Ernährung bei COPD - ernaehrungs- · PDF fileMangelernährung bei COPD Die...

download Ernährung bei COPD - ernaehrungs- · PDF fileMangelernährung bei COPD Die häufigste Ernährungskomplika-tion bei COPD ist die Mangelernäh-rung. Die Gründe für ihre Entste-hung

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  • 98 Ernhrungs Umschau | 2/2012

    Fort- & Weiterbildung | COPD

    Ernhrung bei COPDJoachim Bargon, Ulrike Mller, Frankfurt/Main

    Chronisch obstruktive Lun-generkrankungen (COPD)Definition

    Die COPD (chronic obstructive pul-monary disease) ist eine weltweitzunehmende Atemwegserkrankung.Sie umfasst die chronisch obstruk-tive Bronchitis und das Lungenem-physem sowie deren Kombinationen.Asthma ist bei dieser Definition aus-geklammert [1].Bei der chronischen Bronchitis sinddie kleinen Atemwege dauerhaft ent-zndet und verengt. Beim Lungen-emphysem handelt es sich um einedauerhafte berblhung (Erweite-rung) der kleinsten Atemwege undLungenblschen, die zur Zerstrungder Lungenstruktur fhrt.

    Epidemiologie

    Whrend die Prvalenz der COPD inDeutschland nicht genau bekanntist, wird das Vorkommen der chro-nischen nicht-obstruktiven Bronchi-tis der erwachsenen Bevlkerung auf10 bis 15 % geschtzt [2].Die COPD ist weltweit die vierthu-figste Todesursache und lag im Jahr

    2002 in Deutschland an 7. Stelle derTodesursachen (Statistisches Bundes-amt). Es wird erwartet, dass dieMortalitt der COPD bis zum Jahr2020 an die 3. Stelle der weltweitenStatistik fr Todesursachen vorr-cken wird (3, 4).Die konomische Belastung durchCOPD ist sehr hoch. Die dadurchverursachten Krankheitstage in derEU belaufen sich auf etwa 41 300pro Jahr pro 100 000 Einwohner, derdadurch entstehende Produktivitts-verlust betrgt in Europa ca. 28,5Mrd. Euro jhrlich, nicht eingerech-net Kosten fr Medikamente, Frh-rente und Rehabilitation [5].

    Pathophysiologie

    Die COPD ist multifaktoriell bedingt,primr gilt jedoch das inhalative Zi-garettenrauchen als Auslser. ImLaufe der Erkrankung kommt es zuEntzndungsreaktionen im bron-chialen, bronchiolren und auch al-veolren Bereich der Atemwege.Dabei wird das Gewebe zunehmendgeschdigt. Bei dieser Inflammationspielen Makrophagen, Neutrophile,CD8+ Lymphozyten sowie Mediato-ren wie Chemokine, Proteasen undCytokine (v. a. TNF-) eine bedeu-tende Rolle.

    Als unmittelbare Folge der mit derCOPD einhergehenden Entzndungs-reaktion kommt es im weiteren Ver-lauf zu einer Verengung der Atem-wege (Remodeling). Drei zentrale Fak-toren tragen hierzu bei:

    - eine peribronchiale Fibrose (Ver-mehrung des Bindegewebes um dieBronchien),

    - die Ausbildung von Narbengewebeim Anschluss an eine Gewebesch-digung in den Atemwegen und

    - eine gesteigerte Teilungsrate des re-spiratorischen Epithels [6, 7].

    Ein Emphysem ist darber hinausmit einem Elastizittsverlust desLungengewebes verbunden, der ausder Zerstrung der die Alveolen sta-bilisierenden und ernhrendenStrukturen resultiert. Das bedeutet,dass die kleinen Atemwege whrendder Ausatmung (Exspiration) kolla-bieren. Der Abtransport der Atemluftaus den Alveolen wird blockiert. Diesfhrt dazu, dass Luft in den Alveolenverbleibt (sog. Air-trapping) mit derFolge einer Abnahme der Lungenka-pazitt.

    Symptome

    Da unsere Lunge bei Erkrankungennur wenig Mglichkeiten zur Kom-pensation hat, sind die Symptomewie bei allen Lungenerkrankungenunspezifisch und leider auch un-spektakulr: Symptome sind Hustenund Auswurf, die gerade Raucher oftwenig beachten. Erst wenn Atemnothinzukommt und diese dazu fhrt,dass eine Leistungseinschrnkungauftritt, wird evtl. ein Arzt aufge-sucht. So liegt das Durchschnittsalterder Diagnose COPD in der Regel zwi-schen 50 und 60 Jahren. Die Lun-genfunktion ist dann schon deutlichund irreversibel eingeschrnkt.

    Diagnostik

    Sowohl die internationalen Leitliniender Global Initiative for Chronic Ob-structive Lung Disease (GOLD) alsauch die Leitlinien der Deutschen Ge-sellschaft fr Pneumologie (DGP)und der Atemwegsliga geben vor,welche Diagnostik sinnvoll und not-wendig ist. In jedem Fall mssen einLungenfunktionstest (Spirometrieund Bodyplethysmographie) mitBroncholyse-Test sowie eine Blut-gasanalyse durchgefhrt werden.Weitere diagnostische Methoden sind

    Patienten mit chronisch obstrukti-ven Lungenerkrankungen, meistltere Menschen, leiden hufig aneiner Mangelernhrung. Sie ent-steht durch einen krankheitsbe-dingt erhhten Energieverbrauchverbunden mit einer zu geringenEnergieaufnahme, u. a. aufgrundvon Appetitmangel und erschwer-ter Atemttigkeit. Die Ernhrungs-therapie nimmt einen wichtigenStellenwert im Gesamt-Therapie-konzept ein.

    Beleg/Autorenexemplar!Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Dies gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.

  • 99Ernhrungs Umschau | 2/2012

    eine Rntgenaufnahme des Thoraxin zwei Ebenen, die Diffusionska-pazitt (DLCO) und eine Ergome-trie ( Abbildung 1) [4]. Die Einteilung des Schweregrades derErkrankung richtet sich nach denWerten des Lungenfunktionstestesund der Blutgase ( Abbildung 2).

    Therapie

    Die Standardtherapie der COPD istebenfalls in den Leitlinien festgelegt.Sie ist im Stufenplan fr die Prophy-laxe und Langzeittherapie ( Abbil-dung 2) bersichtlich wenn auchsehr vereinfacht dargelegt. Die Er-nhrungstherapie spielt leider immernoch eine kaum beachtete Rolle, auchwenn sie in den o. g. Leitlinien Er-

    whnung findet. In der Realitt siehtes so aus, dass selbst im Stadium IV(mit Kachexie) die wenigsten Patien-ten eine Ernhrungsberatung erhal-ten. Ausnahmen bilden hier nur we-nige engagierte Pneumologen undpneumologische Reha-Kliniken.

    COPD Erkrankung mit systemischer Inflammation

    In den letzten Jahren wurde zuneh-mend erkannt, dass es sich bei COPDnicht nur um eine Erkrankung derLunge mit Atemwegsobstruktionhandelt, sondern um eine Systemer-krankung mit Beteiligung vieler Or-gane [8]. Ursache ist mit groerWahrscheinlichkeit ein entzndlicherProzess des gesamten Organismus.

    Nicht gnzlich geklrt ist, ob dieLunge allein die Ursache dieser sys-temischen Inflammation oder ob sieeine von mehreren Manifestationender Inflammation ist. Tabelle 1zeigt die Beteiligung verschiedenerOrgane bei der COPD.

    Hinzu kommen Erkrankungen, dieals Komorbiditten bezeichnet wer-den knnen, da sie hufig in Kombi-nation mit COPD auftreten. Nebenden o. g. Vernderungen zhlenhierzu [9]:

    kardiovaskulre und zerebro-vaskulre Erkrankungen,

    metabolisches Syndrom, Lungenkarzinom, Depression und Angst, Osteoporose.

    Abb. 1: Diagnostik der COPD. Der Algorithmus beschreibt die differenzierte Abklrung der COPD [4]

    Chronischer Husten +Auswurf und/oder Atemnot

    AnamneseUntersuchung

    Rntgen-Thorax

    Spirometrie

    FEV1 > 80 % Soll, FEV1/VK 70 %

    FEV1/VK < 70 %

    nein nein nein

    nein

    ja

    nein

    neinnein

    nein

    nein

    weiterfhrendeDiagnostik

    jhrlicheVerlaufskontrollen

    ggf. weitere Diganostik.Zur Therapie s. Leitlinien:

    Langzeit-O2-Therapienichtinvasive Beatmung

    ggf. weitere Diganostik:CT, Szintigraphie

    Echokardiographie

    COPD + respirato-rische Insuffizienz

    Zusatz-diagnostik

    Zusatz-diagnostik

    nein

    ja

    ja

    ja ja

    ja

    ja

    ja ja

    ja

    Belastungs-BGA

    Atemnot

    erhhtesCOPD-Risiko

    Ganzkrper-(Body)-Plethysmographie

    RaW und FRCnormal?

    pathologisch?

    kardiologischeDiagnostik

    FEV1 bzw. RaW u.FRC normalisiert?

    Reversibilitts-TestBronchodilatoren

    Schwere-grade III, IV?

    Emphysem KCO < 80 %

    chronische obstruktiveBronchitis

    Atemnot beiBelastung?

    Blutgas-Analyse

    PaO2 < 60 mm Hg +PaCO2 > 45 mm Hg?

    weitereDiagnostik ggf.

    DLCO, CT,Bronchoskopie,

    Histologie,Schlaflabor,Echokardio-

    graphie

    weitereDiagnostik

    insbes.Asthma-

    abklrung

    = diagnostisches Verfahren

    = Wert/Bewertung

    = Erkrankung

    BGA = BlutgasanalyseCT = ComputertomographieDLCO = DiffusionskapazittFEV1 = s. GlossarFRC = Funktionelle Residualkapazitt (Luftvolumen, welches nach normaler Ausatmung im Krper verbleibt)KCO = CO-Transferkoeffizient

    PaO2 = Sauerstoffpartialdruck PaCO2 = KohlendioxidpartialdruckRaW = AtemwegswiderstandVK = s. Glossar

  • Mangelernhrung beiCOPD

    Die hufigste Ernhrungskomplika-tion bei COPD ist die Mangelernh-rung. Die Grnde fr ihre Entste-hung sind vielschichtig. Zum einenbesteht, wie in Abbildung 3 darge-stellt, eine Imbalance zwischen Ener-giezufuhr und Energieverbrauch.Zum anderen wird eine unzurei-chende und/oder mangelhafte Nhr-stoff- und Energiezufuhr hervorge-rufen durch:

    Immobilitt erschwerter Einkauf von frischen

    Lebensmitteln Essgelste werden nicht mehr

    durch Einkauf geweckt

    fehlende Motivation zur Essenszu-bereitung und zum Essen

    einseitige Ernhrung

    vermindertes Geschmacksempfin-den/Appetitlosigkeit

    Dyspnoe gastrointestinale Probleme auf-

    grund von

    Medikamenteneinnahme Reflux frhzeitige Sttigung schlechten Zahnstatus und/oder

    schlecht sitzende Zahnprothese Schluck- und/oder Kauprobleme Mdigkeit

    Die COPD gilt vorwiegend als eineErkrankung des lteren Menschen.Wie bei vielen anderen lteren Men-schen werden unspezifische Symp-tome wie Appetitlosigkeit, Schw-che, Gewichtsverlust oder schwin-dende Muskelkraft zu spt alsZeichen einer Mangelernhrungwahrgenommen. Eine qualitativeoder spezifische Mangelernhrungwird hufig zu spt bemerkt.

    ltere Menschen nehmen hufigleicht konsumierbare Energie inForm von Weibrot, Marmelade oderPudding zu sich und sehen trotzMangelernhrung nicht unterge-wichtig aus.

    Bei Patienten mit COPD besteht da-rber hinaus eine enge Korrelationzwischen Mangelernhrung und

    eingeschrnkter Lungenfunktion, reduziertem Lungenvolumen, verminderter Belastbarkeit, einer hheren Mortalitt.

    Die Inzidenz fr das Vorliegen einerMangelernhrung bei COPD wird inder neueren Literatur mit 20 % ange-geben [10, 11], bei schwer