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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren.

Die Prozesse der Übernahme

Eine aktuelle qualitative Studie.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren.

Die Prozesse der Übernahme

Eine aktuelle qualitative Studie.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Herausgegeben von der PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Von Jens-Peter Otto

August 2013, 86 Seiten, 23 Abbildungen, Softcover

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Herausgebers nicht gestattet.

Die Ergebnisse der Studie sind zur Information unserer Mandanten bestimmt. Sie entsprechen dem Kenntnisstand der Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die in der Publikation angegebenen Quellen zurück oder wenden sich an die genannten Ansprechpartner. Alle Meinungsbeiträge geben die Auffassung der Autoren wieder.

© August 2013 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 5

Vorwort

Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,

chinesische Investoren sind zurzeit nur vereinzelt in Deutschland aktiv. Allerdings hat der Umfang der Übernahmen (Mergers and Acquisitions, M&A) in den vergangenen zwei Jahren stark zugenommen. Deutsche Medien beobachten alle derartigen Aktivitäten sehr aufmerksam.

Die vorliegende Studie verfolgt vor diesem Hintergrund vor allem ein Ziel: die Diskussion um das Für und Wider chinesischer Investitionen in Deutschland zu versachlichen. Denn die teilweise sehr pointierte Darstellung der Medien verstellt den Blick darauf, wie die betroffenen Unternehmen tatsächlich geführt werden.

Wir wollten wissen: Wie vollzog sich die Übernahme? Wie arbeiten die deutschen Unternehmen im Alltag mit den Investoren aus China zusammen? Welche Erwartungen wurden erfüllt? Welche Befürchtungen haben sich bewahrheitet? Wie haben sich die Unternehmen seit der Übernahme wirtschaftlich entwickelt? Die Studie liefert erste Antworten auf diese Fragen.

Befragt wurde das deutsche Management der übernommenen Unternehmen. Alle Befragten gehören Unternehmen an, an denen sich ein chinesischer Investor bis 2012 mit mindestens 50 Prozent beteiligt hat. Was uns sehr gefreut hat, war die hohe Rücklauf- und Teilnahmequote von fast 50 Prozent. Das zeigt: Auch das deutsche Management ist offenbar sehr daran interessiert, der Öffentlichkeit ein realistisches Bild zu vermitteln.

Diese Studie gibt aber nicht nur Auskunft, sondern unterstützt auch andere Unternehmen dabei, ihre eigene Einschätzung in das Gesamtbild aller Antworten einzuordnen. Ohne den Ergebnissen vorzugreifen, sei an dieser Stelle bereits eines betont: Die Studie vermittelt ein vielschichtiges und buntes Bild. Wir haben uns entschlossen, diese Vielfalt mithilfe zahlreicher Kommentare der Teilnehmer möglichst authentisch wiederzugeben. Viele der Zitate lassen tief blicken. Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, dass wir die Stellungnahmen so weit anonymisieren mussten, bis sie keine Rückschlüsse mehr auf die interviewten Unternehmen und Personen zuließen.

Die vorliegende Studie liefert keinen abschließenden Bericht. Sie ist eher eine Momentaufnahme in einer noch jungen Entwicklung, die allerdings an Tempo gewinnen wird.

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Vorwort

Auf der Basis aktueller Erkenntnisse bietet Ihnen die Studie einige betriebs-wirtschaftliche Empfehlungen. Sie richten sich an beide Seiten: an die chinesischen Investoren und an das deutsche Management.

Aus Gründen der Lesbarkeit und der Anonymität verzichtet diese Studie auf Doppelnennungen femininer und maskuliner Formen zugunsten des generischen Maskulinums. Gemeint sind aber immer Frauen und Männer.

Bei den Interviews haben viele Kollegen tatkräftig mitgewirkt. Dafür danke ich allen herzlich. Mein besonderer Dank gilt Dr. Yvonne Fritzsche-Sterr, die alle Interviews ausgewertet und das Manuskript erstellt hat. Isabelle Reising hat mich bei zahlreichen Recherchen unterstützt.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

Jens-Peter OttoChina Business Group Leader

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis .............................................................................................8

A Zusammenfassung .........................................................................................9

B Zahl chinesischer Auslandsinvestitionen steigt .............................................12

C Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe .................................................15

D Ergebnisse der Befragung .............................................................................191 Situation der Unternehmen vor der Übernahme ..........................................202 Strategische Überlegungen hinter den Transaktionen ..................................222.1 Gründe, sich auf einen Investor aus China einzulassen .................................222.2 Vermutete Hauptinteressen bei den Investoren .............................................283 Vorbereitung der Investments seitens der Investoren ....................................313.1 Due Diligence ...............................................................................................313.2 Integrationsplanung für Mergers and Acquisitions .......................................344 Die chinesischen Investoren .........................................................................394.1 Grad der Einflussnahme durch die chinesischen Investoren .........................404.2 Bewertung der (Nicht-)Einmischung des Investors .......................................434.3 Professionalitätsgrad ....................................................................................445 Situation der Unternehmen nach der Übernahme ........................................465.1 Strukturänderungen und Erfahrungen mit dem Investor .............................465.2 Marktchancen durch neue Sourcing- und Vertriebsstrategien ......................495.3 Chinesisch-deutsches Qualitätsgefälle .........................................................505.4 Änderungen in der Finanzberichterstattung .................................................535.5 Strukturelle Änderungen in ausgewählten Bereichen ..................................576 Ausblick der befragten Unternehmen ...........................................................617 Herausforderungen der Zusammenarbeit .....................................................627.1 „Vertrauen“ und Harmonieprinzip ................................................................667.2 Hierarchie und Staatsnähe ...........................................................................687.3 (Vermeintliche) Planlosigkeit und Intransparenz .........................................697.4 „Respekt“ und Andersartigkeit der Kultur ....................................................727.5 Verständigungsproblem Sprache ..................................................................757.6 Fachliche Defizite beim Personal des Investors .............................................777.7 Compliance und Bürokratie in Deutschland .................................................78

E Übernahmen deutscher Unternehmen seit 2001 ...........................................81

Ihre Ansprechpartner .............................................................................................84

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8 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Auslandstransaktionen Chinas 2008–2012 ..........................................13

Abb. 2 Übernahmen chinesischer Investoren 2011 und 2012 weltweit............. 14

Abb. 3 Jahresnettoumsatz in Deutschland .......................................................16

Abb. 4 Zahl der Mitarbeiter in Deutschland ..................................................... 17

Abb. 5 Branche ................................................................................................17

Abb. 6 Zeitpunkt der Transaktion ....................................................................18

Abb. 7 Finanzielle Lage des Unternehmens bei Übernahme .............................21

Abb. 8 Gründe, sich auf einen Investor einzulassen..........................................27

Abb. 9 Due Diligence vor der Übernahme ........................................................32

Abb. 10 Integrationsplanung für Mergers and Acquisitions ................................35

Abb. 11 Art des Investors ...................................................................................39

Abb. 12 Einflussnahme durch den Investor ........................................................40

Abb. 13 Besuche von Abgesandten des Investors ................................................42

Abb. 14 Organisatorische Änderungen durch den Investor ................................46

Abb. 15 Berichterstattung an den chinesischen Investor ....................................54

Abb. 16 Art der verfassten Berichte ....................................................................54

Abb. 17 Nutzung eines Bilanzierungshandbuchs ...............................................57

Abb. 18 Strukturelle Veränderungen .................................................................58

Abb. 19 Zahl der Arbeitsplätze seit Einstieg des Investors ..................................60

Abb. 20 Ausblick ................................................................................................62

Abb. 21 Zusammenarbeit mit dem Investor ........................................................63

Abb. 22 Hürden und Barrieren in der Zusammenarbeit mit chinesischen Investoren .............................................................................................73

Abb. 23 Beschäftigte beim chinesischen Investor ...............................................83

Abbildungsverzeichnis

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 9

A Zusammenfassung

Zusammenfassung

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10 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Zusammenfassung

Etliche chinesische Investoren haben bereits deutsche Unternehmen übernommen und die Zahl der Übernahmen wird noch zunehmen. Nicht alle Übernahmen verliefen erfolgreich und bei einigen dieser Übernahmen mussten erst massive Probleme gelöst werden, bevor sich der Erfolg einstellte. Jedes Unternehmen, das vor einer Übernahme durch einen chinesischen Investor steht, ist gut beraten, sich gründlich auf diese zusätzliche Herausforderung vorzubereiten. Je schneller solche Steine aus dem Weg geräumt werden, desto eher können sich alle Beteiligten auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Neben dieser Grunderkenntnis liefert die Studie eine Reihe weiterer Kernergebnisse.

Eines aber sei vorweggesagt: Es gibt keine „typische Übernahme“, die Einzelfälle sind zu verschieden und die Stimmen zu vielschichtig. – Möglicherweise spiegelt dieser Befund die unterschiedlichen Professionalisierungsgrade der Investoren wider. Für die meisten Unternehmen, die von chinesischen Unternehmen über-nommen wurden, lassen sich die folgenden Thesen formulieren:

Stärkung des Standorts DeutschlandChinesische Investoren erhalten den Standort Deutschland und die Arbeitsplätze. Sie sind als strategische Investoren beliebt beim deutschen Management. Viele schätzen die Chancen des deutschen Unternehmens innerhalb der neuen Konzernzugehörigkeit als sehr gut ein.

Den Vorsprung, über den deutsche Unternehmen derzeit in den Bereichen Qualität und Innovation verfügen, können sie längerfristig halten – trotz Technologietransfer.

Der Standort Deutschland wird durch Übernahmen gestärkt, denn die Chinesen sind abhängig von der deutschen Innovationskraft und werden es auf absehbare Zeit auch bleiben.

Die Aussagen der Teilnehmer lassen darauf hoffen, dass durch Übernahmen neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen werden – weniger im Bereich der Massenproduktion, dafür stärker im Bereich hochwertiger Aufgaben im Konzernverbund.

Win-win-SituationViele deutsche Unternehmen behalten ihre Unabhängigkeit in erstaunlich hohem Maß. Nur einige wenige Investoren bestehen auf einer Restrukturierung. Eine Integration in die Organisation des chinesischen Investors findet nur selten statt. Die meisten chinesischen Investoren halten sich aus der Unternehmensführung heraus.

Beide Seiten profitieren durch den Zusammenschluss: Die Chinesen erhalten eine überlegene Technologie, mit der sie ihre bestehenden Produkte optimieren können, und erleichterten Zugang zum europäischen Markt. Für die Deutschen wird der Zugang zu den Märkten in China und Asien leichter. Nach einer teilweisen Verlagerung der Produktion können sie außerdem (wieder) zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren.

ZuversichtDie überwiegende Mehrzahl der Unternehmen sieht positiv in die Zukunft. Ihr Optimismus beruht dabei nur teilweise auf ihrer Einschätzung, mit der wirtschaftlichen Konjunktur werde es wieder bergauf gehen. Zum größeren Teil gründet sich ihr Vertrauen in die Zukunft aber auf die strukturellen Verbesserungen, die durch die Übernahme entstanden sind.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 11

UnterschiedeViele chinesische Investoren haben wenig Erfahrung im internationalen Management ihrer Investitionen. In ihren Reihen sind nur wenige Manager, die diese komplexe Aufgabe beherrschen. Das führt zu Mängeln in der Durchführung des Unternehmenskaufs und in der späteren Führung des Auslandsinvestments.

Sprachliche und kulturelle Unterschiede erschweren die Zusammenarbeit und den betriebswirtschaftlichen Prozess der Übernahme. Kulturelle Barrieren äußern sich im kommunikativen Umgang und im Entscheidungsverhalten des Managements. Diese Unterschiede anzuerkennen, mit der Andersartigkeit des Partners wertfrei umgehen zu lernen und damit Barrieren konstruktiv zu überwinden, ist ent-scheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

EmpfehlungenChinesische Unternehmen sollten vor der Übernahme ihre Strategie festlegen. Eine gute Vorbereitung auf alle anstehenden Aufgaben ist ein strukturierter Due-Diligence-Prozess. Aus den Gesprächen lässt sich folgern, dass es darauf ankommt, eine etwaige professionelle Beratung möglichst früh einzuschalten, denn nur auf Basis aussagekräftiger und umfassender Analysen lässt sich die Integration von vornherein strukturiert und zielführend planen. Der chinesische Investor sollte die Integration strukturiert planen und sich dabei ebenfalls professionell beraten lassen.

Die übernommenen deutschen Unternehmen sollten Maßnahmen anbieten, die zur Professionalisierung des chinesischen Investors dienen und die Integration fördern. Solche Unterstützung brauchen viele chinesische Investoren speziell auch in der Frage, wie sie die Auslandsinvestitionen professionell managen können. Nützlich und hilfreich könnte auch sein, mit anderen deutschen Unternehmen Erfahrungen auszutauschen.

Förderlich für den Erfolg der Übernahmen sind alle Maßnahmen, die darauf zielen, Sprach- und Kulturbarrieren zu überwinden: Ein interkulturelles Training kann dazu beitragen, Hintergrundwissen zu erwerben und das gegenseitige Verständnis für kulturelle Prägungen zu erhöhen. Unverzichtbar ist es, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Vor allem in der Anfangszeit bedeutet das, einfach etwas mehr Zeit zu investieren, um Zusammenhänge erklären oder nur zuhören zu können.

Bei allen Unterschieden in der soziokulturellen Prägung sollten die handelnden Personen die Komplementarität chinesisch-deutscher Unternehmen nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreifen: So kann westliches Management-Know-how in Kombination mit einem Denken in langen Zeiträumen die Flexibilität eines Unternehmens erhöhen und seine Reaktionsfähigkeit erweitern. Erstrebenswert ist es, weiter strukturiert auf der Sachebene zu arbeiten, aber zusätzlich intensiv in den Aufbau persönlicher Beziehungen mit den chinesischen Kollegen zu investieren.

Das deutsche Management erscheint aufgrund seines fachlichen, technologischen und Management-Knowhows derzeit vielfach in der Lage, chinesische Manager auf Investorenseite anzuleiten, damit das deutsche Unternehmen künftig (weiter hin) Erfolg haben kann. Dabei ist aber Diplomatie gefragt. Ein leiser, bescheidener Auftritt, Zuhören- und Verstehenkönnen sind dabei zielführender als selbst bewusste laute Aussagen.

Zusammenfassung

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12 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

B Zahl chinesischer Auslandsinvestitionen steigt

Zahl chinesischer Auslandsinvestitionen steigt

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 13

2012 investierten chinesische Unternehmen 54 Prozent mehr im Ausland als im Jahr zuvor, und 2013 soll die Zahl der Transaktionen weiter steigen. Über das Volumen der chinesischen Auslandsinvestitionen in Milliarden US-Dollar und die Zahl der Transaktionen in den fünf Jahren von 2008 bis 2012 informiert Abbildung 1.

Abb. 1 Auslandstransaktionen Chinas 2008–2012

126144

188206

191

Zah

l

Mrd

. US

D

250

0

200

150

100

50

2008 2009 2010 2011 2012

70

60

50

40

30

20

10

0

Quellen: Thomson Reuters; Analyse PwC.

Zu unterscheiden sind Aktivitäten privater (Private-owned Enterprises, POEs) und staatlicher chinesischer Unternehmen (State-owned Entreprises, SOEs). 2012 nahmen die Transaktionen der privaten Unternehmen zu. Zwar sind die dabei erzielten Volumina weiterhin geringer als die der staatlichen Unternehmen, sie steigen allerdings stark. Dieser Trend wird 2013 anhalten. Größere Transaktionen im Jahr 2012 haben gezeigt: Die POEs können zu einem Wachstumstreiber für die chinesischen Transaktionen im Ausland werden. Auf Basis eines geringen Ausgangsniveaus hat sich der Transaktionswert der POEs im Jahr 2012 mehr als verdoppelt. In ambitioniert geführten POEs sind ausländische Transaktionen ein Teil der Strategie. Sie helfen, den Warenfluss zu globalisieren, internationale Marken aufzubauen sowie Technologien und Know-how zu erwerben, die auch auf den heimischen Märkten genutzt werden können.

Schwerpunkt chinesischer Auslandsinvestitionen war in der Vergangenheit die Erschließung von Rohstoff- und Energiequellen. Daran hat sich im Grundsatz bis 2012 nichts Wesentliches geändert, die wertmäßig größten Transaktionen finden immer noch in diesen Branchen statt, und zwar auf allen Kontinenten. Daneben hat sich jedoch ein Trend etabliert, in Technologien und Marken zu investieren, und hier liegt der regionale Schwerpunkt auf Nordamerika und Europa, wobei die USA in der Vergangenheit, bezogen auf die Anzahl der Transaktionen, vorn lagen.

2012 kam es zu einer Premiere: Europa zog mit den USA gleich, was die Zahl der chinesischen Auslandstransaktionen betrifft. Dieser Trend und die zunehmende Bedeutung beider Märkte (gegenüber Investitionen in Asien oder Ozeanien) sind eine Folge des strategischen Ziels der Chinesen, in fortgeschrittene Technologien und Know-how zu investieren.

Zahl chinesischer Auslandsinvestitionen steigt

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14 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Gerade Deutschland wurde dabei zu einem bevorzugten Land für chinesische Investitionen. Das belegt eine Zahl eindrucksvoll: 2012 fand rund ein Viertel aller 57 Übernahmen in Europa in Deutschland statt. Allerdings blieb Deutschland mit einem Transaktionswert von rund 1,6 Milliarden Euro hinter Großbritannien zurück. Dort fanden weniger, aber Vertragsabschlüsse mit hohem Wert statt. Wie sich die Zahlen der Fusionen und Übernahmen in den Jahren 2011 und 2012 weltweit entwickelt haben, zeigt Abbildung 2.

Zahl chinesischer Auslandsinvestitionen steigt

Abb. 2 Übernahmen chinesischer Investoren 2011 und 2012 weltweit

2012 2011

Quelle: Thomson Reuters, PwC-Analyse.

4457

5757

5625

3427

18

4910

8

Südamerika Afrika Ozeanien

Nordamerika AsienRusslandEuropa

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 15

C Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe

Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe

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16 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Die Grundgesamtheit der Studie bilden alle deutschen Unternehmen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre von chinesischen Investoren übernommen worden sind. Betrachtet werden dabei nur Transaktionen, bei denen chinesische Investoren mindestens 50 Prozent der Anteile übernahmen. Einige der zwischen 2001 und 2012 übernommenen 55 Unternehmen existieren nicht mehr. Sie wurden zahlungsunfähig oder gingen in anderen Strukturen auf (nähere Informationen in Kapitel D). Übrig blieben 46. Zu Interviews bereit waren 22, also rund 48 Prozent der angeschriebenen Unternehmen.

Die 46 übernommenen Unternehmen erzielen im Inland pro Jahr ein Netto-umsatzvolumen von schätzungsweise fünf Milliarden Euro. Die in der Stichprobe vertretenen 22 Firmen repräsentieren demnach mit etwa vier Milliarden Euro circa 80 Prozent dieses Volumens.

Die Zahl der von den Transaktionen betroffenen Mitarbeiter in Deutschland beläuft sich auf rund 21.800. Die in der Stichprobe vertretenen Unternehmen repräsentieren mit insgesamt 15.100 Mitarbeitern 69,5 Prozent aller von Transaktionen betroffenen 46 Belegschaften. Zum Vergleich: Amerikanische Firmen wie Burger King, IBM oder Ford beschäftigen jeweils rund 20.000 Mitarbeiter in Deutschland.

Abb. 3 Jahresnettoumsatz in Deutschland

keine Angabe5 %

bis unter 100 Mio. €41 %

mindestens 250 Mio. €27 %

100 bis unter 250 Mio. €27 %

Das Gros der von chinesischen Investoren übernommenen Unternehmen …•... beschäftigt unter 500 Mitarbeiter (Anteil dieser Unternehmen in der Grund-

gesamt heit: 72 Prozent; Anteil in der Stichprobe: 59 Prozent).•... weist einen Jahresnettoumsatz von weniger als 250 Mio. Euro aus (Grund-

gesamtheit: 76 Prozent; Stichprobe: 68 Prozent).

Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 17

Abb. 4 Zahl der Mitarbeiter in Deutschland

mindestens 2.000 Mitarbeiter9 %

keine Angabe0 %

unter 250 Mitarbeiter 36 %

250 bis unter 500 Mitarbeiter 23 %

500 bis unter 2.000 Mitarbeiter32 %

Die Stichprobe ist also breit gestreut, die größeren der übernommenen deutschen Unternehmen sind leicht überrepräsentiert. Bei etwa jedem fünften hielten Kapital-beteiligungsgesellschaften vor der Übernahme Unternehmensanteile in Form von außerbörslichem Eigenkapital (Private Equity). Die Stichprobe weicht hierbei nicht nennenswert von der Grundgesamtheit ab (20 zu 18 Prozent).

Einerseits übernahmen chinesische Investoren zwischen 2001 und 2012 ein breites Spektrum von Wirtschaftszweigen deutscher Unternehmen. Andererseits lag der Schwerpunkt eindeutig auf technologiegetriebenen Branchen wie Zulieferindustrien im Automobilbau (Automotive), den erneuerbaren Energien und vor allem dem Werkzeug- und Maschinenbau. Selbst im Konsumgüterbereich, zum Beispiel in der Elektrobranche, sind einige technologieaffine Unternehmen vertreten.

Abb. 5 Branche

sonstige, z. B. Textil 14 %

erneuerbare Energie 14 %

Automotive 14 %

Werkzeugmaschinenbau 41 %

Einzelhandel (Retail und Consumer) 18 %

Die Dichte der Transaktionen hat in den letzten drei Jahren gegenüber den Vor jahren wesentlich zugenommen. Beinahe zwei von drei der seit 2001 übernommenen Unternehmen wurden erst nach 2010 übernommen: In der Stichprobe sind diese Unternehmen leicht überrepräsentiert (Grundgesamtheit: 61 Prozent; Stichprobe: 73 Prozent). Knapp die Hälfte wurde von chinesischen Staatsunternehmen übernommen (Grundgesamtheit: 46 Prozent; Stichprobe: 41 Prozent).

Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe

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18 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Abb. 6 Zeitpunkt der Transaktion

Übernahme zwischen 2001 und 2010

27 %

Übernahme 2011 oder 201273 %

Die Daten wurden im Rahmen persönlicher Interviews erhoben. In den meisten Fällen erteilten Angehörige der obersten Führungsebene (C-Level) Auskunft: In 16 der 22 Unternehmen fanden Gespräche mit Vorständen oder Geschäftsführern statt. Die anderen sechs Gesprächspartner waren mehrheitlich Bereichs- oder Abteilungsleiter, zwei davon externe Interimsmanager. Den Auskunfts personen wurde strengste Anonymität zugesichert – auch in Bezug auf die Unternehmen. Aus Gründen des Datenschutzes werden die Ergebnisse im Report deshalb auch nur in aggregierter Form veröffentlicht. Alle Zitate wurden anonymisiert, teils auch etwas verfremdet oder gestrafft, um Rückschlüsse auf die Branche und damit möglicherweise auf die Identität des Unternehmens zu verhindern.

Vorgehen und Beschreibung der Stichprobe

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 19

D Ergebnisse der Befragung

Ergebnisse der Befragung

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20 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

1 Situation der Unternehmen vor der Übernahme

Betrachtet man die Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren als Prozess, zeigt sich in der Gesamtheit der untersuchten Investitions-abläufe ein breites Spektrum von möglichen Ausformungen. Schon die Voraus-setzungen für die Übernahmen fallen höchst unterschiedlich aus. Mehrere Unter nehmen gaben an, das Investment sei zwingend notwendig gewesen, weil Restrukturierungsmaßnahmen angestanden hätten. Einige der Teilnehmer standen kurz vor der Insolvenz („es gab keinen anderen Bieter“). In einem Fall haben die Banken für das Unternehmen entschieden: Den Zuschlag erhielt der chinesische Investor aufgrund des gebotenen hohen Preises und weil eine schnelle Ablösung der Bankkredite in Aussicht gestellt wurde (die dann auch tatsächlich erfolgte).

„Ohne den chinesischen Investor hätte es uns nicht mehr gegeben. Wir haben durch die neue Finanzierung Zeit für die Umstrukturierung gewonnen.“

„Es war eine unfreundliche Übernahme. Die Banken haben den Alteigentümer zu Restrukturierungsmaßnahmen gezwungen und ihm ein Jahr Zeit gegeben. Diese Zeit hat der Alteigentümer aber nicht genutzt: zwei Projekte tiefrot abgeschlossen, Finanzierung des Wachstums unbefriedigend, Nachfolgeregelung ungelöst, in der Zwischenzeit Übergabe an einen von der Bank bestimmten Treuhänder. Danach haben die Banken den Verkaufsprozess eingeleitet.“

Mehrere Gesprächspartner gaben auch zu Protokoll, der Markt hätte sich speziell für ihre Branche „deutlich verschlechtert“. Es habe „einen starken Markteinbruch“ gegeben (als Ursache dafür wird zum Teil die Finanzkrise verantwortlich gemacht). Andere Statements liefen darauf hinaus, die eigene Finanzkraft habe im veränderten Marktumfeld nicht ausgereicht oder man habe sich mit einer Vielzahl von Projekten übernommen. Grundsätzlich lässt sich feststellen: Die chinesischen Investoren sind in etwa jedem zweiten befragten Unternehmen als Retter in der Not eingesprungen. Ein Unternehmen berichtet, die Moral der Belegschaft sei nach mehreren verlust-reichen Jahren am Boden gewesen, und man habe durch das Engagement des chinesischen Investors neuen Mut geschöpft.

Es wäre allerdings vorschnell, aus den genannten Stellungnahmen nun den Schluss zu ziehen, man müsse die Chinesen vorwiegend als Retter in der Not auffassen und die übernommenen Unternehmen hätten ihre Zukunft bereits hinter sich gehabt. Operative und strukturelle Defizite von Unternehmen und eine schlechte Finanz situation können wesentliche Voraussetzungen für eine Übernahme durch chinesische Investoren sein. Aber das gilt in der vorliegenden Stichprobe nur für jedes zweite Unternehmen. Etliche chinesische Übernahmen betrafen Unternehmen, deren Markt sich eher positiv entwickelt hatte. So befand sich z. B. ein Technologie unternehmen vor dem Kauf durch die Chinesen in Private-Equity-Eigentum und litt noch unter den Finanzierungslasten durch den Alteigentümer, sah aber Wachstums potenzial und beurteilte seine eigentliche wirtschaftliche Ausgangs position als eher gut.

Ergebnisse der Befragung

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 21

Eine Analyse der Profitabilität anhand der verfügbaren Jahresabschlüsse der 46 seit 2001 von Chinesen übernommenen und in dieser Form noch immer bestehenden Unternehmen bringt weiteren Aufschluss. Danach war die ökonomische Ausgangslage zum Zeitpunkt der Übernahme bei ungefähr gleich vielen Unternehmen ausgeglichen oder eher positiv, aber bei doppelt so vielen eher negativ. Mindestens jedes zweite Unternehmen befand sich also in einer prekären Ausgangslage (Informationen zu den inzwischen nicht mehr existierenden neunübernommenen Unternehmen erhalten Sie in Kapitel E). Das ist mit Blick auf die deutsche Gesamtwirtschaft ein vergleichsweise hoher Anteil.

Abb. 7 Finanzielle Lage des Unternehmens bei Übernahme

5mittelprächtig

11eher schlecht

6eher gut

Einer Reihe von befragten Unternehmen ging es im Gegensatz zum Übernahme-zeitpunkt wirtschaftlich durchaus eher gut. Jeden Verdacht, dringend eine Struktur reform durchführen zu müssen, auf dem Markt keine Perspektiven mehr zu finden oder unter akuter Finanzschwäche zu leiden, hätten diese Unternehmen mit Sicherheit und zu Recht vehement von sich gewiesen. Bei diesen Transaktionen ging es eher darum, eine Regelung zur Unternehmensnachfolge zu finden. Eine Rolle spielten auch Alteigentümer, die sich ihr „Lebenswerk vergolden“ lassen wollten. Andere Unternehmen planten und realisierten die Transaktion als strategischen Schritt.

Das Unternehmen, hieß es, habe sich in diesen Fällen meist den Investor aussuchen können. Hier erklärte das deutsche Management auch in mehreren der Interviews ausdrücklich, es sei selbst aktiv in die Auswahl des Investors eingebunden gewesen. Mehrfach seien von deutscher Seite regelrechte Bedingungen formuliert worden, bevor man dem Investor den Zuschlag gegeben habe. (Dazu zählt die unternehmerische Haltung des Investors bei langfristiger strategischer Ausrichtung oder die Übernahme und Weiterbeschäftigung des deutschen Managements.) In diesen Fällen sei auch vielfach von chinesischer Seite „Vertrauen“ in die deutschen Führungskräfte bewiesen worden. Man habe die Deutschen gewähren lassen und kaum selbst analysiert und kontrolliert (siehe Kapitel 3, Kapitel 4.2 und Kapitel 7.1).

„Bei uns gab es keine finanzielle Notwendigkeit. Wir haben keinen ‚weißen Ritter‘ gesucht. Es war eine freiwillige Entscheidung, das Unternehmen langfristig zu stabilisieren und – aus der Sicht des Gründers und ehemaligen Hauptaktionärs – sein Lebenswerk zu vergolden.“

Ergebnisse der Befragung

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22 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

2 Strategische Überlegungen hinter den Transaktionen

2.1 Gründe, sich auf einen Investor aus China einzulassen

In einer Reihe von Fällen waren die Chinesen sozusagen als „Retter“ willkommen. Es gab Unternehmen, die der ehemalige Eigentümer „nicht mehr wollte“, bei denen eventuell sogar eine Insolvenz drohte und wo die Kreditaufnahme extrem schwierig oder bereits unmöglich war. Ein Unternehmen wurde durch eine Insolvenz innerhalb seiner Unternehmensgruppe mitgerissen. Doch die „Rettungsaktionen“ halten sich mit den Übernahmen aus anderen Gründen die Waage. In mehreren Fällen konnte das deutsche Unternehmen wählerisch sein und sich seinen Investor aussuchen.

Die befragten Entscheider nannten in der Regel zwischen ein und drei Gründen, warum sie sich gerade auf einen chinesischen Investor eingelassen hatten. In den meisten Fällen stand zunächst der erzielbare Preis im Vordergrund. Das war vor allem bei den Unternehmen wichtig, die sich in einer krisenhaften Situation befanden und gegenüber Dritten (darunter Banken) Rechenschaft ablegen mussten. Auch wenn bereits ein Insolvenzverwalter tätig gewesen war, kam es vor allem auf das Erzielen eines möglichst hohen Preises an. Wenn der Entscheidungsspielraum der Verkaufenden größer war, ergaben sich auch Fragen wie beispielsweise die nach der bestmöglichen Variante, das Fortbestehen des Unternehmens und damit das eigene Lebenswerk abzusichern. Auch wurde die Auswahl des Investors in einigen Fällen dadurch mitbestimmt, dass der Verkaufende in der Region als Familienunternehmer verwurzelt war und weiterhin „mit aufrechtem Blick durch sein Dorf gehen“ wollte.

So legte das deutsche Management in einigen Fällen extremen Nachdruck darauf, festzuhalten, es habe starken Einfluss auf die Auswahl des Investors genommen. Mehrfach scheint es, als habe das deutsche Management durch die Transaktion seine persönliche Position stärken oder absichern können. Von mehreren Managern wird unterstrichen, der chinesische Investor habe es dem deutschen Unternehmen gestattet, seine Eigenständigkeit zu wahren und allenfalls behutsam Restrukturierungen gefordert. Hier seien bei der Übernahme seitens des deutschen Unternehmens oft klare Voraussetzungen und Ziele formuliert worden, etwa das hiesige Management zu erhalten, was von chinesischer Seite meist akzeptiert worden sei. Vermutlich wurde es auf Zeit akzeptiert. Die Chinesen sehen sich wahrscheinlich selbst in der Regel noch als Lehrlinge und partizipieren auf diese Weise weiter am Technologie- bzw. Management-Know-how der Verantwortlichen auf der deutschen Seite.

„Wir bleiben eine selbstständige Division, die Holding wird in den Gesamtkonzern eingehängt. Wir bleiben Premiummarke.“

Ergebnisse der Befragung

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 23

Ergebnisse der Befragung

In den letzten drei Jahren konnten wir mehrere Transaktionen chinesischer Investoren erfolgreich abschließen. Nach unserer Erfahrung gibt es keinen typischen chinesischen Investor, aber sicher gewisse Besonderheiten, die im Rahmen einer Transaktion zu beachten sind. Ein wesentliches Kriterium bei der Akquisition ist für einen chinesischen Investor der Zugang zur Technologie, die in irgendeiner Form auf dem chinesischen Heimatmarkt ihren Absatz finden muss. Dieser „China-Case“ prägt seine Entscheidung und ist der maßgebliche Werttreiber.

Ohne Genehmigung durch die staatliche Behörde gibt es keine Transaktion. Das letzte Wort hat der Staat oder die Genehmigungsbehörde. Allerdings vollzieht sich der Prozess der Genehmigung heute weniger isoliert als integriert: Partei, Staat und Unternehmen sind eng verzahnt und ihre Zusammen arbeit prägen häufig persönliche Beziehungen. Für Außen-stehende ist dieses Netzwerk zwar meist intransparent, aber es macht die Entscheidungsprozesse deutlich effizienter. Zunehmend tätigen bereits existierende Tochtergesellschaften, die auch über die erforderlichen finanziellen Ressourcen verfügen, im Ausland die Transaktionen. Damit entfällt der finale Genehmigungsprozess – er ist für den Abschluss des Kaufvertrags (Closing) keine Bedingung mehr.

Nicht zu unterschätzen ist der Faktor Sprache: In aller Regel läuft die Kommunikation zwei- oder gar drei sprachig ab. Dieser Multilingualismus belastet das Tagesgeschäft stark, da aus einer üblicherweise 30-minütigen Telefon konferenz leicht ein intensives zwei- bis dreistündiges Gespräch mit Rückfragen und zusätzlichen Erläuterungen wird. Gleiches gilt für die Vertragsdokumentation. Bei den Transaktionen, die wir begleitet haben, wurde jedes Dokument in den Sprachen Deutsch, Englisch und Mandarin erstellt. Da die Übersetzung der Gespräche zusätzlich mehr oder weniger simultan erfolgen muss, dauern die Verhandlungen deutlich länger. Während beispielsweise deutsche oder amerikanische Investoren die Führung einer Verhandlung vielfach ihren Anwälten überlassen und nur wesentliche Eckpunkte vorgeben, sind chinesische Entscheidungsträger meist sehr viel intensiver in den Prozess involviert. Die Berater der chinesischen Investoren verhandeln also zum einen mit der Gegenseite, zum anderen aber auch mit dem eigenen Mandanten. Ein solches Verfahren kann dann auch dazu führen, dass Positionen, die bereits verhandelt waren, nochmals auf den Tisch kommen. Hier gilt: It’s not over till it’s over.

Im Unterschied zu früher lassen sich chinesische Investoren häufiger professionell beraten. Wir werden nicht nur häufiger, sondern auch viel früher in die Prozesse einbezogen – und können dann natürlich auch den Ablauf deutlich besser gestalten. Ein weiterer positiver Effekt: Das alte Vorurteil, chinesische Investoren hielten sich nicht an Termine und hätten daher bei strukturierten Prozessen per se ein Problem, gilt heute nicht mehr. Unsere Erfahrung ist: Chinesische Bieter haben nicht nur jeden Zeitplan eingehalten, sondern Zeitvorgaben teilweise deutlich unterschritten.

„Die Strategie sollte stimmen“

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24 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

2.1.1 Hoher Verkaufspreis und Zukunftssicherung für das Unternehmen

Der erzielbare Preis hängt unmittelbar damit zusammen, welche Zukunfts-aussichten und Wachstumsfantasien der potenzielle Käufer bei dem Unternehmen für denkbar hält. Gerade chinesische Investoren waren eher als andere bereit, höhere Preise zu zahlen („es hätte auch jeder andere sein können“). Möglicherweise hatten sie häufiger einen größeren Spielraum für Wachstumsfantasien im Kopf als andere potenzielle Investoren, die aus gesättigten Märkten stammten oder einfach mehr Erfahrungen mit derartigen Unternehmenskäufen und Kaufverhandlungen hatten. Die Chinesen dürften auf ihrem Heimatmarkt selbst wohl eher Erfahrungen mit Wachstum und nicht mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten gemacht haben.

In drei Fällen wurde ausdrücklich formuliert, es habe sich beim Verkauf an die Chinesen (auch) um eine Exitstrategie des Private-Equity-Voreigentümers gehandelt. Zudem sei es auch Ziel der Transaktion gewesen, dass das Unternehmen weltweit wachse.

Doch der hohe Preis wird vor allem dann realisiert, wenn die strategischen Unternehmensaspekte vom Käufer positiv mitgedacht werden können. Es scheint – gerade wenn man über die Engagements chinesischer Investoren in Deutschland spricht – vor allem um strategische Aspekte und weniger um operative und administrative Fragen zu gehen. In mehreren Transaktionen sind Unternehmen zusammengekommen, bei denen es als Übernahmeziel weniger auf Synergien im operativen Geschäft ankam als vielmehr auf strategische Portfolio-Ergänzungen. So hat in einzelnen Fällen das deutsche Management den Wunsch nach einem „strategischen Investor“ auch explizit formuliert. Teilweise war es auch eine gewachsene Kunden-Lieferanten-Beziehung, die ein Investment in den Aufmerksamkeitskreis rückte.

„Es gab mehrere chinesische Interessenten. Wir wollten kein Staatsunternehmen und kein Private Equity. Ein strategischer Investor war gewünscht, weil ein Secondary Buy-out zu einer noch höheren Verschuldung geführt hätte.“

Die Märkte in Deutschland und China werden oftmals als komplementär gesehen. Nach dieser Auffassung bedienen Käufer und gekauftes Unternehmen jeweils unterschiedliche Anforderungen und stellen unterschiedliche Produkte her. In einem Fall verfügt der Investor zum Beispiel selbst über keine Prozesstechnologie.

Ergebnisse der Befragung

Die Übernahmen von Unternehmen durch chinesische Investoren werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Die chinesische Volkswirtschaft muss wachsen und dieses Wachstum kann zu einem guten Teil nur über Akquisitionen erfolgen. Der Anteil der mit einem höheren Risiko behafteten Übernahmen von in der Restrukturierung befindlichen Unternehmen ist relativ hoch. Aus diesem Grund wird wahrscheinlich nicht jedes Beteiligungsprojekt erfolgreich sein.

Martin Schwarzer Stephan FölsingPartner ManagerM&A Corporate Finance M&A China OutboundPwC PwC

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 25

Er stellt Waren her, aber die Deutschen betreuen den Prozess. In einem anderen Fall ging es um den deutschen Hersteller eines Markenprodukts für das mittlere und das Premiumsegment. Er hoffte, sich mithilfe des chinesischen Investors (der Produkte im selben Segment in einer niedrigen und mittleren Preiskategorie fertigt) in Europa „nachhaltig“ im mittleren Preissegment etablieren zu können. Eine Produktion in Deutschland, so seine Begründung, sei aus Kostengründen nicht mehr möglich.

Für die meisten befragten Manager liegen derzeit noch Welten zwischen „Kopie“ und „Original“, zwischen „Massenmarkt“ mit „Serienproduktion“ und gezielter Bedienung eines Segments in einem „Premiummarkt“, zwischen bloßem Abverkauf eines Produkts und dessen Absatzabsicherung durch einen Service. Darin wird momentan noch eine Chance für Wachstum und Stabilisierung bei den deutschen Unternehmen gesehen.

„Wir führen den Verkauf außerhalb Chinas, da die Chinesen keine Erfahrung im Ausland haben. Hier sind sie noch nicht so weit.“

„Ein chinesischer Staatskonzern hatte mehr geboten, erschien aber nicht so unter-nehmerisch wie das privat geführte Bieterunternehmen. Dieses hatte früher Produkte des deutschen Unternehmens kopiert – nun kauft sozusagen die Kopie das Original. Das chinesische Kopierprodukt hat funktioniert, doch die Leistungsmerkmale waren nicht so hochwertig wie die des Originals.“

Solche strategischen Synergien sind aus heutiger Sicht vor allem für die chinesische Seite von Vorteil. Die Investoren stammen meist aus verwandten Branchen und haben im eigenen Land erfahren, wie sehr deutsche Markenprodukte in ihrer Hochwertigkeit und technologischen Schrittmacherfunktion geschätzt werden. Die chinesische Seite sichert sich strategisch gegen eine Marktverdrängung durch den deutschen Wettbewerb ab, indem es in einen Premiumhersteller der eigenen Produktkategorie, in eine eigengeschäftsrelevante Technologiefirma oder in hochwertige Vertriebs- und Service-Infrastrukturen investiert. Denn ohne technologischen Vorsprung und ohne Premiumsegment wird es schwierig sein, auch auf dem heimischen chinesischen Markt nachhaltig zu bestehen, sofern sich das Produkt nicht ausschließlich über Niedrigpreis verkaufen soll. Die deutschen Unternehmen indes sehen Chancen durch „die Aussicht auf Direktinvestitionen der Chinesen in Deutschland“. Sie laufen mitunter aber auch in ein hohes Markenrisiko und gefährden das Premiumimage ihrer Marken, wenn sie mit ihrem tradierten Premiumanspruch plötzlich Produkte anbieten, die allenfalls ihren Zweck erfüllen, aber nicht viel mehr leisten (Good-enough-Produkte).

Deutsche Produkte haben sich mitunter so sehr an dem orientiert, was technisch möglich ist, dass ihre Grundfunktionen mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Die Zusatzeigenschaften haben das Produkt dann aber oft so teuer gemacht, dass es für potenzielle Kunden in den Wachstumsmärkten unerschwinglich ist. Ein Studienteilnehmer formulierte es so: „Das deutsche Arbeitsrecht hat uns Vorgaben gemacht, wie wir unser Produkt mit Sicherheits-eigenschaften ausstatten müssen, und das verteuert unser Produkt gegenüber dem Wettbewerb – aber in den anderen Ländern interessiert diese Sicherheit niemanden.“ Hier kann ein chinesischer Investor mit seinen Erfahrungen auf seinem Heimatmarkt einen wertvollen Beitrag zum Markterfolg leisten. Er kann diese Produkte wieder auf ihre für die Wachstumsmärkte entscheidenden Ursprungsfunktionen bei weiter hohen Leistungseigenschaften reduzieren, um dort im Preiswettbewerb bestehen zu können.

Ergebnisse der Befragung

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26 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

2.1.2 Verbindung zum Wachstumsmarkt China

Die chinesischen Investoren sind vermutlich meist gekommen, um zu bleiben. Deutsche Manager sehen sie vor allem als „strategische“ Investoren, für die der Preis eine nachgelagerte Rolle spielt und die in großen Wachstumsmärkten verankert sind.

Damit verbunden ist mitunter auch die Hoffnung, die Chinesen könnten auf ihrem Heimat markt und in Asien insgesamt für das übernommene Unter nehmen als Markt öffner fungieren. Gerade weil die Chinesen in zahlreichen Wachstums-märkten bereits mit Good-enough-Produkten vertreten sind, können nun die Premium produkte aus den deutschen Übernahmen geräuschlos nachgeschoben werden. Dabei steuert das deutsche Unternehmen die Erfahrung bei, wie solche Premium produkte zu verkaufen sind, während es seinerseits nun von günstigen Beschaffungsmöglichkeiten profitiert, die es ohne den chinesischen Investor nicht gehabt hätte. Ein befragter Manager nennt das „partnerschaftliche Markterschließung“.

„Unsere Tochtergesellschaften in Schanghai werden vom Investor in China gemanagt. Er hat die Verbindungen, das Netzwerk, um die Produkte verkaufen zu können.“

Die Situation am chinesischen Markt bewerten die Teilnehmenden meist sehr positiv. Die Urbanisierung wird die Nachfrage aus Sicht der meisten Unternehmen noch verstärken. Zweifel äußerten die Manager im Lauf der Gespräche daran, ob und, wenn ja, inwieweit die Zusammenarbeit auf dem chinesischen Markt dann tatsächlich funktionieren wird.

„Wir haben ein gutes Team, die Gesellschaft besitzt gutes Potenzial. China ist ein großer Markt. … Ich hoffe, dass der Knowledgetransfer nach China funktioniert, das wird aber nicht einfach.“

Es gab auch Unternehmen, die bereits im chinesischen Markt Fuß gefasst hatten. Sie wollten ihr Wachstum dort mithilfe des Investors aus China absichern. Bei anderen wiederum stand der Zugang zum chinesischen Markt durch den Investor aus anderen Gründen ausdrücklich nicht auf der Liste.

„Der Wachstumsmarkt in China sollte abgesichert werden. Wir hatten vor der Übernahme relativ schnell nennenswerte Verkaufserfolge in China erzielt, und uns stellte sich die Frage, wie wir dieses Wachstum in China nachhaltig erhalten und ausbauen können. Für uns als kleine mittelständische Firma war natürlich klar, dass wir dazu starke lokale Präsenz brauchen.“

Ergebnisse der Befragung

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 27

Abb. 8 Gründe, sich auf einen Investor einzulassen

12Suche nach externem

Finanzier für Wachs-tumsstrategie

8Restrukturierung

war nötig

3Unternehmens-

nachfolge war Thema

7andere Gründe

Mehrfachnennungen waren möglich.

2.1.3 Chancen durch die Finanzkraft der chinesischen Investoren

Die Unternehmen erhoffen sich durch den chinesischen Investor höhere Chancen, und das nicht allein für den Wachstumsmarkt China. Die Übernahme soll mittelbar die Finanzkraft (organisch und anorganisch) des Unternehmens erhöhen.

Die chinesischen Investoren gelten als finanziell hochpotent. Mehrfach betonen Teilnehmer, es gebe seitens des chinesischen Investors eine große Bereitschaft, sich auf Anliegen des deutschen Managements einzulassen und gemeinsam Lösungen für Finanzierungsfragen oder andere Themen zu finden. Den chinesischen Investoren wird, mehr als anderen, zugetraut, Wachstumschancen zu erkennen und Risikopotenziale nicht überzubewerten. Denn von ihrem Heimatmarkt sind sie vor allem Wachstum gewohnt.

„Wenn wir gesagt haben, dass an einer Stelle investiert werden muss, wurde das von den chinesischen Eigentümern begleitet, aber nie komplett infrage gestellt. Es wurde immer nachgefragt, aber es wurde nie gesagt, dass das, was wir uns hier vorstellen, überhaupt nicht geht. Im Gegenteil: Gerade bei solchen Investitionsentscheidungen waren die Chinesen noch mutiger und fortschrittlicher als wir.“

Wachstumsfantasien, auch bei der Suche nach einem Nachfolger, beeinflussten in mehreren Fällen die Entscheidung von gut situierten Unternehmen. Mitunter bestanden bereits Kontakte zu verschiedenen potenziellen chinesischen Käufern und man ging aktiv auf den Investor zu.

Ergebnisse der Befragung

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28 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

2.2 Vermutete Hauptinteressen bei den Investoren

Der Standort Deutschland ist ein Umfeld für Investitionen, das weltweit zu den sichersten zählen dürfte. Das hat bei den Investitionsentscheidungen für die chinesische Seite aus der Sicht der Gesprächspartner eine Rolle gespielt. In einzelnen Geschäftsfeldern, etwa im Bereich der erneuerbaren Energien, gilt der deutsche Markt schließlich als vergleichsweise groß, als ausgesprochen schnell wachsend und als extrem transparent. Doch entscheidend waren für die chinesischen Investoren nach Einschätzung der deutschen Führungskräfte zwei andere Kriterien: Technologie und Expansion.

Die chinesischen Investoren möchten sich durch die Übernahmen zum einen die (Prozess-)Technologie(n) des übernommenen Unternehmens sichern und zum anderen stärker auf dem europäischen Markt engagieren, in dem großes Marktpotenzial gesehen wird. Die Ausweitung der Europapräsenz scheint für mehrere chinesische Investoren ein wesentliches Motiv für die Übernahmen in Deutschland zu sein. Es gibt sicher ein Interesse der Chinesen an in Deutschland produzierten Erzeugnissen. Noch stärker aber ist offenbar das Interesse, in China Fabriken zu errichten, um dort diese Erzeugnisse für den europäischen und den Weltmarkt produzieren zu können. Synergieeffekte werden angestrebt, indem der Investor das erworbene fortgeschrittene Technologie-Know-how auch auf seine anderen Produkte anwendet.

„Der Investor hat viele einfache Produkte, die in einem starken Preiswettbewerb stehen. Er wollte Technologie und Internationalität in der westlichen Welt kaufen.“

„Der chinesische Investor ist langjähriger Lieferant, ein Mischkonzern. Er sieht uns als Ankerpunkt, seine Produkte in Europa zu platzieren.“

Aus den Befragungen wurde deutlich: Die meisten chinesischen Unternehmen belassen es nicht bei einer Beteiligung in Europa, sondern planen weitere Zukäufe. Vermutlich steht jedes gekaufte Unternehmen für eine hoch spezialisierte Kompo-nente im Produktportfolio des chinesischen Unternehmens, die für sich allein jedoch nicht ausreicht, um das Unternehmen zum Hersteller eines Premiumprodukts zu machen. Dazu bedarf es Verbesserungen auf breiter Basis. Das Interesse chinesischer Investoren an Übernahmen deutscher Unternehmen wird also auch in Zukunft hoch sein.

Um im eigenen Industriefeld zum unumstrittenen globalen Akteur zu werden, benötigt der Investor anerkannte Qualität und Marke, die er häufig in Deutschland findet. Sich eine solche geachtete Marke zu sichern kann als ein weiterer wesentlicher Grund für chinesische Investments in Deutschland gelten. Es bedarf einer Markt- und Managementkompetenz, die die chinesischen Investoren hier „mit einkaufen und davon lernen“, wie das ein Teilnehmer formulierte.

Ergebnisse der Befragung

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 29

Zudem stellen die deutschen Unternehmen qualitativ hochwertige Markenprodukte her oder bieten hochkomplexe Prozesse und Dienstleistungen an. Daher dient das übernommene Unternehmen meist als Plattform:•für den Verkauf und Wachstum in Europa oder•für eine weltweite Wachstumsstrategie.•um das Marketing- und Vertriebs-Know-how zu übernehmen.•um am Management-Know-how zu partizipieren.•um das technologische Know-how zu transferieren.

Als Motive für den Kauf nannten die Teilnehmer häufig die überlegene deutsche Technologie und die damit zusammenhängende deutsche Innovationskraft. Den Chinesen trauen sie zumindest derzeit nachhaltige Innovationen nicht zu. Sie werden eher als „Aufholer“ oder als „Greenhorns“ gesehen, die der technologischen Entwicklung hinterherlaufen. So ging ein übernommenes Unternehmen davon aus, das deutsche Management werde nach der Übernahme abgelöst. Dazu kam es nicht, weil der chinesische Investor keine geeigneten Führungskräfte hatte, die die deutsche Gesellschaft hätten führen können. Aber bei allen Defiziten, die den Chinesen im Moment zugeschrieben werden, darf man ihre Lernfähigkeit nicht unterschätzen.

„Chinesen können gut Produkte kopieren, aber komplexe Lösungen entwickeln und anbieten können sie nicht. Auf Produktionsseite war die Qualität bei den Chinesen nicht so gut, aber das lernen sie.“

„Die chinesischen Hersteller bedrohen die westlichen Hersteller nicht durch die heute verfügbaren Kopien, aber langfristig, denn der Weg hin zum hochwertigen Produkt ist beschritten.“

Chinesische Unternehmen zeichnen sich nach Ansicht der Befragten vor allem durch eines aus: Sie produzieren Produkte in hohen Volumina mittels ziemlich einfacher Technologie zu einem vergleichsweise niedrigen Preis. Hochwertige Premiumprodukte bedienen dagegen ein kleines Marktsegment mit geringen Absatzmengen. In einzelnen Branchen schwankt der Bedarf für diese Produkte mit geringen Abnahmemengen zusätzlich. Dann ist die Produktion in China keine Alternative. Um innerhalb Europas schwankende Bedarfe zu bedienen und „Vielfalt zum richtigen Zeitpunkt“ zur Verfügung zu stellen, entscheiden sich Investoren auch schon mal dafür, weiter in Deutschland zu produzieren und die Produktion auszubauen. Die Chinesen als große Hersteller in einem Massenmarkt dürften sich hier noch auf längere Sicht von den deutschen Unternehmen mit ihren flexibleren und spezialisierteren Anbieterprofilen unterscheiden.

„Die Stückzahlen, die man auf den Schlag braucht, sind nicht so groß. Es lohnt sich nicht, in China zu produzieren, oder der Kunde müsste gleich Zigtausend abnehmen. Da sagt jeder, dass das für ihn eine Jahresmenge ist und nicht geht. Die Kunden haben Bedarfe, die relativ schwankend sind. Deshalb brauchen die Chinesen hier in Europa Firmen, die produzieren. Wenn sie zum Beispiel in vier Wochen die und die Stückzahl von dem und dem Typ brauchen, dann müssen die auch da sein. Mehrere Versuche zeigten, dass das mit China nicht zu machen ist.“

Ergebnisse der Befragung

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30 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Wenn chinesische Investoren in die Kernphase der Verhandlungen eintreten, haben sie oft fixierte Vorstellungen, was den Wert eines Unternehmens angeht. Davon rücken sie dann selten ab, auch wenn ihre Berater dazu raten, und auch ihre Bereitschaft, die Ergebnisse einer Due Diligence bei der Kaufpreisfestsetzung zu reflektieren, hält sich in Grenzen. Eine solche Einstellung kann das Ergebnis unterschiedlicher Verhandlungskulturen sein. Sie kann auch damit zusammenhängen, dass die chinesischen Verhandlungspartner gehalten sind, Anweisungen von Entscheidern durchzusetzen, die lediglich mittelbar in den Prozess eingebunden sind. Weitere Punkte erschweren die Bewertung von Unternehmen durch chinesische Investoren: •Sie kennen die üblichen Bewertungsmethoden nicht oder haben falsche

Vorstellungen von ihrer Anwendung.•Sie wenden teilweise Methoden wie das Substanzwertverfahren an, die

im Westen als veraltet gelten.•Sie verwenden Praktiker zu- oder -abschläge, die nicht fundamental

abgeleitet wurden.•Sie kaschieren ihre Unsicherheit, indem sie eine unübersichtliche

Methoden vielfalt anwenden, die zu extremen Wertbandbreiten führen kann und die Festsetzung eines adäquaten Kaufpreises erschwert.

Chinesische Investoren vernachlässigen darüber hinaus die z. B. durch Standards gegebenen Rahmenregelungen und die Interdependenz zwischen den Methoden, wenn es um andere Bewertungen jenseits der Kaufpreisfestsetzung geht. Das betrifft etwa die nachgelagerte Kauf-preis allokation (Purchase Price Allocation) oder steuerlich motivierte Bewertungen nach dem deutschen Regelwerk.

Für einen erfahrenen Unternehmensbewerter erhöhen sich dadurch die Anfor derungen. Er muss nicht nur die Bewertungen technisch durchführen, sondern häufig auch die von ihm gewählten Wege und Methoden im Detail erläutern und verdeutlichen. Zudem muss er die bei der Transaktion handelnden Personen bei der Kommunikation mit der Zentrale in China unterstützen.

Dr. Rainer JägerPartner Valuations & StrategyPwC

„Chinesische Investoren kommen häufig mit fixierten Wertvorstellungen“

Ein weiteres Motiv, speziell für Investoren aus der Industrie, besteht vor dem Hintergrund der Internationalisierung darin, in Europa präsent zu sein. Zusätzlich wollen sie ihr Produktportfolio vervollständigen (meist im Premiumsegment): „Die chinesischen Hersteller liegen mit ihren Produkten eher im unteren und mittleren Preissegment, während die deutschen Markenprodukte im mittleren und im Premiumsegment angesiedelt sind.“

Ergebnisse der Befragung

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 31

Ergebnisse der Befragung

3 Vorbereitung der Investments seitens der Investoren

In den westlichen Industrieländern ist es inzwischen üblich geworden, Unter-nehmen vor dem Kauf einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen.

Mehrere Antworten der Teilnehmer ergaben: In einigen Fällen lief der Prozess der Übernahme aus deutscher Perspektive nicht optimal für die Investoren. Die Führungskräfte sind der Meinung, während der Übernahme hätte einiges besser strukturiert werden können. Eine mögliche Ursache dafür könnte sein, dass eine Reihe von chinesischen Investoren, die sich im deutschen Markt engagiert haben, nur in Ansätzen weiß, in welcher Abfolge von Schritten in westlichen Industrieländern Unternehmen gekauft werden.

„Es gab keine Anleitung vom chinesischen Investor, wie umzustrukturieren ist. Das hat mich sehr gewundert. Ich habe Erfahrung mit US-Investoren, da läuft das total anders: altes Management raus, eigenes Management rein, Integrationsplan, wöchentliches Reporting. Die sind einfach näher dran.“

Die Aussagen der Teilnehmer zur Professionalität der Investoren während des gesamten Prozesses sind sehr unterschiedlich. In mehreren Fällen gingen den Investitionen aufwendige Analysen voraus. Nur wenige Investoren hatten klare Vorstellungen und machten klare Vorgaben, in welche Richtung sich das übernommene Unternehmen entwickeln sollte. In einem Unternehmen soll nun das Ruder herumgerissen werden. Der Investor will dort stärker eingreifen. Das ist sicher auch notwendig, denn dort gab es weder eine Due Diligence vor der Übernahme noch wurde der Restrukturierungsbedarf erkannt. Stattdessen hatte sich der Investor nach Übernahme stark zurückgezogen.

3.1 Due Diligence

Eine sorgfältige Überprüfung des Zielunternehmens (Due Diligence) fand nicht in jedem Fall statt und war zusätzlich von sehr unterschiedlicher Qualität. Teilnehmer berichten, es habe zwar „keine klassische“ Due Diligence gegeben, aber der Investor habe eine eigene „Tiefenprüfung“ durchgeführt.

„Es gab keine Due Diligence. Chinesen vertrauen Personen mehr als einer finanziellen Analyse.“

Due DiligenceUnter Due Diligence (DD) versteht man die sorgfältige und detaillierte Unter suchung, Prüfung und Bewertung eines Unternehmens als Grundlage für die Investmententscheidung.

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32 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Mehrere Male gaben Teilnehmer zu Protokoll, die chinesischen Investoren könnten die Situation des Managements in Deutschland nicht einschätzen. Zudem verstanden sie in vielen Fällen offenbar Erkenntnisse aus der Due Diligence inhaltlich nicht oder konnten sie nicht abrufen („anscheinend gibt es keine Datenbank beim chinesischen Investor“).

Die Due Diligence betraf in einer Reihe von Unternehmen mehrere Felder, insbesondere: •Commercial•Financial•Tax•Legal•Environmental

Allerdings schätzten die Teilnehmer die Qualität der Analysen, die im Auftrag der chinesischen Investoren durchgeführt worden waren, in mehreren Fällen als sehr gering ein. Sie berichten häufig von fehlender Professionalität. Die Frage, wie die Due Diligence eigentlich zu bewerten sei, beantworteten die befragten Entscheider uneinheitlich. In einem Fall galt sie zwar als „vollumfänglich“, die Führungskräfte waren aber gleichzeitig der Meinung, die Prüfung sei „nicht sehr strukturiert abgelaufen“. Bei einigen – durchaus für den Kauf zentralen – Themen habe man sich auf deutscher Seite „gewundert“, warum sie nicht vor dem Kauf abgeklärt worden seien. So wurde zum Beispiel ein deutscher Geschäftsführer erst nach der Übernahme von den Chinesen gefragt, wie viele Steuern eigentlich in Deutschland auf Gewinne gezahlt werden müssten.

Abb. 9 Due Diligence vor der Übernahme

ja 18

nein4

„Auf Legal wurde beispielsweise wenig Wert gelegt. Die Chinesen wussten gar nichts über uns, erst nach der Übernahme wurde untersucht.“

Nach Einschätzung einzelner Befragter haben die chinesischen Investoren in der Due Diligence häufig kauf- und preisrelevante Aspekte vernachlässigt. Das hat nach Ansicht der Befragten zu falschen Unternehmensbewertungen geführt. Auch die Auswahl der externen Berater hat in einigen Fällen die Befragten überrascht, da sie professionelle Fachexpertise und gute Englischkenntnisse vermissen ließen. Alle kritisierten Fälle betrafen Berater mit chinesischer Herkunft. Bei der Auswahl der Berater scheint „Vertrauen“ eine große Rolle zu spielen, das sich jedoch nicht vorrangig auf Fach-Know-how stützt.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 33

Ergebnisse der Befragung

Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Beispielen für einen ausgesprochen professionellen Angang und umfassende Analysen („fully-fledged“ Due Diligence in jeder Hinsicht), in die sich auch das bisherige Management gut einbringen konnte. Gerade Übernahmen durch Staatsunternehmen oder börsennotierte Konzerne sind oft von einer „vollumfänglichen“ Due Diligence begleitet worden.

„Ein chinesisches Staatsunternehmen erhält ohne Due Diligence keine Investitions-genehmigung. Bei privaten mag das anders sein.“

Wir erwarten in den nächsten zwei bis drei Jahren einen erheblichen Anstieg chinesischer Transaktionen – sowohl in den Fallzahlen als auch im durch schnittlichen Wert je Transaktion. Auffällig ist ebenfalls: Bei chinesischen Übernahmen wird mehr und mehr die strategische Absicht hinter der jeweiligen Übernahme erkennbar.

Chinesische Investoren wissen in letzter Zeit auch stärker den Nutzen einer gut durchgeführten Due Diligence zu schätzen. Um Synergiemöglichkeiten erkennen und optimal nutzen zu können, bedarf es einer eingehenden Analyse, auch wenn die strategischen Gründe für den Unternehmenskauf offensichtlich sein mögen. Solche strategischen Gründe sind vielfach z. B. der Kauf einer erfolgreichen deutschen Marke, Technologietransfers oder auch der Erwerb einer Ausgangsbasis, um eigene Produkte nach Europa verkaufen zu können.

Chinesische M&A-Teams sind zwar im besten Sinn geschäftsorientiert, aber häufig unerfahren. Sie kommen mit wenig Kenntnissen nach Europa und brauchen Unterstützung durch einen erfahrenen Berater. Sie müssen die Ertragslage des jeweiligen Übernahmekandidaten kennen und verstehen, wie er sich im Vergleich zu seinen Wettbewerbern in den einzelnen europäischen Ländern schlägt. Ohne eine Commercial Due Diligence wird diese Analyse nur schwer möglich sein.

Auch wenn chinesische Investoren in ihrem Gang nach Deutschland erfahrener werden, bleiben weiterhin Herausforderungen, die speziell sie zu überwinden haben. Das sind unter anderem lange Entscheidungsprozesse und Genehmigungsverfahren, die auf chinesischer Seite zu durchlaufen sind. Bei einer Verkaufsauktion unter Zeitdruck kann der Zeitfaktor ein deutlicher Nachteil gegenüber westlichen Bietern sein, auch wenn wir hier ebenfalls Fortschritte feststellen konnten.

Philip GrindleyPartner Transaction ServicesPwC

„Chinesische Investoren werden erfahrener“

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34 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

3.2 Integrationsplanung für Mergers and Acquisitions

In nicht einmal jedem zweiten befragten Unternehmen fand vor oder mit der Übernahme eine Integrationsplanung statt. Als Gründe wurden vor allem genannt: „Die Insolvenz kam überraschend, da war keine Zeit mehr für eine Integrationsplanung.“ oder: „Der Abschluss ist noch nicht erfolgt, deswegen keine Integration. … Es gibt ein Integrationskomitee, aber derzeit sollen noch keine großen Veränderungen umgesetzt werden.“

Fand eine Integrationsplanung statt, betonte die Mehrheit der Befragten, diese Planung habe sich nur auf einzelne Teilbereiche erstreckt, etwa um im Bereich Entwicklung und Vertrieb Ressourcen für Synergien zu heben.

Vertreter einiger deutschen Unternehmen betonten, es habe eine Vorgabe gegeben, nach der nur eingeschränkt integriert und die Eigenständigkeit des deutschen Unternehmens erhalten werden sollte. So gab es in einem Unternehmen nach Auffassung des deutschen Managements womöglich auch deshalb keine M&A-Integrationsplanung, weil Synergien zu heben nicht das das Ziel der Übernahme gewesen sei. In diesem Fall sollte das übernommene deutsche Unternehmen vielmehr dezentral gesteuert bleiben und nicht operativ integriert werden.

Ziele und Aufgaben einer IntegrationsplanungUnternehmenskäufer wollen durch ihre Transaktionen den Wert des eigenen Unternehmens langfristig steigern. In mehr als der Hälfte der Unternehmenstransaktionen erreichen die Investoren aufgrund von Fehlern in der Umsetzung die gewünschten Wertsteigerungen nicht. Die Integration des erworbenen Unternehmens ist der Schlüssel zum Erfolg. Sie hat nur dann Erfolg, wenn sie mit Sorgfalt und zeitlich realistischem Blick geplant wird.

Aufgabe einer Integrationsplanung für Mergers and Acquisitions (M&A) ist, Ziele, die mit der Akquisition verfolgt werden, in einem formalen Prozess niederzulegen und zu begleiten. So sollen Fehler bei der Integration vermieden und die geplanten Ziele erreicht werden.

Idealerweise fängt die Integrationsplanung deshalb bereits vor der Über-nahme an, und wird im Lauf des Kaufprozesses konkretisiert, also beispiels-weise nach Unterzeichnung des Kaufvertrags (Closing). In der Phase der Due Diligence erhält der Käufer wichtige Detailinformationen zu Unternehmens-interna. Mit ihrer Hilfe kann er seine Ziele im Detail definieren. Sie liefert ihm wichtige Hinweise auf Maßnahmen, die er nach der Übernahme ergreifen muss. Die Umsetzung beginnt dann bereits am Tag der Übernahme. Sie umfasst eine Tag-eins- und eine 100-Tage-Planung, mit der der Investor seine Ziele festlegt und Maßnahmen vorgibt, um die Kontrolle über das operative Geschäft des Unternehmens unmittelbar nach Übernahme zu erlangen. Sollen Unternehmen übernommen werden, die sich in wirtschaftlichen Schwierig-keiten befinden, ist es sinnvoll, den sogenannten Turnaround aktiv zu managen, anstatt allein „auf besseres Wetter zu warten“.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 35

Ergebnisse der Befragung

Ein privater Investor führte zwar keine formale Integrationsplanung durch, stellte aber seine Prognosen vor und machte seine Erwartungen klar: Entwicklung des Geschäfts in den kommenden drei Jahren, Synergieeffekte entlang der Wertschöpfungskette und Wettbewerbsvorteile unter anderem auch durch Nachhaltigkeit. Gerade wenn Nachhaltigkeitsziele formuliert werden, unterstellt das deutsche Management den chinesischen Investoren oft ein sehr langfristiges Denken. Nach dieser Wahrnehmung stehen die Chinesen in einem Kontrast zu dem, was oft im Zusammenhang mit angloamerikanischen Investments kolportiert wird oder was die Befragten in anderen Zusammenhängen erlebt haben.

Ein Unternehmen entwickelte einen Restrukturierungsansatz mit einer großen Unternehmensberatung und ließ seinen M&A-Prozess durch ein chinesisch geführtes Beratungsunternehmen begleiten. Es kenne „beide Mentalitäten“ und spiele jetzt bei der Kommunikation für die deutsche Seite eine entscheidende Rolle: „Sie wissen, was wir wollen und was der Chinese will und versuchen dann, die für deren Kulturkreis völlig unverständlichen Argumentationen so zu übersetzen, dass wir zu einer Lösung kommen. Das gibt Schub.“

In der Mehrzahl der Übernahmen waren Synergieeffekte ein Teilziel. Insofern ist eine Integrationsplanung für einen strukturierten und überprüfbaren Ablauf unverzichtbar. Integrationsziele wie Marktwachstum, Produktionserweiterung und Kostenreduktion wurden in mehreren Fällen auch formal festgesetzt. Ein Unternehmen legte eine strategische Vier-Jahres-Planung vor. Tag-eins- und 100-Tage-Planungen wurden jedoch nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Mehrere deutsche Entscheider hatten den Eindruck, der chinesische Investor habe sich vor der Übernahme „wenig Gedanken über die langfristige Richtung gemacht“.

„Es war ein eher emotional getriebener Kauf. Die Marke stand im Fokus.“

Bei mehreren Transaktionen zogen die Investoren externe Berater hinzu. Bei einigen wenigen bildeten die Unternehmen firmeneigene internationale Teams oder beschäftigen (zusätzlich) kostspielige Berater aus dem Investmentbanking. Eine Chinesin in einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüfte im Auftrag eines chinesischen Investors vor Ort in Ostdeutschland den Integrationsprozess. Es sei für den Investor schwierig gewesen, jemanden in seinem Unternehmen zu finden, der bereit war, nach Ostdeutschland zu gehen: „Alle wollen nach Kalifornien, wo auch zahlreiche chinesische Direktinvestitionen laufen.“

Abb. 10 Integrationsplanung für Mergers and Acquisitions

ja 10

nein12

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36 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

In mehreren Fällen gab es zwar keinen schriftlich fixierten Gesamtplan für die Integration, sehr wohl aber für Teil bereiche. Bei einer Transaktion sollte Deutschland als „Technologie schmiede“ für den chinesischen Konzern dienen („es mangelt den Chinesen immer noch an Kreativität“). Dazu wollten die Inves-toren die Fertigung der Hard ware aus Deutschland nach China verlagern und in China eine eigene Verkaufs organisation aufbauen, die eher den Bedürfnissen des Projektgeschäfts entspricht.

In einem anderen Fall verfügt der Investor nach Ansicht des Interviewten selbst über keine Prozesstechnologie. Er stellt Waren her, aber die Deutschen betreuen den Prozess. „Den zu steuern ist komplex. Wir liefern Prozesssteuerungsanlagen. Wir sollen die Produktion in China zu Turnkey-Anlagen weiterentwickeln (schlüssel-fertige und einsatzbereite Gesamtanlagen).“ Nach dem Plan des Investors sollten die Chinesen nach Deutschland zum Training kommen (bisher sei eine Delegation angereist). Später sollen auch Deutsche nach China gehen, um das für diese Prozess-technologie erforderliche Know-how in das chinesische Unternehmen zu bringen.

In einem anderen Fall passte die Produktstruktur mit der Vertriebsstruktur des Voreigentümers nicht zusammen. Während der deutsche Alteigentümer ein Produktbusiness mit Ladenverkauf betrieb, wollte der chinesische Investor dieses Geschäft stärker zu einem Projekt- und Systembusiness ausbauen (um zum Beispiel Infrastruktur bereitzustellen). Das durch die chinesischen Produkte erweiterte Produktportfolio solle das Geschäft beleben, der Vertrieb in Europa laufe, die chinesischen Produkte seien am Markt akzeptiert. Die Deutschen würden die aus China stammenden Produkte erweitern und verbessern.

Ein weiterer Schwerpunkt der Integrationsbemühungen – neben der Aus- und Weiterbildung – ist bei einzelnen Unternehmen offenbar das Thema Humankapital (Human Resources, HR). Die Mitarbeiter sollen an das Unternehmen gebunden werden (Retention Management). Bei einigen Übernahmen verfolgten die Investoren den kulturellen Austausch und die Analyse kultureller Aspekte schon in der Planungsphase mit besonderer Aufmerksamkeit. So durfte ein deutsches Unternehmen 15 Mitarbeiter nach China schicken, damit sie sich die chinesischen Produktionsstätten und die Abläufe dort genau ansahen. Oder „viele Mitarbeiter aus der Technik“ wurden eingeladen, die in Deutschland lernen und ausgebildet werden sollten.

Diese Einzelbeispiele verdeutlichen: Eine sehr gut strukturierte und umfassende M&A-Integrationsplanung gab es nach Einschätzung der befragten Entscheider in Deutschland nur in sehr wenigen Unternehmen. Zum Teil gingen in den Schilderungen auch Planungs- und spätere Steuerungsabläufe ineinander über.

„Die Integrationsplanung wurde gemeinsam vom deutschen und chinesischen Management erarbeitet. Die Ziele waren der Ausbau der Marktanteile in China und Asien, Technologieentwicklung und -transfer und Produktionsverlagerungen. Technologisch anspruchsvolle Produkte machen wir weiterhin hier in Europa.“

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 37

Ergebnisse der Befragung

Die befragten deutschen Manager beobachteten in den meisten Fällen eine eher erratische und sprunghafte Vorgehensweise. Sie ist sicher zu einem guten Teil auch auf das Fehlen einer systematischen M&A-Planung zurückzuführen. Der Eindruck der deutschen Manager war vielfach – und womöglich in einem Teil der Fälle auch zu Recht –, dass die chinesische Seite:•Vertrauen in sie habe.•sie weitermachen ließe.•keine bestehenden Strukturen zerschlagen habe.•nicht aktiv in ablaufende Integrationsprozesse eingreife.•das Unternehmen wie eine Finanzbeteiligung oder ein Portfolio-Unternehmen

führe.

Bei einigen der Übernahmen gab es auch nur geringe Überschneidungen bei den Produktgruppen bzw. Geschäftsmodellen, sodass sinnvolle Integrationsprozesse nur punktuell angestoßen werden konnten. Zudem hatten die deutschen Manager vielfach den Eindruck, die Chinesen wollten von ihnen lernen, etwa wie in Deutsch land und Europa der Markt für die jeweiligen Produktgruppen und Dienstleistungsangebote funktioniere.

Selbst wenn kein Integrationsplan erstellt wurde, muss das nicht bedeuten, die chinesische Seite habe nicht klare Vorstellungen darüber, wohin sich die Beteiligung entwickeln soll. Möglicherweise existierten in einzelnen Fällen auch Planungen, ohne dass das deutsche Management darüber im Detail informierte wurde. Fast alle Teilnehmer betrachten die Kommunikation mit dem chinesischen Investor aus verschiedenen Gründen als große Herausforderung. Dazu kommt noch ein Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist: Das Gros der befragten deutschen Manager sieht die chinesischen Investoren als Neulinge im Geschäft. Sie haben keine oder kaum Erfahrungen:•damit, wie komplexe Unternehmensverkäufe abzuwickeln sind.•damit, wie zu integrieren ist.•mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, da sie wachstumsverwöhnt sind.

Die deutschen Manager blicken hier mit „elterlichen“ Augen auf „Heranwachsende“, die noch in der Entwicklung sind. Die chinesischen Investoren sehen sich nach Beobachtung einiger deutscher Manager auch selbst häufig noch als Anfänger in dem Geschäft. Allerdings lässt sich hier nicht endgültig klären, inwieweit es sich bei derartigen Einlassungen der Chinesen auch um einen Ausdruck des soziokulturell antrainierten ostasiatischen Understatements handelt (nähere Informationen in Kapitel 7).

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38 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Zusammenfassend ist festzuhalten: Es kann (noch) nicht von einer systematisch organisierten Integration in die chinesischen Konzerne gesprochen werden. Die Investoren führen die deutschen Unternehmen eher wie Finanzbeteiligungen eines Investmentportfolios. Einerseits ist das der technologischen Überlegenheit der deutschen Unternehmen und der mangelnden Erfahrung der Chinesen mit Auslandsinvestitionen geschuldet, andererseits sind sehr viele deutsche Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten übernommen worden. Ein stärkeres Engagement des neuen Investors, um die Ertragslage systematisch zu verbessern, wäre bei dieser Ausgangslage nur allzu verständlich. Offensichtlich haben chinesische Unternehmen bisher wenig Erfahrungen mit der Überwindung von Krisen in gesättigten Märkten gemacht und sich deshalb in der Führung von Auslandsinvestments bisher zurückgehalten. Die chinesische Volkswirtschaft hat nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den vergangenen drei Dekaden jährlich durchschnittlich neun Prozent zugelegt. Möglicherweise ist der Zustand nur vorübergehend, viele Übernahmen wurden erst in den letzten beiden Jahren vollzogen. Es bleibt abzuwarten, ob die übernommenen Unternehmen mittelfristig nicht doch stärker integriert werden.

Die ersten 100 Tage nach dem Closing sind der entscheidende Zeitraum bei der Unter nehmens integration.

Die chinesischen Investoren wollen Zugang zu „europäischem“ Know-how, Prozessen und Technologien. Sie planen Maßnahmen zur Restrukturierung oder Refinanzierungen der Zielunternehmen. Sie erhoffen sich Synergie-effekte, höhere Marktanteile, Zugang zu neuen Märkten und wertvolle Markenrechte. Sie planen, Profitabilität und Umsatz zu steigern.

Die Transaktion ist ein Umbruch, und eine erfolgreiche Übernahme ist der Garant für eine lang fristige positive Geschäftsentwicklung. Das gilt, auch wenn viele chinesische Investoren keine vollständige Integration durch-führen und das Ziel unternehmen – sei es aus strategischen, operativen oder finanziellenÜberlegungen –alsreinesPortfoliounternehmenbetrachten.Invielen Fällen erleben die Beteiligten eine Transaktion nur einmal. Grenz-über schreitende Transaktionen konfrontieren das übernommene Unter-nehmen mit ausländischen Investoren, die zumeist völlig unbekannt sind und deren Strategie man nicht kennt. Entscheidende Erfolgsfaktoren in diesem Spannungsfeld sind Themen wie:•Changemanagement•Tag-eins- und 100-Tage-Planung•einheitliches Projektmanagement•Synergiemanagement•Organisationsdesign•Expertenwissen in den Bereichen Methoden, Prozesse und Industrie

Es gibt viel zu tun in dieser Phase. Kulturelle Barrieren wollen erkannt und feinfühlig überwunden werden. Ressourcen wollen gezielt und an neuralgischen Stellen eingesetzt werden. In dieser Situation ist das Management beider Unternehmen gefragt: Sie sollten sich für alle erkennbar mit der Transaktion identifizieren und sich für sie engagieren.

„Die eigentliche Arbeit beginnt nach Vertragsabschluss“

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 39

Ergebnisse der Befragung

4 Die chinesischen Investoren

Die chinesischen Übernahmen erfolgten fast ausschließlich durch Industrieunter-nehmen oder Mischkonzerne. Kaum in Erscheinung traten Private Equity, Venture Capital und andere Akteure des Finanzmarkts. 13 von 22 Fällen der befragten Unternehmen, in denen Industrieunternehmen oder Mischkonzernen aktiv wurden, sind privatwirtschaftliche Unternehmen, sieben von den 13 sind börsengelistet. Neun der 22 Übernahmen durch Industrieunternehmen oder Mischkonzerne erfolgten durch chinesische Staatsunternehmen (State-owned Enterprises, SOE). Fünf der Staatsunternehmen sind börsengelistet.

Abb. 11 Art des Investors

21Industrieunternehmen/

Mischkonzern

1Private Equity

Während dieser Zeit gilt es, die Mitarbeiter, die wegen ihrer Kompetenz und ihres Könnens wichtig für das Unternehmen sind, zu identifizieren und langfristig zu binden. Diese Aufgabe ist gerade für chinesische Investoren wichtig und meist ein Grund für ihre Akquisition.

Prozesslandschaften warten darauf, harmonisiert zu werden, sämtliche Teilhaber wollen angesprochen und involviert werden. (Stakeholder in diesem Sinne sind auch Externe wie Lieferanten, Kunden und Behörden. Auch ihr Vertrauen muss nach der Akquisition gewonnen werden.) Komplexe Geschäftsmodelle sind aufeinander abzustimmen und ein eng gesteckter Zeitplan muss eingehalten werden.

Werden Kompetenzen in dieser Phase unzureichend zugewiesen, droht ein „organisational deadlock“, die Lähmung der weiteren Entwicklung. Solch ein „Kompetenz vakuum“ entsteht schnell, wenn Zuständig keiten in der Aufbau organisation zu lange unklar bleiben. Nahrung erhält ein solcher Hohl raum auch durch Doppel besetzungen (im neu akquirierten Unternehmen und in der Zentrale). Gefördert wird es, wenn unsicher ist, was der neue Eigentümer plant, oder wenn Informationen allzu zögerlich fließen.

All diese Aufgaben und weitere leistet ein professionelles Post Deal Management. Das bestätigt eine Vielzahl von erfolgreichen Projekten in der Vergangenheit. Es muss sich nicht sofort negativ auswirken, wenn man die genannten Aufgaben teilweise oder komplett vernachlässigt. Mittelfristig gerät der Erfolg der Transaktion aber meist in Gefahr. Langfristig droht ein erheblicher Verlust an Wert für beide Seiten mit erheblichen Folgen für Wettbewerbsfähigkeit, mindestens aber Ineffizienz.

Christian KnechtelPartner Advisory Management ConsultingPwC

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40 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

4.1 Grad der Einflussnahme durch die chinesischen Investoren

Die Investoren nehmen in nur etwa einem Drittel der Fälle stärker Einfluss darauf, was mit ihrer neuen deutschen Beteiligung geschieht. Vielfach gibt der Investor „den Rahmen vor“: Geschäftszahlen, Umsatz sowie Gewinnung von Marktanteilen. Häufiger formulierte der Investor eine strategische Absicht oder ein Businessmodell, oft gab es Aussagen zur Marke oder zum Produkt. Dazu kam es vor allem dann, wenn sich das Unternehmen bei Übernahme in einer wirtschaftlichen Krise befand. Mehrfach wird aber betont, die (positive oder negative) Marktentwicklung habe nichts mit den chinesischen Engagements zu tun hat. Gleichwohl berichten die Teilnehmer überwiegend von einer Zurückhaltung, ja Passivität des chinesischen Investors.

„Der Markt hat sich sehr gut entwickelt, daran haben aber die Chinesen keinen Anteil.“

Die chinesischen Investoren sind in vielen Fällen in tiefer greifende Entscheidungen involviert, gelten aber als vergleichsweise langmütig und planen langfristig. Einige erklärten in diesem Zusammenhang, sie wollten besonders auf die deutschen Gegeben heiten Rücksicht nehmen. In Einzelfällen soll auch Einfluss auf die kommunale Stand ort politik genommen werden. Die Chinesen gelten vielfach als „sehr offen, sehr hilfsbereit, die Beziehungen sind sehr harmonisch“. So wurden in einem Fall auch Geburtstage mit dem chinesischen Investor gefeiert („Die menschliche Seite ist äußerst positiv“).

„Wir hatten eine massive Krise zur Zeit der Übernahme, danach mehrere Restrukturierungen und dabei ein vernünftiges Wachstum, später noch mal eine Phase mit hohen Verlusten. Hätten wir in beiden Perioden nicht den chinesischen Investor gehabt, wären wir bereits in Konkurs gegangen. Ich glaube nicht, dass ein westlicher Investor so reagiert hätte. Der hätte die Reißleine gezogen. Die Restrukturierungen waren übrigens nicht durch den chinesischen Investor initiiert, sondern durch das deutsche Management. Der chinesische Investor hat sich verantwortungsvoll verhalten und Forderungsverzicht geleistet.“

Abb. 12 Einflussnahme durch den Investor

0–2 (Investor nimmt überhaupt keinen Einfluss)

3–4

5–6

7–8

9–10 (Investor nimmt extrem starken Einfluss)

8 6 4 4 0

Wie beurteilen Sie bisher die Stärke der Einflussnahme durch den Investor auf die Unternehmensentscheidungen?

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Ergebnisse der Befragung

Die befragten Entscheider vergeben hier einen Durchschnittswert von 3,8. Aufs Ganze gesehen kann die Einflussnahme durch die chinesischen Investoren also eher als schwach gelten.

Die Investoren nehmen in der Regel nur moderat Einfluss. Sie nutzen in vielen Fällen ihre Präsenz im Aufsichtsrat als Mittel der Einflussnahme. Auch die Bestellung eines zusätzlichen Geschäftsführers ist üblich, der aber häufig seinen Dienstsitz in China hat. In der Mehrzahl der übernommenen deutschen Unternehmen sind Abgesandte der Investoren immerhin quartalsweise vor Ort. Der Aufsichtsrat tagt „ein- bis drei-mal pro Jahr“ oder quartalsweise.

„Das Aufsichtsratsmitglied ist eine Einzelperson, die zweimal jährlich kommt. Der Geschäftsführer kommt einmal im Quartal.“

„Es gibt einen Beirat, in dem Chinesen sitzen. Ein US-Investor würde Umstruk-turierungs maßnahmen im Blick haben, die Chinesen sind passiv und geduldig.“

Die Zurückhaltung der Investoren erleben die Teilnehmer meist positiv und mehr fach in wohltuender Abgrenzung zu angloamerikanischen Investoren. Sie wird vor allem darauf zurückgeführt, dass die chinesische Seite nur wenig Erfahrung mit der komplexen Steuerung von Auslandsinvestitionen hat, dafür aber „Vertrauen“ in das deutsche Management. Selbst in den Fällen, in denen nach Übernahme im deutschen Unternehmen restrukturiert wurde, betonten die Interviewten, diese Änderungen hätte das deutsche Management initiiert, nicht dieChinesen –eineRestrukturierunghabeohnehinangestanden.Zudemgebeeswenig Überschneidungen zwischen Mutterkonzern und Tochterunternehmen. Eine Integration sei teilweise gar nicht geplant, und das deutsche Tochterunternehmen werde wie eine Finanzbeteiligung (Portfoliounternehmen) geführt (siehe Kapitel 4.2).

Doch die vergebenen Werte zur Einflussnahme variieren stark und decken beinah das gesamte Spektrum der Skala ab. Sie reichen von 0,5 bis 8. In den vier Fällen, in denen höhere Werte vergeben worden sind (7 oder 8), ist die stärkere „Einmischung“ des Investors eher positiv als negativ erlebt worden. Es handelte sich dabei aber fast ausschließlich um Unternehmen, bei denen ohnehin Maßnahmen zur Restrukturierung anstanden (drei von vier).

In nur acht Fällen nehmen die Teilnehmer die Einflussnahme der Investoren als (etwas) stärker wahr (Werte 5 bis 8 auf der 10er-Skala). Hier finden häufiger Besuche von Abgesandten des Investors statt. Auch eine Kontrolle des Integrations-erfolgs gibt es öfter, zum Teil als „Vor-Ort-Kontrollen“, Business Reviews und Finanz berichterstattung (monatlicher Turnus). Videokonferenzen erfolgen hier meist auch in kürzeren Abständen als andernorts. Auf der operativen Ebene (Vertrieb, Produktion) gibt es in den meisten Firmen „sehr viel mehr“ Austausch als im Topmanagement.

„Eigentlich sind immer welche vor Ort: operative Themenarbeitsgruppen, die zusammen arbeiten. Gegenseitige Unterstützung erfolgt durchschnittlich quartals-weise – nicht jedes Quartal, aber dafür im nächsten zweimal, oder wir fliegen hin. Der persönliche Kontakt zum Topmanagement ist quartalsweise.“

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42 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Um den Technologietransfer von Deutschland nach China sicherzustellen, schicken mehrere Unternehmen deutsche Techniker nach China. Mitunter werden auch chinesische Techniker nach Deutschland geschickt, „für die Produkte, deren Fertigung wir nach China verlagern, zum Beispiel für die Steuerung. Damit behalten wir das Know-how in der Gruppe und geben diese Teile nicht nach außen.“ Im Technologiezugang sehen die Deutschen häufig ein Hauptinteresse der chinesischen Investoren. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung gestützt, dass es gerade auf Ebene der Techniker nach vielen chinesischen Übernahmen zu einem ausgesprochen intensiven Austausch gekommen war. So gibt es etwa in einem Unternehmen für den „Technologiezugang in einer wichtiger werdenden Marktnische … fünf Ingenieure in China, die nach Deutschland gekommen sind und von uns trainiert werden.“ Es gebe definierte Projekte und Teams. Der Wissenstransfer an die chinesischen Techniker betreffe auch die deutschen Zulieferer und deren Komponenten.

„Leute aus Vertrieb und Produktion sind fast ständig hier. Auch Deutsche sind häufig in China, insbesondere die Techniker, um die Qualität und den Service in China sicherzustellen.“

Abb. 13 Besuche von Abgesandten des Investors

6sind fast ständig

vor Ort

4monatlich

7quartalsweise

5ein- bis dreimal

pro Jahr

Ein Technologietransfer findet also tatsächlich statt, aber anders als vielfach durch das Schlagwort „Technologieklau“ suggeriert. Die Investoren schließen nach der Übernahme keine Fabriken und sie vernichten keine Arbeitsplätze. Sie betrachten eine funktionierende, lebende Produktion in Deutschland offenbar als Voraus-setzung dafür, schrittweise von den Deutschen lernen zu können. Die Stärken des deutschen Standorts – die Kreativität und Innovationskraft – sollen auch zum Wohl des neuen größeren Konzerns erhalten bleiben. Ob langfristig ein anderes Bild entstehen wird, wenn die chinesischen Eigentümer von den Deutschen alles gelernt haben, bleibt abzuwarten. Der überwiegende Tenor der Interviews lässt jedoch einen anderen Schluss zu: Danach sind Kreativität und der Innovationsdrang nicht so leicht zu kopieren, weshalb die deutschen Standorte noch sehr lange eine hohe Bedeutung für die chinesischen Konzerne haben werden.

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Ergebnisse der Befragung

4.2 Bewertung der (Nicht-)Einmischung des Investors

Die Teilnehmer bewerten den vergleichsweise geringen Grad der Einflussnahme des Investors unterschiedlich. Einerseits beurteilen sie die geringe „Einmischung“ und die Erhaltung der Eigenständigkeit als ausgesprochen positiv. Das ist zumeist dann der Fall, wenn die Unternehmen bei der Übernahme wirtschaftlich gut aufgestellt waren.

„Alle vom deutschen Management bisher gemachten Budgetvorschläge wurden bisher zu 100 Prozent angenommen. Wir haben seit Übernahme viele Millionen investiert. Diese stammten aus thesaurierten Gewinnen. Die chinesische Muttergesellschaft hat kein Geld reingesteckt seit der Übernahme. Es gab auch keine Gewinnausschüttung bisher. Das hat die Mutter nie verlangt.“

Wie die chinesische Zurückhaltung eingeschätzt wird, hängt offensichtlich sehr eng damit zusammen, wie es mit der wirtschaftlichen Lage der deutschen Tochter bestellt ist. Unternehmen, deren ökonomische Ausgangslage besser erscheint, beurteilen sie eher als positiv. Sie sehen sich auf ihrem Weg bestätigt und wollen ihren selbstständigen Marktauftritt als Teil ihres Markterfolgs in Deutschland oder Europa verstanden wissen und beibehalten.

„Sie mischen sich nicht ein, wir können wie ein Mittelständler agieren.“

„Er (der Investor) hatte uns sehr große Freiheit gelassen. Er hat gesehen, dass er hier am europäischen Markt gerade in Zusammenarbeit mit den Kunden mit seinen Gepflogenheiten nicht richtig agieren kann.“

Mehrfach betonten Teilnehmer, der chinesische Investor habe „Vertrauen“ in das deutsche Management. Sein ausdrücklicher Wunsch bei der Übernahme sei gewesen, das deutsche Management solle bleiben. Die Nichteinmischung des chinesischen Investors beruht also auch auf seinem Vertrauen in das deutsche Management und dessen Fähigkeit, das Unternehmen gut zu führen. Mehr dazu in Kapitel 7.1.

Andererseits nehmen Teilnehmer die Passivität vieler chinesischer Investoren mitunter als „Nichtführung“ und als deutliches Defizit wahr. Die negativen Beurteilungen kommen dabei eher von Unternehmen, deren wirtschaftliche Lage problematisch ist. Sie wünschen sich einen stärkeren Austausch mit den Investoren und ein direkteres Feedback, um – wenigstens gefühlt – mehr strategische Sicherheit zu erlangen.

„Das Auffallende ist die Nichtführung. … Wenn man Führung aber aktiv einfordert, dann kommt auch was.“

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Ergebnisse der Befragung

In einem Fall nimmt weder der chinesische Investor noch seine europäische Zentrale Einfluss. Liquiditätsschwierigkeiten gebe es zwar keine, aber die Deutschen befürchten, „dass die negativen Ergebnisse so weitergehen“. Die Auftragsbücher seien nicht voll, und komplexe Anlagen zu verkaufen sei eben auch deshalb ein Problem, weil den Kunden keine Serviceperspektive vermittelt und nicht klar gesagt werden könne, wie es mit der Firma grundsätzlich weitergehe. Hier müsse seitens des Investors „mehr gemacht werden, um das Überleben des Unternehmens zu sichern“.

Auch neutrale – fast leidenschaftslose – Sichtweisen gibt es, gerade wenn das Engagement des Investors nicht als übertrieben und die Situation als relativ „entspannt“ empfunden wird: „Wie die Organisation in Deutschland aussieht, entscheiden wir in Deutschland. Wir haben einen Verbindungsmann in Deutschland, aber keine operative Einmischung.“

4.3 Professionalitätsgrad

Der Professionalitätsgrad unter den chinesischen Investoren, die sich in Deutschland engagiert haben, ist unterschiedlich hoch. Höher als in den nicht börsengelisteten SOE erscheint er bei dem Private-Equity-Investor und bei börsengelisteten privat geführten Unternehmen („Compliance ist wichtig für den chinesischen Investor, da andere Investments an der Börse gelistet sind“). Hier ist auch der Austausch größer. Es kommen, vom CEO des chinesischen Investors bis hin zur internen Revision, häufiger Personen nach Deutschland. In vielen Fällen, darunter auch bei der Private-Equity Übernahme, kam es zu neuen gemischten Managementteams (deutsche und chinesische Geschäftsführer).

„Es gibt einen chinesischen Geschäftsführer im deutschen Management, der aber haupt-sächlich in China ist. Ferner gibt es einen Deutsch-Chinesen, der Relationship (Pflege der Beziehung) und Berichterstattung nach China macht. Er spricht auch Chinesisch. Der CFO beim Investor spricht nur Chinesisch.“

Eine Führungskraft betont, der chinesische Investor trete „sehr professionell“ auf und das Unternehmen sei „proamerikanisch geführt“, was er auf die US-Ausbildung der dortigen Spitzenmanager zurückführt. Die Vorstände seien top ausgebildete Manager mit US-amerikanischen MBA-Abschlüssen, mehrjähriger Erfahrung im US-Investmentbanking und sehr amerikanisch geprägt. Im Prinzip handele es sich sogar um einen noch höheren Professionalisierungsgrad, der dem angloamerika-nischen überlegen sei. Bei diesen Topmanagern komme „die chinesische Kompo-nente“ dazu: Sie dächten nachhaltig, seien sehr mobil, könnten den lokalen Bedarf aufnehmen und flexibel darauf reagieren.

In diesem speziellen Fall habe es eine Reihe von Neuerungen gegeben, die es beim deutschen Alteigentümer nicht gegeben hatte. Dazu gehörten ein Organigramm, klare Unterschriftenregelungen und transparentere Prozesse. Insgesamt sei die Transparenz innerhalb des Unternehmens deutlich gestiegen. Die neue Leitung habe den Außenauftritt durch Imagebroschüren verbessert. Das Unternehmen sei aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, da der chinesische Investor das deutsche Arbeitsrecht als zu unflexibel empfunden habe.

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Ergebnisse der Befragung

Überwiegend hatten die Führungskräfte in den übernommenen Unternehmen jedoch den Eindruck, im Rahmen der Investorentätigkeit gebe es derzeit noch zahlreiche unstrukturierte Momente und oftmals auch wenig professionelle Entscheidungen oder Handlungen. Als Ursache vermuten die Teilnehmer vielfach fehlende Erfahrung mit der Durchsteuerung komplexer internationaler Management projekte.

Neben der Erfahrung fehlt es auch an Grundlagenwissen, einem Instrumentarium und systematischen Feedbackprozessen. Die Entwicklung bremsen zusätzlich ungelöste praktische Fragen des Sprachverständnisses sowie des Daten- und Informationsmanagements. So ist in einem Unternehmen die vierköpfige Share-holder delegation „ständig vor Ort, darf aber nichts entscheiden“. Die Delegierten verfügen nach Einschätzung des deutschen Managements über wenig internationale Erfahrung. Alle würden ein wenig Englisch sprechen, aber grundsätzlich sei ein Dolmetscher erforderlich.

Die meisten Befragten schließen aber nicht aus, dass die Chinesen in diesen Belangen permanent hinzulernen und sich weiter professionalisieren werden.

„Bisher waren keine Mitarbeiter aus den operativen Funktionen aus Einkauf, Vertrieb und Produktion vor Ort. Bisher ist also kein ‚Watchdog‘ (Aufpasser) installiert. Es gibt aber auch keine geeignete Person, da einfach die englischen Sprachkenntnisse fehlen.“

„Die Chinesen haben sich faktisch nicht gekümmert. Sie kennen den deutschen Markt nicht. Nun haben sie einen etablierten Zugang zum deutschen Markt, sie nutzen ihn aber nicht.“

„Besuche erfolgen in festem Rhythmus alle zwei Monate. Es wurde vom chinesischen Investor ein Projektteam aus Finanzen, Business Operations und Investmentabteilung gebildet. Jetzt holt der chinesische Investor das nach, was er schon beim Kauf als Due Diligence und Integrationsplan hätte machen müssen.“

Es zeigte sich in den Interviews deutlich, dass den Chinesen mehrheitlich ein strategischer struktureller Ansatz für die Steuerung ihrer Auslandsinvestition fehlt. Führung ist zudem ohne transparente Kommunikation nicht machbar, und daran scheint es den Chinesen (noch) zu mangeln. Ohne transparente Kommunikation, die nicht nur Englischkenntnisse als Geschäftssprache, sondern auch Teilhabe ihrer Beteiligung an Information voraussetzt, wird das deutsche Management die Vorbehalte gegenüber ihren östlichen Investoren nicht abbauen.

Auch von Problemen bei der Umsetzung der ursprünglichen Integrationsplanung berichten Teilnehmer: Es habe bisher faktisch „keine Integration“ stattgefunden, was die Deutschen als chinesisches Versäumnis interpretieren. Andererseits ist auch mehrmals davon die Rede, Versäumnisse aus der mangelnden Vorbereitung der Investition müssten durch verstärkte Investorenpräsenz aufgefangen werden und der Investor gebe gerade sein zurückhaltendes Verhalten auf.

„Die Chinesen haben zum Beispiel keine Erfahrung mit Insolvenz. Ich musste ihnen erst einmal erklären, was das ist.“

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Ergebnisse der Befragung

In mehreren Fällen erweiterten oder veränderten die Investoren das Produkt-portfolio, teilweise auch die Struktur des Managements. Das geschah aber in der Regel, um das über nommene Unternehmen, das vorher aus einer bestehenden Konzernstruktur heraus gelöst worden war, als eigenständige Einheit aufzustellen.

So war eines der befragten Unternehmen nur Produktionsstandort unter dem Vor eigen tümer („deswegen haben uns hier natürlich komplett die Management-strukturen gefehlt“). Die Umstrukturierungen, die in den übernommenen Unter-nehmen statt fanden, gehen also nur zum Teil auf das Betreiben der chinesischen Investoren zurück. So musste beispiels weise ein Unter nehmen aufgrund seiner Abspaltung vom Alt eigentümer alle Unternehmens funktionen, die vorher Konzern-dienstleistungen waren, eigenständig aufbauen: IT, Einkauf, Qualitätsmanagement, Vertrieb. In einem anderen Unternehmen stand nach der Übernahme durch den chinesischen Investor beispielsweise die Schaffung neuer eigener Marketing- und Vertriebsfunktionen in Deutschland oder die Gründung eines Turnkey-Equipment-Projektteams auf der Tagesordnung, das sich um die Einsatzreife bei den verkauften Gesamtanlagen kümmert.

Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, die Investoren seien – sofern es auf ihr Betreiben überhaupt zu Maß nahmen der internen Reorganisation gekommen ist – eher behutsam vorgegangen und hätten nur die notwendigsten Umstrukturierungen durchgeführt. Die Produktion (vor allem „local for local“) verlagerten die Investoren nur vereinzelt von Deutschland nach China. In der Regel habe es dann auch drängende ökonomische Gründe dafür gegeben. Entsprechende Maß-nahmen zur Umstrukturierung seien nach Aussage des deutschen Managements

5 Situation der Unternehmen nach der Übernahme

5.1 Strukturänderungen und Erfahrungen mit dem Investor

Es hat in den übernommenen Unternehmen einige Umstrukturierungen gegeben. Die Teilnehmer berichten auch von der Gründung einer Zwischenholding in britischen Überseegebieten. Dennoch wird das Ausmaß der organisatorischen Änderungen seit dem Einstieg des Investors insgesamt als vergleichsweise gering eingeschätzt. Die befragten Entscheider vergeben auf einer Skala von null bis zehn einen Durchschnittswert von 2,6. Die meisten Befragten erklärten, die Umstrukturierungen seien in der Regel nicht von den chinesischen Investoren angestoßen worden. Die Investoren hätten sich in der Regel passiv verhalten. Der Anstoß zu den Veränderungen sei in den meisten Fällen entweder schon vor der Übernahme gekommen oder die Konzepte seien nach der Übernahme im Wesentlichen von der deutschen Managementseite entwickelt worden.

Abb. 14 Organisatorische Änderungen durch den Investor

Wie groß ist summa summarum das Ausmaß der organisatorischen Änderungen bei Ihnen im Unternehmen seit dem Einstieg des Investors?

0–2 (es gab überhaupt keine Änderungen)

3–4

5–6

7–8

9–10 (komplette Restrukturierung)

14 5 30 0

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 47

Ergebnisse der Befragung

für das Unternehmen auch unabhängig von der chinesischen Direktinvestition überlebensnotwendig gewesen: „Die Produktion ist teilweise nach China verlagert und in Deutschland eingestellt. Das führt zu hohen Kosteneinsparungen und war Teil des Restrukturierungsprogramms“.

Ein Unternehmen berichtet sogar dezidiert, die Produktion sei nicht verlagert worden, sondern „eher das Gegenteil“: Obwohl es betriebswirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre, die einfachen Arbeiten ins kostengünstigere Ausland wie Osteuropa oder China zu verlagern, hätten die Chinesen das nicht gewollt. Der von den deutschen Managern vermutete Grund: Harmoniebedürfnis gegenüber den Arbeitnehmern. Der Arbeitnehmer sei in China sehr wichtig und stehe über allem. Außerdem habe der Investor die politische Dimension gesehen: Er wolle nicht als Chinese auffallen und keine politische Debatte über Arbeitsplätze lostreten.

Die Rolle des Vorstandsvorsitzenden im Verhältnis zum Gesamtvorstand sowie das Verhältnis des Aufsichtsrats zum Vorstand seien für viele Chinesen „verwirrend“, hat ein deutscher Entscheider beobachtet. Ein anderer Befragter meinte, den Chinesen sei nicht klar, welche Anforderungen das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und das Aktiengesetz (AktG) an den Vorstand und den Geschäftsführer stellen. Dass ein Vorstand in der Rechtsform einer AG unabhängig von den Aktionären agieren könne, ist nach Beobachtung einer anderen deutschen Führungskraft etwas, was „die Chinesen bisher nicht verstehen und woran sie sich gewöhnen müssen“. Hier erwartet die deutsche Seite, dass künftig auf Betreiben des Investors mehr Genehmigungsvorbehalte für den Aufsichtsrat eingeführt werden, denn eine Umwandlung der AG in eine GmbH sei bisher nicht vorgesehen.

Das Thema eines technologischen Know-how-Transfers von Deutschland nach China wurde von den Befragten mit großer Zurückhaltung angesprochen. Nur ein Unternehmen gab an, dass „das komplette Know-how, Patente, Namensrechte usw.“ eingebracht worden seien. Hier gebe es jetzt schon Integration. Alle befragten deutschen Manager bemühten sich in den Gesprächen, einen möglichen Technologietransfer als völlig normal zu interpretieren, wie er in jedem Konzern vorkommen könne. Schließlich würden auch westliche Investoren im Rahmen ihrer Akquisitionen unter anderem auf einen Technologieerwerb abzielen.

In einigen Fällen werde so auch Know-how an den chinesischen Investor trans-feriert, etwa Prozess-Know-how. Aber auch Namenspatente und andere Patente würden „in kleinem“ Rahmen auf China ausgedehnt. Auch technologisches Know-how werde nach China transferiert („In China wird zurzeit eine Entwicklungs-abteilung für neue Produkte aufgebaut, das ist aber eher ein Normalvorgang. Vier von insgesamt 100 Patenten wurden in China angemeldet, das hat keine große Relevanz für uns.“). Ein anderes Unternehmen hat technologisches Know-how nach China transferiert, um dort die Errichtung von Fertigungsstätten mit der eigenen Technologie zu ermöglichen. Es sei aber in diesem Zusammenhang nicht zu einem Patenttransfer gekommen.

Die Bewertungen dazu gehen meist in eine Richtung: Die Chinesen seien trotz des Transfers nicht in der Lage, selbst innovativ zu sein, unter anderem, weil das Berufsbildungsniveau ein anderes als in Deutschland sei. Es gibt dazu zwar auch vereinzelt andere Ansichten („Produktinnovationen kommen schon jetzt aus China“), aber überwiegend vertreten die Teilnehmer die Meinung, chinesische Investoren gefährdeten den Standort Deutschland nicht, sondern sicherten ihn nachgerade in seiner Existenz ab. Die Chinesen – vermuten die Teilnehmer überwiegend – werden auch weiterhin das deutsche Know-how aus einer lebenden Produktions- und Innovationssituation heraus benötigen.

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48 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

„Wir könnten die Blaupausen liefern, aber die Chinesen könnten nicht produzieren. Das Know-how fehlt, das kommt nicht durch Blaupausen. Es dauert sehr lange, ehe das Know-how aufgebaut ist.“

Wenn sich chinesische Investoren für die Übernahme oder die Beteiligung an deutschen Unternehmen interessieren, spielen steuerliche Überlegungen wie etwa die Nutzung von Verlustvorträgen, anfallende Grunderwerbsteuer oder auch Strukturplanung nur selten eine zentrale Rolle. Dessen ungeach-tet ist im Bereich Steuern höchste Vorsicht geboten. Das betrifft besonders eventuell vorhandene Risiken bei der Ziel gesellschaft, die eine Tax Due Diligence aufdecken kann. Wichtig ist auch, eine Akquisitionsstruktur zu planen, die steuereffizient ist. Auch sollte kein Investor den steuerlichen Input zu den Steuerklauseln bei der Verhandlung des Anteilskaufvertrags unterschätzen. Da chinesische Investoren häufig noch nicht viel Erfah -rungen beim Erwerb internationaler Unternehmen sammeln konnten, sind sie mit vielen M&A-Themen noch nicht ausreichend vertraut. Deshalb ist es wichtig, ihnen die Auswirkungen verschiedener Handlungsmodalitäten zu erklären und ausreichend Spielraum für die Kommunikation mit dem Verhandlungsteam und den Entscheidern des Investors einzuplanen, da es sonst leicht zu Missverständnissen kommt. Das Gesagte gilt umso mehr, als Englisch nicht in jedem Fall die Sprache sein wird, in der sich die Ver-handlungspartner verständigen können. Die Auswahl eines Beraters, der das Management des potenziellen Erwerbers in chinesischer Sprache über die wesentlichen Themen informieren kann, hat einen hohen Stellen wert. Sie entscheidet mitunter auch über die Atmosphäre, in der sich die Vertragsparteien begegnen und damit letztlich darüber, ob wechselseitig Vertrauen entstehen kann. Nicht unterschätzt werden sollten auch die regulatorischen Rahmenbedingungen und Hürden für Direktinvestitionen von China ins Ausland. Hier bestehen Einschränkungen zum einen im Hinblick auf Kapitaltransfers ins Ausland, zum anderen gibt es komplexe Genehmigungserfordernisse. Chinesische Bieter können gegenüber transaktionserfahrenen internationalen Bietern leicht ins Hintertreffen geraten, wenn es um die Finanzierbarkeit und die Genehmigungsfähigkeit einer Transaktion und um die für den Verkäufer häufig entscheidende Frage nach der Verlässlichkeit des Investors geht. Steuerliche Themen zu vernachlässigen, kann sich schnell zum teuren Wettbewerbsnachteil entwickeln. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Transaktion ist es ratsam, frühzeitig deutsche steuerrechtliche Themen anzusprechen. Sonst kann es schnell zu potenziellen Fallstricken kommen, etwa bei der Verrechnungspreisgestaltung in den Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen nun verbundenen Unternehmen.

Dirk BongersSenior Manager TaxPwC

„Steuerliche Überlegungen beim Unternehmenskauf“

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 49

Ergebnisse der Befragung

5.2 Marktchancen durch neue Sourcing- und Vertriebsstrategien

Auf die Frage, ob sich durch die chinesischen Übernahmen neue Marktchancen ergeben haben, führen die Teilnehmer mehrfach an: Es sei zu einer Stärkung des Investors in Europa gekommen und er verfüge über „bessere“ (qualitativ höherwertige) Produkte für China. Für die Deutschen hätten sich die Sourcing-Bedingungen mit China verbessert und sie könnten gleichzeitig den chinesischen Absatzmarkt „schneller durchdringen“ („durch das Staatsunternehmen können wir deren Netzwerkverbindungen nutzen und von Deutschland nach China verkaufen“). Die Einkaufsmacht des chinesischen Investors ist beachtlich. Er erreicht günstigere Einkaufspreise und eine schnellere Belieferung, die das deutsche Unternehmen alleine nicht hätte durchsetzen können. An handfesten Vorteilen erwähnen die Teil nehmer sowohl die räumliche Nähe zum Lieferanten als auch die hohen Einkaufsvolumina der chinesischen Investoren. Die Chancen einiger deutscher Unternehmen, sagen die Manager, hätten sich nicht nur auf dem chinesischen, sondern auch auf dem gesamtasiatischen Markt verbessert, weil die chinesischen Unternehmen den Markt dort bereits wesentlich besser durchdrungen hätten als die deutschen Unternehmen.

Bei den meisten Transaktionen und den nachfolgenden Umstrukturierungen geht es um die Erschließung neuer Marktchancen durch:•Erschließung neuer Märkte (chinesischer oder asiatischer Gesamtmarkt für

deutsche Produkte).•Einführung neuer Marken (kurzfristige Etablierung chinesischer Produkte und

langfristige Etablierung chinesischer Marken in Europa).•neue Strategien für das Sourcing (unter Nutzung der chinesischen Beschaffungs-

kanäle und Netzwerke).•Optimierungen von Kostenstrukturen (Ausnutzung von Synergieeffekten und

Nutzung der chinesischen Volumina und Kanäle zur Beschaffung).•intelligente Strategien für den Vertrieb und die „Kundenbetreuung“ in komple-

men tären Märkten (Entwicklung und Sicherstellung flexibler, bedarfs- und marktgerecht gesteuerter Angebots- und Servicestrukturen).

In einigen der befragten Unternehmen sind die Prozesse zur Integration, was die beiden Grundthemen Sourcing und Vertrieb betrifft, sowie die Veränderungen auf organisatorischer Ebene weiter fortgeschritten. In einzelnen Fällen haben die Unternehmen zwar noch keine organisatorischen Änderungen vorgenommen, aber für die nähere Zukunft angedacht. Dazu gehören Vorhaben, wie den Einkauf über China zu verstärken oder ein Zentrum für Forschung und Entwicklung in China zu errichten.

Eines der befragten Unternehmen hat bisher „noch keine in China gefertigten Produkte in Deutschland verkauft“, sieht aber neue Marktchancen in der Abwicklung von Streckengeschäften. Geliefert wird dabei gegen Kommission aus China direkt an den Kunden. Der Streckenhandel wird insgesamt eine höhere Bedeutung erlangen, da auf diese Weise Kostenvorteile realisiert und höhere Margen generiert werden können.

„Das Einkaufsvolumen ist stark Richtung China verlagert, bezogen wird zum Großteil vom chinesischen Investor, nicht so sehr von fremden Lieferanten in China. Die aus China bezogenen Produkte können auch in Deutschland verkauft werden und finden ihre Abnehmer.“

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50 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

„Wenn man Einkaufsvorteile generieren kann, ist das in Ordnung. Es ist nur für Einkaufs vorteile nicht notwendig, komplette funktionierende Organisationen zu zerschlagen. Auf der anderen Seite gibt es in puncto Produktentwicklung und innovative Vertriebskanäle eben auch viel Positives, was wir für die Chinesen getan haben, sodass beim Investor zum Teil bis zu 50 Prozent der Kosten gesenkt werden konnten. Die Integration einer kompletten Organisationseinheit ist aufgrund der kompletten Verschiedenheit der Geschäftsmodelle und Märkte gegenwärtig weniger sinnvoll als ursprünglich gedacht.“

Einzelne Manager berichten von geplanten weiteren Übernahmen, strategischen Neuausrichtungen und einer verbesserten ökonomische Lage (Umsatzwachstum), teilweise aufgrund der neuen, besseren Marktdurchdringung in China. In einem der befragten Unternehmen habe es eine erfolgreiche strategische Neuausrichtung gegeben, es habe seine Philosophie geändert. Damit habe es seinen Umsatz inner-halb von zwei Jahren verdoppelt („weg vom reinen Anlagenbauer hin zum Service-anbieter“). Bestehende Fertigungsstraßen seien modernisiert worden. Das alles sei möglich geworden, weil man das alte Management, das keinen Expansionsdrang mehr gehabt hatte, hinter sich gelassen und sich fokussiert habe und die Finanzierung durch die neuen Investoren reibungslos gewährleistet worden sei.

„Bei den gesättigten Märkten wie Europa und Nordamerika gibt es enormes Potenzial, das wir jetzt erst anfangen zu heben. Modernisierung, Großreparaturen – das ist ein großes Segment, das man vorher strategisch gar nicht beachtet hatte. Hier erfolgt ein enormer Ausbau.“

„Die extrem hohe Fertigungstiefe wurde verringert. Die Produktion wurde nach China verlagert. Dafür wurden Mitarbeiter im Engineering und im Aftermarket-Service aufgebaut. Die Produktionsvolumina konnten so erhöht werden.“

5.3 Chinesisch-deutsches Qualitätsgefälle

Chinesische Investitionen in Deutschland sind meist keine Einbahnstraße. In mehreren Fällen hat die deutsche Seite Einfluss auf die chinesischen Produkte genommen, die in Deutschland verkauft werden sollten, weil es nach wie vor in China und in Deutschland deutliche Unterschiede bei der Qualitätsrealisierung gibt.

„Wir hatten einen Kollegen nach China geschickt, der dort ein Qualitätssicherungs-wesen aufgebaut hat. Das war sehr schwer. Es hat 1,5 Jahre gedauert, um dort eine halbwegs vernünftige Qualität produzieren zu können. Das kannten die Chinesen bis dahin nicht.“

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Ergebnisse der Befragung

Bei einem Unternehmen habe der Investor zum Beispiel ohne Ankündigung in China gefertigte Produkte in hohen Stückzahlen nach Deutschland geliefert, obwohl die Deutschen vorgeschlagen hatten, angesichts der vergleichsweise geringen Verkaufs-stückzahlen in Deutschland den Markt erst einmal mit einer geringen Anzahl zu testen. Es bestand das Risiko, dass die Qualität der chinesischen Produkte nicht ausreichen würde, um unter der etablierten deutschen Marke nachhaltig vertrieben werden zu können. Hätten sich bei einer geringen Stückzahl Qualitätsmängel gezeigt, hätte man die Produktion noch entsprechend anpassen können. Das habe aber nun nicht oder nur verspätet geschehen können.

Chinesen und Deutsche definieren das Verhältnis von Qualität und Quantität oder Frequenz offenbar unterschiedlich. Das zeigt sich auch in anderen Zusammen-hängen (und betrifft auch das Thema Berichtswesen, siehe Kapitel 5.4). Während die Deutschen gern schrittweise vorgehen, um Risiken zu minimieren, seien die Chinesen „nur Wachstum gewohnt“. Der prozentuale Gewinn je Leistungseinheit (die Marge) sei ihnen auch nicht so wichtig, denn Gewinn erwirtschafteten sie in China bisher über Quantität, und nicht über Qualität. Deutsche seien im saturierten westlichen Markt eher notgedrungen auf die Marge fixiert.

Mehrere Unternehmen machten schlechte Erfahrungen mit dem Qualitätsgefälle (Quality Gap) zwischen den in China gefertigten Produkten und den Erwartungen des heimischen Markts (andererseits garantiert der Quality Gap das Weiterbestehen deutscher Standorte, siehe Kapitel 2.1.1).

Wichtiges Argument für den Kauf deutscher Unternehmen war für die Investoren in mehreren Fällen der Verkauf ihrer Produkte in den bestehenden hiesigen Kunden-netzwerken. Wichtig war ihnen auch, neue Fertigungsstätten in China zu errichten (siehe Kapitel 5.2). Auch das hat mit dem erlebten Qualitätsgefälle zu tun. Wenn deutsche Ingenieure oder Markenartikelhersteller in China gefertigte Produkte verkaufen, ist damit ein Produktversprechen (Qualitäts- und Serviceversprechen) verbunden, oder es wird mindestens suggeriert. Gerade das lässt die Investoren hoffen, ihre Produkte besser im deutschen Markt platzieren zu können („das können die Chinesen nicht“).

„Die Chinesen verkaufen nur über Preis und Handelsdruck an freie Distributoren. Sie haben keinen persönlichen Zugang zu Konsumentenkonzepten wie wir sehr erfolgreich mit Discountern, Fachmärkten usw. Die Idee wäre eigentlich, dass wir das für die chinesischen Produkte auch machen.“

Die Unterschiede in der Qualitätsrealisierung zwischen China und Deutschland führen jedoch an einer weiteren Stelle zu „Riesenproblemen“, wie einer der Manager berichtete. Zwei deutsche Unternehmen berichten von Problemen mit Reklamationen zu in China gefertigten Produkten.

„Auf den Gebieten, auf denen wir integrieren können und es auch versucht haben, hat sich leider herausgestellt, dass die Qualität der chinesischen Produkte massiv hinter unserer zurückliegt, sodass einige Handelskunden von uns ganz klar gesagt haben: ‚Bitte nie wieder!‘ “

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Ergebnisse der Befragung

„Die Ware aus China kam hierher, und wir haben sie noch mal überprüft und begut-achtet. Danach ging sie erst an den Kunden. Es gab natürlich auch Reklama tionen, aber das wussten die Kunden auch. Sie haben das Risiko in Kauf genommen und natürlich einen Preisvorteil damit gehabt. Sie wussten: Wir stehen dahinter, wenn irgendetwas ist, haben sie hier in Deutschland einen Ansprechpartner. Sonst hätten sie das Geschäft bestimmt nie gemacht, weil das Risiko einfach zu groß ist.“

Beschwerden der deutschen Unternehmen verhallten in China teilweise ungehört. So hat ein Unternehmen, das Komponenten an den chinesischen Konzern liefern sollte, dafür bis heute kein Geld erhalten. Weder für Reklamationen noch für spezielle Zusatzlieferungen des Tochterunternehmens an das Mutterunternehmen wurden also Kosten erstattet oder verrechnet. Als einer der möglichen Gründe vermutet der Teilnehmer, das deutsche Unternehmen werde ohnehin als Eigentum betrachtet, gelte sozusagen auf höherer Ebene als „integriert“. Diese Vorgehensweise wider spricht geltendem deutschen Recht und begründet außerdem steuerliche Risiken. Augenscheinlich wurde nicht bedacht, dass die deutsche Tochtergesellschaft als selbstständige Rechtspersönlichkeit eigenen rechtlichen Vorgaben unterliegt.

„Dann gab es Verträge, nach denen wir bestimmte Entwicklungen für sie gemacht, Komponenten geliefert haben. Diese sind bis heute nicht bezahlt worden, das muss man sich mal vorstellen, obwohl wir mehrmals gemahnt haben. Sie haben einfach gesagt, ‚die Firma gehört doch uns, warum muss man da bezahlen?‘ Sie haben nicht verstanden, dass der Geschäftsführer einer deutschen GmbH vom Gesetz her verpflichtet ist, das Geld einzutreiben.“

Die Integration geht offenbar in einigen Fällen schleppender voran als erwartet oder erhofft. So ist das deutsche Management beispielsweise in einem der Unter-nehmen zu dem Schluss gekommen, der Investor habe zu lange gezögert, eine Restrukturierung anzustoßen. Er habe das deutsche Tochterunternehmen zu lange wie eine Finanzbeteiligung geführt. Mehrfach wird angemerkt, die Potenziale einer Integration nach der chinesischen Übernahme seien nicht realisiert worden.

„Es ist ja nicht so, dass die Integration unsinnig wäre. Es ist immer noch grundsätzlich eine Win-win-Situation. Aber man macht aus Investorsicht zu wenig daraus.“

Andererseits gibt es auch eine Reihe von Unternehmen, die sich ihre Eigen-ständigkeit gern erhalten haben – unter anderem, weil sie so flexibler und schneller auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen können. Die tatsächliche positive wirtschaftliche Entwicklung dieser Unternehmen nach der chinesischen Übernahme legt den Schluss nahe: Das Modell, eine Beteiligung „an der langen Leine“ zu führen, kann durchaus erfolgreich sein.

ZwischenfazitTrotz einiger Irritationen sehen die meisten der befragten Führungskräfte in den übernommenen deutschen Unternehmen ihre Anfangserwartung bestätigt: Für ihr Unternehmen war es gut, einen chinesischen Investor hineinzuholen. Jemand bezeichnete das eigene Unternehmen sogar als „Wiederholungstäter“. Man würde wahrscheinlich wieder an einen chinesischen Investor verkaufen.

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Ergebnisse der Befragung

„Meine Erwartungen waren vorher negativ, das heißt, ich hatte die Erwartung, dass es zu einem Technologietransfer kommen würde. Ich wurde positiv überrascht.“

Fast alle befragten deutschen Führungskräfte waren sich einig, strukturelle Änderungen hätten seit der Übernahme – wenn überhaupt – nur sehr moderat stattgefunden. Meist verglichen die Teilnehmer die erlebte chinesische Zurück-haltung mit dem Vorgehen westlicher Investoren, die „keinen Stein auf dem anderen gelassen“ hätten. Das gelte vor allem in der angespannten Situation, in denen sich mehrere befragte Unternehmen vor der Übernahme befunden hatten.

Die Übernahmen deutscher Unternehmen durch Chinesen erscheinen im Licht der Befragungsergebnisse dieses Abschnitts nicht als Bedrohung für den Standort Deutschland. Die mediale Berichterstattung thematisiert teilweise sehr einseitig den Technologiediebstahl durch chinesische Unternehmen. Die Übernahmen durch chinesische Investoren können aber vielmehr als Möglichkeit gesehen werden, den Standort Deutschland zu stärken. Die übernommenen Unternehmen werden in ihrer Kostenstruktur optimiert, erhalten vielfach neue Marktchancen und wirken als Innovationstreiber für ihre neuen Eigentümer – und das mit gesicherter Finanzierung während einer Zeit, in der den Alteigentümern durch die Wirtschaftskrise das Kapital knapp wurde. „Made in Germany“ ist in China und im gesamtasiatischen Markt auch weiterhin ein starkes Verkaufsargument und bietet Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber anderen chinesischen Anbietern.

5.4 Änderungen in der Finanzberichterstattung

Der vermeintlichen Laissez-faire-Haltung der chinesischen Investoren in Bezug auf den allgemeinen Fortgang ihrer Beteiligung stehen in vielen Fällen erhöhte Reportinganforderungen bezüglich der Quantität der Berichterstattung gegenüber. Bis auf zwei Ausnahmen müssen alle deutschen Unternehmen mindestens im Monatsturnus berichten.

Viele der übernommenen Unternehmen sind mittelständisch geprägt. Vermutlich war ihre Finanzberichterstattung vor der Übernahme nicht sehr detailliert, zumal der Inhaber selbst stark involviert war. Insofern schuf die Übernahme eine neue Situation.

In den meisten Fällen, berichten die Teilnehmer, seien jenseits der Berichtsfrequenz keine oder kaum dezidierte Anforderungen an die Berichterstattung formuliert worden. Es sei vielfach bei einer recht „dünnen“ Berichterstattung nach China geblieben.

„Von chinesischer Seite gibt es keinerlei Anforderungen ans Reporting, seit Jahren schon. Bisher wurden nur Bilanz und GuV berichtet.“

Eines der übernommenen Unternehmen beklagt, die erhöhten Anforderungen gingen mit extremen Kosteneinsparungen und Einstellungsstopp einher, sodass die Arbeit kaum zu schaffen sei. Manche behelfen sich da auch mit einer Auslagerung: „Die Berichterstattung wird an die Berater geschickt, die bearbeiten es dann und schicken es übersetzt weiter nach China.“

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Ergebnisse der Befragung

Es ist bei Übernahmen generell üblich, dass sich die Übernommenen über einen höheren Arbeitsanfall beschweren und die Sinnhaftigkeit verschiedener Anfor-derungen bezweifeln. Auffällig ist jedoch: Auch bei diesem Teilbereich wird die berufliche Qualifikation der chinesischen Seite thematisiert.

„Erkennbares Bemühen bei begrenzten Fähigkeiten“

Die Rechnungslegungsregeln in China wurden 2007 geändert, die China Accounting Standards (China GAAP) wurden den Internationalen Rechnungs legungsstandards (International Financial Reporting Standards, IFRS) angenähert. Einige Unternehmen haben schon vor der Übernahme nach IFRS berichtet, im Einzelfall erfolgte noch eine Überleitung auf China GAAP. Einzelne Unternehmen bilanzieren auch nach China GAAP und IFRS. In vielen Fällen blieb daneben die Bilanzierung nach dem HGB bestehen – für deutsche Banken oder das eigene Management.

Für einzelne Familienunternehmen war die Umstellung auf IFRS und ein monat-liches Reporting nach der Übernahme schwierig („das war das Familienunter-nehmen nicht gewöhnt“). Inzwischen berichten auch sie nach IFRS an den chinesischen Investor.

Abb. 15 Berichterstattung an den chinesischen Investor

1quartalsweise

1wöchentlich

19monatlich

1jährlich

Abb. 16 Art der verfassten Berichte

5Risikomanagement-

bericht

14andere Berichte

21Finanzberichte

Nur eines der befragten Unternehmen verfasst keinen Finanzbericht. In diesem Unternehmen gibt es lediglich eine englischsprachige Managementberichterstattung auf PowerPoint-Basis mit Hinweisen zu Vertrieb, Qualität und anderen Themen.

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Ergebnisse der Befragung

19 der 22 befragten Unternehmen verfassen einen Finanzbericht in englischer Sprache. Hinzu kommen Berichte in chinesischer Sprache (bei fünf Unternehmen) und Finanzberichte in deutscher Sprache (zwei Unternehmen).

Berichte zum Risikomanagement fordern die Investoren deutlich seltener an, sie sind durch Börsennotierungen motiviert. Nur fünf Unternehmen erstellen sie. Alle Risikomanagementberichte werden in englischer Sprache verfasst, bei einem Unter-nehmen kommt eine chinesische Version hinzu. In zwei Fällen wird der Risiko-managementbericht erstellt, weil das Unternehmen an der Börse in Deutsch land notiert ist („nicht Richtung China“). Ein Manager merkt an, dass es zwar einen Risikomanagementbericht gebe, aber kein eingerichtetes internes Kontrollsystem dazu eingerichtet worden sei.

„Der Risikomanagementbericht ist wegen der deutschen Börsenanforderung, nicht wegen China. Die Chinesen haben gedacht, dass man unseren Risikobericht für deren Zwecke als Vorlage nutzen könnte, das hat man analysiert. Aber China hat komplexere Anforderungen als die Deutsche Börse.“

Die Finanzberichterstattung an den chinesischen Investor lassen mehrere Unter-nehmen ins Chinesische übersetzen. Bei zehn Unternehmen ist die Verkehrssprache hauptsächlich Englisch. Weitere fünf berichten auf Chinesisch und eines auf Deutsch.

Das Reporting erscheint den meisten als „detaillierter und häufiger als früher“, doch schätzen die Teilnehmer es nicht als komplexer oder als detaillierter als für einen US-Investor ein. Zum Teil schreiben die Befragten die erhöhten Anforderungen an das Reporting auch der Börsennotierung des Investors zu. Gesonderte Berichte für die staatliche Aufsichtsbehörde SASAC müssen einzelne befragte Unternehmen ebenfalls erstellen.

Basic Standard2011 musste der „Basic Standard for Enterprise Internal Control“ erstmals angewendet werden. Betroffen waren rund 70 Unternehmen, die sowohl in China als auch an ausländischen Börsen notiert sind, sowie circa 150 weitere börsennotierte Unternehmen. Bis 2014 sollen alle Unternehmen diese Vorschriften beachten, die am regulierten Markt in China teilnehmen. Die Regelungen zielen darauf ab, das Risikomanagement der Unternehmen zu verbessern und durch Vorgaben das interne Kontrollsystem betreffend unter anderem die Qualität ihres finanziellen Berichtssystems zu erhöhen. Dieses interne Kontrollsystem ist jährlich sowohl vom Vorstand als auch vom Abschlussprüfer zu beurteilen.

Umgangssprachlich ist der Basic Standard auch als C-SOX oder China SOX bekannt, da er den in 2002 erlassenen Vorschriften des Sarbanes-Oxley Act Section 404 (SOX 404) in den USA ähnelt.

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Ergebnisse der Befragung

„Präsentationen (über Planungen, Liquiditätsbedarf, Restrukturierungskonzept) werden zweisprachig erstellt. Mündlich wird beim chinesischen Investor auf Englisch präsentiert. Die anschließende Diskussion erfolgt innerhalb des chinesischen Investorenkreises auf Chinesisch, der Assistent der deutschen Geschäftsführung übersetzt dann ins Englische.“

Als weitere Berichtsformen neben der klassischen grundlegenden Finanzbericht-erstattung und dem Risikobericht nennen die Teilnehmer Mehrjahresplanung, Auftragsbestand, Deckungsbeitragsrechnung, Kapazitätsplanung, Working-Capital-Planung, Produktions- und Vertriebs-KPI, Statusberichte zu Forschung und Entwicklung, Verkaufsaktivitäten und gewonnene Projekte.

Bei ihren Jahresfinanzberichten verwenden acht der 22 befragten Unternehmen kein Konzern-Bilanzierungshandbuch. Ein ehemaliges Familienunternehmen berichtet nach IFRS an den chinesischen Investor, aber es gibt keine Anweisungen und kein Handbuch aus China. Ein anderes Unternehmen bilanziert nach alten Richtlinien, die aus der Phase vor der Übernahme stammen, in der man noch zu einem deutschen Konzern gehörte. Der Investor sei gerade dabei, zu analysieren, ob dieses Manual als Grundlage für sein Konzernreporting verwendet werden kann.

SASACDie Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsver-mögens (State-owned Assets Supervision and Administration Commission of the State Council, SASAC) überwacht die größten Staatsunternehmen (State-owned Enterprises, SOEs), modernisiert und restrukturiert sie. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Topführungskräfte dieser Unternehmen zu ernennen sowie Fusionen oder Verkäufe zu genehmigen. Sie ist außerdem dafür zuständig, Gesetze auszuarbeiten, die im Zusammenhang mit staat-lichen Unternehmen stehen. Derzeit überwacht die SASAC 117 SOEs direkt.

KonzernbilanzierungsrichtlinienDer Konzernabschluss ist nach einheitlichen Bilanzierungsregeln aufzu-stellen, die jedes in den Abschluss einbezogene Unternehmen zu beachten hat. Ein Bilanzierungshandbuch (Accounting Manual) dient als Instrument zur Sicherstellung dieser einheitlichen Bilanzierung. Diese Richtlinien geben vor, wie aus Sicht der Konzernmuttergesellschaft Sachverhalte, die häufig im Konzern auftreten, zu bilanzieren sind. Außerdem bestimmen sie, wie der Konzern Wahlrechte handhabt und nach welchen Verfahren er Schätzungen vornimmt.

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Ergebnisse der Befragung

Die hohe Zahl von Unternehmen, denen die chinesischen Investoren keine Richt-linien für ihre Bilanzierung vorgeben, überrascht, da alle Investoren verpflichtet sein dürften, einen Konzernabschluss aufzustellen. Sowohl nach IFRS als auch nach chinesischen Standards für die Rechnungslegung sind bei allen Konzernunter-nehmen einheitliche Bilanzierungsgrundsätze anzuwenden, was eben durch ein Bilanzierungshandbuch sichergestellt werden soll und kann. Auch in diesem Zusammenhang schlägt wieder durch, dass es fachliche und instrumentelle Defizite beim Personal der Investoren gibt, die eine schnelle Integration verhindern. Für diese Bewertung sprechen auch zwei Fälle, in denen ein Bilanzierungshandbuch ausschließlich in chinesischer Sprache vorhanden ist.

„Das Accounting Manual hat die Dicke eines Bestsellers. Bisher gibt es aber keine eigenen chinesischen Mitarbeiter, die das lesen können. Nur eine Sekretärin – bisher kein BWLer.“

5.5 Strukturelle Änderungen in ausgewählten Bereichen

Die Interviewer fragten die Unternehmen, ob sie seitens des chinesischen Investors dazu veranlasst worden seien, einzelne Bereiche oder Abteilungen in der Organisation anzupassen. Gezielt gefragt wurde dabei nach Änderungen in der IT des Unternehmens, im Finanzmanagement, im Ein- und Verkauf, in der Produktion und im Personalwesen. Das mögliche Instrumentarium würde reichen von strategischen Vorgaben auf Bereichsebenen und der Einführung von gesellschaftsübergreifenden Matrixverantwortlichkeiten über Shared Service Centers bis hin zu konzerneinheitlichen Arbeitsabläufen und Arbeitsanweisungen. Auch auf diesem Feld fehlt es den chinesischen Konzernen anscheinend (noch) am Instrumentenkasten. In allen drei genannten Bereichen kam es kaum zu Eingriffen durch die neuen Eigentümer.

In keinem der befragten Unternehmen wurden die Bereichssteuerungen zentralisiert, was häufig erfolgt, wenn Unternehmen von westlichen Investoren übernommen werden. Auch auf diesem Feld fehlt es den chinesischen Konzernen anscheinend (noch) an Instrumentarien. Die chinesischen Investoren halten es momentan offenbar für opportun, die relative Eigenständigkeit der deutschen Gesellschaft beizubehalten, da sie als hilfreich für das Geschäft angesehen wird (siehe Aussagen in Kapitel 4.2).

Abb. 17 Nutzung eines Bilanzierungshandbuchs

3ja, auf Chinesisch

2ja, auf Deutsch

8nein

3weiß nicht

8ja, auf Englisch

Mehrfachnennungen waren möglich.

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58 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Das IT-Management etwa wird nur in zwei der befragten 22 Unternehmen zentral von China aus gesteuert. Veränderungen hat es nur in sehr wenigen Unternehmen gegeben, und diese Veränderungen waren auch nicht in jedem Fall durch den chinesischen Investor initiiert. Bei einem der Unternehmen arbeiteten Voreigen-tümer und neuer chinesischer Investor mit SAP. Insofern lag es auf der Hand, SAP beizubehalten.

Bezeichnenderweise haben die chinesischen Investoren in Einzelfällen die deutsche Tochtergesellschaft mit konzernweiten Aufgaben betraut, da die Abläufe hier offenbar als vorbildlich gelten.

Finanzmanagement (Treasury)In fast allen Fällen, in denen Teilnehmer darüber berichteten, es habe eine Veränderung im Finanzmanagement gegeben, hat sich die finanzielle Situation seit der Übernahme durch den chinesischen Investor verbessert. In einzelnen Fällen habe sich das Verhältnis zu den Banken, Lieferanten und Kreditgebern entspannt, weil der chinesische Investor mit seiner Finanzkraft nun hinter dem Unternehmen stehe.

„Der chinesische Investor finanziert, früher geschah das durch Lieferantenkredite. Diese wurden in nachrangige Gesellschafterdarlehen umgewandelt. Zusätzlich gab es Kapitalerhöhungen, durch die der Anteil des chinesischen Investors erhöht wurde.“

„Die Chinesen haben gleich nach Übernahme die Darlehen der Banken abgelöst und durch Eigenkapitalerhöhung die Finanzierung übernommen.“

„Also in den Bereichen IT und Kundenservice (Reparatur von Geräten und Callcenter-hilfe etc.) ist es mittlerweile mehr und mehr im Gespräch, auch für nicht europäische Länder alles in unsere Hände zu legen, weil wir sehr kosteneffizient sind. Nachweislich sind die Kosten zum Teil halbiert worden. Insofern gab es hier dann aber auch Investitionsbedarf und Veränderungen.“

Abb. 18 Strukturelle Veränderungen

Finanz management (Treasury)

mehr Arbeitsplätze

Unternehmens-IT

weniger Arbeitsplätze

9

7

7

3

Mehrfachnennungen waren möglich.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 59

Ergebnisse der Befragung

In der Regel arbeiten die deutschen Unternehmen auch nach der Übernahme durch einen chinesischen Investor nicht mit chinesischen Banken. Aber dank des höheren Eigenkapitals konnten die Unternehmen ihre Investitionen mit anderen deutschen Banken zu günstigeren Bedingungen finanzieren.

Obwohl China die Voraussetzungen geschaffen hat, wickelt die Mehrzahl der befragten Unternehmen ihre Geschäfte (noch) nicht in Renminbi (RMB) ab. Zahlungsmittel sind nach wie vor westliche Währungen, meist der Euro.

Ein deutsches Unternehmen arbeitet mit chinesischen Banken zusammen, weil sie sich bei der Auslegung des Kreditwesengesetzes (KWG) und der Vorgaben für ein geringwertiges Wirtschaftsgut (GWG) flexibler zeigten. Sie gewährten den Kredit schneller und einfacher. Auch chinesische Banken haben die deutschen Gesetze zu beachten, zeigten aber Interpretationsspielraum bei der Frage, welche Unterlagen wann vorzuliegen hatten.

Ein anderes Unternehmen arbeitet seit der Übernahme mit zwei chinesischen Banken zusammen. Nach Auffassung der Manager lassen sich Zahlungsströme mit chinesischen Banken einfacher abwickeln als mit deutschen Banken. Auch der RMB wird hier genutzt, indem „Lieferungen in unterschiedliche Währungen gesplittet“ werden – teilweise in RMB, teilweise in Euro. Dazu richteten diese Unternehmen eigene RMB-Konten bei den Banken ein. Devisentermingeschäfte zur Reduzierung des Wechselkursrisikos setzt das Unternehmen allerdings nicht ein.

Einige Teilnehmer nutzen Instrumente für ihr Cash Pooling, zum Beispiel mit einer europäischen Konzernzentrale.

Ein weiteres Indiz für das bisher noch geringe Ausmaß der Integration nach der Übernahme: Ein Unternehmen erklärte, es gebe (noch) keine Liefer- oder Leistungsbeziehungen mit dem chinesischen Investor, auch keine Konzernumlagen.

Bei der Finanzierung nutzen die Unternehmen meist nur die klassischen Instrumente wie Erhöhung des Eigenkapitals und Gewährung von Darlehen. Hier wird deutlich: Chinas Devisenpolitik erschwert einen freien und flexiblen Kapital-transfer und bürdet grenzüberschreitenden Finanzströmen enorme administrative Anstrengungen auf. Eine weiter gehende grenzüberschreitende Integration ist denkbar, wenn Chinas Regierung sich dazu durchringen könnte, die Landes-währung freizugeben und ein flexibel handhabbares Instrumentarium zuzulassen.

PersonalbereichDie chinesischen Investoren gaben in der Regel keine Beschäftigungsgarantien und machten auch keine Zusagen zur Standortsicherheit. Trotzdem ist es nur in wenigen Einzelfällen zu Entlassungen gekommen, und diese werden den Investoren auch in zwei der drei Fälle nicht angelastet. Eines der befragten Unternehmen leidet aber aktuell unter einem Einstellungsstopp.

Nur zwei der übernommenen Unternehmen berichten, es habe eine Beschäftigungs-garantie gegeben. In einem Fall war die Garantie Teil der Vereinbarungen mit dem Insolvenzverwalter. In dem anderen Fall diente sie als „Beruhigungspille“ gegenüber der Belegschaft. Der Investor wollte ein deutliches Zeichen setzen: Er hält trotz und nach dem vollständigen Technologietransfer am Standort Deutschland fest.

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60 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Lediglich mündlich („verbal, aber nicht dokumentiert“) gab es darüber hinaus noch einige Aussagen gegenüber den Belegschaften, um die Arbeitsmoral und die Motivation aufrechtzuerhalten.

„Sie haben nach der Übernahme eine Beschäftigungsgarantie an die deutsche Beleg-schaft ausgesprochen, um ein Signal an die deutschen Arbeitnehmer zu senden und ihnen die Unsicherheit die Zukunft betreffend zu nehmen.“

Ein Unternehmen hat ein Retentionsprogramm aufgelegt (um die Leistungsträger an das Unternehmen zu binden). Es habe dazu „lange Verhandlungen“ zwischen der deutschen Geschäftsleitung und dem chinesischen Investor gegeben. Auf Initiative des chinesischen Investors sei das Retentionsprogramm dann für alle Arbeitnehmer zugänglich gemacht worden („nicht nur für die Schlüsselpositionen, wie sonst üblich“).

Die meisten Unternehmen geben zu Protokoll, es habe in der Mitarbeiterstruktur durch den Einstieg des Investors kaum Veränderungen gegeben. In jedem dritten befragten Unternehmen erhöhte sich die Zahl der Mitarbeiter. Eines der Unter-nehmen mit gewachsener Belegschaft führt das auf den Ausbau des Geschäfts durch den neuen Vertrieb und die Akquisition eines weiteren Unternehmens zurück. In einem anderen Fall ist die Arbeitnehmeranzahl leicht gestiegen, der Markt habe sich gut entwickelt („auch ohne Zutun der Muttergesellschaft“). Die Belegschaftsgröße ist in den meisten Fällen aufs Ganze gesehen konstant geblieben, auch wenn dem zum Teil Turbulenzen vorausgegangen sind.

„Nach der Krise haben wir uns schnell wieder positiv entwickelt, wir haben ein wett-bewerbsfähiges Produktportfolio, wir sind auf Wachstumskurs. Das gilt auch für den deutschen Standort. In der Gruppe haben wir eine konstante Arbeitnehmerzahl seit Übernahme.“

Mehrere Führungskräfte gaben an, ihr Unternehmen würde nicht mehr existieren, wenn nicht ein Investor eingestiegen wäre. Einige Unternehmen haben sich trotz des neuen chinesischen Investors vom Markt verabschiedet, waren aber vor Übernahme bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Insgesamt gesehen dürfte der Einstieg chinesischer Investoren einen leicht positiven Effekt auf die Gesamtzahl der Arbeits-plätze gehabt haben. Das kann allerdings nur eine vorläufige Bestandsaufnahme sein, da viele Übernahmen erst vor Kurzem stattgefunden haben.

In mehreren Unternehmen wurden nach Einstieg des chinesischen Investors chinesische Mitarbeiter eingestellt, um die sprachlichen und kulturellen Barrieren zu überwinden. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 7.

Abb. 19 Zahl der Arbeitsplätze seit Einstieg des Investors

7gestiegen

12gleich geblieben

3gesunken

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 61

Ergebnisse der Befragung

6 Ausblick der befragten Unternehmen

Die überwältigende Mehrheit der befragten Unternehmen blickt zuversichtlich in die kommenden drei bis fünf Jahre. Ihr Optimismus gründet mehrheitlich auf der Einschätzung, dass sich ihre Situation strukturell verbessert hat. Die wirtschaftliche Entwicklung und ihre Hoffnung auf Stabilisierung durch die größere Durchdrin - g ung des chinesischen Markts spielte ebenfalls eine Rolle. Zudem empfinden sie es als „leichter“, in China Kontaktnetzwerke über die chinesischen Investoren zu nutzen, als selbst in China solche Netzwerke aufzubauen. Mehrere Unternehmen erwarten, dass sich ihre Situation verbessert. Als Gründe nennen sie die Finanzkraft der Investoren und die Komplementarität der Märkte, die ihnen aus ihrer Sicht dabei helfen wird, sich zu stabilisieren und zu wachsen. Außerdem glauben sie, über konzertierte Strategien für die Beschaffung (Sourcing) Kosten vorteile realisieren zu können.

„Das Geschäft mit Standardmaschinen machen nun die Chinesen selbst und produzieren auch dort, wir können uns kostenmäßig nicht leisten, in Deutschland zu produzieren. Dafür haben wir ein Nischendasein mit unseren anspruchsvollen Produkten. Und die Nische wird immer größer, da die Chinesen aufgrund ihres Anspruchsdenkens auch immer mehr hochwertige Produkte haben wollen.“

„Es ist schon festzustellen, dass unsere Kunden Interesse an Produkten des chinesischen Investors haben. … Das führt eher zu einer Stärkung unseres Standorts in Deutschland.“

„Das Know-how des Herstellens haben die Chinesen inzwischen auch. Ihre Produkte sind inzwischen qualitativ nicht viel schlechter. Nur eben diese Vielfalt zum richtigen Zeitpunkt für den Markt herzustellen – das können die Chinesen nicht.“

Einige der übernommenen Unternehmen haben seit oder bereits vor der Übernahme umstrukturiert und so ihre Ausgangsposition im Kampf um Marktanteile verbessert. Einige Teilnehmer gaben an, es seien keine weiteren Kostenreduzierungen durch eine Produktionsverlagerung nach China zu erwarten und sie seien auch deshalb zuversichtlich in Bezug auf den Standort Deutschland. So sei die Produktion bereits vor der Übernahme nach Osteuropa verlagert worden in Standorte, die aufgrund ihrer höheren Produktivität mit dem Kostenniveau der Standorte an der chine-sischen Ostküste mithalten könnten. Die Teilnehmer sehen auch: Chinas Vorteile im Bereich der Kosten sind in den letzten Jahren teilweise geschwunden – durch steigende Energie- sowie Lohn- und Lohnnebenkosten und durch die Aufwertung der chinesischen Währung. Die meisten deutschen Manager sehen sich gut gewappnet gegen eine Verlagerung der Produktion nach China. Dazu tragen aus ihrer Sicht die verbesserten Einkaufsbedingungen bei, zu denen ihnen ihr chine-sischer Investor verholfen hat, sowie zumindest in einem Fall auch die Einführung von Produktionsplattformen, die die Produktionskosten reduziert hätten. Einige Unternehmen sehen jedoch noch Kostensenkungspotenzial durch eine Verlagerung der Produktion nach China.

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62 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

„Unsere Probleme im Vertrieb sind beseitigt, das hätte jeder Investor so machen können. Die Vorteile des chinesischen Investors werden sich erst später realisieren: niedrigere Kosten durch Fertigung in China.“

Nur fünf der 22 befragten Unternehmen erwarten Stagnation. In einem weiteren Unternehmen ist die Perspektive ungewiss, da Grundsatzentscheidungen anstehen. In mehreren Fällen waren die Teilnehmer froh, einen finanzstarken Partner im Rücken zu haben. Andere Unternehmen wiederum hoffen, dass sich das Beteili-gungs management des Investors verbessern wird, damit die Potenziale aus der Integration für die Mutter wie die Tochter gehoben werden können.

„Wie es weitergeht, ist ungewiss: entweder jetzt ganz schließen oder noch mal kräftig in eine neue Fabrik investieren. Da wir nun zu einem großen chinesischen Konzern gehören, werden wir als potenzieller Käufer ernst genommen. Vorher hätten wir bei allem Sparen nicht die finanziellen Mittel gehabt, um den Kauf zu stemmen. Mit dem Investor kann man solche Summen durchaus diskutieren. Sie sind offen für neue Geschäfts ideen – auch in solchen Größenordnungen.“

„Es gibt Punkte, bei denen wir sagen, dass wir Gott sei Dank noch ein bisschen eigen-ständig sind. Aber weil momentan der Markt sehr, sehr schwach ist, ist es auch gut, wenn wir einen starken Partner im Rücken haben. So können wir uns auf andere Dinge konzentrieren und zur Not eine Zeit lang mit einer Nullmarge weiterarbeiten, indem wir hier und da das ein oder andere beim Investor beschaffen.“

7 Herausforderungen der Zusammenarbeit

Wie sich die chinesischen Investitionen im Ausland weiterentwickeln, wird in hohem Maß von den aktuellen und künftigen weltwirtschaftlichen Bedingungen und den makroökonomischen Problemen in Europa und den USA beeinflusst. Gleichwohl wird sich immer auch die Frage nach den interkulturellen Hürden und deren Bewältigung stellen.

Nach den Transaktionen der letzten zehn Jahre befragt, sagen die Teilnehmer ganz deutlich: Die Zusammenarbeit von Chinesen und Deutschen wurde nicht nur durch die verschiedenen Sprachen erschwert, sondern auch durch die verschiedenen soziokulturellen Horizonte und Sozialisationserfahrungen. Grundsätzlich jedoch erleben die befragten Unternehmen die Zusammenarbeit mit „ihrem“ chinesischen Investor eher als positiv.

Abb. 20 Ausblick

5gleich bleibende

Situation

1keine Angabe/

weiß nicht

16Verbesserung der Situation

0Verschlechterung

der Situation

Wie wird sich voraussichtlich die ökonomische Situation Ihres Unternehmens mittelfristig (in den nächsten vier bis fünf Jahren) entwickeln?

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 63

Ergebnisse der Befragung

16 der 22 Befragten waren Mitglieder des Vorstands oder Geschäftsführer. Sie sind auf einer Ebene angesiedelt, die sich idealerweise dem operativen Geschäft entzieht, um sich vor allem den strategischen Fragen stellen zu können. In der Studie kommen also mehrheitlich die Spitzen manager aus der ersten Führungs ebene zu Wort. Möglicher weise hätten Mitarbeiter auf niedrigeren Ebenen die Zusammen-arbeit mit den chinesischen Kollegen anders (negativer) eingeschätzt – vermutlich, weil sie im operativen Miteinander noch ganz andere Reibungsverluste erleben als das C-Level. Ein deutscher Entscheider meint: „Je weiter man runterkommt, desto mehr muss man … diese Widerstände gegen die Übernahme überwinden.“ Die Hauptheraus forderung sieht dieser Teilnehmer in den kulturellen Unterschieden und dabei vor allem im unterschiedlichen Management- und Führungsstil.

Hinzu kommt noch, dass die Belegschaften – wie das in vielen internationalen Unter nehmenszusammenschlüssen schon beobachtet werden konnte – je nach Bildung und Grad der internationalen und der beruflichen Erfahrung unterschied-lich auf die andere Kultur reagieren. Wer ohnehin selbst global tätig ist oder das Potenzial und die Bereitschaft dazu hat, empfindet eine Übernahme durch einen ausländischen Investor weniger als Bedrohung, sondern eher als Chance.

„Die Beziehung ist konstruktiv, man hat Verständnis füreinander. Aber je operativer die Ebene, desto negativer würde wohl das Urteil ausfallen. … wegen Sprache und kultureller Unterschiede. Auf höherer Ebene gibt es mehr Verständnis, die Gepflogenheiten des jeweils anderen sind dort bekannt, man agiert sowieso internationaler.“

Im Durchschnitt beurteilten die deutschen Führungskräfte die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Investor auf einer 10er-Skala positiv mit 6,3. Die Einzelwerte verteilen sich jedoch fast über die gesamte Skala: Von 0,5 bis 10 vergaben die Befragten alle Werte, am häufigsten (sechsmal) die 8.

Dessen ungeachtet lassen zahlreiche Momente auf Irritationen im interkulturellen Umgang schließen. So geben deutsche Manager häufig Hinweise darauf, wie unter-schiedlich in China und Deutschland Qualität realisiert werde (quality gap). Das betrifft auch die Qualität von Analysen, darunter Due Diligence und Reporting (unterschiedliche Gewichtung von Qualität und Quantität/Frequenzen).

Abb. 21 Zusammenarbeit mit dem Investor

0–4 (ausgesprochen negativ) 5–7 8–10 (ausgesprochen positiv)

6 7 9

Eine andere Rolle als in Deutschland spielen in China zum Beispiel die Themen „Vertrauen“ und „Hierarchie“. Daraus resultierende Unterschiede wirken sich vehement auf die Integrationsprozesse aus – nicht nur über die Struktur und die Organisation des Unternehmens. Chinesen und Deutsche sind, pauschal gesagt, soziokulturell vollkommen unterschiedlich geprägt.

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64 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Was Mitarbeiter trennt und was sie verbindetAus der Sicht der Personalwirtschaft ergeben sich bei der Übernahme deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren verschiedene Herausforderungen. Die Mehrzahl der deutschen Übernahmekandidaten hat zuvor bereits geschäftliche Erfahrungen mit China gesammelt. Manche verkaufen dort ihre Produkte oder Dienstleistungen, andere produzieren vor Ort für den lokalen oder internationalen Markt. Wie die Mitarbeiter und Führungskräfte China wahrnehmen, ist jedoch meist weniger durch persönliche Erfahrungen geprägt als durch das allgemeine Ansehen, das China in den westlichen Ländern anhaftet. Die öffentliche Meinung ist häufig kritisch und ruft schnell Befürchtungen hervor, chinesische Investoren würden die Interessen der Mitarbeiter missachten und pflegten ein hierarchisches Führungs gebaren. Zweifel tauchen auf, was die Themen Qualitätsdenken und Innovations fähigkeit angeht. Neben dieser subjektiv-kognitiven Einschätzung gibt es gleichwohl eine rational-ökonomische Bewertung der Rolle chinesischer Investoren. Aus dieser Perspektive betrachtet sehen die Mitarbeiter und Manager durchaus die positive Rolle, die China wahrnimmt, da es Unternehmen Unterstützung bietet, die in Not geraten sind. Insgesamt ergibt sich ein ambivalentes Bild aus Chancen und Bedrohungen. Aber völlig unabhängig von der Voreinstellung der Belegschaft gegenüber dem potenziellen Besitzer sollten sich Investoren wie Übernahme kandidaten von vornherein über einige mögliche Reibungspunkte klar werden:

InternationalitätGrundsätzlich haben chinesische Investoren eher wenig Übung im internationalen Verkehr. Chinesische Mitarbeiter des häufig (vormals) staatseigenen Unternehmens hatten bisher weder in ihrer Ausbildung noch bei ihrer Arbeit nennenswerte internationale Aufgaben oder Kontakte. Wie auch andere Studien zeigen, ist ein wesentliches Motiv für den Kauf ausländischer Firmen, internationale Talente zu gewinnen, die für eine internationale Expansion benötigt werden. Diese starke lokale Verankerung (Home Country Effect) bringen die chinesischen Unternehmen mit nach Deutschland und stoßen auf das hiesige Umfeld (Host Country Effect).

KommunikationGroße Schwierigkeiten bereitet häufig bereits die Verständigung. Beide Seiten müssen sich außerhalb ihrer bisherigen Firmensprache verständigen. Das birgt die Gefahr von Missverständnissen und Informationsasymmetrien. Auch kommen oft Unterschiede im Kommunikationsverhalten zum Tragen. So sehen es Chinesen beispielsweise als unangebracht an, Kritik offen zu äußern oder klare und verbindliche Aussagen zu treffen. Eine zentrale Rolle spielen dabei Prioritäten wie „Seniorität“, „Gesichtswahrung“ und „Höflichkeit“. Deutsche lösen Probleme zudem eher direkt, während Chinesen sie tendenziell indirekt angehen.

Führung und ZusammenarbeitTeamarbeit spielt in chinesischen Unternehmen eine andere Rolle als in deutschen. Chinesische Mitarbeiter fühlen sich ihrem direkten Vorgesetzten unmittelbarer verpflichtet, als ihrer Bezugsgruppe auf gleicher Ebene. Häufig sind auch die Meinungen darüber, welches Maß

Personalempfehlungen

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 65

Ergebnisse der Befragung

an Faktoren wie Entscheidungs- und Informationstransparenz anzulegen ist, verschieden stark ausgeprägt. Das führt leicht zu Irritationen und Fehlinterpretationen bei der Bewertung des unternehmerischen Kurses und des Führungsverhaltens.

Die genannten Aspekte dürfen nicht verallgemeinert werden. Letztendlich hängen sie von den jeweiligen Konstellationen und den individuellen Akteuren ab. Einige Maßnahmen haben sich allerdings bewährt, um die Klippen in der Zusammenarbeit erfolgreich zu umschiffen.

Cultural Due DiligenceIhr Ausgangspunkt ist eine sorgfältige Analyse, Prüfung und Bewertung der Unter nehmenswerte der Partner. Ihr voraus geht ein Kulturaudit. Es deckt Themen wie den generellen Umgang, die Zusammenarbeit, die Zielerreichung und die Weiterentwicklung ab. Die Ergebnisse des Audits geben wichtige Hinweise auf die kulturelle Kompatibilität der Unternehmen, ihre Gemeinsamkeiten oder Unterschiede sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken im Rahmen der Transaktion.

VertrauensbildungDer Erwerb des Hintergrundwissens über die jeweiligen kulturellen Eigenarten fördert das gegenseitige Verständnis und die Wertschätzung. Zentrales Ziel ist die Schaffung von Vertrauen. Erst wenn der Partner ausreichend eingeschätzt werden kann, können Chinesen und Deutsche vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dabei spielen die Vernetzung und der Aufbau tragfähiger Beziehungen im Sinn eines traditionellen chinesischen Netzwerks persönlicher Beziehungen („Guanxi“) eine wichtige Rolle. Eine gegenseitige Inkludierung der Entscheider in einem netzwerkartigen Kernteam („innerer Zirkel“) ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor. Maßnahmen zur Teambildung haben sich in diesem Kontext bewährt. Der Aufbau von Vertrauen hilft, unnötige Reibungsverluste, Konflikte, Rivalitäten und Misstrauen effektiv vorzubeugen und zu reduzieren.

BefähigungMitarbeiter verschiedener Ebenen sollten frühzeitig interkulturelle Trainings durchlaufen, um ihre Fähigkeit zur sozialen Interaktion mit Angehörigen aus anderen Kulturkreisen zu üben. Ein Ergebnis kann auch die Erkenntnis sein, dass eventuelle Unterschiede nur zum Teil auf landesspezifische Kulturen zurückzuführen sind. Vielmehr kann sich die Beobachtung durchsetzen, dass viele Divergenzen auf die Unterschiedlichkeit der Individuen (also weniger auf Landeskulturen als auf „persönliche Kulturen“) zurückzuführen ist und letztendlich alle Beteiligten „auch nur Menschen sind“.

ZusammenarbeitChinesisch-deutsche Mitarbeitertandems zu bilden und die Teilnahme an Rotations- und Entsendungsprogrammen kann ebenfalls zu einer größeren Aufgeschlossenheit gegenüber den kulturspezifischen Besonderheiten führen. So können deutsche Führungs kräfte zum Beispiel die Bedürfnisse der chinesischen Kollegen nach ganzheitlicher paternalistischer Betreuung besser berücksichtigen – im Sinn einer Rundumversorgung nach dem Prinzip der „eisernen Reisschüssel“ oder einer Betreuung bei besonderen Familienereignissen wie Geburt oder Hochzeit.

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Ergebnisse der Befragung

7.1 „Vertrauen“ und Harmonieprinzip

Vielfach betont die deutsche Seite, die Zusammenarbeit mit den Chinesen sei auch deshalb sehr angenehm, weil sie sich „menschlich“ verhielten und der Aufbau von „Vertrauen“ durch persönliche Integrität und Verlässlichkeit für sie eine große Rolle zu spielen scheine. Das Thema Vertrauen wird begleitet von Konnotationen wie „langer Atem“, „Geduld“, „Verantwortungsgefühl“ und „Menschlichkeit“ im Umgang miteinander.

„Bei jedem anderen (nicht chinesischen) Investor hätte es den Gesellschaftergeschäfts-führer nicht mehr gegeben. Die Chinesen haben weiterhin Vertrauen zu ihm.“

Mehrmals halten die Befragten fest, Investor und übernommenes Unternehmen würden sich aus bestehenden Geschäftsbeziehungen schon „seit Jahren“ kennen. Zwischen ihnen herrsche „viel Vertrauen“, der Investor sei in mehreren Fällen schon langjähriger Kooperationspartner. Traditionell stehen Ostasiaten Werte wie Selbstrelativierung, Erdnähe und Harmonie näher als Selbstschätzung, Höhenflug und Konflikt. Auch das Harmonieprinzip, also das Streben nach Ausgleich und Kompromiss statt nach Konfrontation, wirkt sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Gerade im Vergleich mit amerikanischen Investoren und in zwei Fällen auch vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen mit den Voreigentümern betonen die Teilnehmer die Vertrauensbasis und das Verantwortungsbewusstsein der chinesischen Investoren.

„Bei dem Voreigentümer haben wir uns in tagelangen Strategiesitzungen gelang weilt, ehe wir für fünf Minuten unsere Produkte präsentieren durften. Und dann haben sich die Investoren gelangweilt, weil sie unsere Produkte nicht verstanden haben. Wir haben jetzt einen verantwortungsbewussten Shareholder.“

„Chinesen haben eine langfristige Sichtweise. Sie sind auf Ausgleich aus, sie sind keine Cowboys, die durch das Unternehmen fegen.“

Rekrutierung und Entwicklung der MitarbeiterDie Partner sollten bei der Einstellung von neuen und bei der Beförderung bewährter Mitarbeiter bewusst darauf achten, Internationalität und Mehr sprachigkeit als Einstellungsmerkmale stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Das Ziel sollte sein, dass sich die zwei Organisationen stärker annähern und letztendlich kohärent zusammenwachsen.

Insgesamt lassen sich durch eine präzise Analyse und Integrationssteuerung eventuelle Befürchtungen aufseiten der Führungskräfte und der Belegschaft auflösen und durch konkrete vertrauensbildende Erfahrungswerte ersetzen. Zusammen mit geeigneten Befähigungsmaßnahmen und Modellen der über greifenden Kollaboration entsteht damit die Grundlage für eine nachhaltig erfolgreiche Gestaltung der Partnerschaft.

Ulf BoschSenior Manager Advisory People ChangePwC

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Ergebnisse der Befragung

„Chinesen sind Improvisationskünstler, während wir Deutschen over-engineeren.“

„Während der Übernahmeverhandlungen kam es zu einem Meeting mit einer im Konzern hierarchisch sehr hochgestellten chinesischen Person. Sie wollte unsere Unternehmensleitung nur kennenlernen, hat keine Fragen gestellt – wir haben nur zusammen getrunken. Danach war alles in Ordnung.“

Dabei ist Folgendes zu beobachten: Wenn sie vom Vertrauen der chinesischen Investoren sprechen, verwenden die deutschen Führungskräfte diesen Begriff positiv. Bezieht ein befragter deutscher Manager aus einem der übernommenen Unternehmen den Begriff des Vertrauens aber auf sich selbst, erhält er sofort eine andere Konnotation.

„Wir haben hier keinen Chinesen eingestellt. Wir haben die Befürchtung, dass eine Parallelkommunikation entsteht, die man am Ende nicht versteht. Ein Chinese ist schließlich dann doch chinesisch und wird eher auf Seite der Chinesen sein. Ich habe kein Vertrauen in Chinesen.“

„Vertrauen“ zu entwickeln ist offenbar nur dem möglich, der den anderen auch gewähren lassen möchte und ihn gewähren lassen zu können glaubt. Eine andere deutsche Führungskraft urteilt, die Chinesen seien ein Unruhefaktor in seinem Unternehmen. Sie wollten das Unternehmen nach vorn entwickeln – „und das sehr schnell.“ Ein anderer Teilnehmer berichtet, die Chinesen seien „sehr ruppig bei dem Einstieg aufgetreten, bestehende Verträge galten nichts.“ Wieder ein anderer Manager meint, die chinesischen Investoren seien auch „sehr kurz angebunden, wenn man bestimmte Dinge vereinbart und dann nicht liefert. Das möchte ich nicht permanent aushalten.“

Respekt und Vertrauen bedingen einander. Vollziehen die chinesischen Investoren die Entscheidungen der Manager vor Ort nach und können sie sie respektieren und als Arbeit an einem gemeinsamen Ziel interpretieren, werden sie die Führungskräfte in der Regel auch gewähren lassen. So hat einer der befragten deutschen Manager auch beobachtet, dass die Chinesen mit dem deutschen Management auf Augenhöhe kommunizierten. Hier finde ein regelmäßiger Ideenaustausch statt, Entscheidungen seien keine Einbahnstraße. Doch die Freiheit der eigenen operativen Abteilungen in China sei eingeschränkt und werde sehr eng kontrolliert. Gerade Letzteres hängt womöglich auch direkt mit dem Thema „Hierarchie“ zusammen.

Andererseits berichten die Befragten manchmal im selben Atemzug auch, es sei menschlich zwar sehr angenehm, aber den Chinesen mangele es an Professionalität. Hier vermissen die Deutschen nicht nur fachliche Kenntnisse, sondern mitunter vor allem eine klare Trennung zwischen der Sach- und der Personenebene in der beruflichen Kommunikation (Näheres in Kapitel 7.6).

Die Teilnehmer schildern die zwei Seiten einer Medaille: Sie anerkennen die Mensch lichkeit und das Vertrauen der Investoren. Gleichzeitig beobachten sie, dass Prozesse und Kommunikationen nicht so nüchtern und effizient, eben nicht „professionell“ nach westlicher Sicht abgewickelt werden. Es gilt allerdings zu bedenken, dass der Aufbau von Vertrauen und Nähe, etwa durch gemeinsames Trinken, Bewirtungen etc., aus verschiedenen Gründen als integrativer Bestandteil professionellen Handelns in Ostasien gilt.

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68 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

7.2 Hierarchie und Staatsnähe

Die Unternehmen der chinesischen Investoren gelten als stark Hierarchie getrieben. Das Management in den chinesischen Unternehmen erfolge von oben nach unten. Auch operative Entscheidungen müssten in der Regel nach oben durchgereicht werden, wodurch die Prozesse sehr zeitintensiv würden. In den Belegschaften erfolge keine oder nur kaum Reflexion: „Wenn jemand Höher gestelltes kommt, schalten die anderen das Gehirn aus, auch wenn der Chef Blödsinn erzählt.“

Das Leben und Denken in vertikalen Strukturen und Hierarchien sind traditionell (religiös) verwurzelt. Zwar ist China heute ein laizistischer Staat, aber das Verhalten der Menschen untereinander ist nach wie vor stark durch tradierte religiöse Vorstellungen geprägt. Die Quellen sind Taoismus, Buddhismus und nicht zuletzt der Konfuzianismus (Lehrer – Schüler, Mentor – Protegé, Vorgesetzter – Untergebener).

„Die Chinesen folgen blind dem Vorgesetzten – der Chef kann den größten Blödsinn erzählt haben, alle folgen ihm. In Deutschland ist es erlaubt, dem Chef zu sagen, dass er Unsinn erzählt hat.“

Was den befragten Managern in diesem Zusammenhang auch auffiel, war die Nähe der chinesischen Wirtschaft zum chinesischen Staat und zur Partei: „… einmal kamen Delegierte der Aufsichtsbehörde vorbei“. In einem Unternehmen ist der Investor ein großer Staatskonzern. Dort spielt das Thema Hierarchie nach Beobachtung der deutschen Manager „eine Rolle über den Konzern hinaus“, eventuell in die Partei hinein. Klarheit darüber herrscht aber auf deutscher Seite nicht: „Es reden einige Leute mit, die mehrere Konzernhierarchiestufen über der direkten Investorengesellschaft sind.“

„Es wird von unten nach oben gemanagt. Alle Entscheidungen werden nach oben geschoben. Projektarbeit ist so nicht möglich.“

„China ist eine planwirtschaftlich beeinflusste Wirtschaft, da kann man sehr gut netzwerken, der Wirtschaftszweig ist nah am Staat.“

Vertikale Hierarchie- und Abhängigkeitsstrukturen haben in den buddhistisch und konfuzianisch geprägten ostasiatischen Kulturen eine alte Tradition. Autorität wird auf zwei Weisen legitimiert: über das Alter oder durch einen Vorsprung an Weisheit, Erfahrung und Wissen. Hinzu kommen die personellen Verflechtungen zwischen staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen. Daher ist für Dritte nicht transparent, wie Entscheidungsprozesse in den Institutionen strukturiert sind und wer zu welchem Zeitpunkt wie bestimmte Entscheidungen vorangetrieben hat. Diese Intransparenz von Entscheidungsstrukturen spüren auch einige der befragten übernommenen deutschen Unternehmen.

„Es ist schwierig, zu durchschauen, wie da überhaupt die Machtverhältnisse sind.“

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Ergebnisse der Befragung

7.3 (Vermeintliche) Planlosigkeit und Intransparenz

Das in China kulturell tief verankerte Hierarchiedenken wirkt sich auf die Entschei-dungs strukturen aus und verlängert die Zeit, bis es zu Entscheidungen kommt. Die Teilnehmer bemängeln folglich die „grundsätzlich langen Entscheidungswege“. Aber es beeinflusst auch das Thema „Transparenz“ nachhaltig.

„Der neue chinesische CEO hat sich als seinen Arbeitsbereich die alte Penthousevilla des Alteigentümers auf dem Firmengelände reserviert und mit gehobener Ausstattung eingerichtet. Die wurde vorher nicht wohnlich genutzt, sondern stand allen Mitarbei-tern für Meetings etc. zur Verfügung.“

„Unser Erfolgsmodell ist, dass wir innerhalb von sechs bis 12 Wochen in der Lage sind, von der Produktidee bis zum Verkauf im Ladenlokal ein Projekt zu realisieren. Die Chinesen brauchen ein bis anderthalb Jahre Vorlauf. Das ist eine Katastrophe. Es gibt dort auch keine Entscheidung, deswegen müssen wir Dinge einfach machen – auch wenn wir wissen, dass es eigentlich nicht genehmigt ist. Aber wir können ja nicht den Geschäftsbetrieb einstellen.“

„Wenn die Chinesen eine Woche nach Deutschland kommen, bespricht man sich eine Woche lang, ohne Entscheidungen zu treffen. Das geschieht erst eine Stunde vor Abflug. Das finden die Deutschen befremdlich, die systematisch zu einzelnen Themen zeitnah Entscheidungen erwarten.“

In einem Unternehmen vermisst der Befragte beispielsweise im Finanzbereich Transparenz: „Es ist für die Leute hier eine Überlebensfrage zu wissen, ob das Geld pünktlich eingeht oder nicht. Das wird von chinesischer Seite aber nicht mitgeteilt. Die Chinesen haben dazugelernt und eine gewisse Sensibilität für unsere Bedürfnisse entwickelt. Aber sie sind auch nicht gerade sehr gut organisiert.“ Ein anderer Befragter erlebt die Personalpolitik als intransparent.

Der chinesische Managementstil gilt als „verschlossen“. Die Ursache dieser Ver-schlossenheit ist nicht zwingend, dass sich ein chinesischer Manager möglichst intransparent verhalten will. – Zur Erklärung ein kurzer Ausflug in die Wissenschaft:

Einerseits sind die Befragten der Meinung, die chinesischen Investoren hätten „Interesse am direkten Kontakt mit den Mitarbeitern“, andererseits beobachten sie „Hierarchiedenken“ und stellen fest, die Investoren würden „auf eine stärkere Abgrenzung Wert legen“. Einzelne Manager fühlen sich durch die Hierarchie-strukturen in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Für andere wird mit unterschiedlichen Maßen gemessen. Nach dieser Lesart haben die Rechte und Pflichten von Mutter- und Tochterunternehmen unterschiedliches Gewicht. Ein Teilnehmer macht dafür explizit auch die Tatsache verantwortlich, die Investoren hätten letztlich eine Art Eroberer- oder Siegerrolle inne. Das übernommene Unter-nehmen müsse letztendlich als der Besiegte gelten – und der Sieger bestimme nun einmal den Lauf der Dinge.

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70 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

In der Anthropologie kennt man High- und Low-Context-Kulturen. In High-Context-Gesellschaften muss der Sender nur wenige Informationen übermitteln, weil der Empfänger die Rahmeninformationen zu einem Sachverhalt bereits kennt. Solche Informationen mit in die eigentliche Botschaft zu packen, würde den Empfänger möglicherweise ärgern, ihn aber auf jeden Fall langweilen. In Low-Context-Gesellschaften ist das Gegenteil der Fall: Der Sender muss das Gros der Informationen codieren und übermitteln, damit der Empfänger die Botschaft verstehen kann. High-Context-Gesellschaften sind zum Beispiel Japan, die Mittelmeerstaaten, die lateinamerikanischen Länder – und China. Typische Low-Context-Kulturen sind Deutschland, die USA, die Schweiz, die Beneluxländer oder die Staaten Skandinaviens.

Das Kontextproblem hat gravierende Folgen für die interkulturelle Kommunikation zwischen Deutschen und Chinesen. Wenn sich die Deutschen „nicht eingebunden“ fühlen und mehr explizite Informationen wünschen, ist die chinesische Seite mög-licher weise der Ansicht, die Botschaft sei bereits aufgrund eines (aus deutscher Sicht minimalen) kommunikativen Impulses oder aus den Umständen der Begegnung heraus verstanden worden. Umgekehrt erstaunt (und nervt) es die Chinesen wo mög lich, wenn Deutsche sie auffordern, zu einem (obendrein vielleicht noch unangenehmen oder komplexen) Thema ständig Informationen auszutauschen. Denn ihrer Meinung nach ist zu diesem Thema bereits alles Wichtige gesagt worden.

Die deutschen Manager versehen das chinesische Unternehmensmanagement viel-fach mit Attributen wie „planlos“, „kurzfristig denkend“ und „erratisch“. Mehrmals merken Befragte an, bei Entscheidungsprozessen fehlten die Begründungen. Dann ist zu hören, man erlebe seitens der Chinesen Aktionismus, der durch die Trial-and-Error-Methode geprägt sei, und vermisse Analysen, darauf basierende strategische Erwägungen und eine klare und beständige Bestimmung des Ziels.

„Da ist ein Widerspruch: mehr Marktanteile versus mehr Gewinn. Das ist zwar ein Zielkonflikt wie überall, aber typisch chinesisch: Wir gehen den Weg ohne vorherige Analyse so lange, bis wir einen besseren haben. Einfach loslaufen und dann mal sehen.“

„Deutschland hat eine abendländisch humanistisch geprägte Kultur: Die Deutschen eruieren vor der Entscheidung gründlich. Die Chinesen sehen das Thema und laufen los, agieren und reagieren ad hoc und sehr schnell. Teilweise werden aber auch keine Entscheidungen gefällt, wo es angebracht wäre.“

In den Augen vieler deutscher Manager fehlt den chinesischen Investoren ein grund legendes Konzept für ihre Investition. Andererseits vermuten einige Befragte auch einen „strategischen Ansatz“, ohne dass ihnen eine ausformulierte Strategie kommuniziert worden wäre. Ein möglicher Grund: Die Chinesen gelten als Investoren, die vergleichsweise langfristig denken, und nicht als kurzfristige Renditeoptimierer.

Trotzdem scheinen sie aus deutscher Sicht „keinen Plan“ zu haben. Strategisch geprägte Diskussionen auf Managementebene scheinen für viele Deutsche unbefrie-digend zu verlaufen. Für deutsche Manager sind vertraute Vorgehensweisen nicht mehr realisierbar, sobald die chinesischen Partner ins Spiel kommen. Dazu gehören mittel- und langfristige Erwägungen, ein Denken in Szenarien und ein Abwägen von Entscheidungen vor dem Hintergrund eines Mittel- oder Langfristszenarios. Mehr - fristiges und mehrschichtiges Denken gilt als eine sehr deutsche Angelegen heit. Auch das fehlende Verzahnen von langfristigen Visionen mit mittel- und kurz-fristigen Maßnahmen, die die Langfristziele sicherstellen sollen, wurde kritisiert.

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Ergebnisse der Befragung

„Internationale Managementerfahrung ist beim Investor nicht gegeben. Das ist auch nicht mit Zukäufen von Mitarbeitern zu ersetzen. Es ist eine Wahnsinnsexpansions-geschwindigkeit. Sie kaufen sich mit Milliarden in Europa ein, es gibt aber keine Konsolidierung. Es fehlt das Gesamtgefüge, der rote Faden bei den Akquisitionen.“

Auch die „Planlosigkeit“, die die Deutschen bei den Chinesen erlebt haben, ist zu einem guten Teil soziokulturell erklärbar. So kolportiert gerade die ostasiatische Literatur vielfach, bei den westlichen Denk- und Wahrnehmungsmustern handele es sich eher um ein Denken in Analogien, während das Denken und Handeln in östlichen Kulturen immer eher von Algorithmen und Ritualen geprägt sei. Beide Vorgehensweisen sind sicher nicht auf Anhieb kompatibel. Beide konkurrieren mit Erkenntnissen und Ergebnissen, deren Entstehung und Geltung sie unterschiedlich bewerten. Eine gemeinsame Ebene lässt sich nur dann finden, wenn die verschie-denen Denkformen nicht im Widerstreit, sondern in ihrer Komplementarität wahr-genommen werden – wenn Chinesen und Deutsche zu akzeptieren lernen, dass beide Vorgehensweisen zu relevanten Ergebnissen führen können.

„Ich verstehe ihre Planung nicht. Ich kann sie nicht nachvollziehen. Und wenn ich sie unter betriebswirtschaftlichem Gesichtspunkt ansehe, denke ich, dass es so völlig un möglich ist. Wenn ich mir aber die Vergangenheit ansehe, dann erfüllen sie ihren Plan.“

Die Anthropologie unterscheidet monochrome und polychrome Kulturen. Beide bergen für das internationale Geschäftsleben wichtige Zeitsysteme. Sie haben sich in den High-Context-Kulturen (polychrome Zeit) und in den Low-Context-Kulturen (monochrome Zeit) über Jahrhunderte entwickelt und betonen sehr Unterschied-liches:

In der monochromen Gesellschaft (Low-Context-Gesellschaften wie Deutschland und Skandinavien) ist die Zeit Ausdruck der biologischen Uhr. Menschen in Low-Context-Kulturen sehen es als normal an, jeden ihrer Arbeitsschritte im Einzelnen zu planen und die Schritte nacheinander abzuarbeiten. Das Einhalten des Zeitplans und die Erledigung der vorformulierten Aufgaben zählen mehr als die Pflege persönlicher Beziehungen. Das Individuum soll sich idealerweise während einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Sache fokussieren oder/und sich auf bestimmte Personen konzentrieren. Unterbrechungen und Ablenkungen durch Anderes oder Andere gelten nicht als wünschenswert. Man möchte in seiner Arbeit nicht gestört werden, und man stört auch andere nicht ohne Weiteres. Die (Zeit-)Planung und deren Einhaltung können im Low Context als unumstößlicher Wert über allem stehen. Zeit ist ein Wert an sich, weil sie Struktur gibt. Sie gilt als kostbar: Zeit ist Geld, Zeit kann man verlieren, sparen oder verschwenden. Forscher vermuten, das monochrome Zeitverständnis habe sich in Nordeuropa und später in den USA als Artefakt aus der industriellen Revolution abgeleitet. Das Klingeln der Wecker, der Werks- und der Schulglocken ist symptomatisch dafür. Es ist Teil der Sozialisation in den westlichen Industrienationen und wird inzwischen für natürlich gehalten.

„Wenn man den Chinesen für Planungen Varianten oder Alternativen darstellt, passiert zunächst gar nichts. Dann, kurz vor Deadline, kommt die Entscheidung, die dann nur schwer zu beeinflussen ist. Mir fehlt das Rationale, das Abwägen, das Diskutieren.“

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72 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Menschen in High-Context-Kulturen etwa in Ostasien oder im Mittelmeerraum sehen es jedoch als natürlich und normal an, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Der Zeitplan ist für sie allenfalls eine mögliche Orientierung und eine Zielvorstellung, von der sie jedoch abweichen können und sollen, wenn es wichtige Anlässe dafür gibt. Für Menschen, deren Zeitverständnis polychrom ist, ist es legitim und wünschens wert, ein Sachproblem mit jemand anderen zu besprechen und dafür auch die Arbeit zu unterbrechen. Weil im High Context die Priorität auf den persönlichen Beziehungen und dem Aufbau stärkerer Bindungen liegt, muss man sich für Begegnungen bereithalten, flexibel genug sein, um auf der Personenebene sofort zu reagieren und gegebenenfalls die Sachebene zurückstellen. Das Verhältnis zur Zeit und der Umgang mit der Zeit folgen hier eher den Planeten- und den Jahres-zyklen als dem Wecker. Zeit ist kein Produkt der Uhr, sondern der Rahmen für Kommunikation. Das erfordert zeitflexiblen Umgang mit der Sachebene.

Das minutiöse Planen eines Meetings und eine statische, durchdeklinierte Agenda, mag bei einem monochromen Zeitverständnis mitunter wünschenswert sein. Für Menschen in High-Context-Kulturen mit einem polychromen Zeitverständnis kann sie unproduktiv sein, ja sogar als Angriff auf die eigene soziale und kommunikative Intelligenz verstanden werden. Das Hauptziel ist schließlich, weiterzukommen und einen Konsens zu erzielen.

7.4 „Respekt“ und Andersartigkeit der Kultur

Mit dem Wissen um High- oder Low-Context-Kulturen sowie deren poly- oder monochromes Zeitverständnis lassen sich womöglich auch die folgenden Beobachtungen zu den Unterschieden in Kultur und Sprache besser verstehen. In einer High-Context-Kultur besteht eine hohe normative Dichte: Auffälliges, abweichendes oder aufdringliches Verhalten wird zwangsläufig stärker sanktioniert als in anderen Kulturen.

Daraus erklärt sich eine andere Disposition zum Höflichkeitsverhalten und zur Zurückhaltung: Handlungen, die das Ansehen eines Gesprächspartners bedrohen ( face-threatening acts), haben in High-Context- eine ungleich höhere Wirkung als in Low-Context-Kulturen. Bei Interessenskonflikten wird das Gesicht beider Kommunikationspartner im High Context ungleich stärker bedroht als im Low Context.

„Chinesen sind sehr zurückhaltend, abwartend und höflich.“

„Keiner der Chinesen hat den Mut zu sagen: ‚Das ist Quatsch hier, wir müssen das anders machen.‘ Und da sind wir wieder bei der chinesischen Kultur.“

In Low-Context-Kulturen ist das (Kommunikations-)Handeln eher egozentriert: Was möchte ich dem anderen mitteilen oder damit sagen? Der High Context und seine hohe normative Dichte führen dazu, dass alterozentriertes Handeln erfolgen kann: Was möchte der andere mir damit zu verstehen geben? Damit im Zusammenhang stehen auch die Vagheit und die Indirektheit in der Kommunikation (Sprecher vermeiden es, ein klares Nein zu formulieren) und die teils als Maskenhaftigkeit wahrgenommene schwache Gesichtsmimik. Manches sei „ganz schwierig zu schätzen, die lassen sich das nicht anmerken“.

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Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren 73

Ergebnisse der Befragung

„China hat keine Kultur des Widerspruchs. Bei westlichen Menschen kann man die Emotionen aus den Gesten herausdeuten, bei Chinesen ist das nicht möglich.“

„Teilweise folgt aus einem kurzen deutschen Satz eine lange chinesische Übersetzung und umgekehrt. Man kann sich sicher sein, dass Übersetzungen von chinesischen Übersetzern in den Aussagen abgeschwächt werden, damit der Inhalt kulturell akzeptabel wird.“

Hinzu kommt: Soziale Beziehungen werden in China sehr wahrscheinlich nicht nur vertikal bewertet (Hierarchie- und Abhängigkeitsstrukturen, siehe Kapitel 7.2), sondern auch horizontal nach Intimitätsgrad. Es gibt einen inneren Kreis und in konzentrischen Kreisen Externe, mit denen man „informationstechnisch“ jeweils unterschiedlich umgeht: je externer, desto restriktiver die Handhabung.

„Die Chinesen waren sauer, dass wir alle Informationen zur Restrukturierung, die gleiche Präsentation, vollständig an die Bank weitergegeben hatten. Erst im Restaurant beim gemeinsamen Abendessen haben wir verstanden, warum: In China erhält die Bank nicht alle Informationen – volle Transparenz gilt innerhalb des Unternehmens, aber nicht nach außen.“

„Transparenz ist für den chinesischen Investor bei seiner deutschen Tochterunter-nehmung wichtig. Allerdings haben sie sich sehr lange geziert, die eigene Eigen-tümerstruktur für die Banken offenzulegen. Das hat Monate gedauert.“

Abb. 22 Hürden und Barrieren in der Zusammenarbeit mit chinesischen Investoren

Wissen um lokale Gepflogen heiten und gesetzliche Anforderungen in

Deutschland

Sprache und Kultur

Stil des Managements und der Kommunikation

Transparenz und Entscheidungs-strukturen des Partners

Art und Dauer der Entscheidungsfindung

Transparenz der Ziele des Partners

Visa, Arbeitserlaubnis oder Auf enthaltsge nehmigungen in

Deutschland

8 8 5 1

13 5 4

6 13 3

5 11 3 3

7 5 8 2

2 8 7 5

2 1 14 5

weniger große Herausforderung

keine Herausforderung

sehr große Herausforderung

große Herausforderung

0

0

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74 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ergebnisse der Befragung

Die befragten deutschen Entscheider sehen die unterschiedliche Sprache und Kultur als die mit Abstand größte Herausforderung in der Zusammenarbeit mit den chinesischen Investoren an – noch vor deren Management- und Kommunikationsstil. Sie sind über die Unterschiede in der Alltagskultur sehr gut informiert („warmes Essen schon am Morgen, Stäbchen, Schmatzen als Zeichen, dass es schmeckt, Taschen tuch verpönt etc.“). Viele versuchen, die Unterschiede als Normalität anzu-sehen („man hat überall Kulturunterschiede, die Menschen sind überall anders, selbst in Nord-und Süddeutschland“).

„Kultur und Sprache sind extrem wichtig bei M&A. Bisher hat es nicht funktioniert. Ja, es wurde kommuniziert, aber die jeweils andere Seite hat nicht immer verstanden, was gewollt war.“

Die Alterozentrik in der Kommunikation geht mit dem Empathieprinzip (anstelle eines Initiativitätsprinzips) im zwischenmenschlichen Umgang einher. Damit in Zusammenhang steht auch der „Respekt“ vieler Chinesen vor anderen Menschen, von dem die Teilnehmer immer wieder berichten. Der eine Gesprächspartner lobt implizit immer wieder den anderen, während er sich selbst kleiner macht, weil er in seiner High-Context-Kultur davon ausgehen kann, dass es der Gesprächspartner genau so macht. (Das geht aber für ihn nur dann gut, wenn der Gegenüber mitspielt. Rekelt sich der deutsche Gesprächspartner in der interkulturellen Kommunikation auf die chinesische Respektsbezeigung hin wohlig und lobt sich anschließend ungeniert weiter selbst, beginnt die Kommunikation einseitig und schief zu werden.)

Respekt besteht vor wirtschaftlichen Leistungen und beruflichem Know-how sowie vor Erfolg. „Respekt“ ist in China aber zudem im kulturell-historischen Hintergrund verwurzelt, religiös geprägt und teilweise auch stark von hierarchischem Denken durchzogen (siehe Kapitel 7.2). Dazu gehört die Achtung vor dem Alter und der Lebenserfahrung, aber besonders die respektvolle Beziehung des Schülers zu seinem Lehrer. Zurückhaltung („Nichteinmischung“) geht mit Respekt einher. Mehrere deutsche Manager unterstellen den chinesischen Investoren, sie wüssten „ganz einfach“, dass man als Manager „von einem chinesischen Stuhl aus“ nicht besser über ein deutsches Unternehmen entscheiden könne als von einem deutschen – umgekehrt sei es ja wahrscheinlich genauso. Auch diese Art der Selbstrelativierung korrespondiert mit den relevanten religiösen Strömungen, die ein Harmonieprinzip, Erdung und letztlich Selbstrelativierung propagieren. Der Verzicht auf einen Absolut heitsanspruch dürfte den Chinesen aufgrund ihrer traditionellen Prägung in der Regel leichter fallen als den Deutschen mit ihrer christlich-monotheistischen Tradition.

„Die Chinesen haben viel Respekt vor dem deutschen Geschäftsführer. Er ist älter, und das ist nicht unwichtig.“

Für viele befragte deutsche Manager ist die „Angst“ („gleichbedeutend mit Res-pekt“) der Chinesen „vor Gesichtsverlust“ eine Barriere in der Kommunikation. Eine offene inhaltliche Auseinandersetzung und klare Ansagen seien nicht möglich. Aber auch generell gehen die Menschen in Ostasien anders mit Problemen und Konflikten um als die Menschen im Westen. In Low-Context-Kulturen ist ein offensives Hand-ling vonnöten, in High-Context-Kulturen ergibt sich die Schlussfolgerung implizit aus den Umständen und liegt für den einzelnen Beobachter wie den einzelnen Betroffenen auf der Hand. Sie auszusprechen ist nicht notwendig, kann zuweilen sogar kontraproduktiv sein.

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Ergebnisse der Befragung

„Es gibt chinesische Verhaltensgesetze, zum Beispiel das Ausharren bei Problemen, das sich international nicht übertragen lässt. Das haben die Chinesen noch nicht verstanden. Zum Beispiel schicken sie in China die Mitarbeiter auch mal nach Hause und schließen die Fabrik so lange.“

„Angst vor Gesichtsverlust – möglicherweise gibt es deswegen keine inhaltliche Aus-einander setzung.“

Jedem Kommunikationspartner gebührt „Respekt“. Diese Achtung schwindet aber unter Umständen sehr schnell, wenn er sein Gesicht bereits verloren hat. Das geschieht dann, wenn er zum Beispiel seine Leistung wiederholt nicht erbringt oder sich anderweitig für eine Kommunikation auf Augenhöhe disqualifiziert hat.

„Wenn der Kunde nicht zahlt, drängt der chinesische Investor darauf, ihn stark und mehrmals täglich zu bedrängen. Die Deutschen sitzen dem Kunden nicht ständig auf dem Schoß, sondern die Nachfragen kommen in größeren Abständen.“

„Wenn es aber einen Problemfall gibt, dann gehen sie die ganze Kette durch. … Dann durchleuchten sie das wirklich bis ins Detail.“

Spätestens an dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob sich vielleicht die eine Seite der anderen anpassen muss, damit beide im interkulturellen Kontext erfolgreich zusammenarbeiten können. Auf der einen Seite steht das deutsche Unternehmen. Es hat in der Regel die überlegene Technologie und damit bereits bewiesen, dass es erfolgreich sein kann. Auf der anderen Seite steht der chinesische Investor: Er bringt vielfach neue Möglichkeiten und Perspektiven in das deutsche Unternehmen, die vorher nicht bestanden oder die das Unternehmen nicht gesehen hat. Wollen beide den Erfolg, müssen sie sich aufeinander zubewegen. Die Chinesen müssen lernen, dass es Vorteile hat, zwischen der Sach- und der Personenebene zu unterscheiden, und dass in der Zusammenarbeit mit westlichen Unternehmen direkte Ansagen den Kommunikationspartner nicht brüskieren. Die Aufgabe der Deutschen ist, sensibel zu werden, mehr zuzuhören und zu lernen, die nonverbalen Umstände in der Kommunikation mit ihren chinesischen Investoren stärker zur Kenntnis zu nehmen und daraus Schlüsse zu ziehen.

7.5 Verständigungsproblem Sprache

Bei zwei Transaktionen sind auf Investorenseite Vater und (junger) Sohn die wesent-lichen Entscheider. („Der junge Sohn soll im Ausland die neue Firma führen. Hut ab, aber es ist fahrlässig.“) Deutlich wird, dass die Söhne der Investoren „westlich“ erzogen worden sind. Der eine Sohn verbrachte einige Jahre seiner Jugend in Australien, der andere war jahrelang in Europa gewesen und hatte auch im Westen studiert. In beiden Fällen attestiert der deutsche Manager den Söhnen sowohl ein westliches Verständnis als auch sehr gutes Englisch. Die Väter gelten als die erfahreneren Manager und als sehr integer – aber auch als „sehr chinesisch“.

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Ergebnisse der Befragung

In einigen Fällen setzen die Unternehmen bilinguales Personal als Mittler zwischen den Kulturen ein, was sich in aller Regel als hilfreich erweist. Auch gibt es einzelne weltläufige Manager, die ein „hervorragendes“ Englisch sprechen und internationale Bildungs- und Berufserfahrung besitzen.

„Unser Aufsichtsratsvorsitzender, ein Chinese, kannte die europäische Kultur. Das erleichterte die Zusammenarbeit sehr.“

Dort, wo die Investorenfamilie Vater und Sohn ins Rennen geschickt hat, sticht der Gegensatz ins Auge: hier der managementerfahrene, aber in seinem religiös geprägten chinesischen kulturellen Hintergrund befangene Vater, dort sein wesent-lich weltläufigerer und mit westlichen Kulturen vertrauter (aber noch wenig managementerfahrener) Sohn.

„Der Vater war durch seine Zeit in China ein viel erfahrenerer Geschäftsmann, wo er auch Firmen geleitet hat – nicht wie sein Sohn, der eigentlich nur das Leben genossen hat. Er hatte allerdings auch einen viel stärkeren chinesischen kulturellen Hintergrund. Von ihm mussten wir uns über die Jahre immer wieder anhören, dass in Deutschland alles viel zu kompliziert ist.“

Doch fast alle Teilnehmer beklagen, es gebe zwischen den Investoren und den Managern im übernommenen Unternehmen überhaupt keine gemeinsame sprach-lich-kulturelle Basis. Und auch eine Lösung scheint bei den meisten Unternehmen nicht in Sicht. Sprache gilt als das größte Hindernis in der alltäglichen Kommuni-kation via E-Mail oder Telefon. Das chinesische Management könne kein Englisch, beim Investor werde auch kein Englisch gesprochen.

„Es gibt kaum Chinesen, die ein verständliches Englisch sprechen. Telefonkonferenzen dauern zwei- bis dreimal so lange. Man ist mehr damit beschäftigt, einander zu verstehen.“

Mehrere Unternehmen haben auf die Schwierigkeiten in der interkulturellen Kommunikation reagiert, indem sie chinesische Mitarbeiter einstellten. Einige Unternehmen bieten für Mitarbeiter Englischkurse an, einzelne Mitarbeiter lernen auch Chinesisch. In einem Fall wird betont, man habe „auch ständig einen Dolmetscher vor Ort“. In einem anderen übernommenen Unternehmen soll künftig bei Neueinstellungen „auf Sinohintergrund geachtet werden“, und der CEO des Investors schicke seine Manager „erst mal ins Ausland, um die Internationalität zu erhalten“.

„Der Gesellschaftergeschäftsführer hat einen Chinesen eingestellt, der für Übersetzungen zuständig ist. Er gibt auch Kulturtraining. Seitdem sind die Missverständnisse drastisch zurückgegangen. Insgesamt sind zwei Chinesen lokal eingestellt worden, der eine gehört allerdings zum weiteren Kreis der chinesischen Investorenfamilie.“

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Ergebnisse der Befragung

Ein anderes deutsches Unternehmen ist in dieser Hinsicht noch viel weiter gegangen. Es hat bilinguale (oder multilinguale) chinesische Muttersprachler eingestellt, die schon länger in Deutschland sind. Diese Graduierten (in der Regel von deutschen Hochschulen) seien dann von den Deutschen angeheuert worden als „unsere Mitarbeiter, die aber in der Lage sind, unsere Interessen gegenüber den Chinesen auch in den unteren Abteilungsbereichen zu vertreten“. Man habe sich damit „selbst versucht zu verstärken“ und mehrere solcher Personen in Schlüsselabteilungen platziert, damit sie neben dem Tagesgeschäft dafür sorgen, dass die Integrationsprojekte weiterlaufen.

7.6 Fachliche Defizite beim Personal des Investors

Neben den Sprachproblemen beobachtet die deutsche Seite zuweilen auch deut-liche fachliche Defizite beim Personal des Investors. Chinesische Investoren gelten mitunter als „steuerbar“ – wenn das deutsche Management es verstehe, seine Informationen gezielt zu platzieren. Die deutschen Unternehmen merken fehlendes Managementwissen, mangelhafte Berufsbildung und geringe Managementkom-petenz an. Die Aussagen gewinnen immer dann an Deutlichkeit, wenn die befragten Manager über Vergleichsmöglichkeiten verfügen. Einige haben Erfahrungen mit angloamerikanischen Managern oder Investoren gemacht.

„Seine eigenen Probleme wird man durch einen chinesischen Investor nicht los, denn die Chinesen haben, zum Beispiel bei Restrukturierungen, wenig internationale Managementerfahrung.“

Es gibt häufig eine große Diskrepanz zwischen den Erwartungen, die das deutsche Management aufgrund der Ankündigungen der Investoren hegte, und der späteren Umsetzung. Das mag zum Teil auf interkulturelle Unterschiede zurückzuführen sein. Es liegt aber sicherlich auch an den unterschiedlichen Horizonten der Berufs bildung und der Managementerfahrung. So richtete etwa ein Investor eine „Investment-Management-Stelle“ ein. Dort werde aber – so beobachten die hiesigen Führungskräfte mit einiger Verwunderung – „nicht die Integrationszielerreichung nachgehalten“, sondern eine „normale Budgetüberwachung“ durchgeführt. Das ist für die deutschen Manager ein weiteres Beispiel dafür, dass die chinesischen Managementmethoden aus westlicher Sicht noch in den Kinderschuhen stecken.

Wenn die deutschen Teilnehmer den Chinesen häufig professionelle Unreife und ein „niedriges“ Niveau der (Berufs-)Bildung vorwerfen, ist das jedoch nur eine Facette des Gesamtbilds ihrer Wahrnehmung. Eng damit verknüpft ist eine Beobachtung chinesischer Investoren, die daran erinnert, wie Erwachsene Kinder wahrnehmen: unverdorben, unschuldig, integer – in einem guten und unverbrauchten Sinn. Diese andere Seite der Chinesen sehen die meisten deutschen Entscheider auch.

„Diese unterschiedliche Kultur ist nicht zu unterschätzen, und es gibt tatsächlich Probleme aufgrund der mangelhaften (beruflichen Aus-)Bildung.“

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Ergebnisse der Befragung

Ein Teilnehmer berichtet von der „Lehrer-Schüler-Beziehung“ zwischen dem deutschen Geschäftsführer (Lehrer) und dem chinesischen „Statthalter“ (Schüler). Das habe zwar sicher mit dem Lebensalter zu tun, aber auch mit der beruflichen Erfahrung. Manche Chinesen erscheinen den deutschen Managern vor dem Hintergrund ihrer eigenen Berufserfahrung mitunter einfach als „Greenhorns“ im Geschäftsleben – und zwar unabhängig von ihrem Alter. Außerdem scheint es so, als würden mehrere chinesische Investoren sich selbst (momentan noch?) ebenfalls als Lernende sehen. Das könnte die Zurückhaltung erklären – und auch die meist nur schwachen Versuche, das Handeln des deutschen Managements zu beeinflussen.

7.7 Compliance und Bürokratie in Deutschland

Bürokratie und Visaprobleme In einigen Fällen berichten Teilnehmer von Problemen mit der Arbeitserlaubnis. Mitunter zog sich ein Genehmigungsprozess über fünf Monate hin. Es sei zuweilen sehr schwer gewesen, Aufenthaltsgenehmigungen zu erhalten. Letztendlich würde man es immer bewerkstelligen, aber der Weg sei mitunter steinig. Eine Daueraufent-halts genehmigung gilt als Problem, eine Arbeitserlaubnis als Dolmetscher bekomme nicht jeder Chinese auf Anhieb.

Mehrere Gesprächspartner weisen darauf hin, alle bürokratischen Erschwernisse hätten letztlich gelöst werden können. Folgerichtig gehört das Thema Bürokratie (Abwicklung von Visafragen, Arbeitserlaubnis oder Aufenthaltsgenehmigungen) unter den abgefragten Herausforderungen in Deutschland auch zu denen, die am ehesten vernachlässigt werden können (siehe Abbildung 22 in Kapitel 7.4).

„Natürlich gibt es Standardthemen mit deutschen Konsulaten in China, aber das sollte man nicht überbewerten. Wir haben bisher immer alle Probleme lösen können. Wir haben gute persönliche Kontakte und sind gut vernetzt. Da geht einiges und wird dann schneller abgewickelt. Bisher ist noch jeder rübergekommen, der sollte.“

Mangelnde Kenntnis des deutschen Markts aufseiten der ChinesenDer deutsche Markt und seine Rahmenbedingungen erscheinen vielen chinesischen Investoren als kompliziert. Die befragten Manager schätzen das Wissen der chine-sischen Investoren um lokale Gepflogenheiten in Deutschland und die fachliche Kompetenz, im hiesigen Markt souverän und effektiv zu agieren, vielfach als ausge - sprochen gering ein. Aus Sicht der deutschen Manager fehlt es vielen Investoren an grundsätzlichem Wissen darüber, wie der deutsche Markt funktioniert. Es sei, wird berichtet, manchmal für die deutsche Seite sehr schwierig, in der Kommunikation zu transportieren, dass bestimmte Dinge zu beachten sind. Es sei für die Chinesen „schwer“, Verständnis für die „vielen Auflagen und Genehmigungen in Deutsch-land“ aufzubringen, gerade was arbeits- und umweltrechtliche Fragen sowie Compliancethemen angehe.

„Das Wissen um den Markt und das Businessmodel in Deutschland fehlt.“

„Die Chinesen wissen nicht, wie deutsche Banken in Krisenzeiten ticken. Sie gehen mit ihrer Bank einen trinken und bekommen dann den Kredit. Bei deutschen Banken ist das nicht möglich, die verlangen mehr Nachweise über die Kreditwürdigkeit.“

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Ergebnisse der Befragung

In fast allen Interviews sprechen die Befragten davon, wie unterschiedlich die Einstellung der chinesischen Investoren und der deutschen Manager zum Thema Compliance sei. So würden die Chinesen zum Beispiel das Prinzip der „verschie-denen Töpfe“ nicht kennen. Ein chinesischer Eigentümer konfrontierte das deutsche Unternehmen mit dem Ansinnen, man solle ihm eine Golfausrüstung und andere Annehmlichkeiten bezahlen. Ein anders Mal standen französische Weinraritäten im Mittelpunkt, die ebenfalls auf Kosten der deutschen Firma angeschafft werden sollten. Das Einzige, was der chinesische Investor in einem anderen Fall „inhaltlich-analytisch zum Zahlenwerk in der Due Diligence angemerkt“ habe, sei gewesen: „Die Bewirtungskosten der deutschen Beteiligung sind zu niedrig. Er sagte, wir müssen die Kunden zum Essen einladen und Geschenke machen.“

Diese Verhaltensweisen oder Vorgaben aus China, denen für einen Compliance-geschulten deutschen Manager kaum nachzukommen ist, fügen sich andererseits nahtlos in das Thema kulturelle Differenzen ein. Sie sind Teil professionellen Handelns in Ostasien. Denn sie erklären sich aus der Notwendigkeit, mit den Geschäftspartnern eine nachhaltige Beziehung aufzubauen und zu managen (Kapitel 7.1).

Das deutsche Management ist bei Compliancefragen im ersten Schritt sicher gut beraten, einen gut funktionierenden, an deutschen Rechtsgrundsätzen orientierten ethischen Kompass zu haben. Damit kann es sich am besten davor schützen, persönlich in Handlungen verstrickt zu werden, die in Deutschland als gesetzeswidrig eingestuft sind. Unbedingt muss das Management dann aber im zweiten Schritt den neuen Eigentümern die Existenz eines solchen Kompasses und die Gründe dafür verständlich machen.

FazitChinesische und deutsche Manager kommen aus komplementären Märkten und unter schiedlichen Kulturen. Sie haben unter schiedliche Wahr nehmungen und verhalten sich unter schiedlich. Beides beeinflusst den Fortgang der Integra-tionsprozesse, aber verhindert sie nicht. Denn aus Sicht der Manager, die eng mit den chinesischen Investoren zusammenarbeiten, sind die Chinesen „vor allem und als Erstes Investoren“.

„Es ist kein Unterschied zwischen einem westlichen und einem chinesischen Investor zu erkennen. Ein westlicher Investor wäre nur vielleicht einfacher in der Kommunikation und Kultur.“

Diese Investoren haben sich in der Vergangenheit schon oft neuen Situationen anpassen müssen. Ihnen ist also eine große Lernfähigkeit zuzutrauen.

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Ergebnisse der Befragung

Es ist sicher hilfreich, die jeweils anderen Gepflogenheiten und Rechts-systeme bei der chinesischen und der deutschen Kultur zu kennen. Aber auch mit diesem Wissen im Hinterkopf bleibt es eine Herausforderung, mit den Unterschieden in einem M&A-Projekt oder einer Jahres abschluss-prüfung umzugehen. Gefragt ist die Fähigkeit, diese Unterschiede in der konkreten Situation zu benennen, sie verständ lich zu beschreiben und Lösungen zu finden, die alle Beteiligten verstehen und akzeptieren. Die China Business Group setzt sich aus interdisziplinären Spezia listen zusammen, die im Umgang mit der deutschen und der chinesischen Kultur und ihrer Sprache erfahren sind. PwC Deutschland beschäftigt in den Geschäftsbereichen Assurance, Tax und Advisory zusammen zurzeit rund 40 MitarbeiterinnenundMitarbeitermitchinesischemHintergrund.InChina arbeiten derzeit über zehn deutsche Mitarbeiter aus allen drei Geschäftsfeldern. Das internationale Netzwerk von PwC schafft beste Voraussetzung dafür, auch komplexe länderübergreifende Projekte wie eine M&A-Transaktion, eine Steuerplanung oder eine Konzern abschluss prüfung professionell abzuwickeln. International erfahrenen Spezialisten erarbeiten mit den Mandanten für alle Beteiligten tragfähige Lösungen und stellen dabei eine reibungslose Kommunikation in der jeweiligen Landessprache sicher. Über das internationale Netzwerk sind auch die China Business Groups der anderen Länder verbunden. Das erleichtert, für Projekte mit Chinabezug bei Bedarf auch starke multinationale Teams zu bilden und zu koordinieren.

Die meisten chinesischen Unternehmen hatten bisher wenig Gelegenheit, Erfahr ungen damit zu sammeln, wie ein Transaktionsprozess im Westen üblicherweise abläuft. Die PwC-Experten vermitteln, egal, ob vom deutschen oder vom chine sischen Unternehmen beauftragt, denn eine reibungslose Kommunikation ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss. Dazu ist Transparenz in der Kommunikation notwendig. Die PwC-Spezialisten sorgen dafür und erklären beiden Seiten, welche Information grade für die jeweils andere Seite wichtig ist. Chine sischen Investoren wird z. B. das deutsche Recht zu Arbeitnehmervertretungen oder das System der deutschen betrieblichen Altersversorgung erklärt. Damit sie es auch ganz gewiss verstehen, am besten auf Chinesisch. Die Personen, die Informationen im Akquisitionsprozess benötigen, werden identifiziert und es werden Kontakte zu ihnen geknüpft – eine von den deutschen Managern häufig genannte Heraus forderung.

Jens-Peter Otto Jasmin YangPartner ManagerAssurance Advisory Transaction ServicesLeiter der China Business Group

China Business Group: die Brückenbauer

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Übernahmen deutscher Unternehmen seit 2001

E Übernahmen deutscher Unternehmen seit 2001

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Übernahmen deutscher Unternehmen seit 2001

Grundsätzlich relevant für die Beschreibung der Stichprobe ist die aktuelle Grund-gesamtheit der 46 Transaktionen, bei denen die übernommenen Unternehmen noch existieren und die chinesischen Investoren ihre Beteiligungen von mindestens 50 Prozentauchnochunveränderthalten.SchließlichkonntennurdieseUnter­nehmen aktuell tatsächlich angesprochen werden. Ein erklärtes Ziel dieser Studie ist aber auch, generell für Aufklärung darüber zu sorgen, was aus den deutschen Unternehmen geworden ist, die chinesische Investoren übernommen haben. Daher wird hier die Gesamtzahl der Übernahmen seit 2001 erwähnt und auch gesondert diskutiert.

Lässt man die Übernahmen außer Acht, bei denen weniger als 50 Prozent der Anteile an chinesische Investoren gingen, übernahmen chinesische Investoren in den letzten zwölf Jahren insgesamt 55 deutsche Unternehmen. Diese Unternehmen standen für ein geschätztes Umsatzvolumen von circa fünf Milliarden Euro.

Die Presse sprach in der Vergangenheit öfter von negativen Erfahrungen, die deutsche Unternehmen mit chinesischen Investoren gemacht hätten. Tatsächlich existieren neun von den 55 übernommenen Unternehmen inzwischen nicht mehr. Sie gingen insolvent, wurden von den chinesischen Käufern wieder verkauft oder gingen in anderen Strukturen auf. Das ist in der Tat eine hohe Quote, selbst wenn man bedenkt, dass sich laut einer PwC-Profitabilitätsanalyse gut jedes zweite der 55 UnternehmenbeiÜbernahmeineinerprekärenSituationbefand.

Die vergleichsweise hohe Quote von Insolvenzen war in den letzten zwölf Jahren häufiger Gegenstand der medialen Berichterstattung und Diskussion. So vertraten die Medien die These: Die chinesischen Investoren verfügen zwar über enorme Finanzreserven, um weltweit Unternehmen aufzukaufen, deren Technologie oder die sie selbst attraktiv finden, aber es fehlt ihnen an Know-how, um die Unternehmen dann auch erfolgreich weiterzuführen oder beim Aufkauf schwächelnder Firmen einen entsprechenden Turnaround zu schaffen.

Warum aber wurde etwa jedes sechste dieser Unternehmen tatsächlich von der Insolvenz betroffen? Dazu drei Thesen, die sich von Erkenntnissen leiten lassen, wie sie aus den Interviews zu gewinnen waren. (sie weisen mit absteigender Reihenfolge eine zunehmende Wahrscheinlichkeit auf): • Der Know-how-Transfer nach China war abgeschlossen und der chinesische

Investor hatte kein Interesse mehr, weiterhin Geld in das deutsche Unter-nehmen zu stecken. Dagegen sprechen Informationen und Einschätzungen aus mehreren Interviews: Nach Meinung mehrerer Gesprächspartner gelingt den chinesischen Investoren eben kein dauerhafter und nachhaltiger Technologietransfer, ohne dass es eine ständige Ausbildung und den Support durch deutsche Techniker gibt. Langfristig mag nach Auffassung der befragten Experten ein Technologietransfer nach China funktionieren, aber nicht kurz- oder mittelfristig.

• Einer Reihe von Unternehmen ging es bereits vor dem Kauf nicht gut. Ein Umschwung war womöglich nicht mehr zu schaffen. Ob das zutrifft, hängt stark davon ab, um welches Produkt es sich handelt. Zumindest in den beiden Branchen, die bevorzugt von Chinesen übernommen wurden, dem Werkzeug-/Maschinenbau und der Automobilindustrie, kann ein Turnaround gelingen, wenn das Unternehmen technologisch Schritt halten und weiter innovative Produkte anbieten kann. Durch sich ändernde Moden ausgelöste begrenzte Lebenszyklen eines Produkts – wie bei anderen Konsumgütern zu beobachten – sind in diesen Branchen eher die Ausnahme.

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Übernahmen deutscher Unternehmen seit 2001

• Die chinesischen Investoren waren sich nicht bewusst, wie schwierig eine Auslandsinvestition zu managen ist. Sie waren nicht ausreichend kompetent oder nicht genügend sensibilisiert, um sich hinreichend um ihre Beteiligung zu kümmern und die Wende zu schaffen. Diese These wird durch die Ergebnisse der Interviews am stärksten gestützt. In dieser Lesart wurde der Kauf wahrscheinlich zu einer regelrechten Fehlinvestition für die chinesischen Geldgeber.

Die chinesischen Investoren kamen mehrheitlich aus dem privatwirtschaftlichen Sektor (55 Prozent). Fast alle Investitionen tätigten Industrieunternehmen oder Mischkonzerne. Private Equity, Banken, Versicherungen oder andere Geldgeber aus der Finanzwirtschaft spielten eine vollkommen untergeordnete Rolle. Bei einem Drittel der Investoren liegen keine Angaben zur Unternehmensgröße vor. Doch hinsichtlich der Investoren, zu denen Größenangaben existieren, lässt sich feststellen: Die Mehrheit sind große Unternehmen. Sie beschäftigen mindestens 5.000 Mitarbeiter.

Knapp die Hälfte (45 Prozent) der deutschen Unternehmen übernahmen SOEs (State-owned Enterprises). Die Insolvenzen verteilen sich gleichermaßen (55 zu 45 Prozent) auf privatwirtschaftliche Unternehmen und SOEs. Es gibt also keinen Hinweis darauf, ob SOEs weniger oder mehr Erfolg als privatwirtschaftliche Unternehmen hatten.

Bei neun der 55 übernommenen Unternehmen (16 Prozent) hielt Private Equity bereits zum Übernahmezeitpunkt Anteile. Diese neun Unternehmen existieren noch heute, keines war von einer Insolvenz betroffen.

Abb. 23 Beschäftigte beim chinesischen Investor

keine Angabe33 % 1.000 bis unter 5.000

Mitarbeiter 18 %

unter 1.000 Mitarbeiter 13 %

5.000 und mehr Mitarbeiter36 %

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84 Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

Ihre Ansprechpartner

Ihre Ansprechpartner

Dirk BongersSenior Manager TaxTel.: +49 211 [email protected]

Ulf BoschSenior Manager Advisory People Change Tel.: +49 211 [email protected]

Stephan FölsingManager M&A China OutboundTel.: +86 21 [email protected]

Philip GrindleyPartner Transaction ServicesTel.: +49 69 [email protected]

Dr. Rainer JägerPartner Valuations & StrategyTel.: +49 69 [email protected]

Christian KnechtelPartner Advisory Management ConsultingTel.: +40 69 [email protected]

Jens-Peter OttoPartner AssuranceLeiter der China Business GroupTel.: +49 69 [email protected]

Martin SchwarzerPartner M&A Corporate FinanceTel.: +49 69 [email protected]

Volker StrackPartner TransactionsTel.: +49 69 [email protected]

Dr. Huili WangPartner Corporate TaxTel.: +49 89 [email protected]

Marc WintermantelPartner Valuation & StrategyTel.: +49 89 570-5330 [email protected]

Jasmin YangManager Advisory Transaction ServicesTel.: +49 69 [email protected]

Über unsUnsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben, möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein: Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks in 158 Ländern. Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter können wir sie unterstützen.

PwC. 9.300 engagierte Menschen an 28 Standorten. 1,49 Mrd. Euro Gesamt leistung. Führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in Deutschland.

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