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Arnold Dodel Ernst Haeckel als Erzieher Nachdruck mit Anmerkungen herausgegeben von Karl Porges, Uwe Hoßfeld und omas Hoppe Gebr. Frank, Gera 2019

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Arnold Dodel

Ernst Haeckel als ErzieherNachdruck mit Anmerkungen

herausgegeben von Karl Porges, Uwe Hoßfeld und Thomas Hoppe

Gebr. Frank, Gera 2019

Herausgeber

Dr. Karl Porges & Prof. Dr. Uwe HoßfeldArbeitsgruppe BiologiedidaktikFriedrich-Schiller-Universität Jena Am Steiger 3, Bienenhaus07743 Jena

Dr. Thomas HoppeStadt GeraMuseum für Naturkunde GeraNicolaiberg 307545 Gera

1. Auflage 2019

Gedruckt mit Unterstützung der Stadt Gera, dem Museum für Naturkunde Gera (Nicolaiberg 3, 07545 Gera), der AG Biologiedidaktik der Friedrich-Schil-ler-Universität Jena (Am Steiger 3, Bienenhaus, 07743 Jena) und dem Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO, Landes-verband Thüringen)

Umschlaggestaltung: Dr. Harald FrankDruck: Gebr. Frank GmbH & Co. KG, Gera

ISBN 978-3-00-061230-5

Inhalt

Vorwort ....................................................................................................................... 4Anmerkungen zu Ernst Haeckel als Erzieher ......................................................... 71. Zukunft durch Bildung und Erziehung .............................................................. 82. … und Haeckel bildet (sich) .............................................................................. 123. Heinrich Schmidt errichtet ein Denkmal ........................................................ 144. Arnold Dodel: „durch Bildung zur Freiheit“ ................................................... 165. Das Wahre, Gute und Schöne – Ernst Haeckel als Erzieher .......................... 18Literatur ..................................................................................................................... 23

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Vorwort„Während die großartigen Erkenntnisse der modernen Kosmologie und Anthropologie, der heutigen Biologie und Entwicklungslehre auf unseren höheren Schulen gar keine oder nur ganz ungenügende Verwerthung finden, wird das Gedächtniß mit einer Unmasse von phi-lologischen und historischen Thatsachen überladen, die weder für die theoretische Bildung noch für das praktische Leben von Nutzen sind.“ (Haeckel 1903: 10)

Das Lehrerhandeln macht den Unterschied. Es ermöglicht Schülerleistungen und entscheidet mit über den Erfolg von Unterricht und Schule. Die Ergebnisse der Meta-Analyse von John Hattie, die er in seinem Buch Visible learning im Jahr 2009 publizierte, wurden von der Scientific Community und den Medien intensiv rezipiert (vgl. Hattie 2015: XXVf.; Steffens und Höfer 2016). Wie Lehr-kräfte diese Erkenntnisse nutzen können, beschreibt Hattie (2012) in Visible learning for teachers. Beide Werke liegen mittlerweile in der 3. bzw. 4. Auflage auch als deutsche Übersetzung vor und postulieren „Wegweiser für Exzellenz im Bildungsbereich“ (Hattie 2015: 280f.; 2018: 21). Zu den zentralen Elementen wirksamen Lehrerhandelns gehören nachweisbar „die Qualität der Lehrperson und die Art der Lehrer-Schüler-Beziehungen“ (Hattie 2015: 151). Dies meint konkrete Haltungen und Handlungen, wie eine klare und strukturierte Klas-sen- und Unterrichtsführung, aktives Eingreifen in Lernprozesse, eine kognitive Aktivierung der Lernenden, die Vermittlung geeigneter Lernstrategien und ein von Fürsorge und Respekt geprägter fehlerfreundlicher Unterricht. Entschei-dend ist auch, Begeisterung für das Fach zu vermitteln sowie den Unterricht aus der (Lern-)Perspektive der Schülerinnen und Schüler zu denken (Steffens und Höfer 2016). Doch wie kann die Lehrkraft feststellen, ob der eigene Unterricht zum Erfolg führt? Die Antwort ist simpel, indes in der Umsetzung im Schulall-tag nicht zwingend einfach. Die einzigen belastbaren Möglichkeiten zur Refle-xion des unterrichtlichen Handelns sind Feedback, Evaluation und empirische Überprüfung, das heißt, die Lehrkraft muss dauerhaft selbst zum Lernenden werden und Hatties zentraler Botschaft folgen: „Kenne deinen Einfluss!“ (Hattie 2018: XV).

Vor diesem Hintergrund des Nachdenkens über Unterricht sind Abhandlun-gen, wie die hier vorliegende, durchaus aufschlussreich, denn sie charakterisie-ren, zumindest aus einer subjektiven Sicht heraus, Handlungen und Eigenschaf-ten historischer Lehrpersonen (vgl. Dodel 1906). Obwohl zwischen Hatties Meta-Analyse und der hier vorliegenden Schrift über 100 Jahre liegen, ist das Buch Ernst Haeckel als Erzieher aus drei Gründen lesenswert. Erstens lebte Ernst Haeckel (1834–1919) zu einer Zeit, in der Bildung und Erziehung durch kon-zeptionelle Überlegungen und praktische Umsetzungen vermehrt ins Bild der Öffentlichkeit rückten. Zweitens arbeitete und lehrte er in Jena an einem Ort, wo entsprechende Fragen über die Bildung und Erziehung von Kindern, Ju-gendlichen und jungen Erwachsenen innovativ beantwortet wurden, neue Kon-

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zepte entstanden und sich wissenschaftliche Disziplinen entwickelten. Dabei wirken diese zur Zeit Haeckels angestoßenen Entwicklungen bis in die heutige Zeit hinein, sodass von Traditionslinien in der Thüringer Bildungslandschaft gesprochen werden kann (Coriand und Koerrenz 2004). Drittens – und das ist mit Blick auf Hattie das Entscheidende – steht mit Haeckel selbst eine Lehrper-son im Fokus, die mit wegweisenden Ansichten und Erkenntnissen als Multi-plikator polarisierte sowie einen bedeutenden Einfluss auf die nachfolgenden Generationen und damit die Naturwissenschaften sowie die gesellschaftlichen Verhältnisse ausübte. Schließlich ist Haeckel als Hochschullehrer mit 96 gehal-tenen Semestern an der Spitze der Lehrkräfte der Salana bis heute zu finden.

Doch Ernst Haeckel, der hier als Erzieher und Hochschullehrer gewürdigt wird und als Wissenschaftler Weltruhm erlangte, war auch selbst einmal Schüler und Student. Zuerst von der Mutter, dann von einem Privatlehrer unterrichtet, besuchte er anfangs die Bürgerschule und mit neun Jahren das Domgymnasium in Merseburg, wo er 1852 das Abitur ablegte. Durch seinen Privatlehrer Karl Gude (1814–1898) zum Botanisieren angeregt, fand Haeckel auch bei seinen Schullehrern Otto Gandtner und später Friedrich Buchbinder Förderer seiner Interessen – ungeachtet der Tatsache, dass im humanistischen Lehrprogramm Naturwissenschaften kaum eine Rolle spielten. Der prägende und für das zu-künftige Leben wegweisende Einfluss von Lehrkräften ist in Haeckels Biografie unübersehbar (Hoßfeld 2010). Ähnlich verhielt es sich mit seinen Hochschul-lehrern, wie bspw. Johannes Müller (1801–1858), Rudolf Virchow (1821–1902) und Carl Gegenbauer (1826–1903). Neben dem direkten Einfluss seiner Lehrer hinterließen ferner die Reisebeschreibungen von Charles Darwin (1809–1882) und Alexander von Humboldt (1769–1859) bei Haeckel einen bleibenden Ein-druck.

Um zu verstehen, welcher Zeitgeist in den Schulgebäuden des 19. Jahrhun-derts vorherrschte, werden im ersten Abschnitt der nachfolgenden Anmer-kungen exemplarisch pädagogische Ideen skizziert und eine Auswahl zentraler Ideengeber benannt. Dabei ist der Blick auf Thüringen und Jena gerichtet – den Ort, wo Haeckel wirkte. Der zweite Abschnitt fasst wesentliche Erkenntnisse und Errungenschaften aus Haeckels Lebenswerk zusammen – sprich zentrale Elemente seiner Bildung. Die Darstellung zeigt ihn dabei im humboldtschen Sinn als Akteur in einer komplexen Welt, in der er seine eigene Position sucht, findet und reflektiert. Dass Schülerinnen und Schüler im Biologieunterricht sowie Studentinnen und Studenten der Biologie auch heute noch Begriffe be-nutzen, die auf Haeckel zurückgehen, zeigt den besonderen Stellenwert, den Haeckels Bildungsweg auf die moderne Bildung hat (Hoßfeld 2016). Im dritten Abschnitt kommt mit Heinrich Schmidt (1874–1935) stellvertretend ein Schü-ler von Haeckel zu Wort, der darüber hinaus auch als Assistent, Freund und Biograph wirkte. Dieser Blick auf den Lehrer Haeckel ist besonders geeignet, die vom Autor Arnold Dodel (1843–1908) dargestellte Sicht zu erweitern. Le-

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ben und Werk von Dodel selbst werden schließlich im vierten Abschnitt nach-gezeichnet. Als Lehrer, Wissenschaftler, Freidenker, Monist und Sozialist sind seine naturwissenschaftlichen, gesellschaftlich-politischen und pädagogischen Bemühungen beachtenswert. Schließlich sind Kenntnisse über den Autor auch hilfreich, will man seine Begeisterung für Ernst Haeckel als Erzieher verstehen. Kernaussagen der Schrift werden im fünften Abschnitt zusammenfassend vor-gestellt. Hier dominiert die Frage, welche Eigenschaften Haeckel als guten Er-zieher aus der Sicht Dodels auszeichnen. Damit ist auch die Frage verbunden, ob diese Eigenschaften heute noch brauchbar sind. Kann also das Studium die-ses Werkes Pädagogen der Gegenwart und Zukunft wertvolle Hinweise für ihre Arbeit bieten? Zumindest kann es das aus einer historischen Perspektive her-aus, denn diese Schrift stellt nicht nur Ernst Haeckel als Erzieher vor, sondern bietet zugleich eine Sicht auf einen gewünschten und guten Erziehungsstil im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Dabei ist diese Schrift weniger objektiv bildungstheoretisch, sondern vielmehr subjektiv begeisternd.

Möglich wurde die Herausgabe dieses Reprints durch die Zusammenarbeit der AG Biologiedidaktik der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem Mu-seum für Naturkunde Gera. Der Ort Gera steht hier in der Tradition dieser Schrift, denn sie erschien im Jahr 1906 in der Verlagsbuchhandlung von W. Koehler, Gera-Untermhaus. Ein besonderer Dank geht daher an die Druckerei Gebr. Frank GmbH & Co. KG unter der Leitung von Herrn Dr. Harald Frank, der es ermöglichte, diese Tradition fortzuführen. Ebenso gebührt Dank Herrn Hans-Jürgen Hillesheim und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Digitalisierungszentrum der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena für ihre Unterstützung und die Realisierung der Druckvorlagen. Der Stadt Gera und dem Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO), Landesverband Thüringen danken wir für die finanzielle Unterstützung.

Aus den kurzen einleitenden Bemerkungen ergeben sich Empfehlungen für dieses 66 Seiten umfassende Buch, das mit zwei Tusche- und einer Bleizeich-nung von Ernst Haeckel aus der Sammlung Wanderbilder vorliegt. Da es sich in-haltlich im Grenzbereich der Natur- und Geisteswissenschaften verorten lässt, kann es fachübergreifend von Schülerinnen und Schülern, Studentinnen und Studenten sowie Lehrkräften in Schule und Hochschule der Fächer Bildungs-wissenschaften, Wissenschaftsgeschichte sowie Natur- und Biowissenschaften mit Gewinn gelesen werden.

Karl Porges, Uwe Hoßfeld & Thomas HoppeJena/Gera, im Herbst 2018