Erste Schritte in der Astronavigation Theodolit / Sextant · AsNavi_46 "Astronomie &...

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AsNavi_45 © gpbolze_06.2012 "Windjammer-Akademie_7" c/o Well Sailing Segelschule, Hamburg "Erste Schritte in der Astronavigation" Theodolit / Sextant Theodolit Winkelmessinstrument. Es wird in der Geodäsie zur Messung von Horizontalrichtungen und Zenit- oder Vertikalwinkel eingesetzt. wird (mit Stativ) über einem Punkt lotrecht aufgestellt. (im Bergbau: Hängetheodolit) Bestandteile Vertikal- & Horizontal-Teilkreis mehreren Libellen zur lotrechten Ausrich- tung des Gerätes (Horizontierung). In das Zielfernrohr mit Fadenkreuz, um Ziel anzuvisieren. Hier Winkeleinheit Gon (100 Gon = 90°). Messgrößen konkret: Horizontalwinkel: Differenz der Richtungs- beobachtungen zu zwei Zielen ... Azimut Zenitwinkel: Vertikalwinkel oder veraltet Zenitdistanz Sextant (Spiegelsextant) Winkelmessgerät zwischen den Blickrichtungen zu relativ weit entfernten Objekten, insbeson- dere für den Winkelabstand eines Gestirns vom Horizont. Er wird hauptsächlich zur Messung des Höhenwinkels von Gestirnen für die astronomische Navigation auf See verwendet, seltener auch in der Luft- fahrt und bei Expeditionen. Früher fand er auch Anwendung in der Astronomie und der Landvermessung. Bezeichnung "Sextant" kommt von der Winkelskala, die 60° (1/6 des Voll- kreises) umfasst, womit Winkel- messungen bis 120° möglich sind! Links von Null: Hauptbogen; recht davon Vorbogen Vgl Oktant (älter) mit Skala von nur 45° (1/8 des Vollkreises), womit Winkel bis 90° bestimmt werden konnten. Nicht so der "Quadrant": nur Winkel- messer bezüglich der Lotrichtung!

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AsNavi_45© gpbolze_06.2012 "Windjammer-Akademie_7" c/o Well Sailing Segelschule, Hamburg

"Erste Schritte in der Astronavigation"

Theodolit / Sextant

Theodolit• Winkelmessinstrument.

• Es wird in der Geodäsie zur Messung vonHorizontalrichtungen und Zenit- oderVertikalwinkel eingesetzt.

• wird (mit Stativ) über einem Punkt lotrechtaufgestellt. (im Bergbau: Hängetheodolit)

Bestandteile

• Vertikal- & Horizontal-Teilkreis

• mehreren Libellen zur lotrechten Ausrich-tung des Gerätes (Horizontierung).

• In das Zielfernrohr mit Fadenkreuz, um Zielanzuvisieren.

• Hier Winkeleinheit Gon (100 Gon = 90°).

Messgrößen konkret:• Horizontalwinkel: Differenz der Richtungs-

beobachtungen zu zwei Zielen ... Azimut• Zenitwinkel: Vertikalwinkel oder veraltet Zenitdistanz

Sextant (Spiegelsextant)• Winkelmessgerät zwischen den Blickrichtungen zu relativ weit entfernten Objekten, insbeson-

dere für den Winkelabstand einesGestirns vom Horizont.

• Er wird hauptsächlich zur Messung desHöhenwinkels von Gestirnen für dieastronomische Navigation auf Seeverwendet, seltener auch in der Luft-fahrt und bei Expeditionen.

• Früher fand er auch Anwendung in derAstronomie und der Landvermessung.

• Bezeichnung "Sextant" kommt von derWinkelskala, die 60° (1/6 des Voll-kreises) umfasst, womit Winkel-messungen bis 120° möglich sind!

• Links von Null: Hauptbogen; rechtdavon Vorbogen

• Vgl Oktant (älter) mit Skala von nur45° (1/8 des Vollkreises), womitWinkel bis 90° bestimmt werdenkonnten.

• Nicht so der "Quadrant": nur Winkel-messer bezüglich der Lotrichtung!

AsNavi_46 "Astronomie & Kulturgeschichte" an Bord der "SEDOV" 24.-30. Juni 2012: Kiel - Rund Skagen - Cuxhaven

Handhabung des Sextanten

Der Navigator ist eine Fehlerquelle

Haltefehler

Kippfehler• können an den Spiegeln (rechteckig: Indexspiegel / rund: Hori-zontspegel) auftreten.• müssen durch Justierung beseitigt werden!

Indexfehler• Bei fast allen Sextanten vorhanden! Man

muß ihn nur kennen!• an Trommelstellung zwischen direkt &

gespiegeltem Bild ablesbar! Im Idealfallbeseitigen (Erfahrung).

• Wenn man ihn kennt; als Indexberichti-gung Ib in Messungen verücksichti-gen! (s. Zeichng:)links: Ib = - 2' / rechts Ib = +1'

Was würden Sieablesen?• 49° 55' oder 50° 55'

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Übung: Einrichten des Sextanten

Wie groß ist der IndexfehlerDas ist Ihr KorrekturWert bzw. "Geräte- & Individualfehler", den Sie vorrelevanten Messungen ermitteln müssen und bei der Auswertung Ihrer Messungen (mehrheitlichHöhenmessungen) - berücksichtigen müssen!Vorab:unbedingt passende Blendgläserkombination auswählen

Variante ISpiegel-Sonne mit DirektSonne in Deckung bringen und Iban der Nullmarke ablesen;• liegt aktuelle (wahre) Nullmarke auf Vorbogen ist Ib plus

(alle Winkel zu klein)• liegt aktuelle (wahre) Nullmarke auf Hauptbogen ist Ib mi-

nus (alle Winkel zu groß)• Ib-Markierung bitte nicht auf den Leihgeräten!

Variante IIVorab: Gerätetyp bei Messung merken1. Spiegel-Sonne von unten an die DirektSonne (bei scharfer

Randberührung) ansetzen!"unterer Messwert" notieren:

2. Spiegel-Sonne oben auf die DirektSonne (bei scharfer Rand-berührung) aufsetzen!"oberer Messwert"* notieren:

* Der obere Messwert wurde auf 60' ergänzt, sodaß unten Summe gebildet werden kann!3. Siehe Tabelle "SextantProbe"

Die Algebraische Differenz (hier Summe) ergibt: 2 SonnenDurchmesser bzw. 4 SonnenRadien!

Genauigkeit:1. Vgl. Instrument mit "Nonius"_Einteilung: die Theoretische Genauigkeit des Instrumentes ist 0,2';

in der Praxis genügen 0,5'2. Bei Sonnensichtbarkeit ist hiermit ist auch die Überprüfung Ihrer persönlichen Beobachtungsge-

nauigkeit möglich! Wir müßten - im Idealfall; lt. Nautisch. Jahrbuch - auf den angegebenenSonnenradius von r ..... ' kommen.

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Die Sonne ... und das Mittagsbesteck

Lotfußtpunkt der Sonne auf die Erde: "Bildpunkt der Sonne"• Unsere Sonne wirft einen Bildpunkt auf den Globus.• Der Bildpunkt der Sonne rast in 24h in einer bestimmten Breite (abhängig von der Deklination)

über die Erde!

Zahlen fordern Präzision heraus:• In Nähe der Äquinoktien - Bildpunkt in Nähe des Äquators - passiert das mit einer Geschwindig-

keit von 900kn über die Erdoberfläche!• In einer Sekunde überstreicht die

Sonne folglich etwa 1/4 smbzw. 463 m - oder in4s eine Seemeile!!

• 24h = 360° = 21.600sm• 1h = 15' = 900sm• 4 min = 1° = 60sm• 1min? anders: Uhren-

fehler von 1min amÄquator verfälschtden Schiffsort um15 sm

• A propos "No-vara-Weltumseg-lung":Nun wird das Bemü-hen des Commodoreverständlich, die Gang-genauigkeit seiner Chrono-meter akribisch zu verfolgenund zu protokollieren!

• Ergo: Hierbei ist nicht nur die sekundengenaue Zeit_Markierung ("Schuss") wichtig, sondern,daß man auch Sicherheit & Routine im Aufsetzen des Sonnenrandes auf die Kimm hat.

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KoordinatenBreite:• Äquator: 0°; Pole 90°- in Astronavigation: auch

die Deklination δδδδδ + .... N / - .... SLänge:• von Greenwich 180° nach West bzw. Ost• in der Astronavigation:

360° in westlicher Richtung

"Greenwicher Stundenwinkel" Grt• Die Länge des Bildpunktes• Nautisches Jahrbuch: Dieser wird für die

Sonne, für die Planeten Venus, Mars, Jupiter,Saturn, den Mond & den Frühlingspunkt an-gegeben!

• Für Fixsterne ist es der Greenwicher Sternwin-kel βββββ

• Er ist außerdem gleich der geografischen Länge einesOrtes λλλλλ, für den das Gestirn kulminiert!

• Grafik:eine Position auf der Erdoberfläche mit λλλλλ = 10° E entspräche einem Grt = 350°

An Bord ticken die Uhren mit UT1• Universal Time One bzw. UT1 = MEZ -1h• entspricht Greenwich Mean Time: (kurz GMT) ist die mittlere Sonnenzeit am Nullmeridian.• Die Greenwich Mean Time war von 1884 bis 1928 Weltzeit und ist in dieser Funktion heute von der

Koordinierten Weltzeit UTC ersetzt.• UT war an Sonne orientiert, UTC (Universal Time Coordinated) ist an AtomUhr orientiert!• Wegen Verzögerung der Erdrotation sind an UTC Korrekturen notwendig:• Wenn also die Differenz von UT1 und UTC 0,9s übersteigt, wird 1 Schaltsekunde eingefügt! (so z.B.

Silvester 2005).Immerhin richtet sich das Leben auf der Erde nach der Erdrotation und nicht nach einer künst-lich erzeugten Zeit!

• UTC ~ UT1 (maximale Differenz von 0,9s), damit kann man leben (∆λ∆λ∆λ∆λ∆λ = 0,2')

Mittagsbesteck• wahrer Mittag: Sonne kulminiert und steht genau südlich bzw. nördlich von uns > daraus läßt sich die

sog. "Mittagsbreite" und "Mittagslänge" ermitteln (siehe Übungen)1. auf jeden Fall "Mittagshöhe" & "Mittagszeitpunkt" notwendig!• Kompasspeilung zu ungenau!• Direkte MittagsHöhen-Zeit-Messung unmöglich, da Sonne kurz vor, während und kurz nach Kulminati-

on ihre Höhe nur unmerklich, kaum messbar ändert!2. Methode:• Messung von Sonnenhöhen in mehreren Zeitabschnitten vor und nach der angenommenen Kulminati-

on, idealerweise mit korrespondierenden Höhen!• Mittelwert der Zeitpunkte korrespondierender Höhen ist der angenäherte Mittagszeitpunkt (abhän-

gig von Jahreszeit ~ wegen Deklination)• Achtung: Chronometrische Länge mit näherungsweisem Mittagszeitpunkt daher zwangsläufig auch

ungenau!• Alternative: Lineare Interpolation oder Schalttafeln "Zuwachs Grt" nach Minuten & Sekunden (siehe

Übung).3. Bewertung: Mittagsbesteck hat im Vergleich mit anderem Navigationsaufwand auch heute noch Vor-

teile; logischerweise aber auch Nachtteile - der MethodenMix bringts - auch unabhängig vom GPS!

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Nautisches Jahrbuch / Auszug

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Nautisches Jahrbuch / Auszug

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AsNavi_54 "Astronomie & Kulturgeschichte" an Bord der "SEDOV" 24.-30. Juni 2012: Kiel - Rund Skagen - Cuxhaven

Navigation mit Zirkumpolaren:"für Nordlandfahrer"Ausgangsituation• Kulmination eines Gestirns; das ist gleichbedeutend mit Meridianpassage oder - Durchgang.

Wegen "Vorzeichenfalle": die Verhältnisse über dem südlichen Horizont sind etwas anders alsüber dem nördlichen Horizont!

Untere Kulmination• Obengenannte Darstellung zeigt nun die Situation in der sogenannten "unteren Kulmination":

D.h. daß das Gestirn (z.B. Capella, die Sonne zu MittSommerWend und letztlich auch der ex-treme Mond über Callenish) nicht den Meridian über dem Südhorizont passiert, sondern imNorden "unterhalb" des Pols (Polarsterns).

vorab: Dämmerungsstufen• Bürgerliche Dämmerung: beginnt mit SonnenUntergang; Ende: SonnenMittelpunkt 6° unter

der Kimm. Sterne 1. Größe schon erkennbar.• Nautische Dämmerung: SonnenMittelpunkt zwischen 6° und 12° unter der noch sichtbaren

Kimm. Sterne bis 3. Größe erkennbar. Mit Sextant kann noch (morgens: wieder) gearbeitetgewerden!

• Astronomische Dämmerung: folgt nautischer Dämmerung, d.h. Sonne unter 12°; Ende: Son-ne unter 18°: Kimm unsichtbar; Himmel ist völlig dunkel!

Kimmsichtbarkeit & Sextant-einsatz:• Für "Nordlandfahrer" wird im Sommer der Abschluß der Nautischen Dämmerung erst spät

oder kaum erreicht! Man sieht daher den Nordhorizont gut. In Nächten vor und nach MittSom-merwend kann man die Höhen wichtiger Sterne am nördlichen Horizont gut messen!

Typische Fragestellungen:1. Ich registriere die untere Meridianpassage von Capella bei einer Höhe von 7°. Auf welcher geo-

grafischen Breite bin ich?2. Auf welcher Breite "schrammt" Capella am Horizont (Höhe etwa Null)?3. Sie wollen zur Beobachtung der SommerSonnenWende nach Norden segeln. Ihre Familie kann

aber erst Mitte Juli reisen. Zu welcher geografischen Breite muß man nach Norden reisen, umdie SommerSonnenWende (Sonne noch zirkumpolar) zu beobachten?

4. Auf welcher geografischen Breite kann man die Zirkumpolarität des Mondes zu Zeiten desMondextrems erleben? Welches wäre die südlichste BeobachtungsPosition in diesem Monat?

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