Erfahrungsbericht Auslandssemester León (Spanien)

Wintersemester 2012/2013

Eine Einleitung. Zu Beginn möchte ich einmal loswerden: Falls ihr noch am überlegen seid, ob ihr überhaupt ein Auslandssemester macht oder nicht: Macht es! Es mag dabei fast egal sein, wohin es geht und ob es wirklich eure Wunschstadt ist oder eben nicht: Die Zeit dort werdet ihr nie bereuen und wird definitiv zu den schönsten Erfahrungen eures Lebens zählen. Nur wohin? Da meine Englischkenntnisse nicht zu den besten gehörten und mir die Erfahrung eine Zeit lang im Ausland zu leben bislang fehlte, ich sie aber unbedingt machen wollte, stand mein Wunsch, ein Auslandssemester zu machen, schon relativ früh fest. Nachdem ich mir schon sämtliche Erfahrungsberichte und Informationen durchgelesen hatte, und zu einer Informationsveranstaltung gegangen war, ging ich am Ende des 3. Semesters das erste Mal ins International Office der Wiwi-Fakultät. Man schlug mir die Universidad de León vor, eine neue Kooperation der Fakultät, bei der ich 3 Vorlesungen (im Gebiet Marketing) auf Englisch machen konnte, alles andere auf Spanisch. Und ich dachte mir: Englisch lernen in Spanien? Das klingt ja wie ein Traum. Zudem hatte ich die Chance, meine Spanisch-Kenntnisse deutlich zu verbessern. Ich bewarb mich also für die Universidad de León und schon wenige Zeit nach dem Bewerbungsschluss kam die Zusage.

Und dann? Nachdem ich den mir angebotenen Platz angenommen hatte, wurde ich an der Universidad de León nominiert und musste mich dort direkt bewerben. Es gab einige Dokumente auszufüllen wie z.B. die Annahmeerklärung und das Learning Agreement (dieses lässt sich später aber noch problemlos ändern) Nach einiger Zeit gab es auch von dort die Zusage. Gleichzeitig habe ich zu Beginn des 4. Semesters einen Spanisch-Sprachkurs am Sprachenzentrum der Uni Hannover belegt, um mein Spanisch ein wenig aufzubessern.

Nach der Zusage kommt die Wohnungssuche. Mitte Juli kamen dann weitere E-Mails von der Uni. Ich konnte mich für den Sprachkurs anmelden, der in der ersten Septemberwoche anfing (und das würde ich jedem uneingeschränkt weiter empfehlen!) und es wurde das Programm für die Einführungswoche gesendet. Zudem hatten Austauschstudierende die Möglichkeit, sich für die ersten 3 Wochen für eine Art Wohnheim anzumelden (mit Verpflegung Frühstück/Mittag/Abendessen) Da mir dies als zwar kostspielige, aber einfache Alternative für die ersten Wochen erschien, nahm ich das Angebot wahr. Im Nachhinein würde ich diese Unterkunft (in meinem Fall Colegio Mayor San Isidoro) aber nicht unbedingt weiter empfehlen: Das Essen fand ich eher mittel, die Zimmer klein und die meisten Austauschstudenten haben doch binnen recht kurzer Zeit was gefunden, sodass sich die vorübergehenden Kosten (für das Hostel) meiner Meinung nach nicht gedeckt haben mit den Kosten für das Colegio. Da es in León keine „normalen“ Studentenwohnheime gibt, läuft die Wohnungssuche fast ausschließlich privat ab; die meisten aller Studenten sind in WGs untergebracht. Die Preise bewegen sich zwischen ca. 150 und 200 €, wobei hier die Heizkosten meist nicht mit eingerechnet sind und man durchaus auf die Heizart achten sollte! Auch nicht alle Wohnungen hatten von Beginn an Internetanschluss. Generell sollte man nicht mit allzu großen Vorstellungen in Wohnungsbesichtigungen gehen, da der Großteil der Wohnungen nicht an das heran reicht, was wir kennen. Ich kenne aber keine Person, die nicht nach spätestens 1 - 1,5 Wochen ein Zimmer hatte, was dann voll und ganz zufriedenstellend war :) Meine persönliche Empfehlung hier: Statt für die ersten Wochen ins Colegio zu ziehen, lieber 4 - 5 Tage vor dem Beginn des Sprachkurses anreisen (und nicht 1-2 Tage). Dann ist die Auswahl noch größer und die Chance, noch vor Beginn des Sprachkurses ein Zimmer sicher zu haben, schätze ich als recht groß ein. Eine Übersicht an freien Zimmern gibt es hier: http://www.jeule.unileon.es/wp-content/uploads/PV.pdf Ebenso hilfreich ist es, einen regelmäßigen Blick in die facebook-Gruppe zu werfen, da gerade zu Beginn etliche an freien Zimmern hier angeboten werden. Bei Sprachproblemen kann möglicherweise auch ein padrino helfen. (dieses ist ein/e spanische/r Student/in, der/die einen gerade am Anfang bei sämtlichen organisatorischen Sachen und auch bei der Wohnungssuche zur Seite steht. Anreise nach León. Da León zwar einen Flughafen hat, dieser aber grausam angebunden und Flüge dorthin komplett überteuert sind, reist die Mehrheit aller Austauschstudenten über Madrid an. Es gibt zwar andere Flughäfen in der Nähe (Valladolid, Asturias, Santander), jedoch ist Madrid in allermeisten Fällen das praktischste. Ich selber bin auf allen meinen Flügen (insgesamt 4, da ich über Weihnachten bei meinen Eltern war) mit Lufthansa über Frankfurt oder München nach Madrid bzw. zurück geflogen, es gibt aber auch andere Fluggesellschaften, die Hannover mit Madrid verbinden :-) Von Madrid aus weiter geht es mit dem Bus (www.alsa.es) oder dem Zug (www.renfe.es) Jedoch ist der Bus weitaus günstiger (eine Strecke ca. 22 €) Eine Fahrt dauert ca. 4 Stunden und beginnt in manchen Fällen auch schon direkt am Flughafen.

Das Studium. Wie schon zu Beginn erwähnt, hatte ich vor, in Spanien fast ausschließlich englische Kurse zu belegen. Zu glauben, dass man mit Englisch im Alltag weit kommen würde, wäre allerdings vollkommen fatal... Ich habe an der Universität in León 4 Kurse belegt. Durch den Sprachkurs, der am Anfang des Semesters angeboten wurde und einem weiteren, den ich während des Semesters belegt habe, kam ich genau auf 28 ECTS, die mir für mein Semester in Hannover angerechnet werden. Meine 3 englischen Kurse aus dem Gebiet Marketing waren folgende: International Market Research, Consumer Behaviour, Marketing Communication. Den vierten Kurs musste ich vor Ort noch im Learning Agreement ändern, da er leider nicht in meinen Stundenplan passte. Ich wählte dann „economía mundial y su organización“, bei dem ich eigentlich dachte, es wäre ein spanischer Kurs. Als die Professorin uns dann in der ersten Vorlesung mit „good afternoon“ begrüßte, waren alle Studenten (inklusive mir) ganz verwirrt. Ich brachte also das Kunststück zustande, in einem halben Jahr Studium in Spanien nicht eine einzige spanische Vorlesung zu belegen... Studieren in Spanien läuft übrigens ganz anders ab als hier. In keiner meiner Kurse waren mehr als 40 Studenten angemeldet. Dies machte das Lernen viel angenehmer und einfacher; der Kontakt zu den Lehrenden war immer sehr persönlich. Da auch Vorlesungen oft aus kleineren Gruppenarbeiten und Projektarbeiten bestanden, die allesamt mit in die Endnote einflossen, ist die Anwesenheit oftmals wichtiger gewesen als in einer Vorlesung in Hannover. Somit habe ich während des Semesters in Spanien sicher mehr getan als während eines Semesters in Deutschland, wohingegen ich die wirkliche Prüfungsphase in León als Witz gegen die in Hannover empfand. Zudem würde ich das Niveau des erlernten Stoffs als geringer als das in Hannover einschätzen.

Alltag und Freizeit. Auch wenn León eine vergleichsweise recht kleine Stadt ist, in der man zu Fuß alles erreichen kann (das hab ich persönlich als sehr angenehm empfunden!), bietet die Stadt einiges an Nachtleben. In den unzähligen Tapas-Bars, bekommt man ein „cerveza“ oder einen „vino tinto“ in der Regel für unter 2 €. Das besondere: In León bekommt man Tapas (bspw.: Eine kleine Schale Kartoffeln, gefüllte Kroketten oder eine Pizzaecke) umsonst dazu. Die Clubs sind meistens umsonst, wenn nicht, zahlt man 4-5 €, hat aber dann ein Freigetränk dabei. Dienstags werden Erasmus-Partys im Mollys und im Deli angeboten. Auch sehr geliebt habe ich es, in das Gran Café zu gehen, ein kleines Café mit Mini-Bühne, auf der kleine Musiker und Bands sich jeden Dienstag präsentieren können.

Nachtleben in Spanien beginnt übrigens sehr spät. So kann es auch schon mal sein, dass es auf einmal 8 Uhr morgens ist, wenn man auf dem Weg nach Hause ist... Ein großer Punkt, der für León, aber auch Spanien allgemein spricht, ist das Reisen. Die Organisation AEGEE bietet regelmäßig mehrtägige Reisen für Austauschstudenten an, aber auch eintägige Fahrten in die nähere Umgebung für Kayak-Touren wurden bspw. angeboten. Falls man sich gegen diese Gruppenreisen entscheidet, kann man Reisen natürlich auch privat organisieren. Bus fahren ist in Spanien ziemlich unkompliziert und preiswert, zudem bietet ryanair einige Flüge (auch innerhalb Spaniens) von Valladolid an (eine Tour von León nach Valladolid kostet ca. 8 € mit dem Busunternehmen alsa). Wir haben uns in einer 5er-Gruppe bspw. auch zweimal ein Auto gemietet, damit wir Orte sehen konnten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht so einfach erreichbar sind. Da León nur 2 Stunden von der Atlantikküste entfernt ist, sollte man auch auf einen Ein-Tages-Trip an die Küste nach Gijón nicht verzichten, am besten noch im September.

Fazit. Ich kann León als Stadt um ein Auslandssemester zu absolvieren, in jedem Fall weiter empfehlen. Ich hatte eine tolle Zeit, habe wunderschöne Orte gesehen, Menschen kennen gelernt und sicher einen weiteren Blickwinkel auf europäische Kulturen bekommen. Am besten gefallen haben mir sicher meine Reisen nach Valencia oder auch nach Porto (in Portugal) nach Ende des Semesters. Die Größe der Stadt hab ich als sehr angenehm empfunden, gerade weil ich trotzdem das Gefühl hatte, ein großes Angebot an Weggehmöglichkeiten zu haben. Was sicher ein wenig schade ist, ist dass ich mehr in Kontakt mit internationalen Studenten als mit Spaniern Kontakt hatte. Vermutlich ist dies vor allem darauf zurückzuführen, dass ich nur englische Kurse hatte. Ich würde also den Rat geben, sich auf jeden Fall auch spanische Kurse auszusuchen, da dies die Chance erhöht, auch mit Muttersprachlern in Kontakt zu kommen. Falls ihr irgendwelche Fragen haben solltet, könnt ihr mir gerne schreiben an: svenja_buck@yahoo.de