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1 Entwicklungsbiologie 05 Ernst A. Wimmer Abteilung Entwicklungsbiologie Kernäquivalenz Annahme auf Grund der Gleichverteilung der verdoppelten Chromosomen in der Mitose. Aber: Wenn jeder Nukleus dem Nukleus der Zygote entspricht, dann sollte jeder Nukleus auch totipotent sein. Totipotenz: Eigenschaft von Zellen oder Zellkernen, die noch alle Entwicklungsmöglichkeiten besitzen, noch nicht determiniert sind. Nachweis: Kerntransplantationsexperimente, Klonen Wenn alle Zellen dieselbe Erbinformation tragen, wie differenzieren sie sich? Differentielle Genexpression Kernäquivalenz: Klonen von Amphibien Spaltung: Genetik - Entwicklungsbiologie ursprüngliche Genetik (Morgan) noch als Teil der Embryologie (Entwicklungsbiologie) gesehen. in den 1930ern wurde Genetik eine eigenständige Disziplin. Zunehmende Feindseligkeit zwischen Genetikern und Embryologen. Eine genetische Theorie der Entwicklung kann es erst geben wenn geklärt ist: 1. Wie Umweltbedingte Einflüsse die Entwicklung steuern können, z.B. Umweltbedingte Sex-Bestimmung (Temperatur bei Reptilien). 2. Wie Gene die frühen Stadien der Embryonalentwicklung steuern. 3. Wie Chromosomen, die in allen Zellen identisch sind, unterschiedliche und sich verändernde Zellcytoplasmen hervorbringen können, die nötig sind, um die Differenzierung der Zellen zu ermöglichen. Theodor Boveri: „Mendelismus“ Chromosomentheorie der Vererbung Nicht eine bestimmte Zahl, sondern eine bestimmte Kombination von Chromosomen sind für eine normale Entwicklung notwendig. Und dies bedeutet nichts anderes, als daß die einzelnen Chromosomen verschiedene Qualitäten besitzen müssenTheodor Boveri: Wechselwirkung zwischen Cytoplasma und Kern 1910 So scheint mir der Fall von Ascaris ein einfaches Paradigma dafür darzustellen, wie die Wechselwirkung von Protoplasma und Kern in der Ontogenese zu denken ist und auf welche Weise aus der äußerst geringen Ungleichartigkeit des Eiprotoplasmas, durch Auslöseeinwirkungen auf den Kern und Rückwirkungen auf das Protoplasma, die schließlich so gewaltigen Verschiedenheiten der entstehenden Zellen hervorgehen können.Grundkonzept der “Differentiellen Genexpression”

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Entwicklungsbiologie 05Ernst A. Wimmer

Abteilung Entwicklungsbiologie

Kernäquivalenz

• Annahme auf Grund der Gleichverteilung der verdoppelten Chromosomen in der Mitose.

• Aber: Wenn jeder Nukleus dem Nukleus der Zygote entspricht, dann sollte jeder Nukleus auch totipotent sein.

• Totipotenz: Eigenschaft von Zellen oder Zellkernen, die noch alleEntwicklungsmöglichkeiten besitzen, noch nichtdeterminiert sind.

• Nachweis: Kerntransplantationsexperimente, Klonen

• Wenn alle Zellen dieselbeErbinformation tragen, wiedifferenzieren sie sich?

Differentielle Genexpression

Kernäquivalenz: Klonen von Amphibien Spaltung: Genetik - Entwicklungsbiologie• ursprüngliche Genetik (Morgan) noch als Teil der Embryologie

(Entwicklungsbiologie) gesehen.

• in den 1930ern wurde Genetik eine eigenständige Disziplin.

• Zunehmende Feindseligkeit zwischen Genetikern und Embryologen.

• Eine genetische Theorie der Entwicklung kann es erst geben wenn geklärt ist:

1. Wie Umweltbedingte Einflüsse die Entwicklung steuern können,z.B. Umweltbedingte Sex-Bestimmung (Temperatur bei Reptilien).

2. Wie Gene die frühen Stadien der Embryonalentwicklung steuern.

3. Wie Chromosomen, die in allen Zellen identisch sind, unterschiedlicheund sich verändernde Zellcytoplasmen hervorbringen können,die nötig sind, um die Differenzierung der Zellen zu ermöglichen.

Theodor Boveri: „Mendelismus“Chromosomentheorie der Vererbung

• Nicht eine bestimmte Zahl, sondern eine bestimmte Kombination von Chromosomen sind für eine normale Entwicklung notwendig.

• „Und dies bedeutet nichts anderes, als daß die einzelnen Chromosomen verschiedene Qualitäten besitzen müssen“

Theodor Boveri: Wechselwirkung zwischen Cytoplasma und Kern

• 1910• „So scheint mir der Fall von Ascaris ein einfaches

Paradigma dafür darzustellen, wie die Wechselwirkung von Protoplasma und Kern in der Ontogenese zu denken ist und auf welche Weise aus der äußerst geringen Ungleichartigkeit des Eiprotoplasmas, durch Auslöseeinwirkungen auf den Kern und Rückwirkungen auf das Protoplasma, die schließlich so gewaltigen Verschiedenheiten der entstehenden Zellen hervorgehen können.“

• Grundkonzept der “Differentiellen Genexpression”

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Differentielle Genexpression

• Jeder Zellnukleus enthält das gesamte Genom, das im befruchteten Ei neu zusammengefügt wurde.

• Die nicht genutzten Gene in differenzierten Zellen sind nicht zerstört oder mutiert und behalten grundsätzlich das Potential exprimiert zu werden.

• In jeder Zelle ist nur ein geringer Prozentsatz des Genoms exprimiert. Dies bedeutet, dass der Anteil an synthetisierter RNA in jeder Zelle spezifisch für diesen Zelltyp ist.

Differentielle Genexpression

• Vom Differenzierungszustand abhängige Transkription unterschiedlicher Gene.

• Wird während der Determination programmiert.

Differentielle Genexpression:Nachweis

In situ Hybridisierung

Differentielle Genexpression: Nachweis

Whole mount (Totalpräparate) In situ Hybridisierung (WMISH)

Differentielle Genexpression: Nachweis

In situ Hybridisierung mit radioaktiv markierten Sonden

Differentielle GenexpressionRezeptor-Aktivierung

Protein-Modifikation

Transkriptionsfaktor-Aktivierung

Nukleare Lokalisierung

Chromatin-Dekompaktierung

Transkriptions-Initition und 5‘-Capping

Koppelung: Transkription und RNA-Prozessierung

RNA-Spleißen

3‘-Polyadenylierung

Verpackung der mRNA

mRNA-Export

Translation

Protein-Faltung

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Moderne Modellorganismen

• Zucht und Handhabbarkeit im Labor.

• Zahl der Nachkommen

• Kurzer Entwicklungszyklus

• Möglichkeit zur Manipulation(Transplantationen, Mikroinjektion, Mutagenese)

• Möglichkeit zur Einzel-Verkreuzung

• Transgenese: Einfügung von rekombinierten Genen

Genetische Modellorganismen

Drosophila melanogasterLebenszyklus

Shockwave: Life Cycle

http://flymove.uni-muenster.de

FLYMOVE

Embryonalentwicklung

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Genetik der Entwicklungsbiologie

• Systematische Mutagenisierung und Durchmusterung von Fliegenembryonen

• Entdeckung sogenannter Eipolaritätsgene:MaternaleffektgeneEffekt tritt auf bei Nachkommen vonhomozygoten Müttern

z.B. bicoid

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Morphogengradienten und Musterbildung

• Musterbildung:Etablierung einer klar gegliederten räumlichen Anordnung von Zellaktivitäten.

• Morphogen:Substanz auf die Zellen bei unterschiedlichen Schwellenwerten unterschiedlich reagieren

• Positionsinformation:Lageinformation, durch die Zellen ihre Lage imKeim mitgeteilt bekommen.Diese Information kann von benachbarten Zellenausgehen oder von ferneren Morphogensendern.

Morphogengradientund Musterbildung

Das „Tricolore“-Modell

• Lewis Wolpert, 1978

• Morphogenkonzentrationlegt an jedem Punkt eine exakte Positionsinformation fest.

• Schwellenwertkonzentrationen:Konzentration, oberhalb der Zellen anders reagieren als unterhalb.

Der morphogenetische Gradient von BICOID

Genetik der Entwicklungsbiologie

• Systematische Mutagenisierung und Durchmusterung von Fliegenembryonen

• Entdeckung der zygotischenSegmentierungsgene:

Lückengene (Gap-Gene)

Paar-Regel-Gene

Segmentpolaritätsgene

Drosophila Larve Lückengene (Gap-Gene)• Fehlen mehrerer zusammenhängender

Segmente

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Lückengene (Gap-Gene)• Expression in einem weiten Bereich des Embryos

hunchback / Krüppel

Paar-Regel-Gene• Fehlen jedes zweiten Segmentäquivalents

Paar-Regel-Gene• Expression in sich wiederholenden Streifen

Segmentpolaritätsgene• Fehlen eines Teilbereichs jeden Segments,

wird durch den verbleibenden Spiegelbildlich ersetzt.

Segmentpolaritätsgene• Expression in einem Teilbereich jeden Segments.

Genetik der Entwicklungsbiologie• Systematische Mutagenisierung und

Durchmusterung von Fliegenembryonen

• Entdeckung der zygotischenSegmentierungsgene:

Lückengene (Gap-Gene)

Paar-Regel-Gene

Segmentpolaritätsgene

führen zur Metamerisierung des Embryos

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Genetik der Entwicklungsbiologie

• Systematische Mutagenisierung und Durchmusterung von Fliegenembryonen

• Entdeckung der

Homöotischen Selektorgene

führen zur Segmentspezifizierung

Homöotische Transformationen

Antennapedia

Homöotische Transformationen

Ultrabithorax

Expression homöotischeSelektorgene

Edward B.Lewis

Nobelpreis 1995 für Physiologie oder Medizin

“Für ihre Entdeckungen in Bezug auf die genetischeKontrolle der frühen Embryonalentwicklung”

ChristianeNüsslein-Volhard

Eric F.Wieschaus

HomöotischeSelektorgeneund ihre Funktionblieben im Laufe der Evolutionweitgehend unverändert

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Genetische Modellorganismen Modellorganismus: FadenwurmCaenorhabditis elegans

Zellgenealogie von Caenorhabditis elegans

Zellgenealogie von Caenorhabditis elegansModellorganismus: Caenorhabditis elegans

Eutelie (Zellkonstanz): invariante Anzahl von Zellen (558 somatische Zellen)

Invarianter Zellstammbaum

Genetik: selbstfertilisierender Hermaphrodit

Entdeckung des entwicklungsbiologisch notwendigen Zelltodes:131x programmierter Zelltod (Apoptosis)

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Apoptosis: Programmierter Zelltod

• Zellen durchlaufen genetisches Programm,das zum Selbstmord führt

• Entdeckung bei eutelischem Organismus C. elegans

• Aber auch in anderen Spezies entscheidendbei Entwicklungsprozessen beteiligt:

Gehirnentwicklung

Bildung des Zehen- und Fingerzwischenraums

Sydney Brenner

Nobelpreis 2002 für Physiologie oder Medizin

“Für ihre Entdeckungen in Bezug auf die genetische Kontrolleder Organentwicklung und des programmierten Zelltodes”

H. RobertHorvitz

John E.Sulston

Genetische Modellorganismen Modellorganismus:AckerschmalwandArabidopsis thaliana

1 mm

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Blüten-ABC

Blüten-ABC

Blüten-ABC Genetische Modellorganismen

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Modellorganismus: Mus musculus (Maus)

Keine experimentelle Embryologie

Ausgefeilte Genetik

Nähe zum Menschen: Säugetier

Embryonale Stammzellen

Homologe Rekombination: gezielter Gen-Knock-Out möglich

Modellorganismus: Danio rerio (Zebrabärbling)

Experimentelle Embryologie

Genetik

Nähe zum Menschen: Wirbeltier

Morpholinos: gezielter Gen-Knock-Down möglich

Vertebraten Modellorganismen

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Modellorganismus: Krallenfrosch Xenopus laevis

Experimentelle Embryologie

Biochemie

Keine Genetik: Tetraploidie

Xenopus tropicalis- diploid- Transgenese möglich

1 mm

Modellorganismus: Gallus gallus (Huhn)

Experimentelle Embryologie

Modellorganismus: Gallus gallus (Huhn)

Experimentelle Embryologie

Wachtel-Chimären: markierte Transplatationen