ERCO Lichtbericht 31€¦ · Baptiste Colbert, Finanzminister und Bau-aufseher von Ludwig XIV.,...

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Erschienen im Februar 1989 Unter dem Titel „Berlinmodell Industriekultur“ fand in Berlin eine Tagung statt, bei der Archi- tekten, Fachingenieure der un- terschiedlichsten Disziplinen, Städteplaner und Bauherren Meinungen austauschten über die Weiterentwicklung des In- dustriebaus. Parallel zu dieser Veranstaltung fand ein Archi- tektenwettbewerb statt. Rich- ard Rogers, London, erklärt sei- nen Wettbewerbsbeitrag (Foto). E Lichtbericht Lichtbericht 31 Erschienen im Februar 1989

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Page 1: ERCO Lichtbericht 31€¦ · Baptiste Colbert, Finanzminister und Bau-aufseher von Ludwig XIV., geschrieben: „Nichts beweist, in Ermangelung glänzen-der Kriegstaten, Größe und

Erschienen im Februar 1989Unter dem Titel „BerlinmodellIndustriekultur“ fand in Berlineine Tagung statt, bei der Archi -tekten, Fachingenieure der un-terschiedlichsten Disziplinen,Städteplaner und BauherrenMeinungen austauschten überdie Weiterentwicklung des In-dustriebaus. Parallel zu dieserVeranstaltung fand ein Archi -tektenwettbewerb statt. Rich-ard Rogers, London, erklärt sei-nen Wettbewerbsbeitrag (Foto).

E LichtberichtLichtbericht 31

Erschienen im Februar 1989

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Inhalt

Zu diesem Heft 1Eine Pyramide aus Licht 2-8Nando Campolmi„Meister des Lichts“ in derArena di Verona 9-13Grundformen des Lichts 14-15Berlinmodell IndustriekulturBericht einer Tagung 16-18Licht für „Lange Schatten“Peter Maffay on tour 19-23Spanisches Design auf derMesse in Mailand 24Ein neues Dach für Canon 25La Nueva Espana, Oviedo 26-27Lichtplaner vorgestellt:Gerald Karlikow, Paris 28-31Schlußlichter 32-33

Fotos: Richard Bryant (32), Lars Christ/ERC0 (2-5, 14-15,32, 33), Helmut Claus (1), Andreas Horlitz (9-13, 19-23),Anne Koch (28-31), Thomas Mayer (6-8), Rudi Meisel(U1,16-18, 24, 25, 32), Michael Wolf (26-27, 32, U4)

© 1989 ERCOPrinted in W-Germany, Druckhaus Maack GmbH & Co.KG,5880 Lüdenscheid, 6318902

In verschiedenen Ausgaben des Lichtbe-richtes haben wir Lichtplaner vorgestellt.Wir gingen dabei von der Überlegung aus,daß die Darstellung der Arbeit von Licht-planern etwas über die Notwendigkeit derLichtplanung aussagt und auch die Kom-plexität deutlich macht, die gutgeplantesLicht an Überlegung fordert.

Am Anfang dieser Serie hätten wireigentlich die älteste Zunft der Lichtplanervorstellen müssen, nämlich die Lichtdesi -gner des Theaters. Sicher, hier und dahaben wir Theaterinszenierungen unterdem Aspekt der Beleuchtung vorgestellt,aber eine gründliche Einführung über dieMethoden der Lichtplanung im Theater,beim Film oder in der Unterhaltung hat esbisher im Lichtbericht nicht gegeben.

Diese Unterlassungssünde wird in die-sem Heft gründlich korrigiert und dieLücke aufgearbeitet. Gleich drei Lichtin-szenierungen für sehr unterschiedliche An-wendungsbereiche werden gezeigt undgleichzeitig damit drei sehr verschiedeneMethoden, sich einer Lichtaussage für einespezielle Inszenierung zu nähern. Die Auf-führungen, um die es geht, sind un-terschiedlich genug, handelt es sich dochum Oper, um Schauspiel und um ein Rock-konzert, um deren Lichtinszenierung esgeht.

Seit vielen Jahren sind wir derAnsicht, daß die Lichtarchitektur sehr starkdurch die Theaterbeleuchtung beeinflußtwird und verweisen immer wieder darauf,daß die Lichtregie am Theater ein guterLehrmeister für die Lichtregie in der Archi-tektur sein kann.

Lichtregie, wenn man so will, war dieRichtlinie bei der Entwicklung des Beleuch-tungskonzeptes für den Louvre in Paris.Claude Engle entwickelte in Zusammen-arbeit mit I. M. Pei das Lichtkonzept undERCO die zum Teil sehr komplizierten licht-technischen Problemlösungen. Im Oktober1988 gab es die Möglichkeit, einen erstenschnellen Blick hinter die Kulissen desGrand Louvre zu werfen, da Staatspräsi-dent Mitterand eine Teileröffnung, nämlichdie Eröffnung des Platzes, auf dem diePyramide steht, vollzog.

Unter großer Anteilnahme der Medienwurden die Fontänen in Betrieb gesetztund die Beleuchtung eingeschaltet, die ausder Glaspyramide einen funkelnden Dia-manten macht.

Das alles ist Grund genug, schon jetzteinen Einblick in das Louvre-Projekt zu ge-ben. Nach der eigentlichen Eröffnung wer-den wir über das Licht im Louvre detaillier-ter berichten.

Unter einer Gantry- Konstruktion tra-fen sich im Oktober 1988 in Berlin Archi-tekten, Designer, Statiker und Lichtplanersowie potentielle Bauherren, um über dieWeiterentwicklung der Industriearchitekturzu diskutieren.

Das war das erste Mal, daß sich einsolcher Kreis zusammensetzte, 4 Tage langmiteinander diskutierte und Denkpositio-nen untereinander verglich. Der Bericht

über die Tagung wurde von Rudi Meisel fo-tografiert. Doch mehr darüber auf Seite 16.

Bei dieser Themenfülle mußte einThema noch zurückstehen, nämlich derBericht über das Licht im Technischen Zen-trum, das wir bei ERCO vor einigen Mona-ten in Betrieb genommen haben. 19 Seitenwar der Bauwelt dieses Gebäude wert,was uns, die Bauherren, natürlich mit Stolzerfüllt. Im nächsten Lichtbericht soll dasVersäumte nachgeholt werden und überdie Lichtplanung im neuen TechnischenZentrum von ERCO breit informiert wer-den.

Bis dahin müssen zwei Fotos reichen,die am Ende dieses Heftes unter derRubrik Schlußlichter stehen.

Bis zum nächsten Heft

Klaus J. Maack

Zu diesem Heft

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Die Schlacht ist geschlagen. Die Gegnerstrecken ihre Waffen. „Das raffiniertesteGlasdach dieses Jahrhunderts“ (Le Monde)ist fertig und kann seiner Bestimmungübergeben werden. Dem Bauherrn Fran-cois Mitterrand hat die neue Pyramide ausGlas und Stahl, die inmitten des CourNapoleon als zentraler Eingang zum neuen,zum Grand Louvre fungiert, den Spitzna-men „Mitterramses“ eingebracht. „Louvream Nil“ mokierte sich die Pariser Presse.Und auch Ieoh Ming Pei, der Architekt die-ses wohl auch teuersten Glaseingangs derWelt, wurde von den Journalisten nichtverschont. Die altägyptische Geometrie imInnenhof des Louvre veranlaßte sie zu demWortspiel „Pei-ramide“.Die Glaspyramide ist aber lediglich daserste äußerliche Zeichen für die funda-mentale Um- und Neugestaltung des Louv-re, das unbestritten eines der groß-artigsten, aber auch das „schmutzigste,verwahrloseste und besucherfeindlichste“von allen großen Kunstmuseen ist. 250000 Kunstwerke befinden sich im Besitzdes Louvre, 30 000 sind davon in der stän-digen Ausstellung der Öffentlichkeit per-manent zugänglich. Dem Louvre einenBesuch abzustatten, das heißt, einenMarathon von 13 km durch 250 Säle zuwagen. Das taten in der Vergangenheitimmer weniger. Und die, die kamen, warenTouristen. Einer Umfrage zufolge geben 80 % der Pariser an, sie seien nur sehr sel-ten oder noch nie (40%) im Louvre ge-

Die Struktur der Pyramide besteht aus Ver-spannungen. Zug und Druck ermöglichengeringe Querschnitte bei den verwendetenMaterialien.

wesen. Knapp 3 Millionen Besucher proJahr zählten die Museumswärter bisher imLouvre, das sind 25 % weniger als beimEiffelturm (4 Millionen), und verglichen mitdem Besuchermagneten von Paris, demCentre Pompidou (8 Millionen), ist das In-teresse am Louvre eher geringer.Das soll sich im Jubiläumsjahr 1989ändern. 200 Jahre nach dem Sturm auf dieBastille sollen die sogenannten „GrandProjets“ dazu beitragen, Frankreich undParis als dessen Metropole in altem Glanzerstrahlen zu lassen. Ganz nebenbei trittParis in diesem Jahr auch die NachfolgeBerlins als Kulturstadt Europas an undkann den 100sten Geburtstag des Eiffel -turms begehen. Staatspräsident Mitterrandist überzeugt davon, daß es eine „direkteVerbindung zwischen der Größe der Archi-tektur, ihren ästhetischen Qualitäten undder Größe eines Volkes“ gibt. ÄhnIicheshatte schon vor mehr als 300 Jahren Jean-Baptiste Colbert, Finanzminister und Bau-aufseher von Ludwig XIV., geschrieben:„Nichts beweist, in Ermangelung glänzen-der Kriegstaten, Größe und Geist in höhe-rem Maße als die Errichtung von Baudenk-mälern.“ An diesen Grundsatz hielten sichnicht nur Baron Haussmann, sondern auchdie Präsidenten der Fünften Republik.George Pompidou baute wie ein Amerika-ner: Wolkenkratzer und Schnellstraßen.Und er veranstaltete den Wettbewerb fürdas „Centre national d‘ art et de culture“,das nun seinen Namen trägt.

Eine Pyramide aus Licht

Architekt:I.M. Pei & Partners, New YorkBauleitender Architekt:M. Macary, ParisBeleuchtungsplanung:Claude Engle, Washington

Die Knoten und Eckverkleidungen wurdennach einem aus der Bronzezeit stammen-den Wachsgußverfahren hergestellt.

Die Pyramide ist auf einem Grundflächen-quadrat von 35,21 m Seitenlänge erbautund erhebt sich in einer Höhe von 21,64 müber den Cour Napoleon.

Ein Dutzend Statiker haben an der Kon-struktion aus 2000 Knoten und 6000 Trä-gern gerechnet.

Valéry Giscard d‘ Estaing verfügte zunächsteinen Baustopp für die Wolkenkratzer, be-vor er sich als Umweltschützer und Denk-malpfleger hervortat. In seine Regierungs-zeit fielen die Entscheidungen, den Bahn-hof d´ Orsay als Museum und die Viehhal -len der Schlachthöfe in La Villette alsAusstellungshallen zu erhalten.

Mit dem Sozialisten Mitterrand kamdie Revolution zurück. Neben der neuen„Opéra de la Bastille“ und dem Triumph-

bogen „La Défense“ ist der Umbau desLouvre mit seinem neuen Eingang und dendazugewonnenen unterirdischen rund50000 m² Nutzfläche das bedeutsamsteder Grand Projets. Daß es auch das ammeisten Beachtetste ist, verwundert nicht.Nicht nur, weil es im Herzen von Parissteht. Der Louvre, ein ehemaliges königli -ches Schloß, seit 1793 als Museum ge-nutzt, stellt eine Art nationales Heiligtumdar. Und nun kommt ein in China gebore-ner amerikanischer Architekt mit einemEntwurf, der an Ägypten erinnert, um denLouvre zu verändern. Die Entrüstung warvorprogrammiert. Selbst I. M. Pei, derheute davon überzeugt ist, die einzig rich-tige Lösung gefunden zu haben, schreckteam Anfang vor der Aufgabe zurück. AlsPräsident Mitterrand Kontakt zu ihm auf-nahm und ihm das Projekt erläuterte, warseine erste Reaktion zunächst zurückhal -tend. Man solle den Louvre so belassen,wie er sei, schlug er seinerzeit vor. Dann

Die Pyramide besteht aus Stahlträgern, diein regelmäßigen Abständen über dieAußenkante verteilt sind und mit Befe-stigungsschrauben in die Betonträger-stützen eingelassen werden.

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Im April 1987 fand in Persan, einem Vorortvon Paris, eine erste Beleuchtungsprobefür den Eingangsbereich der Pyramide statt.

Von ERCO wurden für die Beleuchtung derpyramidenförmigen Vertiefungen in derBetondecke 2 alternative Leuchten ent-wickelt. Die Wahl fiel dann auf einen asym-metrischen Wandfluter mit 2x 18 W TC.

Für die Entwicklung der Beleuchtungs-konzeption verpflichtete I. M. Pei den Licht-planer Claude Engle, mit dem er schonbeim Bau des Ostflügels der WashingtonerNational Gallery zusammengearbeitet hat.

aber änderte er seine Auffassung. „EinMuseum muß aufregend sein und als Ver-mittler zwischen Kunst und Öffentlichkeitfungieren“, meinte er damals wie heute.Diese Zielsetzung war mit dem bestehen-den Gebäude nicht zu erreichen. Pei erklärtdazu: „Der Louvre liegt mitten im Herzenvon Paris, einer pulsierenden Stadt, die inständiger Bewegung ist. Einerseits möchteman alles so erhalten wie es ist. Anderer-seits kann man nur erhalten, was einenpositiven Effekt auf das Leben der Stadthat. Außerdem funktionierte der Louvre alsMuseum nur schlecht. Er hat das Potential,das bedeutendste Museum der Welt zusein, nicht nur, weil er über eine so großeKunstsammlung verfügt. Der Louvre istdirekt mit der Geschichte des Landes ver-knüpft wie kaum ein anderes Museum.Der Besucher kann nicht nur Meisterwerkeder Kunst betrachten, sondern dieGeschichte.“

Die Querverbindungen zur ägyptischenMythologie, denen viele Kritiker sich hinge-ben, stören Pei. Eine Pyramide in Ägyptenist aus Stein und fungiert als Grabstätte fürdie Toten. Die Pyramide des I. M. Pei istaus Glas und ist für die Lebenden geschaf-fen. Die gewählte Form resultiert aus PeisVorliebe für einfache geometrische For-men. Sein Entwurf für die Bank of China inHongkong unterstreicht diese Aussage.

Einen Aspekt des Vergleiches mit denPyramiden der Ägypter hört er jedoch gern:Die Cheops-Pyramide ist das einzige derSieben Weltwunder des Altertums, das bisheute Bestand hat. Er hofft, ein ähnlichdauerhaftes Monument geschaffen zuhaben.

Nachdem Pei 1983 als Architekt fest-stand, waren eine Reihe von Tests notwen-dig, um Materialien und Verfahren zu über-prüfen. Pei wollte totale Transparenz, da-mit möglichst viel Sonnenlicht in die Ebeneunterhalb des Cour Napoleon gelangenkann. Der Glaskörper der Pyramide sollteglatt, schillernd und doch nicht spiegelnd

sein. Er verlangte dazu ein Glas ohne jedeSpur von Eisenoxyd.

Außerdem wollte er Unverwüstlichkeitund optimales physikalisches Verhalten.Obwohl Peis Materialien - rostfreier Stahl,Aluminium und Glas - im industriellen Bau schon längst Verwendung finden,benötigte ein Stab von Ingenieuren vollevier Jahre, um dem Vorhaben des Archi -tekten gerecht zu werden. Zunächst mußte ein Tragwerk entstehen, das so

leicht und elegant wie möglich aussehensollte. Ein Dutzend Statiker haben dasstählerne Spinnennetz aus 2000 Knotenund 6000 Trägern berechnet. 16 horizontalangeordnete Stahlkabel verhelfen dem Ge-rippe zu Standhaftigkeit, selbst gegen diemanchmal heftigen Westwinde. Die Kno-ten und Eckverbindungen wurden Stück für Stück nach einem aus der Bronzezeitstammenden Wachsgußverfahren her-gestellt. Rund 95 von insgesamt 180 t

Jede der 666 Glasrauten wiegt 150 kg undbesteht aus einem transparenten und farb-losen Spezialglas ohne Zusatz von Eise-noxyd.

Rund 50000 m² unterirdische zusätzlicheNutzfläche erweitern das Raumangebotdes Louvre beträchtlich.

Gesamtgewicht beansprucht die Trage-Konstruktion. Die Differenz machen ins-gesamt 666 Glasscheiben aus, von denenjede 150 kg wiegt. Das Glas wurde eben-falls nach einer alten, handwerklichenMethode unter Hinzugabe von speziellemweißem Sand aus Fontainebleau herge-stellt und bei einer Temperatur von 1000°C gewalzt.

Als Staatspräsident Mitterrand denAuftrag an I. M. Pei vergab, tat er das mit

der Bemerkung, die Beleuchtung müssenoch besser werden, als die der NationalGallery in Washington, deren Ostflügelebenfalls von Pei entworfen und gebautwurde. Für die Entwicklung der Beleuch-tungskonzeption holte Pei sich den Licht-planer Claude Engle (Washington), mit dem er schon bei der National Gallery zu-sammengearbeitet hatte. Die größteSchwierigkeit bei dem komplexen Be-leuchtungssystem lag in der Ausleuchtungder Glaspyramide. Das Problem bestehtdarin, daß man Glas nicht beleuchten kann,da es als Reflexionsfläche ungeeignet ist.Man kann lediglich die Strukturen, die dasGlas tragen, und die Schnittstellen des Glases beleuchten. Claude Engle wähltedazu justierbare Halogen-Niedervolt-Richtstrahler (100 W/12 V) aus, mit der die Struktur umlaufend so beleuchtet wird, daß man weder von innen noch von außen geblendet wird und sich eingleichmäßiges Lichtniveau ergibt.

Für eine gute Lichtwirkung im Raum ist dieexakte und fachgerechte Montage derLeuchten unabdingbare Voraussetzung.

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Der Cour Napoleon ist ein reiner Fußgän-gerbereich, der jedermann Tag und Nachtzugänglich ist. Mit 2,8 ha ist er der größteöffentliche Platz Europas.

Damit auch nichts dem Zufall überlassenblieb, sind viele Materialien undVerfahrenstechniken einem 1:1-Versuchunterworfen worden. In Persan, einem Vor-ort von Paris, wurden dazu u. a. einige Ele-mente aus dem Eingangsbereich der Pyra-mide in den Originalmaßen aufgebaut, umdie Betonbauarbeiten und einigeBeleuchtungseffekte zu überprüfen. I. M.Pei hat sich zusammen mit Claude Englepersönlich davon überzeugt, daß die vonihm gewünschten Lichteffekte in der Rea-lität auch so eintreffen, wie sie geplantgewesen sind.

Bis das gesamte Projekt realisiert istund seiner Bestimmung übergeben wird,werden noch einige Jahre vergehen. Eineerste Etappe von vielen war am 14. Okto-ber 1988 erreicht, als Präsident Mitterrandden neugestalteten Cour Napoleon feierlicheröffnete und damit der Öffentlichkeitzugänglich machte. Mit seiner 2,8 ha Flä-che, in deren Mitte sich die gläserne Pyra-

Die Eröffnung des Cour Napoleon erfolgteam 14. Oktober 1988 durch Staatspräsi -dent Mitterrand. Ein Konzert gehört zu soeinem Anlaß in Frankreich immer dazu.

mide, umrahmt von 7 Springbrunnen, be-findet, ist er der größte öffentliche Platz inEuropa. Der Markusplatz von Venedig istverglichen damit nur etwa halb so groß.

Als nächste Etappe wird die Eröffnungder Bereiche unterhalb der Pyramide EndeMärz 1989 anstehen. Dann übernimmt diePyramide auch ihre eigentliche Funktion als zentraler Eingang des Louvre. Rund50000 m² zusätzliche Fläche erweitern die Möglichkeiten des Museums be-

trächtlich. Die neue Museumskonzeptionsieht hier, neben den Empfangsbereichenmit Garderobe, auch Räumlichkeiten fürmuseumspädagogische Aktivitäten mit Kin-dern und Jugendlichen, Magazine undLager für Kunstwerke, wissenschaftlicheund technische Abteilungen, Restaurato-renwerkstätten, Restaurants und Kantinen,Galerien und Museumsgeschäfte und vieleandere mehr vor.

Weitere 37000 m² erhält das MuseumEnde 1989 zurück, wenn der Flügel „AileRichelieu“ vom Finanzministerium, dasdort seit über 100 Jahren sitzt, geräumtwird.

Das Projekt soll 1993 abgeschlossenwerden, in dem Jahr, wo sich die Nutzungdes Louvre als Museum zum 200sten Maljährt. Was dann noch bleiben wird, ist viel konzeptionelle Kleinarbeit, damit derLouvre zu einem einladenden, modernenMuseum mit kultureller und wissenschaft-licher Ausstrahlung wird. Vielleicht gelingt

Bei den Bauarbeiten zur Pyramide ist manauf Überreste des Schlosses von PhilippeAuguste gestoßen und beschloß, sie in dieunterirdischen Bereiche zu integrieren.

Die asymmetrische Beleuchtung der pyra-midenförmigen Vertiefungen ergänzt tags-über das natürliche Licht und trägt zu einerinteressanten Lichtstimmung bei.

Wann nicht nur geladene Gäste, sondernauch „Otto Normalverbraucher“ den Louv-re durch den neuen Haupteingang betretendürfen, steht noch nicht fest. Bis EndeMärz ‘89 sollen die restlichen Arbeitenabgeschlossen sein.

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es dann auch, die Verweildauer der Besu-cher von zur Zeit 11/4 Stunden auf die ge-planten 3-4 Stunden anzuheben. Und wenndann Michael Jackson wieder einmal wieim Juni 1988 in Paris weilt und er Lust ver-spürt, „Lady Mona“ erneut einen Besuchabzustatten, vielleicht bleibt auch er dannetwas länger. Mit seinem letzten Besuchvon 45 Minuten lag er zumindest weit unter dem Durchschnitt. KHJ

Tagsüber besticht die Pyramide durch ihrefast vollkommene Transparenz. Trotz derfast filigranen Bauweise hält sie allenBelastungen durch Wind und Schneelaststand.

Die Konstruktion wird von der Innenseiteher mit insgesamt 966 Strahlern ange-leuchtet und macht die Pyramide so nachtszu einem leuchtenden Zeichen.

Der Reiseführer spricht vom kleinen Romder Lombardei, von einer gelungenen Syn-these aus Stein gewordener Vergangenheitund lebendiger Gegenwart. Von einerStadt, schöner als die meisten, aus-gezeichnet durch natürliche Anmut, Har-monie. Wo Shakespeare nicht unbedingthistorischer Wirklichkeit, dafür aber derWahrheit unsterblicher Liebe mit Julia undRomeo einen Namen gab, finde sich auchheute noch jener Frieden, der ansonsteneher rar geworden sei.

Verona, nicht ganz 350 000 Einwohner,etwa 150 Kilometer vom westlich gelege-nen Industriezentrum Mailand und fastgleich weit von Venedig im Osten entfernt.Aus der Luft besehen, fällt zunächst derFluß, die Etsch (Adige), in den Blick. Vonschmalen Gassen kreisförmig oder in Qua-drate zerlegt, nistet in seinen Schlingen dieStadt: eines über dem anderen die Zie-geldächer, die Häuser aus rötlichem Mar-mor, vorherrschend das in der Gegend übli-che Tuffgestein. Nur in einer Himmels -richtung ufern stimmige Farben in einegesichtslose Masse grauer Lagerhallen undFabriken aus. Das historische Zentrumwird vom zweifellos beherrschendstenBauwerk der Stadt markiert: einem hellen,ovalen Rund. Spätestens, wenn die Arma-da der Busse rollt und sich dessen Stufen -reihen füllen, wenn Straßen, Plätze undRestaurants von Zugereisten überquellen,ist es mit dem Frieden, mit der natürlichenAnmut von Verona vorbei.

„Es hat der Stein sich über mir ge-schlossen. Vor mir seh ich mein Grab“:eine Bühne, von drei gewaltigen Pyrami-den beherrscht. Licht strahlt in gelben, röt-lichen Farben von drinnen nach draußen,macht ihre Wände transparent. Ohne jedekünstliche Verstärkung dringt die Stimmeeines Tenors bis in die obersten Zuschau-erränge hinauf, füllt fast spielerisch denRaum. Ein römisches Amphitheater, ange-legt, um Menschenmassen zu entzücken.Es ist und bleibt das verblüffendste Bei-spiel einer Architektur, die perfekt denGesetzen von Akustik und Schall ent-spricht. Was in Verona zwei Monate langNacht für Nacht geschieht, dürfte Liebha-bern klassischer Musik kaum mehr einGeheimnis sein. Macerata, Ravenna, Pes-aro, Torre del Lago: Es gibt noch andereFestspiele unter freiem Himmel im Mutter-land der Oper. Doch Verona hat die Konkur-renz, nicht unbedingt mit musikalischerQualität, aber mit seinen Besucherzahlen,dem Bekanntheitsgrad in aller Welt, weit inden Hintergrund gedrängt.

„Es schuf der Himmel dich zum Glückder Liebe, ich bring den Tod dir, weil ichheiß dich liebe.“ IV. Akt, zweites Bild. Einevon 41 Veranstaltungen in diesem Jahr -Mitternacht ist schon vorbei - nähert sichihrem dramatischen Schluß. Aida, dieäthiopische Sklavin, und Radames, der ver-diente Hauptmann des ägyptischen Heeressterben. Sie wollen, um ihre Gefühle zuretten, gemeinsam untergehen. Ein ande-res unglückliches Paar, dem Verona Anzie-

hungskraft und Popularität verdankt. Vor 75Jahren, als sich Verdis Geburtstag zumhundertsten Mal jährte, hatte die StadtBesonderes ausgedacht. Mit „120 Or-chestermitgliedern, 230 Choristen, 30 Bal-lerinen, 40 Knaben, 280 Komparsen, 12Trompetern und 30 Rindern und Pferden“,einem damals sensationellen Aufgebot,wurde Aida als Premiere eigens für dieArena inszeniert. Der Dirigent war TullioSerafin. Die Oper ist, mehr als 250mal

Nando Campolmi, „Meister des Lichts“, in der Arena di Verona

ihrer enormen Ausstrahlung von derMedienöffentlichkeit wie vom Publikum zuUnrecht übersehen oder vernachlässigtwird, schafft er neue Wirklichkeiten, Per-spektiven, Bewegungen und Farben. Vonseinen Fertigkeiten, seiner Fähigkeit, wahr-zunehmen, sind Raumgefühl und Magieeiner Aufführung, sämtliche Nuancen visu-eller Rezeption ganz entscheidend mitbe-stimmt. In der Regel klärt die Partitur derOpern, die zur Aufführung kommen, in

hier aufgeführt, für das Publikum nochimmer unbestrittener Höhepunkt. Geblie-ben ist der Hang zum Monumentalen. DerTrend zu Werken, die auf Massenszenen,auf ästhetische Effekte bauen. Im Vor-dergrund stehen Ausstattung, Opulenz,Sinnlichkeit. Operngenuß unter südlichenSternen als Gemeinschaftserlebnis ganzbesonderer Art. Damit alles reibungslosläuft, sind auf seiten der Veranstalter eben-so wie auf der Seite der zahlenden GästeSuperlative gefragt. Auch in der neuen Sai-son, die am 2. Juli mit „La Gioconda“ vonPonchielli ihren Anfang nahm und am 31.August mit Giacomo Puccinis „Turandot“zu Ende ging, überwältigen zunächst dieZahlen. Man spricht von mehr als 500 000Besuchern. 1400 Menschen beschäftigtdie Festspielleitung. Vierhundert davonsind auf Dauer bei der „Ente Lirico Arenadi Verona“ angestellt.

Seit 1976 ist Nando Campolmi dabei.In den ehrwürdigen Gemäuern, die ausdem ersten nachchristlichen Jahrhundertstammen und nur vom römischen Kolos-seum und der Arena in Capua überbotenwerden, macht er, je nach Bedarf, dieNacht zum Tag. Theater, sagt er, sei seinLeben. Eine für ihn nicht immer glückliche,aber sehr dauerhafte Leidenschaft: Anderehätten sie - in diesem Geschäft keines-wegs selten - so manches Mal für ihreZwecke ausgenützt. Nando Campolmi ar-beitet nicht im Rampenlicht, sondern hinterden Kulissen. Mit einer Kunst, die trotz

groben Zügen die Verhältnisse des Lichts.Beschreibungen, die vage bleiben: das hel -lerleuchtete Innere eines Tempels/eineNacht am Ufer des Nils. Der Mond scheinthell/es dämmert der Morgen/bei Sonnen-untergang. Es ist ein Kompromiß, denNando Campolmi nach solchen Vorgabenentwickelt: möglichst nahe, „natürlich“ an der Vorlage bleiben, aber auch dasTheater berücksichtigen. Das heißt, dieGesichter der Sänger sollten zu sehensein. In einer Feinabstimmung, die sich am individuellen Temperament, amKunstverständnis, an der „Zeitabhängig-keit“ des betreffenden Regisseurs undnicht zuletzt am launenhaften Geschmackdes Publikums orientiert, werden für dieeinzelnen Auftritte Dramatik, Kontraste,Stimmungen, die Gewichtung der Sängerund Aufbauten, von Vorder- und Hintergrundfestgelegt. Wie letztlich Farben, Fülle undAusrichtung übereinstimmen, ob Effektedurch Spitz-, Frontal- oder Gegenlicht

Über 500 000 Besucher bei insgesamt41 Aufführungen in der Festspielzeit 1988ziehen die Aufführungen in der Arena vonVerona an.

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erzeugt werden, das ist Sache des Chef-beleuchters. Dafür trägt er die Verant-wortung.

Der Beitrag, den die Technik leistet,soll nicht verschwiegen werden. NandoCampolmi bringt, nur um ein Beispiel inweiter Vergangenheit zu nennen, Verdi,seine Vorstellungen und praktischen Vor-schläge zum Thema Licht ins Gespräch.Farbfilter, elektrischer Strom und Beleuch-ter: Fremdwörter damals. Geschickte„Theaterhandwerker“ hätten bei einer Auf-führung, alle 50 Zentimeter voneinanderentfernt, eine Lichtquelle auf kleinen Pode-sten entfacht: Gas, Kerzen oder Öl. Ver-langte eine Szene den Wechsel von Tag inNacht, schob man, selbstverständlich vonHand, scheibchenweise in Streifen kolo-riertes Glas davor.

Derzeit hat Nando Campolmi die Be-fehlsgewalt über ein Team von mindestensdreißig Mann, über 300 fest angebrachteBeleuchtungskörper. Mit 400 weiteren va-

Das richtige Licht für „Turandot“ oder„La Gioconda“ wird hinter den Kulissengeschaffen. Bevor die Technik ihren Bei-trag zu leisten hat, werden die Lichtszenenin einer Skizze handschriftlich festgelegt.

riablen Scheinwerfern werden Kulisse undAkteure über 11 Lichttürme von Akt zuAkt, von Szene zu Szene verdunkelt, einge-färbt oder aufgehellt. Die Schaltzentrale fürdas Licht hat Campolmi im Laufe der Zeitüberarbeitet, seinen eigenen Bedürfnissen,den Bedürfnissen seiner Helfer angepaßt.Als er 1976 mit einem auf eine Saisonbefristeten Vertrag in Verona begann, waralles an einem einzigen Punkt konzentriert.„Eine ziemliche Katastrophe“, erinnert ersich. Um die verschiedenen Standorte zuerreichen, legte man mit dem Kabel in derHand jeweils mehr als 320 Meter zurück.Heute sind die Dimmer auf fünf idealePositionen im Theaterrund verteilt. DieKabel -längen und die Laufstrecken derMenschen, die sie schleppen müssen,haben sich damit auf maximal vierzig Me-ter reduziert. Nando Campolmi steht wäh-rend der Aufführung für alle Fälle am Mi-krophon. Seine Mitarbeiter sind auf denLichttürmen, den Dimmerschaltzentralen,an den Computern in der Kabine, auf undhinter der Bühne und an einem Tonverstär-ker plaziert, der das „Personal“ über dasGeschehen draußen informiert. 1 000 Kilo-watt werden, über ein raffiniertes Computer-programm gesteuert, in der Regel pro Vor-stellung allein für Aktionen auf der Bühnekonsumiert. Eine private Gesellschaft liefertden Strom. Sollte der Nachschub einmalausfallen, übernimmt ein automatisches Not-system der staatlichen StromgesellschaftENEL mit gleicher Leistung den Betrieb.

„Theater ist mein Leben‘; sagt NandoCampolmi, der seit 1976 für die Licht -ins-zenierungen in der Arena zuständig ist.

Wie wird man bei den Festspielen vonVerona der Meister des Lichts? Es ist einaufregendes Leben, von dem Nando Cam-polmi in schlichten, nüchternen Wortenerzählt. In Rom ist er 1937 geboren. Schonim Alter von vierzehn Jahren geht er beieinem Mann in die Lehre, dessen Gefühlfür Licht, für eine magische Ausleuchtungvon Natur und Milieu, das Kino nicht nur inItalien maßgeblich beeinflußt hat. LuchinoVisconti: der große Theater- und Filmregis-seur. Als Assistent des Lichts fängt NandoCampolmi bei ihm an. Abends im TeatroEliseo. Tagsüber bei Dreharbeiten. EineZeit, in der Visconti „Tod eines Hand-lungsreisenden“ von Arthur Miller, „DreiSchwestern“ von Tschechow für die Bühneoder „Bellissima“, „Wir Frauen“ und„Sehnsucht“ für das Kino in Szene setzt.Die Arbeiten an „Le notti bianche“ (1957),gedreht in einer absolut artifiziellen Traum-und Märchenwelt der Nacht, werden zueiner Erfahrung, die Campolmi nicht ver-gißt. Eine Zeit zudem, in der jene Namenzum erstenmal von sich reden machen, dieauch heute noch für das Theater, den Film,die Oper in Italien stehen. Franco Zeffirellifertigt für Visconti Bühnenbilder oder hilftgemeinsam mit Francesco Rosi, dem spä-teren Regisseur von „Christus kam nur bisEboli“ und „Salvatore Giuliano“, bei derRegie. Maria Meneghini Callas singt sich inder Scala von Mailand ein.

Auf der Bühne oder vor der Kameraagieren Marcello Mastroianni, Rina Morelli,Paolo Stoppa, Sarah Ferrati. Sie tun sichzusammen in einer Gruppe junger Schau-spieler, die unter Leitung von Carlo AlbertoCappelli - er wird zwölf Jahre lang Inten-dant der Veroneser Festspiele werden -inden Wintermonaten durch die italienischenProvinzen und 1957 sogar einmal durchLateinamerika zieht. Weitere Stationeneines „Realizzatore di luci“, der ständigund überall neue Erfahrungen sucht:das Teatro Romano in Cagliari, die eineoder andere Saison in Ostia Antica und

Turin, eine Strehler-Inszenierung des „Gali-leo Galilei“ von Brecht. Als Freiberufler istNando Campolmi bei mehr Produktionen,als er machen kann, gefragt. Er gestaltetdie Ästhetik des Lichts, nicht als entfrem-dete Arbeit, sondern aus Leidenschaft, undlernt dazu. Von Jean Vilar und Peter Brookzum Beispiel, wie faszinierend vorschwarzem oder weißem Hintergrundselbst auf einer leeren Bühne das Spiel mitreflektierendem Licht sein kann. Vorausge-setzt, man weiß damit umzugehen. Endeder sechziger Jahre wird Campolmi vonFranco Zeffirelli engagiert. Der inszeniertzwischen London und Verona „Romeo undJulia“. Eine Verbindung entsteht, die ihnacht Jahre später an den Ort seiner derzei-tigen Berufung führt.

Der König tritt auf. Ihm folgen Mini-ster, Hauptleute, Wedelträger, eine ScharTänzerinnen. Dann ziehen die ägyptischenKrieger, auf einer Sänfte ruhend der sieg-reiche Radames, am König vorbei. Aida:

Chefbeleuchter Campolmi steht ein Teamvon über 30 Mann bei seiner wichtigenAufgabe zur Seite.

In der Regel klärt die Partitur der Oper, diezur Aufführung kommt, in groben Zügendie Verhältnisse des Lichts.

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II. Akt, zweites Bild. Der Triumphmarsch istdas imposanteste Szenario, dem die Arenazumindest in den letzten 75 Jahren ihrenreizvollen Rahmen geboten hat. Ein Höhe-punkt auch für Nando Campolmi. Die Ka-pazität, die ihm zur Verfügung steht, wirdbis an ihre Grenzen ausgeschöpft. Stromauf 350 Kanälen. 50 zu zehn Kilowatt, 120zu 5 Kilowatt, 180 zu zweieinhalb Kilowatt.Eine Orgie der Menschen, des Lichts.Unruhe erfaßt das Publikum, schlägt alsWellen der Begeisterung von diesem aufdie Bühne zurück. Campolmi erwähnt eininteressantes psychologisches Phänomen.Es ist nicht nur die überwältigende Quanti-tät, welche die Zuschauer in wilde Erre-gung bringt. Es ist auch die Farbe Orange.Immer dann, wenn sie mit Hilfe von Farb-filtern dominiert, schwillt Zustimmung zufrenetischem Applaus.

Massenszenen, Menschen, von Hellig-keit überstrahlt. Des Publikums größteLust ist Nando Campolmis kompliziertestesProblem. Früher waren die Bühnenbilderzweidimensional, von fähigen Land-schaftsmalern entworfen. Der Künstler anti-zipierte auf seinem Gemälde konsequentdas Zusammenspiel von Licht und Schatten.Im Theater wurde mit einfachen und effizi-enten Strahlern das Bild zum Lebenerweckt. Heute ist ein Heer von Büh-nenhandwerkern, Architekten, Verwand-lungskünstlern mit Gips, Pappmaché, Holzoder Plexiglas unterwegs. Artifizielle Land-schaften, Treppenaufgänge, Triumphbögenentstehen. Jedes tote Objekt und jede Per-son wirft in einem dreidimensional gestal-teten Raum potentiell einen Schatten. DerChefbeleuchter übernimmt die Aufgabeneines Malers. Zum Beispiel „Turandot“. Dasletzte Bühnenbild der Oper von Puccini, indiesem Jahr wird sie von Raymod Rossiusinszeniert, fordert auch einen routiniertenBeleuchter jedesmal von neuem heraus.Wenn sich im gleißenden Glanz trium-phierender Liebe die beiden Akteure in dieArme fallen, müssen sämtliche Lichtquellenso verteilt sein, daß von den Objekten, diesie beleuchten, wie in der Natur jeweils nurein Schatten fällt. Andererseits, meint Cam-polmi, sind gerade die kniffligen, schwieri-gen Szenen der Reiz eines solchen Berufs.

Mit Bravo- Rufen, Beifall und roman-tischem Kerzenlicht wird zu mitternächt-licher Stunde der Fremdling bedacht, derdurch die magische Kraft der Liebe „Turan-dots“ Hochmut zu Fall gebracht. „Lebwohl, o Erde, Tal der Tränen“: für Aida undRadames endet der Freudentraum in Leid.

Wer einen Sitzplatz für die Arena ergatternwill, muß mehrere Stunden vorher zur Stel-le sein oder hundert Mark und mehr füreine Karte investieren.

Wo früher den Löwen und Gladiatoren dieArena gehörte, ziehen nun Tenöre die Auf-merksamkeit der Besucher auf sich.

Licht und Schatten am gleichen Ort. Woheute in feierlicher, manchmal auch volks-festähnlicher Stimmung, die Menschen dasLeben lieber in metaphysischer Ver-kleidung genießen, unterhielten sich dieRömer gerne mit lebendiger Kost. Gladia-toren eilten die düsteren Gewölbe, durchdie jetzt Zuschauer drängen, wo Lichtzen-trale, Büros und Maske untergebracht sind,entlang. Ausgehungerte Löwen zerrissenSklaven, unliebsame Zeitgenossen.

Der Chefbeleuchter übernimmt auf einerdreidimensional gestalteten Bühne die Auf-gabe eines Malers. Mit Licht und Schattengestaltet er den Raum.

Spielereien mit Menschen als Ablenkungfür die Massen. In etwas veränderter Formhat das Mittelalter die grausame Traditionaufgegriffen und fortgesetzt. ZurAbschreckung wurden Ketzer im Namendes Christentums an der gleichen Stelleöffentlich gefoltert, auf dem Scheiterhau-fen angesteckt. Eine Verlängerung derdüsteren Vergangenheit in die Gegenwarthat das behäbig-gutbürgerliche Verona erstvor kurzem erlebt. Zwei Söhne aus angese-henen Familien der Stadt hatten als „Grup-pe Ludwig“ fünfzehn Menschen erschla-gen, erstochen, verbrannt. SelbsternannteInquisitoren der heutigen Zeit: Sie nanntensich die letzten Erben des Nazismus, mor-deten gnadenlos, unter Berufung auf einehöhere Moral. Für die Zuschauer aller Zei -ten, geborgen im Dunkel, im gemeinsamenRitual, ist, was im magischen, hell erleuch-teten Rund der Arena passiert, meilenweitder Wirklichkeit entrückt. Eine geschlosse-ne Gesellschaft, die zumindest für dieDauer einer lauen Nacht die Welt vergißt.Wild Entschlossene stehen schon Stunden,ehe die Vorstellung beginnt, vor den Toren,die zu den oberen Ringstufen führen. Dennnur wer mehr als hundert Mark in eine Vor-stellung investiert, hat das Recht auf einennumerierten Platz. Auf den „Poltronissi-me“ sitzen die zuletzt gekommenen Gäste:die feinen Leute in Frack und Abendkleid.Der durchschnittliche Opernfan drückt,sofern er nicht mit Kissen gerüstet ist, sei -nen Hintern auf nacktes Gestein.

Um 20.30 Uhr beginnt für Nando Cam-polmi und seine Leute der große Run. Innur einer halben Stunde - vorher ist esnoch zu hell, um Fehler auszumachen -werden Projektoren aufgebaut, umgebaut,ausgetauscht, ihre Richtung, Farbe undStärke korrigiert. Da jeden Abend die Vor-stellung wechselt, die Arbeiter nicht längerals die gewerkschaftlich vorgeschriebeneZeit beschäftigt sind, wird das Licht imAmphitheater oft zu einem Wettlauf mitder Zeit. Aber man ist daran gewöhnt.Während der Proben, die meist Ende Märzihren Anfang nehmen, haben sich NandoCampolmi und seine Mitarbeiter schonüber Höhen und Tiefen, durch sämtlicheWidrigkeiten einer solchen Veranstaltunggekämpft. Durch Regen, böige Winde warman oft stunden-, tagelang blockiert. Dannwartete man vergeblich auf Regisseure,Dirigenten. Sänger wurden unpäßlich, dieKomparsen vergaßen in der Zwischenzeitihre Rollen, Auf bauten waren plötzlichumgestürzt. Alles ist irgendwann schonpassiert. Man pflege in Verona, sagt NandoCampolmi, trotz Computer und anderentechnologischen Raffinessen im Unter-schied zum industrialisierten Norden einenoch am Handwerk ausgerichtete Theater-arbeit. Wo Zeit chronisch fehle, gehöreImprovisieren mit zum Geschäft. Perfekti-on heißt das angestrebte Ziel, das man leider nicht immer erreicht. Aber auch da kennt ein gewiefter Chefbeleuchter die nötigen Tricks. Ist das Licht nicht

zeitgerecht optimal, beginnt man „aufeinem niedrigeren Level“ und verstärkt esin kleinen bedächtigen Schritten währendder Vorstellung.

22 000 Zuschauer: Erwartungsvoll sinddie Hälse nach vorne gereckt. Früher hatItalienisches noch die besondere Atmo-sphäre von Verona geprägt. Heute stellenDeutschsprachige die Masse der Besucher:bis zu achtzig Prozent. Wenn der Regenausgeblieben ist, kein Wind die Bühnen -bauten bläht und der Dirigent gegen ein-undzwanzig Uhr, von einem Lichtstrahl ausdem Dunkel gehoben, sein Pult erreicht,steht einem „Spektakel“ nichts im Wege,das man allenfalls aus den kolossalen Aus-stattungsfilmen von Hollywood kennt. „BenHur“, „Helena von Troja“ und „Cleopatra“:Drei Filmklassiker aus Amerika, sie wurdenEnde der fünfziger und Anfang der sechzi-ger Jahre in den römischen Filmstudios von Cinecittà gedreht. Vom italienischenRegisseur Visconti hat Nando Campolmi

die Technik eines Lichts abgeschaut, wel-che die Schattenseiten des realen Lebensnach außen kehrt, die Magie den wirkli -chen Dingen zu entlocken versteht. Auchbei den Amerikanern in Cinecittà standNando Campolmi hinter „Bruts“, gewalti-gen, schweren Scheinwerfern. Bogenlam-pen, damals noch mit Kohlebrennstäbenbestückt. In einer Aufwand und Kostennicht scheuenden Maschinerie lernte er,wie man die düsteren Seiten menschlicherExistenz so verhüllt und verkleidet, daßauch das breite Publikum sie gerne sieht.Als Chefbeleuchter der Opernfestspielevon Verona ist er zu seinen Anfängen, inden Schoß einer Traumfabrik, zurückge-kehrt. Die ersten Orchester-Töne, auf derBühne wird tiefes Dunkel langsam Hellig-keit. Das Spiel, die Vorstellung, kann begin-nen. Zum Theater gehöre, sagt Campolmi,und das liebe er eben besonders daran,daß man sofort, ganz unmittelbar, für seineArbeit eine Antwort erhält. Der Kreis

scheint geschlossen: eine konsequenteKarriere des Lichts. Doch für einen Mann,der im Experiment, im täglichen Sammelnneuer Erfahrungen den Sinn seines Lebenssieht, dürfte das Arena-Rund nicht zur letz-ten Herausforderung geworden sein.

Sylvia Strasser

Das richtige Licht für die Aufführung istallabendlich auch ein Wettlauf mit der Zeit.Nur etwa 30 Minuten bleiben den Beleuch-tern für die richtige Ausrichtung derScheinwerfer.

Während 22000 Zuschauer erwartungsvolldie Handlung verfolgen, warten die Akteu-re mit mehr oder weniger Lampen -fieberauf ihren Einsatz.

Die Aufführung ist zu Ende. Die Besucherverlassen die aus dem 1. Jahrhundertstammende Arena. Bis zu 80 % davonkommen heute aus Deutschland nachVerona.

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Licht ist ein Gestaltungsmittel im Raumund erfüllt sowohl funktionale als auchästhetische und wahrnehmungspsycho-logische Aufgaben. Die eindeutige Erkenn-barkeit der umgebenden Strukturen, dieBetonung des Informativen und Zurück-nahme des Überflüssigen, nicht zuletzt dasharmonische Zusammenspiel von

Deckenhöhe 5,50 m, Ausleuchtung derRückwand mit 7 Downlights bestückt mitReflektorlampen R 95 150 W, Abblend-winkel 40°, Wandabstand 60 cm: Licht-kegelanschnitte liegen auf Grund des ge-ringen Wandabstandes im oberen Drittelder Rückwand. Konzentrierte Beleuchtungdes Fußbodens im hinteren Bereich.

Rückwandbeleuchtung mit 4 Downlightsbestückt mit Halogen-Glühlampen QT 31250 W, Abblendwinkel 50°, Wandabstand160 cm: Ansätze der Lichtkegel sehr tief,bedingt durch großen Abblendwinkel undWandabstand; Konturen der weichzeich-nenden Lichtkegel auf dem Bodenschwach sichtbar.

Beleuchtung der Rückwand mit 3 Down-lights bestückt mit Halogen-GlühlampenQT 31 250 W, Abblendwinkel 30° BatwingLichtverteilung, Wandabstand 160 cm:Breitstrahlende Lichtverteilung ermöglichttrotz des großen Wandabstands eine Rück-wandaufhellung bis in das obere Drittelsowie eine gleichmäßigere Ausleuchtungdes Bodens.

Gleichmäßige, schlierenfreie Wandaufhel -lung mit 7 Optec- Wandflutern bestücktmit Halogen-Glühlampen QT 31 150 W,asymmetrische Lichtverteilung, Wandab-stand 160 cm: Die Wand reflektiert dasLicht gleichmäßig in den Raum und aufden Bodenbelag.

Extrem tiefstrahlendes Downlight (Ab-blendwinkel 30°) für Niedervolt-Halogen-reflektorlampen beleuchtet nur denBereich vor der Säule. Nur die Streulichtan-teile und das vom Boden reflektierendeLicht machen die Säule sichtbar. Die Ober-fläche erscheint makellos glatt.

Licht und Architektur kennzeichnen einehochdifferenzierte Beleuchtungsplanung.Um die vielfältigen gestalterischen Mög-lichkeiten mit Licht wirkungsvoll zu de-monstrieren, sollte die Präsentationabstrakt, losgelöst von spezifischen An-wendungsfällen und gültig für alle Bereicheder Lichtanwendung erfolgen, wie wir esin folgenden Beispielen aus unseremMock-up Raum zeigen.

Der 7,20 m x 7,20 m große Mock-up Raumverfügt über eine in vertikaler und horizon-taler Richtung verfahrbare Decke. Diemaximale Hubhöhe der Decke beträgt 5,70m. Der Mock-up Raum erlaubt die realeNachbildung von komplexen Lichtsituatio-nen für die unterschiedlichstenAnwendungsbereiche.

Grundformen des Lichts Durch Verfahren der Decke werden Säuleund Kugel vom Lichtkegel erfaßt. Durchdas steil einfallende Licht wird die Ober-flächenstruktur deutlich sichtbar.

Säule und Kugel werden direkt von obenbeleuchtet. Zusätzlich leuchtet der EclipseStrahler für Niedervolt-Halogenlampen mitvorgesetzter Skulpturenlinse von vorn underfaßt mit seinem ovalen, weichzeichnen-den Lichtkegel nur die Oberfläche derSäule. Die Erkennbarkeit der Oberflächen-struktur reduziert sich.

2 Eclipse Strahler für Niedervolt-Halogen-lampen bestückt mit Skulpturenlinsen unddunkelblauen Farbfiltern tauchen Säule undKugel in blaues Licht. Akzente setzen 2Eclipse Scheinwerfer, die einen rand-schar-fen Lichtkegel mittels Lochblende mitgroßer Öffnung und Farbfilter hellblausowie einen kleinen randscharfen Licht-kegel auf der Kugel mittels Lochblende mitkleiner Öffnung erzeugen.

Eindrucksvoll setzen Eclipse Strahler mitroten, grünen und hellblauen FarbfilternSäule und Kugel in Szene. UnterschiedlicheLichteinfall-Winkel bilden effektvolle Schat-ten und erzielen so raffinierte optischeWirkungen, wie sie sonst nur von der Büh-nenbeleuchtung bekannt sind.

Bildmaskenvorsätze unterschiedlichster Artwerden als Zubehör zum Eclipse Lin-senscheinwerfer angeboten. Darüber hin-aus werden für die Projektion von Schrift-zügen oder Motiven auf Wunsch Schablo-nen angefertigt. In diesem Fall ist es eineStreifenschablone, deren Projektion zu-sätzlich von je 2 Eclipse Strahlern und Lin-senscheinwerfern mit Farbfiltern beleuch-tet wird.

Raumkunst mit Licht: 3 Eclipse Linsen-scheinwerfer projizieren Streifen-Karrees inden Raum und auf die abstrahierte Skulp-tur. Die zusätzlich schräg von oben auf dasObjekt gerichteten Eclipse Strahler sindmit dunkelblauen Farbfiltern bestückt undlassen den gesamten Raum in tiefem Blauleuchten.

Alle Produkte sind ohne Zubehör abge-bildet.

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Berlinmodell IndustriekulturBericht über eine Tagung

Ende Oktober 1988 fand in einer leerste -henden Fabrik in Berlin eine Tagung statt,die sich mit der Frage des industriellenBauens auseinandersetzte. Die Teilnehmerkannten sich fast alle - aber nur wenigewaren sich vorher schon persönlich be-gegnet. So war es das erste Mal, daß eineRunde hochkarätiger und prominenter Ar-chitekten, Designer und Bauherren einan-der gegenübersaßen.

Namen wie Norman Foster, RichardRogers, Jean Nouvel, Günter Behnisch,Peter von Seidlein, Uwe Kiessler, OtlAicher usw. standen auf der Teilnehmerli -ste. Veranstalter der Tagung war der Bau-senator Georg Wittwer.

Berlin, im Jahr 1988 KulturhauptstadtEuropas, fühlte sich der Architektur ver-pflichtet. Hatte man 1987 die IBA, die Inter-nationale Bauausstellung, abgeschlossen,eine Veranstaltung mit stark postmodernerPrägung, so sollte jetzt eine Veranstaltungfolgen, die die Weiterentwicklung der Ar-chitektur mehr unter den Aspekten desGebrauchs der neuen Technologien, deringenieurmäßigen Weiterentwicklung sah.

Bewußt war man in eine alte, nichtmehr genutzte Fabrik gegangen, hatte sichGegenstände und Einrichtungsteile aus derIndustrie geliehen, um nicht durch ein„falsches Umfeld“ abgelenkt zu werden.So saß man auf Stühlen (Designer CharlesEames) an Tischen (Designer NormanFoster) unter einem Gantry- System (De-signer Roy Fleetwood) und hatte damit

Den Rahmen für diese in ihrerArt und Zusammensetzungwohl einmalige Veranstaltungbildete ein altes, leerste -hendes Fabrikgebäude.

Fritz Haller, Entwicklerdes USM- Haller-Büromöbelsystems.

Peter von Seidlein,Architekt des Süd-deutschen Verlages.

Norman Foster bei der Vorbereitung seines Diavortrages.

bereits ein Umfeld, das fast schon ein Pro-gramm war.

Die Teilnehmer waren sich in ihrer Ein-stellung bei aller Bemühung um Differen-zierung sehr ähnlich. So galt es nicht ideo-logische Positionen kämpferisch zu ver-teidigen, sondern über Inhalte, technischeProbleme, die Nutzung von Technik usw.zu diskutieren.

Norman Foster verwies in seinem Ein-gangsvortrag auf die Verwurzelung derenglischen Ingenieursarchitektur in derArts & Craftbewegung des 19. Jahrhun-derts. Architekten wie Paxton oder Morrisseien heute noch Vorbilder und Ermuti -gung, eine Ästhetik des technisch Richti-gen zu suchen und nicht eine Ästhetik desspekulativen Effekts.

Peter Rice vom Ingeniersbüro Ove Arupverwies auf die Notwendigkeit, kreativeIngenieure für die technische Architekturhaben zu müssen, wobei das Mitsprache-recht der Ingenieure bei der technischen

Umsetzung von Architekturideen außeror-dentlich groß sei. Peter Rice, der viele Ge-bäude von Richard Rogers wie z. B. dasCentre Pompidou oder das Lloyds Buildingin London betreut hat, machte deutlich,daß Pläne, die von dem Architekten ihmvorgelegt würden, nach Bearbeitung durchihn und seine Mitarbeiter z. T. eine deutlichandere Gestalt bekämen.

Diese Aussage wurde von RichardRogers bestätigt, der in einem Gesprächdeutlich machte, daß der wesentlicheUnterschied zwischen den britischen Archi -tekten und den auf dem Kontinent arbei -tenden Architekten der sei, daß in Englanddie Architekten sehr intensiv über die Qua-lität und die Ausformung von Ver-bindungen, z. B. von Stütze und Trägernachdenken würden, eine Tatsache, dieman an Gebäuden wie dem Centre Pompi-dou gut ablesen kann.

Die lichtplanende Zunft, vertretendurch Hans Theodor von Malotki, Köln,

Claude Engle, Washington, und ChristianBartenbach, München, verwiesen mit z. T.sehr unterschiedlichen Beispielen auf dieNotwendigkeit, so früh wie möglich in diePlanung der Architektur mit eingeschaltetzu werden.

Die eingeladenen Gewerkschaftler vonder IG Metall in Frankfurt forderten eineweitgehende Humanisierung der Arbeits-plätze. Eine Forderung, die von allen Betei-ligten als notwendig und berechtigt aner-kannt wurde.

Doch was war das Ergebnis dieserTagung, was konnte man als Erkenntnismit nach Hause nehmen? Die wichtigsteErkenntnis war wohl, daß man denWunsch nach mehr „Filz“ aussprach.Gemeint war natürlich nicht der Berliner Filz,sondern eine starke Verfilzung deringenieurmäßigen Disziplinen, wie Klima-technik, Akustik, Statik, Lichttechnik, Bau-physik und Architektur, um durch intensiveDiskussion dieser unterschiedlichen Diszipli-nen zu einem architektonischen und techni-schen Optimum zu finden, in der Hoffnung,daß dadurch eine Bauqualität entsteht, diemöglicherweise auch neue ästhetische Kon-zepte braucht. Fest steht auch, daß die Rolledes Bauherren in solch einer Diskussion vongroßer Bedeutung ist. In einem Projektbe-richt schilderte Klaus J. Maack den Prozeßder Architekten- und Architekturfindung fürdas neue Technische Zentrum von ERCO.

In dem Referat von Maack wurde deut-lich, daß durch den Dialog eines informier-

Jean Nouvel, Architekt desInstitut du Monde Arabe(siehe Lichtbericht 29).

Hans von Malotki,Lichtplaner und StefanPolony, Statiker

Claude Engle, Licht -planer, und JürgenWerner Braun,Geschäftsführer von FSB.

Richard Rogers,Architekt des CentrePompidou und derLloyds Bank in London.

Otl Aicher Grafiker undGünter Behnisch, Archi-tekt, im Gespräch beieiner Konferenz -pause.

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1918

ten und engagierten Bauherren mit seinemArchitekten bessere Architektur entstehenkann.

Schlußendlich läßt sich das Fazit ausder Veranstaltung ziehen, daß nicht derWunsch nach guter Architektur bessereArchitektur produziert, sondern eine intelli-gente Handhabung von Technologie zurEntwicklung architektonischer Lösungendas Endresultat Bau verbessern kann.

Bezeichnend für die gesamte Veran-staltung war, daß keine Diskussion überVor- oder Nachteile von Architekturstilenwie Postmodernismus, High-Tech oder De-konstruktivismus aufkam. Man war, wiegesagt, am architektonischen Nutzen inter-essiert und nicht am ästhetischen Effekt.

KJM

Die Gantry -Struktur wurdeganz bewußt in ein besen-rein gefegtes altes Osram-Fabrikgebäude hineinge-setzt. Durch dasAufeinandertreffen voneiner solch modernenStruktur und einem altenGebäude entstand einespannende, kreative Atmo -sphäre.

Uwe Kiessler, Architektdes Technischen Zen-trums von ERCO, er-läutert seinen Wettbe -werbsbeitrag.

Von links nach rechts -Nikolaus Kuhnert, Lei -ter der VeranstaltungBerlinmodell Industrie-kultur, BausenatorGeorg Wittwer, Veran-stalter Klaus J. Maack,Geschäftsführer vonERCO.

„Das, was wir machen, weiß keiner undkann man eigentlich nicht erklären. Es istkein klar definierbares Ding. Außerdemkommt es auch immer darauf an, was Duselber daraus machst!“ - Auf die Schwie-rigkeiten, zu vermitteln, was „Fantasy Pro -ductions“ aus Heidelberg eigentlich tun,weist deren Chef, Günter Jäckle, deutlichhin; auch ihm fällt es schwer, in Worte zufassen, womit er sein Geld verdient. Daßer seine Profession beherrscht, ja Nummereins in Deutschland ist und mehr Aufträge(den jüngsten aus Italien) bekommt, als eraus Zeitgründen annehmen kann, ist un-umstritten. Schließlich gibt er als grund-sätzliche Bezeichnung an, er „mache Lichtbei Musikgruppen“. Vor gut zehn Jahrenfing er damit an. Ende der Siebziger spielteer als knapp Neunzehnjähriger Keyboardsin einer halbprofessionellen Schülerband,die bereits damals - ihrer Zeit weit voraus-im Besitz einer Lichtanlage war. „Eswaren zwar nur vierundzwanzig Strahler,

ein paar Schwarzlichtröhren und irgendeinpsychodelischer Aufbau“, doch genügtedas bereits, um „etwas besser als dieanderen“ zu sein. Zu diesem Zeitpunktbegannen gerade deutsche Gruppen wie„Guru Guru“ und „Hölderlin“ Wert aufeine optische Darbietung zu legen: dieeinen mit einer Feuershow, die anderenmit maskiertem Sänger, was ihnen denBeinamen „deutsche Genesis“ eintrug.Dem jungen Keyboardspieler wurdedamals gerade klar, daß „es eigentlich vielbesser ist, hinter den Kulissen zu arbei-ten“. - Warum? -„Weil ich gemerkt habe,daß ich nie ein Popstar sein werde. Dafür binich zu normal.“ Das Auf und Ab einer Karrie-re im Rampenlicht hätte ihm nicht behagt;ihm, der das Bodenständige, das Handfeste,das, woran er sich halten kann, suchte. Soentschied er sich nach der Mittleren Reifefür eine Lehre als Nachrichtengeräte-mechaniker, die das sich langsam heraus-bildende Interesse an den technischen

Aspekten von Live-Musikauftritten ver-stärkte. Zwei Dinge konnte er damit ver-binden: sein Interesse für Musik undgleichzeitig den Wunsch nach dem tech-nisch Kalkulierbaren, der Verläßlichkeit derpräzisen Meßinstrumente. Nach der Lehrebestimmte ein glücklicher Zufall die weite -re Laufbahn des späteren „Lichtdesi-gners“. „Band sucht Lichtmann“, las er ineiner Fachzeitschrift. Obwohl er noch niezuvor in seinem Leben ein Lichtmischpultmit „power packs“ bedient hatte, war das,was er auf die Aufforderung: „Jetzt mach‘mal Licht!“, tat, ausreichend, um fortan beider Gruppe „Hölderlin“ für die Beleuchtungzuständig zu sein. Damals zu einer derersten fünf Bands der deutschen Rockszenezu gehören, war natürlich ein Einstand nachMaß. Durch das Geld, das die Band ein-nahm, wurde die technische Ausrüstungständig erweitert, und Jäckle eignete sichseine Erfahrung durch unermüdlichesBasteln und Experimentieren an. Vieles

konnte er sich erlauben, denn nicht nur erwar Anfänger. Auch die Musikbranche ent-deckte gerade erst den Wert einer visuel-len Präsentation unter Zuhilfenahmeverfeinerter Lichttechnik. Daß Jäckle aberVorläufer hatte, er sozusagen letzter Punktin einer langen Tradition war, wäre ihmdamals nie in den Sinn gekommen. ImWuppertaler Opernhaus jedoch - anläßlicheiner Live-Aufnahme von „Hölderlin“ -erkannte er in der Gestalt des Beleuch-tungsmeisters den dort herrschenden eige-nen Stellenwert des Lichts.

Erst die Erhellung, die auswählendeBeleuchtung, je nach dramaturgischerRelevanz, macht die Dinge auf der Bühnesichtbar und erweckt das Bühnenbild zumLeben. Die Dimension der Tiefe, das Her-ausarbeiten von Helligkeitsdifferenzen, alldies konnte gelernt werden und wurde hiergelehrt. Bisher hatte Jäckle alles unbe-wußt, intuitiv gemacht, hatte sich selbstals Schöpfer gesehen. Jäckle freundete

sich mit dem alten Beleuchtungsmeisteran, der schon bald zum Mentor avancierteund seinem neuen Schüler die Tips undTricks des Metiers verriet. Zusammen bau-ten sie Lichtanlagen und entwickelten dieBeleuchtungswissenschaft weiter. Dochwurde dem jungen Mann auch schnelldeutlich, daß in der Institution Theater allesfestgelegt, somit die künstlerische Freiheitbeschränkt ist. Auch die des Beleuchtungs-meisters endete beim Regisseur. Ab die-

sem Moment wollte Jäckle „Licht-Regis-seur“ werden; seine Arbeit sollte nur erbestimmen können. Wieder kam ihm dabeidie Entwicklung im Musikgeschäft zu Hilfe.Mittlerweile hatten die technischen Aus-rüstungen der Band gigantische Ausmaßeangenommen, so daß es nicht mehr mög-lich war - weil zu teuer -‚ daß jede Gruppeihre eigene Lichtanlage (wie bisher) selbstbesaß. Nun gab es Verleihfirmen, die diekomplette Maschinerie (Beleuchtung inklu-

Licht für „Lange Schatten“Peter Maffay on tour

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sive Aufbaucrew) an die jeweilig tourendenKünstler abgaben. Für die Musiker, die imJahr etwa für drei Wochen auf Tournee ge-hen, war der Besitz einer Anlage, die heut-zutage bis zu zwei Millionen D-Markkosten kann, einfach nicht mehr rentabel.Damit wurde aber auch der Charakter desGeschäfts verändert: „Lichtmachen fürGruppen“ war nunmehr Dienstleistung.Nicht mehr freundschaftlicher Kontakt oderSympathie für die Musik standen im Vor-

dergrund der Entscheidung zur Zusam-menarbeit, sondern nackte, emotionsloseGeschäftsbeziehungen. Obwohl Jäckleeines nie wollte - Angestellter in SachenLicht, abhängiger Auftragnehmer von Grup-pen sein -‚ kam ihm die Veränderung derSzenerie doch gelegen: Statt sich unter-und einzuordnen, schuf er sich einenunverwechselbaren Standort. Mag sichsein Widerstand auch wie pubertärer Pro-test anhören, sein Ruf, ein „Spinner“ zusein, einer, „der alles anders als die an-deren machen will“, sicherte ihm zumin-dest die notwendige Originalität. Vor allenDingen etablierte er so eine Autonomieseiner Entscheidungen, die verhinderte,daß andere sich erlauben konnten, ihm hin-ein zureden.

So ließ der Erfolg auch nicht lange aufsich warten. Er kam mit der „Neuen Deut-schen Welle“ in Gestalt der Gruppe „Ideal“.„Deine blauen Augen“ - der Hit der Humpe-Schwestern aus Berlin - bescherte auch ihmeine Goldene Schallplatte und bedeuteteden endgültigen Durchbruch. Nachdem dieses sichtbare Zeichen seines Erfolgesdann im Hausflur der Eltern in Nieder-schopfheim (einem dreitausend Einwohnerzählenden Dorf bei Offenburg) seinen Platzgefunden hatte, waren auch diese stolz,obwohl sie noch immer nicht so recht ver-standen, was der Herr Sohn nun eigentlichtut. Aber auch viele andere kannten ihnnicht und wußten nicht, worin seine Lei-stung besteht; demgegenüber hatte Jäckle

Die Beleuchtung für die Tournee „LangeSchatten“ ist das Ergebnis der richtigen Mi-schung aus Traversen und Lampen. Dennerst durch das Licht wird das Bühnenbildzum wahrnehmbaren Erlebnis: Licht wirdzum aktiven Part des Bühnengeschehens.

Der eigenwillige und arbeitswütige Licht-Regisseur Günter Jäckle kreiert undrealisiert seine Lichtpläne mit äußersterPräzision.

in einem kleinen Kreis von Leuten einenNamen und wurde als Geheimtip gehan-delt. Das hieß aber auch: Die Beleuchtungwar immer noch ein Insider-Thema.

Dies ließ sich auch an der Technik ab-lesen: Lichtmischpulte waren zu groß undzu schwer zu bedienen, da die einzelnenSchalter zu weit auseinander lagen. Für diedamals nicht gerade geringe Summe vondreißigtausend D-Mark entwickelte Jäckleein eigenes Mischpult, das nur für seineBedürfnisse zugeschnitten war. Die origi -nelle Idee bestand darin, statt der Regler(„Fader“) eine Tastatur zu benutzen, die eserlaubte, die verschiedenen Lampen durcheine Art Keyboardspiel zu koordinieren.Damals konnte niemand außer ihm etwasmit einem solchen „Licht-Keyboard“ anfan-gen - und das sollte ja auch keiner: Erhatte es ja nur für sich gebaut und damitzugleich seinen Ruf als „kreativer Spinner“bestätigt. Weitere Unterstützung - vor allenDingen hinsichtlich der zeichnerischen

Umsetzung seiner technischen „Licht-pläne“ - erhielt Günter Jäckle dann durchseine jetzige Lebensgefährtin Friederike(„Fritze“) Krauch. Die Tochter der Karika-turistin Marie Marcks studierte damalsgerade Bühnenmalerei am KammerspielMünchen, als beide sich trafen. Nun arbei -ten sie auch gemeinsam an Projekten undscheinen die ideale Ergänzung füreinanderzu sein. Krauch und Jäckle - das sind „Fan-tasy Productions“ - suchen den freund-schaftlichen Kontakt zu den Künstlern undstellen dieses Verhältnis auch im Rahmender Zusammenarbeit in den Vordergrund.So sind sie z. B. mit Nina Hagen befreun-det, und auch Gianna Nannini schenkteihnen hundertprozentiges Vertrauen, indemsie Jäckle und Co. die gesamte Produktionihrer Tour überließ. Weitere Stationen desLichtmagiers waren „D.A.F.“ (Deutsch-Amerikanische Freundschaft), Grönemeyerund Peter Maffay, wobei er mit letzterem -dem Superstar der deutschen Szene -

einen Höhepunkt setzen konnte. Der Gigan-tismus der Auftritte Maffays mußte dennauch über die Lichtanlage transportiert wer-den. Jäckles Entwurf dazu lag bereits ein-einhalb Jahre vorher in Maffays Händen,was diesen wohl überzeugte, mit einemebensolchen Perfektionisten wie sichselbst zusammenarbeiten zu können.Üblicherweise beginnt die Arbeit für GünterJäckle ein halbes Jahr vor dem ersten Auf-tritt und besteht im Erstellen eines techni-schen Lichtplans mit Hilfe des Computers.Hier wird in einer Art Bühnenplan jede ein-zelne Traverse und Lampe exakt verortet.Im Falle Maffay bestand die technischeAusrüstung aus etwa achthundert PAR-64-Scheinwer-fern, von denen jeder einzelnehinsichtlich Position, Kanal und Farbe imPlan eingezeichnet war. Wird hier ein Feh-ler gemacht, so ist dieser später nur nochschwer wieder zu korrigieren. Neben einerstarken visuellen Vorstellungskraft die Wir-kung des Lichts betreffend, wird von einem

Beleuchtungsfachmann beim Ausarbeitendes Lichtplans äußerste Präzision verlangt.

Die große Menge PAR-64-Schein-wer-fer erklärt sich aus ihren Vorteilen: Beiihnen ist der Reflektor zusammen mit derGlühwendel in einem geschlossenen Lam-pengehäuse integriert; sie sind also relativunempfindlich, besitzen eine lange Lebens-dauer und sind nicht allzu teuer. Ergänztwurden sie durch sechs „Verfolger“-Scheinwerfer und einige „Vario-Lights“.Letztere sind computergesteuerte Schein-werfer, die in alle Richtungen drehbar sindund deren Lichtstreuung über eine Iris -blende verändert wird. Außerdem erlaubensie - dies ermöglichen Prismenglasfilter -eine Auswahl von 98 Farben.

Dies sind die Arbeitsmittel, die jedemzur Verfügung stehen, will er sie sich beieiner der Licht-Verleihfirmen besorgen. ImFalle Maffays mußte Jäckle allerdings seineOrder nach England richten, da er nur dortdie erwünschte Menge problemlos erhalten

Zwei Perfektionisten, der eine vor, der an-dere hinter der Bühne, schufen ein wohleinmaliges Bühnenspektakel. Ein als Erfolgzu wertendes Ereignis und Ergebnis präzi-ser geistiger und körperlicher Arbeit.

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konnte - in dieser Größenordnung liefertniemand in Deutschland. Die Grundbe-standteile - Traversen und Lampen - sindimmer dieselben und für alle gleich. Wasunterscheidet also Jäckle von anderen?Die Antwort scheint einfach: „Es kommtimmer darauf an, wie man die Sache zu-sammensetzt. Das ist das Entscheidende!“Zur Tour der „Langen Schatten“ war dieAufgabenstellung klar: Im Vordergrund standdie Person Peter Maffays. Mittelpunkt, um

den sich alles zu drehen hatte, war der Chef.Und von diesem sollte eine Wirkung ausge-hen, die das Publikum als überwältigendwahrzunehmen hatte. Etwas bildhaftironischließe sich sagen, daß Jäckles Kunststückdarin bestehen sollte, dem körperlich eherkleinen Maffay einen „langen Schatten“ zuverpassen. Jäckles unkonventionelle Lösungbestand u. a. in einer Blendung des Publi -kums: Mit den „Verfolgern“ schoß ergleißend-weißes Licht von der Bühne direkt

mal „etwas anders gemacht als die ande-ren“.

Daß der „Lichtdesigner“ aber nichtnur theoretisch und kreativ am Schreib-tisch oder Computer nachzudenken hat,sondern auch hart körperlich arbeiten muß,zeigt sich am Abend des Konzerts. Da fin-det man ihn, mit Kopfhörer und Mikrofonausgestattet, an seinem Lichtmischpult„Keyboard“ spielend, während er densechs Männern an den „Verfolgern“ Kom-

in die Gesichter der Zuschauer. Von die-sem Gegenlicht ging eine subjektive Wir -kung aus, die sich tatsächlich - und auchparadoxerweise, denn man sah ja „nichts“- nur mit Begriffen wie „gigantisch“,„wuchtig“ oder „imposant“ beschreibenläßt. Mit diesem ungewöhnlichen Arrange-ment, das sich sicher nicht jeder trauenwürde, ging Jäckle - wie er zugibt - einRisiko ein. Und gewann. Außerdem - unddas freut ihn sichtlich - hat er wieder ein-

Zu den Instrumenten des Lichtspezialistenwie Computer und Licht-Keyboard mußeine enorme visuelle Vorstellungskraft vonder Lichtwirkung hinzukommen, um denkleinen Leuten lange Schatten zu verpas-sen.

mandos über Funk erteilt und gleichzeitigdie Vario-Lights koordiniert. Die beidenMänner, die für den Nebel verantwortlichwaren, unterstanden auch noch seinerObhut. Und als ob das Spektakel nochnicht toll genug wäre, wurde synchron zurBühnenshow noch ein Video eingespielt. -Jäckle ist der Regisseur: Die gesamteShow besteht für ihn nur aus Reden, An-weisungen geben. „Nebenbei“ kümmert ersich um die Hauptsache: das Licht, mit

dem er Peter Maffay in Szene setzt.Eigentlich - so denkt er laut - verhält ersich wie ein Schlagzeuger, der viele ver-schiedene Rhythmen gleichzeitig spielenmuß, ohne aus dem Takt zu kommen. DieTour mit Maffay kann als Erfolg gewertetwerden - für beide. Mit dem schwierigendeutschen Star zu arbeiten, war eineHerausforderung ganz eigener Art: „Ichwollte sehen, ob ich das kann.“ - Was? -Sich gegen jemanden durchsetzen, dessenRuf als eisenharter Alleinentscheider weit -hin bekannt ist! Wahrscheinlich macht erauch die nächste Konzert-Tour mit ihm. Diebeiden haben sich wohl durch kämpferi-sche Auseinandersetzungen zu respektie-ren gelernt.

Was bleibt Günter Jäckle noch zu er-reichen? In Deutschland hat er mit denGroßen bereits gearbeitet. Erst vor kurzemhat auch der Manager von Udo Jürgenshereingeschaut. Und international? Viel-leicht „Prince“? „Nein, das wäre kein

Traum von mir.“ Überhaupt meint er, „ob‚Simple Minds‘ oder Nannini, das machtletzten Endes keinen Unterschied“. Nacheiner Pause setzt er jedoch langsam hinzu:„Wenn überhaupt jemand, dann wären esdie ‚Rolling Stones‘“...

Günter Jäckle braucht sich nicht zuüberlegen, was er gern tun würde - für1989 ist er schon ausgebucht, Pläne mit„Yello“ stehen im Raum, und eigentlichmöchte „Fritze“ auch etwas Zeit mit ihm

verbringen. Im letzten Jahr haben sich diebeiden etwa zwei Monate gesehen. Ist dasder Preis, den man für den Erfolg zu zahlenbereit sein muß? „Es gibt eben Dinge, dieman nicht ablehnen kann“, meint der ar-beitswütige Lichtenthusiast.

Ralph J. Butzer

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Vor einigen Jahren noch wurden Möbel ausSpanien fast ausnahmslos in die AbteilungFolklore verwiesen. Üppig geschnitztePseudo-Rustikalität, Geflochtenes ausPinie, Kastanie und Weide prägten das Bild der spanischen Wohnlandschaften.Daß in Spanien auch frisches, jungesDesign herangewachsen ist, daß ein Marktfür moderne Wohnkultur entstanden ist,wurde erst in neuester Zeit internationalbekannt.

Mit der politischen Wende fand in Spa-nien auch eine kulturelle statt, und der bisdahin wenig beachtete kleine Kreis vonDesignern, Herstellern und Konsumentenmoderner Einrichtungsgegenstände hattenun ein freies Feld, sich zu vergrößern. DasProjekt SIDI (Salón lnternacional de Disenodel Equipamiento para el Hábitat) ist dieerste Initiative, die einen wichtigen Teil des

spanischen Design-Angebotes auf dem in-und ausländischen Markt bekannt macht.

Die spanische Design-FachzeitschriftON-Diseno konzipierte vor einigen Jahrenden Plan eines ON- Design-Zentrums alsOrganisator von spanischen Gemein-schaftsausstellungen im Design-Bereich.Die SIDI- Idee war geboren, und 1984konnte SIDI zum ersten Mal spanischesGegenwartsdesign auf der Pariser Möbel -messe präsentieren. Mittlerweile sind über4 Jahre vergangen, das Forum für spani -sches Einrichtungsdesign ist zur festenInstitution geworden.

SIDI macht es sich zur Aufgabe, diebislang kaum wahrgenommene Kapazitätan fähigen Designern und Herstellern zudemonstrieren sowie eine Mittlerrolle zwi-schen Herstellern, Designern, Konsumen-ten, Händlern und Innenarchitekten zuspielen. Dabei erhebt SIDI aber nicht denAnspruch, das Einrichtungsdesign Spa-niens in seiner Gesamtheit zu vertreten,

sondern versucht, Herstellung und Absatzvon Design-Artikeln sinnvoll zu koordi -nieren.

Wie die spanischen Hersteller denKäufergeschmack treffen wollen, demon-strierten sie vom 14. bis 19. September1988 auf der Mailänder Möbelmesse, diejährlich mit der Euroluce stattfindet. Die 25Firmen auf dem SIDI- Gemeinschaftsstandließen die Branche aufhorchen und über-raschten mit witzigen Einrichtungs-

ideen, während die italienischen Produ-zenten wenig Neues zeigten.

Für die in Katalonien ansässige FirmaGruppo T entwarf Vincent Martinez dasSchrägregal „La torre“, das als „schieferTurm von Barcelona“ (Spiegel, Nr. 39/88)bestaunt wurde. Javier Mariscal, Top-Desi-gner, Comic-Zeichner und Bildhauer, kreier-te für Akaba den Stuhl „Garriris“, der mitseinen überdimensional großen „Ohren“auch von Mickymaus persönlich stammenkönnte. Scarabat überzeugte mit fahrbarenMehrzweckmöbeln, eine „nicht alltäglicheMischung aus Regal, Garderobe und Kleiderschrank“. AR

Spanisches Design auf derMesse in Mailand

Ein Dach über dem Kopf zu haben, istschon seit Urzeiten ein Bestreben desMenschen. Es schließt ein Bauwerk nachoben ab und schützt vor Witterungsein-flüssen. Und anders als im Fall der Duft -marken bei Tieren, werden menschlicheTerritorialbegrenzungen mit baulichen Be-setzungszeichen markiert. Wo aber liegendie Ursprünge des überdachten Raumes?

Die Frauen der Tuareg in der Saharaerrichteten in der Einsamkeit der Wüste

Die Orgatechnik, eine Fachmesse für Büro-kommunikation, lockte wieder zahlreicheBesucher an. Die auch im Büro immermehr Raum einnehmende Computertech-nik verlangt eine eingehende Beschäfti-gung mit dem Neuen. Und wo kann mandas besser als auf einer Messe?

das Zelt als Bild des Kosmos. Ihrer Mei-nung nach ruht der Himmel auf vier Säu-len, die im Nordwesten und Nordosten, imSüdwesten und im Südosten liegen. Ob-wohl noch niemand diese Säulen gesehenhat, entsprächen sie aber den vier Zelt-pfählen. Und denen entsprächen vier Ster-ne, die zusammen eine Figur bilden, diesie das „Dach“ des Pegasus nennen. Anden Sternen hat Canon sich nicht orientiertbei der Planung und Durchführung

ihres neuen Messestandes - aber an demhohen technischen Anspruch ihrer Pro -dukte, die auch einen High-Tech-Stand not-wendig machten. Den Messebauer fandensie bei Born + Strukamp in Düsseldorf, dieVerwirklichung ihrer Vorstellungen beiERCO. Der Stand sollte den hohen stati-schen Anforderungen entsprechen, abergleichzeitig transparent und leicht wirkenwie das Dach, das gewünscht wurde. EinDach zur Demonstration der einheitlichen

„Alles unter einem Dach“ - für Messe-besucher bestand erstmalig die Möglich-keit, sich über Rechner, Kopierer undKameras der Firma Canon zu informieren,ohne den Stand wechseln zu müssen.

Ein neues Dach für Canon Darstellung der drei deutschen Canon-Nie-derlassungen Copilux (Neuss), Rechner(München) und Eurofoto (Kaarst), die zumersten Mal gemeinsam auf der Orgatech-nik in Köln, die vom 20-25. Oktober 1988stattfand, auftraten. Die Notwendigkeit,den Messestand durch Einbringen einerUntergliederung überschaubar zu machen,aber auch den jeweiligen Bereichen Ener-gie zuzuführen, machte die weitgespannteLichtstruktur Axis zum geeigneten Pendantzu den technischen Geräten von Canon.Bei der in Köln eingesetzten Version han-delt es sich um eine Vertikalaussteifungmit zwischengestellten Glaswänden. Die in den Boden verschraubten Stützen waren auf ein Minimum reduziert, da innerhalb der drei Dreiecke, die als Grun-driß gewählt wurden, je die Hälfte derFläche aus einer Auskragung bestand.Jedes, stellvertretend für eine Canon-Niederlassung stehende Dreieck wurdevon Baldachinen aus wasserdurchlässigem

Stoff überspannt. SicherheitstechnischeBestimmungen machten diese Vorgabeerforderlich.

Zur Auflockerung und Unterteilung desStandes wurde Gantry eingefügt. Gantrysetzte Akzente und gab visuelle Hinweiseauf Bühne und Informationsstand, die vonje einem Kastenträger überspannt waren.Zusätzliche Beleuchtungsmöglichkeiten zurErzielung von Licht -lösungen wurdendurch die Gitterträger geschaffen.

Was gab es Neues unter dem neuenDach zu sehen?

Canon Copilux präsentierte die neueGeneration der Laser-Kopierer. Eine konse-quente Folge der Canon-Laser-Technologie.Canon Rechner stellte innovative Gerätewie den Laser-Drucker vor. Und das neueStill-Video-Verfahren wurde von CanonEurofoto vorgeführt und erklärt. Das Lichtfür diese Messe-Neuheiten spendetenERCO Eclipse- Strahler. Die Projektion desCanon-Schriftzuges auf die den Stand um-gebenden Wände schafften Eclipse Linsen-scheinwerfer mit vorgesetzter Schablone.

Wurden bislang nur Prototypen vonAxis auf Messen eingesetzt, so war esdiesmal ein Projekt, das eine endgültigeFassung verwirklichte. In zwei Jahren, des-sen ist Canon sicher, soll das neue Dachmit nur kleinen Modifikationen wieder überdie Canon-Welt gespannt werden.

BR

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Man schreibt das Jahr 1937, der spa-nische Bürgerkrieg tobt. Oviedo, Provinz -hauptstadt in Asturien, am Fuß des Ber-ges Naranco gelegen, wird von den Trup-pen Francos belagert. Monatelange Kämp-fe, Belagerung und Beschießung zeichnendas Stadtbild des „heiligen Oviedo“, dasin einem mittelalterlichen Sprichwortneben dem „reichen Toledo“, dem „schö-nen León“ und dem „starken Salamanca“zu den berühmten spanischen Städtengezählt wird. Trotz der Kriegswirren er-scheint in Oviedo am 1. Januar 1937 dieerste Ausgabe der regionalen Tageszei-tung „La Nueva Espana“, „Das Neue Spa-nien“, eine Publikation, die sich an derBewegungspresse während des Bür-gerkrieges beteiligt.

Mitten im Bürgerkrieg waren lt. Pres-segesetz vom 22. April 1938 die Zei-tungen politisch „gleichgeschaltet“, einumfangreicher Kontrollapparat einge-richtet, die Vorzensur institutionalisiert

worden. Das bis 1966 gültige Gesetzermächtigte die staatlichen Verwaltungs-behörden, bereits gedruckte Texte zustreichen oder Publizisten nachträglich zur Verantwortung zu ziehen. Alle Ver-öffentlichungen konnten beanstandetwerden, die direkt oder indirekt „das Pre -stige der Nation oder des Regimes“schmälerten, die die Arbeit der Franco-Regierung erschwerten oder „zersetzen-de Ideen“ verbreiteten. Bestraft wurden

aggressive oder „intrigante“ Haltungengenauso wie passiver Widerstand oderNichtbefolgung ausgegebener Weisun-gen. Jedoch ist nie definiert worden, wasunter den Vergehen im einzelnen zu ver-stehen war.

Die politische Durchorganisierung des Publizistiksektors, die Informations-steuerung und auch die wirtschaftlicheAbhängigkeit der Presse vom Staat -selbstverständlich wurden nur die Zeitun-

Der differenzierten Lichtwirkung vonDownlights im Eingangsbereich des Ver-lagsgebäudes der spanischen Tageszeitung„La Nueva Espana“ steht die gleichmäßigeAusleuchtung der Arbeitszonen mit demVaripoll Rohr-System gegenüber.

La Nueva Espana, Oviedo

Architekten: N. Ruiz, F. Nanclares,J. MenéndezBeleuchtungsplanung: ERCO Spanien

gen finanziell unterstützt, die regimetreuwaren - hatten eine jahrzehntelange Un-beweglichkeit zur Folge. Die im Grund-gesetz der Spanier von 1945 verankerteMeinungsfreiheit war in der Praxis wir -kungslos. In- und ausländische links-intellektuelle Autoren wie Pablo Neruda,Ortega y Gasset, Salvador de Madariaga,Herbert Marcuse, Jean-Paul Sartre undviele mehr hatten überhaupt keine Chance, da alle Äußerungen und Kommen-

tare zurückgehalten wurden, die von denpolitischen Vorstellungen des Regimesabwichen.

Besonders die kirchlichen Stellen kriti-sierten schon früh die Bestimmungen desspanischen Pressewesens. Auch war es imInteresse des Staates, das Regime durchGewährung einer größeren Pressefreiheitauf quasi-demokratische Weise zu legiti-mieren. Mit dem Pressegesetz von 1966wurde die Vorzensur abgeschafft und dasPrinzip der Eigenverantwortung oderSelbstkontrolle eingeführt. Die Neuerungenwurden von in- und ausländischen Nach-richtenorganen mit großer Spannungerwartet - von der New Yorker „Times‘ biszur Moskauer „Prawda“. Doch war dasneue Gesetz trotz Abschaffung der Vorzen-sur bei weitem nicht so liberal, wie esanfangs schien, denn mit Hilfe der vielenim Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten zuWillkürakten der Administration wurde diePressefreiheit verhindert bzw. wieder rück-gängig gemacht.

Nach Francos Tod fanden in Spanienam 15. Juni 1977 die ersten freien Wahlenseit 1936 statt. Die Erneuerung Spaniensist auch heute noch in vollem Gange. ImJahre 1984 führte der Staat eine Aus-schreibung zur Privatisierung der staat-lichen Zeitungen durch. La Nueva Espanaging in die Hände des Verlegers JavierMoll. Schon in den 60er Jahren war dieTageszeitung die meistgelesene in Asturien, wenngleich die Spanier keine

besonders übereifrigen Leser sind, wie es Statistiken über Bibliotheken und Zei -tungsauflagen belegen. Das Land liegtunter den EG-Nationen noch auf den letz-ten Rängen. Die direkten Kontakte zwi-schen den Menschen sind wichtiger als die Nachricht aus der Zeitung oder demBuch.

Die Redaktion von Nueva Espanabesteht größtenteils aus jungen Mitarbei -tern, die sich vornehmlich für die Inter-essen von Asturien einsetzen. Mit einerAuflage von durchschnittlich 45 000 Exem-plaren und 65 000 am Sonntag wird dieZeitung in Asturien, León, Santander, Gali-cien, Madrid, Barcelona und Alicante gele-sen sowie per Abonnement in andereeuropäische Länder versendet.

Um den wachsenden Anforderungenan Technik und Produktion gerecht zu wer-den, wurde das Zeitungsgebäude 1987umgebaut. Das Architektenteam Ruiz, Nanclares und Menéndez bewältigte

die Bauaufgabe „funktional und farbig“.Kann man über die Innenarchitektur ge-teilter Meinung sein, so ist die Beleuch-tung nach neuesten Maßstäben konzipiertworden.

Lichtspezialisten aus aller Welt sindsich inzwischen einig, daß eine kombi-nierte direkte und indirekte Beleuchtung inArbeitsbereichen - und hier besonders imBürobereich - hinsichtlich Ökonomie undAnnehmlichkeit die beste Lichtlösung bie-tet. Der ökonomische Beitrag wird von derSpiegelrastertechnik im System Varipollgeleistet. Sie lenkt mit höchstem Wir-kungsgrad das Leuchtstofflampenlichtgroßflächig über die Arbeitszonen. Gleich-zeitig liefert die indirekte Beleuchtung diepsychologisch wichtige Komponente derArchitekturbeleuchtung. Der Raum wirkthell, transparent und freundlich, die Raum-dimensionen können mit einem Blickerfaßt werden. Beide Komponenten (direk-te und indirekte Beleuchtung) sind im Lich-

trohrsystem Varipoll vereint, das selbst einvisuell attraktives architektonisches Ele-ment bildet.

Ganz bewußt nehmen die Lichtplanerden Kontrast zwischen dem neutralweißen,großflächigen Arbeitslicht und dem war-men Akzentlicht im Empfangs- und Ver-kehrsbereich in ihre Konzeption auf: aufder einen Seite die architektonische Stren-ge des Rohrsystems im Arbeitsbereich, aufder anderen Seite der differenzierte Ein-satz von Downlights im Eingangsbereich.

AR

Da, wo früher Schreibmaschinen klapper-ten, stehen heute moderneBildschirmarbeitsplätze, die besondershohe Anforderungen an die Qualität vonBeleuchtungsanlagen stellen.

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Lichtplaner vorgestellt:Gerald Karlikow, Paris

Eigentlich sollte er der Künstler unter denfranzösischen Theaterlichtplanern heißen.In einem Milieu aber, wo alle sich fürKünstler halten, muß ein Ehrentitel selbst-verständlich anders lauten. Und so giltGerald Karlikow denn als das Allround-Genieseiner Zunft. Nun sind auch Allround-Geniesim Theater nicht unbedingt eine Ausnahme.Ein gewisses Interesse über das eigeneSchaffen hinaus gehört zu fast allen Berei-chen der Kreativität. Selten ist jedoch eine

derart profunde Kenntnis dessen, was eineAufführung im Innersten zusammenhält.

Wie gerät nun einer so mit Haut undHaaren ans Theater?

„Meine Passion war absolut nicht dasTheater“, bekennt Karlikow erinnerungs-selig, „meine Passion waren Motorräder.Und sonst nichts.“ Und so diente auch derFerienjob als Bühnenarbeiter in einem klei -nen Theater nur dazu, möglichst schnelldas Geld für ein neues Motorrad beisam-men zu haben. Doch dann griff das Theaterselbst nach ihm. Die gesamte elektrischeInstallation der kleinen Bühne wurde ge-ändert, und man bat Karlikow, beim Kabel-verlegen und Birneneinschrauben zu helfen.Es war der Beginn der Lochkartensysteme,Vorläufer der computergesteuerten Be-leuchtungsanlagen. Karlikow lernte in die-sen Monaten alles, was man als Elektrikerim Theater wissen muß. Erste Versuche amProjektor folgten, als der sonst zuständigeMann durch Krankheit ausfiel. Es war ein

Lernen von Grund auf, ohne künstlerischeAmbitionen seiner Lehrmeister, dennTheaterlichtregisseure gab es zu der Zeit inFrankreich noch selten. Man nannte sichChefelektriker und bemühte sich, Szenenordentlich auszuleuchten. Punktum.

Lehr- und Wanderjahre, die aus einemzufälligen Impuls heraus begannen undsich rasch zur Karriere steigerten. Freundefragten Karlikow, ob er nicht Lust hätte, dieLichtplanung bei einer Shakespeare-Pro-

Gerald Karlikow will mit seinen Lichtinsze-nierungen im Theater auf die Psyche derZuschauer einwirken. „Die Leute sollendas Licht nicht sehen... Sie sollen das Lichtaber spüren.“

Seit drei Jahren beschäftigt sich Karllkowneben Theaterlicht-Planung auch mitArchitekturllcht. Sein vorläufig größtesProjekt ist die Lichtp/anung der Citö de IaMusique in La Villette, Paris.

duktion zu übernehmen. Das Stück hatteErfolg, wurde vom angesehenen Chaillot-theater übernommen, und ehe er sich ver-sah, befand sich Karlikow als „RegisseurLumière“ in den heiligen Hallen einesTheatre National.

Dann kam das Angebot des jungenambitionierten Vize-Direktors, ihm an seineigenes neugegründetes Theater in Ivry zufolgen; als Regisseur, „was im Klartext be-deutete: Bühne kehren, an der Türe ste -

hen, um das Publikum hereinzulassen, dasLicht regeln und Regie führen“. AntoineVitez hieß der junge Theaterdirektor übri-gens. Er ist heute Direktor der ComédieFrancaise. Fünf Jahre lang dauerte die Zu-sammenarbeit mit Vitez, fünf Jahre, indenen dank der Erfolge des Ensembles dieProduktionen immer aufwendiger wurden,eine Tournee der anderen folgte. Karlikowbezeichnet diese Jahre als seine wirklichenLehrjahre, in denen die Stücke mit seinenKenntnissen des Theaters synchron wuch-sen. Als „Mädchen für alles“, offiziell alsBühnendirektor, lernte er das Handwerkvon der Pike auf, wie man Vorhänge ein-setzt, Kulissen baut, vor allem aber, daß esals Lichtdesigner nicht reicht, hier und daeine Birne einzuschrauben und anzu-schalten, sondern daß Licht genau wiealles andere in einer Aufführung geplantwerden muß.

In diesen Jahren, den frühen Siebzi-gern, als die ersten Computer in den Regie-räumen der Theater auftauchten, lernteKarlikow von der alten Garde der Licht-designer den manuellen Umgang mit Flut-licht, Punktstrahlern und Projektoren.

Haben die Computer dann die Theater-Lichtplanung revolutioniert? „Auf keinenFall“, sinniert Karlikow, „geben die Compu-ter Lichtplanern mehr Freiheit, wohl abermehr ‚speed‘. Das heißt: Es ist nicht mehrsoviel Vorbereitung wie früher notwendig.Was sich ändert, ist vielleicht der Stil:Mit dem manuellen Lichtpult benutzt man

sehr wenig Licht sehr oft, weil man ein-fach nicht so viele Hebel gleichzeitig bedie-nen kann. Mit dem Computer benutzt mansehr viel Licht nicht so oft. Bei der Arbeitmit dem manuellen Lichtpult schult mandaher das Gefühl für Dramaturgie, weilman einfach gezwungen wird, darüber nach-zudenken, warum man das Licht an einerbestimmten Stelle wechselt. Und in demAugenblick, in dem man nach dem ‚Warum‘fragt, ist man endlich ein Lichtdesigner.

„Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“von Berthold Brecht im „Theatre de l‘ EstParisien“: Symbolisch wird das Licht ein-gesetzt zur Gliederung von Handlungs-strängen, als sichtbar gemachte Hand-lungsmöglichkeiten des Hauptdarstellersund als Sinnbild von Macht.

Der Computer dagegen verbirgt sehr oftdie Warum- Frage. Man wird zum bloßenTechniker.“

Obwohl Karlikow bei seinen Produk-tionen virtuos wie ein Pianist auf dem Key-board des Computers die einzelnen „Licht-Bilder“ ausprobiert, festlegt und abruft,bleibt der Rechner für ihn eine Falle, in die nicht nur junge Techniker blind hinein-tappen, sondern auch die Lehrer an denSchulen, die es inzwischen in Frankreich

für Theaterlicht gibt. „Die interessierensich viel zu sehr für die Technik, dafür, wieder Computer funktioniert.“ Karlikow ver-gleicht die Arbeit am Computer mit demKlavierspiel, bei dem es auch bedeutungs-los ist, ob der Pianist weiß, wie seinInstrument von innen aussieht.

Wichtig ist ihm dagegen das Konzept,das am Anfang aller seiner Arbeiten steht,denn obwohl die Licht-Planung nur Teileiner Inszenierung ist, hat sie nach AnsichtKarlikows doch ihre eigene Geschichte in-nerhalb des Stücks: „Meine Arbeit seheich darin, meine Vision des Stücks in Lichtzu übersetzen. Vor der Frage nach der Be-leuchtung steht die Frage ‚Was will ich mitdiesem Licht nun erreichen?“‘ Die Antwortnimmt dann als grober Plan am Schreib-tisch Gestalt an. Erst danach geht Karlikowan die genaue „Orchestrierung“ seinerLichtpartitur. In diesem Stadium der Arbeitsitzt er während der Proben mit dem Key-board seines Computers im Zuschauer-

raum und probiert die verschiedenen Mög-lichkeiten aus, bis sie mit seinem Konzeptübereinstimmen. Karlikow arbeitet ohnegroßen Apparat, das heißt, ohne aufwen-diges Büro und ohne Mitarbeiter.

Nach einer Assistentenzeit bei RichardNelson am Broadway, wo er vor allem diepräzise konzeptionelle Arbeit von Grundauf lernte, nach einer Zusatzausbildungzum Kameramann, der Erfahrung einerReihe von - allesamt unbekannt gebliebe-nen - Filmen und nach Jahren der Arbeitbeim französischen Fernsehen weiß Kar-likow um die Einzigartigkeit des Theater -lichts. „Als Theater-Lichtdesigner hat manAufgaben, die beim Film auf unterschied-liche Personen entfallen. Ich muß mir wieder Aufnahmedirektor überlegen, was ichzeigen will, wie der Kameramann muß ichmir Gedanken darüber machen, welchenAusschnitt ich wähle, und wie der Cuttermuß ich das Tempo und die Mischung derBilder bestimmen.“ So sieht es jedenfalls

im Idealfall aus, bei dem der Lichtdesignervon Anfang an in ein Projekt miteinbezo-gen wird.

„Die Leute sollen das Licht nicht se-hen, das würde sie nur von dem Stück ab-lenken. Sie sollen das Licht aber spüren.Ich will auf die Psyche der Leute wirken“,sagt Karlikow. Anders als Film oder Fern-sehen bietet seiner Ansicht nach das Thea-ter viel eher als Kino oder Fernsehen dieChance, sich auf unmittelbare Weise demPublikum zu nähern, indem man nämlichdessen Erwartungen in die eigenen Aus-drucksformen mit einbezieht. „In Frank-reich treffe ich alle hundert Kilometer aufeine ganz andere Region mit vollständiganderen Menschen.“ Das jahrelangeNomadenleben mit tourenden Theater -ensembles und Ballettcompagnies wiedem Bolschoi-Ballett, dem Stuttgarter Bal-lett und dem Martha Graham-Ensemble hatKarlikow mit den unterschiedlichen Erwar-tungen des Publikums bekannt gemacht.

„Wenn ich zum Beispiel in Marseille denLeuten im Theater einen Himmel zeigenwill, dann muß ich wissen, daß ein blauerHimmel im Süden absolut nichts Unge-wöhnliches ist. Dagegen signalisiert eingrauer Himmel Regen, und Regen be-deutet in dieser Gegend Hoffnung. Zeigeich einen grauen Himmel in einem PariserTheater, bedeutet es den Leuten dortetwas ganz anderes. Sie werden ‚oh, ver-dammt, schon wieder Regen‘ denken.

Oder fragen Sie einen Pariser nach derFarbe der Nacht. Er wird Ihnen Orangenennen, wegen der ganzen Lampen undScheinwerfer. Früher war wegen derSchwarzweiß-Fernseher in den Wohnun-gen die Nacht in der Stadt grau. Zeige ichaber auf der Bühne ein Fenster, hinter demdunkelblaues Licht scheint, bedeutet das‚Nacht auf dem Lande‘.“

Das Spiel mit dem Erwartungshorizontdes Publikums setzt nicht nur den Einblickin regional verschiedenartige Farberfahrun-

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gen voraus, sondern auch die Kenntnisjahrhundertealter Sehgewohnheiten. Als imOktober Brechts Stück „Der aufhaltsameAufstieg des Arturo Ui“ im „Theatre de l‘Est Parisien“ Premiere hatte, gab es daeine Szene von berückender Schönheit,deren Faszination einzig von KarlikowsLicht herrührte. Hoch über dem Bühnenbo-den, gleichsam erhaben über alles Irdische,sitzt der alte Dogsborough und schreibtsein Testament und Geständnis. Ein Kegel

weißen Lichts fällt frontal auf ihn. „MeinLicht in dieser Szene kommt von Leonardoda Vincis Gemälde im Louvre „Madonnamit Kind“‘, erklärt Karlikow. „Auf diesemBild ist das Kind in weißes Licht getaucht,das von vorne darauf fällt. Dieses Licht be-deutet ‚Wahrheit‘ seit der Renaissance,und in der Szene des Testaments sprichtDogsborough die Wahrheit. Da sich aberdie Leute allmählich an das Licht gewöh-nen und sich nicht mehr konzentrieren,lasse ich das Licht im Laufe dieser Szeneschwächer werden.“ Karlikow hätte dasLicht am liebsten so gedämpft, daß deralte Mann zuletzt nur noch in einemschwachen kerzenscheinähnlichen Flackerngesessen hätte - eine Idee, die am Regis-seur scheiterte. „Es ist schwer, mancheLeute davon zu überzeugen, daß sie bes-ser ‚gesehen‘ werden, wenn sie nichtgesehen werden“, seufzt Karlikow.

„Der aufhaltsame Aufstieg des ArturoUi“, eine finstere Parabel über Machtmiß-

brauch, Korruption und Gewalt, hat in derPariser Inszenierung nichts mehr von derSchlichtheit und Strenge, die man vonBrecht-Aufführungen gewöhnt ist. „Es istheute nicht mehr möglich, Brecht wie inden sechziger und siebziger Jahren im Stildes Berliner Ensembles zu inszenieren.Kein Mensch käme heute noch ins Theater,um sich so etwas anzusehen, es wäre zulangweilig“, sagt Karlikow. Für ihn ist dasStück eine Art Zirkus, die Szenen eine Folge

lose zusammenhängender „Nummern“.Grellblinkende kitschig-bunte Lichterketten,die rund um Bühne und Zuschauerraumangebracht sind, ersetzen daher auch die Funktion des Vorhangs zwischen den einzelnen Akten. Wenn das Stück be-ginnt, baumeln überdimensionale Blumen-kohlköpfe wie riesige Lampen von derDecke herunter - nicht ganz ernstgemeinteMaterialisierung des Leitmotivs, denn umdas plumpe Gemüse und die Leute, die

das Monopol darauf verteidigen, geht es indem Stück. Brechts Inspiration zu dem„Aufhaltsamen Aufstieg des Arturo Ui“kam nicht zuletzt auch aus den Gangster -filmen der schwarzen Serie. KarlikowsLicht-Design ist Tribut an dieseEingebungsquelle. In seiner Lichtregiebedient er sich einer filmischen Sprache,jedoch nicht nur als Anspielung aufBrechts Quellen, sondern auch als Zoll andie durch Film und Fernsehen geprägtenSehgewohnheiten der Zuschauer: „Tota-len“ wechseln ab mit „Nahaufnahmen“,bei denen Lichtkegel einzig auf den Gestal-ten der Schauspieler ruhen und den Restder Bühne im Dämmerlicht lassen. Hand-lungsstränge werden gegliedert durchLicht, indem Karlikow Personen in Lichtke-geln zusammenfaßt und ihnen dadurchauch Räume zuweist, andere aber aussch-ließt, indem er sie im Dunkeln läßt, in ima-ginären Räumen, in denen sie durch ihreUnsichtbarkeit um so bedrohlicher wirken.

Licht als sichtbar gemachte Handlungs-möglichkeiten des Arturo Ui: Helligkeit ruhtauf den Personen, die verschiedeneLebensentwürfe für den Protagonisten desStücks symbolisieren. Als Arturo sich fürMacht und Gewalt entschieden hat, erwei -tert sich der kleine scharfumrissene Spotzu einer diffusen Fläche.

Licht als Sinnbild von Macht: Die an-fänglichen Farben, die den Gangster um-geben, weichen Schwarzweiß-Kontrasten.

Erst mit dem Fortgang der Handlung undmit der allmählich wachsenden Macht be-kommt Arturo auch wieder eine Aura far -bigen Lichts. Es sind die Farben der Men-schen um ihn herum, die er aufsaugt.

Ob Karlikows Publikum eine solcheSymbolsprache deuten kann? „Wichtig istallein, daß die Menschen nach dem Stückdas Gefühl haben, einen schönen Abendverbracht zu haben. Theater ist eine‚dreaming-machine‘, eine Traummaschine,und ich bin lediglich ein Teil dieser Traum -maschine.“ Diese Einschätzung der eige-nen Rolle ist durchaus glaubhaft. ImGespräch mit Karlikow taucht denn auchimmer wieder der Vergleich des Theatersmit einem Schiff auf, das nur in Gangkommt, wenn jeder auf seinem Platz seineganz spezielle Aufgabe erfüllt.

Die Arbeit an deutschen Bühnenschätzt Karlikow nicht nur wegen der bes-seren technischen Ausrüstung der Be-leuchtungsanlagen, sondern auch wegen

der größeren künstlerischen Freiheit. Alseinen Glücksfall betrachtet er sein En -gagement für eine Shakespeare-Insze-nierung am Karlsruher Theater im letztenJahr und die partnerschaftliche Zusam-menarbeit mit Regisseur Stuard Seide. „Dain dem Haus mehrere Produktionen gleich-zeitig auf dem Spielplan standen“, erinnertsich Karlikow an den besonderen Reiz die-ser Arbeit, „mußte ich zum Teil die‚Lightings‘ aus den anderen Stücken

in meine Beleuchtungs-Konzeption ein-bauen.“

Seit drei Jahren beschäftigt sich Kar-likow neben Theaterlicht-Planung auch mitArchitekturlicht. Sein erstes Projekt:das Café Beaubourg in der Nähe der altenMarkthallen, Szenetreffpunkt junger Pari-ser. Doch im Gegensatz zu der glattenNeonkälte ähnlicher Plätze in Deutschlandist hier alles in warmes Licht getaucht.Dennoch erscheinen die Räume großzügig

Zwar ist die Lichtplanung nur Teil einer Ins-zenierung, trotzdem entwickelt sie ihreeigene Dynamik und erzählt ihre eigeneGeschichte innerhalb eines Stücks. DieVision des Stücks in Licht zu übersetzenund die Frage, was mit diesem Licht er-reicht werden soll, steht am Anfang jederKarlikow -Lichtinszenierung.

Rekonstruktion des Originallichts wird nieganz authentisch werden: „Lichtplanung isteben immer auch eine Täuschung, eineFälschung, eben eine Technik, die mannicht verleugnen kann.“

Regine Hauch

kann ich auch kein adäquates Lighting-Design für diese Instrumente machen.“Ein Graus wäre es Karlikow, wenn die Be-sucher später vor den Vitrinen ständen undsagten: „Ach ja, noch so ein paar alte Gei -gen.“ Die Beleuchtung in dem Museumsoll nach dem Willen Karlikows die Beson-derheit der Instrumente herausstellen. Sosieht die Planung für die Saiteninstrumenteein in Winkel und Ton identisches Licht füralle Cembalos vor. Die Besucher haben sodie Möglichkeit, die oft delikaten Bemalun-gen zu studieren und zu vergleichen. Aberauch ein Teil ihrer Aura, die sie durch dieAusstellungssituation verlieren, soll ihnenwiedergegeben werden. Karlikow wünschtsich, daß die Museumsbesucher zum Bei-spiel die Violinen in dem gleichen Lichtbetrachten, in dem frühere Generationensie gesehen haben. Damals leuchteten Ker-zen in den Räumen, wo die Instrumentegespielt wurden. Natürlich kann man nichtdas Flackern der Kerzen imitieren, und die

und licht. Dem Café Beaubourg folgtenandere Restaurants in Paris und Lille. Vor-läufig größtes Projekt ist die Lichtplanungder Cité de la Musique. Das Museum undKonservatorium wird in La Vilette, auf demgigantischen Gelände der ehemaligenSchlachthöfe in Paris, gebaut werden. ZurVorbereitung studierte Karlikow in Büche-reien und Archiven die Geschichte der In-strumente, „denn ohne alles über Gitarren,Violinen, Tasteninstrumente etc. zu wissen,

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SchlußlichterUecker in MoskauWas macht ein Abkomme mecklenburgi -scher Landwirte, der in Wismar Malereistudierte und 1955 an die DüsseldorferKunstakademie kam, mit Nägeln in Mos-kau? Er stellt sie aus. Und wo? In derneuen Tretjakow-Galerie im ZentralenKünstlerhaus. Nägel jeder Größe, vomKünstler selbst in Möbel, Baumstämme

oder Fernsehapparate gehauen, warenneben den Menetekeln in Aschebildern zusehen. Der 58 jährige Günther Uecker, dersich seit Jahrzehnten mit diesem profanenkunst-fremden Gegenstand auseinander-setzt, ihm den praktischen Nutzen entzog,aber dafür den ästhetischen Gesichtspunktzu-gedachte, ist ein Künstler der Gegen-wart. In Moskau wurden auf 4000 m² 800seiner Exponate ausgestellt. UeckersEinzelpräsentation und größte Retrospekti-ve beinhaltete Arbeiten aus seiner Studien-zeit bis hin zu Tschernobyl. Sein unge-wöhnliches und einzigartiges Großobjektwurde am 14. 9. 1988 eröffnet und kannals das Kulturereignis unter dem gemeinsa-men Dach Europas gesehen werden.

Haus Industrieform umgezogenZum vierten Male seit dem Start vor 24Jahren ist das Haus Industrieform umge-zogen. Neue Adresse ist die Hindenburg-straße in Essen, wo 2500 m² dem privat-rechtlichen Verein nach dem Umbau inzwei Jahren für Ausstellungen, Kongresseund Seminare zur Verfügung stehen wer-den. Das Haus Industrieform ist das ein-zige Design-Zentrum in Nordrhein-West-falen. Es finanziert seine Arbeit zum größ-ten Teil durch Mitgliedsbeiträge, Spendenund Honorare, aber auch durch die Aus-stellergebühren der rund 300 Firmen derGebrauchs- und Investitionsgüterindustrie,deren Produkte für die ständige Produkt-schau ausgewählt wurden. Seine Aufgabesieht das Haus Industrieform in der Desi-gnförderung im weitesten Sinne. Dazugehört die Auswahl und Prämierung her-ausragender Design-Lösungen als auch dieNachwuchsförderung, sowie die Reali-sierung von Publikationen und Ausstellun-gen. Ziel ist die qualitative Steigerung vonIndustrieprodukten.

Architekten entwerfen ModeEin flauschiger WC-Vorleger als Halskra-gen, ein Brauseschlauch als Turban, dieHand -brause nebst Gummistöpsel alsKopf-schmuck - neue Modetrends ausinternationalen Modemetropolen? Die Ant-wort auf diese Frage gibt eine Ausstellungim Berlin-Pavillon, die von den ArchitektenPit Achatzi und Rolf Backmann inZusammenarbeit mit dem Förderverein derMode -schule Berlin e.V. realisiert wurdeund bis Ende Juni 1989 zu sehen seinwird. Sechs Berliner Architekten haben fürdiese Ausstellung, die den Titel „Mode undArchitektur“ trägt und im Rahmen „Berlin -Kulturstadt Europas 1988“ läuft, Kleidungs-stücke entworfen, die von der ModeschuleBerlin verwirklicht wurden. Welche Absichtsteht hinter einer solchen Idee, Architek-ten zu Modedesignern zu machen? Beideentwerfen Hüllen für den menschlichenKörper. Hüllen, die ihn vor äußeren Einflüs-sen schützen. Indem der Mensch darge-stellt wird, wird er zur Mode und Architek-tur. Diese Ausstellung ist ein Experiment,wo Mode in ihrem eigentlichen Sinneverstanden wird - als dem herrschendenZeit -geschmack entsprechende Kleidung.Die Ausstellung soll 1989 in Paris gezeigtwerden.

Technisches Zentrum fertiggestelltNach zweieinhalbjähriger Bauzeit wurde imOktober vorigen Jahres das neue Tech-nische Zentrum seinen Bestimmungenübergeben. Das von dem Münchner Archi -tekten Uwe Kiessler geplante 8800 m²große Gebäude beinhaltet die AbteilungenWerkzeugbau, Konstruktion, Lichttechnik,Materialwirtschaft, Projektkoordination undMarktvorbereitung. Es gliedert sich inWestflügel und Ostflügel, die verbundensind durch das Glashaus mit dem Büro -turm. Eine 25,5 m lange Brücke stellt einesder Verbindungsglieder dar zwischen dembestehenden Verwaltungsgebäude unddem Turm und ermöglicht zusammen mitdem Glashaus einen Verkehrskreislauf undsomit eine Kommunikation zwischen Ver-waltung und Technischem Zentrum. Es ver-mittelt den Eindruck einer einzigen großenWerkstatt, in der Licht demonstriert wird.

Filmteam SchubertDer als freier Filmautor, Regisseur und Pro -duzent für verschiedene Filmanstalten täti-ge Peter Schubert war zusammen mit sei-ner Ehefrau Angelika zu Gast bei ERCO. ImAuftrage des Süddeutschen Rundfunkshaben der 39jährige und sein Team einenFilm über die Hochschule für Gestaltung inUlm und deren Auswirkung bis in die heu-tige Zeit produziert. Die im Jahre 1953 vonOtl Aicher mitbegründete und 1968

geschlossene Schule hat Gestaltungstheori-en entwickelt, die auch das Denken und dieHaltung von ERCO stark beeinflußt haben.In Gesprächen mit Klaus Jürgen Maack undOtl Aicher, der das ERCO Erscheinungsbildgeschaffen hat, werden in diesem Film u.a.die Hintergründe der Einflüsse der HfG aufunser Unternehmen verdeutlicht. PeterSchubert studierte ein Jahr visuelle Kom-munikation und vier Jahre in der Abteilungfür Filmgestaltung an der HfG.

Axis im DauertestAxis bringt alle Voraussetzungen mit, demfaszinierenden Medium Licht neue Räumezu erschließen. Seit Oktober letzten Jahresist eine Axis- Struktur im Außenbereichdes Technischen Zentrums installiert. Miteiner Kantenlänge von 16,8 m (5 x 5 Modu-le und eine allseitige Auskragung um 1Modul) nimmt sie 282,24 m² Fläche einund erfüllt gleichzeitig drei Funktionen.Aufgrund der großen Ausmaße war es

nicht möglich, ein Axis- System in seinerKomplexität innerhalb des TechnischenZentrums zu zeigen, da die erforderlichenräumlichen Gegebenheiten zwar vorhandensind, aber einer anderen Nutzung zugeführtwurden und sich die Installation im Frei-raum fast von selbst anbot. Was denNebeneffekt hat, Axis als Versuchsaufbauunter wechselnden klimatischen Bedingun-gen über einen längeren Zeitraum zutesten. Darüber hinaus setzt die orthogona-le Struktur - bei Dunkelheit beleuchtet mit2000 Niedervolt-Kleinlampen à 2 Watt -einen zusätzlichen Akzent in die Garten-landschaft.

„Die dritte Dimension“ in der HamburgerKunsthalleDer bevorstehende 100. Gründungstag der1891 eingerichteten Skulpturenabteilungder Hamburger Kunsthalle war Anlaßgenug, einen Bestandskatalog „Die dritteDimension - Plastiken, Konstruktionen,Objekte“ mit 500 Werken - überwiegendvon 1800 bis heute - herauszugeben. Einbeträchtlicher Teil der Exponate war biszum 28. August 1988 in einer eigens für„Die dritte Dimension“ eingerichteten Son-derausstellung zu sehen. Neben den deut-schen Plastikern Ernst Barlach, WilhelmLehmbruck, Gerhard Marcks und EdwinScharff waren Maillol und Moore mit meh-reren charakteristischen Werken vertreten.Picassos Bronze „Maske mit gebrochenerNase“ und seine 50 Jahre später entstan-dene, durch hohe Auflagen bekannte„Eule“ gehörten genauso zum Ausstel -lungsrepertoire wie Bernhard Leitners„Kreuz-Klang-Körper“ (1985) aus Holz,Glas, Lautsprechern und Kassettengerät.Alle Arbeiten verbleiben in der HamburgerKunsthalle, wenn auch aus Raummangelnicht an ihrem angestammten Platz.

Esprit. LondonMode allein ist out - Lifestyle ist in. So dieZauberformel, mit der sich Konfektionsfir-men international etablieren. Esprit ist einParadebeispiel für diese Verkaufsphiloso-phie. Durch Kaufen erhält man ein StückLebensqualität, die sich weniger in derMode, als in der Marke und dem passen-den Ambiente widerspiegelt. Für Espritist das Beste gerade gut genug, geht es z.B. um den Einstieg in den britischen

Internationales Designerforum in SingapurAls ein Beitrag zur Verbesserung der wirt -schaftlichen Beziehungen mit Südostasienfand vom 19. bis zum 23. Oktober 1988im Raffles City Convention Centre daserste internationale Design Forum statt,auf dem die Bundesrepublik Deutschlandzusammen mit Italien, Japan, USA,Großbritannien und Singapur nationalesDesign präsentierte. Der Rat für Formge-bung konzipierte und organisierte die Aus-stellung „Designed in Germany“ mit derUnterstützung namhafter deutscherUnternehmen wie u.a. AEG, BMW, Mero,Osram, Rosenthal AG, Villeroy & Bochund ERCO. Gezeigt wurde in erster Linietechnisches Design. Die Mehrzahl derProdukte hat eine der drei bekanntestenDesign-Auszeichnungen erhalten: GuteIndustrieform 1988, Design Auswahl 1988 oder Design-Innovationen 1988. Die Ausstellung wurde von Andreas Brandolini gestaltet und zeichnete sich

Modemarkt. Norman Foster wurde mitdem Design des neuen Esprit Shops imShopping-Mekka von London beauftragt.Sein wenige Jahre zuvor eröffnetes Flagg-schiff der Joseph‘ s Kette an der SloaneStreet sollte in Esprit-Manier umgerüstetwerden, anders als hierzulande verstehtsich. (Sottsass paßt anscheinend besserfür deutsche Lifestyle-Strategien...) Es warnicht anders zu erwarten, Foster baute um,mit kühler Präzision und unter Verwendung

der für ihn zum Warenzeichen gewordenenMaterialien Beton, Stahl, Aluminium undGlas. Im Mittelpunkt des relativ kleinenRaumes steht eine dreieckige Treppe, diedas erhöhte Erdgeschoß mit dem Souter-rain verbindet. Als Stufen dienen sandge-strahlte Glastafeln. Resultat:„Die Architektur ist wertvoll, nicht dieWaren.“ (Bauwelt, 2. September 1988)dadurch aus, daß keine spezielle Ausstel -

lungsarchitektur verwendet wurde. Viel -mehr bestand der ganze Stand aus prä-mierten Design-Produkten und fand beiBesuchern und Journalisten große Beach-tung. Selbst Wee Kim Wee, Präsident derRepublik Singapur, ließ es sich nicht neh-men, die Ausstellung ausführlich zu begut-achten, was das Prestige des deutschenDesigns noch einmal hervorhob.

Page 19: ERCO Lichtbericht 31€¦ · Baptiste Colbert, Finanzminister und Bau-aufseher von Ludwig XIV., geschrieben: „Nichts beweist, in Ermangelung glänzen-der Kriegstaten, Größe und

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Eingangsbereiche, Zugängeund Durchgänge sind nicht nurdie Hauptverkehrsadern einesBauwerks, von denen aus dieunterschiedlichsten Räume desGebäudes erschlossen werden.Sie vermitteln auch den erstenEindruck vom Innenleben derArchitektur, das nach außen hinnur durch die Fassade erahntwerden kann.