WWF-Studie über Fleischkonsum und Flächenverbrauch · PDF fileImpressum Herausgeber...

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  • Ernhrungsweisen FlchenverbrauchFleischkonsum

    2014

    STUDIE

  • Impressum

    Herausgeber WWF Deutschland, BerlinStand 4. unvernderte Ausgabe vom September 2011 Autoren Harald von Witzke, Steffen Noleppa, Inga ZhirkovaRedaktion/Koordination Tanja Drger de Teran, Thomas Kberich/WWF DeutschlandKontakt [email protected] Gestaltung Thomas Schlembach/WWF DeutschlandProduktion Maro Ballach/WWFDruck Druckstudio GmbH, Dsseldorf Papier Circle Silk Premium White Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier

  • Inhalt

    Zusammenfassung 5

    1 Problemstellung und Zielsetzung 9

    2 Ernhrungsgewohnheiten in Deutschland: ein historischer Abriss 13

    3 Fleischkonsum und Gesundheit 20

    4 Fleischkonsum und Futtermittelbedarf 23

    5 Agrarhandel und virtueller Landhandel der EU und Deutschlands 28

    5.1 Methodisches Konzept zur Bestimmung des virtuellen Landhandels 28

    5.2 Agrarauenhandel und virtueller Landhandel der EU und Deutschlands 32

    5.3 Virtuelle Flchenimporte durch Soja 38

    5.4 Virtuelle Flchenimporte durch den Handel mit Fleisch 50

    6 Fuabdrcke unseres Fleischkonsums fr Agrarflchen und Soja 56

    WWF-Empfehlungen, -Forderungen und -Aktivitten 63

    Literaturverzeichnis 70

    Fleisch frisst Land | 3

  • Was hat unser Fleischkonsum mit der Rodung tropischer Regenwlder in Sdamerika und der Zerstrung der brasilianischen Savanne, dem Cerrado, zu tun? Wie viel Soja wird in die EU und nach Deutschland importiert? Woher kommt das Soja, und wie hoch ist der Flchen-Fuabdruck der EU und Deutschlands, um die nachgefragte Sojamenge in diesen Lndern zu produzieren? Was berhaupt hat Soja im Futter fr Rinder, Schweine und Geflgel zu suchen? Wie viel Soja essen wir mit, wenn wir Hhnchen oder Schweinefleisch zubereiten? Wie gro ist der Flchen- und Soja-Fuabdruck eines jeden Deutschen, der die durchschnittliche Menge an Fleisch von etwa 60 kg pro Jahr verzehrt, und wie hoch ist der von Deutschland insgesamt? Wie hoch ist der Flchen- und Soja-Fuabdruck von Schweinebraten, Bratwurst oder eines Hamburgers?

    Die vorliegende vom WWF in Auftrag gegebene Studie ist diesen Fragen nachgegan-gen und hat, basierend auf dem Konzept des virtuellen Landhandels, die Agrarhan-delsstrme der EU und Deutschlands analysiert und in Flchen umgerechnet, die fr die Produktion der jeweiligen Agrargter, z. B. Sojamehl oder Weizenmehl, ntig sind.

    Wird der gesamte Agrarhandel der EU in dieser Weise betrachtet und in Flchen umgerechnet, so wird deutlich, dass die EU im groen Mastab Flchen virtuell im-portiert, das heit: Sie nimmt Flchen auerhalb ihrer eigenen Grenzen in Anspruch. In den Jahren des vergangenen Jahrzehnts waren dies hufig mehr als 30 Mio. ha, davon befinden sich 20 Mio. ha in Sdamerika. Das entspricht in etwa einer Flche so gro wie Ungarn und Portugal zusammen.

    Im Zeitraum von 20082010 war Deutschland am virtuellen Landhandel mit fast 7 Mio. ha beteiligt. Dies sind fast 25 % des gesamten virtuellen Landhandels der EU und entspricht ungefhr der Gre Bayerns. Davon liegen 4,4 Mio. ha allein in Sdamerika. Im Vergleich zu den Jahren davor hat die Bedeutung Deutschlands am Agrarhandel und virtuellen Landhandel der EU deutlich zugenommen. Deutschland selbst verfgt ber eine landwirtschaftliche Nutzflche von ca. 17 Mio. ha. Bei einer virtuellen Landnahme von fast 7 Mio. ha werden also ber 40 % dieser eigenen Flchenressource noch einmal auerhalb der EU in Anspruch genommen. Und dies im Besonderen fr die Produktion eines Agrargutes: Auf Soja allein entfallen 40 % der virtuellen Landnahme Deutschlands.

    Etwa 35 Mio. t Soja und Sojaprodukte wurden im Durchschnitt der Jahre 20082010 in die EU importiert (davon 13 Mio. t Sojabohnen, ber 21 Mio. t Sojamehl und 380.000 t Sojal). Die Sojabohnen werden zu Sojal und Sojamehl weiterverarbeitet. Das Sojamehl geht fast ausschlielich in die Tierftterung. Etwa 88 % des Nettoim-ports an Soja und Sojaprodukten stammen aus Sdamerika, hauptschlich aus zwei Lndern: Brasilien und Argentinien. Deutschland hat an den Nettoimporten mit insgesamt 6,4 Mio. t einen mageblichen Anteil am gesamten Auenhandel der EU mit Sojaerzeugnissen.

    Zusammenfassung

    Fleisch frisst Land | 5

  • Berechnet man aus den importierten Tonnagen an Sojaprodukten jene Flchen, die zum Anbau der Sojapflanzen bentigt wurden, dann summiert sich das zu einem Sojaflchen-Fuabdruck von erheblichem Ausma. So beanspruchte die EU im Durchschnitt der Jahre 20082010 eine Flche von umgerechnet fast 15 Mio. ha, davon liegen nahezu 13 Mio. ha in Sdamerika. Und davon wiederum 5,5 Mio. ha in Argentinien und 6,4 Mio. ha in Brasilien. Vergleicht man diese Flchengre mit der Gesamtanbauflche von Soja in diesen beiden Lndern, dann wird deutlich, dass die EU ganz erhebliche Anteile hiervon beansprucht. Von knapp 17 Mio. ha Sojaanbau-flche in Argentinien wird auf etwa 33 % Soja fr die EU angebaut. In Brasilien geschieht dies etwa auf 30 % der insgesamt etwas weniger als 22 Mio. ha. Wrde man die 15 Mio. ha auf die gesamte landwirtschaftliche Nutzflche von Deutschland bertragen, wrden auf rund 90 % der Flche Sojapflanzen angebaut.

    Aber auch die Landnahme Deutschlands durch den Soja-Import ist mit 2,6 Mio. ha allein schon betrchtlich und entspricht der Flche von z. B. Mecklenburg-Vorpom-mern. Allein der Sojaflchen-Fuabdruck Deutschlands in Brasilien ist mit 1,6 Mio. ha etwa so gro wie die Flche des Bundeslandes Schleswig-Holstein.

    6,4 Mio. t Sojaprodukte werden nach Deutschland importiert mit einem Sojaflchen-Fuabdruck von 2,6 Mio. ha. Doch: Wofr wird das Soja in Deutschland verwendet? Der berwiegende Teil also das Sojamehl wird verfttert. Fr Deutschland summiert sich der gesamte jhrliche Verbrauch von Sojamehl auf 4,6 Mio. t. Der berwiegende Teil hiervon geht in die Schweine- und Geflgelftterung: 30 % und mehr des hier eingesetzten Kraftfutters bestehen aus Sojamehl. Fast 1 kg Soja wird beispielsweise bentigt, um zusammen mit anderen Futtermitteln in einer durch-schnittlichen Ration 1 kg Geflgelfleisch zu erzeugen. Dagegen werden etwa 650 g Sojamehl bentigt, um 1 kg Schweinefleisch zu erzeugen und nur etwa 230 g, um 1 kg Rindfleisch zu erzeugen. Bei Wiederkuern spielt Sojamehl generell eine untergeord-netere Rolle.

    Neben dem Sojamehl kann aus der Sojabohne noch Sojal gewonnen werden, das zum einen fr die menschliche Ernhrung verarbeitet sowie zur Gewinnung von Bioenergie genutzt wird.

    Der hohe Sojaflchen-Fuabdruck erklrt sich jedoch nicht allein durch die Verwen-dung des Sojamehls als Tierfutter. Der Grund liegt vielmehr bei jedem Einzelnen von uns. Die Deutschen lieben Fleisch. Fleisch kommt in deutschen Esszimmern oft auf den Tisch, insbesondere das von Schweinen. Und das, obwohl die Deutsche Gesell-schaft fr Ernhrung (DGE) und die internationale Krebsforschungsorganisation WCRF aus gesundheitlichen Grnden dazu rt, den Fleischkonsum zu halbieren. Doch gemessen an 1950 hat sich der Fleischgenuss mehr als verdoppelt, seit 1850 vervierfacht. Dagegen fielen alternative Proteinquellen zu Fleisch sozusagen unter den Tisch: Wurden 1850 noch etwa 20 kg Hlsenfrchte, wie zum Beispiel Erbsen, Bohnen oder Linsen, pro Jahr gegessen, sind es heute nur 0,5 kg. Derzeit liegt der Verbrauch an Schweinefleisch bei 56 kg, Geflgelfleisch bei 19 kg, Rindfleisch bei 13 kg und Schaffleisch bei 1 kg. Der dadurch verursachte Flchen-Fuabdruck ist erheblich: Er betrgt pro Person mehr als 1.000 m. Rechnet man das fr alle Bundesbrger hoch, sind das deutlich mehr als 8 Mio. ha. Dies ist in etwa die Hlfte der gesamten uns in Deutschland zur Verfgung stehenden landwirtschaftlichen Nutzflche. Der Sojaflchen-Fuabdruck betrgt dabei allein pro Person etwa 230 m. Das entspricht etwa der Gre eines Tennisplatzes. Anders gesagt: Wrde man den Fleischhunger aller Deutschen zusammen auf deutschem Territorium stillen wollen, dann msste man 19.000 km, beispielweise das gesamte Bundesland Rheinland-Pfalz, vollstndig mit Soja bepflanzen.

    6

  • Noch deutlicher wird der enorme Flchen-Fuabdruck beim Betrachten traditioneller oder typischer Gerichte, wie z. B. Schweinebraten, Hamburger oder Bratwurst. Der fr die Herstellung der Gerichte bentigte Flchenbedarf wird ganz mageblich durch den Fleischanteil bestimmt; dieser Anteil betrgt zwischen 50 und 90 %. Der Ham-burger mit Pommes und Salat z. B. hat einen Flchen-Fuabdruck von etwa 3,6 m2, davon betrgt der Flchenanteil vom Fleisch nahezu 3,4 m2.

    Die Flchen-Fuabdrcke unserer insgesamt sehr fleischbetonten Ernhrung sind also sehr hoch. Daher sollte sich jeder seiner Verantwortung fr den Ressourcen-schutz bewusst werden, wirkt sich doch unser fr den Fleischkonsum notwendiger Flchen bedarf direkt auf die Landnutzung in anderen Lndern auerhalb Europas aus, insbe sondere in Brasilien und Argentinien. Die Rodung von tropischen Regenwldern und der Umbruch von Grasland als Folge der Ausweitung von landwirtschaftlichen Flchen haben erhebliche Effekte auf das Klima und die Biodiversitt.

    Gegenwrtig werden z. B. in Sdamerika immer noch jhrlich fast 4 Mio. ha Wlder vernichtet, davon allein in Brasilien 2,6 Mio. ha. Das ist zwar weniger als in den 1990er Jahren, aber immer noch deutlich zu viel und vor allem einer auch stark auf Soja basierten Tierhaltung geschuldet. Dieser Prozess wird wahrscheinlich fortdau-ern, wenn es nicht gelingt, den Konsum tierischer Nahrungsprodukte, insbesondere von Fleisch, einzuschrnken. Ein bewussterer Umgang mit Fleisch ist notwendig. Dies wrde sich nicht nur positiv auf Umwelt, Artenvielfalt und einen verringerten Fl-chenbedarf auswirken, sondern wre auch aus gesundheitlichen Grnden frderlich.

    Weitere Untersuchungen zum Ernhrungsverhalten und dessen sukzessiven Vern-derungen sind notwendig. Vielerlei Fragen warten auf Antwort: Zu welchen Effekten fhren vernderte Ernhrungsmuster beim Flchenverbrauch in Deutschland? Welche Kons