Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement: Wie Sie Ihr Unternehmen wirklich zukunftskompetent machen

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www.brz.eu/forum2014 Mehr Zeit für die Zukunft Dr. Pero Mićić, FutureManagementGroup AG Interview zum Thema „Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement“ Frühzeitig strategische Weichen für den Zukunftserfolg des Unter- nehmens stellen – die meisten Unternehmer und Führungskräfte bewerten dies als außerordentlich wichtig. Umso erstaunlicher ist, dass sich dafür kaum einer Zeit nimmt. So erscheint es oft, als würde die Zukunft völlig überraschend über uns hereinbrechen. Zukunftsforscher Pero Mićić hält dagegen: Wir wissen schon heute mehr über das Morgen, als wir glauben. Im BRZ-Interview erklärt er, was man tun muss, um ein erfolgreicher Zukunftsmanager zu sein.

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Die bestgeführten Unternehmen sehen, verstehen und haben mehr von den Chancen in Zukunftsmärkten als ihre Konkurrenz. Sie haben ihre Mitarbeiter zu Sensoren für Marktveränderungen gemacht. Sie erkennen Chancen schon, wenn sie noch groß sind, und Bedrohungen, wenn sie noch klein sind. Sie erkennen frühzeitig, wenn ihre Zukunftsannahmen nicht mehr richtig sind und die Strategie neu gedacht werden muss. Wie können Unternehmer aus der Baubranche wirksamere Zukunftsmanager werden?

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Mehr Zeit fürdie Zukunft

Dr. Pero Mićić, FutureManagementGroup AG

Interview zum Thema „Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement“

Frühzeitig strategische Weichen für den Zukunftserfolg des Unter-

nehmens stellen – die meisten Unternehmer und Führungskräfte

bewerten dies als außerordentlich wichtig. Umso erstaunlicher

ist, dass sich dafür kaum einer Zeit nimmt. So erscheint es oft, als

würde die Zukunft völlig überraschend über uns hereinbrechen.

Zukunftsforscher Pero Mićić hält dagegen: Wir wissen schon heute

mehr über das Morgen, als wir glauben. Im BRZ-Interview erklärt er,

was man tun muss, um ein erfolgreicher Zukunftsmanager zu sein.

Herr Dr. Mićić, eine Ihrer zentralen Thesen lautet: „Die Zukunft gibt es nicht.“ Wie können wir die Zukunft in der Gegenwart sehen?

Die Zukunft gibt es nur an einem Ort, nämlich in unseren Köpfen. Dort haben wir die Annahmen, Visionen, Ziele, Szenarien, Hoffnungen und Befürchtungen. Alles, was wir langfristig entscheiden und tun, basiert zu einem guten Teil auf unseren Annahmen über die Zukunft. Wir können zwar gut ohne Prognosen leben, aber nicht ohne unsere Zukunftsannahmen. Sie sind immer

der Zukunft im eigenen Kopf und mit der Zukunft im Kopf der Kollegen und Mitar-beiter, sollten wir die Zukunft in unseren

da. Aber sie sind sehr selten be-wusst und solide. Sie sind in der Re-gel sehr emotional gestützt. Wenn man nun seine Zukunft managen will, also gut mit

BRZ-Mittelstandsforum 2014Interview: Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement

Köpfen anreichern mit Wissen über Trends und Technologien, das heute so vielfältig und leicht verfügbar ist. Wir müssen es ab-gleichen mit dem, was wir intuitiv über das Kommende glauben. Erst dann können wir ein wenig sicherer sein, dass wir uns nicht so oft verschätzen.

Sie sagen: „Alle großen Probleme ha-ben wir, weil wir früher zu wenig zu-kunftsintelligent gehandelt haben.“ Warum fällt es uns dann so schwer, zukunftsgerechte Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen?

Unser Gehirn hat sich physisch in den letz-ten Jahrtausenden praktisch nicht verän-dert. Es ist in einer Zeit entstanden, als die Zukunft nicht wichtig war. Es reichte in der Savanne und Höhle aus, auf seine Instinkte zu hören und auf die äußeren Impulse zu reagieren. Was richtig war, fühlte sich gut an, und alles, was sich gut anfühlte, war richtig. Aber heute ist das nicht mehr so. Heute ist nicht alles, was sich gut anfühlt, auch tatsächlich richtig. Wir essen zu viel und meist das Falsche. Wir fischen die Meere leer. Wir geben in den Staaten chronisch mehr aus, als wir einnehmen. Wir machen den kurzfristigen Gewinn zum Maßstab unserer Entscheidungen, obwohl es nach vernünftigen Maßstäben der lang-fristige Gewinn sein sollte. Das machen wir, weil unser Belohnungsschaltkreis im Kopf das Naheliegende sehr viel stärker gewich-tet als das weiter entfernt Liegende. Dieser Mechanismus ist genial und war früher ab-solut richtig. Aber seit der Industrialisierung und erst recht jetzt in der Digitalisierung ist dieser Belohnungsschaltkreis nicht mehr angemessen. Gutes Gehirn, falsche Zeit.

Wo liegt das Kernproblem?

Unternehmer und Führungskräfte an der Spitze von Unternehmen wissen sehr ge-nau, wie erfolgsentscheidend die Momente großer Weichenstellungen für die Zukunft

„Die Zukunft

gibt es nur in

unseren Köpfen.“

„BIM ist ein

Trend, der praktisch

schon da ist.“

sind. Also etwa die Entscheidung über die langfristige Ausrichtung des Unternehmens. Danach gefragt, antworten sie im Mittel, dass 70 % des Erfolges davon abhängen. Misst man aber nach, wie viel Prozent

Wie werden wir 2067 bauen?Interview: Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement

ihrer Zeit sie damit verbringen, über die nächste Ära ihres Unternehmens nach-zudenken, kommt man gerade einmal auf 3 %. Das heißt, sie verbringen 97 % ihrer Zeit mit dem Tagesgeschäft. Dabei sind sie diejenigen, deren Aufgabe zu einem großen Teil die Analyse und Einschätzung der Zukunft ist, also die Verbesserung und Erweite-rung ihrer Zukunftsannahmen sein sollte. Man bleibt lieber in seinen Gewohnheiten, nämlich der operativen Arbeit. Dem unsi-cheren und komplexen Denkfeld Zukunft widmet man sich eher ungern. Es fühlt sich nicht gut an und wird dann schlicht nicht gemacht.

Welche Weichenstellungen, Trends oder Anlagen muss ein Bauunter-nehmer, Architekt oder Planer heute beachten, damit er in der Zukunft optimal aufgestellt ist?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Es kommt ja darauf an, wie das Unternehmen ausgerichtet ist, welche Zielgruppen es bedient, was es baut und wo es arbeitet. Neben den langfristigen Entwicklungen des

Marktpotenzi-als können vor allem technische Entwicklungen wichtig und entscheidend werden. Man muss unterschei-den zwischen

solchen Techniken, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit kommen werden, weil

sie praktisch schon da sind, nur noch nicht so weit verbreitet. Dazu gehört das Building Information Modeling. Das ist einer der großen Bereiche der Digitalisierung im Bauen. Zudem die abnehmende Nützlichkeit klassischen Büroraums, weil die Menschen mobiler und zunehmend von zuhause aus arbeiten. Aber auch weniger Wahrscheinliches kann relevant werden, so etwa das Contour Crafting, also der 3D-Druck am Bau.

„Für 70 % unseres

Erfolgs nehmen wir

uns 3 % unserer Zeit.“

„BIM ist ein

Trend, der praktisch

schon da ist.“

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BRZ-Mittelstandsforum 2014

Was würde mein Zukunfts-Ich jetzt tun?Für die Abschluss-Keynote betrat auch am zweiten Tag wieder der gefragte Redner und „Zukunftsmana-ger“ Dr. Pero Mićić die Bühne – und referierte über unsere Wahrnehmung von und unseren Umgang mit der Zukunft. „Wir sind Homo Präsens“, attestiert uns Mićić, „wir können die Zukunft erst sehen, wenn wir uns damit konfrontiert haben.“ Damit schließt er den Kreis zu BIM – kurzfristiges Denken und mangelhafte Planung sind Erfolgshemmer und genau diesen Ist-Zustand gilt es mit BIM zu beheben.

Und was ist, wenn doch alles ganz anders kommt?

Ganz gleich, was man alles tut. Die Zukunft bleibt ungewiss. Man kann sie für sich selbst nur ein wenig klarer und sicherer machen. Mehr nicht. Die Zukunft ist nicht

eine, sondern es gibt fünf verschiedene Arten von Zukunft, für die es die jeweils richtige Per-spektive und Methodik braucht. Ich nenne das die fünf Zukunftsbrillen. Die blaue Zukunftsbrille für die wahrscheinliche Zukunft, die rote Zu-kunftsbrille für die über-raschende, die grüne

Zukunftsbrille für die gestaltbare Zukunft, also die Chancen, die gelbe Zukunftsbrille für die erstrebte Zukunft, die Vision, und die violette Zukunftsbrille für die geplante Zu-kunft, also den Plan. Diese fünf Zukunfts-brillen trägt jeder Mensch ohnehin immer wieder. Ich plädiere dafür, es bewusster und etwas systematischer zu tun.

„Wir müssen uns

bewusster und

systematischer mit

unserer Zukunft

auseinandersetzen.“

Ganz konkret: Was sind die ersten drei Schritte, um ein erfolgreicher Zukunftsmanager zu werden?

Es gibt leider nicht DIE ersten Schritte, aber hilfreich ist Folgendes:

1. Unterscheiden Sie in Ihren Strategieüberlegungen die fünf Zukunftsbrillen und betrachten Sie die Zukunft damit ganzheitlich und systematisch. Für den Anfang reicht es, wenn Sie Ihre nächste Strategietagung so strukturieren.

2. Abonnieren Sie sich Newsfeeds oder klassische Zeitschriften, die Sie und Ihre Mitarbeiter mit einer erweiterten Zukunftsperspektive versorgen.

3. Reservieren Sie sich ganze Tage oder gar Wochen, in denen Sie nicht im Unternehmen arbeiten, sondern an Ihrem Unternehmen arbeiten.

Interview: Erfolgsfaktor Zukunftsmanagement