zeichenidentität, wenn die hinzugefügten beschreibenden Angaben nicht so geringfügig sind, dass sie dem Durchschnittsverbraucher entgehen können.

b) Ein Händler, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung in einem von Dritten durchgeführten Test informiert, er-bringt neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienstleistung der Verbraucherberatung und -infor-mation.

BGH, Urteil vom 12.12.2019 – I ZR 117/17 (OLG Koblenz).

Tatbestand

Die Klägerin gibt seit dem Jahr 1985 das Magazin »ÖKO-TEST« heraus, in dem Waren- und Dienstleistungs-tests veröffentlicht werden. Sie ist Inhaberin der nachfol-gend abgebildeten, am 21. März 2012 angemeldeten und am 31. August 2012 für die Dienstleistungen der Klasse 35 Verbraucherberatung und -aufklärung, Verbraucher-information und -beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie mittels Quali-tätsurteilen; Werbung in Bezug auf Produkteigenschaften, insbesondere unter Bezugnahme auf Untersuchungsergeb-nisse, wie Qualitätsurteile und Warentests eingetragenen Unionsmarke Nr. 010745529 (Klagemarke):

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Die Klägerin gestattet den Herstellern und Vertreibern der von ihr getesteten Produkte die Werbung mit dem ÖKO-TEST-Zeichen, wenn diese mit ihr einen entgeltlichen Li-zenzvertrag schließen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Zeichens geregelt sind.

Die Beklagte ist Versandhändlerin. Sie hat mit der Klä-gerin keinen Lizenzvertrag geschlossen.

Im November 2013 bot die Beklagte auf ihrer Internet-Seite ein Kopfkissen und einen Lattenrahmen in der im Antrag abgebildeten Weise an. Das in der Werbung ver-wendete ÖKO-TEST-Zeichen enthielt unter dem Schriftzug »ÖKO-TEST« in kleinerer Schrift den Zusatz »RICHTIG GUT LEBEN«. Der Lattenrost und das Kopfkissen waren von der Klägerin jeweils nur in einer der angebotenen Grö-ßen getestet worden.

Die Klägerin hält die Zeichenverwendung durch die Be-klagte für eine Verletzung der Klagemarke und hat die Be-klagte ohne Erfolg vorgerichtlich abgemahnt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. es der Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorge-sehenen Ordnungsmittel zu verbieten, in der Bundesre-publik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zur Be-werbung der Produkte »C. Kissen A.« und »C. S. K+F« die als »ÖKO-TEST«-Label bekannte Gemeinschafts-marke Nr. 010745529 der Klägerin zu verwenden, ins-besondere, wenn dies wie folgt geschieht:

und/oder

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 984,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins-satz seit dem 4. März 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat Widerklage mit dem Antrag erhoben, die Klagemarke für nichtig zu erklären. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewie-sen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat nur hinsichtlich der Klage zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin bean-tragt, die Revision zurückzuweisen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 20. November 2018 das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäi-schen Union in dem Verfahren C-690/17 ausgesetzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in diesem Verfah-ren durch Urteil vom 11. April 2019 entschieden (C-690/17, GRUR 2019, 6211 = WRP 2019, 863 – ÖKO-Test Verlag [ÖKO-TEST]).

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläge-rin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlas-sung der Verwendung des ÖKO-TEST-Zeichens zur Be-werbung der in Rede stehenden Produkte gemäß Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und c GMV zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Zwischen dem Zeichen der Klägerin und dem von der Beklagten verwendeten Zeichen bestehe Identität. Die Be-klagte verwende das Zeichen für eine Dienstleistung, die mit derjenigen identisch sei, für die die Klagemarke einge-tragen sei, nämlich für Verbraucherberatung und -aufklä-rung, insbesondere unter Verwendung von Test- und Unter-suchungsergebnissen sowie mittels Qualitätsurteilen. Die Beklagte habe das identische Zeichen auch markenmäßig verwendet. Die Markenverwendung sei ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt, weil die Beklagte mit der Klägerin keinen entgeltlichen Gestattungsvertrag geschlossen habe. Der Unterlassungsanspruch sei ferner auch unter dem Ge-sichtspunkt des Schutzes einer bekannten Marke begrün-det.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Unterlassungsantrag ist zulässig (dazu B I). Die beanstandete Zeichennutzung verstößt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegen Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/20092 über die Gemeinschaftsmarke (GMV; dazu B II). Es besteht jedoch ein auf die konkreten Verletzungs-formen bezogener Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 130 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/10013 über die Unionsmarke (UMV; dazu B III), so dass das Berufungsgericht zu Recht auch den Anspruch auf Abmahnkostenersatz zuerkannt hat (dazu B IV).

I. Der Unterlassungsantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungs-antrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf be-ruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prü-fungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsge-richt die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts we-gen zu beachten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2019 – I ZR 184/17, GRUR 2019, 746 Rn. 15 = WRP 2019, 874 – Energie-effizienzklasse III, mwN).

2. Der vorliegende Unterlassungsantrag ist auf das Verbot gerichtet, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zur Bewerbung der Produkte »C. Kissen A.« und »C. S. K+F« die als »ÖKO-TEST«- Label bekannte Unionsmarke Nr. 010745529 der Klägerin zu verwenden, insbesondere, wenn dies wie in den einge-

1 Leitsatz BlPMZ 2019, 3152 BlPMZ 2009, 203 ff.3 BlPMZ 2017, 225; 2018, 271 ff.

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blendeten Abbildungen geschieht. Damit ist der Antrag hinreichend bestimmt.

a) Der mit »insbesondere« eingeleitete Teil eines Unter-lassungsantrags dient zum einen der Erläuterung des in ers-ter Linie beantragten abstrakten Verbots, indem er beispiel-haft verdeutlicht, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Form zu verstehen ist. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringt – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt, wobei allerdings auch dieser »Insbesondere«-Zusatz den allgemeinen Regeln un-terliegt und deshalb dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 5.11.2015 – I ZR 50/14, GRUR 2016, 7054 Rn. 13 = WRP 2016, 869 – ConText, mwN).

Wählt der Kläger eine Verallgemeinerungsform, deren abstrakter Inhalt die »Insbesondere«-Variante nicht mehr umfasst, kann der Klage nicht mit diesem Antrag stattgege-ben werden, weil die mit »insbesondere« beginnenden Tei-le des Klageantrags keinen eigenen Streitgegenstand ent-halten und daher nicht als echte Hilfsanträge anzusehen sind. Vielmehr ist in einem solchen Fall der gesamte An-trag wegen Widersprüchlichkeit unbestimmt (BGH, GRUR 2016, 705 Rn. 13 – ConText, mwN; vgl. Büscher in Fezer/Bü-scher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 302; Köhler in Köh-ler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 12 Rn. 2.46; Schwippert in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 51 Rn. 40).

b) Im Streitfall ist der Unterlassungsantrag danach hin-reichend bestimmt. Der abstrakte Antragsteil ist seinem Sinn nach nicht auf die Verwendung mit der Klagemarke identischer Zeichen beschränkt. Er ist vielmehr unter Be-rücksichtigung der Ausführungen in der Klageschrift da-hingehend zu verstehen, dass die Klägerin sich gegen sämtliche Handlungen wendet, die ihre Klagemarke ver-letzen. Durch den »Insbesondere«-Zusatz hat die Kläge-rin deutlich gemacht, gegen welche Handlungen sich der abstrakte Antragsteil jedenfalls richtet, nämlich gegen die Verwendung von Zeichen in der dargestellten Form. Weil danach sowohl der abstrakte Antragsteil als auch der »Ins-besondere«-Zusatz hinreichend bestimmt sind und letz-terer vom abstrakten Antragsteil umfasst ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich bei den abgebildeten Verletzungshandlungen tatsächlich um eine identische Verwendung der Klagemarke oder nur eines ihr ähnlichen Zeichens handelt.

II. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auf-fassung des Berufungsgerichts, die beanstandete Zeichen-verwendung verstoße gegen Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV. Nach dieser im Zeitpunkt der beanstandeten Hand-lung im November 2013 geltenden Vorschrift gestattet das ausschließliche Recht an der Marke ihrem Inhaber, es Drit-ten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjeni-gen identisch sind, für die sie eingetragen ist. Im Streitfall sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder die Klagemarke und das beanstandete Zeichen noch die für die Marke geschützten Dienstleistungen und die von der Beklagten mit der Verwendung des Zeichens bezeichnete Leistung identisch.

1. Die Klagemarke und das beanstandete Zeichen sind nicht identisch.

a) Zeichenidentität besteht nicht nur dann, wenn ein Zei-chen ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wie-dergibt, die das geschützte Zeichen bilden, sondern auch, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unter-schiede gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (vgl. EuGH, Urt. v. 20.3.2003 – C291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 54 – LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]; Urt. v. 25.3.2010 – C-278/08, Slg. 2010, I-2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 25 – BergSpechte; Urt. v. 8.7.2010 – C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 8415 Rn. 47 – Portakabin). Hier-

4 Leitsatz BlPMZ 2016, 3755 Leitsatz BlPMZ 2011, 72

von kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn sich die Unterschiede auf die Groß- oder Kleinschreibung einer Buchstabenfolge beschränken, nicht aber dann, wenn Unterschiede in der Zusammen- oder Getrenntschreibung oder deutliche Unterschiede in der graphischen Gestaltung bestehen (vgl. EuGH, Urt. v. 22.9.2011 – C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 Rn. 33 – Interflora und Interflora British Unit [INTERFLORA]; BGH, Urt. v. 15.2.2018 – I ZR 138/16, GRUR 2018, 9246 Rn. 25 = WRP 2018, 1074 – ORT-LIEB I; Urt. v. 7.3.2019 – I ZR 195/17, GRUR 2019, 5227 Rn. 20 = WRP 2019, 749 – SAM; Urt. v. 25.7.2019 – I ZR 29/18, GRUR 2019, 10538 Rn. 25 = WRP 2019, 1311 – ORTLIEB II). Das Kri-terium der Identität zwischen Marke und angegriffenem Zeichen ist restriktiv auszulegen (vgl. EuGH, GRUR 2003, 422 Rn. 54 – LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]).

Bei der Prüfung der Zeichenidentität oder Zeichenähn-lichkeit kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen an. Die Beurteilung des Gesamteindrucks liegt im Wesentlichen auf tatsäch-lichem Gebiet und kann im Revisionsverfahren nur ein-geschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungs-gericht den zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze angewandt und den Sachvor-trag umfassend gewürdigt hat (zur Zeichenähnlichkeit vgl. BGH, Urt. v. 2.2.2012 – I ZR 50/11, GRUR 2012, 9309 Rn. 45 = WRP 2012, 1234 – Bogner B/Barbie B; Urt. v. 23.9.2015 – I ZR 105/14, BGHZ 207, 7110 Rn. 34 – Goldbären).

b) Bei der Beurteilung der Zeichenidentität hat das Be-rufungsgericht einen nicht hinreichend restriktiven recht-lichen Maßstab zugrunde gelegt.

Der vom Berufungsgericht als unbedeutende Ergän-zung angesehene Zusatz »RICHTIG GUT LEBEN« unter-halb des größer geschriebenen Schriftzugs »ÖKO TEST« ist bei der gebotenen restriktiven Sichtweise als nicht so nach-rangig anzusehen, dass er dem Durchschnittsverbraucher entgehen könnte.

Es fehlt auch deshalb an einer Identität der Zeichen, weil die angegriffene Zeichenverwendung – anders als die Kla-gemarke, die ein »leeres« Logo darstellt – mit Angaben zum Testergebnis und der Fundstelle versehen ist. Dem Beru-fungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass der Verkehr diese Angaben lediglich als beschreibende Angaben zum beworbenen Produkt ansieht. Werden jedoch einer Marke beschreibende Angaben hinzugefügt, die nicht so gering-fügig sind, dass sie dem Durchschnittsverbraucher entge-hen können, so führt auch eine solche Hinzufügung aus dem Identitätsbereich heraus (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2009 – I ZR 139/07, GRUR 2009, 50211 Rn. 18 = WRP 2009, 441 – pcb; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 108; OLG Frank-furt am Main, GRUR-RR 2003, 143, 144; OLG München, GRUR-RR 2009, 307; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 170; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 14 Rn. 333; Füller, MarkenR 2007, 365, 368; aA Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 285).

Die in der angegriffenen Zeichenverwendung der Mar-ke hinzugefügten Angaben über den Gegenstand des Tests und die Testfundstelle begründen danach eine erhebliche Abweichung zur Klagemarke, weil sie nach der Art ihrer Anbringung der Wahrnehmung durch den Verbraucher nicht entgehen können. Insoweit unterscheiden sich Test-siegel-Klagemarken, die – wie im Streitfall – mit einem Freiraum für Angaben zum Testergebnis und der Fundstel-le versehen sind, von Gütezeichen oder Gewährleistungs-marken, die in einheitlicher Form und ohne individuell er-gänzte Angaben auf der Ware angebracht werden.

2. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, im Streitfall bestehe Identität zwischen den Dienstleistungen, für die die Klage-marke eintragen ist, und denjenigen Dienstleistungen, für die die Beklagte das angegriffene Zeichen verwendet hat.

6 Leitsatz BlPMZ 2018, 2927 BlPMZ 2019, 300 ff.8 BlPMZ 2020, 23 ff.9 Leitsatz BlPMZ 2012, 35110 Leitsatz BlPMZ 2016, 21511 Leitsatz BlPMZ 2009, 239

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a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit der Verwendung des Testsiegels die Dienstleis-tung der Verbraucherberatung erbracht, für die die Kla-gemarke geschützt sei. Dass diese Zeichennutzung dem Warenabsatz gedient habe, ändere nichts daran, dass darin zugleich eine Information und Aufklärung der Verbraucher liege, die als notwendiges Zwischenziel für den Warenab-satz von der Beklagten auch beabsichtigt sei. Aus der Sicht des Verkehrs komme der Verbraucherberatung eine selbst-ständige Bedeutung neben dem Warenabsatz zu.

b) Bei der Beurteilung der Identität der Waren oder Dienstleistungen sind – nicht anders als bei der Frage ihrer Ähnlichkeit – alle erheblichen Faktoren zu berücksichti-gen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienst-leistungen kennzeichnen. Diese Beurteilung liegt ebenfalls im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann da-her im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Tatgericht einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt und entsprechend den Denkgesetzen und der allge-meinen Lebenserfahrung geurteilt hat und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (zur Zeichenähnlichkeit vgl. BGH, Urt. v. 28.4.2016 – I ZR 254/14, GRUR 2016, 130112 Rn. 46 = WRP 2016, 1510 – Kin-derstube).

c) Danach kann die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe mit der Verwendung des Testsiegels die Dienstleistung der Verbraucherberatung erbracht, keinen Bestand haben. Sie erweist sich als erfahrungswidrig.

Es bestehen im Streitfall keine Anzeichen dafür, dass die Beklagte sich durch Anbringung des Testsiegels in den Augen der Öffentlichkeit als Fachmann für den Bereich des Warentests darstellen will oder dass eine spezifische und unlösbare Verbindung zwischen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, der Herstellung und Vermarktung von Waren, und der Tätigkeit von ÖKO-Test Verlag besteht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das der Klagemarke ähnliche Zeichen in der Produktwerbung der Beklagten nur zu dem Zweck angebracht ist, die Aufmerksamkeit der Verbrau-cher auf die Qualität dieser Produkte zu lenken und auf diese Weise den Verkauf der Waren der Beklagten zu för-dern. Ein Händler, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung in einem von Dritten durchgeführten Test informiert, erbringt neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienst-leistung der Verbraucherberatung und information (vgl. EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 33 = WRP 2019, 863 – ÖKO-Test Verlag [ÖKO-TEST]).

III. Die Revision wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht dem Grunde nach einen Unterlas-sungsanspruch gemäß Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV bejaht hat, an deren Stelle nunmehr Art. 130 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV getreten sind. Die Revision hat allerdings Erfolg, weil die Verurtei-lung zur Unterlassung, die »insbesondere« auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt, über die Reichweite des be-stehenden Unterlassungsanspruchs hinausgeht.

1. Ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlas-sungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechts-widrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 17.10.2018 – I ZR 136/17, GRUR 2019, 7913 Rn. 16 = WRP 2019, 73 – Tork, mwN). An die Stelle des im Zeitpunkt der beanstandeten Handlungen im November 2013 gelten-den Art. 102 Abs. 1 Satz 1 und Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV sind mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 die Vorschrif-ten des Art. 130 Abs. 1 Satz 1 und des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV getreten. Für den Streitfall erhebliche Rechtsände-rungen sind hiermit nicht verbunden.

Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV und Art. 130 Abs. 1 Satz 1 UMV regeln gleichermaßen, dass ein Unionsmarkenge-richt, das die Verletzung einer Unionsmarke feststellt, dem Beklagten die Fortsetzung der Verletzungshandlung ver-bietet, sofern dem nicht besondere Gründe entgegenste-hen. Sowohl nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV als

12 BlPMZ 2017, 22 ff.13 BlPMZ 2019, 32 ff.

auch nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV umfasst das Mar-kenrecht das Recht des Inhabers, Dritten zu verbieten, das Zeichen ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Ver-kehr für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch oder ihr ähn-lich ist, die Unionsmarke in der Union bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Dieser Schutz gilt, wie die Neufassung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV klargestellt hat, unabhängig davon, ob die mit dem Zeichen versehenen Waren oder Dienstleistungen mit denjenigen identisch sind oder denjenigen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist. Dies galt auch schon für Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.2009 – C-301/07, Slg. 2009, -I9429 = GRUR 2009, 1158 Rn. 19 – Pago International [Pago]), so dass insoweit durch die Neufassung der Vorschrift keine Rechtsänderung eingetreten ist.

2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die An-nahme des Berufungsgerichts zur Bekanntheit der Klage-marke.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es habe in einem zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung er-gangenen Urteil dem ÖKO-TEST-Zeichen den Schutz einer bekannten Marke zugebilligt. Daran sei festzu-halten. Für eine bekannte Marke spreche auch das von der Klägerin vorgelegte demoskopische Gutachten vom 27. Mai 2015 und das Urteil des Kammergerichts vom 21. Juni 2016 (5 U 136/15, BeckRS 2016, 129190), dem ge-folgt werde. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nach-prüfung stand.

b) Eine Marke ist bekannt im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV, wenn sie über einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum verfügt. Dieses Publikum ist nach der unter der betreffenden Marke vermarkteten Ware oder Dienstleistung zu bestimmen; der erforderliche Bekannt-heitsgrad ist als erreicht anzusehen, wenn die Marke einem bedeutenden Teil dieses Publikums bekannt ist (EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 47 – ÖKO-Test Verlag [ÖKO-TEST], mwN). Insofern kann nicht verlangt werden, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz dieses Publikums bekannt ist (EuGH, GRUR 2009, 1158 Rn. 24 – Pago International [Pago]). Ferner genügt es, wenn ein bedeutender Teil des maßgeblichen Publikums dieses Zeichen kennt; es ist nicht erforderlich, dass dem Publikum die Eintragung dieses Zei-chens als Marke bekannt ist (EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 49 – ÖKO-Test Verlag [ÖKO-TEST]). Bekanntheit der Unions-marke in einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets, das dem Gebiet eines Mitgliedstaats entsprechen kann, reicht für die Annahme einer Bekanntheit der fraglichen Unions-marke in der gesamten Union aus (EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 50 – ÖKO-Test Verlag [ÖKO-TEST], mwN).

Bei der Prüfung dieser Voraussetzung hat das nationa-le Gericht alle relevanten Umstände des Falls zu berück-sichtigen, also insbesondere den Marktanteil der Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie den Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (EuGH, GRUR 2009, 1158 Rn. 25 – Pago International [Pago], mwN).

Die Feststellung der Bekanntheit der Klagemarke ob-liegt im Wesentlichen dem Tatgericht. Tatsachen, aus de-nen sich die Bekanntheit einer Marke ergibt, können allge-mein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu rechnet auch, dass die Marke während ei-nes längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.2015 – I ZR 59/13, BGHZ 205, 22 Rn. 10 – Springender Pudel, mwN).

c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit die-sen Maßstäben im Einklang.

aa) Ohne Erfolg beanstandet die Revision die vom Be-rufungsgericht vorgenommene Bezugnahme auf ein zwi-schen den Parteien dieses Rechtsstreits im Verfahren der einstweiligen Verfügung ergangenes Urteil.

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In der Bezugnahme auf eine zwischen denselben Par-teien ergangene Entscheidung liegt kein Begründungs-mangel im Sinne des § 547 Abs. 6 ZPO (BGH, Beschl. v. 21.11.2018 – I ZR 51/18, WRP 2019, 747 Rn. 18 mwN).

Das Berufungsgericht hat in dem von ihm herangezoge-nen Urteil den Umstand gewürdigt, dass die Klägerin seit 1985 Warentests veranstalte und im Laufe von 25 Jahren in 3.000 Tests über 100.000 Produkte getestet habe. Es hat in jenem Urteil ferner berücksichtigt, dass die Klägerin Händ-lern und Herstellern die Werbung mit dem Testsiegel ge-statte, die als Multiplikatoren zur Bekanntheit beitrügen, und festgestellt, den Mitgliedern des Berufungsgerichts sei bekannt, dass das Testsiegel seit Jahren in einer Vielzahl von Werbungen und auf Produktverpackungen präsentiert werde.

Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgerichts habe die im Eil- und Hauptsacheverfahren bestehenden Unterschiede im Beweismaß verkannt. Es begegnet kei-nen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsge-richt im Hauptsacheverfahren Tatsachen nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugrunde gelegt hat, die zuvor im Verfahren der einstweiligen Verfügung Gegenstand einer Glaubhaft-machung gewesen sind. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung im Verfahren der einstweiligen Ver-fügung auch nicht, wie von der Revision bemängelt, nur auf Einzelumstände gestützt, sondern eine umfassende Gesamtwürdigung vorgenommen, der zudem im ange-griffenen Urteil die Bezugnahme auf das demoskopische Gutachten und auf das Urteil des Kammergerichts vom 21. Juni 2016 an die Seite gestellt worden ist.

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Ergebnisse der im Frühjahr 2015 durchgeführten Verkehrsbefragung der I. O. GmbH ergän-zend berücksichtigt hat. Methodische Mängel der demos-kopischen Fragestellung vermag die Revision nicht aufzu-zeigen.

Bei der Bewertung der Umfrageergebnisse braucht nicht entschieden zu werden, ob das Berufungsgericht zu Recht eine Bestätigung seiner Bekanntheitsannahme dar-in gesehen hat, dass die Klagemarke 61,7 % der Gesamt-bevölkerung bekannt ist. Jedenfalls wird die Annahme des Berufungsgerichts von dem Umstand gestützt, dass nach dem Inhalt der Befragung 50,3 % der Angehörigen des betroffenen Adressatenkreises, zu dem Käufer und Le-ser von Verbrauchermagazinen gehören, das Zeichen als Kennzeichnungsmittel wahrnehmen. Dieser Wert setzt sich zusammen aus 36,4 % der Befragten, die das Zeichen als Hinweis auf Testergebnisse »eines ganz bestimmten Un-ternehmens« ansehen, 0,1 % der Befragten, die von einer wirtschaftlichen Verbindung mehrerer unterschiedlicher Unternehmen ausgehen, und 19,5 % der Befragten, die zwar zunächst keinen Unternehmenshinweis erkannt ha-ben, jedoch nach einer weiteren offenen Aufklärungsfrage Angaben gemacht haben, die auf einen Alleinstellungs-hinweis hindeuten. Abzuziehen sind 5,7 % namentliche Fehlzuordnungen (hierzu vgl. BGH, Beschl. v. 17.10.2013 – I ZB 65/12, GRUR 2014, 48314 Rn. 36 = WRP 2014, 438 – test, mwN). Der durch diese Befragung ermittelte Bekanntheits-grad von 50,3 % der Klagemarke ist für die Annahme von Bekanntheit mehr als ausreichend (vgl. zur Annahme von Bekanntheit bei deutlich niedrigeren Werten BGH, Urt. v. 2.6. 2016 – I ZR 75/15, GRUR 2017, 7515 Rn. 37 = WRP 2017, 74 – Wunderbaum II).

cc) Das Berufungsgericht konnte sich zur Begründung seiner Auffassung ferner auf das Urteil des Kammergerichts vom 21. Juni 2016 (5 U 136/15, BeckRS 2016, 129190) stüt-zen, dessen Ausführungen es sich zu Eigen gemacht hat. Die Bezugnahme auf eine nicht zwischen denselben Par-teien ergangene Entscheidung, die Gegenstand der münd-lichen Verhandlung war, stellt keinen Begründungsmangel im Sinne des § 547 Abs. 6 ZPO dar (BGH, Urt. v. 18.5.2017 – I ZR 21/16, MMR 2018, 345 Rn. 43 mwN). Im Verfahren der Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO liegt eine hinreichende Einbeziehung einer nicht zwischen den Parteien ergangenen Entscheidung vor, wenn – wie im

14 BlPMZ 2014, 259 ff.15 BlPMZ 2017, 51 ff.

Streitfall – die in Bezug genommene Entscheidung in einem Hinweisbeschluss erörtert worden ist. Das Kammergericht hat in seinem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil vom 21. Juni 2016 die seit über 25 Jahren erfolgende Publikation von Testergebnissen unter dem »ÖKO-Test«-Logo und den erheblichen Umfang der dieser Tätigkeit zu-grundeliegenden Investitionen gewürdigt. Hiergegen er-hebt die Revision keine Einwände.

3. Es liegt auch eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV vor.

a) Das Berufungsgericht hat zur rechtsverletzenden Be-nutzung im Rahmen des Identitätsschutzes ausgeführt, die Beklagte habe zwar nicht den Eindruck erweckt, es han-dele sich um ihre eigene Marke, sie habe jedoch die Marke der Klägerin zum eigenen Produktabsatz verwendet und mit ihrer Hilfe Verbraucher über das positive Testergebnis der beworbenen Waren informiert. Diese Ausführungen tragen auch die Annahme einer rechtsverletzenden Benut-zung im Rahmen des Bekanntheitsschutzes.

b) Eine rechtsverletzende Benutzung eines mit der be-kannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrs-kreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedank-lich miteinander verknüpfen (vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.2003 – C-408/01, GRUR 2004, 58 Rn. 29 – Adidas Salomon und Adidas Benelux [Drei-Streifen-Motiv]; Urt. v. 10.4.2008 – C-102/07, Slg. 2008, I-2439 = GRUR 2008, 503 Rn. 41 – adi-das und adidas Benelux [Drei-Streifen-Motiv]; BGH, Urt. v. 3.2.2005 – I ZR 159/02, GRUR 2005, 58316, 584 [juris Rn. 15] = WRP 2005, 896 – Lila-Postkarte; Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 104317 Rn. 54 = WRP 2011, 1454 – TÜV II; BGHZ 207, 71 Rn. 32 – Goldbären). Die im Wesentlichen dem Tatgericht obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist (vgl. BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 55 – TÜV II), hat unter Berücksichtigung al-ler relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegen-überstehenden Zeichen, die Art. der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58 Rn. 30 – Adidas Salomon und Adi-das Benelux [Drei-Streifen-Motiv]; GRUR 2008, 503 Rn. 41 – adidas und adidas Benelux [Drei-Streifen-Motiv]; EuGH, Urt. v. 27.11.2008 – C-252/07, Slg. 2008, I-8823 = GRUR 2009, 56 Rn. 41 f. – Intel Corporation [INTEL/INTELMARK]; Urt. v. 24.3.2011 – C-552/09, Slg. 2011, I-2063 = GRUR Int. 2011, 50018 Rn. 56 – Ferrero/HABM [TiMi KINDERJOGHURT/KINDER]). Bei fehlender Zeichenähnlichkeit kommt ein Anspruch nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV nicht in Betracht (vgl. zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG BGH, Urt. v. 19.2.2004 – I ZR 172/01, GRUR 2004, 59419, 597 [juris Rn. 53] = WRP 2004, 909 – Fer-rari-Pferd; Urt. v. 2.4.2009 – I ZR 78/06, GRUR 2009, 67220 Rn. 49 = WRP 2009, 824 – OSTSEE-POST; BGHZ 207, 71 Rn. 32 – Goldbären).

c) Die Würdigung des Berufungsgerichts hält der recht-lichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

aa) Soweit das Berufungsgericht bei der Prüfung eines Anspruchs nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a GMV zu Unrecht angenommen hat, dass die Klagemarke und das von der Beklagten verwendete Zeichen identisch sind (s. Rn. 19 bis 25), wirkt sich dies im vorliegenden Zusammenhang nicht aus. Die Bezugnahme auf das Urteil des Kammergerichts vom 21. Juni 2016 ist dahin zu verstehen, dass das Beru-fungsgericht sich jedenfalls ergänzend auf die darin ent-haltene Annahme stützt, zwischen der Klagemarke und dem von der Beklagten verwendeten Zeichen bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit, weil letzteres sich nur durch den in kleiner Schriftgröße gehaltenen Zusatz »RICHTIG GUT

16 BlPMZ 2005, 311 f.17 Leitsatz BlPMZ 2011, 41518 Leitsatz BlPMZ 2011, 310 f.19 Leitsatz BlPMZ 2004, 41420 Leitsatz BlPMZ 2009, 358

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LEBEN« unterhalb des Schriftzugs »ÖKO TEST« von der Marke unterscheide. Diese Beurteilung ist revisionsrecht-lich nicht zu beanstanden.

bb) Im Ergebnis wirkt sich ferner nicht aus, dass – wie die Revision zu Recht rügt – das Berufungsgericht ange-nommen hat, die Beklagte habe das angegriffene Zeichen in Ausübung einer Dienstleistung der Verbraucherbe-ratung verwendet (dazu bereits Rn. 26 bis 30). Das Beru-fungsgericht hat jedenfalls ohne Rechtsfehler festgestellt, die Beklagte habe mittels des angegriffenen Zeichens die Verbraucher über das Testergebnis der beworbenen Wa-ren informiert, also mithilfe der Klagemarke letztlich eine Angabe über die Beschaffenheit der Produkte gemacht. In diesem Sinne hat auch die Beklagte, worauf die Revision verweist, geltend gemacht, der Verkehr ordne die Produk-te der Beklagten oder deren Herstellern zu und sehe das Siegel nur als ergänzende Produktinformation an. Dient die Verwendung des Zeichens dazu, dem Verkehr Informa-tionen über die Beschaffenheit oder Qualität des angebote-nen Produkts zu vermitteln, spricht dies für die Annahme, dass der Verkehr eine gedankliche Verknüpfung mit der Klagemarke herstellt, weil er annimmt, die Klägerin habe die mit dem Testsiegel beworbenen Produkte getestet. Der Charakter der Klagemarke als Testsiegel steht einer rechts-verletzenden Benutzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV nicht ent-gegen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 621 Rn. 53 – ÖKO-Test Ver-lag [ÖKO-TEST]).

cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klagemar-ke sei bekannt im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 2 Buchst. c UMV, ist revisionsrecht-lich nicht zu beanstanden (s. Rn. 39 bis 46).

dd) Danach erweist sich auch die Annahme des Beru-fungsgerichts, der Verkehr stelle eine gedankliche Ver-knüpfung mit der Klagemarke her, als frei von Rechtsfeh-lern. Die Beklagte vermittelt dem Verkehr eine Information über die Beschaffenheit oder die Qualität der von ihr an-gebotenen Produkte und bezieht sich hierzu auf die unter der bekannten Marke der Klägerin erbrachte Dienstleis-tung des Warentests. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung wiegen die Bekanntheit der Klagemarke und die hohe Zei-chenähnlichkeit so schwer, dass die Unähnlichkeit der be-troffenen Waren und Dienstleistungen der Annahme einer gedanklichen Verknüpfung nicht entgegensteht.

4. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenom-men, dass die angegriffene Zeichenverwendung die Wert-schätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.

a) Das Berufungsgericht hat auch insoweit auf sein zwi-schen den Parteien dieses Rechtsstreits im Verfahren der einstweiligen Verfügung ergangenes Urteil verwiesen. Darin hat es ausgeführt, die unbefugte Verwendung in der Produktwerbung stelle den Versuch dar, von der Wertschät-zung der Marke zu profitieren und sich in die Sogwirkung dieser Marke zu begeben. Darüber hinaus hat das Beru-fungsgericht auf das Urteil des Kammergerichts vom 21. Juni 2016 verwiesen, welches ausgeführt hat, die Beklagte versuche, zur Steigerung ihrer Umsätze vom positiven Mar-kenimage zu profitieren. Der Verkehr vertraue dem Test-siegel der Klägerin insbesondere unter dem Aspekt Um-weltverträglichkeit und Gesundheit. Diese Wertschätzung beute die Beklagte unlauter aus. Die Zeichenverwendung im Streitfall signalisiere dem Verbraucher, es sei nicht nur ein Test erfolgt, sondern auch, die Klägerin habe die Wer-bung für das konkret angebotene Produkt kontrolliert. Die Klägerin sei darauf angewiesen, zur Aufrechterhaltung des guten Rufs ihrer Marke deren Benutzung durch Vertreiber von Produkten zu kontrollieren, um missbräuchlichen oder missverständlichen Werbemaßnahmen vorzubeugen. Diese Würdigung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

b) Bei der Prüfung, ob die Benutzung eines Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, ist eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des konkreten Falls vorzunehmen, insbesondere des Ausmaßes der Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft der Marke, des Grades der Ähnlichkeit der einander gegen-überstehenden Zeichen sowie der Art. der betroffenen Wa-

ren und Dienstleistungen und des Grades ihrer Nähe. Eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung liegt umso eher vor, je größer die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der Marke sind. Je unmittelbarer und stärker die Marke von dem Zeichen in Erinnerung gerufen wird, desto größer ist die Gefahr, dass die gegenwärtige oder künftige Benut-zung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wert-schätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder be-einträchtigt (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2009 – C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 44 L‘Oréal u. a.).

Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen ma-chen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus die-ser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Aus-nutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 49– L‘Oréal u. a.; EuGH, Urt. v. 6.2.2014 – C-65/12, GRUR 2014, 280 Rn. 52 – Leidseplein Beheer und De Vries [Bull Dog/Red Bull]; BGH, Urt. v. 31.10.2013 – I ZR 49/12, GRUR 2014, 37821 Rn. 33 = WRP 2014, 445 – OTTO CAP).

c) Die Würdigung des Berufungsgerichts steht mit die-sen Grundsätzen in Einklang. Das Berufungsgericht hat die Umstände des vorliegenden Einzelfalls umfassend ge-würdigt und hierbei das Interesse der angesprochenen Ver-kehrskreise an der Produktinformation und das Interesse der Beklagten, ihre Kunden auf die gute oder sehr gute Be-wertung ihrer Produkte durch die Klägerin hinzuweisen, nicht außer Acht gelassen. Das Berufungsgericht hat das Interesse der Klägerin daran, die Werbung mit ihrem Zei-chen daraufhin zu kontrollieren, ob sie ihren testbezogenen Maßstäben genügt, höher bewertet. Das ist im Hinblick da-rauf, dass die Klägerin erhebliche wirtschaftliche Anstren-gungen für die Schaffung und Erhaltung der Bekanntheit ihrer Marke unternommen hat und dass die Beklagte sich die daraus resultierende Werbewirkung der Marke ohne finanziellen Beitrag zunutze macht, rechtlich nicht zu be-anstanden.

Zu keinem anderen Ergebnis führt die Erwägung, dass die Verwendung des angegriffenen Zeichens als Hinweis auf die Eigenschaften der beworbenen Ware anzusehen ist. Zwar können die Wertungen des Freistellungstatbestands des Art. 12 GMV und des Art. 14 UMV insbesondere die Frage, ob die Benutzung des Zeichens durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Han-del entspricht im Rahmen des Bekanntheitsschutzes bei der Prüfung zum Tragen kommen, ob Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtferti-genden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beein-trächtigt werden (vgl. zu § 23 MarkenG BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 65 – TÜV II; BGH, Urt. v. 28.6.2018 – I ZR 236/16, GRUR 2019, 16522 Rn. 22 = WRP 2019, 200 – keine-vorwerk-vertretung). Das Interesse der Beklagten, in der Werbung auf ein positives Testergebnis hinzuweisen, hat nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts je-doch hinter dem Interesse der Klägerin daran zurückzuste-hen, die Werbung mit der Klagemarke auf die Einhaltung der testbezogenen Maßstäbe zu kontrollieren.

5. Der vom Berufungsgericht zugesprochene Unterlas-sungsantrag, der sich »insbesondere« gegen die bildlich dargestellten Angebote richtet, geht allerdings über den bestehenden Unterlassungsanspruch hinaus. Die Klägerin hat nur Anspruch auf Unterlassung der durch Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform charakterisierten Verlet-zungshandlung.

a) Wie bereits dargestellt (Rn. 15), dient der mit »insbe-sondere« eingeleitete Teil des Antrags zum einen der Erläu-terung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich ma-chen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein

21 Leitsatz BlPMZ 2014, 26422 BlPMZ 2019, 115 ff.

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umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringt – jedenfalls die Un-terlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt.

b) Im Streitfall hat die Klägerin in erster Linie das abs-trakte Verbot begehrt, »in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zur Bewerbung der Produkte ›C. Kissen A.‹ und ›C. S. K+F‹ die als ›ÖKO- TEST1‹-Label be-kannte Gemeinschaftsmarke Nr. 010745529 der Klägerin zu verwenden«. Soweit die Klägerin damit ein Verbot mit der Klagemarke identischer Verwendungsformen erstrebt, besteht schon deshalb keine Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte nicht in einer mit der Klagemarke identischen Form, sondern lediglich mit einem der Klagemarke ähnli-chen Zeichen geworben hat (Rn. 19 bis 25). Geht aber der abstrakte Teil des Antrags demnach zu weit, hat die Kläge-rin mit dem »Insbesondere«-Zusatz klargestellt, dass sie ein Verbot jedenfalls im Umfang der konkreten Verletzungs-form begehrt. Nur hinsichtlich dieser besteht Wiederho-lungsgefahr. Das Wort »insbesondere« ist danach aus dem Unterlassungstenor zu streichen.

IV. Die Revision bleibt schließlich ohne Erfolg, soweit das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Er-stattung vorgerichtlicher Abmahnkosten zuerkannt hat.

1. Grundlage für den Anspruch auf Erstattung der Kos-ten für die Abmahnung wegen der Verletzung einer Uni-onsmarke sind die Bestimmungen der §§ 670, 683, 677 BGB (BGH, Urt. v. 7.3.2019 – I ZR 61/18, GRUR 2019, 95323 Rn. 15 = WRP 2019, 1186 – Kühlergrill). Für die Prüfung ist auf den Zeitpunkt der Abmahnung abzustellen (BGH, Urt. v. 25.4.2019 – I ZR 93/17, GRUR 2019, 754 Rn. 12 = WRP 2019, 883 – Prämiensparverträge, mwN).

2. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Abmahn-kostenersatz zugesprochen. Die Revision hat dagegen keine eigenständigen Rügen erhoben. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – Cilfit u. a.; Urt. v. 1.10.2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zwei-felsfrei zu beantworten ist.

D. Danach ist das angegriffene Urteil unter Zurückwei-sung der Revision im Übrigen aufzuheben, soweit der darin enthaltene Unterlassungsausspruch über den bestehenden Unterlassungsanspruch hinausgeht (§ 562 Abs. 1 ZPO), und, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), der Unterlassungstenor durch Streichung des »Insbesondere«-Zusatzes auf die konkrete Verletzungsform zurückzuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

23 BlPMZ 2019, 392 ff.

Richtlinie 2008/95/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. b; Richtlinie 2015/2436/EU Art. 4 Abs. 1 Buchst. b; MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1 (#darferdas? II)a) Die Unterscheidungskraft eines als Marke angemelde-ten Zeichens muss unter Berücksichtigung aller relevan-ten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden. Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese ver-schiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden.b) Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der an-gemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart prak-

tisch bedeutsam ist und der Anmelder keine konkreten Anhaltspunkte geliefert hat, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahr-scheinlich machen.

BGH, Beschluss vom 30.1.2020 – I ZB 61/17.

I. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Marken-amts hat die Anmeldung der Wortmarke »#darferdas?« – so-weit noch von Bedeutung – für folgende Waren der Klasse 25

Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwa-ren; Kopfbedeckungen

wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewie-sen. Die Beschwerde der Anmelderin ist ohne Erfolg geblie-ben (BPatG, Beschl. v. 3.5.2017 – 27 W (pat) 551/16, juris). Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die An-melderin ihr Eintragungsbegehren weiter.

Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Juni 2018 dem Ge-richtshof der Europäischen Union die folgende Frage zur Aus-legung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 20081 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglieds-staaten über die Marken (ABl. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, GRUR 2018, 9322 = WRP 2018, 1196 – #darferdas? I):

Hat ein Zeichen Unterscheidungskraft, wenn es prak-tisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, es für die Waren oder Dienstleistungen als Herkunftshinweis zu verwenden, auch wenn es sich dabei nicht um die wahr-scheinlichste Form der Verwendung des Zeichens handelt?

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage mit Urteil vom 12. September 2019 (C-541/18, GRUR 2019, 1194 = WRP 2019, 1444 – AS/DPMA [#darferdas?]) wie folgt beantwortet:

Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG ist dahin auszulegen, dass die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der ange-meldeten Marke, zu prüfen ist. Mangels anderer Anhalts-punkte handelt es sich dabei um die Verwendungsarten, die angesichts dessen, was in der betreffenden Branche üb-lich ist, praktisch bedeutsam sein können.

II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der an-gemeldeten Wortmarke fehle für die genannten Waren jeg-liche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dazu hat es ausgeführt:

Bei dem reinen Wortbestandteil des angemeldeten Zei-chens handele es sich um eine in deutscher Sprache gehal-tene unmittelbar verständliche Frage, die mit dem Fragezei-chen entsprechend kenntlich gemacht sei. Das vorangestellte Rautezeichen »#« werde der angesprochene Verkehr als Hinweis darauf verstehen, dass es um die schlagwortartige Bezeichnung eines Diskussionsthemas zu der Frage »Darf er das?« gehe. Dem Zeichen könne zwar weder ein beschrei-bender Gehalt noch ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren entnommen werden. Es handele sich jedoch um eine aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache zusammengesetzte Zeichenfolge, die vom ange-sprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unter-scheidungsmittel verstanden werde.

Das gelte auch und gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren »Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopfbedeckungen«. Diese seien oft-mals mit »Fun-Sprüchen« oder bekenntnishaften Aussagen versehen. Bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich um eine derartige »Botschaft nach außen«. Deshalb sei eine Verwendung der Zeichenfolge als deutlich sicht-barer Schriftzug auf der Vorderseite oder der Rückseite von Bekleidungsstücken wie T-Shirts oder als erkennbarer Schriftzug auf Kopfbedeckungen oder Schuhwaren und somit als Motiv die wahrscheinlichste und zugleich eine praktisch bedeutsame Verwendungsform der Zeichenfolge. Auf ebenfalls denkbare, aber weniger wahrscheinliche und

1 BlPMZ 2009, 4 ff.2 BlPMZ 2018, 321 ff.

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auch praktisch nicht so bedeutsame anderweitige Verwen-dungen des angemeldeten Zeichens komme es nicht an. In einem gut sichtbaren Aufdruck der Zeichenfolge »#dar-ferdas?« auf Bekleidungsstücken, Kopfbedeckungen oder Schuhen sehe der angesprochene Verkehr lediglich ein Ge-staltungsmittel und keinen Herkunftshinweis.

III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist das im Streitfall maßgebliche Recht novelliert worden. Die Richt-linie 2008/95/EG ist durch die Richtlinie (EU) 2015/2436 aufgehoben und ersetzt worden, die durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur An-gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (BGBl. I 2018, S. 2357) mit Wirkung vom 14. Ja-nuar 20193 umgesetzt worden ist. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Das Eintragungshindernis der fehlenden Un-terscheidungskraft aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG (MarkenRL aF) findet sich nun in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2015/2436 (MarkenRL) und wird unverändert umgesetzt durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-kenG.

2. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, der ange-meldeten Wortmarke fehle für die genannten Waren jeg-liche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL aF) und § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewoh-nende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-dungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehen-den Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unterneh-men unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke be-steht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I, mwN).

Keine Unterscheidungskraft haben Marken, die aus ge-bräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen und die vom angespro-chenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unter-scheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH, GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I, mwN).

b) Das Bundespatentgericht hat angenommen, die an-gemeldete Marke werde vom angesprochenen Verkehr stets nur als eine aus gebräuchlichen Wörtern der deut-schen Sprache zusammengesetzte Zeichenfolge und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden. Bei der Prüfung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft sei auf die wahrscheinlichste Verwendungsform des Zei-chens abzustellen. Auf ebenfalls denkbare – aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame – anderweitige Verwendungen komme es nicht an. Hier sei eine Verwendung der Zeichenfolge als deutlich sichtbarer Schriftzug auf der Vorderseite oder Rückseite von Beklei-dungsstücken wie T-Shirts oder als erkennbarer Schriftzug auf Kopfbedeckungen oder Schuhwaren die wahrschein-lichste und zugleich eine praktisch bedeutsame Verwen-dungsform. Eine anderweitige Verwendung des Zeichens für diese Waren, beispielsweise auf dem Etikett eines Klei-dungsstücks, sei zwar ebenfalls denkbar, aber weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so bedeutsam. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht allerdings davon ausgegangen, dass bei der Prüfung, ob das Schutz-hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Wa-rensektor abzustellen ist (vgl. BGH, GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? I, mwN; EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden

3 BlPMZ 2019, 2 ff.

Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stel-le, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrach-tes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungs-stücks oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren. Bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern, die auf der Vorderseite oder der Rückseite von Bekleidungsstücken an-gebracht sind, geht der Verkehr nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis; ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzel-fall. Dagegen wird der Verkehr in Zeichen, die sich auf ein-genähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstü-cken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen (vgl. BGH, GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? I, mwN).

d) Die Annahme des Bundespatentgerichts, im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft sei (allein) auf die wahrscheinlichste Verwendungsform des Zeichens abzu-stellen, hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Nach dem aufgrund des Vorabentscheidungsersu-chens des Senats ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der ange-meldeten Marke, geprüft werden (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]). Sind in der maßgeb-lichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch be-deutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 25 – AS/DPMA [#darfer-das?]). Verwendungsarten, die in der betreffenden Branche zwar denkbar, aber praktisch nicht bedeutsam sind und so-mit wenig wahrscheinlich erscheinen, sind dagegen für die Prüfung der Unterscheidungskraft irrelevant, es sei denn, der Anmelder hat konkrete Anhaltspunkte geliefert, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 26 AS/DPMA [#darferdas?]). Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann mithin nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 32 AS/DPMA [#darferdas?]).

bb) Danach kann dem angemeldeten Zeichen nach den bisherigen Feststellungen nicht jegliche Unterscheidungs-kraft abgesprochen werden. Für das Rechtsbeschwerde-verfahren ist mangels abweichender Feststellungen des Bundespatentgerichts zugunsten der Anmelderin davon auszugehen, dass es neben einer dekorativen Verwendung auch andere praktisch bedeutsame und naheliegende Mög-lichkeiten einer Verwendung des Zeichens für die hier in Rede stehenden Waren gibt, beispielsweise auf dem Eti-kett eines Kleidungsstücks. Dem steht nicht entgegen, dass nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts eine solche Verwendung im Verhältnis zu einer Verwendung etwa als Schriftzug auf der Vorderseite eines Kleidungs-stücks weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so bedeutsam und naheliegend ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind der Prüfung der Unterscheidungskraft sämtliche wahrscheinlichen Ver-wendungsformen des Zeichens zugrunde zu legen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]).

IV. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts kann danach nicht aufrechterhalten werden. Sie ist aufzuheben und die Sache an das Bundespatentgericht zur anderwei-tigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG). Im wiedereröffneten Be-schwerdeverfahren wird das Bundespatentgericht zu klä-ren haben, ob unter Berücksichtigung der verschiedenen Verwendungsarten, insbesondere auch auf dem Etikett eines Kleidungsstücks, der Verkehr das Zeichen #darfer-das? als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren wahrnehmen kann.

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Verordnung (EG) Nr. 6/2002 Art. 4 Abs. 2 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 (Front kit)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie der Art. 4 Abs. 2 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 20011 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. L 3 vom 5. Ja-nuar 2002) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor-gelegt:

1. Können durch die Offenbarung einer Gesamtabbildung eines Erzeugnisses gemäß Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 nicht eingetragene Gemein-schaftsgeschmacksmuster an einzelnen Teilen des Er-zeugnisses entstehen?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 bejaht wird:

Welcher rechtliche Maßstab ist im Rahmen der Prüfung der Eigenart nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 bei der Ermittlung des Ge-samteindrucks im Falle eines Bauelements anzulegen, das – wie etwa ein Teil einer Fahrzeugkarosserie – in ein komplexes Erzeugnis eingefügt wird? Darf insbesondere darauf abgestellt werden, ob die Erscheinungsform des Bauelements in der Wahrnehmung des informierten Be-nutzers nicht vollständig in der Erscheinungsform des komplexen Erzeugnisses untergeht, sondern eine gewisse Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Form aufweist, die es ermöglicht, einen von der Gesamtform unabhängi-gen ästhetischen Gesamteindruck festzustellen?

BGH, Beschluss vom 30.1.2020 – I ZR 1/19 (OLG Düsseldorf).

A. Die in Italien ansässige Klägerin stellt Renn- und Sportwagen her. Ihr aktuelles Spitzenmodell ist der Ferrari FXX K, der nur in sehr geringer Stückzahl hergestellt wur-de und nur für das Fahren auf Rennstrecken vorgesehen ist; er hat keine Straßenzulassung. Der Öffentlichkeit wurde der Ferrari FXX K erstmals in einer Pressemitteilung der Klägerin am 2. Dezember 2014 mit folgenden Abbildungen vorgestellt, die eine Seitenansicht und eine Frontansicht des Fahrzeugs zeigen.

Die limitierte Auflage zu einem Stückpreis von 2,2 Mio. € war binnen weniger Tage ausverkauft. Die Fahrzeuge gibt es in zwei Modellvarianten, die sich op-tisch lediglich insofern unterscheiden, als bei der einen Variante die nach vorne unten gezogene Spitze des sich auf der Fronthaube befindlichen »V« in der Grundfar-be des Fahrzeugs lackiert ist, während der Rest des »V« schwarz lackiert ist, wie aus den folgenden Abbildungen ersichtlich:

1 BlPMZ 2002, 152 ff.

In der anderen Variante ist, wie nachfolgend abgebildet, auch die Spitze des »V« vollständig schwarz lackiert:

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, stellt Anbauteile für Fahrzeuge der Klägerin her. Seit 2016 vertreibt sie Bauteile im Rahmen von Tuning-Bau-sätzen (»Body-Kits«) für den Ferrari 488 GTB unter der Be-zeichnung »4XX«. Mit den Tuning-Bausätzen lässt sich das seit 2015 zu einem Nettolistenpreis von 172.607 € erhältli-che, in der Stückzahl nicht limitierte Straßenmodell Ferrari 488 GTB verändern. Folgende Bausätze oder Anbauteile, die einzeln angeboten und vertrieben werden, stehen zur Verfügung: »Front kit«, »Rear kit«, »Side set«, »Roof cover« und »Rear wing«. Das »Front kit« vertreibt die Beklagte zu 1 in zwei verschiedenen Versionen, einmal mit einheit-lich dunklem »V« auf der Fronthaube und zum anderen mit einem nur teilweise ausgefüllten »V«. Bei einem vollstän-digen Umbau, der ca. 143.000 € kostet, wird ein Großteil der sichtbaren Karosserieverkleidung ausgetauscht. Die Beklagte zu 1 stellte einen solchen, aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlichen Umbau unter der Bezeichnung »Mansory Siracusa 4XX« im März 2016 auf dem Genfer Autosalon vor.

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Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten verletzten mit ihrem Angebot von Bauteilen ein zu ihren Gunsten beste-hendes nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmus-ter. Dieses bestehe an dem Teilbereich des Fahrzeugs, der aus dem nach vorne unten gekrümmten v-förmigen Element der Fronthaube des Ferrari FXX K, dem mittig aus diesem Element herausragenden, in Längsrichtung angeordneten, flossenartigen Element (»Strake«), dem in die Stoßstange in-tegrierten, zweischichtigen Frontspoiler und dem mittigen vertikalen Verbindungssteg, der den Frontspoiler mit der Fronthaube verbindet (Klagemuster 1). Dieser Bereich werde als Einheit verstanden, die die individuellen Gesichtszüge des Ferrari FXX K bestimme und gleichzeitig die Assozia-tion mit einem Flugzeug oder einem Formel-1-Wagen wecke. Das Klagegeschmacksmuster 1 sei mit Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 2. Dezember 2014 entstanden.

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, ihr stehe – hilfswei-se – ein durch die Pressemitteilung vom 2. Dezember 2014, spätestens aber durch die Veröffentlichung eines Films mit dem Titel »Ferrari FXX K – The Making Of« am 3. April 2015 entstandenes nicht eingetragenes Gemeinschaftsge-schmacksmuster an dem zweischichtigen Frontspoiler zu (Klagemuster 2), das ebenfalls verletzt sei.

Die Klägerin stützt ihre Klage – weiter hilfsweise – auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Klagemuster 3) im Hinblick auf eine weitere in der Presse-mitteilung vom 2. Dezember 2014 enthaltene, nachfolgend gezeigte Abbildung des Fahrzeugs in einer Schrägansicht, das sich auf die daraus ersichtliche Gestaltung des Ferrari FXX K erstrecke.

An vierter Stelle hat die Klägerin Ansprüche aus lau-terkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz geltend gemacht. Dem Ferrari FXX K komme hinsichtlich der drei prägenden Merkmale im Frontbereich wettbewerbliche Eigenart zu.

Die Klägerin hat erstinstanzlich unionsweite Unterlas-sung der Herstellung, des Anbietens, des Inverkehrbringens, des Ein- und Ausführens, der Benutzung oder des Besitzes der Anbauteile sowie Annexanträge (Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung, Schadensersatzfeststellung) geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin mit Blick auf das Ablaufen der geltend gemachten Schutzrechte am 3. Dezember 2017 den Rechtsstreit in der Hauptsache teil-weise für erledigt erklärt und zwar zum einen hinsicht-lich des Unterlassungsantrags, soweit dieser auf Gemein-schaftsgeschmacksmusterrechte gestützt war, und zum anderen hinsichtlich der Annexanträge auf Rückruf und Vernichtung. Die Beklagten haben sich der Teilerledi-gungserklärung angeschlossen.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin – soweit für die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union von Bedeutung – Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit den Anträgen begehrt,

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuld-ner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bis zum 3. Dezember 2017

»Front kits« als Anbauteile für Automobile im Gebiet der Europäischen Union hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht, eingeführt, ausgeführt, benutzt oder zu den genannten Zwecken besessen hat, die – unab-hängig von der Farbe – im mittleren Bereich wie in den nachfolgenden Abbildungen schwarz2 gestrichelt her-vorgehoben gestaltet sind:

2 Im Original »rot«, hier »schwarz« – redaktionelle Anpassung an das Lay-out im BlPMZ

und/oder

mit folgenden Gestaltungsmerkmalen:

1 ein V-förmiges Element, das sich mittig entlang der ge-samten Fronthaube erstreckt und welches somit das Cockpit optisch so nach vorne verlängert, dass der Ein-druck eines Greifvogelkopfes entsteht, wobei das V-för-mige Element einem gekrümmten Schnabel entspricht und zumindest im oberen Bereich dunkel ausgestaltet ist;

2 ein mittig aus diesem Element herausragendes, in Längsrichtung angeordnetes flossenartiges Element;

3 ein zweischichtiger Frontspoiler,

3.1 dessen obere Schicht in der Grundfarbe der Karos-serie lackiert ist, sich etwa über die halbe Fahrzeug-breite erstreckt und über einen mittigen vertikalen Verbindungssteg mit der Fronthaube verbunden ist,

3.2 dessen untere Schicht in einer Kontrastfarbe la-ckiert ist und die breiter ist als die obere Schicht,

3.3 wobei sich zwischen der oberen Schicht und der unteren Schicht ein horizontaler Schlitz befindet,

3.4 wobei die obere Schicht in die untere Schicht ein-gebettet ist, indem beide Schichten eine durchge-hende Oberfläche bilden;

hilfsweise,

»Front kits«, »Rear wings«, »Side sets« und »Roof cover« als Anbauteile für Sportwagen zusammen mit einer zwei-stelligen auf der Tür des Sportwagens angebrachten Zahl im Gebiet der Europäischen Union in ihrer Gesamtheit be-nutzt hat, die – unabhängig von der Farbe – so gestaltet sind, dass das Automobil nach dem Umbau wie nachfolgend abgebildet gestaltet ist:

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mit den folgenden Gestaltungsmerkmalen:1 bis 3.4 [wie im Hauptantrag]4 eine Sportwagen-Grundform mit flacher Nase und hö-

herliegendem Heck, deren oberer Umriss einem sanft geschwungenen Bogen mit einer annähernd durchgän-gigen Linienführung über die gesamte Länge des Fahr-zeugs gleicht;

5 ein dunkel abgesetztes Cockpit mit einem linsenförmi-gen Seitenfenster;

6 Frontscheinwerfer seitlich auf der Oberseite des Front-bereichs, die optisch nach hinten bis auf den Kotflügel verlängert sind;

7 ein großer Lufteinlass im hinteren Türbereich;8 eine große Lackierung in Form einer Zahl in serifenlo-

ser, kursiver Schriftart auf der Tür;9 ein nach unten geschwungener Bogen an der Fahrzeug-

seite, der hinter dem Vorderrad beginnt, von dort in einem 45°-Winkel abfällt und dann dünn bis ins obere Drittel des Hinterrades hochgezogen ist;

10 an jeder oberen Ecke des Hecks eine Finne mit einem kurzen, stummelartigen, von der Finne aus zur Seite ra-genden Spoiler.Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG Düs-

seldorf, GRUR-RR 2019, 231). Mit der vom Senat zugelasse-nen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

B. Der Erfolg der Revision hinsichtlich der auf eine Verletzung von nicht eingetragenen Gemeinschaftsge-schmacksmustern gestützten Anträge hängt von der Ausle-gung des Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie der Art. 4 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) ab. Vor einer Ent-scheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfah-ren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten ge-schmacksmusterrechtlichen Ansprüche für nicht begrün-det erachtet und hierzu ausgeführt:

Das Klagemuster 1 sei nicht entstanden, weil die Klä-gerin die Mindestvoraussetzung einer gewissen Eigenstän-digkeit und Geschlossenheit der Form nicht schlüssig dar-gelegt habe. Sie beziehe sich lediglich auf einen willkürlich festgelegten Teilbereich. Selbst wenn man annehme, die Front werde als »Gesicht« wahrgenommen, würden hierbei auch die von der Klägerin nicht einbezogenen Bestandteile »Augen« (Scheinwerfer) und »Kiefer« (seitliche Enden des Spoilers) einbezogen. Das Klagemuster 2 bestehe mangels einer Geschlossenheit der Form ebenfalls nicht. Das Klage-muster 3 sei zwar als entstanden zu unterstellen, weise aber keinen hinreichend weiten Schutzbereich auf, um die An-nahme einer Verletzung zu rechtfertigen. Die Gestaltungs-freiheit des Entwerfers des Ferrari FXX K sei aufgrund der Musterdichte so beschränkt gewesen, dass von einem nur durchschnittlichen Schutzbereich ausgegangen werden könne. Gemessen hieran fehle es an einer hinreichenden Übereinstimmung im Gesamteindruck.

II. Der Erfolg der Revision hängt hinsichtlich der auf eine Verletzung von nicht eingetragenen Gemeinschafts-geschmacksmustern gestützten Anträge von der klärungs-bedürftigen Auslegung des Art. 11 sowie der Art. 4 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GGV mit Blick auf die Frage ab, ob und unter welchen Voraussetzungen ein nicht eingetragenes Geschmacksmuster an Bauelementen eines komplexen Er-zeugnisses bestehen kann.

1. Die von der Klägerin als Geschmacksmuster in An-spruch genommenen Teilbereiche des Fahrzeugs Ferra-ri FXX K (Klagemuster 1 und 2) stellen Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Art. 4 Abs. 2 GGV dar.

a) Nach Art. 3 Buchst. b GGV ist ein Erzeugnis jeder indus-trielle oder handwerkliche Gegenstand, einschließlich – unter anderem – der Einzelteile, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen, Verpackung, Ausstattung, graphischen Symbolen und typographischen Schriftbildern, nicht jedoch ein Computerprogramm. Ein komplexes Erzeug-

nis ist nach Art. 3 Buchst. c GGV ein Erzeugnis aus mehreren Bauelementen, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeug-nis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann. Der Begriff des Bauelements ist mangels einer Definition in der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 – C-397/16 und C-435/16, GRUR 2018, 2843 Rn. 64 = WRP 2018, 308 – Acacia und Pneusgarda/Audi sowie Acacia und D’Amato/Porsche [Acacia/Porsche]). Mit dem Ausdruck Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses bezeichnet die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung danach die verschiedenen Einzelteile, die zu einem komplexen indust-riellen oder handwerklichen Gegenstand zusammengebaut werden sollen und sich ersetzen lassen, so dass ein solcher Gegenstand auseinander- und wieder zusammengebaut wer-den kann, und deren Fehlen dazu führen würde, dass das komplexe Erzeugnis nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 65 – Acacia und Pneusgarda/Audi sowie Acacia und D’Amato/Porsche [Acacia/Porsche]).

b) Danach stellt der von der Klägerin als Klagemuster 1 in Anspruch genommene Teilbereich des Fahrzeugs Ferrari FXX K, bestehend aus dem nach vorne unten gekrümmten v-förmigen Element der Fronthaube, dem mittig aus diesem Element herausragenden, in Längsrichtung angeordneten, flossenartigen Element (»Strake«), dem in die Stoßstange integrierten, zweischichtigen Frontspoiler und dem mitti-gen vertikalen Verbindungssteg, der den Frontspoiler mit der Fronthaube verbindet, ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses dar. Dieser Teilbereich besteht aus Einzeltei-len, die zu einem industriell gefertigten Fahrzeug zusam-mengebaut werden sollen und sich ersetzen lassen, so dass das Fahrzeug auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann, und deren Fehlen dazu führen würde, dass das Fahrzeug nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dies gilt ebenso für die von der Klägerin als Klage-muster 2 in Anspruch genommenen Teile (zweischichtiger Frontspoiler des Ferrari FXX K).

2. Klärungsbedürftig ist im Streitfall, ob und unter wel-chen Voraussetzungen dem Teil einer Fahrzeugkarosserie als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu-kommen kann.

a) Klärungsbedürftig ist zunächst, ob durch die Veröf-fentlichung der Gesamtabbildung eines Erzeugnisses ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster an einzelnen Teilen des Erzeugnisses entstehen kann (Vorla-gefrage 1).

aa) Nach Art. 11 Abs. 1 GGV wird ein Geschmacksmus-ter, das die im 1. Abschnitt der GGV genannten Vorausset-zungen erfüllt, als nicht eingetragenes Gemeinschaftsge-schmacksmuster für eine Frist von drei Jahren geschützt, beginnend mit dem Tag, an dem es der Öffentlichkeit inner-halb der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht wur-de. Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 GGV gilt ein Geschmacks-muster als der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zugänglich gemacht, wenn es in solcher Weise bekannt ge-macht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf bekannt sein konnte. Nach Art. 3 Buchst. a GGV bedeutet Geschmacksmuster im Sin-ne dieser Verordnung die Erscheinungsform eines Erzeug-nisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeug-nisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt.

bb) Der Senat hat zum eingetragenen Geschmacksmus-ter entschieden, dass unter Geltung des durch die Gemein-schaftsgeschmacksmusterverordnung und die Richtlinie 98/71/EG4 unionsrechtlich harmonisierten Geschmacks-musterrechts aus einem als Gesamterzeugnis angemeldeten Geschmacksmuster kein Schutz für Teile oder Elemente des Gesamterzeugnisses besteht. Weder dem Wortlaut der Ge-schmacksmusterverordnung noch der Richtlinie 98/71/EG

3 Leitsatz BlPMZ 2018, 2984 BlPMZ 1999, 24 ff.

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lässt sich ein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass für Tei-le oder Elemente eines eingetragenen Musters für sich ge-nommen Schutz beansprucht werden kann. Es besteht auch kein Bedürfnis für einen Schutz von Teilen oder Elementen eines Geschmacksmusters, weil es nach der Definition des Art. 3 Buchst. a GGV möglich ist, auch für die Erscheinungs-form von Teilen oder Elementen eines Erzeugnisses den Schutz als Geschmacksmuster zu erlangen (vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2012 – I ZR 124/10, GRUR 2012, 11395 Rn. 37 bis 39 = WRP 2012, 1540 – Weinkaraffe; Eichmann/Jestaedt in Eich-mann/Jestaedt/Fink/Meiser, Designgesetz, GGV, 6. Aufl., § 38 DesignG Rn. 61; Ruhl in Ruhl/Tolkmitt, Gemeinschafts-geschmacksmuster, 3. Aufl., Art. 10 Rn. 51; Jestaedt, GRUR 2008, 19, 22 f.). Die Rechtssicherheit erfordert es, allein sol-che Erscheinungsformen von Teilen eines Erzeugnisses als eingetragene Geschmacksmuster zu schützen, die als Er-scheinungsformen von Teilen eines Erzeugnisses angemel-det und eingetragen sind. Nur unter dieser Voraussetzung können die interessierten Verkehrskreise aufgrund einer Geschmacksmusterrecherche zuverlässig feststellen, was Gegenstand des Geschmacksmusterschutzes ist. Könnten auch Teile eingetragener Muster als Geschmacksmuster geschützt sein, wäre dagegen oft unklar, ob und inwieweit Teile eines eingetragenen Musters einen solchen Schutz ge-nießen. Dem Anmelder ist es möglich und zumutbar klarzu-stellen, ob er Schutz für die Erscheinungsform eines (gan-zen) Erzeugnisses oder des Teils eines Erzeugnisses begehrt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 40 – Weinkaraffe).

cc) Nach Art. 3 Buchst. a GGV steht außer Frage, dass ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster auch an einem Teil eines Erzeugnisses bestehen kann. Wird allerdings nicht die Abbildung des Teils eines Erzeugnis-ses, sondern lediglich eines Gesamtprodukts im Sinne des Art. 11 Abs. 1 GGV öffentlich zugänglich gemacht, stellt sich in ähnlicher Weise wie im Falle des eingetragenen Ge-schmacksmusters die Frage, ob eine solche Offenbarung für Teile des abgebildeten Gesamtprodukts ein nicht eingetra-genes Gemeinschaftsgeschmacksmuster begründen kann. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass durch die Offen-barung der Abbildung eines Gesamtprodukts nur für dieses ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster entstehen kann, nicht aber für dessen Teile. Diese Sicht-weise fördert die Rechtssicherheit, weil sie klarstellt, dass die Beanspruchung des Schutzes für Erzeugnisteile eine ge-sonderte Offenbarung – etwa durch die Abbildung des je-weiligen Teils oder durch seine Kennzeichnung im Rahmen der Gesamtabbildung – erfordert (vgl. Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 11 GGV Rn. 25; Hartwig, GRURRR 2019, 204, 206 f.). Nach anderer Auffas-sung kann in der Offenbarung eines Gesamtprodukts auch die schutzbegründende Offenbarung seiner Bestandteile liegen, sofern diese für die Fachkreise erkennbar schutzbe-gründend ist (so Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 11 Rn. 32; Hasselblatt/Spintig, Community Design Regulation, 2. Aufl., Art. 19 Rn. 23). Die Prüfung der Erkennbarkeit einer schutz-begründenden Wirkung – etwa mit Blick darauf, ob Teile auch in anderen Erzeugnissen Verwendung finden können (für ein solches Kriterium Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 11 Rn. 32) – ist jedoch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Aus dem in einem Verfahren auf Nichtigerklärung eines eingetragenen Geschmacksmusters ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. September 2017 (C-361/15 Y und C-405/15 Y, GRUR 2017, 1244 Rn. 96 – Easy Sanitary Solutions und Group Nivelles) ergibt sich keine hinreichende Klärung der Vorlagefrage 1.

b) Sofern die Offenbarung einer Abbildung eines Ge-samterzeugnisses auch für Erzeugnisteile schutzbegrün-dende Wirkung haben kann, ist weiter klärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster an Erzeugnisteilen ent-stehen kann (Vorlagefrage 2).

aa) Nach Art. 4 Abs. 1 GGV wird ein Geschmacksmus-ter durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat. Nach Art. 4 Abs. 2 GGV gilt ein Geschmacksmuster, das in einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt

5 Leitsatz BlPMZ 2012, 387

oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, nur dann als neu und hat nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestim-mungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt (Buchst. a) und soweit diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen (Buchst. b). Bestimmungsgemäße Verwendung bedeutet nach Art. 4 Abs. 3 GGV Verwendung durch den Endbe-nutzer, ausgenommen Instandhaltungs-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a GGV hat ein nicht eingetragenes Geschmacksmuster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benut-zer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals zu-gänglich gemacht wird.

bb) Die von der Klägerin als nicht eingetragene Ge-meinschaftsgeschmacksmuster in Anspruch genommenen Karosserieteile sind nach Einfügung in die von der Klä-gerin hergestellten Fahrzeuge bei bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar, so dass die Voraussetzung des Art. 4 Abs. 2 Buchst. a GGV erfüllt ist.

cc) Im Falle eines Bauelements, das – wie die im Streit-fall zu beurteilenden Teile einer Fahrzeugkarosserie – in ein komplexes Erzeugnis eingefügt wird, stellt sich die Frage, welcher rechtliche Maßstab für die Ermittlung des Gesamteindrucks bei der Prüfung der Eigenart nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1 Buchst. a GGV anzulegen ist.

Eigenart liegt vor, wenn der informierte Benutzer bezo-gen auf das Bauelement einen Gesamteindruck wahrnimmt, der sich vom Gesamteindruck eines anderen Bauelements unterscheidet. Ein Geschmacksmuster, das in einem Erzeug-nis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, be-nutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, hat Eigenart, wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis ein-gefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt (was hier der Fall ist) und soweit diese sicht-baren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzun-gen der Eigenart erfüllen. Das setzt voraus, dass sich der Gesamteindruck, den diese sichtbaren Merkmale des Bau-elements beim informierten Benutzer hervorrufen, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den die sichtbaren Merkma-le eines anderen Bauelements bei diesem Benutzer hervorru-fen. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht die Funk-tion des Geschmacksmusters oder Designs darin, in seiner Wirkung auf den Formen- (und Farben-)sinn das durch An-schauen des Erzeugnisses vermittelte ästhetische Gefühl an-zuregen. Die Übereinstimmung des Gesamteindrucks kann daher nicht unabhängig davon beurteilt werden, in welcher Weise das Erzeugnis bei seiner bestimmungsgemäßen Ver-wendung wahrgenommen wird (vgl. Begründung des Regie-rungsentwurfs zu § 4 des Geschmacksmusterreformgeset-zes, BT-Drucks. 15/1075, S. 35; BGH, Urt. v. 4.7.1961 – I ZR 102/59, GRUR 1961, 640, 642 = WRP 1961, 352 – Straßen-leuchte; Urt. v. 28.1.2016 – I ZR 40/14, GRUR 2016, 8036 Rn. 42 = WRP 2016, 1135 – Armbanduhr).

Zum eingetragenen Geschmacksmuster nach § 1 Abs. 1 GeschmMG aF hat der Senat entschieden, dass ein Teil ei-nes hinterlegten Geschmacksmusters selbständig am Mus-terschutz teilnehmen konnte, sofern er für sich allein den Erfordernissen der Neuheit und Eigentümlichkeit genügte und eine gewisse Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Form aufwies, die es überhaupt möglich machte, einen von der Gesamtform unabhängigen ästhetischen Gesamt-eindruck der Unterkombination festzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.1977 – I ZR 49/75, GRUR 1977, 6027, 605 – Trocken-rasierer, mwN; Urt. v. 21.5.1979 – I ZR 117/77, GRUR 1979, 7058, 706 = WRP 1979, 646 – Notizklötze; Urt. v. 11.12.1997 – I ZR 134/95, GRUR 1998, 379, 381 = WRP 1998, 406 – Lu-nette, mwN). Unter Geltung des durch die Gemeinschafts-geschmacksmusterverordnung und die Richtlinie 98/71/EG unionsrechtlich harmonisierten Geschmacksmusterrechts können diese Kriterien auf das eingetragene Geschmacks-muster allerdings nicht mehr angewendet werden, weil es

6 BlPMZ 2016, 389 ff.7 Leitsatz BlPMZ 1977, 3708 Leitsatz BlPMZ 1979, 437

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Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b; Abs. 3 (Culatello di Parma)

a) Die Frage, ob gegen die Verwendung einer geschütz-ten Ursprungsbezeichnung für die Vermarktung eines Er-zeugnisses ein Unterlassungsanspruch besteht, ist nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats zu beurteilen, in dem das Erzeugnis vermarktet wird (Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/20121).

b) Bereits der Umstand, dass eine nach dem Muster »Ware aus Ort« gebildete Bezeichnung (hier: »Culatello di Par-ma«) in der Ortsangabe (hier: »di Parma«) mit einer nach demselben Muster gebildeten geschützten Ursprungsbe-zeichnung (hier: »Prosciutto di Parma«) übereinstimmt, kann eine Anspielung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unter-abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 be-gründen.

BGH, Urteil vom 12.12.2019 – I ZR 21/19 (OLG Köln).

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 3 Nr. 2, Art. 45 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qua-litätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (GrundVO), in der sich Erzeuger zusammengeschlossen haben, um die Herstellung und Vermarktung des unter der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) »Prosciutto di Parma« vertriebenen Schinkens zu überwachen und diese unter anderem gegen widerrechtliche Verwendungen ge-mäß Art. 13 GrundVO zu verteidigen. Die der Produktspe-zifikation entsprechende Etikettierungsanweisung wird im Handel unter anderem wie folgt umgesetzt:

So gekennzeichnete vorverpackte Ware in Scheiben wird in erheblichem Umfang nach Deutschland exportiert. In den Jahren 2013 bis 2015 wurden jährlich mehr als 70 Millionen Packungen unter der Bezeichnung »Prosciutto di Parma« in Deutschland abgesetzt; allein im Jahr 2015 be-trug der Werbeaufwand dafür ca. 900.000 €.

1 BlPMZ 2013, 64 ff.

Die Beklagte ist ein in der italienischen Provinz Parma ansässiger Hersteller von Fleischprodukten, der in Schei-ben geschnittenen Rohschinken unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« in Deutschland in folgender Aufma-chung vertreibt:

Dabei ist das Frontetikett der überwiegend durchsichti-gen Plastikverpackung als schmaler rechteckiger schwar-zer Streifen gestaltet, auf der die Produktbezeichnung nebst näherer Beschreibung des Produkts in weißer Schrift, eine italienische Flagge sowie eine Landkarte Italiens in grüner Grundfarbe, auf der die Region Emilia Romagna weiß her-vorgehoben ist, zu erkennen sind.

Die Klägerin hat eingeräumt, dass ein »Culatello« unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« auch von Betrieben vertrieben oder jedenfalls beworben wurde, die ihrem Prä-sidenten und ihrem Vizepräsidenten gehören. Eine weitere Verwendung der Bezeichnung »Culatello di Parma« hat sie bestritten.

Nach Ansicht der Klägerin stellt die Verwendung der Produktbezeichnung »Culatello di Parma« eine widerrecht-liche Anspielung auf die g.U. »Prosciutto di Parma« dar. Sie hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ord-nungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Bun-desrepublik Deutschland Fleischerzeugnisse unter der Be-zeichnung »Culatello di Parma« anzubieten, zu bewerben, in Verkehr zu bringen und/oder einzuführen, wenn dies nicht unter Einhaltung der geltenden Produktspezifikation der ge-schützten Ursprungsbezeichnung »Prosciutto di Parma« er-folgt, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet:

[Es folgen die oben Rn. 3 wiedergegebenen Abbildun-gen.]

Darüber hinaus hat sie die Beklagte auf Auskunft über entsprechende Handlungen in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dage-gen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg ge-blieben (OLG Köln, GRUR-RR 2019, 251 = WRP 2019, 362).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

danach keinen aus einem eingetragenen Geschmacksmus-ter abgeleiteten Teileschutz gibt (dazu bereits II 2 a bb).

Nach Auffassung des Senats dürfte auch im Falle des nicht eingetragenen Geschmacksmusters an einem Bau-element eines komplexen Erzeugnisses das Bauelement nur dann eigenartig sein, wenn die Erscheinungsform des Bau-elements in der Wahrnehmung des informierten Benutzers nicht vollständig in der Erscheinungsform des komplexen Erzeugnisses untergeht, sondern eine gewisse Eigenstän-digkeit und Geschlossenheit der Form aufweist, die es er-möglicht, einen von der Gesamtform unabhängigen ästhe-tischen Gesamteindruck festzustellen.

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Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig und begründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Nutzung der Bezeichnung »Culatello di Parma« stelle eine unzulässige Anspielung auf »Prosciutto di Par-ma« dar. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus Art. 13 Abs. 1 Buchst. b GrundVO in Verbindung mit § 135 Abs. 1 MarkenG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die g.U. sei nach Art. 13 Abs. 1 GrundVO nicht nur gegen eine Verwendung der vollständigen Angabe, sondern auch gegen eine Ver-wendung einzelner ihrer Bestandteile und insbesondere derjenigen Elemente geschützt, die auf die geografische Herkunft der Ware hindeuteten, hier also »di Parma«. Bei der Beurteilung, ob eine unzulässige Anspielung vorliege, komme es auf die Verkehrsauffassung des europäischen Verbrauchers an und nicht allein auf die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Erzeugnis hergestellt werde. Zu den danach relevanten Verkehrskreisen zählten auch die Mitglieder des Senats des Berufungsgerichts. Eine Anspie-lung ergebe sich insbesondere daraus, dass die angegriffe-ne Bezeichnung »Culatello di Parma« in den letzten zwei von jeweils drei Wörtern mit der Ursprungsbezeichnung übereinstimme. Hinzu kämen eine hohe visuelle und eine gewisse phonetische Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Bezeichnungen. Ferner seien auch die in Bezug genomme-nen Produkte einander in hohem Maße ähnlich.

Zu keinem anderen Ergebnis führe der Vortrag der Be-klagten, aufgrund der bereits jahrhundertelangen Kenntnis von der Schinkengattung »Culatello«, die auch unter der Be-zeichnung »Culatello di Parma« vermarktet worden sei, liege keine Anspielung vor. Dabei sei davon auszugehen, dass die Bezeichnung »Culatello di Parma« im Ursprungsland Italien gebräuchlich sei und daher auch eine gewisse Bekanntheit genieße. Dies schließe aber nicht aus, dass der maßgebli-che europäische Verbraucher eine gedankliche Verbindung zwischen den Produkten herstelle. Es sei auch nicht hin-reichend dargelegt, dass der durchschnittliche europäische Verbraucher Kenntnis von den traditionsbedingten Unter-schieden der Schinkensorten habe. Die Darlegungen der Beklagten bezögen sich im Wesentlichen auf Verbraucher in Italien. Schließlich bestünden auch objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bewusst auf das Produkt der Klä-gerin anspiele. Trotz einiger Unterschiede sei von einer er-kennbaren Anlehnung an den Eindruck der Verpackung des von der Klägerin hergestellten Schinkens auszugehen, die bei vergleichbaren Produkten auf dem deutschen Markt so nicht festzustellen sei. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung wirkten die Teilübernahme der Bezeichnung, die Produkt-ähnlichkeit sowie der visuelle Dreiklang besonders schwer zu Lasten der Beklagten. Die geringere phonetische Ähn-lichkeit, soweit diese selbständig neben der visuellen Ähn-lichkeit beurteilt werden könne, und die objektiven Anhalts-punkte für eine bewusste Anspielung durch die Beklagte wirkten in dieselbe Richtung.

Gegen die angenommene Weite des Schutzbereichs von Art. 13 Abs. 1 Buchst. b GrundVO könne die Beklag-te nicht einwenden, dass es eine geschützte geografische Angabe »Coppa di Parma« gebe. Kennzeichnungspflichten aus Art. 17 und Art. 26 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 könne die Beklagte durch die ihr erlaubte iso-lierte Verwendung der Bezeichnung »Culatello« erfüllen. Der Verweis der Beklagten auf italienische höchstgericht-liche Rechtsprechung sei nicht geeignet, diese rechtliche Würdigung zu erschüttern. Diese Rechtsprechung befasse sich nicht mit der Auslegung von Art. 13 GrundVO oder de-ren Vorgängervorschriften.

Das Vorgehen der Klägerin sei schließlich nicht rechts-missbräuchlich. Auch wenn die Unternehmen des Präsiden-ten und des Vizepräsidenten der Klägerin früher Produkte unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« vertrieben hät-ten, sei dieser Vertrieb eingestellt und weigere sich allein die Beklagte nach entsprechender Ansprache durch die Kläge-rin, von der weiteren Vermarktung des Produkts abzusehen.

Der Auskunftsanspruch folge dem Unterlassungsan-spruch.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu

Recht angenommen, dass die beanstandete Nutzung der Bezeichnung »Culatello di Parma« eine unzulässige An-spielung auf die für die Klägerin geschützte Bezeichnung »Prosciutto di Parma« darstellt.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt die interna-tionale Zuständigkeit deutscher Gerichte vor.

1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revi-sionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, folgt im Streitfall aus Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutre-ten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleich-gestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Hand-lung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

Die Beklagte hat ihren satzungsmäßigen Sitz, der für die Anwendung der Verordnung gemäß Art. 63 Abs. 1 Buchst. a Brüssel-Ia-VO ihrem Wohnsitz entspricht, im Mitglied-staat Italien. Unerlaubte Handlungen im Sinne von Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO sind auch Verletzungen einer g.U. ge-mäß der Grundverordnung.

Die Wendung »Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht« meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines die-ser beiden Orte verklagt werden kann. Dabei kommt es nur darauf an, ob der Kläger schlüssig vorgetragen hat, im Inland sei ein schädigendes Ereignis eingetreten (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2018 – I ZR 138/16, GRUR 2018, 9242 Rn. 12 bis 18 = WRP 2018, 1074 – ORTLIEB I, mwN.). Bei der behaupteten Verlet-zung einer g.U. liegt der Ort der Verwirklichung des Scha-denserfolgs der unerlaubten Handlung in dem Mitgliedstaat, in dem die angegriffenen Verletzungshandlungen erfolgt sind (hier: Anbieten, Bewerben usw.). Die Klage ist nach dem Antrag auf Handlungen in Deutschland beschränkt.

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Ge-richte ergibt sich ferner aus Art. 26 Brüssel-Ia-VO, weil sich die Beklagte auf das Verfahren vor den deutschen Gerich-ten eingelassen hat, ohne deren fehlende internationale Zu-ständigkeit zu rügen.

II. Die Klage ist begründet.1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen,

dass sich der Schutzumfang der eingetragenen Ursprungs-bezeichnung »Prosciutto di Parma« nach Art. 13 Abs. 1 GrundVO richtet und eine widerrechtliche Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung einen Unterlas-sungsanspruch aus § 135 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sowie einen Auskunftsanspruch aus § 135 Abs. 1 Satz 3 in Verbin-dung mit § 19 MarkenG begründet, zu dessen Geltendma-chung die Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt ist.

Die Grundverordnung regelt die Rechtsfolgen einer wi-derrechtlichen Verwendung einer geschützten Ursprungs-bezeichnung nicht selbst. Sie bestimmt vielmehr in Art. 13 Abs. 3 GrundVO, dass die Mitgliedstaaten die angemes-senen administrativen und rechtlichen Schritte unterneh-men, um die widerrechtliche Verwendung von geschützten Ursprungsbezeichnungen für Erzeugnisse zu vermeiden oder zu beenden, die im jeweiligen Mitgliedstaat erzeugt oder vermarktet werden.

Wird die Unterlassung der Verwendung einer geschütz-ten Ursprungsbezeichnung bei der Vermarktung eines Er-zeugnisses beansprucht, ist die Frage, inwieweit ein solcher Unterlassungsanspruch besteht, daher nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats zu beurteilen, in dem das Erzeug-nis vermarktet wird. Im Streitfall möchte die Klägerin der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung »Culatello di Parma« für Fleischprodukte untersagen lassen, weil sie darin eine widerrechtliche Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung »Prosciutto di Parma« sieht. Dabei beansprucht sie mit ihrem Unterlassungsantrag das Ver-bot der Vermarktung von Fleischerzeugnissen allein in Deutschland. Danach richtet sich die Frage, inwieweit ein

2 Leitsatz BlPMZ 2018, 292

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solcher Unterlassungsanspruch besteht und ob die Klägerin zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs berechtigt ist, nach deutschem Recht. Eine Anwendung italienischen Rechts kommt im Streitfall nicht in Betracht.

Wer im geschäftlichen Verkehr Handlungen vornimmt, die gegen Art. 13 GrundVO verstoßen, kann gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 MarkenG von den nach § 8 Abs. 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wie-derholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genom-men werden. Die Klägerin ist als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, einen Un-terlassungsanspruch geltend zu machen. Sie kann von der Beklagten im Falle eines Verstoßes gegen Art. 13 Grund-VO gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 MarkenG in Verbindung mit der entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 19 Mar-kenG Auskunftserteilung verlangen.

2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler ange-nommen, die Beklagte habe gegen Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO verstoßen, indem sie Rohschinken unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« in Deutsch-land vermarktet hat.

a) Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe b Grund-VO werden eingetragene Namen, das sind Ursprungsbe-zeichnungen und geografische Angaben im Sinne der Ver-ordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 GrundVO), unter anderem gegen jede widerrechtliche Anspielung geschützt, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist.

b) Für die Beurteilung, ob eine widerrechtliche Anspie-lung auf eine geschützte Ursprungsbezeichnung vorliegt, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Euro-päischen Union folgende Grundsätze:

aa) Für die Bestimmung des Begriffs »Anspielung« im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO maßgebendes Kriterium ist, ob der Verbraucher durch eine streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware herzustellen, die die g.U, oder die geschützte geografische Angabe trägt (EuGH, Urt. v. 7.6.2018 – C-44/17, GRUR 2018, 843 Rn. 51, 56 = WRP 2018, 813 – Glen Buchenbach; Urt. v. 2.5.2019 – C-614/17, GRUR 2019, 7373 Rn. 20, 45 = WRP 2019, 870 – Queso Manchego). Hin-gegen genügt es für eine »Anspielung« im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO nicht, wenn der strei-tige Bestandteil des fraglichen Zeichens bei den angespro-chenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der g.U. oder der geschützten geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorruft, weil da-durch kein hinreichend unmittelbarer und eindeutiger Zu-sammenhang zwischen dem streitigen Bestandteil und der g.U. oder der geschützten geografischen Angabe hergestellt wird (EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 53 – Glen Buchenbach).

Die Anspielung auf eine eingetragene Bezeichnung kann auch durch den Gebrauch von Bildzeichen erfolgen (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 32 – Queso Manchego). Bei der Beurtei-lung, ob eine Anspielung vorliegt, sind sämtliche Bild- und Wortzeichen, die auf den in Rede stehenden Erzeugnissen abgebildet sind, zusammen zu berücksichtigen, um eine Ge-samtbetrachtung vorzunehmen, in der allen Gesichtspunk-ten, die ein Anspielpotenzial haben, Rechnung getragen wird (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 42 – Queso Manchego).

Der Begriff »Anspielung« erfasst danach eine Fallge-staltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten geo-grafischen Angabe in der Weise einschließt, dass der Ver-braucher durch den Namen des fraglichen Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware her-zustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt (EuGH, Urt. v. 21.1.2016 – C-75/15, GRUR 2016, 388 Rn. 21, 22 – Verlados; EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 44 bis 46 – Glen Buchenbach; GRUR 2019, 737 Rn. 19 – Queso Manchego).

Ferner kann bei Erzeugnissen, die ähnlich aussehen, davon ausgegangen werden, dass eine Anspielung auf eine geschützte geografische Angabe vorliegt, wenn die Ver-kaufsbezeichnungen eine klangliche und visuelle Ähnlich-

3 Leitsatz BlPMZ 2019, 346 f.

keit aufweisen. Die Feststellung einer solchen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografi-schen Angabe stellt jedoch keine zwingende Voraussetzung für eine »Anspielung« im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der GrundVO dar. Sie ist nämlich nur eines der Kriterien, die das nationale Gericht zu berücksichtigen hat, wenn es beurteilt, ob der Verbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Folglich ist nicht auszuschlie-ßen, dass eine Einstufung als »Anspielung« auch dann möglich ist, wenn keine solche Ähnlichkeit besteht (EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 48, 49 – Glen Buchenbach). Es sind auch etwaige Umstände zu berücksichtigen, die möglicher-weise darauf hinweisen, dass die visuelle und klangliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Bezeichnungen nicht auf Zufall beruht (EuGH, GRUR 2016, 388 Rn. 35 – Verlados).

Eine »Anspielung« kann nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO selbst dann vorliegen, wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist (vgl. EuGH, GRUR 2018, 843 Rn. 57 – Glen Buchenbach).

Eine Anspielung kann ferner dann vorliegen, wenn die streitige Bezeichnung, die auf das geografische Gebiet anspielt, mit dem eine Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe verbunden ist, von einem in diesem Gebiet ansässigen Erzeuger verwendet wird, dessen Er-zeugnisse den von dieser Ursprungsbezeichnung oder geo-grafischen Angabe geschützten Erzeugnissen ähnlich oder mit ihnen vergleichbar sind, aber nicht von dieser erfasst werden (vgl. EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 34 bis 36 und 43 – Queso Manchego).

bb) Für die Beurteilung, ob eine Anspielung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a GrundVO vorliegt, kommt es auf die Wahrnehmung eines normal informier-ten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durch-schnittsverbrauchers an, wobei dieser Begriff dahin zu ver-stehen ist, dass er auf einen europäischen Verbraucher und nicht nur auf einen Verbraucher des Mitgliedstaats abstellt, in dem das Erzeugnis hergestellt wird, das zu der Anspie-lung auf die geschützte geografische Angabe führt (EuGH, GRUR 2016, 388 Rn. 25 und 28 – Verlados; GRUR 2018, 843 Rn. 47 – Glen Buchenbach).

Zwar verlangt der effektive und einheitliche Schutz der eingetragenen Bezeichnungen, Umstände nicht zu berück-sichtigen, die das Vorliegen einer Anspielung nur für die Verbraucher eines Mitgliedstaats ausschließen können. Das besagt jedoch nicht, dass eine lediglich in Bezug auf die Verbraucher eines Mitgliedstaats festgestellte Anspie-lung unzureichend ist, um den von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO vorgesehenen Schutz auszulösen (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 48 – Queso Manchego). Der Be-griff des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, auf dessen Wahrnehmung bei der Beurteilung abzustellen ist, ob eine »Anspielung« gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO vorliegt, ist dahin aufzufassen, dass er auf die europäischen Verbraucher einschließlich der Verbraucher des Mitgliedstaats Bezug nimmt, in dem das Erzeugnis hergestellt wird, das zu der Anspielung auf die geschützte geografische Bezeichnung Anlass gibt oder mit dem diese Bezeichnung geografisch verbunden ist, und in dem das Er-zeugnis überwiegend konsumiert wird (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 50 – Queso Manchego).

Danach ist der Umstand, dass die streitige Bezeichnung auf einen Herstellungsort Bezug nimmt, der den Verbrau-chern im Mitgliedstaat der Herstellung bekannt ist, im Rah-men der Beurteilung des Begriffs der »Anspielung« kein relevanter Gesichtspunkt, weil die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b GrundVO die eingetragenen Ursprungsbezeichnungen und die eingetragenen geo-grafischen Angaben im gesamten Unionsgebiet vor jeder Anspielung schützt und angesichts der Notwendigkeit, im gesamten Unionsgebiet einen effektiven und einheitlichen Schutz dieser Angaben zu gewährleisten, auf alle Verbrau-cher dieses Gebiets abstellt (EuGH, GRUR 2019, 737 Rn. 46 – Queso Manchego).

c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Beru-fungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass die

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Nutzung der Bezeichnung »Culatello di Parma« eine unzu-lässige Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeich-nung »Prosciutto di Parma« darstellt.

aa) Das Berufungsgericht hat zur Begründung einer An-spielung ausgeführt, die angegriffene Bezeichnung »Cu-latello di Parma« stimme in der geografischen Herkunfts-angabe »di Parma« mit der für die Klägerin geschützten Ursprungsbezeichnung »Prosciutto di Parma« überein. Dies könne bereits eine Anspielung begründen. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 GrundVO Gattungsbezeichnungen wie »Prosciutto« und »Culatello« allein keinen Schutz als Ursprungsbezeichnung erlangen könnten. Die Teilübereinstimmung der Bezeichnungen be-treffe also gerade die Elemente, aus denen sich die Schutz-fähigkeit der Ursprungsbezeichnung ableite, was eine stär-kere Gewichtung dieses Umstands rechtfertige. Die beiden Bezeichnungen wiesen ferner eine hohe visuelle Ähnlich-keit auf, da sie jeweils aus drei Wörtern bestünden, von denen das erste und dritte Wort als Hauptwörter groß, das zweite Wort demgegenüber klein geschrieben werde. Die-ses mittlere Wort setze als Präposition die beiden äußeren Wörter zueinander in Beziehung, wodurch sich in beiden Fällen ein recht simpler Dreiklang in Optik und Semantik in der Form »Ware aus Ort« ergebe, der gerade wegen sei-ner Einfachheit einprägsam wirke. Zudem seien die durch die jeweiligen Produktbezeichnungen in Bezug genomme-nen Produkte einander in hohem Maße ähnlich, weil es sich in beiden Fällen um aufgeschnittene Rohschinkenscheiben aus der Hinterkeule eines Schweins handele. Diese Produk-te seien damit für den Verbraucher unmittelbar substituier-bar und wiesen zudem eine starke optische Ähnlichkeit in Farbe und Konsistenz auf, die durch die Verwendung einer durchsichtigen Plastikverpackung auch in der Werbung mit der Produktbezeichnung in Verbindung gebracht werde. Hinzu komme eine gewisse phonetische Ähnlichkeit der Formulierungen. Der Umstand, dass die Bezeichnung »Cu-latello di Parma« eine gewisse Bekanntheit erlangt habe, führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da dies die Herstellung einer gedanklichen Verbindung zu »Prosciutto di Parma« beim Verbraucher nicht ausschließe.

bb) Diese tatgerichtliche Würdigung ist vom Revisions-gericht nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob ein zutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde gelegt wurde, kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vor-liegt und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt geblieben sind (BGH, Urt. v. 6.6.2019 – I ZR 206/17, GRUR 2019, 1071 Rn. 46 = WRP 2019, 1296 – Brötchen-Gutschein, mwN.). Danach ist die tatgerichtliche Beurteilung nicht zu beanstanden. Sie ist nicht erfahrungswidrig, sondern na-heliegend, und lässt auch keine entscheidungserheblichen Umstände außer Betracht.

cc) Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. oben Rn. 36 f.) nicht auf die Verkehrsauffas-sung im Herkunftsland des Produkts, also Italien, sondern auf das Verständnis des deutschen Verbrauchers als Teil der europäischen Verbraucher an. Das Berufungsgericht konnte diese Verkehrsauffassung selbst feststellen, da die Senatsmitglieder des Berufungsgerichts zu den angespro-chenen europäischen Verkehrskreisen gehören.

dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, bereits der Umstand, dass die angegriffene Bezeichnung »Culatello di Parma« in der geografischen Herkunftsan-gabe »di Parma« mit der für die Klägerin geschützten Ur-sprungsbezeichnung »Prosciutto di Parma« übereinstimme, könne eine Anspielung begründen. Entgegen der Ansicht der Revision erstreckt sich der Schutz der eingetragenen Ursprungsbezeichnung »Prosciutto di Parma« nicht nur auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit, sondern auch auf ih-ren geografischen Bestandteil »di Parma«.

Nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 in Verbin-dung mit ihrem Anhang wird die Bezeichnung »Prosciutto di Parma (g.U.)« als geschützte Ursprungsangabe eingetra-gen. Somit ist nach dem Wortlaut von Art. 1 die Bezeich-nung »Prosciutto di Parma« als Ganzes eingetragen und infolgedessen geschützt. Der durch Art. 13 GrundVO ver-liehene Schutz erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union mangels spezieller

gegenteiliger Umstände aber nicht nur auf die zusammen-gesetzte Bezeichnung als solche, sondern auch auf jeden ihrer Bestandteile, sofern es sich dabei nicht um einen Gat-tungsbegriff oder einen üblichen Begriff handelt (EuGH, Urt. v. 9.6.1998 – C-129/97 und C-130/97, Slg. 1998, I-3315 = GRUR Int. 1998, 790 Rn. 37 und 39 – Chiciak und Fol; Urt. v. 4.12.2019 – C-432/18 Rn. 24 und 26 – Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena).

Bei dem Bestandteil »di Parma« der zusammengesetzten Bezeichnung »Prosciutto di Parma« handelt es sich weder um einen Gattungsbegriff noch um einen üblichen Begriff, son-dern um einen geografischen Begriff. Der der Ursprungsbe-zeichnung »Prosciutto di Parma« gewährte Schutz erstreckt sich daher mangels spezieller gegenteiliger Umstände nicht nur auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit, sondern auch auf ihren geografischen Bestandteil »di Parma«.

ee) Dass der normal informierte, angemessen aufmerk-same und verständige deutsche Verbraucher beim Angebot von Rohschinken in Scheiben unter der Bezeichnung »Cula-tello di Parma« einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu dem seit Jahren in großem Umfang im deutschen Lebensmit-telhandel abgesetzten und in Deutschland stark beworbenen »Prosciutto di Parma« herstellen wird, steht mit der Lebens-erfahrung in Einklang. Ein solcher Bezug liegt bei der gro-ßen Bezeichnungs- und Produktähnlichkeit nahe.

ff) Die Revision zeigt keine Umstände auf, die das Be-rufungsgericht gleichwohl zu der Beurteilung hätten füh-ren müssen, das Angebot von Rohschinkenscheiben in Klarsichtverpackung unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« veranlasse den mündigen deutschen Durch-schnittsverbraucher nicht dazu, einen unmittelbaren ge-danklichen Bezug zu dem ihm vertrauten Produkt »Pros-ciutto di Parma« herzustellen. Kenntnisse hinsichtlich der Produktionsgeschichte der Schinkenspezialität »Culatello« in der Region von Parma sind, auch nach dem Vortrag der Revision, bei deutschen Verbrauchern nicht zu erwarten. Soweit inzwischen, wie durch von der Beklagten vorgeleg-te Internetausdrucke belegt, verschiedene Lieferanten in Deutschland »Culatello di Parma« anbieten, steht dies der Annahme einer Anspielung nicht entgegen. Selbst wenn die beanstandete Bezeichnung, was weder festgestellt noch von der Beklagten dargelegt ist, inzwischen von den deut-schen Verbrauchern gewöhnlich als Bezeichnung eines von »Prosciutto di Parma« zu unterscheidenden Schinkenpro-dukts »Culatello« verstanden werden sollte, wäre dies kein für das Vorliegen einer Anspielung zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Denn der Zweck des Schutzes geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen, den Verbrauchern die Gewähr dafür zu bieten, dass Erzeugnisse, die mit einer solchen Angabe versehen sind, besondere Merkma-le aufweisen und damit eine bestimmte Qualitätsgarantie bieten, könnte nicht erreicht werden, wenn eine g.U. all-gemein für die Bezeichnung eines ihrer Spezifikation nicht entsprechenden Lebensmittels verwendet werden könnte (vgl. EuGH, Urt. v. 20.12.2017 – C-393/16, GRUR 2018, 3274 Rn. 47 f. – Champagner-Sorbet).

gg) Auf die vom Berufungsgericht erörterte und bejahte Frage, ob sich die Beklagte bewusst an die typische Ge-staltung der Verpackung für »Prosciutto di Parma« ange-lehnt hat, kommt es danach nicht mehr an. Jedenfalls ist die Verpackung des unter der angegriffenen Bezeichnung vertriebenen Produkts nicht so gestaltet, dass sie eine An-spielung auf »Prosciutto di Parma« ausschließt. Das Beru-fungsgericht konnte und musste berücksichtigen, dass die Verpackung unter durchsichtiger Folie dem Verbraucher den direkten visuellen Vergleich der jeweils angebotenen Schinkenprodukte ermöglicht.

hh) Der Beklagten ist eine Weiterbenutzung der ange-griffenen Bezeichnung parallel zu der geschützten Bezeich-nung »Prosciutto di Parma« nicht deshalb zu gestatten, weil es sich bei »Culatello di Parma« um einen nicht eingetrage-nen, traditionellen geografischen Namen handelt. Für diesen Fall wird in der Literatur zwar eine analoge Anwendung von Art. 6 Abs. 3 GrundVO befürwortet, der unter bestimmten Voraussetzungen die Koexistenz eines später eingetrage-nen Namens mit einem ganz oder teilweise gleichlautenden

4 Leitsatz BlPMZ 2018, 298 f.

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Namen gestattet (Schoene, AuR 2019, 260, 262 ff.). Es kann dahinstehen, ob eine solche Analogie in Betracht kommen könnte. Jedenfalls fehlt es im Streitfall bereits an der Voraus-setzung dafür. Nach den fehlerfreien Feststellungen des Be-rufungsgerichts handelt es sich bei »Culatello di Parma« um keinen traditionellen geografischen Namen für die von der Beklagten hergestellte Schinkenspezialität.

(1) Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vortrag der Beklagten befasst, »Culatello« sei eine bereits seit 1322 bekannte Spezialität, jedoch angenommen, daraus ergebe sich nur eine entsprechende Bekanntheit des Gattungs-begriffs »Culatello«, der jedenfalls auch auf den »Culatel-lo« aus der Region Zibello bezogen werden könne, der als Herkunftsbezeichnung Schutz genieße. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht in diesem Zusammen-hang entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten un-berücksichtigt gelassen hat.

(2) Das Gutachten von Prof. B. vom 7. Dezember 2008 belegt weitestgehend allein die Verwendung des Wortes »Culatello« ohne geografischen Zusatz »di Parma«. Die Wortfolge »Culatello di Parma« findet sich lediglich in der Erzählung L‘Adalgisa des Autors Carlo Emilio Gadda, Adel-phi, 1955, wo »culatello di Parma« in einer Aufzählung re-gionaler Spezialitäten neben »zampone di Modena« und »mortadella di Bologna« auf S. 221 erwähnt wird. Damit lässt sich weder allein noch unter Berücksichtigung der im Jahr 2005 möglicherweise erfolgten, einmaligen öffentli-chen Benutzung des Begriffs »Culatello di Parma« durch den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ein Gebrauch von »Culatello di Parma« als tra-ditioneller geografischer Name belegen. Auch in der Pro-duktspezifikation der Klägerin wird lediglich »Culatello« ohne Zusatz »di Parma« erwähnt.

(3) Dahinstehen kann, ob es, wie die Beklagte behaup-tet, letztlich der Culatello war, der die herausragende Be-deutung und den besonderen Ruf der Stadt und der Provinz Parma in Bezug auf die Herstellung von Delikatessen aus Fleisch mitbegründete und ob erst die Erfahrungen, die man in Parma mit der Herstellung des »Culatello« gesam-melt hatte, zur Entwicklung und Produktion des »Prosciutto di Parma« führten. Es geht vorliegend nicht darum, ob mög-licherweise »Culatello« das ältere und dementsprechend traditionsreichere oder auch das höherwertige und deutlich teurere Produkt gegenüber »Prosciutto di Parma« ist, son-dern allein darum, ob Culatello traditionell unter der Be-zeichnung »Culatello di Parma« vertrieben worden ist. Das hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht.

ii) Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenom-men, dass sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf beru-fen könne, es gebe eine geschützte geografische Angabe »Coppa di Parma«. Im Gegensatz zu »Coppa di Parma« ist »Culatello di Parma«, aus welchen Gründen auch immer, nicht als geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung geschützt. Dementsprechend ist auch unerheblich, dass es weitere Beispiele für nach dem Muster »Ware aus Ort« gebildete eingetragene geografische Ursprungsbezeich-nungen gibt, die auf eine Herkunft aus demselben Ort hin-weisen. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen Beispielen und dem Streitfall ist, dass »Culatello di Parma« im Gegensatz zu »Prosciutto di Parma« nicht als geografi-sche Ursprungsbezeichnung eingetragen worden ist.

jj) Auf die von der Beklagten vorgelegten Urteile italie-nischer Gerichte kommt es für den Streitfall nicht an. Sie sind für die Verkehrserwartung der deutschen Verbraucher und die Rechtslage in Deutschland ohne Belang. Im Übri-gen sind sie auch nicht geeignet, die Argumentation der Be-klagten sachlich zu stützen. In den vom Kassationsgerichts-hof am 19. März 1991 und am 26. März 2004 entschiedenen Fällen ging es um den erfolglosen Versuch der Klägerin, dem dortigen Beklagten die Verwendung der Bezeichnung »Parmacotto« für gekochten Schinken zu untersagen. Maß-geblich für diese Entscheidungen war insbesondere die Erwägung, dass es sich bei dem »Parmacotto« um ein im gleichen Gebiet (Parma) hergestelltes, jedoch anders be-schaffenes und objektiv unverwechselbares Produkt han-delte. Die Unterscheidbarkeit der unter »Prosciutto di Par-ma« und »Culatello di Parma« in Deutschland angebotenen

Rohschinkenspezialitäten ist indes wesentlich geringer als diejenige zwischen gekochtem und rohem Schinken.

kk) Die Klägerin bestreitet nicht das Recht der Beklag-ten, für ihr Produkt die traditionelle Bezeichnung »Culatel-lo« zu verwenden. Die Beklagte ist daher auch nicht am Ver-trieb dieses Produkts gehindert und könnte beispielsweise der Produktbezeichnung ihren Handelsnamen hinzufügen.

3. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

a) Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe mit der Formulierung »bei ‚Culatello di Parma‘ handele es sich um eine Kreation der Beklagten«, wissentlich unwahr im Prozess vorgetragen. Die Beklagte hat jedoch nicht darge-legt, dass die Klägerin diese pointierte Formulierung, die erkennbar ihr Argument stützen sollte, die Bezeichnung »Culatello di Parma« werde – anders als »Culatello« – nicht traditionell für die in Rede stehende Schinkenspezialität verwendet, entgegen besserer Kenntnis benutzt hat. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, würde es den Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht begründen.

b) Die Revision will einen Rechtsmissbrauch der Kläge-rin weiter darin erkennen, dass der Präsident, der Vize-Prä-sident und weitere Mitglieder der Klägerin noch während des Prozesses Culatello-Schinken unter der Bezeichnung »Culatello di Parma« angeboten und vermarktet hätten. Damit hat sie keinen Erfolg.

aa) Allerdings kann im Einzelfall unter Berücksichti-gung der Gesamtumstände eine rechtsmissbräuchliche An-spruchsverfolgung durch einen Verband vorliegen, wenn er zur Verfolgung überwiegend sachfremder Ziele selektiv nur gegen einen Außenstehenden vorgeht, entsprechende Wettbewerbsverstöße der eigenen Mitglieder jedoch plan-mäßig duldet (vgl. BGH, Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 148/10, GRUR 2012, 411 Rn. 22 bis 24 = WRP 2012, 717 – Glücks-spielverband).

bb) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht ange-nommen, dass ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Es hat ausgeführt, allein die Beklagte habe sich nach der Bean-standung durch die Klägerin geweigert, von der weiteren Vermarktung des Produkts Abstand zu nehmen, alle ande-ren Beteiligten, so auch die Unternehmen des Präsidenten und des Vize-Präsidenten der Klägerin, hätten das Produkt nicht weiter vertrieben und beworben.

Soweit Mitglieder der Klägerin die Verwendung der Be-zeichnung »Culatello di Parma« erst während des Prozesses nach entsprechender Aufforderung durch die Klägerin ein-gestellt haben, nachdem die Beklagte diese Verwendung aufgedeckt hatte, ergibt sich daraus entgegen der Ansicht der Revision noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin. Eine planmäßige Duldung der Wettbewerbs-verstöße ihrer Mitglieder durch die Klägerin ist damit nicht belegt. Einem Verband steht es grundsätzlich frei, zunächst nur gegen einen Dritten und nicht auch gegen Verbands-mitglieder vorzugehen (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2004 – I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 795 [juris Rn. 45] = WRP 2004, 1024 – Sportlernahrung II, mwN.).

III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – C.I.L.F.I.T.; Urt. v. 1.10.2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici, mwN.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zwei-felsfrei zu beantworten ist. Insbesondere wirft der Streit-fall nicht die bisher vom Gerichtshof noch nicht behandel-te Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen die Weiterbenutzung eines nicht eingetragenen, traditionellen geografischen Namens für die Bezeichnung eines Lebens-mittels parallel zu einer geschützten Bezeichnung zu ge-statten ist. »Culatello di Parma« ist kein traditioneller Name für die Bezeichnung des Schinkenprodukts »Culatello« (vgl. oben Rn. 4851). Die vom Berufungsgericht als Grund für die Zulassung der Revision angeführte Frage, welches nationale Recht für die Bestimmung der Rechtsfolgen aus einer Verletzung der Grundverordnung anzuwenden ist, beantwortet sich ohne weiteres aus Art. 13 Abs. 3 GrundVO

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lagerte Ton- und Feinstschluffbestandteile, relativ hohe und gleichbleibende Feuchte) sowie durch sein besonde-res Mikroklima spezielle Bedingungen für den Anbau von Gurken. Schon seit Jahrhunderten werden Gurken im Wirt-schaftsraum Spreewald angebaut und von dort ansässigen Betrieben als Rohware verkauft und/oder nach überliefer-ten Rezepturen konserviert und in so verarbeiteter Form vertrieben. Die »Spreewälder Gurken« zeichnen sich daher durch besondere geschmackliche Merkmale aus, die sie unverwechselbar als aus der Wirtschaftsregion Spreewald stammend charakterisieren und den guten Ruf bei den Ver-brauchern ausmachen.

Besondere Bedeutung kommt daher auch der Verarbei-tung im Wirtschaftsraum Spreewald zu, da dort die tradi-tionellen Konservierungs- und Verarbeitungsmethoden ge-währleistet werden können. …

In der »Beschreibung« des Erzeugnisses heißt es:

Das unverarbeitete Erzeugnis wird im Wirtschaftsraum Spreewald nach kontrolliertem-integriertem Anbau ge-mäß der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Einführung kontrollierter-integrierter Produktionsver-fahren im Obst- und Gemüseanbau vom 18. Mai 1995 des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) des Landes Brandenburg erzeugt. Das verarbeitete Erzeugnis besteht zu mehr als 70% aus Gurken, die im Wirt-schaftsraum Spreewald nach kontrolliertem-integriertem Anbau gemäß genannter Richtlinie erzeugt worden sind und in dem als Zutaten – je nach Geschmacksrichtung – fri-sche Zwiebeln, frischer Dill und Kräuter sowie Meerrettich verwendet werden. Bei Erzeugnissen in Gläsern bis ein-schließlich 1.700 ml Nennvolumen erfolgt die Süßung aus-schließlich durch Saccharose. Die Gesamtsäure (berechnet als Essigsäure) aus Gärungsessig im Endprodukt ist kleiner als 1%. Salzdillgurken (saure Gurken) enthalten lediglich einen Kochsalzgehalt von maximal 3% im Endprodukt.

Der Antragsteller, in dem alle Erzeuger von »Spreewäl-der Gurken g.g.A.« als Mitglieder organisiert sind, betreut die geschützte geografische Angabe. Er hat am 18. Februar 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Ände-rung der Spezifikation beantragt. Nach seinem zuletzt ge-stellten Antrag soll die Beschreibung des Erzeugnisses wie folgt geändert werden:

Das unverarbeitete Erzeugnis wird im Wirtschaftsraum Spreewald nach kontrolliertem-integriertem Anbau gemäß den Grundsätzen der kontrollierten integrierten Produktion gärtnerischer Kulturen im Land Brandenburg in der jeweils geltenden Fassung des Kontrollrings für integrierten Anbau von Obst und Gemüse im Land Brandenburg e.V. erzeugt.

Das verarbeitete Erzeugnis besteht zu mehr als 70% aus Gurken, die im Wirtschaftsraum Spreewald nach kontrollier-tem-integriertem Anbau gemäß den genannten Grundsätzen erzeugt worden sind und in dem als Zutaten Wasser, Speise-salz und – differenziert nach Erzeugnissen – Gärungsessig, frische Zwiebeln, frischer Dill, Kräuter, Gewürze, Meer-rettich, Kräuter- und Gewürzauszüge (natürliche Aromen), Honig sowie ein kleiner Teil von sauer einlegbarem Gemü-se als dekorative oder würzende Gemüsestücke verwendet werden. Farbstoffe und Zitronensäure können zugegeben werden. Bei Erzeugnissen in Verpackungsgrößen bis ein-schließlich 1.700 ml Nennvolumen erfolgt die Süßung aus-schließlich durch Saccharose und/oder Honig. Bei der Her-stellung von Spreewälder Gurken in Verpackungsgrößen größer als 1.700 ml Nennvolumen ist auch die Süßung mit Süßstoffen zugelassen. Bei der Herstellung von Spreewälder Gurken als Rohkonserve sind größenunabhängig auch die Süßung mit Süßstoffen und der Einsatz von Konservierungs-mitteln zugelassen. Die Gesamtsäure (berechnet als Essig-säure) aus Gärungsessig im Endprodukt ist kleiner als 1%. Salz-Dill-Gurken (Saure Gurken) enthalten lediglich einen Speisesalzgehalt von maximal 3% im Endprodukt.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zur Prüfung des Änderungsantrags Stellungnahmen eingeholt. Die Ein-sprechende und die Firma C. K. haben als interessierte Dritte Stellung genommen. Der Antrag auf Änderung der Spezifikation ist im Markenblatt vom 22. August 2014 ver-öffentlicht worden. Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2014 hat die Einsprechende Einspruch eingelegt. Mit Beschluss vom

(vgl. oben Rn. 24 f.). Schließlich ist auch die Frage, nach wel-chen Kriterien die Verkehrsauffassung des maßgeblichen europäischen Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen ist, in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedenfalls in dem für die Entscheidung des Streitfalls erforderlichen Maß geklärt (vgl. oben Rn. 36 f.).

IV. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 49 Abs. 3 Unterab-satz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2, Art. 53 Abs. 2 Unterab-satz 1 (Spreewälder Gurken)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Par-laments und des Rates vom 21. November 20121 über Qua-litätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 343 vom 14. Dezember 2012, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kann im Verfahren einer nicht geringfügigen Änderung der Spezifikation jede aktuelle oder potenzielle, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegende wirtschaft-liche Betroffenheit einer natürlichen oder juristischen Person ausreichen, das für einen Einspruch gegen den Antrag oder ein Rechtsmittel gegen die positive Entschei-dung über den Antrag erforderliche berechtigte Interesse im Sinne von Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zu begründen?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Kommt im Verfahren einer nicht geringfügigen Ände-rung der Spezifikation ein berechtigtes Interesse im Sin-ne von Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 Ver-ordnung (EU) Nr. 1151/2012 (nur) den Wirtschaftsbeteilig-ten zu, die vergleichbare Erzeugnisse oder Lebensmittel herstellen wie die Wirtschaftsbeteiligten, für die eine ge-schützte geografische Angabe eingetragen ist?

3. Für den Fall, dass die Frage 2 verneint wird:

a) Ist für die Anforderungen an das berechtigte Interes-se im Sinne von Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zwischen dem Eintragungsverfahren gemäß Art. 49 bis 52 Verord-nung 1151/2012 einerseits und dem Verfahren auf Ände-rung der Spezifikation gemäß Art. 53 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 andererseits zu differenzieren und

b) kommt deshalb im Verfahren einer nicht geringfügigen Änderung der Spezifikation ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 Ver-ordnung (EU) Nr. 1151/2012 nur den Erzeugern zu, die im geografischen Gebiet Erzeugnisse produzieren, die der Produktspezifikation entsprechen, oder eine solche Pro-duktion konkret beabsichtigen, so dass »Ortsfremde« von vornherein von der Geltendmachung eines berechtigten Interesses ausgeschlossen sind?

BGH, Beschluss vom 19.12.2019 – I ZB 78/18.

I. Die Bezeichnung »Spreewälder Gurken« ist seit dem 19. März 1999 als geschützte geografische Angabe für un-verarbeitetes und verarbeitetes Gemüse in das von der Kommission der Europäischen Union geführte Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben eingetragen (vgl. Verordnung [EG] Nr. 590/19992).

Im Eintragungsantrag ist der schutzbegründende »Zu-sammenhang mit dem geografischen Gebiet« in der Spezi-fikation wie folgt beschrieben:

Der Wirtschaftsraum Spreewald bietet mit seiner be-sonderen Bodenstruktur (moorige Grundsubstanz, einge-

1 BlPMZ 2013, 64 ff.2 BlPMZ 1999, 254

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10. September 2015 hat das Deutsche Patent- und Marken-amt festgestellt, dass der Änderungsantrag der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrar-erzeugnisse und Lebensmittel (im Folgenden: Verordnung [EU] Nr. 1151/2012) entspreche. Die dagegen gerichtete Be-schwerde hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen (BPatG, GRUR 2019, 4153).

II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die Be-schwerde sei mangels materieller Beschwerdeberechtigung unzulässig. In der Sache sei sie auch nicht begründet. Dazu hat es ausgeführt:

Auf den Antrag finde die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, ergänzt durch die nationalen Ausführungsbestimmungen Anwendung. Gegen einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, dass ein Antrag auf Änderung der Spezi-fikation den Voraussetzungen der Verordnung entspreche, stehe denjenigen die Beschwerde zu, die – wie die Einspre-chende – gegen den Antrag fristgerecht Einspruch einge-legt hätten. Die Einsprechende müsste zudem in ihrem be-rechtigten Interesse betroffen sein. Insoweit sei zwischen einem Eintragungsantrag und einem Antrag auf Änderung der Spezifikation zu unterscheiden. Bei einer Änderung der Spezifikation bestehe kein berechtigtes Interesse für Ortsfremde, die wie die Einsprechende die geschützte Be-zeichnung ohnehin nicht benutzen dürften. Das bloße Han-deltreiben mit Produkten, die mit einer geschützten geo-grafischen Angabe gekennzeichnet seien, könne als solches kein berechtigtes Interesse begründen. Eine vermeintliche Entwertung der geschützten geografischen Angabe oder eine Schädigung des Rufs oder Ansehens des Erzeugnisses beträfe alleine die im geografischen Herkunftsgebiet an-sässigen Erzeuger, nicht aber die Einsprechende. Auch die allgemeine Markt- und Wettbewerbssituation sei nicht ge-eignet, eine Beschwerdeberechtigung zu begründen.

Die Beschwerde wäre auch nicht begründet. Der aktu-ell gültigen Spezifikation könne ein generelles Verbot von Zusatzstoffen schon nicht entnommen werden. Selbst wenn der Änderungsantrag zu »wesentlichen Änderungen« im Sinne von Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 3 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 führte, erschienen diese durchweg sachlich gerechtfertigt. Als Grenze sei zu berücksichtigen, dass der schutzbegründende Zusammenhang mit dem geo-grafischen Gebiet im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 in der Spezifikation auch mit der be-sonderen Bedeutung der »im Wirtschaftsraum Spreewald« gewährleisteten »traditionellen Konservierungs- und Ver-arbeitungsmethoden« begründet worden sei. Es sei aller-dings nicht ausgeschlossen, dass auch »traditionelle Kon-servierungs- und Verarbeitungsmethoden« schon immer die Zugabe von Zusatzstoffen eingeschlossen hätten. Den Erzeugern sei es zudem nicht grundsätzlich verwehrt, auch »traditionelle Konservierungs- und Verarbeitungs-methoden« sachgerecht fortzuschreiben, sofern es zuläs-sige Änderungsgründe gebe und der schutzbegründende Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet insgesamt gewahrt bleibe. Nach diesen Maßstäben stellten sich die beantragten Änderungen als sachgerecht dar.

III. Der Erfolg der Rechtsbeschwerde hängt davon ab, wie das »berechtigte Interesse« in Art. 49 Abs. 3 Unterab-satz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 aus-zulegen ist. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

1. Auf die beantragte Änderung der Spezifikation findet die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 in Verbindung mit den nationalen Ausführungsbestimmungen der §§ 130 ff. Mar-kenG Anwendung.

Die Bezeichnung »Spreewälder Gurken« wurde unter Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben eingetragen. An die Stelle dieser

3 Beschluss des Bundespatentgerichts (Leitsatz) BlPMZ 2018, 358

Verordnung ist mit Wirkung vom 31. März 20064 die Ver-ordnung (EG) Nr. 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeug-nisse und Lebensmittel getreten. Diese war zunächst auf den Antrag auf Änderung der Spezifikation vom 18. Fe-bruar 2012 anzuwenden. Am 3. Januar 2013 ist die Ver-ordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in Kraft getreten, die gemäß ihrem Art. 58 Abs. 1 Unterabsatz 1 die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 aufgehoben hat. Da Übergangsvorschrif-ten nicht vorgesehen sind, ist das Bundespatentgericht zutreffend davon ausgegangen, dass für das weitere Ver-fahren die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 unmittelbar an-zuwenden ist. Das folgt auch aus Art. 58 Abs. 1 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, der nur für Verfahren auf Unionsebene hier nicht einschlägige Einschränkungen bei der Anwendung des neuen Rechts vorsieht.

2. Nach Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 eröffnet der Mitgliedstaat im Laufe der Prü-fung die Möglichkeit eines nationalen Einspruchsverfah-rens, das eine angemessene Veröffentlichung des Antrags auf Eintragung von geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben gewährleistet und eine ausreichende Frist setzt, innerhalb derer jede natürli-che oder juristische Person mit einem berechtigten Interes-se, die in seinem Hoheitsgebiet niedergelassen oder ansäs-sig ist, Einspruch gegen den Antrag einlegen kann. Nach Art. 49 Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 stellt der Mitgliedstaat im weiteren Verfahren sicher, dass die positive Entscheidung über einen Eintragungsantrag öffentlich zugänglich gemacht wird und jede natürliche oder juristische Person mit einem berechtigten Interesse die Möglichkeit hat, Rechtsmittel einzulegen. Verfahren über Anträge auf Änderungen der Spezifikation, die nicht geringfügig sind, unterliegen gemäß Art. 53 Abs. 2 Unter-absatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 ebenfalls dem Verfahren gemäß Art. 49 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012. Sind die vorgeschlagenen Änderungen geringfügig, wird im Mitgliedsstaat und auf Unionsebene ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt (vgl. Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 2 Verordnung [EU] Nr. 1151/2012 und Art. 6 Abs. 2 der De-legierten Verordnung (EU) Nr. 664/2014); ein Einspruchs-verfahren findet nicht statt (vgl. Schlussanträge des Ge-neralanwalts Sánchez-Bordona vom 26.9.2019 – C-785/18, BeckRS 2019, 22347 Rdn. 37 und 39; vgl. aber auch Rdn. 56 und 57 dieser Schlussanträge; Hacker in Ströbele/ Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 132 Rdn. 15).

3. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist zu unterstel-len, dass es sich bei der beantragten Änderung der Produkt-spezifikation um Änderungen handelt, die nicht geringfü-gig sind. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat gemäß § 132 Abs. 1 MarkenG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 20085 (BGBl. I, S. 1191) in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verordnung (EG) Nr. 510/2006 das Verfahren für nicht geringfügige Änderungen nach §§ 130 f. MarkenG eingeleitet.

4. Die Vorgaben des Unionsrechts zur Beteiligung von Personen mit einem berechtigten Interesse im Verfahren der Eintragung geschützter geografischer Angaben sowie im Verfahren über Anträge auf nicht geringfügige Ände-rungen ihrer Spezifikationen sind im Markengesetz durch die Vorschriften der § 130 Abs. 4 Satz 2 und § 133 Satz 2 in Verbindung mit § 132 Abs. 1 MarkenG umgesetzt.

a) Nach § 130 Abs. 4 Satz 2 MarkenG kann gegen den Antrag auf Eintragung einer geschützten geografischen Angabe innerhalb von zwei Monaten seit Veröffentlichung von jeder Person mit einem berechtigten Interesse, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland niedergelassen oder ansässig ist, beim Deutschen Patent- und Markenamt Einspruch eingelegt werden. Dies gilt gemäß § 132 Abs. 1 MarkenG, der auf Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verweist, entsprechend für Anträge auf Änderungen der Spezifikation, die nicht geringfügig sind. Stellt das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß

4 BlPMZ 2006, 203 ff.5 BlPMZ 2008, 274 ff.

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2020 Heft 4 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 155

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§ 130 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 132 Abs. 1 Mar-kenG durch Beschluss fest, dass der Antrag auf Änderung der Spezifikation den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und den zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften entspricht, steht die Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 133 Satz 2 in Verbindung mit § 132 Abs. 1 MarkenG denjenigen Personen zu, die gegen den Antrag fristgerecht Einspruch eingelegt haben oder die durch den stattgebenden Beschluss auf Grund der nach § 130 Abs. 5 Satz 4 MarkenG veröffentlichten geänderten Angaben in ihrem berechtigten Interesse betroffen sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Einsprechende hat fristgerecht Einspruch eingelegt.

b) Das Bundespatentgericht ist allerdings zutreffend da-von ausgegangen, dass die Einsprechende darüber hinaus darlegen muss, dass sie durch den dem Antrag auf Änderung der Spezifikation stattgebenden Beschluss des Patentamts in ihrem berechtigten Interesse betroffen ist. Das ergibt sich aus Art. 49 Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, dessen Umsetzung § 133 Satz 2 MarkenG dient.

5. Die danach von den nationalen Behörden sowohl im Eintragungs- als auch im streitgegenständlichen Ände-rungsverfahren zu beantwortende Frage, was unter einem »berechtigten Interesse« zu verstehen ist, das den Weg zu einer gerichtlichen Überprüfung eröffnet, lässt sich den unionsrechtlichen Vorgaben nicht eindeutig entnehmen und bedarf der Klärung durch den Gerichtshof der Euro-päischen Union.

a) Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Eu-ropäischen Union und den gemeinsamen Verfassungs-traditionen sowie Art. 6 und Art. 13 EMRK ergibt sich, dass eine gerichtliche Überprüfung grundsätzlich mög-lich sein muss (vgl. EuGH, Urt. v. 3.12.1992 – C-97/91, Slg. 1992, I-6313 Rdn. 14 – Oleificio Borelli/Kommission; Urt. v. 6.12.2001 – C-269/99, Slg. 2001, I-9517 Rdn. 57 = GRUR Int. 2002, 523 – Carl Kühne [Spreewälder Gurken]; Beschl. v. 30.1.2002 – C-151/01, Slg. 2002, I-1179 Rdn. 46 – La Con-queste/Kommission [canard à foie gras du Sud-Ouest]; Urt. v. 2.7.2009 – C-343/07, Slg. 2009-I, 5536 Rdn. 57 = GRUR 2009, 961 – Bavaria). Eine gerichtliche Überprüfbarkeit ist danach grundsätzlich auch in Bezug auf eine Handlung wie einen Antrag auf Änderung der Spezifikation erfor-derlich, der eine notwendige Stufe im Verfahren zum Er-lass einer Unionsmaßnahme darstellt. Nationale Gerichte, die über die Rechtmäßigkeit eines Antrags auf Eintragung einer geschützten geografischen Angabe oder wie hier auf Änderung der Spezifikation entscheiden, müssen dabei dieselben Prüfungsmaßstäbe wie bei anderen endgülti-gen Entscheidungen anwenden, die von der betreffenden nationalen Behörde erlassen werden und Rechte verletzen können, die Dritte aus dem Unionsrecht ableiten. Eine ent-sprechende Klage ist folglich als zulässig anzusehen, selbst wenn die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften dies in einem solchen Fall nicht vorsehen (vgl. EuGH, Slg. 1992, I-6313 Rdn. 13 – Oleificio Borelli/Kommission; GRUR Int. 2002, 523 Rdn. 58 – Carl Kühne [Spreewälder Gurken]; Slg. 2002, I-1179 Rdn. 47 – La Conqueste/Kommission [canard à foie gras du Sud-Ouest]).

b) Nach Auffassung des Senats folgt daraus nicht, dass im Rahmen von Art. 49 Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 eine Popularklage ermöglicht werden müsste. Allerdings darf nach Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 jeder Wirtschaftsbeteiligte, der ein Er-zeugnis vermarktet, das der betreffenden Produktspezi-fikation entspricht, die geschützte geografische Angaben verwenden. Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob im Verfahren einer nicht geringfügigen Änderung der Spezifi-kation jede aktuelle oder potenzielle, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegende wirtschaftliche Betroffenheit einer natürlichen oder juristischen Person ausreichen kann, das für einen Einspruch gegen den Antrag oder ein Rechts-mittel gegen die positive Entscheidung über den Antrag erforderliche berechtigte Interesse im Sinne von Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Unterabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zu begründen (Vorlagefrage 1; so für das Eintragungsverfahren Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 133 Rdn. 6; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy,

Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 130 MarkenG Rdn. 36).

Gegen eine solche weite Fassung des berechtigten In-teresses spricht nach Auffassung des Senats, dass dadurch die Anforderung eines »berechtigten« Interesses im Ergeb-nis leerliefe, weil die Einspruchs- und Rechtsmittelberech-tigung unzureichend eingegrenzt wäre.

c) Der von Art. 49 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 4 Un-terabsatz 2 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 beabsichtigten Beschränkung der Einspruchs- und Rechtsmittelberechti-gung durch das Erfordernis eines berechtigten Interesses könnte nach Auffassung des Senats dadurch Rechnung ge-tragen werden, dass ein solches berechtigtes Interesse (nur) den Wirtschaftsbeteiligten zukommt, die vergleichbare Erzeugnisse oder Lebensmittel herstellen wie die, für die eine geschützte geografischen Angabe eingetragen ist (Vor-lagefrage 2). Für die Bestimmung dieser Gruppe von Wirt-schaftsbeteiligten mit einem berechtigten Interesse könnte auf das im Lauterkeitsrecht maßgebliche konkrete Wettbe-werbsverhältnis zurückgegriffen werden. Danach wäre dar-auf abzustellen, ob es sich bei den Einsprechenden einerseits und den Erzeugern aus dem geografischen Gebiet anderer-seits um Wettbewerber handelt, die gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkrei-ses abzusetzen versuchen, und daher das Wettbewerbsver-halten des einen den anderen beeinträchtigen, also im Ab-satz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2019 – I ZR 67/18, GRUR 2019, 970 Rdn. 23 = WRP 2019, 1608 – Er-folgshonorar für Versicherungsberater, m. w. N.).

aa) Für eine solche Auslegung spricht der Schutz des fai-ren Wettbewerbs. Ziel der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. a zwar, einen fairen Wettbewerb für Landwirte und Erzeuger von Agrarerzeug-nissen und Lebensmitteln mit wertsteigernden Merkmalen und Eigenschaften zu gewährleisten. Diese (gerechtfer-tigte) Unterstützung einer bestimmten Gruppe von Land-wirten und Erzeugern darf aber nicht zu einem ungerecht-fertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht zu dieser Gruppe gehörenden Landwirten und Erzeugern führen. Diese Wettbewerber müssen zum Schutz des fairen Wett-bewerbs die Möglichkeit haben, ein behördliches oder ge-richtliches Verfahren einzuleiten, wenn die Gefahr besteht, dass Erzeugnisse, die mit einer geschützten geografischen Angabe gekennzeichnet werden dürfen, nicht mehr das halten, was sie ausweislich der Produktspezifikation Ver-braucherinnen und Verbrauchern versprechen.

Die Einsprechende hat schlüssig vorgetragen, dass die vom Antragsteller beantragte Änderung der Produktspezi-fikation dazu führe, dass die mit der geschützten geografi-schen Angabe »Spreewälder Gurken« gekennzeichneten Erzeugnisse entgegen dem in der Produktspezifikation beschriebenen schutzbegründenden Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet nicht mehr nach »traditionellen Konservierungs- und Verarbeitungsmethoden« verarbeitet würden und dies für sie wirtschaftliche Auswirkungen hät-te. Wäre dieser Einwand begründet worauf es im Rahmen der Beschwerdeberechtigung indes nicht ankommt führte dies für die im geografischen Gebiet ansässigen Erzeuger zu einem Wettbewerbsvorteil. Anders als der ihnen durch die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 gewährte Wettbewerbs-vorteil, der auf der besonderen Eigenart der Erzeugnisse beruht, wäre ein solcher Wettbewerbsvorteil ungerechtfer-tigt. Eine solche Änderung der Spezifikation erlaubte es Er-zeugern aus dem geografischen Gebiet, ihre Gurken mit der absatzfördernden Angabe »Spreewälder Gurken« zu verse-hen und dabei auf diese Bezeichnung rechtfertigende tradi-tionelle Methoden der Konservierung und Verarbeitung zu verweisen, obwohl es sich bei den verwendeten Methoden nicht (mehr) um traditionelle Methoden handelte.

bb) Der Umstand, dass die geschützte geografische Angabe nur bestimmten Berechtigten Schutz verleiht, be-deutet nicht, dass Nichtberechtigte diesen Schutz nicht in Frage stellen können. So kann in vergleichbarer Weise die Klage auf Erklärung des Verfalls einer Marke von je-der Person erhoben werden; sie erfordert noch nicht einmal ein berechtigtes Interesse. Zudem verleiht die geografische Bezeichnung nicht nur Rechte, sondern verpflichtet die Er-zeuger auch dazu, die Anforderungen aus der Spezifikation

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156 Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 122. Jg. / 2020

Blatt für PMZ, Hrsg.: DPMA, © Carl Heymanns Verlag, Unberechtigte Vervielfältigung verboten

VO (EG) 1234/2007 Art. 113a Abs. 1; VO (EU) Nr. 1308/2013 Art. 76 Abs. 1; VO (EWG) Nr. 2913/92 Art. 23; VO (EU) Nr. 952/2013 Art. 60 Abs. 1; VO (EU) Nr. 1169/2011 Art. 7 Abs. 1 Buchst. a; RL 2000/13/EG Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i; UWG §§ 3, 3a, 5 Abs. 1, 8; LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 1 (Kulturchampignons II)

a) Das kennzeichnungsrechtliche Irreführungsverbot (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB aF sowie § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV) findet auf die Ursprungsangabe für ein Lebens-mittel, die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschrieben ist, keine Anwendung. Es dürfen im Falle einer solchen Angabe keine aufklärenden Zusätze verlangt werden, um einer etwaigen Irreführung des Verbrauchers entgegenzuwirken.

b) Das nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anzugebende Ursprungsland von in Deutsch-land geernteten Kulturchampignons ist das Ernteland, auch wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt sind und die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind.

c) Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 UWG scheidet aus, wenn gesetzliche Kennzeichnungsvorschriften eine bestimmte Bezeichnung vorschreiben und das so gekennzeichnete Produkt den gesetzlichen Kriterien entspricht. In einem solchen Fall genießt das Kennzeichnungsrecht Normvor-rang und ist eine unlautere Irreführung auch dann nicht anzunehmen, wenn relevante Teile des Verkehrs die ver-wendete Bezeichnung falsch verstehen.(amtliche Leitsätze)

BGH, Urteil vom 16.1.2020 – I ZR 74/16 (OLG Stuttgart).

Die vollständige Entscheidung ist in WRP 2020, 456 ver-öffentlicht.

einzuhalten (vgl. zur Verordnung [EWG] Nr. 2081/92 Heine, GRUR 1993, 966, 103). Diese Verpflichtung dient zumindest auch dem fairen Wettbewerb und muss von nicht im geo-grafischen Gebiet produzierenden Wettbewerbern einge-fordert werden können.

d) Schließlich käme in Betracht, zwischen den Anforde-rungen an das berechtigte Interesse im Eintragungsverfahren einerseits und im Rahmen einer Änderung der Spezifikation andererseits zu differenzieren und bei einem Änderungsan-trag ein berechtigtes Interesse nur Erzeugern zuzusprechen, die im geografischen Gebiet Erzeugnisse produzieren, die der Produktspezifikation entsprechen, oder eine solche Pro-duktion konkret beabsichtigen (Vorlagefrage 3).

aa) Das Bundespatentgericht ist von einer solchen Dif-ferenzierung zwischen Eintragungsverfahren und Ände-rungsverfahren ausgegangen und hat angenommen, im Eintragungsverfahren mit seinen weitreichenden Wirkun-gen sei das berechtigte Interesse weit auszulegen. Bei einer Änderung der Spezifikation hätten Ortsfremde dagegen von vornherein kein berechtigtes Interesse, weil sie von der Benutzung der geschützten geografischen Angabe ausge-schlossen seien.

bb) Dieser vom Bundespatentgericht vorgenommenen Differenzierung dürfte bereits der eindeutige Verordnungs-wortlaut entgegenstehen. Die Vorschrift des Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verweist für das Verfahren bei nicht geringfügigen Änderungen der Produktspezifikation auf die Vorschriften für das Ein-tragungsverfahren gemäß Art. 49 bis 52 Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, ohne den Begriff des »berechtigten Interes-ses« für das Änderungsverfahren dabei abweichend zu defi-nieren. Überdies bestünde bei einer solchen Unterscheidung die (rechtsmissbräuchliche) Möglichkeit, eine geografische Angabe zunächst mit einer aufwändigen oder strengen Pro-duktspezifikation eintragen zu lassen, um diese später in einem Änderungsverfahren »aufzuweichen«, im Rahmen dessen Ortsfremde keine Einspruchsmöglichkeit mehr hät-ten. Das spricht auch wenn ein solcher Antrag in den Ver-fahren vor dem nationalen Patentamt und der Kommission zwei Amtsprüfungen unterliegt ebenfalls gegen eine vom Eintragungsverfahren abweichende Auslegung des Begriffs des »berechtigten Interesses« im Änderungsverfahren.

cc) Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb bei Änderungs-anträgen nur ortsansässigen Erzeugern ein berechtigtes Interesse und damit eine Einspruchs- und Rechtsmittel-möglichkeit zukommen sollte. Insbesondere überzeugt in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit dem Markenrecht nicht, auf den die Antragstellerin sich beruft. Geschützte geografische Angaben genießen zwar kennzeichenrecht-lichen Schutz (vgl. EuGH, Urt. v. 10.11.1992 – C-3/91, Slg. 1992, I-5529 = GRUR Int. 1993, 76 Rdn. 37 f. – Exportur [Tur-rón de Alicante]; Urt. v. 20.5.2003 – C-469/00, Slg. 2003, I-5053 = GRUR 2003, 609 Rdn. 49 – Ravil [Grana Padano]; Urt. v. 20.5.2003 – C-108/01, Slg. 2003, I-5121 = GRUR 2003, 616 Rdn. 64 – Consorzio [Prosciutto di Parma]; BGH, Urt. v. 31.3.2016 – I ZR 86/13, BGHZ 209, 3027 Rdn. 11 und 13 – Hi-malaya Salz; vgl. auch Loschelder in Festschrift Fezer, 2016, S. 711, 717 f. und 720). Im Unterschied zu Markenrechten, bei denen Lizenznehmer oder Wiederverkäufer regelmä-ßig keinen Einfluss auf die Qualität der unter der Marke vertriebenen Produkte haben, rechtfertigt sich der Schutz

6 BlPMZ 1993, 105 ff.; 1994, Sonderheft S. 150 ff.; 2001, 95, 186 f., 2407 BlPMZ 2016, 303 ff.

geografischer Angaben aber aus dem Zusammenhang des Erzeugnisses mit dem geografischen Gebiet (vgl. Art. 5 Abs. 2 Verordnung [EU] Nr. 1151/2012), der in der Pro-duktspezifikation seinen Niederschlag findet und festge-schrieben ist. Die wesentlichen Eigenschaften des mit der geschützten geografischen Angabe gekennzeichneten Er-zeugnisses werden von der Produktspezifikation vorgege-ben. Die Eintragung einer geschützten geografischen An-gabe begründet daher nicht nur Rechte, sondern auch die Verpflichtung, bestimmte Anforderungen einzuhalten, vor allem die in der Produktspezifikation niedergelegten (vgl. zur Verordnung [EWG] Nr. 2081/92 Heine a. a. O.). Diejeni-gen Wirtschaftsteilnehmer, deren Erzeugnisse im geografi-schen Gebiet hergestellt und mit der geschützten geografi-schen Angabe versehen und beworben werden, müssen sich an den Vorgaben der Produktspezifikation festhalten lassen (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 47 der Verordnung [EU] Nr. 1151/2012). Dann aber müssen auch »Ortsfremde« gegen die Änderung einer Produktspezifikation vorgehen können, bei der die Gefahr besteht, dass die Qualität oder das Ansehen des Erzeugnisses entgegen Art. 5 Abs. 2 Ver-ordnung (EU) Nr. 1151/2012 nicht mehr auf den geografi-schen Ursprung zurückzuführen ist.

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