ERNÄHRUNG Fleischkonsum Etwa die Hälfte der Treibhausgase ... · von Obst und Gemüse außerhalb...

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74 BASISWISSEN UMWELT FÜR DIE BERUFSSCHULE Gewohnheiten, Entwicklungen und ihre Folgen Fleischkonsum Etwa die Hälfte der Treibhausgase entsteht in der landwirtschaftlichen Produktion – der größte Teil davon durch die Tierhaltung und die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln. Seit den 1950er-Jahren hat sich der Fleischkonsum weltweit mehr als verdoppelt. Dabei sind noch immer in einigen Regionen der Welt die meisten Menschen Vegetarier – Tendenz fallend. Bei uns ist das tägliche Fleisch am Teller in vielen Familien bereits Standard – Tendenz steigend. Empfohlen sind max. 300-600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche – der tatsächliche Durchschnitt liegt bei 1.200 Gramm. 60 % der Welt-Getreideernte landet als Viehfutter in Tiermägen, für den Anbau dieses Getreides wird oft Regenwald gerodet und das Getreide für das Futter ist gentechnisch verändert. Fleischkonsum: weltweite Verdoppelung seit den 1950er-Jahren Tierzucht Fleisch kann unter tierfeindlichen Bedingungen schneller produziert und billiger verkauft werden. Der Fleischansatz bei Kühen und Schweinen kann durch den illegalen Einsatz von Wachstumshormonen und das weibliche Geschlechtshormon Östrogen beschleunigt werden. In der Schweinemast werden neben Antibiotika auch Schilddrüsenhemmer, Herzmittel und Psychopharmaka verwendet. Zum Zeitpunkt der Schlachtung sind diese Substanzen im Fleisch meist nicht mehr nachweisbar, was aber nicht heißt, dass dieses Fleisch von gesunden Tieren stammt. In Österreich wird durch den Vorstoß der biologischen Landwirtschaft und ERNÄHRUNG Szenarien-Info Ernährung und Mensch Die meisten ÖsterreicherInnen schätzen sich selbst als gesundheitsbewusst und ernährungs- bewusst ein – sie sagen, sie ernähren sich „normal“ (mit guter alter Hausmannskost = meist Fleisch und Beilage), aber auch mit Hilfe eines schnellen Einkaufs von Halbfertigprodukten (oder wer kauft keine Nudeln?) und Fertigprodukten aus dem Su- permarkt. Gesamtheitlich betrachtet sieht dieses Bild dann so aus: Ein Großteil unserer MitbürgerInnen er- nährt sich zu fett, zu salzreich, zu süß, zu viel von Fleisch und zu wenig von Obst und Gemüse. 43 % der österreichischen Männer und 29 % der Frauen sind übergewichtig (Statistik Austria, 2010). Viele Erkrankungen sind zum Teil ernährungsbedingt – z. B. Krebserkrankungen des Verdauungstraktes, Herzerkrankungen und Schlaganfälle. Nahrungs- mittelunverträglichkeiten und Allergien nehmen zu. Ernährungsgewohnheiten sollten überdacht werden Ernährung und Umwelt Die Art der Ernährung hat nicht nur Einfluss auf jeden einzelnen Menschen, sondern auf den gan- zen Planeten. Ein Fünftel des Gesamtverbrauchs an Energie und aller Treibhausgasemissionen Ös- terreichs geht auf das Konto der Ernährung (land- wirtschaftliche Produktion, Verarbeitung, Handel und Transport, Einkauf, Aufbewahrung, Kochen, Kühlen, Abwaschen). Ernährung

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BASISWISSEN UMWELT FÜR DIE BERUFSSCHULE

Gewohnheiten, Entwicklungen und ihre FolgenFleischkonsumEtwa die Hälfte der Treibhausgase entsteht in der landwirtschaftlichen Produktion – der größte Teil davon durch die Tierhaltung und die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln. Seit den 1950er-Jahren hat sich der Fleischkonsum weltweit mehr als verdoppelt. Dabei sind noch immer in einigen Regionen der Welt die meisten Menschen Vegetarier – Tendenz fallend. Bei uns ist das tägliche Fleisch am Teller in vielen Familien bereits Standard – Tendenz steigend. Empfohlen sind max. 300-600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche – der tatsächliche Durchschnitt liegt bei 1.200 Gramm. 60 % der Welt-Getreideernte landet als Viehfutter in Tiermägen, für den Anbau dieses Getreides wird oft Regenwald gerodet und das Getreide für das Futter ist gentechnisch verändert.

Fleischkonsum: weltweite Verdoppelung seit den 1950er-Jahren

TierzuchtFleisch kann unter tierfeindlichen Bedingungen schneller produziert und billiger verkauft werden. Der Fleischansatz bei Kühen und Schweinen kann durch den illegalen Einsatz von Wachstumshormonen und das weibliche Geschlechtshormon Östrogen beschleunigt werden. In der Schweinemast werden neben Antibiotika auch Schilddrüsenhemmer, Herzmittel und Psychopharmaka verwendet. Zum Zeitpunkt der Schlachtung sind diese Substanzen im Fleisch meist nicht mehr nachweisbar, was aber nicht heißt, dass dieses Fleisch von gesunden Tieren stammt. In Österreich wird durch den Vorstoß der biologischen Landwirtschaft und

ERNÄHRUNG

Szenarien-Info

Ernährung und MenschDie meisten ÖsterreicherInnen schätzen sich selbst als gesundheitsbewusst und ernährungs-bewusst ein – sie sagen, sie ernähren sich „normal“ (mit guter alter Hausmannskost = meist Fleisch und Beilage), aber auch mit Hilfe eines schnellen Einkaufs von Halbfertigprodukten (oder wer kauft keine Nudeln?) und Fertigprodukten aus dem Su-permarkt. Gesamtheitlich betrachtet sieht dieses Bild dann so aus: Ein Großteil unserer MitbürgerInnen er-nährt sich zu fett, zu salzreich, zu süß, zu viel von Fleisch und zu wenig von Obst und Gemüse. 43 % der österreichischen Männer und 29 % der Frauen sind übergewichtig (Statistik Austria, 2010). Viele Erkrankungen sind zum Teil ernährungsbedingt – z. B. Krebserkrankungen des Verdauungstraktes, Herzerkrankungen und Schlaganfälle. Nahrungs-mittelunverträglichkeiten und Allergien nehmen zu.

Ernährungsgewohnheiten sollten überdacht werden

Ernährung und UmweltDie Art der Ernährung hat nicht nur Einfl uss auf jeden einzelnen Menschen, sondern auf den gan-zen Planeten. Ein Fünftel des Gesamtverbrauchs an Energie und aller Treibhausgasemissionen Ös-terreichs geht auf das Konto der Ernährung (land-wirtschaftliche Produktion, Verarbeitung, Handel und Transport, Einkauf, Aufbewahrung, Kochen, Kühlen, Abwaschen).

Ernährung

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Verarbeitete Lebensmittel –Aromastoff e, Geschmacksverstärker & CoAromastoff e, Geschmacksverstärker & CoFruchtjoghurts, Marmeladen, Limonaden, („Frucht“-)Säfte, Salatdressings, Bratensoßen, In-stant-Suppen, Püree, Kartoff elteig, Kuchenmasse, aber auch Schokolade, Puddings, Dessert- und Eiscremes sowie Salzgebäck und Chips enthalten oft mehr Inhaltsstoff e als vermutet. Einige der Inhaltsstoff e sind gar nicht gekennzeichnet – sogenannte Nicht-Inhaltsstoff e. Andere sind bei-spielsweise mit E-Nummern versehen. Man kann diese Substanzen in Konsumenten-Broschüren z. B. der Arbeiterkammer nachschlagen und sich über ihre Auswirkungen auf den menschlichen Organismus informieren. Hier ein kurzer Überblick:• Die Zahl 1 nach dem E weist bei dreistelligen

Nummern auf künstliche Farbstoff e hin,• die Zahlen 2 und 3 meist auf Konservier-

ungsstoff e und Antioxidantien,• die Zahl 4 auf Verdickungsmittel,• die Zahl 6 auf Geschmacksverstärker,• die Zahl 9 unter anderem auf Süßstoff e, • die Zahl 11 bei vierstelligen Nummern auf

Enzyme, • die Zahl 14 auf modifi zierte Stärke usw.

Weitere industriell veränderte Inhaltsstoff e sind z. B. gehärtete Fette. Während Verdickungsmittel wie Carrageen und Guarkernmehl natür-lichen Ursprungs sind, wird Xanthan aus Bakterienkulturen gewonnen.

Geschmacksverstärker

E 355 - AdipinsäureE 356 - NatriumadipatE 357 - KaliumadipatE 508 - KaliumchloridE 509 - CalciumchloridE 511 - MagnesiumchloridE 620 - GlutaminsäureE 621 - MononatriumglutamatE 622 - MonokaliumglutamatE 623 - CalciumdiglutamatE 624 - MonoammoniumglutamatE 625 - MagnesiumdiglutamatE 626 - GuanylsäureE 627 - DinatriumguanylatE 628 - Dikaliumguanylat

strenge Kontrollen immer mehr auf artgerechte Tierhaltung geschaut. Bei Fleisch aus dem Ausland weiß man noch weniger, wie die Lebensbedingungen für die Tiere waren.

Industrialisierte LandwirtschaftKonventionelle Düngemethoden (Spritzmittel, Mineraldünger …), der energieaufwändige An-bau (Glashäuser, Folientunnel) und die Lagerung von Obst und Gemüse außerhalb der Saison (Kühlhäuser) belasten die Umwelt und das Klima. Mit der industriellen Landwirtschaft wird Boden verdichtet, viel Wasser verbraucht und verschmutzt, die Artenvielfalt verringert, der Tierschutz missachtet und große Mengen Öl werden vergeudet.

Immer und von überallHeute kann man nahezu alle Lebensmittel zu fast jeder Jahreszeit kaufen. Äpfel aus Chile, Weintrauben aus Südafrika, Rindfl eisch aus Argentinien, Paradeiser im Winter, Erdbeeren im Jänner. Die Transportwege werden immer weiter, die Belastung für die Umwelt durch den Verkehr steigt.

Langer Weg ins Geschäftsregal: Birnen aus Portugal

Auch die Verfügbarkeit zu jeder Jahreszeit schlägt sich nieder. Für den Anbau im beheizten Glashaus oder Folientunnel ist ein sehr hoher Energieeinsatz erforderlich. So wird im Glashaus 34-mal mehr Primärenergie verbraucht als im Freiland, im Folientunnel sogar 200-mal mehr, auch Kühlhäuser (z. B. für Äpfel im Frühjahr) belasten die Umwelt.

Ernährung

E 629 - CalciumguanylatE 630 - InosinsäureE 631 - DinatriuminosinatE 632 - DikaliuminosinatE 633 - CalciuminosinatE 634 - Calcium-5‘-ribonucleotidE 635 - Dinatrium-5‘-ribonucleotidE 640 - Glycin + dessen NatriumsalzeE 650 - ZinkacetatE 950 - Acesulfam KE 951 - AspartamE 957 - ThaumatinE 959 - Neohesperidin DCE 962 - Aspartam-Acesulfam-Salz

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Weichmacher für Kinder und Ungeborene im Mutterleib. Langfristige Folgen können Unfruchtbarkeit und Immunschwäche sein.

Verpackungen können Schadstoff e an die Lebensmittel abgeben

Auch Verpackungen aus Recyclingkartons können durch Reste von Druckerfarben bedenkliche Stoff e enthalten, die in die Nahrungsmittel gelangen. Stark verarbeitete Nahrungsmittel enthalten meist viele Bestandteile, die vorher auch schon irgendwie verpackt waren. Da die Hersteller von Verpackungsmaterialien nicht angeben müssen, aus welchen Einzelbestandteilen das Material besteht, kann man nur raten, Verpackungen möglichst zu meiden bzw. Nahrungsmittel nicht zu lange darin zu aufzubewahren.

Allergien im VormarschAllergien im VormarschDurch die starke Verarbeitung der Nahrungsmittel haben es Allergiker oft schwer, Allergene in Lebensmitteln zu erkennen.Zum Beispiel kann der Apfel-Allergiker in Erdbeerjoghurts manchmal ohne Kennzeichnung Äpfel antreff en. Ist nur von Früchten die Rede, können dies verschiedenste Pfl anzen von Äpfeln bis Kürbissen sein. Die gesundheitsgefährdenden Wirkungen künstlicher Zusatzstoff e können von Unbehagen über Allergien und Organ-schädigungen bis zur Krebsförderung reichen.

GentechnikGentechnisch veränderte Organismen werden erzeugt, um sie weniger anfällig für bestimmte Schädlinge und Krankheiten zu machen oder ihre Konkurrenzfähigkeit am internationalen Markt durch ein schnelleres Wachstum zu verbessern. Weltweit werden bereits unzählige genmanipulierte Lebens- und Genussmittel ungekennzeichnet angeboten. Dies sind Produkte aus Mais, Milch, Brot, Tomaten, Kartoff eln, Soja, Reis, Fisch, Bier, Fertigsuppen usw. In der EU herrscht seit 1997 für GVO (genetisch veränderte Organismen) Kennzeichnungspfl icht. In Österreich gilt zur Zeit (2010) noch das Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pfl anzen. In verarbeiteten Lebensmitteln mit Zutaten aus anderen Ländern sind höchst-wahrscheinlich gentechnisch veränderte Zutaten enthalten (z. B. Mais aus USA, Soja in Viehfutter aus Brasilien). Die Auswirkungen der Gentechnik auf die Gesundheit und Umwelt sind nach wie vor ungeklärt. Durch Übertragung von Genen aus anderen Pfl anzen können z. B. allergene Wirkungen mitübertragen werden, wie dies beim Paranuss-Gen auf Soja der Fall war.

VerpackungVerpackungOhne Verpackungen schaff t man es heute kaum noch, Lebensmitteleinkäufe zu tätigen. Diese Verpackungen erzeugen nicht nur viel Müll und können die Umwelt gefährden, wenn sie nicht richtig entsorgt werden, sondern können auch Inhaltsstoff e enthalten, die in die Nahrungsmittel eindringen. Gesundheitsgefährdend sind z. B. Chemikalien wie Phthalate in Weichmachern, die leicht durch die Plastikverpackung wie z. B. Folie oder Plastikfl asche in das Nahrungsmittel eindringen. Besonders gefährlich sind die

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