Entwicklung von Trägersystemen aus Naturfasern für den ... · ARBOCEL als Additive bei der...
Transcript of Entwicklung von Trägersystemen aus Naturfasern für den ... · ARBOCEL als Additive bei der...
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 1 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Entwicklung von Trägersystemen aus Naturfasern für den
materialeffizienten Einsatz flüssiger oder feinteiliger Additive für
industrielle Anwendungen
Projektphase 2
Abschlussbericht
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Aktenzeichen: 26690
von
Dr. Hans-Georg Brendle
J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co KG, D-73494 Rosenberg
Juli 2012
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 2 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Dieser Bericht ist über die J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co. KG erhältlich.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 3 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Inhaltsverzeichnis:
1. Verzeichnis von Bildern, Zeichnungen, Grafiken und Tabellen 3
2. Verzeichnis von Begriffen, Abkürzungen und Definitionen 4
3. Zusammenfassung 5
4. Einleitung 6
5. Hauptteil 10
5.1. Arbeitspaket 1
Konzeption und Durchführung von Pilotversuchen 10
5.1.1 Erarbeitung und Dokumentation der verfahrenstechnischen
Parametereinstellungen der großtechnischen Anlage 11
5.1.1.1 Optimierung Stoffzugabe und Stoffführung von FC-Chemikalie und
Cellulose 12
5.1.1.2 Ermittlung und Einstellung der notwendigen Temperaturführung und
Scherkraft in den jeweiligen Anlagenteilen. Optimierung der Material und
Reaktionstemperaturen 13
5.1.1.3 Einstellung der optimalen Durchsatzmenge der Stoffströme. Prüfung der
zeitabhängigen Reaktionsvermahlungen 13
5.1.2 Prüfung weiterer FC-Chemikalien auf Sensibilität des Upscalings
vom Laborversuch zur großtechnischen Umsetzung 14
5.1.3 Prüfung der papiertechnologischen Eigenschaften im Labor 17
5.2. Arbeitspaket 2
Durchführung von Versuchen bei Fa. Grünewald 24
5.2.1 Vorbereitung zur Durchführung der Versuche 25
5.2.1.1 Probeweiser Aufbau und Inbetriebnahme Dispergieranlage 26
5.2.1.2 Steuerung der Dispergieranlage, Optimierung der Dispergierung 29
5.2.2 Produktionsversuche bei Fa. Grünewald 29
5.2.3 Beurteilung der Qualitäten der im Betriebsversuch hergestellten Papiere 31
6. Fazit und Ausblick ……………………………………………………………………….. 32
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 4 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
1. Verzeichnis von Bildern, Zeichnungen, Grafiken und Tabellen
Nr. Art Unter- bzw. Überschrift Seite
1 Bild Konventionelle Papieradditive 8
2 Bild Faser-basierte Papieradditive ARBOCEL plus 8
3 Bild Fließschema Produktions- und Versuchsanlage 10
4 Bild Solvera PFPE-Chemie 15
5 Bild Solvera PFPEs versus F-Telomere 16
6 Bild RFA-Aufnahme von BWW 40-50 FC 18
7 Bild REM-Aufnahme von BWW 40-50 FC 18
8 Bild Produktdatenblatt von ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 20
9 Tabelle Zusammenfassung der Ergebnisse möglicher Störfaktoren auf die
oleophobe Funktion unter Zusatz von 5 % unserer Compounds im
Laborblatt mit Grammatur 70 gsm
22
10 Tabelle Ermittlung Einflussgrößen der Grünewald Chemikalien 25
11 Tabelle Liste der im Betriebsversuch bei Grünewald hergestellten Papiere 31
12 Tabelle Werte Kit und Cobb60 der im Betriebsversuch bei Grünewald
hergestellten Papiere
31
13 Bild Retention 32
14 Tabelle Ökonomischer und ökologischer Vergleich FC-Chemikalien
flüssig versus ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
34
15 Tabelle Ökonomischer und ökologischer Vergleich der nachträglichen PE-
Folienextrusion versus Einsatz ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
35
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 5 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
2. Verzeichnis von Begriffen und Definitionen
AKD
Leimungsmittel Alkylketendimer-Wachs, für Hydrophobie
ASA Leimungsmittel Alkylbernsteinsäureanhydrid (flüssig), für Hydrophobie
FC Fluorkohlenwasserstoff-Additiv für Fettdichte Papiere
PFOA Perfluoroctansäure, ein persistentes polares Perfluortensid
PFOS Perfluoroctansulfonat, Anion des Salzes der Perfluoroctansulfonsäure
PE Polyethylen, PE für Folienextrusion
Kit-Wert Messzahl für die Leimungsgüte fettdichter Papiere [dimensionslos]
Cobb-Wert Messzahl für die Leimungsgüte wasserdichter Papiere [gsm]
gsm Grammatur, Flächengewicht von Papier [g/m²]
RFA Röntgenfluoreszenz, Röntgenfluoreszenz-Spektroskopie
IR Infrarot, Infrarot-Spektroskopie
AP AP-Papiere sind Papiersorten, die überwiegend aus Altpapier hergestellt
wurden
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 6 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
3. Zusammenfassung
Ziel der Projektphasen I und II war die Entwicklung von Trägersystemen aus cellulosischen
Fasern für flüssige und feinteilige FC-Chemikalien als Zwischenprodukte für die
weiterverarbeitende Papierindustrie zur Herstellung oleophober Papiere. Dazu wurden die
bisher im Labormaßstab durchgeführten und erfolgsversprechenden Entwicklungsarbeiten
zur Oleophobierung von Papieren aus Projektphase I in einer weiterführenden Projektphase
II auf den Pilot- bzw. großtechnischen Maßstab übertragen. Die so dargestellten Produkte
wurden unter Praxisbedingungen in enger Kooperation mit einem Industriepartner und
potentiellen Anwender aus dem Bereich der Papierindustrie auf ihre Eignung geprüft.
Basierend auf den positiven Ergebnissen der Laborarbeiten wurde im ersten Arbeitspaket der
Projektphase II im Hause JRS ein Scale-Up der Herstellung der cellulosischen
Trägersysteme in den Pilotmaßstab ausgearbeitet. Hier galt es, im großtechnischen Maßstab
die im Labormaßstab erreichten Qualitäten mit Hilfe von geeigneten Produktionsanlagen
nachzustellen. Erste Versuche auf der ausgesuchten Produktionsanlage zeigten, dass mit
der bestehenden Verfahrenstechnik und den eingestellten Produktionsprozessparametern
kein befriedigendes Ergebnis erreicht werden konnte. Die damit produzierten
Compoundqualitäten konnten die hohe Funktionalität der Labormuster hinsichtlich
Oleophobie nicht bestätigen. Bei der Produktionsanlage handelte es sich um ein
kontinuierliches Produktionsverfahren. Der Vorteil war die Möglichkeit der Compound-
Herstellung in entsprechend notwendig großen Mengen. Der Nachteil war die geringe
Verweilzeit der „Reaktionspartner“ in der Anlage. Um eine notwendige Homogenität bei der
Fasermodifikation von Cellulose mit Fluorcarbonchemikalie zu garantieren, mussten
verfahrenstechnische Stoffzugaben und Stoffführungen grundlegend geändert werden.
Vorversuche mit mobilen Beimischern und gesteuerten Einspritzdüsen unterschiedlicher
Arten und Größen führten zu ersten positiven Ergebnissen. Neben der Einstellung der
geeigneten Leitungssysteme von Trägerstoff und Fluorcarbonchemikalie wurden auch
Temperaturführungen und Scherkräfte in der Rotormühle berücksichtigt und angepasst. Für
das erfolgreich durchgeführte Scale-Up in den Pilot- bzw. großtechnischen Maßstab wurde
die Anlagenverfahrenstechnik in mehreren Teilschritten umgebaut und erweitert.
Das zweite Arbeitspaket der Projektphase II bestand in der Prüfung der Trägersysteme unter
Praxisbedingungen beim Industriepartner der Fa. Grünewald. In Zusammenarbeit zwischen
JRS und Grünewald wurden positive Betriebsversuche zur Herstellung oleophober Papiere
mit unterschiedlichen Grammaturen und Dosiermengen durchgeführt. Dabei wurden die
entwickelten Compounds direkt über die Masse im wet end Bereich der Papierproduktion
zugegeben und neben der Wirksamkeit, bedingt durch hohe gefundene Compound-
Retentionsgrade, auch eine Umweltentlastung nachgewiesen. Letztlich wurden die Ziele
erreicht, die Praxistauglichkeit und die umweltentlastende Wirkung als auch die ökonomische
Marktfähigkeit der Trägersysteme nachzuweisen.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 7 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
4. Einleitung
Rohstoff für die Papier- und Kartonfertigung sind cellulosische Pflanzenfasern. Es werden
überwiegend langfasrige, im Nassmahlverfahren über Refiner hergestellte Holzcellulosen
verwendet, die sich bei Mahlgrad, Ligningehalt sowie Weiße unterscheiden, wie Holzschliff,
BCTMP (chemisch-termisch-mechanischer Pulp), Kraft-, Sulfit- und Deinking-Zellstoffe,
sowie zunehmend Altpapier-Qualitäten.
Neben cellulosischen Fasern werden zur Papier- und Kartonherstellung aus verschiedenen
Gründen feinteilige oder flüssige Additive wie Hydrophobierungsmittel, Stärke, mineralische
Additive wie Calciumcarbonat, Kaolin, Titandioxid, darüber hinaus Oleophobierungsmittel,
flammhemmende Additive, Biozide (insbesondere für Gipskarton und Wellpappen-
Rohpapier) sowie optische Aufheller eingesetzt. Ziel ist beispielsweise eine Erhöhung der
Hydrophobierung, der Lagen- oder der Reißfestigkeit, der Weiße sowie der Opazität.
Aufgrund ihrer geringen Partikel- oder Tröpfchengröße werden diese Produkte schlecht
retendiert und sehr leicht aus der Papierbahn ausgewaschen. Dadurch wird die Effektivität
der jeweiligen Additive begrenzt.
Um die Retention von feinen Füllstoffen zu erhöhen, werden daher verschiedenste Methoden
angewandt, die alle mit erhöhtem Aufwand an Chemikalien- und Energieeinsatz, erhöhten
Kosten und / oder aufwändiger Handhabung verbunden sind. So findet man z. B. den Einsatz
zusätzlicher Retentionsmitteln. Stärken müssen kationisiert oder in einem Zusatzverfahren
wie der batchweisen Kochung in Jetkochern aufbereitet werden, um zur Erhöhung der
Festigkeit beizutragen. Eine Hydrophobierung von Papierprodukten erfolgt auch mit
Leimpressen oder Tränkbädern zur nachträglichen Hydrophobierung. Darüber hinaus weisen
feinteilige Additive weitere Nachteile auf: Sie führen teilweise zu einer erhöhten
Abwasserbelastung aufgrund der notwendigen Überdosierung. Andere Additive sind
aufgrund ihrer Darreichungsform als Emulsion oder Suspension nur begrenzt haltbar. Zudem
variiert bei Papieradditiven die Effektivität stark in Abhängigkeit der Rahmenbedingungen wie
pH-Wert, Zetapotential, Rezeptur und Additivierung.
Dagegen wird die Herstellung von Trägersystemen aus Naturfasern und Additiven unseres
Wissens weltweit nicht in der Praxis angewandt. Daher sind keine derartigen
Kombinationsprodukte am Markt verfügbar. Nach unserer Einschätzung ist es bisher
niemand gelungen, auf kostengünstigem Weg qualitativ ausreichende Produkte darzustellen.
Frühere Versuche von Weyerhäuser Comp. U.S., alle Papierfasern im Stoff mit Additiven
auszurüsten, waren offensichtlich nicht wirtschaftlich; das Projekt wurde vor etwa 15 Jahren
eingestellt. Auch das mehrstufige Beladen von Fasern mit flüssigen Additiven und Gas
(„Fiber Loading“- Verfahren von Pira / USDA Forest Service 1997) hat sich aus
wirtschaftlichen Gründen nicht durchgesetzt. „Fiber Loading“ liefert nach Vorbehandlung der
Faser mit flüssigem Calciumhydroxid und Umsetzung mit gasförmigem Kohlendioxid eine
Carbonatschicht an der Faseroberfläche. Es wird hierbei billigend in Kauf genommen, dass
zusätzlich Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt wird. Bisher gibt es keine Additive
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 8 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
(Leimungsmittel, Stärke, Pigment, Biozide, ...), die auf Cellulose-Faseroberflächen
immobilisiert sind.
Cellulosische Fasern von JRS werden seit vielen Jahren unter dem Markennamen
ARBOCEL als Additive bei der Papierherstellung eingesetzt. Im Bereich Carbonless Paper
dienen die Fasern als Abstandshalter für die Beschichtung von chemisch reagierenden
Durchschreibepapieren. Bei der Herstellung von Graukarton, Faltschachtelkarton und
Liner/Fluting (Wellpappe) sowie für kaschiertem LWC-Papier werden ARBOCEL-Fasern
eingesetzt, um die Porosität der Produkte zu erhöhen. Daraus resultiert erhöhtes Volumen
sowie bessere und schnellere Entwässerung, so dass in der anschließenden Trocknung
weniger Feuchtigkeit verdampft werden muss. In der Summe kann die
Maschinengeschwindigkeit erhöht und die Trocknungsenergie reduziert werden. Weiterhin
verbessern die Fasern Formation, Steifigkeit und Opazität. Kritisch ist allerdings die
Tatsache, dass die Festigkeit (Berstdruck) der Endprodukte teilweise sinkt, so dass in
einigen Papieren und Kartonagen unsere Produkte nicht eingesetzt werden können.
Neuerdings haben wir, v.a. im Rahmen des ersten Teils unseres Forschungsprojekts, erste
modifizierte Fasern entwickelt. Diese Compounds sollen die Funktionalität der üblicherweise
in der Papierindustrie eingesetzten Additive deutlich verbessern, die Handhabung
vereinfachen, Verfahrenskosten (z. B. Trocknung, Aufbereitung Kreislaufwasser) verringern
sowie eine Kontamination der Umwelt durch die chemischen Additive weitestgehend
unterbinden.
Das Funktionsprinzip dieser Trägersysteme besteht darin, dass die Fasern aufgrund ihrer
Partikelgröße (typisch größer 50 μm) bewirken, dass die auf ihnen befindlichen Additive
erheblich besser retendiert werden. Das Prinzip ist nachfolgend dargestellt:
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 9 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Bild 1: Konventionelle Papieradditive Bild 2: Faser-basierte Papieradditive
ARBOCEL plus
Chemikalien auf Celluloseträger
Hierzu müssen die Additive auf der Oberfläche der Trägersysteme fixiert werden. Die
Fixierung und das Aufbringen der Additive auf diese ausgesuchten Trägerfasern müssen in
einem Maße gegeben sein, dass sie nicht vorzeitig von der Faser abgelöst werden. Es hat
sich gezeigt, dass das Aufbringen der Additive auf die cellulosischen Fasern besonders
vorteilhaft mittels schnelllaufender Rotormühlen gelingt. Hierbei wird in einem
Verfahrensschritt die Zerkleinerung der Faserrohstoffe auf die geforderten
Partikelverteilungen, die homogene Verteilung der Additive auf der Faser sowie die
Trocknung der mit der Additivzugabe eingetragenen Feuchte durch die hohen
Mahlraumtemperaturen ermöglicht. Trotz der erheblichen Unterschiede, welche zwischen
den Additiven hinsichtlich ihres chemischen und physikalischen Aufbaus bestehen, wurden
mit diesem Verfahren hohe Beladungsgrade und ein stabiles Anhaften der Additive auf den
Fasern erzielt. Insbesondere das Aufbringen von Hydrophobierungsmitteln,
Oleophobierungsmitteln, flammhemmenden oder antimikrobiell wirkenden Additiven
erbrachte hochfunktionelle, über lange Zeit lagerstabile Trägersysteme.
Im Labormaßstab konnte gezeigt werden, dass diese Systeme neben der notwendigen
Funktionalität zu der angestrebten hohen Retention der Additive im Laborblatt führen.
Besonders vielversprechend waren die Laborergebnisse der Arbeiten zur Oleophobierung
von Papieren, welche häufig im Lebensmittelbereich eingesetzt werden. Die Retention der
üblicherweise eingesetzten Chemikalien bei Herstellung oleophober Papiere beträgt derzeit
nur ~ 60%, wenn der Einsatz über die Masse erfolgt. Es handelt sich um kostspielige
Kohlenwasserstoffe, die zudem teilweise schwer abbaubar sind. Aktuell wird z.B. beim
Projektpartner Grünewald keine FC-Chemikalie eingesetzt, da man weder durch die Zugabe
von FC-Chemikalien in der Masse noch durch andere Technologien, welche Stand der
Technik sind, in der Lage ist, ein ausreichend oleophobes Material herzustellen.
Das Ziel des Projektes war die Entwicklung und Bereitstellung großtechnisch produzierbarer
Mengen an geeigneten Trägersystemen aus Naturfasern für den materialeffizienten Einsatz
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 10 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
flüssiger oder feinteiliger FC-Chemikalien. Eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts sollte
Grünewald erstmals in die Lage versetzen, oleophobe Papiere in marktfähigen Qualitäten zu
produzieren um das Produktportfolio entsprechend erweitern zu können.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 11 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
5. Hauptteil
5.1. Arbeitspaket 1
Konzeption und Durchführung von Pilotversuchen
Basierend auf den positiven Ergebnissen der Laborphase wurde in Zusammenarbeit
mit den Abteilungen Technik und Produktion ein Scale-Up in den Pilotmaßstab
ausgearbeitet. Eine geeignete großtechnische bestehende Produktionsanlage wurde
ausgewählt und für erste Versuche entsprechend umgebaut und in Betrieb
genommen. Es musste darauf geachtet werden, dass die notwendigen
verfahrenstechnischen Umbauten und Erweiterungen hinsichtlich der geplanten
Versuche parallel auch einen weiteren regulären Produktionsbetrieb der Anlage
gewährleisteten. Es handelte sich bei der gewählten Anlage um eine
Produktionsanlage in der regelmäßig Cellulosefaser- und Holzfaserprodukte gefertigt
werden. Chemikalienverunreinigungen und vor allem Produktverschleppungen beim
Wechsel von Versuchs- und Produktionschargen waren auszuschließen.
Entsprechend wurde ein Anlagenreinigungsplan ausgearbeitet und diese
Reinigungszyklen bei Wechsel von Versuchschargen auf Produktionschargen und bei
Wechsel von Produktionschargen auf Versuchschargen durchgeführt.
Bild 3: Fließschema Produktions- und Versuchsanlage
Die FC-Chemikaliendosierung konnte nach Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen auf
3 verschiedenen Wegen erfolgen: 1.) die FC-Chemikalie wurde über ein
Saugleitungssystem vor dem Schwergutabscheider direkt in den Faserstoffstrom
dosiert. 2.) die FC-Chemikalie wurde über Sprühdüsensysteme nach dem
Schwergutabscheider und vor dem Mahlraum direkt in den Faserstoffstrom gedüst. 3.)
die FC-Chemikalie wurde über Sprühdüsensysteme direkt in den Mahlraum gedüst.
Die Faserstoffdosierung erfolgte mit Hilfe eines geeigneten mobilen Beimischers und
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 12 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
wurde über einen Schwergutabscheider, zur Entfernung von eventuell magnetischen
Störstoffen, direkt in den Mahlraum geführt. Im Mahlraum selbst fand die eigentliche
„Compoundierung“ von Faserstoffen und FC-Chemikalien statt. Die fertigen
Compoundmaterialien wurden über einen Mühlenfilter und eine Haspel ausgeschleust
und über eine Schnecke der BigBag-Abfüllstation zugeführt. Im Anschluss erfolgte
noch eine nachgelagerte Kontrollsiebung des Fertigmaterials, um eventuelle
Fremdmaterialverunreinigungen oder Materialverklumpungen auszuschließen.
Es wurden folgende geeignete Anlagenparameter ermittelt:
• Drehzahl Gebläse [%]: 90 – 100
• Drehzahl Gegenscheibe [Hz]: 50 – 60
• Stromaufnahme Mühle [A]: 200 -220
• Austrittstemperatur [°C]: 40 – 50 °C
• Mahlraumtemperatur [°C]: 45 – 55 °C
5.1.1 Erarbeitung und Dokumentation der verfahrenstechnischen
Parametereinstellungen der großtechnischen Anlage
Zuerst wurden in der großtechnischen Anlage geeignete Dosieranlagentechniken für
die FC-Chemikalie und die Faser aufgebaut. Für die Faserdosierung wurde ein
Aufgabebehälter in Form eines separaten fahrbaren Beimischers gewählt, der über
eine Big Bag-Entleerung gespeist werden konnte. Die Sicherstellung der notwendigen
Durchsatzmengen der Fasern erfolgte mit unterschiedlichen Fördereinstellparametern.
Für die FC-Chemikaliendosierung musste eine spezielle Saugleitung ausgesucht und
installiert werden, die es ermöglichte, die wässrige FC-Chemikalie entsprechend direkt
aus Fassgebinden zum Faserstrom zu dosieren. Auch die notwendigen
Durchsatzmengen der FC-Chemikalie über die Saugleitung konnten mit Hilfe
unterschiedlicher Fördereinstellparameter ermittelt und dokumentiert werden. Hiermit
wurde sichergestellt, dass unterschiedliche, aber definierte Verhältnisse von Faser zu
FC-Chemikalie reproduzierbar eingestellt werden konnten. Dies ermöglichte
unterschiedliche Freiheitsgrade in der Beladungsstärke der Faser mit FC-Chemikalie.
Da es sich bei diesen und nachfolgenden geplanten Scale-Up-Versuchen um eine
Vielzahl an produktionstechnischen Versuchsreihen handelte, wurde entschieden,
wenn möglich mit Wasser anstatt mit FC-Chemikalien zu arbeiten. Wasser und FC-
Chemikalie haben gleiche Darreichungsformen, beide sind flüssig und haben ähnliche
Viskositäten. Somit konnten kostenintensive Versuche mit den teuren FC-Chemikalien
eingespart werden. Über die eingestellten und bekannten Dosiermengen von Fasern
und Wasser waren die entsprechenden quantitativen Zugabemengen sichergestellt.
Die Qualität bzw. Homogenität wurde über Feuchtigkeitsmessungen der hergestellten
Versuchsprodukte nachgewiesen. Hierbei wurden mehrere Proben einer produzierten
Versuchscharge geprüft. Variierten die Feuchtewerte stark, erkannte man eine
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 13 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Inhomogenität der Faserbeladung mit Wasser d.h. das zugeführte Wasser hatte sich
nicht gleichmäßig auf den Fasern verteilt.
5.1.1.1 Optimierung Stoffzugabe und Stoffführung von FC-Chemikalie und Cellulose
Mit Hilfe der gewählten Stoffzugabe und Stoffführung von FC-Chemikalie mit der
installierten Saugleitung konnte keine homogene Beladung der Faser sichergestellt
werden. Die geprüften Feuchtigkeitswerte der hergestellten Compounds waren sehr
unterschiedlich und wiesen damit eine unzulässige Inhomogenität auf. Um zu prüfen
inwieweit sich eine bessere Homogenität erreichen ließ, wurde die Dosierstelle der
verwendeten Saugleitung an unterschiedlichsten Stellen vor dem Mahlraum und
ebenso in den Mahlraum der Pilotanlage platziert und jeweilige Versuchschargen im
Anschluss produziert. Trotzdem konnten hiermit keine befriedigenden Ergebnisse
erzielt werden. Es wurde entschieden, auf die Saugleitung als geeignete Dosiereinheit
komplett zu verzichten.
Stattdessen wurde direkt in das Rohrleitungssystem der Faserdosierung vor dem
Mahlraum eine geeignete Sprüheinrichtung mit einer Düse, gespeist von einer
separaten Stoffzugabeleitung, installiert. Mit Hilfe dieser Sprühdüse wurde die FC-
Chemikalie auf die Faser aufgesprüht und fein verteilt. Durch die Vernebelung der
Flüssigkeit konnte eine homogene Beladung der Fasern erreicht werden, die Additive
waren gleichmäßig auf der Oberfläche der Trägersysteme fixiert. Diese
Sprühnebeltechnik wurde dahingehend nochmals verbessert, dass durch Variation
geeigneter Düsengrößen und verändertem Luftdurchsatz feinere oder gröbere
Sprühnebeltröpfchen erhalten wurden. Waren die Sprühnebeltröpfchen zu fein,
setzten sich die FC-Chemikalien an den Düsen ab, waren die Sprühnebeltröpfchen zu
grob, erfolgte keine geeignete Verteilung und somit keine homogene
Compoundproduktion. Aber auch die Positionierung der Sprühdüse selbst hatte einen
entscheidenden Einfluss auf die Compoundierqualität. Setzte man die Sprühdüse an
nicht geeignete Stellen wie z.B. direkt in den Mahlraum, konnten keine reproduzierbar
geeigneten Fasermodifikationen von Cellulose mit FC-Chemikalie festgestellt werden.
Zudem war die Geometrie des resultierenden Sprühnebelkegels entscheidend für die
ideale Beladung der Faser mit FC-Chemikalie. Die notwendigen Durchsatzmengen der
FC-Chemikalie über die Sprühdüse wurden jeweils neu ermittelt und eingestellt.
Leitungen und Düsen mussten grundsätzlich vor und während der Produktion
überprüft und sauber sein.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 14 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
5.1.1.2 Ermittlung und Einstellung der notwendigen Temperaturführung und
Scherkraft in den jeweiligen Anlagenteilen. Optimierung der Material und
Reaktionstemperaturen.
Weiterführende Versuche haben gezeigt, dass nicht nur die Gleichmäßigkeit der
Verteilung von FC-Chemikalie und Faser bei der Herstellung eines qualitativ Hoch-
wertigen Compounds eine Rolle spielte, sondern dass auch die geeigneten Reaktions-
temperaturen abhängig von verwendeten FC-Chemikalien eingestellt werden mussten.
Hierfür wurden jeweils die Mahlraumtemperaturen und Mahlaustrittstemperatur mit
speziellen Temperaturfühlern vermessen. Es wurden mehrere Versuche mit
veränderten Anlagenparametereinstellungen durchgeführt. Temperaturführung und
Scherkräfte speziell in der Rotormühle konnten durch Änderungen der
Stromaufnahmen der Mühle, Gebläsedrehzahl und Verweilzeit in der Mühle eingestellt
werden. Je höher die Scherkräfte und je höher die Reaktionstemperaturen, desto
besser und reproduzierbarer die Qualität der hergestellten Compounds. Wichtig war
die Kenntnis dieser Prozessparameter auch im Hinblick auf den hohen Anteil an
Wasser im System, eingebracht durch Zugabe der Fluorcarbonchemikalie in der
vorliegenden wässrigen Dispersion. Wurde das Wasser nicht zeitnah bei der
großtechnischen Herstellung entfernt, wirkte sich dies nachteilig auf die
Fasermodifikation von Cellulose mit FC-Chemikalie aus. Bei zu niedrigen
Temperaturen wurde zu wenig Wasser während der Vermahlung ausgetragen und die
FC-Chemikalie wurde nicht stark und dauerhaft genug auf der Faser fixiert. Hohe
Restfeuchten führten zum Verlust an Wirksamkeit der hergestellten Compounds
hinsichtlich Oleophobie und machten ebenso Schwierigkeiten bei der anschließenden
Aufarbeitung und Verpackung des Fertigmaterials.
5.1.1.3 Einstellung der optimalen Durchsatzmenge der Stoffströme. Prüfung der
zeitabhängigen Reaktionsvermahlungen.
Um auch größere Mengen im Tonnenmaßstab produktionstechnisch sicher darstellen
zu können, wurde direkt im Rohrleitungssystem der Faserdosierung die
Sprüheinrichtung um zwei zusätzliche Düsen erweitert. Damit konnten entsprechende
quantitative Mengen FC-Chemikalie dem Faserstoffstrom zudosiert werden. Mit nur
einer Düse war die Produktion größerer Mengen nicht möglich da sich durch Erhöhung
der Durchsatzmengen die FC-Chemikalie infolge zu feiner Vernebelung auf der Düse
absetzte. Eine reproduzierbare FC-Chemikalien Dosierung war damit nicht mehr
möglich. Über erweiterte Produktionsversuchsreihen wurde die ideale
verfahrenstechnische Positionierung der insgesamt 3 Einspritzdüsen ermittelt. Ebenso
wurde die Sprühnebeltechnik hinsichtlich Feinheit der Sprühnebeltröpfchen und
Geometrie der Sprühnebelkegel neu eingestellt und die maximal möglichen
Luftverwirbelungen in Abhängigkeit Düsengröße/Luftdurchsatz ermittelt. Die FC-
Chemikalie wurde somit mit insgesamt 3 Pneumatikdüsen, einem Wasserdruck von 4
bar sowie einem Luftdruck von 4,5 bar und einem Strahlwinkel von ca. 70 Grad
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 15 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Vollkegel in die Saugleitung vor dem Mahlraum der Jetmühle zugeführt. Die
Durchsatzmengen der FC-Chemikalien wurden neu ausgelitert und entsprechend
eingestellt. Infolge der Erhöhung der Durchsatzmengen der Stoffströme zeigte sich,
dass verfahrenstechnische Probleme dahingehend zu beseitigen waren, dass durch
die hohen Dosiermengen an FC-Chemikalie auch ein hoher Wassergehalt ins System
eingetragen wurde. Die Lösung des Problems konnte mit Anpassungen der
Temperaturführung bzw. Erhöhung von Mahlraum- und Mahlaustrittstemperaturen
eingestellt werden. Ebenso konnte auch über zeitabhängige
Reaktionsvermahlversuche gezeigt werden, dass dadurch ein starker Einfluss auf die
Entfernung des überschüssigen Wassers ausgeübt werden kann. Hierbei wurden
Faserstoffe und FC-Chemikalien länger im Mahlraum zusammen intensiv vermengt.
Vor allem die Homogenisierung der beiden Compoundbestandteile wurde dadurch
prozesssicherer, aber es konnte auch mehr Wasser aus dem System entfernt werden.
5.1.2 Prüfung weiterer FC-Chemikalien auf Sensibilität des Upscalings
vom Laborversuch zur großtechnischen Umsetzung
Da unsere Compounds auch für Verpackungsmaterialien mit Lebensmittelkontakt in
Frage kommen, war und ist unser Anspruch, dass alle verwendeten
Compoundbestandteile Stand heute und auch in Zukunft nach BFR und FDA
zugelassen sein müssen. Auf aktuelle Nachfrage bei unserem FC-
Chemikalienlieferanten BASF wurde uns mitgeteilt, dass die Fluorcarbonchemikalie
LODYNE 2000 ab 2014 nicht mehr in diese Registrierungen fällt und somit seitens
BASF zukünftig auch nicht mehr vertrieben wird. Bestehende Kundenstämme werden
bis 2014 mit LODYNE 2000 versorgt, Neukunden werden nicht mehr aufgenommen.
Daher wurden von unserer Seite die Entwicklungen mit dieser Chemikalie gestoppt
und nicht mehr weiter verfolgt.
Alle die bei uns nach der FC-Chemikalie LODYNE 2000 alternativ geprüften FC-
Chemikalien, die im Textilbereich etabliert sind, eigneten sich nicht. Ebenso wurden
Trägerstoffe mit fluorfreien Copolymeren auf Basis Styrol und Butadien und mit
Dispersionen von Mischpolymerisaten auf Acryl-, Styrol- und Butadienbasis
hergestellt. Aufgrund deren makromolekularen Aufbaus und fehlender
Migrationsfähigkeit dieser oberflächlich fixierten Wirkstoffe auf den Cellulosefasern auf
andere ungeleimte Cellulosefasern konnte jedoch keine Oleophobie eingestellt
werden.
Mit der Fluorcarbonchemikalie Solvera PT5071 von SolvaySolexis konnte letztendlich
eine Alternative gefunden werden. Diese Chemikalie erfüllt auch künftig alle
notwendigen Registrierungen für den Lebensmittelbereich. Neue Laborversuchsreihen
mit Solvera PT5071 hinsichtlich Herstellung und papiertechnologischer Prüfungen
eines qualitativ hochwertigen Compounds wurden vorbereitet und durchgeführt. Im
Anschluss zeigten auch erste Produktionsversuche mit Solvera PT5071 im
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 16 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
großtechnischen Maßstab, dass die notwendige Homogenität der Fasermodifikation
mit Cellulose erreicht wurde, d.h. die zuvor optimierte Produktions-Verfahrenstechnik
der Stoffzugabe und Stoffführung mit FC-Chemikalie LODYNE 2000 konnte somit mit
wenigen Änderungen entsprechend übernommen werden. Um jedoch die optimalen
Funktionalitäten der Compounds hinsichtlich Oleophobie zu erhalten, mussten vor
allem aufgrund der grundlegend anderen Chemie von Solvera PT5071 gegenüber
LODYNE 2000 wiederholend die Prozessparameter der Temperaturführung und
Scherkraft ermittelt und angepasst werden. Es wurden erneut die optimalen
Durchsatzmengen der Stoffströme optimiert und eingestellt sowie zeitabhängige
Reaktionsvermahlungen durchgeführt.
Wichtige Punkte zur Chemikalie Solvera PT 5071 von Solvay Solexis
Solvera besteht nicht aus telomerhaltige Fluorkohlenwasserstoffe, wie z.B.
Lodyne 2000, oder aus Perfluoroctansulfonat (PFOS) und Perfluoroctansäure
(PFOA). Solvera enthält somit auch nicht PFOS und PFOA und baut sich nicht
zu PFOS und PFOA ab. PFOA selbst wird zunehmend als problematisch
angesehen, da sie sowohl persistent als auch bioakkumulativ ist und zudem
auch kaum aus dem menschlichen Körper ausgeschieden wird. Es handelt sich
bei der FC-Chemikalie Solvera PT 5071 um eine unbedenkliche vollkommene
andere Chemie auf Basis PFPE (Polyfluorpolyether):
Bild 4: Solvera PFPE-Chemie
Solvera hat Sauerstoffatome im molekularen Aufbau, infolgedessen handelt es
sich hierbei nicht um ein Perfluorcarbon. Bedingt durch die Sauerstoffatome
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 17 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
erhält man flexible Hauptketten mit freiliegenden CF2-Gruppen die sich
entsprechend orientieren können:
Bild 5: Solvera PFPEs versus F-Telomere
Die Solvera Hauptkette hat ein durchschnittliches Molekulargewicht von 1500,
somit wird eine Aufnahme über den menschlichen Körper erschwert.
Solvera ist di-funktional und agiert nicht als oberflächenaktiver Stoff.
Solvera Produkte haben eine geringe Aufnahmefähigkeit im menschlichen
Körper und eine niedrige Halbwertszeit im Blut.
Solvera PT5071 zeigt sich als geeignete FC-Chemie in Bezug auf Einstellung
von Oleophobie. Im Vergleich zu FC-Chemikalien, basierend auf PFOS-Chemie
oder F-Telomere, werden grundsätzlich niedrigere KIT-Werte ermittelt. Dies
hängt mit dem chemischen molekularen Aufbau von Solvera PT5071
zusammen. Allerdings kann eine Fettdichtigkeit auch nicht alleine mit KIT-
Wertbestimmung klassifiziert werden. Als zusätzliche oleophobe Prüfmittel sind
mehrere Öle wie z.B. Sonnenblumenöl oder Ölgemische je nach
Anwendungsbedarf geeignet.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 18 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
5.1.3 Prüfung der papiertechnologischen Eigenschaften im Labor
Sowohl die im Labor hergestellten Compounds als auch die großtechnisch
hergestellten Compounds in der Produktionsanlage wurden im papiertechnologischen
Labor geprüft. Erste Erkenntnisse hinsichtlich Qualität und Homogenität vor allem der
in größeren Mengen in der Produktionsanlage hergestellten Compounds ergaben die
Messungen der Feuchtigkeitswerte. Waren die Feuchtigkeitswerte bei den
hergestellten Compoundchargen bei Mehrfachmessungen gleich, war auch die
Homogenität Faser und FC-Chemikalie gegeben. Waren die Feuchtigkeitswerte
zudem < 10 % und die entscheidenden zuvor dargestellten notwendigen
Reaktionsbedingungen in der Produktionsanlage angepasst, konnten gute Qualitäten
der Compounds erwartet werden. Diese Qualitäten wurden u.a. mit Hilfe der Licht- und
Rasterelektronenmikroskopie sowie Röntgenfluoreszenz- und Infrarot-Spektroskopie
untersucht.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 19 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Bild 6: RFA-Aufnahme von BWW 40-50 FC
Bild 7: REM-Aufnahme von BWW 40-50 FC
Mit Hilfe von RFA-Aufnahmen erkennt man deutlich die sehr gute Homogenität des
hergestellten Compounds ARBOCEL plus BWW 40-50 FC. Die roten Punkte stellen
das Element Fluor der verwendeten FC-Chemikalie dar. Man sieht, dass Fluor
großflächig homogen auf den Fasern verteilt ist und man erkennt auch, dass die
Anordnung von Fluor der Faserstruktur folgt. Dies entspricht einer gewollten
gleichmäßigen „Rucksack-Fixierung“ von Fluor auf den ARBOCEL BWW 40 Fasern.
Diese gute Homogenität wurde auch durch Mehrfach-Fluoranalysen der hergestellten
Compounds belegt.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 20 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Zur weiteren Spezifizierung der jeweils produzierten Compoundqualitäten wurden
weitere physikalische und chemische Eigenschaften wie z.B. Aschegehalt, Weiße, pH-
Wert, durchschnittliche Faserlänge und Faserdicke, Schüttgewicht und Siebanalyse
ermittelt. Hieraus wurden letztendlich Spezifikationsgrenzen festgelegt und in einem
technischen Typendatenblatt dargestellt:
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 21 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Bild 8: Produktdatenblatt von ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 22 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Es wurden Laborblätter mit unseren Compounds ARBOCEL BWW 40-50 FC
hergestellt und die entscheidenden papiertechnologischen Eigenschaften untersucht.
Im Blattbildungsversuch auf dem Rapid-Köthen-Laborblattbildner konnte in einem 70
gsm Laborblatt bei Zugabe von 5 % des Compounds Kit-Werte bis zu 7-8 erreicht
werden (Tappi 559). Die Messung erfolgte mittels Tropfenzugabe unterschiedlicher
öliger- und lösemittelhaltiger Mischsubstanzen (Kit-Wert). Neben Kit-Wert Messungen
wurden auch Messungen mit Sonnenblumenöl mittels Tropfenzugabe durchgeführt.
Unzureichende Oleophobie zeigte sich durch niedrige Kit-Werte <3 und dadurch, dass
der Sonnenblumenöltropfen nicht auf der Papieroberfläche stehen blieb sondern nach
wenigen Minuten ins Papierblatt eindrang.
Die Laborblattherstellungen erfolgten vorzugsweise mit Original Grünewald-
Rohstoffen mit Zusatz der Compounds ARBOCEL BWW 40-50 FC. Die Fa.
Grünewald produzierte bislang nicht die von uns angestrebte Papierqualität (wie im
Antrag ausgeführt). Daher gab es kein typisches Kreislaufwasser aus der Fertigung
oleophober Papiere. Wir haben versuchsweise eine Probe eines beliebigen
Kreislaufwassers von der Firma Grünewald besorgt, um wenigstens irgendein
Kreislaufwasser aus der Praxis zu testen. Dabei hatte sich jedoch gezeigt, dass durch
eine erhebliche Belastung des Kreislaufwassers mit unlöslichen Feinstpartikeln der
Ablauf der Laborblattbildung durch den selbstfiltrierenden Effekt so stark beeinflusst
wurde, dass es nicht gelang, die von Grünewald angestrebten Grammaturen zu
erreichen, wodurch keine sinnvollen und vergleichbaren Ergebnisse erzielt werden
konnten. Daher wurden allgemeine Versuchsreihen durchgeführt, mit denen die neuen
Compounds annäherungsweise schon im Labor unter Prozessbedingungen einer
Papierfabrik getestet wurden. Solche Versuche waren den geplanten
Produktionsversuchen bei der Fa. Grünewald vorangestellt, um eine möglichst große
Prozessicherheit nicht nur bei der Fa. Grünewald sondern auch für mögliche andere
zukünftig potentielle Kunden anbieten zu können. Im Allgemeinen werden für die
Herstellung von Papier unterschiedliche Qualitäten an Faserstoffen (Holzschliff,
Halbzellstoffe, Zellstoffe, Altpapier, andere Fasern) , Leimungs- und
Imprägnierungsmittel (tierische Leime, Harze, Paraffine, Wachse), Füllstoffe (Kaolin,
Talkum, Gips, Bariumsulfat, Kreide, Titanweiß) und Hilfsstoffe (Wasser, Farbstoffe,
Entschäumer, Dispergiermittel, Retentionsmittel, Flockungsmittel, Netzmittel)
eingesetzt. Nach Rücksprache mit mehreren Experten aus der Papierindustrie sind
neben den Qualitäten der eingesetzten FC-Chemikalien und Papierrohstoffen auch
mögliche Füllstoffe, Aluminiumverbindungen, pH-Werte, Retentionsmittel und
Prozesswasserqualitäten zu untersuchen. Um zu prüfen, inwieweit diese genannten
Parameter als Störfaktoren die oleophobe Funktion beeinträchtigen, wurde im Labor
die Papierherstellung mit unterschiedlichen Mengen an Wirkstoffen und Störstoffen
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 23 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
nachgestellt. Als ausreichende Oleophobie wurden positive Sonnenblumenöltests und
Kit-Werte von mind. 3 festgelegt.
Compound BWW 40-50 FC mit Lodyne
2000
BWW 40-50 FC mit Solvera PT
5071
Qualität FC-
Ausgangschemikalie
Schwankend, muss im Labor grundsätzlich geprüft werden. Problem
ist auch die MHD nach Öffnen der Originalverpackung.
Geprüfte
Grammaturen [g/m2]
38 (Kit 0), 44 (Kit 7), 70 (Kit 7) 44 (Kit 0), 50 (Kit 1), 70 (Kit 6)
Füllstoffe (z.B. 30 %
PCC)
großer Einfluss (Kit 0) großer Einfluss (Kit 0)
Alaun (z.B. 0,5 %
Aluminiumsulfat)
großer Einfluss (Kit 2) großer Einfluss (Kit 2)
pH-Wert sauer (pH 4) kein Einfluss (Kit 7) großer Einfluss (Kit 2)
Wechsel
Papierrohstoffqualität
(von Grünewald
Altpapier zu Munksjö
Zellstoff)
kein Einfluss (Kit 7) geringfügiger Einfluss (Kit 5)
Überschuß
Retentionsmittel
Polymin (1%)
kein Einfluss (Kit 7) geringfügiger Einfluss (Kit 5)
Hohe Wasserhärte
(52 °dH)
kein Einfluss (Kit 7) kein Einfluss (Kit 7)
Tabelle 9: Zusammenfassung der Ergebnisse möglicher Störfaktoren auf die oleophobe Funktion
unter Zusatz von 5 % unserer Compounds im Laborblatt mit Grammatur 70 gsm.
Einsatzmengen Compound BWW 40-50 FC:
Mit 5 % Compound ARBOCEL plus BWW 40-50 FC, zugegeben direkt über die Masse
bei der Papierherstellung im Labor, wurde eine gute Oleophobie eingestellt und
gemessen. Man erreichte Kit-Werte von bis zu 7, je nach eingesetztem Compound.
Eingestellte Grammaturen im Blattbildungsprozess
Es wurden Grammaturen von 30 – 100 gsm eingestellt. Es stellte sich heraus, dass
bei Grammaturen von ≥ 70 gsm gute Kit-Werte erreicht und bei Grammaturen < 70
gsm weniger gute Kit-Werte erreicht wurden. Beim Compound mit Lodyne liegt die
grenzwertige Grammatur bei ca. 38 gsm und bei Compound mit Solvera bei ca. 44
gsm. Unter diesen Grenzwerten konnte keine Oleophobie mehr festgestellt werden.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 24 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Zugabe von Füllstoffen
Bei einer Dosierung von 30 % Füllstoffen in Form von PCC (ausgefälltes
Calciumcarbonat) konnten bei keinen der hergestellten Papieren Kit-Werte gemessen
werden. Die Oleophobie ging komplett verloren, unabhängig vom eingesetzten
Compound. Füllstoffe waren Störstoffe und verminderten die Wirksamkeit der
Oleophobie.
Zugabe von Aluminiumverbindungen
Bei einer Dosierung von 0,5 % Aluminiumverbindung in Form von Alaun
(Aluminiumsulfat) wurden Kit-Werte von < 3 gemessen, bei Erhöhung der Dosierung
von Alaun wurde ein Komplettverlust an Oleophobie festgestellt. Alaun war Störstoff
und verminderte die Wirksamkeit der Oleophobie.
pH-Wert Abhängigkeiten
Der pH-Wert des Prozesswassers wurde mit Schwefelsäure eingestellt. Hierbei
zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse bei den beiden eingesetzten Compounds.
Während die hergestellten Laborblätter mit ARBOCEL plus BWW 40-50 FC mit
Lodyne im sauren Bereich z.B. bei pH-Wert 4 nach wie vor eine gute Oleophobie
zeigten, reduzierte sich die oleophobe Wirkung der hergestellten Laborblätter mit
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC mit Solvera deutlich. Je nachdem mit welchem
Compound gearbeitet wurde, waren die unterschiedlichen pH-Wert Abhängigkeiten zu
beachten.
Qualitäten an Faserstoffen
Es wurden oleophobe Papiere mit unterschiedlichen Faserqualitäten/Papierrohstoffen
hergestellt und untersucht. Es wurden reine Cellulosefasern und auch Altpapierfasern
vergleichend untersucht. Sowohl eingesetztes Grünewald Altpapier als auch
eingesetzter reiner Zellstoff führten zu guten oleophoben Papieren, die Kit-Werte
wurden nicht nachteilig beeinflusst. Die eingesetzten und untersuchten Papierrohstoffe
wurden nicht als Störfaktoren nachgewiesen und konnten daher grundsätzlich
verwendet werden.
Retentionsmittel
Der Vorteil unserer Compounds ist, dass sich die FC-Chemikalien bereits auf den
geeigneten Trägerfaserstoffen befinden. Somit ist eine zusätzliche Zugabe an
Retentionsmittel für den FC-Wirkstoff im Blattbildungsprozess nicht notwendig. Es
wurde jedoch der Frage nachgegangen, inwieweit ein Überschuss an Retentionsmittel
eine negative Einflussgröße darstellen kann. Hierzu wurde 1 % Retentionsmittel
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 25 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Polymin dem Blattbildungsprozess zudosiert und die Oleophobie vermessen. Als
Ergebnis konnte festgestellt werden, dass das geprüfte Retentionsmittel keinerlei
Auswirkungen auf die Kit-Werte ausübte, weder positiv noch negativ und somit als
unbedenklich eingestuft werden konnte.
Wasserhärte/Wassertemperatur
Um die Einflussgröße der Wasserhärte des Prozesswassers bestimmen zu können,
wurden unterschiedliche Wasserqualitäten untersucht. Doch selbst mit einer
eingestellten Wasserhärte von 52 ° dH konnten keinerlei negativen Auswirkungen
hinsichtlich Oleophobie festgestellt werden. Die Wasserhärte wurde daher nicht als
entscheidende Einflussgröße dargestellt. Sehr wohl aber hatte die Wassertemperatur
des Prozesswassers einen Einfluss auf die Funktion der Oleophobie. War die
Prozesswassertemperatur > 50 °C und die Verweilzeit unserer Compounds im
Prozesswasser zu lange, wurden Verluste an Oleophobie beobachtet. Die Wasser-
und Temperaturbeständigkeiten unserer Compounds mussten daher entsprechend
berücksichtigt werden.
Als Fazit der ermittelten Ergebnisse der untersuchten prozesstechnischer Parameter
und im Hinblick auf die weiterführenden geplanten Produktions-Versuche z.B. bei Fa.
Grünewald wurde folgendes festgehalten:
5.2. Arbeitspaket 2
Durchführung von Versuchen bei Fa. Grünewald
Nach Durchführung der positiven Pilotversuche zur Produktion der neu entwickelten
Trägersysteme im Arbeitspaket 1 stand der letzte, aber entscheidende Schritt mit dem
Arbeitspaket 2 an: Papierherstellversuche beim Projektpartner und potentiellen
Kunden, Fa. Grünewald, welcher unter Praxisbedingungen mit unseren Compounds
Anwendungsversuche durchführen konnte. Hierzu wurden schon während der
Entwicklungsphase des Arbeitspaketes 1 mehrere Gespräche mit Grünewald geführt
und die jeweiligen Projektfortschritte besprochen. Es wurden unsere
Compoundqualitäten und die im Labor ermittelten Einflussgrößen auf die
Papierherstellung dargestellt und diskutiert. Um diese positiven Ergebnisse aus
- Dosierung BWW 40-50 FC Soll: 5 % - Wasser- und Temperaturbeständigkeit unserer Compounds - Alaun sehr negativ (Soll: 0 % Alaun)
- pH-Wert Abhängigkeiten beachten (Soll: pH-Wert 7, je saurer je schlechter, pH-Wert kleiner 4 kann zu Komplettverlust der Oleophobie führen)
- Möglichst hohe Grammatur (Soll 40 gsm) - Mineralische Füllstoffe negativ (Soll < 10 %) - Papierrohstoffqualität hat keinen Einfluss auf die notwendige
"Migrationsfähigkeit" unserer FC-Compounds
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 26 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Arbeitspaket 1 auch in das Arbeitspaket 2 zu überführen bzw. um einen reibungslosen
Ablauf beim geplanten Betriebsversuch zu garantieren und vorzubereiten, wurden
auch erweiterte detailliertere Grünewald-Rezepturen untersucht.
Der Fa. Grünewald ist wie der Fa. JRS grundsätzlich daran gelegen, dass
ausschließlich Fluorcarbon-Produkte verwendet werden, die ein entsprechendes BfR-
/FDA-Approval besitzen. Da die Fluorcarbonchemikalie LODYNE 2000 ab 2014 nicht
mehr in diese Registrierungen fällt und somit seitens Chemikalienlieferant zukünftig
auch nicht mehr vertrieben wird, wurde für die vorgesehenen weiteren
Betriebsversuche bei Grünewald ausschließlich mit dem entwickelten Compound
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC, beladen mit FC-Chemikalie Solvera PT5071,
gearbeitet.
5.2.1 Vorbereitung zur Durchführung der Versuche
Festgelegt wurde, dass bei den geplanten Betriebsversuchen die bekannten
Grünewald Standardrohstoffqualitäten eingesetzt und Papiere mit unterschiedlich
hohen Grammaturen und Compound-Dosierungen hergestellt werden sollten. Um den
Betriebsversuch auch hinsichtlich der geeigneten Rezeptur abzusichern, wurden alle
standardmäßig benötigten und eingesetzten Chemikalien seitens Fa. Grünewald
benannt. Die aufgeführten und geprüften Chemikalien werden bei der Fa. Grünewald
standardmäßig über spezielle Dossieraggregate zum Papierherstellprozess
zugegeben. Mit dieser Offenlegung der Grünewald-Rezeptur konnten nochmals
weiterführende und detailliertere Laborversuche durchgeführt werden.
Als Summe der Labor-Ergebnisse lässt sich folgende Übersicht gestalten:
Grünewald Papierrohstoffqualitäten
unterschiedlicher Mahlgrade kein Einfluss auf Oleophobie
kationische Stärke kein Einfluss auf Oleophobie
optischer Aufheller kein Einfluss auf Oleophobie
Retentionsmittel kein Einfluss auf Oleophobie
Entschäumer kein Einfluss auf Oleophobie
CMC, als Stabilisator, Verdickungsmittel,
Dispergiermittel, Natrium-
Carboxymethylcellulose
kein Einfluss auf Oleophobie
Tabelle 10: Ermittlung Einflussgrößen der Grünewald Chemikalien
Es wurden neben Prüfung der Störgrößenermittlung durch Chemikalieneinsatz und
Standardrohstoffe auch noch erweiterte Versuche mit unterschiedlichen
Papierrohstoffqualitäten unterschiedlicher Mahlgrade gefahren. Es wurde untersucht,
inwieweit die Oleophobie auch mit Hilfe stark ausgemahlener Rohstoffe oder Zusatz
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 27 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
an Natrium-Carboxymethylcellulosen beeinflusst werden kann. Erwartet wurden dabei
ein dichteres Blattgefüge und eine dadurch bedingte nochmals verbesserte
Oleophobie, jedoch haben unsere Laborversuche diese Überlegung nicht bestätigen
können. Aufgrund dieser Ergebnisse und im Hinblick auf die Tatsache dass durch
Verwendung stärker ausgemahlener Rohstoffe bzw. Zusatz an
Carboxymethylcellulose der Papierherstellprozess in der Praxis infolge verminderter
Entwässerung verlangsamt wird, wurde als Rohstoff ausschließlich der Standard-
Papierrohstoff mit niedrigem Mahlgrad ohne Zusatz von Carboxymethylcellulosen
gewählt.
Festlegung Rezeptur für Grünewald-Betriebsversuch:
5.2.1.1 Probeweiser Aufbau und Inbetriebnahme Dispergieranlage
In der Vorbereitungsphase des Betriebsversuchs mit der Firma Grünewald mussten
grundsätzlich alle Möglichkeiten einer bestmöglichen Dosierung unseres Compounds
zum Papierherstellprozess erörtert und über Versuche abgesichert werden. Die PM
Grünewald hat eine Kapazität von 6000 kg/h und der Versuch sollte über längere Zeit
mit einer anfangs gewählten Arbocel-Dosierung von 5% auf Produktion bezogen, also
mit 300 kg/h, erfolgen.
Möglichkeit 1: Dosierung Compound als vorbereitete Slurry in die Misch- oder
Maschinenbütte.
Geplant war ursprünglich eine Cavitron-Dispergieranlage mit der homogen eine Art gut
zu dosierendes flüssiges Masterbatch bzw. Slurry, bestehend aus Compound
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC und Wasser, reproduzierbar hergestellt und dosiert
werden konnte. Letztendlich wurde jedoch ein Dispergieraggragat von der Firma IKA
verwendet, welches sich von der ursprünglich vorgesehenen Dispergieranlage der Fa.
Cavitron in der Weise unterscheidete, dass nicht wie bei Cavitron nur 1 Werkzeug zur
Dispergierung zur Verfügung stand, sondern bis zu 3 Werkzeuge
hintereinandergeschaltet werden konnten, und zwar mit unterschiedlichen
Scherkräften bis hin zum Pumpelement. Die Versuche haben gezeigt, dass sich
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC idealerweise als 10 %ige Slurry homogen herstellen
Dosierung: 5 % und 2,5 % BWW 40-50 FC bezogen auf Papiereinsatz
Grammatur: Herstellung Papier mit Grammaturen 60 gsm, 55 gsm, 50 gsm,
45 gsm, 40 gsm
Rohstoff: Grünewald Standard-Pulp, 35°SR
Chemikalien:
kationische Stärke, optischer Aufheller, Retentionsmittel Percol,
Retentionsmittel NP 442 und Entschäumer.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 28 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
lässt. Wurde eine höher konzentrierte Slurry hergestellt, bestand die Gefahr von
Inhomogenitäten in Form von Materialverklumpungen. Zur Beurteilung der Slurry-
Qualitäten erfolgten diverse Laborprüfungen. Die Laborergebnisse legten jedoch offen,
dass diese Art und Weise der Compoundbehandlung einen nachträglich negativen
Einfluss auf die Qualität der ursprünglich hergestellten Compounds hat. Die FC-
Chemikalien lösten sich bei der Herstellung der Slurries teilweise wieder von den
Trägermaterialien ab und die Oleophobie nach erfolgter Blattbildung stellte sich
entsprechend niedriger ein. Diese Scherkraft-, Wasser- und Temperaturabhängigkeit
der Compounds mit der neuen Solvera PT 5071-Chemikalie war so nicht zu erwarten
und es mussten bei Grünewald an der Papiermaschine weitere Möglichkeiten der
geeigneten Dosierung unseres Compounds über Versuche ermittelt und abgesichert
werden. Nachdem zudem beim geplanten Betriebsversuch 300 kg Compound pro
Stunde und somit umgerechnet 3000 kg 10 %ige Slurry pro Stunde in die Misch- oder
Maschinenbütte dosiert werden müssten, erschien dieses verfahrenstechnische
Vorgehen auch aufgrund der damit benötigten Größe des Dispergieraggregates als
nicht zielführend. Daher mussten noch weitere alternative Möglichkeiten ausgearbeitet
werden.
Möglichkeit 2: Dosierung Compound als Feststoff direkt zum Pulper über den
Zellstoffeintrag der Papiermaschine.
Nachdem sich gezeigt hatte, dass sich unser Compound gut in Wasser dispergieren
lässt, wurde der Frage nachgegangen, inwieweit wir unser Compound in Festform
direkt im Papierherstellprozess dispergieren können. Eine mögliche Variante war,
Compound gemeinsam mit Zellstoff im Pulper zu dispergieren, in einer Bütte zu
stapeln und über die Stoffzentrale mit dem Zellstoff im geforderten Anteil zuzusetzen.
Um diese Möglichkeit exakt ausarbeiten zu können, musste im Vorfeld der genaue
verfahrenstechnische Ablauf der Grünewald Papiermaschine ermittelt werden.
Grünewaldangaben/Annahmen:
Zellstoffpulper mit 15 m³ Fassungsvolumen. Zellstoffaufgabe über Band 800
bzw. 1000 kg pro Auflöser
Ableeren in Ableerbütte mit 30 m³ Fassungsvolumen mit Stoffdichte 5,3% bzw.
6,6%. Stand kann auf 10 m³ zurückgefahren werden.
Verdünnung nach Ableerbütte auf 3,0% bis 3,5% Stoffdichte und Mahlung auf
max. 25 ºSR.
Gemahlener Zellstoff geht ohne Zwischenbütte direkt über Stoffzentrale in
Mischbütte.
In der Stoffzentrale wird neben Zellstoff (25% bzw. 15%) nur noch AP gefahren.
Trockenausschuss geht zur AP-Pulper, Nassausschuss geht in Ableerbütte AP,
daher keine Ausschussregelung in Stoffzentrale erforderlich.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 29 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Arbocel-Versuch soll mit 5% Produktanteil auf 6000 kg Produktionsmenge pro
Stunde gefahren werden. Versuchsdauer +/- 3 Stunden.
Mischbütte und Maschinenbütte haben jeweils 30 m³ Volumen und Stoffdichte
3,0 bis 3,5% Stoffdichte und können auf min. 10 m³ zurückgefahren werden.
Mit diesen Grünewaldangaben/Annahmen wurden insgesamt 4 mögliche Einzel-
Varianten dieser Möglichkeit 2 ausgearbeitet, wobei die nachstehend beschriebene
Variante als für die günstigste Variante beurteilt wurde.
Variante: 25% Zellstoff, 1000 kg/Pulper:
Zellstoffeintrag 1500 kg/h über Stoffzentrale, bestehend aus 1200 kg Zellstoff und 300
kg Compound = 20% Anteil.
Die Ableerbütte ist zum Ableeren der ersten Auflösung mit Compound auf 10 m³
herabgefahren. Dabei sind in den 10 m³ Restvolumen 667 kg Zellstoff, sodass der
erste Pulper mit 667 kg Zellstoff und 333 kg Compound gefahren wird, damit die
Ableerbütte nach dem Ableeren der ersten Charge bereits der erforderliche Anteil
Arbocell in der Ableerbütte gegeben ist. Der 2. bis 5. Pulper werden mit 800 kg
Zellstoff und 200 kg Compound gefahren, sodass ein Compoundeinsatz von
insgesamt 1133 kg erfolgt. Diese 5 Pulper haben ein Volumen von 75 m³ mit 6,6%
Stoffdichte, mit 5 t Stoff, der für 3 h und 20 min Produktionszeit reicht.
Möglichkeit 3: Dosierung Compound als Feststoff direkt in die Misch- oder
Maschinenbütte.
Eine sehr einfache Überlegung war diese Möglichkeit 3, Compound ARBOCEL plus
BWW 40-50 FC in Festform erst direkt vor dem Stoffauflauf im Papierherstellprozess
direkt in der Misch- oder Maschinenbütte genügend homogen dispergieren zu können.
Dazu wurden vor dem geplanten Betriebsversuch positive Dispergierversuche bei der
Fa. Grünewald durchgeführt. Mit Hilfe händischer Zugabe unseres Compounds direkt
in die Misch- oder Maschinenbütte zeigte sich, dass auch dort ein genügend hoher
Dispergiergrad einstellbar war, notwendig um das Compound auch in kürzester Zeit
homogen im Prozesswasser zu verteilen.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 30 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
5.2.1.2 Steuerung der Dispergieranlage, Optimierung der Dispergierung
Von den aufgezeigten und geprüften Möglichkeiten der geeigneten Dispergierung und
Dosierung der Compounds wurde für den Betriebsversuch die Möglichkeit 3,
Dosierung Compound als Feststoff direkt in die Misch- oder Maschinenbütte, gewählt.
Es handelt sich hierbei um die mit Abstand einfachste und reproduzierbarste
Möglichkeit, die Compounds homogen und kontinuierlich in den Papierherstellprozess
einzuarbeiten. Zudem werden mit dieser Dosiermöglichkeit infolge der damit
verbundenen kurzen Verweilzeit der Compounds im Papierherstellprozess die
möglichen problematischen Wechselwirkungen mit Prozesswasser minimiert.
Der Vorteil gegenüber Möglichkeit 1 war, dass keine separate Dispergieranlage mit
aufwändigem Dispergierprozess im Vorfeld benötigt wird.
Der Vorteil gegenüber Möglichkeit 2 war die einfache Umsetzung und die
kontinuierliche Dosiermöglichkeit auch bei länger geplanten Produktionszeiten zur
Herstellung oleophober Papiere.
5.2.2 Produktionsversuche bei Fa. Grünewald
Es wurden alle Details für den Betriebsversuch besprochen und festgelegt. Der
Betriebsversuch wurde nach einem Reinigungsstillstand durchgeführt. Es wurde
sichergestellt, dass sich keine außerplanmäßigen Störstoffe wie z.B. Alaun in der
Anlage bzw. im Prozesswasser befanden. Die Papiere wurden mit Grünewald-
Standard-Pulp unter Verwendung von kationischer Stärke, optischem Aufheller,
Retentionsmittel und Entschäumer unter Zusatz des Compounds ARBOCEL plus
BWW 40-50 FC hergestellt. Die PM Grünewald wurde mit voller Kapazitätsauslastung,
d.h. mit einer maximalen Leistung von 6000 kg/h Papier und mit einer vollen
Geschwindigkeit von 800 m/min, gefahren. Das Prozesswasser war pH-neutral
eingestellt und hatte eine max. Temperatur von 35 °C. Bei einer anfangs gewählten
Compound-Dosierung von 5% bezogen auf Gesamt-Papierproduktion wurden
entsprechend 300 kg/h zugegeben. Die Dosierung des Compounds erfolgte mittels
Entleerung von 12 Säcken a 25 kg pro Stunde direkt in die Mischbütte, die der
Maschinenbütte vorgeschaltet war. Dadurch war die Verweilzeit des Compounds im
Prozesswasser sehr kurz (Verweilzeit wenige Minuten) und mögliche
Wechselwirkungen mit Prozesswasserchemikalien oder ein Ablösen von FC-
Chemikalien von den Faserträgerstoffen konnte damit minimiert werden. Die
Temperatur im Stoffauflauf betrug ca. 35 °C und war somit hinsichtlich
Temperaturbestängigkeit unserer Compounds als unkritisch anzusehen. Somit waren
neben der geeigneten und zuvor im Labor abgesicherten Rezeptur auch wichtige
prozesstechnische Kenngrößen an der PM vorteilhaft eingestellt. Nach Beginn des
Betriebsversuch mit der „neuen“ Rezeptur mussten lediglich noch wenige
verfahrenstechnische Parametereinstellungen an der PM vorgenommen und optimiert
werden. Nach Optimierung der Anlagenparameter wurde festgestellt, dass auch über
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 31 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
einen längeren Produktionszeitraum die maximale Maschinenleistung mit voller
Maschinengeschwindigkeit eingestellt werden konnte. Erste Testergebnisse belegten,
dass oleophobe Papiere mit Grammaturen von 60 gsm produziert werden konnten. Mit
dem Ziel, fettdichte Papiere wie z.B. Bäckereitüten herzustellen, wurden im Anschluss
stufenweise entsprechend auch niedrigere Grammaturen bis hin zu 40 gsm Papieren
produziert. Zuletzt wurde auch noch die Dosierung von unserem Compound auf Basis
betriebswirtschaftlicher Überlegungen von 5 % auf 2,5 % halbiert, d.h. es wurden nur
noch 6 Säcke a 25 kg pro Stunde direkt in die Mischbütte entleert bzw. zugegeben.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 32 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
Alle produzierten Papiere im Überblick:
Papier Compound Dosierung Grammatur
1 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 0 % 60 gsm
2 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 5 % 60 gsm
3 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 5 % 55 gsm
4 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 5 % 50 gsm
5 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 5 % 45 gsm
6 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 5 % 40 gsm
7 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 2,5 % 40 gsm
8 ARBOCEL plus BWW 40-50 FC 0 % 40 gsm
Tabelle 11: Liste der im Betriebsversuch bei Grünewald hergestellten Papiere
5.2.3 Beurteilung der Qualitäten der im Betriebsversuch hergestellten Papiere
Alle produzierten Papiere wurden auf die jeweils eingestellte oleophobe Funktion
geprüft. Hierzu wurden Kit-Werte vermessen und Öltropfentests durchgeführt. Zudem
wurden noch wichtige papiertechnologische Kenngrößen der Papiere wie
Flächengewichte, Dicken, Volumen, Rohdichten, Reißlängen, Bruchkräfte,
Berstfestigkeiten, Glätten, Luftdurchlässigkeiten, Rutschwinkel, Weiße, Opazitäten,
Leimung mit Cobb-Wertbestimmungen und Aschewerte ermittelt. Die hergestellten
Papiere wurden abschließend mit Hilfe mikroskopischer und spektroskopischer
Analysenmethoden untersucht, Fluoranalysen ergaben Aufschluss über die
Retentionsgrade unserer Compounds.
Oleophobie/Hydrophobie:
Papier 1 2 3 4 5 6 7 8
Kit No. 0 3 5 5 5 5 3 0
Cobb60 g/m² 19,4 69,2 73 60,2 49,7 48,7 43,8 40,5
Tabelle 12: Werte Kit und Cobb60 der im Betriebsversuch bei Grünewald hergestellten Papiere
Alle hergestellten Papiere konnten durch Zugabe von Compound ARBOCEL plus
BWW 40-50 FC oleophob eingestellt werden. Bei Einsatz von 5 % Compound zum
Papier 2-6 hat man unabhängig der eingestellten Flächengewichte bei der
Papierherstellung Kit-Werte von ca. 5 erhalten. Selbst bei Einsatz von nur 2,5 %
Compound zum Papier 7 bei niedrigstem Flächengewicht von 40 gsm wurden Kit-
Werte von ca. 3 gemessen. Alle hergestellten Papiere entsprechen damit den
Anforderungen an Fettdichtigkeit für z.B. Bäckereitüten. Im Zuge der Gewinnung an
Oleophobie wird aber auch deutlich, dass sich die hydrophoben Eigenschaften der
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 33 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
hergestellten Papiere reduzieren. Dies könnte jedoch, falls notwendig, durch Zugabe
von Leimungsmitteln wie z.B. ASA oder AKD korrigiert werden.
Fluoranalyse und Retentionsgrad:
Bild 13: Retention
Mit Hilfe der Fluoranalysen konnte bei dem großtechnischen hergestellten Papier 7 mit
einer Compounddosierung von 2,5 % ein Retentionsgrad des Compounds ARBOCEL
plus BWW 40-50 FC von ~ 90 % gemessen werden. Ein beachtlicher Retentionswert
vergleicht man mit den Retentionswerten von Chemikalien bei Herstellung oleophober
Papiere die derzeit nur ~ 60 % beträgt, wenn der Einsatz über die Masse erfolgt. Alle
die von Grünewald vor unserem gemeinsamen Förderprojekt im Zuge dieses
Förderprojektes durchgeführten Betriebsversuche mit Zugabe von FC-Chemikalien
über die Masse waren negativ, oleophobe Papiere konnten in keinem Falle hergestellt
werden. Es ist daher anzunehmen dass sich Retentionsgrade speziell von FC-
Chemikalien, zugegeben über die Masse, eher unter 60 % errechnen. Aufgrund ihrer
geringen Partikel- oder Tröpfchengröße werden diese FC-Chemikalien schlecht
retendiert und sehr leicht aus der Papierbahn ausgewaschen. Dadurch wird die
Effektivität der jeweiligen Additive begrenzt.
6. Fazit und Ausblick
Die Projektziele wurden im vollen Umfang erreicht. Im Rahmen des Förderprojekts wurden
hochfunktionale Compounds, d.h. Trägersysteme aus cellulosischen Fasern für flüssige und
feinteilige FC-Chemikalien als Zwischenprodukte für die weiterverarbeitende Papierindustrie
zur Herstellung oleophober Papiere entwickelt. Basierend auf den positiven Ergebnissen der
Laborphase aus Projektphase I wurde nun in Projektphase II im ersten Arbeitspaket ein
erfolgreiches Scale-Up in den Produktionsmaßstab ausgearbeitet. Mit Hilfe unterschiedlicher
Analysenmethoden wurden die entwickelten ARBOCEL plus BWW 40-50 FC Compounds in
den jeweiligen Entwicklungsstadien begleitend untersucht, entsprechend charakterisiert und
weiterentwickelt. Damit ist es gelungen, im großtechnischen Maßstab die im Labormaßstab
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 34 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
erreichten Qualitäten nachzustellen. Die hergestellten Compounds ARBOCEL plus BWW 40-
50 FC sind entsprechend nach FDA und BFR auch für den Lebensmittelbereich zugelassen
und erlangen dadurch eine sehr große Anwendungsbreite. Im zweiten Arbeitspaket wurden
mit Hilfe von ARBOCEL plus BWW 40-50 FC positive Betriebsversuche zur Herstellung
oleophober Papiere mit unterschiedlichen Grammaturen und Dosiermengen in
Zusammenarbeit mit dem Industriepartner Firma Grünewald vorbereitet und durchgeführt. Es
wurde die Wirksamkeit und Umweltentlastung anhand der Endprodukte nachgewiesen. Die
hohe Wirksamkeit bei Einsatz von Compound über die Masse ergibt sich durch gemessene
Fettdichtigkeit der hergestellten Papiere und gemessene hohe Retentionsgrade von bis zu 90
%. Im Vergleich ergeben sich Retentionsgrade bei europäischen Papiermaschinen von
theoretisch max. 60 %, wenn der Einsatz von FC-Chemikalien über die Masse erfolgt -
frühere erste Versuche bei Fa. Grünewald haben beinahe keine Retention der eingesetzten
FC-Chemikalien in der Praxis erbracht.
Es besteht bei der Firma Grünewald ein Bedarf an fettdichten Papieren von ca. 10.000 to pro
Jahr. Es werden 2 Betrachtungsweisen hinsichtlich ökonomischer und ökologischer Vorteile
bei Verwendung unseres Compounds erstellt.
Betrachtungsweise 1: Vergleich Herstellung oleophober Papiere mit FC-Chemikalien
flüssig/ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
Die Retentionsgrade mit FC-Chemikalien flüssig wurden bei der Fa. Grünewald nicht explizit
bestimmt, jedoch wird aufgrund früherer negativ durchgeführter Betriebsversuche hinsichtlich
Herstellung fettdichter Papiere mit FC-Chemikalien flüssig der mögliche Retentionsgrad eher
im unteren dargestellten Bereich angenommen. Es werden Vergleichsrechnungen mit
gleichen Einsatzmengen, d.h. 2,5 % FC-Chemikalien flüssig unter Berücksichtigung
unterschiedlicher theoretischer Retentionsgrade und 2,5 % ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
mit gemessenem Retentionsgrad 90 % erstellt.
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 35 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
mit FC-Chemikalien flüssig mit ARBOCEL plus BWW 40-50 FC Mögliche
Ersparnis
oleophober
Materialien [to]
Mögliche
Ersparnis
oleophober
Materialien [€]
Retentions-
grad [%]
Bedarf an FC-
Chemikalien
[to]
Retentions-
grad [%]
Bedarf an ARBOCEL
plus BWW 40-50 FC
[to]
60 417
90 278
139 2.777.778
50 500 222 4.444.444
40 625 347 6.944.444
30 833 556 11.111.111
20 1250 972 19.444.444
10 2500 2222 44.444.444
Tabelle 14: Ökonomischer und ökologischer Vergleich FC-Chemikalien flüssig versus
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
Der betriebswirtschaftliche Vorteil bei Verwendung ARBOCEL plus BWW 40-50 FC rechnet
sich aufgrund der höher erzielbaren Retentionsgrade von bis zu 90 % und auch aufgrund der
Tatsache, dass keine zusätzlichen Retentionsmittel benötigt werden. Vergleicht man diese
Compounddosierung mit Retentionsgrad 90 % mit einer FC-Chemikalien-Flüssigdosierung
mit angenommenem Retentionsgrad von 60 % errechnet sich eine Ersparnis alleine von FC-
Chemikalien in der Menge von 139 to im Wert von 2.777.778 € pro Jahr bei Herstellung von
10 000 to fettdichtem Papier. Vergleicht man die Compounddosierung mit einer FC-
Chemikalien-Flüssigdosierung mit angenommenem Retentionsgrad von nur 30 %, errechnet
sich eine Ersparnis alleine von FC-Chemikalien in der Menge von 556 to im Wert von
11.111.111 € pro Jahr bei Herstellung von 10 000 to fettdichtem Papier.
Der ökologische Vorteil durch Verwendung unseres Compounds zeigt sich durch eine höhere
Effektivität, belegt durch bessere Retention im Papier. Es werden Ressourcen geschont,
geringere Einsatzmengen an oleophoben Materialien eingesetzt und auf den Einsatz von
speziellen Retentionsmitteln verzichtet. Aufgrund hoher Retention des Additivs gibt es
geringere Belastungen des Wasserkreislaufs (weniger Frachten, weniger CSB…), außerdem
bedingt durch die schnellere Wirksamkeit des Additivs können Qualitätsabweichungen
schneller erkannt und entsprechend gegengesteuert werden kann. Geringere Ausschussrate,
weniger Abfall, weniger Betriebsdauer und weniger Kohlendioxid sind die Folge.
Betrachtungsweise 2: Vergleich Herstellung oleophober Papiere mit ARBOCEL plus BWW
40-50 FC direkt in die Masse / mit nachträglicher PE-Beschichtung
Die Herstellung oleophober Papiere mit Hilfe unserer Compounds ist in einem Arbeitsschritt
im wet end Bereich möglich. Bisher wird das bei Grünewald hergestellte Papier für die
weitere Einstellung der Oleophobie außer Haus in einem zweiten Arbeitsschritt
nachträglichen mit PE beschichtet. Diese PE-Beschichtung erfolgt im Ausland und es
müssen die Umweltaspekte der zusätzlichen Transportwege, der erhöhten Flächengewichte
DBU-Abschlussbericht Projektphase II
Aktenzeichen 26690
Seite - 36 -
J. Rettenmaier + Söhne GmbH + Co KG 17.09.2012
und der Recyclingthematik beachtet werden. Um ein oleophob beschichtetes Papier zu
erhalten, wird dabei mit einer zusätzlichen PE-Schicht mit einem Grammatur von ca. 20 gsm
beschichtet. Diese Beschichtung erfolgt mit Extruder und hat einen Energiebedarf von 350
kWh/to PE-Folienextrusion. Dem gegenüber steht ein Energiebedarf bei der Herstellung von
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC von 1800 kWh/to. Vergleicht man nun den Energiebedarf
zur Herstellung von 10.000 Tonnen fettdichtem Papier, so errechnet sich bei der Variante mit
nachträglicher PE-Beschichtung aufgrund der hohen PE-Einsatzmengen bzw. notwendigen
hohen Grammaturen der extrudierten PE-Schicht ein Energiebedarf von Gesamt 1.166.667
kWh. Wählt man die Variante über Zugabe von ARBOCEL plus BWW 40 -50 FC direkt in die
Masse bei der Papierherstellung reduziert sich der notwendige Energiebedarf deutlich
aufgrund der geringen benötigten Einsatzmengen im Vergleich auf Gesamt 450.000 kWh.
PE-
Folienextrusion
mit ARBOCEL plus
BWW40-50FC
Grammatur Papier [gsm] 40 40
zusätzliche notwendige Grammatur der PE-Beschichtung [gsm] 20 0
Gesamt Grammatur Papier [gsm] 60 40
Um 10000 Tonnen fettdichtes Papier herzustellen,
benötigt man fettdichte Substanz [to]
3333 250
Energiebedarf zur Herstellung von 10.000 Tonnen
fettdichtem Papier [kWh]
1.166.667 450.000
Tabelle 15: Ökonomischer und ökologischer Vergleich der nachträglichen PE-Folienextrusion versus Einsatz
ARBOCEL plus BWW 40-50 FC
Auch das Recycling von PE-beschichtetem Papier ist problematisch. Dieses behandelte
Papier wird oft wieder in der Papierindustrie eingesetzt, allerdings muss ein Großteil als
Störstoffe, sogenannte Spuckstoffe, wieder aufwändig aus dem Papierkreislauf entfernt
werden. Eine weitere sinnvolle Verwertung dieser Spuckstoffe ist oft nicht mehr möglich.
Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts versetzt Grünewald nun erstmals in die Lage,
oleophobe Papiere in marktfähigen Qualitäten zu produzieren und das Produktportfolio kann
entsprechend erweitert werden.
Die Vermarktung der Trägersysteme wird durch das weltweite Vertriebsnetz der JRS
erfolgen. Dazu sollen die Ergebnisse und Möglichkeiten in einem Vertriebsseminar mit allen
europäischen JRS-Außenbüros besprochen werden. Ebenso werden die Ergebnisse bei der
Zellcheming in Wiesbaden 2013 vorgestellt. Es sollen Kontakte zu anderen europäischen
Papierfabriken wie z.B. Fa. Pfleiderer in Deutschland und Nordic Paper Säffle in Schweden
aufgenommen werden. Zudem erfolgt ein Informationsaustauch mit der Papiertechnischen
Stiftung PTS. Das innerhalb von einigen Jahren erreichbare Potential für die angestrebte
Entwicklung wird auf deutlich mehr als 10.000 to geschätzt.