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EINGEHENDE ANALYSE EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Autoren: Nikolai Atanassov, Costica Dumbrava, Maria-Margarita Mentzelopoulou, Anja Radjenovic Wissenschaftlicher Dienst für die Mitglieder Mai 2018 — PE 621.878 DE (orig. EN) EU-Asyl, Grenzen und externe Zusammenarbeit im Bereich Migration Jüngste Entwicklungen

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EINGEHENDE ANALYSE

EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Autoren: Nikolai Atanassov, Costica Dumbrava,

Maria-Margarita Mentzelopoulou, Anja Radjenovic Wissenschaftlicher Dienst für die Mitglieder

Mai 2018 — PE 621.878 DE

(orig. EN)

EU-Asyl, Grenzen und

externe Zusammenarbeit

im Bereich Migration

Jüngste Entwicklungen

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In dieser Veröffentlichung wird eine Bestandsaufnahme der jüngsten Entwicklungen der EU in den Bereichen Asyl, Grenzen und externe Zusammenarbeit im Bereich Migration vorgenommen. Es werden die wichtigsten politischen und legislativen Initiativen der EU zur Bewältigung der anhaltenden migratorischen Herausforderungen vorgestellt, wobei drei Hauptaspekte im Vordergrund stehen: die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), die Stärkung der Außengrenzen der EU und die Intensivierung der externen Zusammenarbeit der EU im Bereich Migration. Das Dokument baut auf frühere Untersuchungen und Analysen des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments auf.

PE 621.878 ISBN 978-92-846-2965-7 doi:10.2861/644989 QA-01-18-534-DE-N

Redaktionsschluss des englischen Originalmanuskripts: Mai 2018 Übersetzung abgeschlossen: Juni 2018

HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND URHEBERRECHTSSCHUTZ Dieses Dokument wurde für die Mitglieder und Bediensteten des Europäischen Parlaments erarbeitet und soll ihnen als Hintergrundmaterial für ihre parlamentarische Arbeit dienen. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt ausschließlich bei dessen Verfasser/n. Die darin vertretenen Auffassungen entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments.

Nachdruck und Übersetzung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern das Europäische Parlament vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

© Europäische Union, 2018

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ZUSAMMENFASSUNG

Durch die Ankunft von Flüchtlingen und irregulären Migranten in nie zuvor erreichtem Ausmaß in der EU, mit dem Höhepunkt im Jahr 2015, wurde eine Reihe von Mängeln und Schwachstellen der EU-Politik im Bereich Asyl, Außengrenzen und Migration deutlich. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) war großem Druck ausgesetzt, und die Schengen-Regeln wurden in ihrer Funktion beeinträchtigt, was zu einer vorübergehen-den Aussetzung des Dublin-Systems und zur Einführung von Grenzkontrollen durch mehrere Mitgliedstaaten führte. Als Antwort auf diese Herausforderungen hat die EU einen umfassenden Reformprozess eingeleitet, um ihre gemeinsame Asylpolitik auf gerechtere und solidere Grundlagen zu stellen, ihre Außengrenzen durch Ausbau der Verbindungen zwischen Grenzkontrollen und Sicherheit zu stärken und die Zusammen-arbeit mit Drittländern in Migrationsfragen zu erneuern.

Im Mai und Juni 2016 legte die Kommission zwei Pakete mit Vorschlägen zur Stärkung und Anpassung der GEAS vor. Fast zwei Jahre nach ihrer Vorlage befinden sich die Vor-schläge in unterschiedlichen Stufen des Gesetzgebungsverfahrens. Parlament und Rat haben sich bereits politisch darauf geeinigt, eine Agentur der Europäischen Union für Asylangelegenheiten einzurichten, und stehen kurz vor dem Abschluss einer Reform des Eurodac-Systems (Datenbank der EU für Fingerabdrücke von Migranten). Während auch die Triloge zum Neuansiedlungsrahmen der Union, zur Anerkennungsverordnung und zur Richtlinie über Aufnahmebedingungen weiter fortschreiten, liegt hinsichtlich der Reform der Dublin-Verordnung und des Vorschlags für eine Verordnung über Asylverfah-ren noch viel Arbeit vor den gesetzgebenden Organen. Eine politische Einigung über die umfassende Reform des GEAS wird für Juni 2018 angestrebt.

Wie in den EU-Programmen zu Migration und Sicherheit betont wird, erfordert die Bewältigung der in diesen Bereichen aktuell bestehenden Herausforderungen der EU ein verbessertes Management der Außengrenzen, unter anderem durch eine bessere Nut-zung der Möglichkeiten von IT-Systemen und -Technologien. In diesem Zusammenhang wurde im März 2016 eine Änderung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich eines verstärkten Abgleichs mit einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen beschlos-sen. Im Oktober 2016 wurde die Umwandlung von Frontex in die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache vollendet, und im November 2017 wurde die Rechts-grundlage für das neue Einreise-/Ausreisesystems angenommen. Die Arbeit an der Schaffung des neuen europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS), der Überarbeitung und Ausweitung des Schengener Informationssystems, der Ausweitung des eu-LISA-Mandats und dem Rahmen für die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Sicherheit dauert an.

Die externe Migrationspolitik der EU ist Teil des allgemeinen Ansatzes der EU im Bereich Migration und ergänzt die Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit der EU. Sie beruht auf von den Mitgliedstaaten gesetzten gemeinsamen Zielen und spiegelt sich im GEAS wider. Die Zusammenarbeit mit Drittländern erfolgt im Rahmen des Gesamt-ansatzes für Migration und Mobilität (GAMM), über den die EU in einen politischen Dialog mit Drittländern tritt und Partnerschaften mit ihnen schließt. Im Einklang mit der „Europäischen Migrationsagenda“ von 2015 und dem „Migrationspartnerschafts-rahmen“ von 2016 verfolgt die EU eine externe Migrationspolitik, die auf die Bewältigung der Herausforderungen entlang der Hauptmigrationsrouten abzielt. Eines der Ziele

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besteht darin, durch Neuansiedlungsmaßnahmen und Migrationspakte mehr legale We-ge für die Aufnahme von Personen zu bieten, die internationalen Schutz benötigen. Darüber hinaus unterstützt die EU mit verschiedenen Finanzierungsinstrumenten migra-tionsbezogene Projekte in Drittländern, insbesondere in entscheidenden Herkunfts- und Transitländern wie Syrien, Irak, der Türkei und afrikanischen Ländern.

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INHALT

1. Einleitung ....................................................................................................................... 5

2. Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ..................................... 7

2.1. Hintergrund ............................................................................................................ 7

2.2. Dublin-Verordnung ................................................................................................. 8

2.3. Eurodac-Verordnung .............................................................................................. 9

2.4. Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) ...................................................... 11

2.5. Asylverfahrensverordnung ................................................................................... 12

2.6. Anerkennungsverordnung .................................................................................... 12

2.7. Richtlinie über Aufnahmebedingungen ............................................................... 13

2.8. EU-Neuansiedlungsrahmen .................................................................................. 14

3. Stärkung der EU-Außengrenzen .................................................................................. 16

3.1. Hintergrund .......................................................................................................... 16

3.2. Schengener Grenzkodex ....................................................................................... 16

3.3. Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) .............................................................................................. 17

3.4. Einreise-/Ausreisesystem ..................................................................................... 18

3.5. Europäisches Reiseinformations- und ‑genehmigungssystem (ETIAS) ............... 19

3.6. Schengener Informationssystem .......................................................................... 21

3.7. EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) ................................................... 24

3.8. Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen über Grenzen und Migration ..................................................................................................................... 25

4. Stärkung der externen Kooperation der EU in Migrationsfragen ............................... 26

4.1. Kontext ................................................................................................................. 26

4.2. Zentrale Migrationsrouten ................................................................................... 28

4.2.1. Zentrale Mittelmeerroute .......................................................................................... 29

4.2.2. Östliche Mittelmeerroute .......................................................................................... 30

4.2.3. Westbalkanroute ........................................................................................................ 30

4.2.4. Westliche Mittelmeer-/Atlantikroute ........................................................................ 31

4.3. EU-Mittel für die externe Zusammenarbeit im Migrationsbereich ..................... 31

4.3.1. Syrien und Irak............................................................................................................ 33

4.3.2. Türkei .......................................................................................................................... 34

4.3.3. Westlicher Balkan ....................................................................................................... 35

4.3.4. Afrika .......................................................................................................................... 35

5. Überblick über die jüngsten Gesetzgebungsvorschläge der EU .................................. 36

6. Wichtige Quellen ......................................................................................................... 39

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Liste der wichtigsten Abkürzungen

AStV: Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten

CIR: Gemeinsamer Speicher für Identitätsdaten (Common Identity Repository)

EAD: Europäischer Auswärtiger Dienst

EEF: Europäischer Entwicklungsfonds

EES: Einreise-/Ausreisesystem

EFSD: Europäischer Fonds für nachhaltige Entwicklung (European Fund for Sustainable Development)

EIP: Investitionsoffensive für Drittländer (External Investment Plan)

ENI: Europäisches Nachbarschaftsinstrument

ENP: Europäische Nachbarschaftspolitik

ESP: Europäisches Suchportal

ETIAS: Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (European travel information and authorisation system)

EUAA: Asylagentur der Europäischen Union (European Union Agency for Asylum)

eu-LISA: EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht

FRT: Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (Facility for Refugees in Turkey)

GAMM: Gesamtansatz für Migration und Mobilität

GEAS: Gemeinsames Europäisches Asylsystem

GSVP: Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

IOM: Internationale Organisation für Migration

JVA: Gemeinsamer Aktionsplan von Valletta (Joint Valletta Action Plan)

LIBE: Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (EP)

MID: Detektor für Mehrfachidentitäten (Multiple identity detector)

SBM: Gemeinsamer Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (Shared biometric matching service)

SIS II: Schengener Informationssystem (II)

UNHCR: Hohes Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (VN-Flüchtlingshilfswerk)

VIS: Visa-Informationssystem

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1. Einleitung Die jüngsten Flüchtlings- und Migrationskrisen haben eine Reihe von Mängeln bei den Ansätzen und politischen Strategien der EU im Bereich Asyl, Grenzen und Migration zutage gebracht. Es wurde deutlich, dass der enorme Zustrom von Asylsuchenden mit dem GEAS nicht bewältigt werden konnte (siehe Abbildung 1). Das Dublin-System, das 2003 eingerichtet wurde, um den für die Prüfung eines jeden spezifischen Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat zu bestimmen, führte zu einer übermäßigen Belastung der Ersteinreiseländer und insbesondere der Länder, die für die Außengrenzen der EU verantwortlich sind. Um das System zu korrigieren und die gemeinsame Asylpolitik auf eine gerechtere und ausgewogenere Grundlage zu stellen, hat die Kommission ein umfassendes Paket mit Legislativvorschlägen unterbreitet. Über den Vorschlag zur Einrichtung einer Agentur der Europäischen Union für Asylangelegenheiten haben das Europäische Parlament und der Rat eine endgültige Einigung erzielt, während sie über die übrigen sechs Vorschläge weiterverhandeln.

Schwachstellen beim Management der EU-Außengrenzen haben zur unkontrollierten Einreise irregulärer Migranten in die EU und schließlich zur Wiedereinführung von Binnengrenzen zwischen mehreren Mitgliedstaaten geführt. Der Anstieg von terroristi-schen und schwerwiegenden kriminellen Aktivitäten auf EU-Gebiet wird auf Mängel beim Management der Außengrenzen und bei der Informationsaustauscharchitektur der EU zurückgeführt. So gab es zum Beispiel vor 2015 nur wenige Sicherheitswarnungen und Suchen im System, obwohl die derzeitige Version des Schengener Informations-systems seit 2013 in Betrieb ist (siehe Abbildung 2).

Um die Außengrenzen auch im Hinblick auf eine Erhöhung der inneren Sicherheit zu stärken, schlug die Kommission vor, die Mandate von zwei Agenturen (Frontex und eu-LISA) zu überarbeiten, den Schengener Grenzkodex zu verstärken und die EU-Informa-tionssysteme im Bereich Freiheit, Sicherheit und Justiz zu aktualisieren und auszuweiten, unter anderem durch eine Verbesserung der Interoperabilität dieser Systeme. Im März 2016 wurde der Schengener Grenzkodex geändert, um systematische Kontrollen von Bürgern der EU an den EU-Außengrenzen zu ermöglichen. Frontex wurde im Oktober 2016 erfolgreich in die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache umgewan-delt. Während das Einreise-/Ausreisesystem im November 2017 verabschiedet wurde, unterliegen die anderen Dossiers zum EU-Informationssystem für Grenzen und Sicherheit derzeit noch der Debatte der Legislativorgane.

Abbildung 1 – Asylerstanträge und irreguläre Einreisen (in Mio.)

Datenquelle: Frontex.

0,140,07 0,11

0,28

1,82

0,51

0,200,26 0,28 0,34

0,56

1,26 1,20

0,65

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Irreguläre Einreisen

Asylerstanträge

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Die jüngsten Entwicklungen haben auch gezeigt, dass die Herausforderungen der Migration nicht bewältigt werden können, ohne die externe Dimension der Migration zu berücksichtigen, unter Einbeziehung von komplexen geopolitischen Veränderungen, besonderen regionalen Mustern und Verlagerungen der Migrationsströme und -routen (siehe Abbildung 3). Um die Zusammenarbeit in Migrationsfragen zu sichern und bei der Beseitigung der Ursachen von Migration zu helfen, hat die EU ihr Engagement in Drittländern mit politischen und finanziellen Mitteln erneuert.

Abbildung 3 – Erfassung illegaler Grenzübertritte in der EU und Migrationsrouten (2017)

Datenquelle: Frontex.

Abbildung 2 – Warnungen und Suchanfragen im SIS II

Datenquelle: eu-LISA.

0,00,51,01,52,02,53,03,54,04,5

4045505560657075808590

2013 2014 2015 2016

-

Warnungen im SISinsgesamt

Warnungen(Mio.)

Suchanfragen(Mrd.)

Suchanfragen im SIS

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2. Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) 2.1. Hintergrund Die Europäische Union ist gemäß dem Genfer Abkommen verpflichtet, Personen zu schützen, die internationalen Schutz benötigen. Daher hat die EU im Jahr 2013 ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem als Rechtsrahmen für alle Aspekte des Asylverfahrens eingerichtet. Obgleich die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen bei den Mitgliedstaaten liegt, sieht dieses System gemeinsame Mindeststandards für die Behandlung von Asylsuchenden vor. Das GEAS umfasst eine Reihe von Regeln zur Bestim-mung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats (Dublin-Verordnung), gemeinsame Standards für Asylverfahren (Asylverfahrensrichtlinie), die Anerkennung und den Schutz von Personen, denen inter-nationaler Schutz zuerkannt worden ist (Anerkennungsrichtlinie) sowie Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Richtlinie über Aufnahmebedingungen).

Durch den in den vergangenen Jahren erfolgten Zustrom von Asylsuchenden nach Europa in nie zuvor erreichtem Ausmaß traten Schwachstellen bei der Gestaltung und Umsetzung des Systems zutage. Daher legte die Kommission in ihrer Mitteilung mit dem Titel „Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa“ vom 6. April 2016 ihre Prioritäten für eine Strukturreform des europäischen Asyl- und Migrationsrahmens fest.

Am 4. Mai 2016 legte die Kommission ein erstes Paket von Vorschlägen vor, um das GEAS zu reformieren und die in ihrer Mitteilung vom April 2016 genannten Prioritäten umzusetzen:

• einen Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung eines nachhaltigen und gerechten Dublin-Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats,

• einen Vorschlag für eine Verordnung zur Stärkung des Eurodac-Systems, um Sekundärbewegungen wirksamer zu überwachen und die Bekämpfung irregulärer Migration zu erleichtern, und

• einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung einer echten europäischen Asylagentur, um ein gut funktionierendes europäisches Asylsystem sicherzu-stellen.

Am 13. Juli 2016 verabschiedete die Kommission ein zweites Paket von Vorschlägen und ergänzte damit die Reform des GEAS um vier zusätzliche Vorschläge:

• einen Vorschlag zur Ersetzung der Asylverfahrensrichtlinie durch eine Verordnung, mit der die derzeitigen, in allen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Verfahrensvorschriften harmonisiert werden und ein echtes gemeinsames Asylverfahren in der EU eingeführt wird,

• einen Vorschlag zur Ersetzung der Anerkennungsrichtlinie durch eine Verordnung, mit der einheitliche Normen für die Anerkennung von Schutzbedürf-tigen und die Rechte für Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, festgelegt werden,

• einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über Aufnahmebedingungen, um die Behandlung von Asylsuchenden in der gesamten EU zu harmonisieren, die Integrationsaussichten der Antragsteller zu verbessern und die Sekundärmigra-tion einzudämmen,

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• einen Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines strukturierten

Neuansiedlungsrahmens der Union, der in Richtung eines besser gesteuerten An-satzes für internationalen Schutz in der EU geht, bei dem geordnete und sichere Wege in die EU für Personen sichergestellt werden, die internationalen Schutz benötigen, um die Anreize für irreguläre Einreisen zunehmend zu verringern.

Ziel der Reform ist die Einrichtung schneller und effizienter Verfahren, um Schutzbe-dürftigen Schutz zu gewähren und eine gerechtere und angemessenere Behandlung von Antragstellern in der gesamten EU sicherzustellen. Darüber hinaus sollen die Risiken von Sekundärmigration zwischen den Mitgliedstaaten der EU und Missbräuche des Asylsystems verringert werden. Für den Fall, dass eine hohe Zahl von Personen, die internationalen Schutz benötigen, die Außengrenzen erreicht, soll mit dieser Reform die Solidarität und gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten sichergestellt werden. Mit den neuen GEAS-Regeln wird die Bekämpfung irregulärer Migration verstärkt, während gleichzeitig sichergestellt werden soll, dass es geordnete und sichere Wege nach Europa für Personen gibt, die internationalen Schutz benötigen.

Diese Vorschläge werden derzeit von den Legislativorganen erörtert und wurden von Europäischem Parlament, Rat und Kommission im Rahmen der gemeinsamen Erklärun-gen von 2016 und 2017 als Prioritäten genannt. Fast zwei Jahre nach ihrer Vorlage befinden sich die Vorschläge auf unterschiedlichen Stufen des Gesetzgebungsverfahrens, d. h. einige stehen kurz vor der Annahme, bei anderen wurden Fortschritte erzielt und wieder andere stehen nach wie vor am Anfang.

2.2. Dublin-Verordnung Im Mai 2016 verabschiedete die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung für die Reform des Dublin-Systems. Dieser Vorschlag sieht eine Regelung für die Neuan-siedlung neuer Antragsteller aus Mitgliedstaaten, die mit einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Anträgen befasst sind, in andere Mitgliedstaaten vor. Außerdem sind darin kürzere Fristen für die Stellung und Beantwortung von Überstellungsgesuchen und die Durchführung von Überstellungen Asylsuchender zwischen den Mitgliedstaaten vorgese-hen, wodurch die Möglichkeit einer Abwälzung der Verantwortung verringert wird. Mit diesem Vorschlag wird zudem angestrebt, Missbrauch und Sekundärmigration entgegen-zuwirken, indem Asylbewerber verpflichtet werden, in dem Mitgliedstaat zu bleiben, der für ihren Antrag zuständig ist, der Erhalt von Leistungen von der Einhaltung geografischer Grenzen abhängig gemacht wird und bei Verstößen Sanktionen verhängt werden. Es werden stärkere Garantien für unbegleitete Minderjährige vorgesehen und eine ausgewogenere (ausgeweitete) Definition des Begriffs „Familienangehörige“ eingeführt.

In seiner Entschließung zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration schlug das Europäische Parlament eine grundlegende Überarbeitung des Dublin-Systems durch Einführung einer Regelung vor, die u. a. eine zentrale Sammlung der Anträge auf Ebene der Union vorsieht, wobei jeder Asylbewerber als Person betrachtet würde, die Asyl in der gesamten Union und nicht in einem einzelnen Mitgliedstaat sucht. Außerdem wird in der Entschließung ein zentrales System für die Zuteilung von Zuständigkeiten für Personen vorgeschlagen, die Asyl in der EU suchen.

Im Oktober 2017 nahm der parlamentarische Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE-Ausschuss) einen Bericht der Berichterstatterin Cecilia Wikström (ALDE, Schweden) über die Reform der Dublin-Verordnung an und stimmte für die Aufnahme interinstitutioneller Verhandlungen. Der Bericht und das Mandat wurden in

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der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments vom November 2017 bestätigt. In diesem Bericht wird die Einführung eines auf der Größe der Bevölkerung und der Wirtschaft der Mitgliedstaaten basierenden Referenzschlüssels als Kriterium für den Korrekturmechanismus für die Zuweisung vorgeschlagen. Außerdem wird vorge-schlagen, die Überstellung von Antragstellern, die eine Gefahr für die Sicherheit darstellen, und von Antragstellern, die keine besonderen Verfahrensgarantien benötigen oder bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie als Person mit Anspruch auf inter-nationalen Schutz anzuerkennen sind, in andere Mitgliedstaaten zu unterbinden. Was Anträge auf internationalen Schutz für Familien anbelangt, wird im Bericht die gemeinsame Bearbeitung von Anträgen vorgeschlagen, wobei das Recht eines Antrag-stellers, einen Einzelantrag zu stellen, davon unberührt bleibt. Für den Fall von Anträgen Minderjähriger auf internationalen Schutz wird im Bericht erneut auf die Notwendigkeit einzelfallbezogener Garantien und einer angemessenen Beurteilung des Wohls des Minderjährigen hingewiesen. In Bezug auf Neuansiedlungskriterien werden im Bericht Bindungen zu einem bestimmten Land als erstes Kriterium für die Neuansiedlung betrachtet, und es wird gefordert, dass klare Anreize und Hemmnisse für Asylbewerber vorgesehen werden, um deren Untertauchen oder Sekundärmigration zu verhindern.

Im Oktober 2016 bekräftigte der Rat seinen Ansatz, die Reform der Dublin-Verordnung als Element des GEAS-Reformpakets zu erörtern. Im Juni 2017 prüfte der Rat die Artikel der Dublin-Verordnung, mit denen die Vormundschaft und die Bekämpfung von Missbrauch und Sekundärmigration geregelt werden. Im Oktober 2017 hat der Rat erst-mals festgestellt, dass mit Blick auf einen Kompromiss über die wirksame Anwendung der Grundsätze der Solidarität und der Verantwortung durch das richtige Gleichgewicht zwischen beiden Fortschritte erzielt wurden und die Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Krisen gewährleistet werden muss. Der bulgarische Vorsitz versprach, bei der GEAS-Reform so viele Fortschritte wie möglich zu erzielen, und begann mit der Organisation eines informellen Treffens der Minister für Inneres am 25. Januar 2018. Es wurde darauf hingewiesen, dass man sich auf die Arbeit auf Expertenebene konzen-trieren werde, um bis Juni 2018 einen politischen Konsens (allgemeine Ausrichtung) zu erarbeiten, wobei die Dublin-Verordnung eine der Hauptprioritäten sei. Der Vorsitz betonte auch, dass man die Frage der Flüchtlingsquoten auf der Suche nach einem Konsens zuletzt ansprechen und sich stattdessen auf die Erörterung einzelner Artikel des Vorschlags konzentrieren werde.

2.3. Eurodac-Verordnung Im Rahmen der praktischen Umsetzung des reformierten Dublin-Systems im Mai 2016 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Eurodac-Verordnung vor. Mit diesem Vorschlag wird das Mandat von Eurodac ausgeweitet, um Rückführungen zu erleichtern und besser gegen irreguläre Migration vorzugehen. Der Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Daten von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und die EU-Grenzen irregulär überschreiten oder sich illegal in der EU aufhalten, speichern und abfragen können, um diese Personen im Hinblick auf ihre Rückführung oder Rück-übernahme zu identifizieren. Die Speicherung der Fingerabdrücke dieser Personen zusammen mit ihren personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, Staatsange-hörigkeit, Personalien, Gesichtsbild usw.) im Eurodac würde es den Mitgliedstaaten ermöglichen, irreguläre Drittstaatsangehörige oder Asylbewerber zu identifizieren, ohne Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat anzufordern. Der Vorschlag ermöglicht es den Mitgliedstaaten, gegen Personen, die sich der Erfassung ihrer Fingerabdruckdaten

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widersetzen, nach ihrem nationalen Recht zulässige Sanktionen zu verhängen, sofern deren Grundrechte dadurch nicht verletzt werden, wobei Inhaftierung oder Zwang als letztes Mittel vorgesehen sind.

In seiner Entschließung zur Lage im Mittelmeerraum vom April 2016 stellte das Europäische Parlament fest, dass die ordnungsgemäße Identifizierung der Asylbewerber am Ort ihrer ersten Ankunft zum Funktionieren des GEAS beitragen dürfte.

Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments nahm am 30. Mai 2017 unter Bericht-erstatterin Monica Macovei (EKR, Rumänien) einen Bericht an und stimmte über ein Mandat für Verhandlungen mit dem Rat ab. In diesem Bericht des LIBE-Ausschusses wurde gefordert, die Verwendung von Eurodac auf neu angesiedelte Drittstaats-angehörige und Staatenlose auszuweiten, um Sekundärmigration zu erfassen und zu verhindern, und biometrische personenbezogene Daten anstelle der von der Kommis-sion vorgeschlagenen Fingerabdrücke zu nutzen. Mitglieder betonten, dass die Inter-operabilität zwischen Informationssystemen verbessert und der direkte Zugriff von Europol auf Eurodac-Daten zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten ausgeweitet werden muss. Außerdem wurde im Bericht vorgeschlagen, die Fingerabdrücke von Kindern ab sechs Jahren abzunehmen, um Suchen und Familienzusammenführungen zu erleichtern, wobei auch die besonderen Bedürfnisse der Minderjährigen gebührend zu berücksichtigen sind. In Bezug auf Sanktionen bei Verstößen erklärten sich die Mitglieder mit der Auferlegung von Sanktionen einverstanden, sie betonten aber, dass die EU-Grundrechtecharta zu achten und eine Inhaftierung als letztes Mittel einzusetzen ist. Als Datenspeicherfrist wurden im Bericht höchstens fünf Jahre vorgeschlagen. In Bezug auf die Übermittlung von Daten an Drittstaaten forderten die Mitglieder, dass über eine Suche im Eurodac-System erhaltene personenbezogene Daten Drittstaaten oder internationalen Organisa-tionen nur zur Verfügung gestellt werden dürfen, wenn dies unbedingt notwendig ist. Am 14. Juni 2017 wurde der Beschluss des Ausschusses, interinstitutionelle Verhandlun-gen aufzunehmen, im Plenum bestätigt.

Im Dezember 2016 einigte sich der Rat über eine partielle allgemeine Ausrichtung. Basierend auf den seit Mai 2016 stattgefundenen Erörterungen im Rat und auf den Vorschlägen des maltesischen Vorsitzes vom April 2017 (u. a. zu Farbkopien von Reise-dokumenten in der Datenbank und zur Möglichkeit, dass Strafverfolgungsbehörden Eurodac-Daten von Personen abfragen, die im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens registriert wurden) kündigte der Vorsitz im Juni 2017 an, dass man die Fragen, die nicht Gegenstand der partiellen allgemeinen Ausrichtung waren, prüfen werde, um das Mandat für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu erweitern. Dies führte am 15. Juni 2017 im AStV zu einem aktualisierten Mandat.

Seit September 2017 werden Triloge geführt. Verhandelt wurde unter anderem über die Nutzung biometrischer und alphanumerischer Daten, die Regeln für den Zugang Europols zu Eurodac, die Verpflichtung zur Abnahme biometrischer Daten und das Vorgehen bei Minderjährigen (diesbezüglich einigte man sich auf einen besonderen Artikel). Während des estnischen Vorsitzes wurde beschlossen, die Hauptdatenbank für Fingerabdrücke von Asylsuchenden zu aktualisieren und den Strafverfolgungsbehörden Zugang zu gewähren. Während bei den meisten Bestimmungen der neu gefassten Verordnung Einigkeit zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament erzielt wurde, werden bezüglich der Länge der Datenspeicherfrist für Asylsuchende weiterhin unterschiedliche Ansichten vertreten.

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2.4. Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) Am 4. Mai 2016 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über die Asylagentur der Europäischen Union vor, mit der das Mandat des Europäischen Unter-stützungsbüros für Asylfragen geändert und erweitert wird, um es zu einer EU-Agentur weiterzuentwickeln.

Am 8. Dezember 2016 genehmigte der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments unter Berichterstatter Péter Niedermüller (S&D, Ungarn) ein Verhandlungsmandat, um mit dem Rat eine Einigung in erster Lesung über das Gesetzgebungsvorhaben zu erzielen. Im Bericht des Ausschusses wird betont, dass das derzeitige Büro in eine umfassende EU-Agentur umgewandelt werden muss, die über die Mittel und den Auftrag verfügt, um Mitgliedstaaten in Krisensituationen zu helfen und ihnen operative und technische Unterstützung zu leisten. Es wird hinzugefügt, dass der Auftrag des EASO dem über-geordneten Ziel einer Stärkung des GEAS entsprechend durch hohe Standards verstärkt werden und mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang stehen sollte. In Bezug auf die Mittel betonte der Ausschuss, dass ausreichend technische, finanzielle und personelle Mittel notwendig sind, die aus den Beiträgen der Mitglied-staaten finanziert werden – insbesondere Personal für Expertenteams, die die Verfahren der Asyl- und Aufnahmesysteme bewerten und kontrollieren. Schließlich betonten die Mitglieder, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen der Agentur und anderen europäischen Organen und Agenturen und insbesondere mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache ist. Außerdem wurde im Bericht betont, dass die Agen-tur in der Lage sein sollte, Verbindungsbeamte in die Mitgliedstaaten zu entsenden, um Unterstützung bei der Umsetzung des GEAS zu leisten, insbesondere in Fällen von Familienzusammenführung und in Bezug auf unbegleitete Kinder und schutzbedürftige Personen.

Im Oktober 2016 bekräftigte der Rat den vom slowakischen Vorsitz vorgeschlagenen dreigleisigen Ansatz für die Prüfung der Vorschläge des GEAS-Reformpakets (einschließlich u. a. der Verordnung über die Asylagentur der Europäischen Union), um mit Blick auf eine allgemeine Ausrichtung des Rates bis Dezember 2016 Fortschritte zu erzielen. Im Dezember 2016 bestätigte der Rat (Justiz und Inneres) basierend auf einem Vermerk des Vorsitzes, dass eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die Umwandlung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen in eine umfassende und gut für die Umsetzung des GEAS ausgerüstete Agentur unterstützt. Allerdings wurde auch betont, dass die Mitgliedstaaten besorgt sind angesichts einer möglichen Überschneidung zwischen dem Mechanismus der Agentur zur Überwachung und Bewertung der Asyl- und Aufnahmesysteme der Mitgliedstaaten und den bestehenden Befugnissen der Kom-mission zur Überwachung der Umsetzung von EU-Recht sowie angesichts des Wunsches einiger Mitgliedstaaten, beim Überwachungsverfahren eine größere Rolle zu spielen. Daher unterzog der Vorsitz die einschlägigen Bestimmungen des Vorschlags einer Neu-fassung, allerdings haben einige Delegationen in Bezug auf die Frage der Überwachung weiterhin Bedenken.

Nach einer Einigung im Rat über eine partielle allgemeine Ausrichtung im Januar 2017 nahm der Vorsitz Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament auf. Am 28. Juni 2017 wurde eine vorläufige umfassende politische Einigung über alle zwölf Kapitel der vorge-schlagenen Verordnung über die Asylagentur der Europäischen Union erzielt. Am 29. Juni 2017 stimmte der LIBE-Ausschuss über diese vorläufige Einigung ab. Infolge dieser umfassenden politischen Einigung konzentrieren sich die weiteren Arbeiten in erster

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Linie auf die technische Fertigstellung des Textes und auf die Angleichung der Erwä-gungen des Textes an den Hauptteil des Pakets der GEAS-Reformvorschläge.

Am 6. Dezember 2017 bekräftigte der AStV die mit dem Europäischen Parlament erzielte Einigung über den gesamten Text des Vorschlags, einschließlich der Erwägungsgründe, jedoch ausschließlich des Texts in eckigen Klammern, der sich auf andere Vorschläge des GEAS-Pakets bezieht. Im Dezember 2017 vermerkte der Rat die Einigung mit Ausnahme der zu einem späteren Zeitpunkt zu erörternden Teile. Die Arbeiten werden auf einer technischen Ebene fortgesetzt, um die Verknüpfungen mit anderen Dossiers des Asylpakets zu klären, was als Voraussetzung gilt, um das Dossier der Asylagentur der Europäischen Union weiter voranzubringen.

2.5. Asylverfahrensverordnung Im Juli 2016 legte die Kommission einen Legislativvorschlag vor, um die Asylverfahrens-richtlinie durch eine Verordnung zu ersetzen, mit der ein völlig vereinheitlichtes gemeinsames EU-Verfahren zur Beurteilung von Anträgen auf internationalen Schutz eingeführt wird, damit Unterschiede bei den Anerkennungsquoten der Mitgliedstaaten ausgeglichen, Sekundärbewegungen verhindert und gemeinsame, wirkungsvolle Ver-fahrensgarantien für Asylbewerber gewährleistet werden. Ziele des Vorschlags sind die Vereinfachung, Präzisierung und Verkürzung der Asylverfahren, die Sicherstellung einheitlicher Garantien für Asylbewerber und strengere Regeln gegen Asylmissbrauch sowie harmonisierte Regeln zu sicheren Herkunfts- und Drittstaaten.

Der Vorschlag wurde dem parlamentarischen Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) unter Berichterstatterin Laura Ferrara (EFDD, IT) übermittelt. Die Berichterstatterin legte am 30. Mai 2017 ihren Berichtsentwurf vor. Am 25. April 2018 nahm der LIBE-Ausschuss den Bericht an, zusammen mit einem Beschluss zur Aufnahme interinstitutioneller Verhandlungen mit dem Rat, der während der Mai-II-Plenarsitzung zu bestätigen ist.

In seiner Entschließung vom 12. April 2016 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwen-digkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration betonte das Europäische Parlament, dass die Harmonisierung von Aufnahmebedingungen und Asylverfahren die Belastung von Ländern verringern könnte, die bessere Bedingungen anbieten und eine Schlüsselposition für die Aufteilung der Verantwortlichkeiten innehaben.

Der Rat hat noch kein Mandat für die vorgeschlagene Verordnung erreicht. Im Sachstandsbericht vom 9. Juni 2017 stellte der Vorsitz fest, dass Mitgliedstaaten trotz allgemeiner Unterstützung des Vorschlags erhebliche Bedenken insbesondere in Bezug auf die Situation von Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen geäußert haben. Einige Delegationen haben gegen bestimmte Vorschriften, mit denen die Sekundärmigration bekämpft werden soll, Bedenken geäußert, weil damit aus ihrer Sicht kein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Missbrauchsbekämpfung und der Gewährung von Schutz im Bedarfsfall erreicht würde. Im Sachstandsbericht vom 6. Oktober 2017 wies der Rat darauf hin, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung im Juni 2017 dem Rat das klare Mandat erteilt hat, den Kommissionsvorschlag für die Asylverfahrensverordnung in Bezug auf das Konzept des sicheren Drittstaats an die tatsächlichen Anforderungen anzugleichen, die sich aus der Genfer Konvention und dem EU-Primärrecht ergeben.

2.6. Anerkennungsverordnung Im Juli 2016 legte die Kommission einen Legislativvorschlag zur Ersetzung der Anerken-nungsrichtlinie durch eine Verordnung vor. Ziel dieses Vorschlags ist es, für mehr

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Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Anerkennungsquoten und Formen des Schutzes zu sorgen, strengere Regeln zur Sanktionierung von Sekundär-migration einzuführen, Schutz lediglich so lange zu gewähren, wie es notwendig ist, und die Integrationsanreize für Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, zu verstärken.

Am 5. Juli 2017 bestätigte das Parlament ein Mandat für die Aufnahme interinstitu-tioneller Verhandlungen mit dem Rat auf Grundlage eines Berichts, der am 15. Juni 2017 vom LIBE-Ausschuss angenommen wurde. Gemäß diesem Bericht sollten die Mitglied-staaten gemeinsame Kriterien für die Ermittlung der Personen anwenden, die wirklich internationalen Schutz benötigen, und sicherstellen, dass Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus ein gemeinsames Bündel von Rechten zur Verfügung steht. In Fällen, in denen keine Unterlagen oder andere Beweismittel vorliegen, ist im Zweifelsfall für den Antragsteller zu entscheiden, wenn er sich offenkundig bemüht hat, seinen An-trag auf internationalen Schutz zu begründen, und alle relevanten Elemente eingereicht hat und festgestellt wurde, dass seine Aussagen kohärent und plausibel sind. Dem Bericht zufolge sollte das Kindeswohl insbesondere bei der Bewertung der Bedingungen für die Gewährung internen Schutzes vorrangig bewertet werden. Außerdem sollte die Flüchtlingseigenschaft aberkannt werden, wenn ein Antragsteller eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt oder wenn er vor seiner Ankunft im Zielland eine schwere nichtpolitische Straftat begangen hat. Was die Aufenthaltstitel anbelangt, so sollten diese spätestens 15 Tage nach Zuerkennung internationalen Schutzes ausgestellt werden und mindestens fünf Jahre gültig sein.

Der Vorschlag für eine obligatorische Überprüfung der Flüchtlingseigenschaft im Fall veränderter Umstände im Herkunftsland wird im Bericht abgelehnt. Es wird vorgeschla-gen, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, Unterstützung und die entsprechenden Möglichkeiten bieten sollten, damit diese sich in die Aufnahmegesellschaft integrieren können.

Nach einem Jahr mit mehreren Treffen im Rat (Justiz und Inneres) billigte der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 19. Juli 2017 im Namen des Rates ein Teilmandat für Verhandlungen über eine Verordnung über die Anerkennungsnormen, den Status und den Schutz, der Flüchtlingen und Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz zu gewähren ist. Dem Sachstandsbericht des estnischen Vorsitzes vom 1. Dezember 2017 zufolge sind diejenigen Bestimmungen, die Querverweise zu anderen Vorschlägen des GEAS-Pakets enthalten, sowie besondere Bestimmungen, die noch in den Vorbereitungs-gremien des Rates erörtert werden müssen, nicht vom Mandat abgedeckt und werden voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart. Im November 2017 weitete der AStV das Verhandlungsmandat auf die Frage der Definition des Begriffs „Familienangehörige“ aus. Allerdings wird der Anhang mit den Informationen, die Perso-nen, die internationalen Schutz genießen, zu erteilen sind, noch in den Vorbereitungs-gremien des Rates erörtert und ist noch nicht Teil des Mandats. Triloge mit dem Europäischen Parlament wurden im September 2017 aufgenommen.

2.7. Richtlinie über Aufnahmebedingungen Im Juli 2016 legte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag zur Reform der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen vor. Mit diesem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass Asylsuchenden in der gesamten EU harmonisierte und menschenwürdige Aufnahmestandards geboten werden. Damit würden Sekundärmigration und Asyl-

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Shopping vermieden. Außerdem wird im Vorschlag darauf hingewiesen, dass Asylsu-chende durch die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten ihnen einen bestimmten Aufenthaltsort zuweisen, ihnen Meldepflichten auferlegen und sie als letztes Mittel in Haft nehmen, vom Untertauchen abgehalten werden sollten.

Im Europäischen Parlament wurde der LIBE-Ausschuss unter Berichterstatterin Sophia in 't Veld (ALDE, Niederlande) mit dem Vorschlag befasst, der am 25. April 2017 seinen Bericht zum Vorschlag annahm. Der Beschluss des Ausschusses, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen, wurde auf der Plenarsitzung im Mai 2017 bestätigt.

Der LIBE-Ausschuss erklärt sich in seinem Bericht als nicht mit dem von der Kommission vorgeschlagenen repressiven Ansatz gegenüber Antragstellern einverstanden, die den Versuch unternehmen, sich illegal in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben. Statt-dessen wird vorgeschlagen, verstärkt Maßnahmen zu ergreifen, um Asylbewerber davon abzuhalten, den für ihren Antrag zuständigen Mitgliedstaat zu verlassen. Dem Bericht zufolge sollten Asylsuchende spätestens zwei Monate und nicht wie vorgeschlagen neun Monate nach Einreichung ihres Antrags auf Asyl in der Lage sein, in der EU zu arbeiten. Allerdings können die Mitgliedstaaten eine freie Stelle weiterhin durch einen Staatsange-hörigen oder einen anderen Unionsbürger oder durch einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhält, besetzen, wobei diesen Personen Vorrang eingeräumt wird. Bezüglich der Inhaftierung von Asylsuchenden wird im Bericht betont, dass diese nur als letztes Mittel verfügt werden und sich auf die Entscheidung einer Justizbehörde gründen sollte. Die Haft oder sonstige räumliche Beschränkung von Kindern, unabhängig davon, ob sie unbegleitet sind oder zusammen mit ihrer Familie aufgenommen werden, sollte verboten sein. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass jeder unbegleitete Minderjährige ab dem Zeitpunkt seiner Ankunft in der EU einen Vormund zugewiesen bekommt und sofortigen Zugang zur Gesundheitsversorgung und Bildung unter denselben Bedingungen wie eigene minderjährige Staatsangehörige er-hält. Im Bericht wird auch betont, dass besondere Maßnahmen erforderlich sind, um die Grundrechte von Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen zu schützen, und dass es wichtig ist, diese Antragsteller schnell zu erfassen und Personal diesbezüglich zu schulen.

Am 29. November 2017 billigte der AStV im Namen des Rates ein Mandat für Trilog-verhandlungen über den Vorschlag für eine Richtlinie. Dem Mandat zufolge sollten Antragsteller in allen Mitgliedstaaten einen angemessenen Lebensstandard und vergleichbare Lebensbedingungen vorfinden. Außerdem sollten Ansprüche auf Aufnahmebedingungen in dem Mitgliedstaat bestehen, der für den Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist. Antragstellern sollten materielle Aufnahme-bedingungen und Zugang zu medizinischer Versorgung geboten werden, und sie sollten spätestens neun Monate nach Einreichung eines Antrags Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die Bewegungsfreiheit von Antragstellern auf ihrem Hoheitsgebiet beschränken, ihnen einen bestimmten Wohnort zuweisen, Meldepflichten festlegen und, falls Fluchtgefahr besteht, die betreffenden Personen in Haft nehmen. Und schließlich sollte die Asylagentur der EU den Mitgliedstaaten bei der Aufstellung ihrer Notfallpläne für den Fall einer unverhältnis-mäßig hohen Anzahl von Antragstellern helfen. Die ersten Triloge begannen im Dezember 2017.

2.8. EU-Neuansiedlungsrahmen Die EU ist verpflichtet, Personen, die internationalen Schutz benötigen, sichere und lega-le Wege nach Europa zu bieten, Anreize für irreguläre Migration zu verringern und

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Migranten vor Ausbeutung durch Schleusernetze und gefährlichen Reisen nach Europa zu schützen. Zusätzlich zu den 2015 und 2017 vereinbarten freiwilligen Neuansiedlungs-regelungen hat die Kommission am 13. Juli 2016 einen Vorschlag zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens der Union vorgelegt. Der Vorschlag würde die derzeitigen multilateralen und nationalen Ad-hoc-Neuansiedlungsprogramme ergänzen, indem er gemeinsame Regeln der EU für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen, die internationalen Schutz benötigen, Neuansiedlungsverfahren, von den Mitgliedstaaten zu gewährende Formen von Status sowie Beschlussfassungsverfahren für die Umsetzung des Rahmens und die finanzielle Unterstützung für die Neuansiedlungsbemühungen der Mitgliedstaaten vorsieht.

Am 12. Oktober 2017 nahm der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments unter Berichterstatterin Malin Björk (GUE/NGL, Schweden) den Bericht zu dem Vorschlag an und beschloss, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen. Das Parlament bestä-tigte den Beschluss während seiner Oktober-II-Plenarsitzung.

Diesem Bericht zufolge sollten Mitgliedstaaten neu angesiedelten Personen eine dauer-hafte Lösung bieten, in erster Linie indem sie ihnen den Flüchtlingsstatus oder subsi-diären Schutzstatus zuerkennen. Die Mitgliedstaaten können dauerhafte Aufenthaltstitel ausstellen. Im Bericht werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Neuansiedlungs-bemühungen zu verstärken und die Zahl der Neuansiedlungsplätze zu erhöhen, um in der Lage zu sein, einen angemessenen Teil der weltweiten Verantwortung zu tragen. Die EU sollte mindestens 20 % des gemäß der jährlichen Prognose des UNHCR vorhandenen weltweiten Neuansiedlungsbedarfs decken, was für 2017 rund 250 000 neu angesiedel-ten Menschen entsprochen hätte. Ferner sollte die Neuansiedlung nicht für andere außenpolitische Ziele genutzt werden oder von der Zusammenarbeit mit Drittstaaten in anderen Migrationsfragen abhängig sein, wie es von der Europäischen Kommission vor-geschlagen wurde. Stattdessen sollte die Neuansiedlung ein humanitäres Programm sein, und der EU-Neuansiedlungsrahmen sollte auf der jährlichen Prognose des weltwei-ten Neuansiedlungsbedarfs basieren. Das UNHCR sollte die Hauptinstitution für die Aus-wahl von Flüchtlingen sein, die in Mitgliedstaaten neu angesiedelt werden.

Alle zwei Jahre sollte in Abstimmung mit dem Hochrangigen Ausschuss für Neuansied-lung ein Neuansiedlungsplan der Union angenommen werden, der auf der jährlichen Prognose des weltweiten Neuansiedlungsbedarfs des UNHCR basiert. Anders als im Vor-schlag der Kommission wird im Bericht an der Mittelzuweisung in Höhe von 6 000 EUR aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) für jede Person, die im Rahmen der nationalen Neuansiedlungsprogramme der Mitgliedstaaten neu angesiedelt wird, festgehalten. 10 000 EUR je neu angesiedelter Person werden unterstützt, wenn Mit-gliedstaaten die Neuansiedlung gemäß dem Unionsrahmen vornehmen, wie von der Kommission vorgeschlagen.

Am 15. November 2017 billigte der AStV im Namen des Rates ein Mandat für Verhand-lungen mit dem Europäischen Parlament. Dem Rat zufolge werden die Teile, die andere Dossiers der Reform des GEAS betreffen, zu einem späteren Zeitpunkt überprüft. Das Mandat umfasst einen vom Rat angenommenen Zweijahresplan der EU für die Neuan-siedlung und die Aufnahme aus humanitären Gründen, freiwillige Beiträge der Mitglied-staaten zu diesem Plan, zwei Arten der Aufnahme – Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen – und die Anerkennung des Sachverstands des UNHCR auf diesem Gebiet.

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Die ersten Triloge zwischen den Organen begannen im Dezember 2017. Es besteht weit-gehende Übereinstimmung darüber, dass eine Neuansiedlungsregelung und Zweijahres-pläne notwendig sind. Allerdings bestehen weiterhin Divergenzen zum Beispiel in Bezug auf den freiwilligen oder obligatorischen Charakter des Rahmens und auf die Methode, mittels derer ein Plan angenommen wird, d. h. ob mittels delegiertem Rechtsakt oder per Durchführungsrechtsakt des Rates.

3. Stärkung der EU-Außengrenzen 3.1. Hintergrund Wie sowohl in der Europäischen Migrationsagenda als auch in der Europäischen Sicherheitsagenda betont, erfordert die Bewältigung der in den Bereichen Migration und Sicherheit aktuell bestehenden Herausforderungen der EU ein verbessertes Manage-ment der Außengrenzen, unter anderem durch eine bessere Nutzung der Möglichkeiten von IT-Systemen und -Technologien.

Um die Regeln der EU zum Grenzmanagement und die Zusammenarbeit an den Außen-grenzen zu stärken, hat die Kommission Legislativvorschläge für eine Überarbeitung des Schengener Grenzkodex und für eine Ausweitung der Mandate relevanter EU-Agenturen wie Frontex, Europol und EASO vorgelegt. 2016 brachte sie Diskussionen darüber in Gang, wie das Management und die Nutzung von Informationssystemen im Bereich Grenzmanagement und Sicherheit wirksamer und effizienter gemacht werden können.

In der Mitteilung der Kommission vom 6. April 2016 über solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit wurde eine Reihe von erheblichen Mängeln bei den Informationssystemen der EU genannt und Wege untersucht, wie die bestehenden und künftigen Informationssysteme das Management der Außengrenzen und die innere Sicherheit verbessern können. Um die bestehenden Informationslücken zu schließen, welche einer wirksamen Kontrolle der EU-Grenzen im Wege stehen, schlug die Kommission vor, die Nutzung des Schengener Informations-systems (SIS II) auszuweiten sowie das Einreise-/Ausreisesystem (EES) und das Europä-ische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) einzurichten.

Aufbauend auf den Empfehlungen im Abschlussbericht der hochrangigen Experten-gruppe für Informationssysteme und Interoperabilität (HLEG) schlug die Kommission in ihrem siebten Fortschrittsbericht mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion“ ein neues Konzept für die Verwaltung grenz- und sicherheits-relevanter Daten vor. Eine Schlüsseldimension dieses Konzepts besteht darin, die Inter-operabilität zwischen Informationssystemen der EU für Grenzmanagement und Sicher-heit zu verbessern. Im Juni 2017 legte die Kommission einen Vorschlag für die Über-arbeitung des Mandats der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) vor. Darauf folgten im Dezember 2017 zwei Vorschläge für die Schaffung von Rahmen für die Interoperabilität zwischen Informationssystemen der EU in den Bereichen Grenzen und Visa sowie polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration. Die Kommission strebt an, die Interoperabilität der EU-Informationssysteme bis 2020 zu vollenden.

3.2. Schengener Grenzkodex Nach einer Reihe von Terroranschlägen auf EU-Gebiet in Verbindung mit grenz-überschreitenden kriminellen Aktivitäten und Netzwerken hat die EU schnell reagiert, um Sicherheitsrisiken zu beseitigen, die durch Schwachstellen der EU-Außengrenzen

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entstehen. Infolge der Terroranschläge in Paris forderte der Rat eine Reihe von dringenden Maßnahmen zur Verstärkung der Kontrollen an den Außengrenzen. Er forderte die Kommission nachdrücklich auf, einen Vorschlag für eine gezielte Änderung des Schengener Grenzkodex vorzulegen, der die systematische und ständige Kontrolle von Unionsbürgern an allen Einreiseorten an Außengrenzen der EU vorsieht, einschließ-lich der Überprüfung biometrischer Daten anhand der einschlägigen Datenbanken.

Im Dezember 2015 legte die Kommission einen Vorschlag für die Änderung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich eines verstärkten Abgleichs mit einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen vor. Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parla-ments nahm im Juni 2016 unter Berichterstatterin Monica Macovei (EKR, Rumänien) einen Bericht zu diesem Vorschlag an. In diesem Bericht wurde eine Reihe von Ände-rungen vorgeschlagen, mit dem Ziel, dass Mitgliedstaaten nach einer Risikobewertung an bestimmten Grenzübergangsstellen gezielte Abgleiche anstelle systematischer Kon-trollen durchführen können. Außerdem sollen ein besseres Datenmanagement, techno-logischer Fortschritt und verbesserte Verbindungen zwischen den Informationssystemen der Mitgliedstaaten gefördert werden. Nachdem die Legislativorgane im Dezember 2016 zu einer Einigung gelangt waren, wurde die Verordnung am 15. März 2017 verab-schiedet.

Mit der Verordnung werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Personen beim Über-schreiten der Außengrenzen systematischen Kontrollen zu unterziehen – auch diejeni-gen, die nach Unionsrecht Anspruch auf freien Personenverkehr haben (d. h. EU-Bürger und ihre Familienangehörigen, die keine Unionsbürger sind). Außerdem sieht die Verordnung vor, dass bei der Durchführung von Grenzkontrollen umfassender Gebrauch von EU-weiten Datenbanken gemacht wird, insbesondere vom Schengener Informa-tionssystem und von der Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedoku-mente. Wenn systematische Kontrollen unverhältnismäßig große Auswirkungen auf den Verkehrsfluss an der Grenze haben, können die Mitgliedstaaten diese durch gezielte Kontrollen an Land- und Seegrenzen der EU ersetzen. Wie vom Parlament vorgeschlagen, könnten solche gezielten Kontrollen auch an Luftgrenzen zum Einsatz kommen, aller-dings nur für einen Übergangszeitraum (bis zu sechs Monate, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monate). Die Verordnung sieht außerdem vor, dass die Abfragen im Fall von Zweifeln an der Echtheit des Reisedokuments oder an der Identität des Drittstaatsangehörigen, falls möglich, die Überprüfung von mindestens einem der biometrischen Identifikatoren, die in den Reisedokumenten integriert sind, umfassen.

3.3. Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache befindet sich seit Oktober 2016 im Einsatz. Die auf den Grundlagen von Frontex errichtete Agentur ist dafür zuständig, die Außengrenzen der EU zu überwachen und zusammen mit den Mitgliedstaaten poten-zielle Sicherheitsrisiken für die Außengrenzen der EU zu erkennen und zu beseitigen.

Das Parlament hat früher gefordert, die Rolle von Frontex zu stärken, damit Frontex wirksamer auf die Veränderungen bei den Migrationsströmen reagieren kann. In seiner Entschließung vom 2. April 2014 zu der Halbzeitbilanz des Stockholmer Programms forderte das Parlament europäische Grenzschutzbeamte, um die Schengen-Grenzen zu schützen. In seinen Schlussfolgerungen vom Oktober 2015 brachte auch der Europäische Rat seine Unterstützung dafür zum Ausdruck, „auf die schrittweise Errichtung eines integrierten Grenzmanagementsystems für die Außengrenzen hinzuarbeiten“.

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Die Kommission legte im Dezember 2015 einen Legislativvorschlag zur Einführung der Europäischen Grenz- und Küstenwache vor, der von den Gesetzgebern daraufhin in einer Rekordzeit von neun Monaten ausgehandelt und gebilligt wurde. Im Mai 2016 nahm der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments unter Berichterstatter Artis Pabriks (EVP, Lettland) seinen Bericht zu diesem Vorschlag an. Die vorgeschlagenen Änderungen wa-ren darauf ausgelegt, die Effizienz der Agentur zu steigern, ihre Rolle im Bereich Rück-führungen zu stärken und dabei die Wahrung der Grundrechte sicherzustellen sowie die Transparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament zu erhö-hen. Das Parlament bestand darauf, dass die neuen Interventionsbefugnisse der Agentur durch einen Beschluss der Mitgliedstaaten im Rat und nicht wie ursprünglich vorge-schlagen durch einen Beschluss der Kommission aktiviert würden. Nach Verhandlungen mit dem Parlament nahm der Rat am 13. September 2016 die endgültige Fassung des Vorschlags an. Die Verordnung wurde am 16. September 2016 im Amtsblatt veröffentlicht.

Mit dieser Verordnung wird der Umfang der Tätigkeiten von Frontex dahin gehend aus-geweitet, dass die Mitgliedstaaten bei der Migrationsverwaltung, der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität sowie bei Such- und Rettungseinsätzen stärker unterstützt werden. Sie sieht eine wichtigere Rolle für Frontex bei der Rückführung von Migranten in ihre Herkunftsländer gemäß Beschlüssen nationaler Behörden vor. Der Rat kann die Agentur auf Grundlage eines Vorschlags der Kommission auffordern, zu interve-nieren und Mitgliedstaaten im Fall außergewöhnlicher Umstände zu unterstützen. Dies ist der Fall, wenn: 1) ein Mitgliedstaat einem bindenden Beschluss des Verwaltungsrats der Agentur, Schwachstellen in seinem Grenzmanagement zu beseitigen, nicht (innerhalb einer gesetzten Frist) nachkommt und 2) eine Außengrenze einem besonderen und unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt ist, der das Funktionieren des Schengen-Raums gefährdet. Widersetzt sich ein Mitgliedstaat einem Beschluss des Rates zur Bereitstellung von Unterstützung, können die anderen EU-Staaten vorübergehend Binnengrenzkontrollen wiedereinführen. Die Verordnung sieht außerdem Regeln vor, um eine angemessene Bereitstellung von Ressourcen für den Soforteinsatzpool von Frontex Rapid sicherzustellen, die Entsendung von Verbindungsbeamten in die Mitglied-staaten zu ermöglichen und die Agentur zu verpflichten, dem Europäischen Parlament regelmäßig Bericht zu erstatten.

3.4. Einreise-/Ausreisesystem Aufbauend auf einer früheren Version des Pakets für intelligente Grenzkontrolle hat die Kommission im April 2016 einen Vorschlag für die Einrichtung des Einreise-/Ausreise-systems (EES) vorgelegt, ein neues Informationssystem, das Grenzkontrollen für in die EU reisende Drittstaatsangehörige beschleunigen und verstärken würde. Zeitgleich wurde ein Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodex und Umsetzung der durch das EES entstandenen Änderungen vorgelegt. Mit dem EES werden folgende Hauptziele verfolgt: Verringerung der Verzögerungen bei Grenzkontrollen und Verbesserung der Qualität von Grenzkontrollen durch automatische Berechnung des zulässigen Aufenthalts jedes Reisenden, Sicherstellung einer systematischen und zuverlässigen Identifizierung von Aufenthaltsüberziehern, Stärkung der inneren Sicherheit und Terrorismusbekämpfung, indem Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den erfassten Reisebewegungen gewährt wird. Die EES-Verordnung und die damit zusammenhängende Verordnung über die Änderung des Schengener Grenzkodex wurden im November 2017 verabschiedet. Der Vorschlag für ein zentrales EU-

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Registrierungsprogramm für Reisende, der im Paket für intelligente Grenzkontrolle von 2013 enthalten war, wurde von der Kommission zurückgezogen.

Im Februar 2017 nahm der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments unter Bericht-erstatter Agustín Díaz de Mera García Consuegra (EVP, Spanien) einen Bericht zu diesem Vorschlag an. In diesem Bericht wurde betont, dass einer der wichtigsten Teile des Vor-schlags die Interoperabilität des EES mit dem Visa-Informationssystem (VIS) ist. MdEP unterstützten den Vorschlag der Kommission, eine Kombination aus vier Finger-abdrücken und dem Gesichtsbild von Reisenden, die in den Schengen-Raum einreisen, zu speichern, sie forderten jedoch, dass die Daten nur für zwei Jahre und nicht wie von der Kommission vorgeschlagen fünf Jahre gespeichert werden. Sie verlangten auch, dass sichergestellt wird, dass der Text mit den Bestimmungen der Datenschutz-Grund-verordnung im Einklang steht.

Im Juni 2017 erzielten der maltesische Vorsitz und das Europäische Parlament eine Eini-gung über den Vorschlag. Die Datenspeicherfrist wurde auf drei Jahre bzw. auf fünf Jahre in Fällen, in denen nach Ablauf der zulässigen Aufenthaltsdauer keine Ausreisedaten vorliegen, festgelegt. Die Organe einigten sich darauf, nationalen Strafverfolgungs-behörden, aber nicht den Asylbehörden, Zugang zum EES zu gewähren. Die Möglichkeit einer Datenübermittlung zum Zweck der Strafverfolgung oder der Rückführung in Dritt-staaten und in EU-Mitgliedstaaten, die nicht am EES beteiligt sind, wurde beibehalten, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen.

Daten von Reisenden (Name, Art des Reisedokuments, Fingerabdrücke, Gesichtsbild sowie Datum und Ort der Einreise und Ausreise) werden beim Überschreiten der Schengen-Außengrenzen im EES registriert. Das EES wird bei allen Drittstaatsange-hörigen zum Einsatz kommen, unabhängig davon, ob sie ein Visum benötigen oder von der Visumpflicht befreit sind. Es ersetzt das manuelle Abstempeln von Reisepässen an der Grenze durch die elektronische Registrierung in der Datenbank. Das EES wird von konsularischen Behörden und Grenzbehörden verwendet werden. EES und VIS könnten miteinander verknüpft werden, damit es zu weniger doppelten Datenerhebungen kommt. Auch nationale Strafverfolgungsbehörden und Europol werden Zugang zum EES erhalten, damit sie Abfragen zwecks strafrechtlicher Identifizierung oder zum Erhalt kriminalpolizeilicher Informationen vornehmen können. Der Kommission zufolge wird dies bei der Identifizierung von Terroristen, Verbrechern und Verdächtigen sowie von Verbrechensopfern helfen.

Die zugehörige Verordnung zur Änderung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich der Nutzung des EES sieht eine harmonisierte Rechtsgrundlage für die freiwillige Einrichtung nationaler Registrierungsprogramme für Reisende durch Mitgliedstaaten vor. Dazu gehört die Vorabkontrolle von häufig in einem bestimmten Mitgliedstaat des Schengen-Raums Reisenden, um deren Grenzübertritte zu beschleunigen.

3.5. Europäisches Reiseinformations- und ‑genehm igung Im November 2016 legte die Kommission einen Vorschlag für die Einrichtung des Europäischen Reiseinformations- und ‑genehm igungss zentrales Informationssystem, das dabei helfen wird, potenzielle Sicherheitsrisiken oder Risiken von irregulärer Migration im Zusammenhang mit Drittstaatsangehörigen zu erkennen, die von der Visumspflicht befreit sind und in den Schengen-Raum reisen.

Das ETIAS wird drei Hauptfunktionen haben: Überprüfung der Informationen, die von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit sind, vor ihrer Reise in die EU

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online übermittelt werden, Bearbeitung von Anträgen anhand anderer Informations-systeme der EU (wie SIS, VIS, Europol-Datenbank, Interpol-Datenbank, EES und Eurodac) sowie Ausstellung von Reisegenehmigungen in Fällen, in denen die Abfrage keine Treffer oder Elemente liefert, die eine weitere Analyse erfordern. Der Kommission zufolge sollten die ETIAS-Verfahren einfach, kostengünstig und schnell sein; in den meisten Fällen sollten Reisegenehmigungen binnen Minuten erteilt werden. Eine Antragsgebühr von 5 EUR wird nur berechnet, wenn Antragsteller über 18 Jahre alt sind. Obgleich das System Vorabkontrollen durchführen wird, liegt die endgültige Entscheidung darüber, ob die Einreise bewilligt oder abgelehnt wird, auch in Fällen, in denen die Person eine gültige Reisegenehmigung hat, bei den nationalen Grenzschutzbeamten, welche die Grenz-kontrollen gemäß den Vorschriften des Schengener Grenzkodex durchführen.

Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments nahm im Oktober 2017 unter Bericht-erstatterin Kinga Gál (EVP, Ungarn) einen Bericht zu diesem Vorschlag an. In diesem Bericht wurde eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen: Ermittlung des für die Bewer-tung eines ETIAS-Antrags zuständigen Mitgliedstaats; Beförderungsunternehmer, die Reisende auf dem Landweg befördern, werden ausgenommen; Einrichtung von zentralen Anlaufstellen anstelle der nationalen ETIAS-Stellen, um zu bewerten, ob die Bedingungen für den Zugriff von Strafverfolgungsbehörden auf das System erfüllt sind; Gewährung des Zugriffs auf ETIAS für Grenzbeamte bei Kontrollen in der zweiten Kontrolllinie; Einrichtung des ETIAS-Ethikausschusses sowie Verbesserung der Bestim-mungen über Datensicherheit und Datenschutz, Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Im Juni 2017 einigte sich der Rat auf eine allgemeine Ausrichtung zu dem Vorschlag. Die Schlüsselelemente der Ausrichtung beziehen sich auf: die automatische Überprüfung von Anträgen anhand anderer EU-Datenbanken, um festzustellen, ob Gründe für die Ablehnung einer Reisegenehmigung vorliegen, gefolgt von einer manuellen Bearbeitung, wenn dies vom System als notwendig erachtet wird; die Überprüfung der Reisegenehmi-gungen vor dem Einsteigen durch Beförderungsunternehmer, die Personen auf dem Luft-, See- oder Landweg (internationale Autobusse) befördern sowie die Gültigkeit einer Reisegenehmigung für drei Jahre oder bis zum Ablauf der Gültigkeit des bei der Antrag-stellung registrierten Reisedokuments. In seiner allgemeinen Ausrichtung beschloss der Rat, den Vorschlag in zwei unterschiedliche Rechtsakte aufzuteilen, mit der Begründung, dass die Rechtsgrundlage des Vorschlags (Schengen) nicht für Änderungen an der Europol-Verordnung gelten kann. Dennoch werden die beiden Vorschläge als Paket erörtert und unterliegen beide dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren.

Die Dossiers sind Teil der legislativen Prioritäten der EU für den Zeitraum 2018-2019. Nach vier Trilogen erzielten die Legislativorgane im Dezember 2017 eine vorläufige poli-tische Einigung. Die Hauptpunkte der Einigung waren: Löschung der Daten nach Ablauf der zulässigen Aufenthaltsdauer, Einschränkung der Erhebung von Daten zu Bildung, Beschäftigung und Gesundheit, Ausnahme der Durchreisenden vom Anwendungs-bereich von ETIAS, Erhöhung der Antragsgebühr auf 7 EUR (von der Gebühr befreit würden Personen im Alter von unter 18 Jahren und über 70 Jahren), Einführung eines Übergangszeitraums von drei Jahren für Beförderungsunternehmer, die Personen auf dem Landweg befördern, den Besitz einer ETIAS-Genehmigung zur Bedingung für Ein-reise und Aufenthalt zu machen (Einwanderungsbehörden würde Zugang zum System gewährt) sowie die Möglichkeiten für die Übermittlung von Daten an Drittländer zu begrenzen.

Im Anschluss an die vorläufige Einigung wurden Fachsitzungen abgehalten, bei denen eine endgültige Einigung über die zwei Rechtsakte erzielt wurde. Der Ausschuss der

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Ständigen Vertreter (AStV) stimmte am 25. April 2018 über die aus den interinstitutio-nellen Verhandlungen hervorgehende Vereinbarung ab und billigte sie. Das Europäische Parlament wird voraussichtlich im Sommer 2017 in erster Lesung über die Vorschläge abstimmen, worauf die Annahme der ersten Lesung durch den Rat folgt.

3.6. Schengener Informationssystem Das Schengener Informationssystem (SIS) ist ein groß angelegtes Informationssystem, mit dem die Kontrolle der Außengrenzen und die Zusammenarbeit bei der Strafverfol-gung in den Schengen-Staaten unterstützt werden. Es ermöglicht Polizei- und Grenz-schutzbeamten die Eingabe und Abfrage von Warnungen zu bestimmten Kategorien von gesuchten oder vermissten Personen oder verlorenem oder gestohlenem Eigentum. Die aktuelle Version des SIS (SIS II) wurde im Jahr 2006 rechtskräftig eingeführt und befindet sich seit 2013 im Einsatz.

Als Reaktion auf die Aufforderungen des Rates und des Parlaments, die Vorzüge von Informationssystemen zu maximieren, legte die Kommission im Dezember 2016 drei Gesetzgebungsvorschläge zur Stärkung und Ausweitung der Nutzung des SIS in den Bereichen polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Grenzkontrollen und Rückkehr vor. Im Rahmen der Vorschläge werden (gemeinsame) Maßnahmen einge-führt, die den operativen und technischen Bedürfnissen der Endnutzer Rechnung tragen, die Bestimmungen über die Geschäftskontinuität stärken und ein einheitliches Regel-werk für die Beamten vor Ort für den sicheren Zugang zu und die sichere Verarbeitung von SIS-Daten festlegen. Sie sehen eine effektivere Nutzung der Biometrie (Fingerab-drücke und Gesichtsbilder) im SIS II vor und verpflichten die nationalen Behörden, eine Fingerabdrucksuche durchzuführen, wenn die Identität der Person nicht auf andere Weise festgestellt werden kann. Schließlich legen die Vorschläge auch einen breiteren Zugang zum SIS für EU-Agenturen und nationale Behörden fest und präzisieren die Vor-schriften zum Datenschutz und zur Datensicherheit.

Der Vorschlag für eine Verordnung über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit führt eine neue Ausschreibungskategorie von „unbekannten gesuchten Personen“ ein, die mit einer Straftat in Verbindung stehen, beispielsweise Personen, deren Fingerabdrücke auf einer bei einer Straftat verwendeten Waffe gefunden werden. Der Anwendungsbereich der bestehenden Ausschreibung für vermisste Personen wurde erweitert, um den nationalen Behörden die Möglichkeit zu geben, präventive Ausschreibungen für Kinder aufzuneh-men, die einem hohen Risiko der elterlichen Entführung ausgesetzt sind. Der Vorschlag legt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten fest, SIS-Ausschreibungen für Fälle im Zusam-menhang mit terroristischen Straftaten zu erstellen. Eine neue „Ermittlungsanfrage“ ermöglicht es den Behörden, eine Person genauer zu befragen als bei einer diskreten Überprüfung. Diese neue Art der Überprüfung dient insbesondere der Unterstützung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus und schweren Straftaten. Der Vorschlag gewährt den nationalen Behörden, die für die Prüfung der Bedingungen und die Ent-scheidung über die Einreise, den Aufenthalt und die Rückführung von Drittstaats-angehörigen zuständig sind, Zugang zum SIS. Einwanderungsbehörden haben dadurch die Möglichkeit, das SIS im Zusammenhang mit irregulären Migranten, die bei einer regu-lären Grenzkontrolle nicht kontrolliert worden sind, zu konsultieren. Europol erhält uneingeschränkte Zugangsrechte auf das SIS, darunter Ausschreibungen von vermissten Personen. Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache und ihre Teams erhalten Zugang zum SIS, wenn sie Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten durchführen.

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Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat unter der Leitung von Carlos Coelho (EVP, Portugal) im November 2017 einen Bericht über den Vorschlag verab-schiedet. Der Bericht enthält eine Reihe von Änderungsanträgen, die darauf abzielen, die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, über eine nationale Kopie der Datenbank zu verfügen, aufzuheben, die Verfügbarkeit und Kapazität des zentralen Systems zu verbessern, Euro-pol in die Lage zu versetzen, eine größere Rolle zu spielen, die Datensicherheit zu erhö-hen und die Datenschutzvorschriften zu stärken. Im November 2017 beschlossen sowohl das Parlament als auch der Rat, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen.

Laut dem Verhandlungsmandat des Rates sind die Mitgliedstaaten gegen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, nationale Kopien des SIS zu erstellen, stehen zugleich aber der Möglichkeit offen gegenüber, SIS-Kopien zu erstellen, die zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten geteilt werden. Der Rat schlägt vor, den Geltungsbereich der neuen Ausschreibung für vermisste Personen auf hilfsbedürftige Personen auszuweiten, die zu ihrem eigenen Schutz am Reisen gehindert werden müssen. Der Rat schlägt vor, den Geltungsbereich der neuen Ausschreibung für vermisste Personen auf hilfsbedürftige Personen auszuweiten, die zu ihrem eigenen Schutz am Reisen gehindert werden müssen. Suchanfragen im SIS, die sich auf die Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten beziehen, sollten auch auf „Schutz und Bedrohung der öffentlichen oder nationalen Sicherheit“ ausgedehnt werden. Weitere Änderungen betreffen Bestimmungen über Kontrollen, Vorratsdatenspeicherung und Zugriffsregeln für nationale Behörden und EU-Agenturen.

Im Vorschlag für eine Verordnung über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS im Bereich der Grenzkontrollen wird die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten einge-führt, eine Ausschreibung in das SIS aufzunehmen, wenn einem illegal aufhältigen Dritt-staatsangehörigen ein Einreiseverbot erteilt wurde. Er ermöglicht es, detailliertere Infor-mationen in die Ausschreibungen zu integrieren, und erweitert die Liste der zu erheben-den personenbezogenen Daten im Hinblick auf den Umgang mit dem Missbrauch der Identität einer Person. Der Vorschlag behält die bestehenden Zugriffsrechte der natio-nalen Behörden bei und dehnt den Zugriff auf das SIS für Europol, die Europäische Agen-tur für die Grenz- und Küstenwache und ihre Teams sowie die künftige ETIAS-Zentral-einheit aus. Die nationalen Visumbehörden haben ebenso Zugriff auf Ausschreibungen von Dokumenten, falls dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat unter der Leitung von Carlos Coelho (EVP, Portugal) im November 2017 einen Bericht über den Vorschlag verabschie-det. In dem Bericht werden mehrere Änderungen vorgeschlagen, die darauf abzielen, die Mitgliedstaaten zur Erstellung nationaler Kopien des SIS zu verpflichten, die Regeln für den Zugriff europäischer Agenturen auf das SIS zu präzisieren, die Kriterien für die Aufnahme von Ausschreibungen zum Zwecke der Einreiseverweigerung weiter zu harmonisieren und die Datensicherheit und Datenschutzvorschriften zu verbessern. Im November 2017 bestätigte das Parlament die Entscheidung, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen.

In seinem im November 2017 angenommenen Mandat zur Aufnahme interinstitutio-neller Verhandlungen lehnt der Rat die Verpflichtung der Mitgliedstaaten ab, nationale Kopien des SIS zu erstellen. Es zielt darauf ab, die Bedingungen für Konsultationen zwischen den Mitgliedstaaten zu klären, beispielsweise im Hinblick auf die Aufnahme von Ausschreibungen und die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder eines

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Visums für den längerfristigen Aufenthalt. Weitere Änderungen betreffen Bestim-mungen über Vorratsdatenspeicherung und Zugriffsregeln für nationale Behörden und EU-Agenturen.

Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nutzung des SIS für die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger verpflich-tet die Mitgliedstaaten, alle gemäß der Rückführungsrichtlinie ergangenen Rück-führungsentscheidungen in das SIS aufzunehmen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Ausschreibungen über Rückführungsentscheidungen für a) Drittstaatsangehörige, die sich illegal auf ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, b) Drittstaatsangehörige, die einer Einrei-severweigerung an einer Grenzübergangsstelle oder bei Festnahme im Zusammenhang mit dem illegalen Überschreiten der Außengrenze unterliegen und keine Aufenthalts-genehmigung erhalten haben, und c) Drittstaatsangehörige, die nach nationalem Recht als strafrechtliche Sanktion oder als Folge einer strafrechtlichen Sanktion zurückkehren müssen oder die Gegenstand von Auslieferungsverfahren sind, zu erstellen. In diesen Ausschreibungen wird angegeben, ob noch eine Frist für die freiwillige Ausreise läuft oder ob eine Entscheidung ausgesetzt oder eine Abschiebung aufgeschoben wurde. Eine neue Funktion ermöglicht es dem ausstellenden Mitgliedstaat, eine automatische Benachrichtigung zu erhalten, wenn die Frist für die freiwillige Ausreise abgelaufen ist. Dem Vorschlag zufolge sollte jeder Mitgliedstaat eine Behörde benennen, die für den Austausch von Zusatzinformationen über Ausschreibungen im Zusammenhang mit Rückführungen und illegalen Aufenthalten zuständig ist. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Ausreise des zur Rückkehr ausgeschriebenen Drittstaatsangehörigen in den Mitgliedstaat, der die Ausschreibung vorgenommen hat, zu bestätigen.

In dem Vorschlag werden die Verfahren zum Umgang mit Situationen festgelegt, in denen zur Rückkehr ausgeschriebene Drittstaatsangehörige in einem anderen Mitglied-staat identifiziert und aufgegriffen werden. Er präzisiert die Regeln für das Konsultations-verfahren bei widersprüchlichen Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten, etwa wenn Rückführungsentscheidungen mit Entscheidungen über die Erteilung von Aufent-haltstiteln kollidieren. Es werden Regeln zur Speicherung und Löschung festgelegt, um sicherzustellen, dass es nicht zu einer Zeitverzögerung zwischen dem Zeitpunkt der Löschung einer Rückführungsausschreibung nach Ausreise des Drittstaatsangehörigen und der Freischaltung der Ausschreibung über das Einreiseverbot kommt. Der Zugriff auf die SIS-Daten wird allen Behörden der Mitgliedstaaten gewährt, die gemäß den Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie für den Erlass von Rückführungsentschei-dungen zuständig sind, einschließlich Justizbehörden und Behörden, die für die Identifi-zierung von Drittstaatsangehörigen bei Grenz-, Polizei- oder anderen Strafverfolgungs-kontrollen zuständig sind. Europol und die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache können ebenfalls auf Daten im SIS zugreifen, falls dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Da der Vorschlag die Verarbeitung personenbezogener Daten betrifft, die sich auf die Grundrechte des Einzelnen auswirken können, sieht der Vorschlag Garantien vor, um die Grundsätze der Charta der Grund-rechte der EU und insbesondere ihren Artikel 8 (Schutz personenbezogener Daten) zu wahren. Daten werden solange im SIS gespeichert, wie dies erforderlich ist, um das Ziel der Rückkehr zu erreichen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Daten unverzüglich nach Bestätigung der Rückführung oder wenn die Rückkehrentscheidung nicht mehr gültig ist, zu löschen.

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Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat unter der Leitung von Jeroen Lenaers (EVP, Niederlande) im November 2017 einen Bericht über den Vorschlag verab-schiedet. In dem Bericht wird der Vorschlag der Kommission begrüßt und empfohlen, die nationalen SIRENE-Büros für den Austausch von Zusatzinformationen im Zusammenhang mit Ausschreibungen zwischen den Mitgliedstaaten verantwortlich zu machen. Im November 2017 beschlossen sowohl das Parlament als auch der Rat, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen.

Die Verhandlungen zwischen den Mitgesetzgebern über die drei Vorschläge zur Über-arbeitung des SIS laufen derzeit. Die Triloge fanden am 16. November und am 13. Dezember 2017 sowie am 7. Februar 2018 statt. Schwerpunkte der Diskussion waren die Architektur des SIS, die Bedingungen für die Ausschreibung der Einreise- und Aufenthaltsverweigerung sowie die Verwendung von Gesichtsbildern und Fingerab-drücken.

3.7. EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) Die 2011 gegründete EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) ist für das Betriebsmanagement von drei zentralisierten Informationssystemen der EU zuständig: dem SIS, dem Visa-Informations-system (VIS) und Eurodac.

Im Juni 2017 legte die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung des Mandats von eu-LISA vor. Der Vorschlag ist Teil des Konzepts der Kommission zur Verbesserung und Erweiterung der EU-Informationssysteme im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht und zur Verwirklichung der Interoperabilität zwischen diesen Systemen bis 2020. Der Vorschlag zielt darauf ab, das Mandat von eu-LISA zu erweitern, um das zentralisierte Betriebsmanagement der bestehenden EU-Informationssysteme (SIS II, VIS und Eurodac) und derjenigen, die derzeit von den Mitgesetzgebern erwogen werden (vorbehaltlich der Annahme der entsprechenden Vorschläge), sicherzustellen. Zu Letzteren gehören: EES, DubliNet, ETIAS, das automatisierte System für die Erfassung und Überwachung von Anträgen auf internationalen Schutz und der zugehörige Zuweisungsmechanismus sowie das ECRIS-TCN (Europäisches Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige). Im Rahmen des erneuerten Mandats kann die eu-LISA gemeinsame Systeme entwickeln, betreiben und/oder hosten, die von einer Gruppe von mindestens sechs Mitgliedstaaten eingerichtet wurden, die sich vorbehaltlich der vorherigen Genehmigung durch die Kommission auf freiwilliger Basis für eine zentralisierte Lösung entscheiden. Die Agentur wird technische Lösungen entwickeln, um die Interoperabilität der EU-Informationssysteme zu verwirklichen, sofern der entsprechende Rechtsakt zur Interoperabilität angenommen wird. Die eu-LISA wird in der Lage sein, den Mitgliedstaaten proaktive Beratung und Unterstützung in technischen Fragen im Zusammenhang mit den bestehenden oder neuen IT-Systemen zu bieten, einschließlich Ad-hoc-Unterstützung für Mitgliedstaaten, die sich spezifischen und unverhältnismäßigen Migrationsproblemen gegenübersehen. Die Agentur wird auch für die Entwicklung von Mechanismen und Indikatoren für die Kontrolle der Datenqualität, die Erstellung und Veröffentlichung von Statistiken und die Durchführung von Pilotprojekten und Forschungsaktivitäten zuständig sein.

Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat unter der Leitung von Monica Macovei (ECR, Rumänien) im November 2017 einen Bericht über den Vorschlag verabschiedet. In dem Bericht wird vorgeschlagen, Anträge auf Ad-hoc-Unterstützung durch die Mitgliedstaaten nach vorheriger Beratung der Kommission direkt an die eu-

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LISA (anstelle der Kommission) zu richten. Er enthält die Möglichkeit, weitere technische Standorte zu schaffen und umfasst weitere Regeln zur Transparenz (einschließlich des Schutzes von Hinweisgebern). Ferner soll die Rechtsgrundlage für die eu-LISA für den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Beziehungen zu internationalen Organisationen und sonstigen einschlägigen Einrichtungen geklärt werden. Im Januar 2018 bestätigte das Europäische Parlament, die Entscheidung des Ausschusses, interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen.

Der Rat legte im Dezember 2017 eine allgemeine Ausrichtung fest. In der Ausrichtung wird klargestellt, dass die Ad-hoc-Unterstützung der eu-LISA durch eine spezifische Anfrage von Mitgliedstaaten ausgelöst werden sollte. Ferner wird die Rolle der Agentur bei der Ausbildung von Experten für die technischen Aspekte der Informationssysteme (VIS, EES und ETIAS) im Rahmen der Schengen-Evaluierung festgelegt. Der Rat vertritt außerdem die Auffassung, dass die Agentur nach Zustimmung der Kommission und Genehmigung durch den Verwaltungsrat in der Lage sein sollte, mit den zuständigen Behörden von Drittländern zusammenzuarbeiten und zu diesem Zweck Arbeitsvereinba-rungen zu treffen.

Derzeit laufen Verhandlungen zwischen den Mitgesetzgebern. Der Vorschlag ist Teil der gesetzgeberischen Prioritäten der EU für 2018-2019, für die die bulgarische Präsident-schaft noch vor Ablauf ihrer Amtszeit vorläufige Vereinbarungen treffen will.

3.8. Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen über Grenzen und Migration Wie in der Mitteilung der Kommission über solidere und intelligentere Informations-systeme dargelegt, würde die Verbesserung der Interoperabilität der EU-Informations-systeme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit wesentlich zur Stärkung der Außengrenzen und zur Verbesserung der inneren Sicherheit beitragen. Interoperabilität bezieht sich auf die Fähigkeit von Informationssystemen und der von ihnen unterstützten Geschäftsanwendungen, Daten auszutauschen und den Austausch von Informationen und Kenntnissen zu ermöglichen.

Im Dezember 2017 legte die Kommission zwei konkrete Vorschläge zur Interoperabilität vor: eine für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen über Grenzen und Visa und eine weitere für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen über polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migra-tion. Mit den Vorschlägen werden neue Komponenten eingeführt, die eine intelligentere und gezieltere Nutzung der in den bestehenden und künftigen Systemen verfügbaren Informationen ermöglichen und es den nationalen Behörden erlauben, vorhandene Daten optimal zu nutzen, Mehrfachidentitäten aufzudecken und Identitätsbetrug zu bekämpfen sowie schnelle und wirksame Kontrollen durchzuführen.

Die Interoperabilitätsvorschläge betreffen die drei bestehenden zentralisierten EU-Informationssysteme für Sicherheit-, Grenz- und Migrationssteuerung (SIS, VIS und Eurodac) und drei im Aufbau befindliche zentralisierte Systeme (EES, ETIAS und das Europäische Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige – ECRIS-TCN).

Die Kommission schlug vier Interoperabilitätslösungen vor. Das Europäische Suchportal (ESP) ermöglicht die gleichzeitige Suche in mehreren EU-Informationssystemen und bietet einen „One-Stop-Shop“ (auf einem einzigen Computerbildschirm) für alle Ergeb-nisse der Dokumentenprüfung. Das gemeinsame System für den Abgleich biometrischer Daten (gemeinsamer BMS) wird die Abfrage und den Abgleich biometrischer Daten

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(Fingerabdrücke und Gesichtsbilder) aus mehreren Zentralsystemen, insbesondere dem SIS, dem Eurodac, dem VIS, dem EES und dem vorgeschlagenen ECRIS-TCN, ermöglichen. Der gemeinsame Speicher für Identitätsdaten (CIR) wird grundlegende biografische und biometrische Informationen wie Namen und Geburtsdaten von Nicht-EU-Bürgern liefern, sodass diese zuverlässig identifiziert werden können. Zuletzt wird der Detektor für Mehrfachidentitäten (MID) dazu beitragen, festzustellen, ob verschiedene Namen zur gleichen Identität gehören, und Grenzwachen und Polizei bei betrügerischen oder mehrfachen Identitäten alarmieren.

In den Vorschlägen wird ein zweistufiges Konzept festgelegt, in dessen Rahmen Strafverfolgungsbehörden Zugriffsrechte dahingehend gewährt werden, dass sie Suchanfragen im Zusammenhang mit der Verhinderung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von schweren Straftaten oder Terrorakten unter vollständiger Einhaltung der Datenschutzvorschriften durchführen können. In einem ersten Schritt erfolgt die Suche auf der Basis von „Treffer/kein Treffer“. In einem zweiten Schritt können die Strafverfolgungsbehörden, wenn es einen „Treffer“ gibt, den Zugang zu den erforderlichen Informationen im Einklang mit den jeweiligen Vorschriften und Schutzmaßnahmen beantragen. Um sicherzustellen, dass den Grenzschutz- und Polizeibeamten vollständige und genaue Informationen zur Verfügung stehen, werden geeignete Mechanismen für die Kontrolle der Datenqualität eingerichtet.

Im Rat begann die Arbeitsgruppe Informationsaustausch und Datenschutz (DAPIX) im Januar 2018 mit der Prüfung der Vorschläge. Die wichtigsten Diskussionsthemen betra-fen die Funktionsweise der einzelnen Interoperabilitätskomponenten, den erwarteten Datenfluss und die allgemeine Interoperabilitätsarchitektur sowie deren Einführung, die Auswirkungen der Interoperabilitätskomponenten auf die derzeitige technische Aus-stattung auf nationaler Ebene und die Reaktionszeiten an den Grenzen sowie das praktische Funktionieren von Benutzerprofilen und Zugriffsrechten. Die Kommission veranstaltete am 14. Februar und 16. März 2018 zwei technische Workshops, um diese Aspekte zu erörtern.

Innerhalb des Europäischen Parlaments wurden die Vorschläge zur Schaffung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen über Grenzen und Visa dem LIBE-Ausschuss unter der Leitung von Nuno Melo (EVP, Portugal) übertragen. Der Vorschlag zur Schaffung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen über polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration wurde ebenfalls dem LIBE-Ausschuss, unter der Leitung von Jeroen Lenaers (EVP, Niederlande), übertragen. Die Diskussionen über die Vorschläge befinden sich noch in einem frühen Stadium. Die Dossiers sind Teil der legislativen Prioritäten der EU für den Zeitraum 2018-2019.

4. Stärkung der externen Kooperation der EU in Migrationsfragen 4.1. Kontext Die Europäische Migrationsagenda soll dazu beitragen, den Verlust von Menschenleben auf See zu verhindern und die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Herkunfts- und Transitländern zu verstärken. Die Agenda beinhaltet politische Maßnahmen zur Verrin-gerung der Anreize für irreguläre Migration durch Entwicklungszusammenarbeit und Maßnahmen zur Bekämpfung von Schmugglern und Menschenhändlern sowie zur

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Stärkung des Konzepts1 des sicheren Herkunftslandes, das beschleunigte Verfahren für Antragsteller aus bestimmten Drittländern vorsieht. Darüber hinaus ist in der Agenda die Entwicklung einer neuen Politik zur legalen Migration vorgesehen, die auf einer stärke-ren Verknüpfung von Entwicklungs- und Migrationspolitik beruht und den Herkunfts-ländern hilft, bessere wirtschaftliche Chancen im eigenen Land zu schaffen.

Das Management der EU der externen Migration stützt sich auf ein breites Spektrum von Instrumenten, die auf Solidarität und Verantwortung beruhen und einen Dialog und Partnerschaften mit den Herkunfts- und Transitländern aufbauen. Die Europäische Union unterstützt Flüchtlinge weltweit, siedelt Flüchtlinge in die EU um, bekämpft in Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern die Ursachen der irregulären Migration und erhöht gleichzeitig die Hilfe für Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen.

Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung zur Bewältigung von Flüchtlings- und Migrantenströmen: Die Rolle des auswärtigen Handelns der EU vom April 2017 nicht zuletzt seine Besorgnis und Solidarität angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen und Migranten, die in ihren Ländern oder dort, von wo sie kommen, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen erleiden, betont. Darüber hinaus werden in dem von Donald Tusk, dem Präsidenten des Europäischen Rates, im Dezember 2017 veröffentlich-ten Vermerk im Rahmen der Agenda der EU-Führungsspitzen „maßgeschneiderte, langfristige Partnerschaften mit Nachbarländern sowie mit anderen Herkunfts- und Transitländern“ hervorgehoben.

Ferner baut die auswärtige Politik der EU auf dem internationalen Engagement auf bilateraler, regionaler und multilateraler Ebene auf, das auf dem Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM) von 2011 basiert. Seit 2005 werden die wichtigsten Instrumente für die externe Dimension der Migrationspolitik durch die GAMM abgedeckt. Die aktuelle Version des GAMM wurde 2012 verabschiedet und zielt auf die Schaffung eines ausgewogenen und umfassenden Migrationskonzepts durch Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern ab.

Darüber hinaus wird die Umsetzung des GAMM durch politische und rechtliche Instru-mente sowie durch operative Unterstützung und Kapazitätsaufbau sichergestellt. Zudem umfasst sie auch Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte. Die Europäische Kommis-sion und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) steuern Kooperationsprozesse im Rahmen der Migrations- und Mobilitätsdialoge des GAMM. Zwei neue Projekte haben den GAMM jetzt erweitert: die Europäische Migrationsagenda von 2015 und der Partnerschaftsrahmen von 2016.

Die Europäische Migrationsagenda hat den Migrationspartnerschaftsrahmen mit Dritt-ländern ins Leben gerufen, um auf bestehenden Initiativen auf- und diese auszubauen. Der Rahmen verbessert die Unterstützung von Menschen in Not im Kontext der Krisen-bewältigung und schafft gleichzeitig die Grundlagen für eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Herkunfts-, Transit- und Zielländern mit der Migrations- und Mobilitätspolitik als Kernstück. Wie in der Mitteilung der Kommission vom Juni 2016 über die Schaffung des Partnerschaftsrahmens festgestellt wurde, ist „das übergeordnete Ziel ein kohärentes

1 Das Europäische Parlament betonte, dass die Liste sicherer Herkunftsländer nicht von dem Grundsatz

ablenken sollte, dass jeder Mensch das Recht auf eine angemessene individuelle Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz hat. Mehrere Interessengruppen haben die Notwendigkeit unterstrichen, die Liste mit ausreichenden Garantien, insbesondere in Bezug auf die Grundrechte, zu versehen. Mehr dazu in Safe countries of origin: Proposed common EU list, EPRS, Februar 2017.

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und maßgeschneidertes Engagement der Union und ihrer Mitgliedstaaten. Sie sollen in koordinierter Weise handeln und dabei verschiedene Instrumente und Einflussmöglich-keiten kombinieren und einsetzen, um umfassende Partnerschaften (‚Migrationspakte‘) mit Drittländern zur besseren Steuerung der Migration unter uneingeschränkter Achtung unserer humanitären und menschenrechtsbezogenen Verpflichtungen zu errichten“.

Der Partnerschaftsrahmen zielt auch darauf ab, die Ursachen von Migration anzugehen, indem die Möglichkeiten in den Herkunftsländern durch alternative Beschäftigungs-programme in Regionen, in denen der Menschenhandel früher die Haupteinnahme-quelle war, sowie durch Maßnahmen zur Unterstützung der Wiedereingliederung von Rückkehrern verbessert werden. Die EU setzte diesen Rahmen zunächst mit bestimmten vorrangigen Herkunfts- und Transitländern (Äthiopien, Mali, Nigeria, Niger und Senegal) um, dehnt seinen Anwendungsbereich jedoch derzeit auf andere Länder in Nord- und Westafrika sowie Asien aus.

Bereits seit mehr als zehn Jahren bestehen entsprechende Rahmenbedingungen für Dialoge zwischen den Regierungen der europäischen und afrikanischen Länder sowohl auf kontinentaler als auch auf regionaler Ebene. Dazu gehören der Dialog EU-Afrika über Migration und Mobilität, der Khartum- und Rabat-Prozess mit Schlüsselländern und der Migrationspartnerschaftsrahmen mit Drittländern. Bei der gemeinsamen Steuerung der Migrationsströme mit den Herkunfts- und Transitländern wurden seit der Schaffung des Migrationspartnerschaftsrahmens bereits bedeutende Ergebnisse erzielt.

Der erste Vertrag des tunesischen Programms, im Dezember 2016 vom Exekutiv-ausschuss des EU-Treuhandfonds für Afrika genehmigt, wurde unterzeichnet. Ferner wurde im Juni 2017 der Beginn eines Dialogs mit Algerien erörtert. Algerien hat bereits mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen und gleichzeitig sein Interesse an der Entwicklung des Dialogs und der konkreten Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen Migration, Sicherheit und Terrorismusbekämpfung bekundet. Darüber hinaus beteiligt sich Marokko im Rahmen des EU-Treuhandfonds für Afrika an den Nordafrika- und Sahel-Tschadsee-Programmen und stärkt so die Süd-Süd-Kooperation im Bereich Migration.

4.2. Zentrale Migrationsrouten Allgemein bleibt der Druck an den europäischen Außengrenzen relativ hoch. Zwar kam es 2017 zu einem deutlichen Rückgang der aufgedeckten illegalen Grenzübertritte an den Außengrenzen der EU, vor allem an den östlichen und zentralen Migrationsrouten im Mittelmeerraum. Auch ging die Zahl der illegalen Grenzübertritte auf der Westbalkan-route deutlich zurück. Die Zahl der irregulären Migranten auf der westlichen Mittelmeer-route war jedoch zuletzt auf einem Höchststand, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, als die Zahl der Einwanderer aus den Maghreb-Ländern beträchtlich zunahm.

Dem fünften Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Rahmenpartnerschaft vom 6. September 2017 zufolge ist die Zahl der Migranten, die über die zentrale Mittelmeer-route nach Europa einreisen, im Jahr 2017 deutlich zurückgegangen, während die Gesamtzahl der Ankünfte in Spanien bis zum 16. August gegenüber dem gleichen Zeit-raum 2016 um 115 % gestiegen ist. Auch wurden die diplomatischen Kontakte und multilateralen Gespräche zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und den Herkunfts- und Transitländern in den letzten Monaten intensiviert, unter anderem mit dem zweiten Treffen der Kontaktgruppe für die zentrale Mittelmeerroute und dem Treffen in Paris am 28. August 2017.

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4.2.1. Zentrale Mittelmeerroute Die zentrale Mittelmeerroute bleibt eine der wichtigsten Migrationsrouten in die EU. In der zweiten Hälfte des Jahres 2017 wurden Migranten zunehmend an der Abreise aus Libyen gehindert. Gleichzeitig verließen mehr Migranten Tunesien und Algerien in Rich-tung Sizilien und Sardinien.

In der Ägäis und im zentralen Mittelmeerraum arbeitet Frontex mit der NATO und der Operation EUNavfor Med Sophia zusammen, um Informationen über Schmuggel zu sam-meln, Informationen auszutauschen, Patrouillen zu koordinieren und bei Ausschiffungen zusammenzuarbeiten. Insgesamt patrouillieren drei EU-Operationen mit dem Ziel, die EU-Grenzen zu sichern, Schleuser zu stellen und gefährdete Migranten zu retten: Triton, Sophia und Poseidon. Seit Februar 2018 ersetzt die neue gemeinsame Operation Themis von Frontex die Operation Triton im zentralen Mittelmeerraum. Die Operation Themis umfasst Such- und Rettungsaktionen und spielt auch eine Rolle bei der Strafverfolgung.

Die EU und insbesondere der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) arbeiten mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammen, um gemeinsam mit den libyschen Behörden die Bemühungen zu verstärken, Migranten und Flüchtlinge daran zu hindern, gefährliche Reisen in europäisches Gebiet zu unternehmen. Der innerstaatliche Konflikt in Libyen hat das Land zu einem wichtigen Knotenpunkt für Afrikaner südlich der Sahara auf ihrem Weg in das Gebiet der EU, insbesondere nach Italien, gemacht.

Der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Bedingungen für Migranten in Libyen. Mehrere Nichtregierungsorganisationen und internationale Organisationen wie Méde-cins Sans Frontières und das UNHCR wiesen auf die unmenschlichen Bedingungen in den Auffanglagern in Libyen hin, wie etwa Migranten, die unter Misshandlungen leiden und keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung haben. Während sich die politische Landschaft im Post-Gaddafi-Libyen weiterentwickelt stehen die größten Span-nungen im Land im Zusammenhang mit dem Machtkampf zwischen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Zunahme der Gewalt und der fehlenden Kontrolle der Migra-tionsströme.

Im November 2017 wurde die Gemeinsame Task-Force der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen eingesetzt, deren Ziel es ist, Migranten und Flüchtlinge auf ihrem Weg, insbesondere innerhalb Libyens, zu retten und zu schüt-zen und gleichzeitig ihre freiwillige Rückkehr und Neuansiedlung zu unterstützen. Die Task-Force will gegen Menschenhandel und Schmuggel vorgehen und die Zusammen-arbeit mit den Herkunftsländern weiter ausbauen.

Niger ist eines der wichtigsten Transitländer nach Libyen. Die EU unterstützt auch den politischen Prozess in Mali und trägt gleichzeitig zur Wiederherstellung der Verwaltung und Stabilität in der Zentralafrikanischen Republik bei. Die EU führt im Rahmen des Khartum-Prozesses einen aktiven Dialog mit allen Ländern am Horn von Afrika.

Darüber hinaus hat die EU in Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen eine Gemeinsame Task-Force eingerichtet, die das Leben von Migranten und Flüchtlingen auf ihrem Weg und insbesondere in Libyen retten und schützen soll. Zudem unterstützt die EU in Fortführung der Einrichtung einer „Transit- und Ausreiseeinrichtung“ die Umsiedlung aus Libyen über den Nothilfe-Transitmechanis-mus des UNHCR.

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Im Juni 2015 wurde die Operation EUNavfor Med Sophia der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) gestartet, um das Problem des Menschenhandels und des Schmuggels im zentralen Mittelmeerraum anzugehen. Diese Operation führte zur Festnahme und Inhaftierung von mehr als 100 mutmaßlichen Schmugglern und Menschen-händlern und neutralisierte etwa 500 Vermögenswerte. Die EU bekämpft den Schmuggel entlang der zentralen Mittelmeerroute, indem sie mithilfe der zivilen GSVP-Missionen in der Sahelzone, der EUCAP Sahel Niger und Mali den Aufbau von Kapazitäten, die Ausbildung und Beratung der lokalen Sicherheitskräfte fördert. Die GSVP-Missionen sind darauf zugeschnitten, die jeweiligen Gastländer bei der Grenzverwaltung zu unterstützen.

Der EU-Treuhandfonds für Afrika trägt zusammen mit der IOM und den nigerianischen Behörden auch zu Such- und Rettungseinsätzen in der Wüste bei. Am 15. Dezember 2016 startete die Europäische Union über den Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) und mit Zuwendungen aus Deutschland (48 Mio. EUR) und Italien (22 Mio. EUR) eine gemeinsame Initiative mit der IOM, um die Bemühungen der Partnerländer in Afrika zu unterstützen. Insgesamt profitierten bereits über 15 000 Migranten, darunter 10 000 aus Libyen, von der freiwilligen Rückkehr. Zeitgleich werden mehrere Projekte vorbereitet, die darauf abzielen, die Arbeit mit den Nachbarn Libyens zu verbessern, um mehr Migranten aus Libyen bei ihrer Rückkehr zu helfen.

4.2.2. Östliche Mittelmeerroute Auch wenn die Migrationsbewegungen auf der östlichen Mittelmeerroute im Vergleich zur Zeit vor der Inkraftsetzung der Erklärung EU-Türkei nach wie vor begrenzt bleiben, ist seit dem Frühsommer 2017 eine weitere Zunahme der Ankünfte auf den griechischen Inseln zu verzeichnen. Auf der östlichen Mittelmeerroute basiert die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und der EU auf dem Aktionsplan vom November 2015, der der Türkei finanzielle Unterstützung für die Integration von Migranten gewährt und gleichzeitig die Partnerschaft zwischen beiden Seiten stärken soll. Am 18. März 2016 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU und der Türkei auf die Erklärung EU-Türkei, die auf folgenden Grundsätzen beruht: die Rückkehr/Rückführung aller neuen irregulären Migranten, die von der Türkei auf die griechischen Inseln reisen, die Beschleunigung der Umsetzung des Fahrplans für die Visaliberalisierung, die Beschleunigung der Abwicklung der Finanzierung der Flüchtlingsfazilität für Syrer und die Neuansiedlung syrischer Flücht-linge im Verhältnis 1:1, wobei die EU für jeden illegalen Migranten, der in die Türkei zurückkehrt, einen Flüchtling, der internationalen Schutz benötigt, aufnimmt.

Die Erklärung EU-Türkei hat zum Ziel, den unkontrollierten Zustrom von Migranten über das Ägäische Meer zu verhindern, die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in der Tür-kei zu verbessern und den syrischen Flüchtlingen organisierte und sichere Wege nach Europa zu eröffnen. Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die aus der Türkei in die EU einreisen, ging durch die Erklärung deutlich zurück. Gleichzeitig unterstützte die EU zusammen mit der EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei die Türkei bei ihren Bemühungen um die Aufnahme von Flüchtlingen (FRT). In der Erklärung EU-Türkei ist vorgesehen, dass irreguläre Migranten, die aus der Türkei auf griechische Inseln kommen und keinen Asylantrag stellen oder deren Antrag nicht angenommen wurde, in die Türkei zurückgeschickt werden können.

4.2.3. Westbalkanroute Diese Route wurde im Jahr 2012 zu einer beliebten Passage in die EU, als die Schengen-Visabeschränkungen für fünf Balkanländer – Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien – gelockert wurden. Die meisten illegalen Grenzübertritte an den Außengrenzen der EU wurden an

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den serbischen Grenzen festgestellt, wo viele Migranten gestrandet sind. Trotz der geringen Zahl der irregulären Migranten, die die Einreisepunkte der Westbalkanroute überqueren, geben einige Mitgliedstaaten am Ende der Route an, dass eine beträchtliche Zahl von Migranten und Asylbewerbern ihr Hoheitsgebiet erreicht habe. Während des gesamten Jahres 2017 war der Trend entlang der Route stabil, was sich auch 2018 fort-setzt. Eine wirksame erweiterte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, Europol und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache wird gefördert, um die Aufdeckung irregulärer Migranten entlang der Route zu erreichen.

4.2.4. Westliche Mittelmeer-/Atlantikroute Das Gebiet zwischen Spanien und Marokko, die sogenannte westliche Mittelmeerroute, wird seit Langem von irregulären Migranten genutzt. Ein Beispiel für eine Partnerschaft in diesem Bereich ist die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Part-nerländern auf der westlichen Mittelmeer-/Atlantikroute, um die Migrationsbewegun-gen auf dieser Route gering zu halten. Die operative Zusammenarbeit zwischen Spanien, Marokko und Algerien sowie die aktive Rolle aller Parteien bei der Grenzüberwachung waren und sind ein entscheidender Faktor für die Kontrolle der Migrationsströme.

Allerdings nahmen die irregulären Ströme aus dem afrikanischen Kontinent, insbeson-dere aus Westafrika, zu und erreichten im Jahr 2017 ein neues Rekordhoch. Die Zahl der Ankünfte nahm im Juni 2017 zu. Der Trend ist seitdem ungebrochen. Die irregulären Migrationsströme aus Marokko und Algerien in die EU, hauptsächlich nach Spanien, nahmen im Sommer 2017 zu. Die Gesamtzahl der Ankünfte in Spanien war bis Anfang März 2018 um fast 17 % höher als im gleichen Zeitraum 2017. Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, unterstützt Spanien seit Langem mit vier Operationen an den Seegrenzen des Landes bei der Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel: Indalo, Hera, Minerva und Focal Points Sea.

4.3. EU-Mittel für die externe Zusammenarbeit im Migrationsbereich Es wird erwartet, dass die EU-Mittel für Migration bis 2020 weiter aufgestockt werden, um die Fortschritte im Bereich der Migrationssteuerung in allen Mitgliedstaaten zu unterstützen. Im Bereich der externen Migrationspolitik der EU wurde eine Reihe spezi-fischer Instrumente entwickelt, wie die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei, der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika und der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) (siehe Tabelle 1). In der Agenda der EU-Führungsspitzen wird das Ziel der Schaffung eines speziellen Finanzinstruments zur Eindämmung der illegalen Migration als eine der Prioritäten des mehrjährigen Finanzrahmens (MFF) für die Zeit nach 2020 genannt.

Tabelle 1 – Finanzielle Instrumente für die externe Zusammenarbeit im Migrationsbereich Instrument Budget Geografischer Anwendungsbereich Europäischer Entwicklungsfonds (EEF)

Zeitraum 2014-2020: 30,5 Mrd. EUR für den 11. EEF für 2014-2020

Partnerländer der EU in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP) und die überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) der Mitgliedsstaaten

Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI)

Zeitraum 2014-2020: 19 661,64 Mio. EUR (jeweilige Preise)

Geografische Programme (Latein-amerika, Naher Osten und Südasien, Nord- und Südostasien, Zentralasien), das Panafrikanische Programm (Afrika insgesamt) (kontinentale und über-regionale Projekte) und das themati-sche Programm zu Migration und Asyl (Projekte in Schlüsselländern)

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Europäisches Nachbarschaftsinstrument (ENI)

Zeitraum 2014-2020: 15 432,63 Mio. EUR (jeweilige Preise)

Länder des südlichen Mittelmeer-raums (Algerien, Ägypten, Libanon, Li-byen, Jordanien, Israel, Marokko, Syrien, Tunesien, Palästina) und öst-liche Nachbarländer (Armenien, Aser-baidschan, Belarus, Georgien, Molda-wien, Ukraine), entweder bilateral oder regional (in letzterem Fall ein-schließlich Russland)

Madad-Fonds (2014) Zeitraum 2014-2018: 1,4 Mrd. EUR bisher

Libanon, Jordanien, Irak, Türkei, Ägyp-ten und Syrien

Europäischer Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika

Zeitraum 2015-2020: Derzeit werden Mittel in Höhe von 3,37 Mrd. EUR bereitgestellt, darunter über 2,98 Mrd. EUR aus dem EEF und den EU-Finanzinstrumenten (DCI, ENI, HOME und ECHO) sowie 399,8 Mio. EUR von EU-Mitgliedstaaten und anderen Gebern (Schweiz und Norwegen)

Die Sahelzone und der Tschadsee, das Horn von Afrika, der Norden Afrikas und die Nachbarländer der förde-rungsberechtigten Länder können von den Projekten profitieren

Instrument für Heranführungshilfe II (IPA II)

Zeitraum 2014-2020: 11 698,67 Mio. EUR (jeweilige Preise)

Albanien, Bosnien und Herzegowi-na, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Kosovo, Mon-tenegro, Serbien und Türkei

Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (EU Facility for Refugees in Turkey (FRT))

Zeitraum 2016-2017: 3 Mrd. EUR; 1 Mrd. EUR – EU-Haushalt, 2 Mrd. EUR – Mitgliedstaaten März 2018: zweite Tranche in Höhe von 3 Mrd. EUR der EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei

Türkei

Europäischer Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD)

Ursprüngliches Budget von 3,35 Mrd. EUR

Afrika und EU-Nachbarschaftsregion

London-Konferenz 2016 2016: 12 Mrd. USD an Zusagen Syrien, Jordanien, Libanon, Türkei, Irak und Ägypten

Brüssel-I-Konferenz und Brüssel-II-Konferenz

2017: 6 Mrd. USD 2018: 4,4 Mrd. USD 2019-2020: 3,4 Mrd. USD

Syrien, Jordanien, Libanon, Türkei, Irak und Ägypten

Die neue Haushaltsordnung für den EU-Haushalt ermöglicht es der Europäischen Kommission seit Januar 2013, nicht nur einen finanziellen Beitrag zu den Treuhandfonds zu leisten, sondern auch EU-Treuhandfonds im Bereich auswärtiges Handeln zu schaffen und zu verwalten. Dabei handelt es sich um Gebertreuhandfonds für Maßnahmen im und nach einem Notfall sowie thematische Maßnahmen. Das Europäische Parlament hat mehrere Rechte im Bereich der EU-Treuhandfonds, wie die jährliche Berichterstattung über die Tätigkeiten und die Konten der einzelnen Fonds, um eine politische Kontrolle der Haushaltsausführung zu gewährleisten.

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Das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI), der Kernfonds für die Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des EU-Haushalts, stellt für den Zeitraum 2014 bis 2020 19,6 Mrd. EUR bereit. Das DCI unterstützt Migrationsprojekte durch die Geografischen Programme (Lateinamerika, Naher Osten und Asien), das Panafrikanische Programm (kontinentale und überregionale Projekte) und das thematische Programm zu Migration und Asyl (Projekte in Schlüsselländern).

Der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) verfügt für den Zeitraum 2014 bis 2020 über ein Budget von 30,5 Mrd. EUR und basiert ausschließlich auf den Beiträgen der Mitgliedstaaten. Der EEF deckt die Gruppierung Afrika, Karibik und Pazifik (AKP) und die überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) ab. Darüber hinaus fallen mehrere Herkunfts- und Transitländer unter das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI), für das für den Zeitraum 2014 bis 2020 15,4 Mrd. EUR bereitgestellt werden. Das Instrument umfasst die 16 Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP), darunter die Ukraine, Syrien, Marokko, Libyen, Libanon, Jordanien, Israel und Ägypten.

Die Schaffung des EFSD wurde in einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom Juni 2016 über den Partnerschaftsrahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda angekündigt. Darüber hinaus wurde eine europäische Investitionsoffensive für Drittländer (EIP) mit einem Budget von 44 Mrd. EUR entworfen. Ziel ist es, mit EU-Mitteln nachhaltige private Investitionen in die Entwicklung in Afrika und anderen Teilen der europäischen Nachbarschaft zu fördern. Die Investitionen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, auf die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie auf Mikrofinanzierungs- und Arbeitsbeschaffungsprojekte. Die EIP beruht auf drei großen Säulen: Schaffung eines neuen EFSD mit einem neuen Garantiefonds zur Finan-zierung von Investitionen in sozioökonomischen Sektoren und KMU; technische Hilfe zur Unterstützung von Gebietskörperschaften und Unternehmen bei der Entwicklung einer größeren Anzahl von Investitionsvorhaben; und Kooperationsprogramme zur Verbes-serung des allgemeinen Unternehmensumfelds.

Zuletzt verabschiedete der Rat im Februar 2018 einen Beschluss und eine Verordnung zur verstärkten Darlehensvergabe der Europäischen Investitionsbank (EIB) an Projekte außerhalb der EU im Rahmen des EU-Garantiefonds. Insgesamt wurde die Finanzierungs-obergrenze im Rahmen einer EU-Garantie um 5,3 Mrd. EUR angehoben. Davon sind 3,7 Mrd. EUR für Projekte im öffentlichen und privaten Sektor vorgesehen, die auf die grundlegenden Ursachen von Migration eingehen. Durch den Beschluss und die Verord-nung werden 3 Mrd. EUR freigegeben, die als Teil der Haushaltsmittel der EIB für Projek-te außerhalb der Union im Zeitraum 2014-2020 in die Reserve eingesetzt worden waren. Davon werden bis zu 1,4 Mrd. EUR für Projekte des öffentlichen Sektors bereitgestellt. Ferner wird ein zusätzlicher Betrag von 2,3 Mrd. EUR für diesen Zeitraum im Rahmen eines Mandats für die Kreditvergabe an den Privatsektor für Projekte zur Bekämpfung der grundlegenden Ursachen der Migration zugewiesen.

4.3.1. Syrien und Irak Der Konflikt in Syrien, der mit regierungsfeindlichen Protesten begann und zu einem um-fassenden Bürgerkrieg eskalierte, hat Syrien und die Region verändert. Die EU unter-stützt seit Beginn des Konflikts diplomatische Initiativen, die auf politische Lösungen abzielen. Die massiven Flüchtlingsströme aus Syrien breiteten sich über die gesamte Region aus und hatten große Auswirkungen auf die Nachbarländer.

Die EU und die Mitgliedstaaten stellten seit Beginn des Konflikts im Jahr 2011 insgesamt 10,2 Mrd. EUR an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe bereit. Der Regionale

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Treuhandfonds der EU als Reaktion auf die Syrien-Krise (Madad-Fonds), über den ein zu-nehmender Anteil der humanitären Hilfe der EU bereitgestellt wird, wurde im Dezember 2014 eingerichtet. Der Madad-Fonds deckt die längerfristigen wirtschaftlichen, bildungs-politischen und sozialen Bedürfnisse syrischer Flüchtlinge in Nachbarländern wie Jordanien, Libanon, Türkei und Irak ab. Der Regionale Treuhandfonds der EU stellt nun auch eines der Hauptinstrumente für die Umsetzung der neuen EU-Verträge mit Jordanien und Libanon dar. Der Fonds hat bisher ein Gesamtvolumen von 1,4 Mrd. EUR erreicht.

Im Irak werden seit Beginn des Konflikts Menschen intern vertrieben. 2015 stellte die Europäische Kommission als Reaktion auf die Irak-Krise 65,55 Mio. EUR an humanitärer Hilfe bereit. Die humanitäre Hilfe der EU für das Land konzentriert sich auf lebensretten-de Soforthilfemaßnahmen für besonders Bedürftige und medizinische Hilfe. Gleichzeitig intensiviert die EU ihre politische und diplomatische Arbeit mit dem Ziel, die Bemühungen um eine größere Einheit im Land zu unterstützen.

Die Brüssel-I-Konferenz vom April 2017 über die Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region und die Brüssel-II-Konferenz vom April 2018 bauen auf der London-Konferenz über die Unterstützung Syriens und der Region auf, die im Februar 2016 stattfand. Auf der London-Konferenz hatte die internationale Gemeinschaft erhebliche finanzielle Un-terstützung in Höhe von 12 Mrd. USD für humanitäre Hilfe und Schutz in Syrien, verbunden mit zivilen Stabilisierungsmaßnahmen zur Stärkung der Belastbarkeit in Auf-nahmegemeinschaften, zugesagt. Auf der Brüssel-I-Konferenz wurde der Stand der auf der London-Konferenz eingegangenen Verpflichtungen bewertet, wobei die bestehen-den Zusagen bekräftigt und zusätzliche 6 Mrd. USD bzw. 3,7 Mrd. USD für 2017 und 2018 bis 2020 bereitgestellt wurden. Darüber hinaus bestätigte die internationale Gemein-schaft auf der Brüssel-II-Konferenz 4,4 Mrd. USD zur Unterstützung der Maßnahmen zur Krisenbewältigung in Syrien im Jahr 2018 und 3,4 Mrd. USD für den Zeitraum 2019 bis 2020. Ferner stellte die Kommission für 2018 weitere 560 Mio. EUR für den Libanon und Jordanien sowie für humanitäre Hilfe innerhalb Syriens bereit und sagte zu, dieses Engagement bis 2019 aufrechtzuerhalten. Auch fördert die EU die Nutzung regionaler Entwicklungs- und Schutzprogramme zur Unterstützung wichtiger Flüchtlings- und Transitländer im Nahen Osten. Diese Programme zielen darauf ab, Menschen in Not Schutz zu bieten und gleichzeitig langwierige Flüchtlingskrisen zu bewältigen, bei denen humanitäre Hilfe nicht langfristig geleistet werden kann.

4.3.2. Türkei Die Türkei ist eines der wichtigsten Aufnahmeländer für Flüchtlinge weltweit. Die Euro-päische Union führt einen offenen Dialog mit der Türkei, um verschiedene Wege zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise zu beschreiten. Um die Türkei während der Krise zu unterstützen, mobilisierte die EU 3 Mrd. EUR. Die Mitgliedstaaten vereinbarten, weitere 3 Mrd. EUR für die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bereitzustellen. Diese Fazilität war eine Antwort auf die Forderung der Mitgliedstaaten nach zusätzlichen Mitteln zur Unterstützung der Flüchtlinge im Land. Sie dient der Finanzierung von Projekten zur Deckung des Bedarfs von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften mit den Schwerpunkten humanitäre Hilfe, Bildung, Gesundheit, kommunale Infrastruktur und sozioökonomische Unterstützung. Der Lenkungsausschuss der Fazilität gibt strate-gische Leitlinien für die Art der zu finanzierenden Maßnahmen und die einzusetzenden Finanzierungsinstrumente vor. Seit Oktober erhalten eine Million der bedürftigsten syrischen Flüchtlinge monatliche elektronische Geldtransfers über die EU-Fazilität für

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Flüchtlinge in der Türkei. Bis Ende Dezember 2017 wurden 72 Projekte mit einem Volu-men von 3 Mrd. EUR abgerufen, von denen mehr als 1,85 Mrd. EUR ausbezahlt wurden. Im März 2018 wurde der Rechtsrahmen für die zweite Tranche in Höhe von 3 Mrd. EUR festgelegt, wodurch, wie in der Erklärung EU-Türkei vorgesehen, zusätzliche Unter-stützung im Rahmen der EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei geschaffen wurde.

Seit Beginn der Krise in Syrien stellte die Europäische Union 1,4 Mrd. EUR für humanitäre Hilfe in der Türkei bereit. Im Mai 2017 veröffentlichte die Europäische Kommission den Humanitären Durchführungsplan für die Türkei 2017 mit einem Gesamtbetrag von 714,38 Mio. EUR, der zusätzlich zu den 505,65 Mio. EUR an Hilfe im Rahmen des Durchführungsplans 2016 bereitgestellt wurde.

Das Soziale Sicherheitsnetz für Notfälle (ESSN) wird über die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei finanziert, die etwa 1,2 Millionen der besonders hilfsbedürftigen Flüchtlinge mit monatlichen Geldtransfers versorgt. Das ESSN-Projekt wird vom Welternährungs-programm gemeinsam mit dem Türkischen Roten Halbmond und der türkischen Regie-rung durchgeführt. ESSN liefert direkte Geldtransfers durch den Einsatz von Debitkarten direkt an besonders hilfsbedürftige Flüchtlingsfamilien in der Türkei, um ihren täglichen Bedarf zu decken. Darüber hinaus startete die Kommission im März 2017 ihr bisher größ-tes Projekt im Rahmen von Bildung in Notfällen. Durch die an bestimmte Bedingungen geknüpfte Geldzuweisung für Bildungsleistungen (CCTE) werden Familien unterstützt, die ihre Kinder regelmäßig zur Schule schicken. Dieses Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Türkischen Roten Halbmond und der türkischen Regierung durchgeführt. Insge-samt wurden im Verbund mit dem ESSN und der CCTE humanitäre Maßnahmen in den Bereichen Grundbedürfnisse, Schutz, Wintervorbereitung, Gesundheit und Bildung durchgeführt.

Darüber hinaus beschloss die Kommission im Juli 2016 eine Sondermaßnahme in Höhe von 1,415 Mrd. EUR für nicht humanitäre Hilfe. Die Maßnahme umfasst verschiedene Bereiche der Finanzierung der Grundbedürfnisse von Flüchtlingen und Aufnahme-gemeinschaften in der Türkei, wobei den Bereichen Bildung, Gesundheit, kommunale Infrastruktur und sozioökonomische Unterstützung in den am stärksten betroffenen Provinzen Vorrang eingeräumt wird.

4.3.3. Westlicher Balkan Die EU hat ihre Unterstützung auf Nicht-EU-Länder des westlichen Balkans ausgeweitet, die ebenfalls Flüchtlinge, hauptsächlich aus Syrien, aufnehmen. Die EU hat Mittel bereit-gestellt, um Serbien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und anderen Ländern des westlichen Balkans bei der Kontrolle ihrer Grenzen und Migrationsströme zu helfen und gleichzeitig Unterkünfte und Dienstleistungen für Migranten und Flücht-linge sowie Aufnahmegemeinschaften bereitzustellen.

4.3.4. Afrika Die Europäische Union stellt sich den migratorischen Herausforderungen gemeinsam mit ihren afrikanischen Partnern mithilfe von regionalen Strategien, humanitärer Hilfe, Entwicklungspolitik und Hilfsprogrammen in der Region.

Auf dem Gipfeltreffen in Valletta 2015 kamen die Staats- und Regierungschefs der EU und Afrikas zusammen, um die Zusammenarbeit zwischen den Parteien zu stärken. In einer Erklärung über Partnerschaft und Verantwortung verabschiedeten die teilnehmen-den Länder den Gemeinsamen Aktionsplan von Valletta, mit dem die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Migration ergeben, angegangen werden sollen. Um die

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Partnerländer bei der Umsetzung des Gemeinsamen Aktionsplans von Valletta zu unter-stützen, wurde während des Gipfels ein Finanzinstrument, der Europäische Nothilfe-Treuhandfonds für Stabilität und die Bekämpfung der Ursachen für irreguläre Migration und Vertreibung in Afrika, eingerichtet.

Der Treuhandfonds ist das wichtigste Finanzierungsinstrument für das politische Engage-ment der EU mit afrikanischen Partnern im Bereich Migration. Treuhandfonds ermög-lichen es der EU, gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten und Gebern, auf Notsituationen durch gemeinsame Interventionen und gleichzeitig auf veränderte Bedürfnisse zu reagie-ren. Der Treuhandfonds soll helfen, die Stabilität in den Regionen zu fördern, und zu einer besseren Migrationssteuerung beitragen. Der Plan beruht auf fünf Säulen: Bekämpfung der Ursachen für irreguläre Migration und Zwangsvertreibung; Verbesse-rung der Zusammenarbeit im Bereich der legalen Migration und Mobilität; mehr Schutz für Migranten und Asylbewerber; Verhinderung und Bekämpfung der irregulären Migra-tion, der Schleusung von Migranten und des Menschenhandels; und engere Zusammen-arbeit bei der Rückführung, Rückübernahme und Wiedereingliederung.

Die Ausführung des Aktionsplans wird mithilfe der bereits bestehenden Mechanismen des Rabat-Prozesses, des Khartum-Prozesses und der Gemeinsamen Strategie EU-Afrika überwacht. Der Treuhandfonds ist ein wichtiges Instrument, das zu den Zusagen der EU für die Syrienkrise beiträgt, die auf der Syrienkonferenz in London 2016 und den Brüssel-Konferenzen im April 2017 und April 2018 gemacht wurden, und gleichzeitig die mit Jordanien und Libanon vereinbarten speziellen EU-Verträge zur Unterstützung dieser Länder in der Flüchtlingskrise untermauert.

Der Präsident der Europäischen Kommission bekräftigte auf dem Treffen der Führungs-spitzen im Dezember 2017 den Erfolg des Umverteilungsmechanismus und forderte die Mitgliedstaaten auf, ihren Beitrag zum EU-Treuhandfonds für Afrika auszuweiten. Derzeit stehen dem EUTF für Afrika Mittel in Höhe von 3,39 Mrd. EUR zur Verfügung.

Der EU-Treuhandfonds dient der weiteren Unterstützung von Projekten in 21 Ländern Afrikas südlich der Sahara und Ostafrikas durch das Sahel-/Tschadsee-Fenster und das Horn-von-Afrika-Fenster. Dies sind Projekte, die auch fensterübergreifend sein können, z. B. Ernährungssicherheit, Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen oder bes-sere Migrationssteuerung. Bis Dezember 2017 wurden 120 Programme in den drei Regionen vom Exekutivausschuss des Treuhandfonds für Afrika genehmigt. Der Fonds umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten, einschließlich der Unterstützung der Arbeit der IOM und der Behörden von Niger – dabei konnten mehr als 1 100 Migranten gerettet und in Sicherheit gebracht werden, die 2017 von Schmugglern zurückgelassen wurden. Mit zusätzlichen Mitteln wird das Nordafrika-Fenster unterstützt, da es einer der wichtig-sten Fonds zur Reduzierung der Ströme entlang der zentralen Mittelmeerroute ist. Wei-tere Beispiele für die Zusammenarbeit der EU mit Niger, die zur Verringerung der Transit-ströme durch die Sahara beitragen, sind die EU-Mittel zur Unterstützung der Selbst-ständigkeit in Transitzonen und sechs Migrantenzentren für bedürftige Migranten sowie die Unterstützung seitens der EU vor Ort bei der Bekämpfung von Menschenschmuggel und -handel.

5. Überblick über die jüngsten Gesetzgebungsvorschläge der EU Tabelle 1 gibt einen Überblick über die jüngsten Gesetzgebungsvorschläge der EU in den Bereichen Asyl, Grenzen und externe Zusammenarbeit in Migrationsfragen einschließlich

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der wichtigsten Standpunkte der Mitgesetzgeber und der Fortschritte im Gesetzgebungs-prozess.

Tabelle 1 – Überblick über die jüngsten Gesetzgebungsvorschläge der EU (Mai 2018)

Gesetzgebungsvorschlag Kommissions-vorschlag

Standpunkt des Parlaments

Standpunkt des Rates

Gegenwärti-ger Stand

Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

Asylverfahrensverordnung Vorschlag (Juli 2016)

LIBE-Bericht (April 2018)

Laufende Diskussionen

Vorbereitungs-phase

Anerkennungsverordnung Vorschlag (Juli 2016)

LIBE-Bericht (Juni 2017)

Verhandlungs-mandat

(Juli 2017) Triloge

Richtlinie über die Aufnahmebedingungen

Vorschlag (Juli 2016)

LIBE-Bericht (Mai 2017)

Verhandlungs-mandat

(November 2017)

Triloge

EU-Neuansiedlungsrahmen

Vorschlag (Juli 2016)

LIBE-Bericht (Oktober

2017)

Verhandlungs-mandat

(November 2017)

Triloge

EASO-Verordnung

Vorschlag (Mai 2016)

LIBE-Bericht (Dezember

2016)

Verhandlungs-mandat

(Dezember 2016)

Vorläufige Einigung

(Dezember 2017)

Dublin-Verordnung Vorschlag

(Mai 2016) LIBE-Bericht

(November 2017)

Laufende Diskussionen

Eurodac Vorschlag LIBE-Bericht

(Juni 2017) Verhandlungs-

mandat (Juni 2017)

Triloge

Stärkung der EU-Außengrenzen

Schengener Grenzkodex Vorschlag

(Dezember 2015)

LIBE-Bericht (Juni 2016)

Allgemeine Ausrichtung (Februar 201

6)

Verordnung (März 2017)

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex)

Vorschlag (Dezember

2015)

LIBE-Bericht (Juni 2016)

Verhandlungs-mandat

(April 2016)

Verordnung (September

2016)

Einreise-/Ausreisesystem Vorschlag (April 2016)

LIBE-Bericht (Februar 2017)

Verhandlungs-mandat (März

2017)

Verordnung (November

2017)

Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS)

Vorschlag (November

2016)

LIBE-Bericht (Oktober

2017)

Allgemeine Ausrichtung (Juni 2017)

Vorläufige Einigung

(Dezember 2017)

Schengener Informationssystem im Bereich polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit

Vorschlag (Dezember

2016)

LIBE-Bericht (November

2017)

Verhandlungs-mandat

(November 2017)

Triloge

Schengener Informationssystem im Bereich Grenzkontrolle

Vorschlag (Dezember

2016)

LIBE-Bericht (November

2017)

Verhandlungs-mandat

(November 2017)

Triloge

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Schengener Informationssystem für die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger

Vorschlag (Dezember

2016)

LIBE-Bericht (November

2017)

Verhandlungs-mandat

(November 2017)

Triloge

EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht

Vorschlag (Juni 2017)

LIBE-Bericht (Dezember

2017)

Allgemeine Ausrichtung (Dezember

2017)

Triloge

Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Visa

Vorschlag (Dezember

2017)

Berichterstat-ter ernannt

Erste Diskussion

Vorbereitungs-phase

Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration

Vorschlag (Dezember

2017)

Berichterstat-ter ernannt

Erste Diskussion

Vorbereitungs-phase

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EU-Asyl, Grenzen und externe Zusammenarbeit im Bereich Migration Seite 39 von 40

6. Wichtige Quellen Apap J., Diaz D., Trevino G. und Sabbati G., A global compact on migration: Placing human rights at the heart of migration management, EPRS und Generaldirektion Außenpolitik, Europäisches Parlament, Dezember 2017.

Drachenberg R. und Bacian I., Outcome of the meetings of EU leaders of 14-15 December 2017, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Januar 2018.

Dumbrava C., Revision of the Schengen Information System for law enforcement, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Februar 2018.

Dumbrava C., Revision of the Schengen Information System for border checks, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Februar 2018.

Dumbrava C., Use of the Schengen Information System for the return of illegally staying third-country nationals, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Februar 2018.

Dumbrava C., European Agency for the operational management of large-scale IT systems in the area of freedom, security and justice (eu-LISA), EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Januar 2018.

Dumbrava C., Interoperability of European information systems for border management and security, EPRS, Europäisches Parlament, Juni 2017.

Dumbrava C., Europäische Informationssysteme im Bereich Justiz und Inneres: Ein Überblick, EPRS, Europäisches Parlament, Mai 2017.

Eisele K., Interoperability between EU information systems for security, border and migration management, Initial appraisal of a European Commission impact assessment, EPRS, Europäisches Parlament, Februar 2018.

European Travel Information and Authorisation System (ETIAS): Border management, fundamental rights and data protection, Policy Department for Citizens' Rights and Constitutional Affairs, Europäisches Parlament, April 2017.

Frontex, Risk Analysis for 2018, Februar 2018.

Gatto A. und Carmona J., European Border and Coast Guard System, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Oktober 2016.

Hertog L. den, Money Talks: Mapping the Funding of EU external migration policy, CEPS Paper on Liberty and Security in Europe, November 2016.

Ivanov D., Reform of the Qualification Directive, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Juni 2017.

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Koenig N., The EU's External Migration Policy: Towards Win-Win-Win Partnerships, Policy Paper No 190, Jacques Delors Institut, April 2017.

Orav A., Smart Borders: EU Entry/Exit System, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Januar 2018.

Orav A., Common procedure for asylum, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, März 2018.

Orav A., Recast Eurodac Regulation, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, März 2018.

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Radjenovic A., Resettlement of refugees: EU framework, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Dezember 2017.

Radjenovic A., European Travel Information and Authorisation System (ETIAS), EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Oktober 2017.

Radjenovic A., Reception of asylum-seekers – recast Directive, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, Juli 2017.

Sabbati G., Recent migration flows to the EU, infographic, EPRS, Europäisches Parlament, Mai 2018.

The European Union's policies on counter-terrorism – Relevance, coherence and effectiveness, Policy Department for Citizens' Rights and Constitutional Affairs, Europäisches Parlament, Januar 2017.

The Future of the Schengen Area: Latest Developments and Challenges in the Schengen Governance Framework since 2016, Policy Department for Citizens' Rights and Constitutional Affairs, Europäisches Parlament, März 2018.

Topical Digest: Topical Digest: The Syrian crisis and its regional impact, EPRS, Europäisches Parlament, April 2017.

Voronova S., Combating terrorism, EU Legislation in Progress briefing, EPRS, Europäisches Parlament, September 2017.

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In dieser Veröffentlichung wird eine Bestandsaufnahme der jüngsten Entwicklungen der EU in den Bereichen Asyl, Grenzen und externe Zusammenarbeit im Bereich Migra-tion vorgenommen. Es werden die wichtigsten Initiativen der EU zur Bewältigung der Migrationsherausforderungen erörtert und dabei drei wichtige Aspekte herausgear-beitet: die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die Stärkung der EU-Außengrenzen und die Stärkung der externen Kooperation der EU in Migrationsfragen.

Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Dienstes für die Mitglieder

Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst, Europäisches Parlament

PE 621.878 ISBN 978-92-846-2965-7 doi:10.2861/644989

Dieses Dokument wurde für die Mitglieder und Bediensteten des Europäischen Parlaments erarbeitet und soll ihnen als Hintergrundmaterial für ihre parlamentarische Arbeit dienen. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt ausschließlich bei dessen Verfasser/n. Die darin vertretenen Auffassungen entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments.

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