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26 EI-Spezial Tiefbau | Oktober 2015 EI-SPEZIAL TIEFBAU Geokunststoffe im Eisenbahnbau Der technisch und ökonomisch erfolgrei- che Einsatz von Geokunststoffen zur Lö- sung verschiedenster Aufgabenstellungen in der Geotechnik, der Umwelttechnik sowie dem Wasserbau ist schon vielfach publiziert worden. Den Eisenbahnbau be- treffend zeigt Abb. 1 schematisierte Anwen- dungsfälle. Im vorliegenden Beitrag wird die Verwen- dung geosynthetischer Bewehrungen zur Teil- oder Vollsicherung von Verkehrswe- gen gegenüber Erdeinbrüchen behandelt. Ausreichend hohe Zugfestigkeiten, Dehn- steifigkeiten sowie die hohe Duktilität von Geokunststoewehrungen sind diesbezüg- lich die maßgeblichen technischen Parame- ter. Erdfallsicherungen Die Existenz von Erdfällen und deren Bedeutung für bautechnische Fragestel- lungen finden in der Öffentlichkeit in al- ler Regel nur untergeordnete Beachtung. Dies verkehrt sich jedoch ins Gegenteil, wenn Verkehrswege betroffen, die öffent- liche Sicherheit gefährdet und der Verkehr beeinträchtigt sind oder sogar zum Still- stand kommen. So war ein Hohlraum, der sich aufgrund von Hinterlassenschaſten des Ruhrkohlebergbaus direkt unter dem Essener Hauptbahnhof gegen Ende 2013 gebildet hatte, Grund für eine mehr als einwöchige Unterbrechung des gesamten Schienenverkehrs einer der meist befahre- nen Strecken Deutschlands. In anderen Regionen entstehen Erdfälle durch Karstprozesse, insbesondere sind hier Sachsen, üringen und Baden-Württem- berg zu nennen. Ursachen und Erscheinungsformen Die Entstehung von Hohlräumen im Un- tergrund kann verschiedene Ursachen ha- ben. Einerseits können diese durch Aktivi- täten wie Bergbau, Gas- und Ölförderung oder Grundwasserentnahme und -rück- führung verursacht werden. Andererseits können auch natürliche Prozesse durch lösliches kreide-, gips- oder salzhaltiges Gebirge der Grund sein. Absenkungen an der Oberfläche treten dann auf, wenn z. B. Verbaue von Abbaustrecken altersbedingt versagen oder erodierte Hohlräume eine kritische Größe erreichen und überlagern- de Bodenschichten keine ausreichende Mächtigkeit oder Festigkeit mehr haben, diese zu überbrücken. Abb. 2 zeigt bei- spielhaſt einen im Gipskarst entstandenen und bis in den Fahrweg hochgebrochenen Hohlraum, Abb. 3 zeigt schematisch die Entstehung eines Erdfalls und das Prinzip einer Sicherung mit geosynthetischer Be- wehrung. Die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Erscheinungsbild eines Erdfalles an der Ge- ländeoberfläche hängt maßgeblich von den vorherrschenden Umgebungsbedingungen ab. Typisch und bekannt sind kreisrunde bzw. ovale Öffnungen oder Spalten, wie sie z. B. in Abb. 9 dargestellt sind. Durch- messer und Ausbildung eines Trichters werden dabei durch die Beschaffenheit der oberflächennahen Bodenschichten geprägt (Abb. 4). Konzepte zur Sicherung und Überbrückung von Erdfällen Die Konzepte zur Sicherung und Überbrü- ckung von Erdfällen können vielfältig sein Erdfallüberbrückung mit Geokunststoffen im Netz der Deutschen Bahn Hartmut Hangen Jürgen Baumbusch Abb. 1: 08_BU Auch für die Sicherung von Bahnanlagen in Erdfallgebieten sind Geokunststoewehrungen eine wirtschaſtliche Alternative. Abb. 1: Anwendungsmöglichkeiten für Geokunststoffe im Eisenbahnbau Abb. 2: Erdfall an der S-Bahn–Strecke Stuttgart – Korntal

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EI-SPEZIAL TIEFBAU

Geokunststoffe im EisenbahnbauDer technisch und ökonomisch erfolgrei-che Einsatz von Geokunststoffen zur Lö-sung verschiedenster Aufgabenstellungen in der Geotechnik, der Umwelttechnik sowie dem Wasserbau ist schon vielfach publiziert worden. Den Eisenbahnbau be-treffend zeigt Abb. 1 schematisierte Anwen-dungsfälle.Im vorliegenden Beitrag wird die Verwen-dung geosynthetischer Bewehrungen zur

Teil- oder Vollsicherung von Verkehrswe-gen gegenüber Erdeinbrüchen behandelt. Ausreichend hohe Zugfestigkeiten, Dehn-steifigkeiten sowie die hohe Duktilität von Geokunststoffbewehrungen sind diesbezüg-lich die maßgeblichen technischen Parame-ter.

ErdfallsicherungenDie Existenz von Erdfällen und deren Bedeutung für bautechnische Fragestel-lungen finden in der Öffentlichkeit in al-ler Regel nur untergeordnete Beachtung. Dies verkehrt sich jedoch ins Gegenteil, wenn Verkehrswege betroffen, die öffent-

liche Sicherheit gefährdet und der Verkehr beeinträchtigt sind oder sogar zum Still-stand kommen. So war ein Hohlraum, der sich aufgrund von Hinterlassenschaften des Ruhrkohlebergbaus direkt unter dem Essener Hauptbahnhof gegen Ende 2013 gebildet hatte, Grund für eine mehr als einwöchige Unterbrechung des gesamten Schienenverkehrs einer der meist befahre-nen Strecken Deutschlands. In anderen Regionen entstehen Erdfälle durch Karstprozesse, insbesondere sind hier Sachsen, Thüringen und Baden-Württem-berg zu nennen.

Ursachen und ErscheinungsformenDie Entstehung von Hohlräumen im Un-tergrund kann verschiedene Ursachen ha-ben. Einerseits können diese durch Aktivi-täten wie Bergbau, Gas- und Ölförderung oder Grundwasserentnahme und -rück-führung verursacht werden. Andererseits können auch natürliche Prozesse durch lösliches kreide-, gips- oder salzhaltiges Gebirge der Grund sein. Absenkungen an der Oberfläche treten dann auf, wenn z. B. Verbaue von Abbaustrecken altersbedingt versagen oder erodierte Hohlräume eine kritische Größe erreichen und überlagern-de Bodenschichten keine ausreichende Mächtigkeit oder Festigkeit mehr haben, diese zu überbrücken. Abb.  2 zeigt bei-spielhaft einen im Gipskarst entstandenen und bis in den Fahrweg hochgebrochenen Hohlraum, Abb.  3 zeigt schematisch die Entstehung eines Erdfalls und das Prinzip einer Sicherung mit geosynthetischer Be-wehrung. Die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Erscheinungsbild eines Erdfalles an der Ge-ländeoberfläche hängt maßgeblich von den vorherrschenden Umgebungsbedingungen ab. Typisch und bekannt sind kreisrunde bzw. ovale Öffnungen oder Spalten, wie sie z. B. in Abb.  9 dargestellt sind. Durch-messer und Ausbildung eines Trichters werden dabei durch die Beschaffenheit der oberflächennahen Bodenschichten geprägt (Abb. 4).

Konzepte zur Sicherung und Überbrückung von ErdfällenDie Konzepte zur Sicherung und Überbrü-ckung von Erdfällen können vielfältig sein

Erdfallüberbrückung mit Geokunststoffen im Netz der Deutschen Bahn

Hartmut Hangen Jürgen Baumbusch

Abb. 1: 08_BU

Auch für die Sicherung von Bahnanlagen in Erdfallgebieten sind Geokunststoffbewehrungen eine wirtschaftliche Alternative.

Abb. 1: Anwendungsmöglichkeiten für Geokunststoffe im Eisenbahnbau

Abb. 2: Erdfall an der S-Bahn–Strecke Stuttgart – Korntal

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und reichen von der Sanierung der Hohl-räume durch Injektionen mit verschiede-nen Füllstoffen bis hin zur Errichtung von umfangreichen Stahlbetonkonstruktionen. Zudem können Sicherungen so konzipiert werden, dass sie den regulären Verkehr ent-weder permanent sicherstellen oder alternativ nur für einen kürzeren Zeitraum wirksam sind, sodass weitergehende Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden können.Tab.  1 zeigt beispielhaft einen qualitativen Vergleich verschiedener Varianten zur Siche-rung und Sanierung. Es zeigt sich, dass Über-brückungsvarianten mit Geokunststoffen gegenüber anderen Verfahren Vorteile bieten. Grundsätzlich gilt, dass Erdfallüberbrü-ckungen mit geosynthetischer Bewehrung besonders im Hinblick auf außergewöhnli-che Bemessungssituationen, z. B. bei einer Überschreitung des prognostizierten Be-messungsdurchmessers eines Erdfalles, ei-nen hohen Grad an Sicherheit bieten. Dies ist auf die deutlich höhere Duktilität von Geokunststoffen gegenüber z. B. Stahl oder Stahlbeton zurückzuführen.

Bemessung einer Erdfallsicherung mit geosynthetischer BewehrungDa weder in Deutschland noch auf europä-ischer Ebene einschlägige Normen vorlie-gen, wird für die Planung und Bemessung von geosynthetisch bewehrten Erdkör-

Abb. 3. Entstehung einer Absenkung und geosynthetisches Überbrückungssystem Quelle: [1]

Abb. 4: Trichterbildung in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Oberbodens, links bindiger Boden, rechts nicht bindiger Boden Quelle: [2]

Sicherungskonzept

Klassifizierung*

Machbarkeit (technisch)Duktilität

KonstruktionUmwelteinfluss

Zuverlässigkeit / Referenzen

Hohlraumdurch-messer < 4 m

Hohlraumdurch-messer >= 4 m

Kosten Zeit

Engmaschige Erkundung und Verwahrung (Injektion)

++ o – o o + –

Tiefenverdichtung + o – o – o –

Überbrückung mit geosynthetisch bewehrten Gründungspolstern auf vertikalen Traggliedern

+ + – – – – o ++

Überbrückung mit Stahlbeton tragkonstruktion

++ ++ – – – – o ++

Überbrückung mit geosynthetischer Bewehrung

++ – + + + + ++

Überbrückung mit Edelstahlgeflecht

+ – – – o + –

Tab. 1: Konzepte zur Überbrückung / Instandsetzung von Erdfällen * Klassifizierung: ++ sehr gut, + gut, o durchschnittlich, – schlecht, –– sehr schlecht

pern in Deutschland auf die Empfehlun-gen für den Entwurf und die Berechnung von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen (EBGEO) der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V. (DGGT) [2] zurückgegriffen. Gemäß Kapitel 11 der EBGEO werden in Abhängigkeit von den geometrischen und geotechnischen Rand-bedingungen unterschiedliche Tragwerks-modelle empfohlen. Grundsätzlich unter-scheidet man reine Membrantragwirkung, bei der alle Einwirkungen über die Geo-kunststoffbewehrung abgetragen werden müssen, und sogenannte Gewölbemodelle (siehe z. B. Abb. 5 und 6 sowie [3, 4]).Eine detaillierte Beschreibung zur Diffe-renzierung und Auswahl unterschiedlicher Berechnungsmodelle findet sich in den EBGEO, sodass an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen wird.

Ausgewählte ReferenzprojekteIm Folgenden werden zwei von drei bisher im Netz der DB AG realisierte Sicherungs-maßnahmen vorgestellt: die „Wiederherstel-lung der Gebrauchstauglichkeit der S-Bahn Strecke Stuttgart – Korntal (Str. 4810)“ und die Sanierung „Frose – Nachterstedt (Str.  6344)“. Bezüglich des Projektes „NBS Erfurt – Leipzig / Halle, Knoten Gröbers“ wird auf [3 und 4] verwiesen. Eckdaten aller drei Projekte sind der Vollständigkeit halber in Tab. 2 zusammengestellt.

Referenzprojekt Stuttgart-Zuffen-hausen – Calw, Bf. KorntalNach heftigen Regenfällen im Juli 2009 wurden im Bahnhofsbereich der S-Bahn-Strecke 4810 Stuttgart-Zuffenhausen – Calw auf einer Länge von etwa 600 m 14 Erdfälle angetroffen. Die Durchmesser der Erdfälle

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betrugen zwischen von 0,3 m bis 1,0 m und waren Folge von Auslaugungsvorgängen im anstehenden Gipskeupers. Die Abb. 2 und 9 zeigen den Zustand vor der Instandsetzung und nach dem Ausbau des vorhandenen Streckenabschnitts. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse, welche eine Ausdehnung des bewehrten Erdkörpers für eine seitliche Verankerung nicht ermöglichten, war es erforderlich, in-nerhalb eines Berechnungsquerschnittes zwei Tragwerksmodelle zu untersuchen. Im zentralen Bereich des Bemessungsquer-schnittes wurde ein biaxialer Lastabtrag vo-rausgesetzt und gemäß EBGEO mit dem so-genannten B.G.E.-Verfahren nachgewiesen. Für potenzielle Erdfälle im Randbereich wurde hingegen die R.A.F.A.E.L.-Methode verwendet, welche einen Lastabtrag aus-schließlich in einer Richtung, üblicherweise in Längsrichtung der Trasse, zugrunde legt.

Referenzprojekt Frose – NachterstedtAuf der Strecke 6344 Halle (Saale) – Vie-nenburg war es erforderlich, die Bestands-strecke des Regionalbereichs Südost im Bereich Frose – Nachterstedt infolge star-ker Auffälligkeiten in der Gleislage von Grund auf zu sichern. Nach Einstellung des nahegelegenen Bergbaubetriebs im Jahr 1990 und dem Wiederanstieg des Grundwasserspiegels ab dem Jahr 1999 lag es nahe, dass nicht oder nicht ord-nungsgemäß verfüllte oberflächennahe Abbaustrecken Ursache hierfür waren. Beim dramatischen Einsturz einer Uferbö-schung des benachbarten Concordia-Sees wurden nicht nur die Fachleute, sondern auch die breite Öffentlichkeit auf die vor-herrschende geotechnische Situation auf-merksam. Zum Schutz des Gleiskörpers in dem betroffenen Gebiet wurde daher eine grundhafte Instandsetzungsmaßnahme mit Tiefenverdichtung und nachfolgender In stallation einer geogitterbewehrten Erd-fallsicherung durchgeführt. Abb. 10 zeigt die schematische Darstellung der durchgeführten Arbeitsschritte und das Prinzip des ausgeführten Sicherungskon-zeptes.

BauausführungAusrollen und Spannen der GeogitterbewehrungBei der Bemessung von Erdfallsicherun-gen mit geosynthetischer Bewehrung spielt die Dehnsteifigkeit der Bewehrungs-materialien eine elementare Rolle, um die Gebrauchstauglichkeit des Systems zu be-einflussen. Um sicherzustellen, dass die bei der Standsicherheitsberechnung vorausge-setzten Festigkeitseigenschaften auch in die Praxis umgesetzt werden können, die Bewehrung also unmittelbar nach Auftre-ten eines Erdfalls aktiviert werden kann,

Abb. 5: Großversuch zur Verifizierung einer Erdfallsicherung auf Grundlage eines Gewölbemodelles, NBS Knoten Gröbers

Abb. 6: Großversuch zur Verifizierung einer Erdfallsicherung auf Grundlage eines Gewölbemodelles, NBS Knoten Gröbers

Baumaßnahme NBS EF – L/H Knoten – Gröbers

Str. 4810 Stuttgart – Korntal

Str. 6344 Frose – Nachterstedt

Streckenlänge 800 m 600 m 1200 m

Entwurfsgeschwindigkeit vE 250 km/h 120 km/h 160 km/h

Ursache für Erdfall Bergbau Sulfat-Karst Bergbau

Bemessungsdurchmesser 4,0 m 1,2 m 3,0 m

geplante Beanspruchungsdauer

3 Monate 120 Jahre 12 Monate

Geogitterbewehrung 1200/100 AR (quer) 1200/100 AR (längs)

R 400/80 T (quer) R 600/120 T (längs)

1200/100 AR (2 x längs)

Polymer Aramid (AR) Polyester (PET) Aramid (AR)

Kurzzeitfestigkeit in MD 1200 kN/m 400 kN/m 600 kN/m

1200 kN/m

Bruchdehnung in MD ~ 3 % ~ 9,5 % ~ 3 %

Schütthöhe über GG* 3,50 m 1,55 m 2,75

Dammbaumaterial Kies (0/16) mm Zementstabilisierung

Brechkorn (0/63) mm Brechkorn (0/45) mm

Bemessungskonzept Membran / Gewölbe (FEM) Membran (R.A.F.A.E.L and B.G.E.)

Membran (R.A.F.A.E.L)

Baujahr 2000…2002 2010 2012

*) Abstand zwischen unterstem Geogitter und Schienenoberkante

Tab. 2: Eckdaten ausgeführter Erdfallsicherungen mit geosynthetischer Bewehrung

Abb. 7: Regelquerschnitt Referenzprojekt S-Bahn Stuttgart – Korntal

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ist bei der Bauausführung mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. In Stuttgart – Korn-tal verwendete der beauftragte Unterneh-mer eine eigens für die Verlegung herge-stellte Schalung, um den erforderlichen Rückumschlag hochwertig ausführen zu können. Abb. 11 zeigt die Vorgehensweise zum Anspannen und Fixieren des Geogit-terrückumschlags.Im Projekt Nachterstedt gestaltete sich der Einbau der Geogitterbewehrung einfach, weil die Bewehrungsbahnen nur in Längs-richtung zu verlegen waren. Ferner erwies sich ein vom Geogitterhersteller zur Verfü-gung gestellter Verlege- und Spannbalken als effizientes Hilfsmittel.

Überprüfung der EinbaubeschädigungAls Teil der Nebenbedingungen für Zu-stimmungen im Einzelfall, ZiE, aber auch der allgemeinen Zulassung von Geokunst-stoffbewehrungen, sind üblicherweise vorab Feldversuche zur Untersuchung der Einbaubeschädigung durchzuführen. So-wohl in Korntal als auch in Nachterstedt ergaben die Einbaubeschädigungsver-suche Festigkeitsverluste im Kontakt mit  scharfkantigem Schottermaterial von maxi mal 15 %.

FazitDurch Erdfälle verursachte Schäden an Verkehrswegen können gravierende Be-hinderungen im privaten und öffentlichen Verkehr verursachen. In ehemaligen Berg-bauregionen, wie dem Ruhrgebiet oder Regionen Thüringens und Sachsens, sind Erdfälle bekannt, welche sich nach der Still-legung des Bergbaubetriebes eingestellt ha-ben. Hier ist zukünftig noch mit einer Zu-nahme solcher Phänomene zu rechnen. In anderen Regionen treten Erdfälle, Bodenab-senkungen und Hohlräume aufgrund von Karstprozessen auf.Die Überbrückung von Hohlräumen mithil-fe von Geokunststoffbewehrungen hat sich

Abb. 8: Regelquerschnitt Referenzprojekt Frose – Nachterstedt

Abb. 9: Gipskarstoberfläche nach dem Freilegen und Beräumen, Stuttgart – Korntal

Abb. 10: Sicherungskonzept für Frose – Nachterstedt: 1.: Tiefenverdichtung, 2.: Verlegung hochzugfestes Geogitter, 3.: Bemessungssituation: Erdfallüberbrückung

Wege in die Zukunft

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auch für Schienenverkehrswege nicht nur als technisch machbar, sondern auch als wirt-schaftlich vorteilhafte Sicherungs variante erwiesen. Das Referenzprojekt Stuttgart –

Korntal zeigt, dass Erdfallsicherungen mit Geokunststoffen bei „moderaten“ Bemes-sungsdurchmessern gleisnah mit einem Abstand von nur 1,60 m zwischen der Be-

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Abb. 12: Feldversuch zur Bestimmung der Einbaubeschädigung nach Überfahrung mit schweren Erdbaugeräten, Projekt Frose – Nachterstedt

Zusammenfassung Erdfallüberbrückung mit Geokunststoffen im Netz der Deutschen Bahn

Die Verwendung geosynthetischer Bewehrungen zur Teil- oder Vollsiche-rung von Verkehrswegen gegen Erdeinbrüche wird in Deutschland bereits seit mehr als 15 Jahren erfolgreich praktiziert. Ausreichend hohe Zugfes-tigkeiten, Dehnsteifigkeiten sowie die hohe Duktilität von Geokunststoff-bewehrungen sind hierfür maßgebliche technische Parameter. Anhand von Referenzprojekten werden Erkenntnisse und Erfahrungen zur Anwendung von geosynthetischen Erdfallsicherungen im Netz der DB Netz AG darge-stellt. Es kann bestätigt werden, dass geosynthetische Erdfallsicherungen im Vergleich zu konventionellen Bauweisen als technisch gleichwertige und ökonomisch vorteilhafte Alternative angesehen werden können.

Dr.-Ing. Jürgen Baumbusch

Geschäftsführender Gesellschafter Aquasoil Ingenieure & Geologen GmbH, Westheim [email protected]

Dipl.-Ing. Hartmut Hangen

Leiter Technische Schulungen – International Huesker Synthetic GmbH, Gescher [email protected]

wehrungsebene und der Schienenoberkante ausgeführt werden können. Hinsichtlich der Bauzeit und den Kosten haben dabei schlan-ke Konstruktionen mit besonders hochzug-fester Bewehrung gegenüber solchen, die eine Bodengewölbebildung voraussetzen. Um hierbei den hohen Anforderungen des Eisenbahnverkehrs an die Gebrauchstaug-lichkeit einer Erdfallsicherung gerecht zu werden, kann es erforderlich sein, für die Herstellung der Geokunststoffbewehrung Werkstoffe wie Aramid und Polyvinylalko-hol zu verwenden. Bewehrungen aus Poly-ester dagegen sind zur Überbrückung von Hohlräumen mit geringen Durchmessern geeignet. Im Vergleich zu konventionellen Bauwei-sen können diese Lösungen als technisch gleichwertige Alternative angesehen wer-den, häufig stellen sie die kostengünstigste Variante dar.

LITERATUR[1] Möller, B.; Graf, W.; Hoffmann, A.: Berechnungsmodelle für Geotextilien bei Erdfall, Mitteilungen des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik, TU Darmstadt, Heft 58, 2002[2] Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V. (DGGT), Arbeitskreis 5.2: Empfehlungen für den Entwurf und die Berechnung von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunst-stoffen (EBGEO), Ernst und Sohn, 2010[3] Alexiew, D.; Elsing, A.; Ast, W.: FEM-Analysis and Dimensioning of a Sinkhole Overbridging System for High-Speed Trains at Gröbers in Germany, Proc. 7th Int. Conf. on Geosynthetics, pp. 1167–1172, 2002[4] Alexiew, D.; Ast, W.; Elsing, A.; Hangen, H.; Sobolewski, J.: Erdfallüberbrückungssystem Eisenbahnknoten Gröbers – zur Bemessung, Ausführungsplanung und Bauausführung, Sonderheft aus: 8. Informations- und Vortragstagung über Kunststoffe in der Geotechnik, München, Februar 2003, Selbstverlag, S. 235–248

Summary Sinkhole bridging with geosynthetics in the network of Deutsche Bahn

The use of geosynthetic armourings for partially or fully securing trans-port routes against sinkholes has already been a successful practice in Germany for more than 15 years. Sufficiently high tensile strengths, axial stiffnesses as well as the high ductility of geosynthetic armourings are the relevant technical parameters in this area. On the basis of reference projects, the findings and experiences in the application of geosynthetic sinkhole bridgings in the network of DB Netz AG are outlined. It can be confirmed that geosynthetic sinkhole armourings can be considered as technically equivalent and economically advantageous alternatives in comparison to conventional construction methods.

Abb. 11: Vorgehensweise zum Anspannen und Fixieren eines Geogitterrückumschlags