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EGBW- Europäische Region der Bildungsinternationalen 2012 Regionalkonferenz Förderung der Bildung im öffentlichen Sektor im Zeitalter der Sparpolitik Europas Dilemma bei der Krisenbewältigung [endgültige Fassung] Martin Rømer Michal Mlcousek Oktober 2012 Hintergrundinformationen für die EGBW-Konferenz 2012

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EGBW- Europäische Region der Bildungsinternationalen

2012 Regionalkonferenz

Förderung der Bildung im öffentlichen Sektor im Zeitalter der Sparpolitik

Europas Dilemma

bei der Krisenbewältigung

[endgültige Fassung]

Martin Rømer

Michal Mlcousek

Oktober 2012

Hintergrundinformationen für die EGBW-Konferenz 2012

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Inhalt

Inhalt ......................................................................................................................................................... 3

Vorwort .................................................................................................................................................... 5

Einleitung ................................................................................................................................................ 7

1. Die positive Rolle der Bildung in Krisenzeiten ........................................................................ 7

2. Die Demokratie in der Krise: die Troika ................................................................................. 10

Der IWF lag falsch ........................................................................................................................... 11

Erosion der Demokratie ................................................................................................................. 11

3. Die wirtschaftspolitische Steuerung in Europa und die Entstehung eines neuen EU-

Vertrags ................................................................................................................................................. 12

Verschärfte Kontrolle der nationalen Fiskalpolitik ................................................................... 12

Der Weg zur politischen Union ..................................................................................................... 14

4. Eine soziale Katastrophe im Kontext stärkerer Integration ................................................ 14

5. Eine globale Kursänderung: „Staatsoberhäupter stehen und fallen mit ihrer

Wahrnehmung von Trends ” ............................................................................................................. 16

6. Wie sind wir dahin gekommen und wie kommen wir da wieder heraus? ...................... 16

7. Das Ausmaß der Verschuldung: Die Grenzen des herrschenden Paradigmas versetzen

18

8. Sicherung der Zukunft des Bildungswesens: ungleiche Einkommensverteilung und

Bildungsetats in Bedrängnis .............................................................................................................. 19

9. Alternativen abwägen ................................................................................................................ 24

Demokratie zurückfordern und den Finanzsektor regulieren ............................................... 27

10. Maßnahmen für eine neue Wirtschaft ................................................................................. 27

11. Schlussfolgerungen ................................................................................................................. 29

Bibliographie ........................................................................................................................................ 31

Anlage 1 ................................................................................................................................................. 35

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Vorwort

Dieser Text ist als Hintergrundinformation für die EGBW-Konferenz in Budapest vom 26. - 28. November 2012 gedacht. Das Dokument gibt nicht notwendigerweise die offizielle EGBW-Strategie wieder und steht nicht zur Verabschiedung an. Die Ziele dieses Dokuments sind wie folgt:

- Einen Beitrag zur Themendiskussion der Finanz- und Wirtschaftskrise während der Konferenz leisten;

- Einen makroökonomischen Überblick über die Krise liefern und erklären, warum Sparmaßnahmen nicht zum Ende der Krise in Europa, sondern zur Schwächung der Demokratie und einer wachsenden Ungleichheit führen;

- Die EGBW-Mitgliedsorganisationen dazu anregen, an der Debatte auf Ebene der Makroökonomie, die in vieler Hinsicht das Umfeld, die Möglichkeiten und die Parameter für die öffentliche Hand und den Bildungssektor vorgibt, teilzunehmen;

- Darlegen, wie sich die Wirtschaftskrise in Europa von einer Finanzkrise zur Staatsschuldenkrise entwickeln konnte und nun auch noch in eine soziale Krise mündet;

- Die verschiedenen Maßnahmen darlegen, die bisher insbesondere von den Mitgliedsländern der Eurozone eingeleitet wurden;

- Aufzeigen und erläutern, wie die derzeitige Debatte über die Strategien zur Krisenbewältigung eine bessere Integration der wirtschafts- und fiskalpolitischen Steuerung in Europa fördert;

- Diskussionselemente zum Thema einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik vorschlagen; - Untersuchung des Themas, ob Staatsschulden ganz oder teilweise gemeinsam

geschultert werden sollten, da dies zu einer stärkeren politischen Integration oder

sogar zu einer europäischen Staatenföderation führen könnte.

Allgemein besteht der Konsens, dass die Krise in Europa nur bewältigt werden kann, wenn die Schuldenlast irgendwie gemeinsam getragen wird. Allerdings scheint das Dilemma darin zu bestehen, dass eine solche, auf einer Schuldensolidarität beruhende Lösung auch eine stärkere staatliche Integration in Europa vorantreiben würde. Dieses Dokument enthält Verlinkungen zu Originaldokumenten sowie eine Liste der zitierten Arbeiten. Oktober 2012 Martin Rømer Michal Mlcousek

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Europas Dilemma

bei der Krisenbewältigung

Einleitung

Die globale Ordnung in Politik und Wirtschaft sollte nach den Ereignissen, die um 8.46 Uhr EST am 11. September 2001 ihren Lauf nahmen, nie wieder so sein wie zuvor – wie auch die Finanzinfrastruktur nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers um 1.45 Uhr EST am 15. September 2008 und einer bisher einzigartigen Wirtschafts- und Finanzkrise nie wieder aus der gleichen Perspektive betrachtet werden sollte. Diese Ereignisse erschütterten grundlegend die Festen der Weltordnung und den etablierten Glauben unserer Zivilisation an die Finanzmärkte und die wirtschaftspolitische Governance. Einige halten vor, dass es auch noch 80 Jahre nach der Krise in den 1930er Jahren immer noch keine Übereinstimmung bezüglich der auslösenden Faktoren gibt (Fitoussi). Dieses Mal jedoch gibt es, trotz der unglaublichen Komplexität der Krise, die 2008 begann, keinen Zweifel daran, dass ein entscheidendes Paradigma entthront wurde und dass der neoliberale Marktfundamentalismus nicht länger eine führende Rolle einnehmen kann. Diese Krise „zerstörte vor allem das Vertrauen in die Kompetenz der Wirtschaftsökonomen“. Laut Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz („An Introduction“) ist das Ergebnis heute eine Ära, „in der die Menschen beginnen sollten, die vorherrschenden Paradigmen zu hinterfragen“. Bei all den jungen, zornigen und arbeitslosen Menschen, die ihrem Unmut von Athen bis Madrid und Lissabon Ausdruck verleihen, und angesichts der bedrohten Bildungsetats war es wohl nie dringlicher, auf die qualitativen Missstände im staatlichen Bildungs- und Ausbildungssystem hinzuweisen.

1. Die positive Rolle der Bildung in Krisenzeiten

Obwohl die Weltbank bereits in der Vergangenheit an Strukturanpassungsprogrammen beteiligt war, hat sie erst vor Kurzem die hohe Wertigkeit des Bildungssektors in Zeiten der Wirtschaftskrise erkannt. In dem Strategiepapier des Humanentwicklungs-Netzwerks der

Weltbank Policy options from the World Bank’s Human Development Network wird der Schluss gezogen, dass Bildungsprogramme auf der Nachfrageseite die schlimmsten Auswirkungen der Wirtschaftskrise abfedern können (Weltbank vii). Indem Bildungsinvestitionen eine hohe Priorität eingeräumt wird, wird dafür gesorgt, dass Wissen und Qualifikationen, die sich die Menschen dank des Bildungsangebots aneignen, als Mittel zur Umkehr des Konjunkturrückgangs dienen. Dies muss jedoch in Zusammenhang mit anderen Strategien der Weltbank gesehen werden, die für den Bildungssektor eher unvorteilhaft sind und sich unter anderem oftmals auf Kreditvergabebedingungen, Leistungskontrolle und leistungsbezogene Vergütung konzentrieren und Klassengrößen von bis zu 60 Schülern vorantreiben.

Bis zum Jahr 2020 werden in Europa zusätzlich ca. 16 Millionen hochqualifizierte Fachkräfte benötigt, wohingegen der Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften um 12 Millionen abnehmen wird. Dies ist ohne dringliche und nachhaltige Investitionen in Bildung und Lehrkräfte unmöglich zu erreichen. Während eines konjunkturellen Rückgangs lastet auf den Haushaltsmitgliedern zunehmender Einkommensdruck, der sich dann in einer geringeren Teilnahme am Schulunterricht, niedrigerer Lernleistung und einer erhöhten Schulabbruchrate niederschlägt. Daher trägt eine hohe Priorität von Bildungsinvestitionen besonders in Krisenzeiten dazu bei, dass „die Armen und Schutzbedürftigen weiterhin die Schule besuchen können“ und dass die Lehrer ihren Lohn pünktlich und in voller Höhe erhalten (Weltbank, S.

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11). Dabei bezieht sich die Weltbank auf Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass ein Zahlungsverzug bei der Lehrervergütung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Lehrer zusätzliche Einkommensquellen suchen werden und sich diese Situation dann negativ auf den Unterricht auswirkt. Schüler benötigen Wissen und Qualifikationen, um sich erfolgreich in die Gesellschaft einbringen und eine auf Wissen basierende Wirtschaft vorantreiben zu können. Daher dienen Investitionen in Lehrkräfte einem besseren Wirtschaftswachstum und mindern somit die negativen sozialen Auswirkungen der Krise.

Außerdem haben besser ausgebildete Arbeitskräfte bessere Chancen auf ein nachhaltiges Einkommen während einer konjunkturellen Abkühlung. Die positiven Effekte einer Ausbildung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Bericht fordert die Bereitstellung „zusätzlicher Finanzhilfen zur Unterstützung gefährdeter Schulen in Gegenden, die besonders stark unter der Krise leiden“ (Weltbank, S. 14). Durch diese Strategie können, insbesondere in finanziell schwächeren Kommunen, die andernfalls Schulgebühren einführen müssten, die Schuleinschreibungsraten stabilisiert werden.

Seit 2007 entwickelt sich die Zahl der Neueinstellungen bei den Lehrkräften nicht proportional zu den Zahlen der Schulanfänger und dem eigentlichen Einschreibungsbedarf (IAO, Impact, S. 7; Update, S. 3). Eine Umkehr dieser Tendenz durch verstärkte Investitionen in die Anwerbung von Lehrkräften, ihre Ausbildung und Bindung hätte einen positiven Effekt auf die Nachhaltigkeit einer wissensbasierten Wirtschaft. In ihrem Bericht zur Bildung für Alle, 2011 EFA Global Monitoring Report, schätzt die UNESCO, dass bis zum Jahr 2015 weltweit weitere 1,9 Millionen Lehrer benötigt werden, damit eine universelle Grundschulbildung gewährleistet ist (UNESCO 1). Circa 15 Millionen Sekundarstufenlehrer werden benötigt, um eine allgemeine Sekundarschulbildung sicherzustellen (Nordstrum, S. 32). In seiner Flaggschiff-Veröffentlichung „Schlüsselzahlen zum Bildungswesen 2012“ (2012 Key

Data on Education) macht Eurydice1 auf den dramatischen Mangel an qualifizierten Lehrkräften für Kernfächer aufmerksam. Bis zu 15 % aller 15-jährigen Schüler in Europa besuchten Schulen, an denen der Unterricht unter dem Mangel an qualifizierten Lehrern für die naturwissenschaftlichen Fächer und Mathematik leidet. Über 40 % aller 15-Jährigen in Belgien (französischsprachige Gemeinschaft), Deutschland, Luxemburg und der Türkei besuchten Schulen, die unter Lehrermangel zu leiden hatten. Bezogen auf den Lehrerkräftemangel für das Fach Mathematik in Luxemburg lag diese Prozentzahl sogar bei 80 % (Eurydice, S. 113). Zwischen 20 % und 40 % der Schüler in Belgien (im deutschsprachigen und flämischen Teil), den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich (England, Wales und Nordirland), Island und Liechtenstein besuchten Schulen, an denen nachweislich qualifizierte Lehrkräfte für die naturwissenschaftlichen Fächer, Mathematik oder die Unterrichtssprache fehlten (s. Abb. 1).

1 Eurydice ist ein Netzwerk, das Informationen und Analysen über Europäische Bildungssysteme und –Politik bereitstellt. Es

wird von der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur koordiniert und verwaltet.

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Abb. 1. Prozentsatz der 15-jährigen Schüler, die Schulen besuchen, an denen sich ein Mangel an qualifizierten Lehrkräften negativ auf den Unterricht in den Kernfächern auswirkt, 2009 (Eurydice, S. 113). Rot: Mathematiklehrer; Lila: Lehrkräfte für naturwissenschaftliche Fächer; Rosa: Lehrkräfte für die Unterrichtssprache; X: Keinen Beitrag zur Datenerhebung geleistet

Die Bildungspolitik kann jedoch nicht auf die wechselnden Bedürfnisse des Arbeitsmarkts begrenzt werden, und sie sollte auch nicht darauf abzielen, Arbeitskräfte speziell für bestimmte Branchen heranzubilden. Die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (United Nations Economic Commission for Europe, UNECE) vertritt die Ansicht, dass Bildung „ in ihrer Gesamtheit und aus der Perspektive des lebenslangen Lernens gesehen werden muss“ (UNECE, S. 38). Daher zeigt sich der positive Einfluss von Bildung in Krisenzeiten ganz besonders deutlich. In einer gemeinsamen Erklärung des EGBW und EFEE – den europäischen Sozialpartnern im Bildungswesen – vom 18. Januar 2011 wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Zukunft der Europäischen Union in einer innovationsgetriebenen, wissens- und kompetenzbasierten Wirtschaft liegt. Darin wurde festgestellt, dass Investitionen in Bildung, Ausbildung und Forschung grundlegende Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum und soziales Wohlergehen darstellen und somit eine Investition in die Zukunft sind. „Das Erweitern und Anpassen von Wissen und Qualifikationen aller Bürger ist entscheidend für die Bewältigung der Krise sowie der langfristigen Herausforderungen eines globalen Wettbewerbs, der Beschäftigungssituation und der sozialen Integration“ (Investing, S. 1-2). In der Tat gehören Investitionen in den Bereich Bildung zur offiziellen Politik der Europäischen Union. Mit der Zustimmung des Europäischen Rates zum Vorschlag der Kommission Europa 2020 – eine neue Strategie für Beschäftigung und Wachstum – am 26. März 2010 zu lancieren, wird der Bereich Bildung als eines der fünf Hauptziele weiter hervorgehoben. In Bildung zu investieren gehört in der Tat zur offiziellen Politik der Europäischen Union, womit die EU die positiven Effekte dieser Politik zur Anregung des Wirtschaftswachstums bestätigt. Bei den Kernbereichen, in denen Maßnahmen der Europäischen Union erforderlich sind, wird Bildung an erster Stelle genannt: „Wissen und Innovation, eine nachhaltigere Wirtschaft, eine hohe Beschäftigungsrate und die soziale Integration“ (Europarat, S. 2).

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Auch eine weitere Institution der Europäischen Union, der Rat der Europäischen Union, hat die Rolle der Bildung in Krisenzeiten anerkannt: „Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten muss die entscheidende strategische Bedeutung von allgemein zugänglicher, effizienter und hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung – zur künftigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei gleichzeitiger Förderung des sozialen Zusammenhalts und des gesellschaftlichen Engagements – immer wieder hervorgehoben werden“ (Rat, S. 1). Obwohl Investitionen in die Bildung zur offiziellen Politik der Europäischen Union gehören, fragt man sich, warum sich diese Politik in den einzelnen politischen Initiativen auf nationaler Ebene nur unter großen Schwierigkeiten durchsetzen kann. Der Bildungssektor und die öffentliche Hand im Allgemeinen müssen als Eckpfeiler einer koordinierten Strategie zum Aufbau eines nachhaltigeren und ausgewogeneren Wachstums dienen. Ohne ein bestehendes makroökonomisches Fundament sind die Möglichkeiten einer allgemeinen und beruflichen Bildung begrenzt. Eine große Anzahl sehr gut ausgebildeter junger Menschen sind arbeitslos – ihre Fertigkeiten und Talente bleiben ungenutzt, weil es an entsprechenden Arbeitsstellen fehlt. Eines der Hindernisse, die einem Ausbau des Bildungssektors zum Kernelement dieser koordinierten Strategie im Wege stehen, ist das undemokratische und kontraproduktive Fiskaldiktat dreier internationaler Kapitalgeber im Kontext der Staatsschuldenkrise der Eurozone sowie die Tatsache, dass die einzelstaatlichen Ministerien nicht bereit sind, sich an ihre Brüsseler Versprechen zu halten.

2. Die Demokratie in der Krise: die Troika

Die Allianz der internationalen Geldgeber, vertreten durch die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF), wurden unter der Bezeichnung 'die Troika' bekannt. Diese Gruppe wird von den Gewerkschaften allgemein dafür kritisiert, dass sie grundlegende Arbeitnehmerrechte demontiert und finanzielle Sparprogramme diktiert („ITUC tells IMF“). Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) verurteilte die autoritäre und einseitige Handlungsweise der Troika, die die nationalen Sozialpartner überflüssig macht, und kritisierte, dass mit ihrem Auftauchen immer soziale Not vorprogrammiert sei. So fielen in Griechenland, „mit über einer Million Arbeitslosen, fast 30 % der Bevölkerung unterhalb die Armutsgrenze.“ Der Mindestlohn wurde um 22 % gekürzt, das Arbeitsentgelt junger Menschen sogar um 32 % (EGB, Erklärung zu Griechenland). In Portugal hatte die Troika innerhalb von 16 Monaten nach Zusage eines Rettungsdarlehens in Höhe von € 78 Milliarden den Fortschritt der finanzpolitischen Konsolidierungsmaßnahmen fünf Mal überprüft. Die Einmischung der Troika in die nationale Politik hat sich als sozial destruktiv erwiesen und zu einem Demokratiedefizit in der gesamten Europäischen Union beigetragen. Die von der Troika auferlegten strengen Konsolidierungsmaßnahmen erwiesen sich eindeutig als kontraproduktiv. 2011 fiel das reale Bruttoinlandsprodukt in Griechenland auf -6,9 %; die Arbeitslosenquote lag bei 17,3 %. Es wird erwartet, dass das griechische BIP mit -6,0 % in 2012 und -4,0 % in 2013 negativ bleibt und dass die Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum auf 23,8 % bzw. 25,4 ansteigt. Für Spanien, ein weiteres Land, das sich fiskalpolitischen Konsolidierungsmaßnahmen unterwerfen musste, wird mit -1,5 % bzw. -1,3 % ein negatives Wachstum sowohl für 2012 als auch für 2013 erwartet, wobei die Arbeitslosenquote im gleichen Zeitraum auf 24,9 % bzw. auf 25,1 % steigen wird (IWF, World Economic Outlook 66). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die derzeitige Sparpolitik irgendwelche anderen Resultate zeigt als eine schrumpfende Wirtschaft, soziale Fragmentierung und steigende Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen und der potenziellen Produktionsleistung in der Eurozone. In Griechenland und Spanien wird die Produktionsleistung im Jahr 2012 -11,9 % bzw. -8,4 %

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erreichen, wogegen Deutschland sich mit -1,0 % unweit der Wirtschaftlichkeitsgrenze bewegen wird (OECD 200). Mit einem erwarteten, potenziellen BIP-Wachstum in Griechenland von nur 0,6 % in den Jahren 2012 bis 2017 und 1,5 % in Spanien im gleichen Zeitraum, sind drastische Etatkürzungen im öffentlichen Dienst, darunter auch im Bildungssektor, nicht gerechtfertigt. Langfristige Prognosen zeigen, dass die derzeitigen finanzpolitischen Konsolidierungsmaßnahmen – die die sozialen Unruhen in Europa schüren – kein signifikantes Wirtschaftswachstum bringen werden.

Der IWF lag falsch

Eines der Troika-Mitglieder hat jedoch kürzlich bestätigt, dass sich seine Argumentation zugunsten der Sparpolitik auf wenig stichhaltige Prognosen stützte. Mit seiner im Oktober 2012 im World Economic Outlook veröffentlichten Analyse vollzog der IWF eine totale Kehrtwende und zeigte, dass das Prognoseverfahren in Bezug auf das Verhältnis zwischen Sparpolitik und Wirtschaftswachstum offensichtlich fehlerhaft war. Der IWF gibt darin zu, dass der Finanzmultiplikator von 0,5, der zur Bemessung der Auswirkungen der Fiskalpolitik auf das Wachstum herangezogen wurde, seit der großen Rezession des Jahres 2009 tatsächlich zwischen 0,9 und 1,7 lag (IWF, S. 41). Das bedeutet, dass für jeden einzelnen Euro, der im Etat eingespart wird, die Wirtschaft um bis zu € 1,7 schrumpft; somit lagen die „Defizitfalken“ nachweislich komplett falsch. In seinem neuesten Bericht erkennt der IWF an, dass „starke Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen einen Teufelskreis von Produktionsrückgang und steigenden Schuldenquoten auslösen können, der letztendlich die Unterstützung der Politik für Konsolidierungsmaßnahmen untergraben wird“ (IMF, S. 21). Es bleibt abzuwarten, ob sich noch weitere Troika-Mitglieder dazu bekennen werden, dass die Sparpolitik auf falschen Argumenten beruht. Der IWF räumt außerdem unter Nennung einiger Studien ein, dass die Multiplikatoren „weit über 1“ gelegen haben könnten.2 Unabhängig davon haben die IWF-Forscher festgestellt, dass eine fiskalpolitische Konsolidierung einen negativen Einfluss auf Einkommen und Arbeitslosigkeit hat. „Die Konsolidierung von nur einem Prozent des BIP lässt das inflationsbereinigte Einkommen um ca. 0,6 % schrumpfen und lässt die Arbeitslosenquote um fast 0,5 Prozentpunkte steigen“ (Ball et al., S. 22). Zugrunde gelegt wurden 173 Episoden finanzieller Verknappung in 17 hoch entwickelten Volkswirtschaften über einen Zeitraum von 30 Jahren. „Fiskalpolitische Konsolidierungen bewirken eine Kontraktion, keine Expansion“ (S. 22).

Erosion der Demokratie

Es ist nur ein schmaler Grat zwischen Krisenbewältigung, globaler Koordinierung und der Erosion nationaler Souveränität. Die europäischen Wähler haben weniger Macht an der Wahlurne und werden entweder immer mehr zu passiven Empfängern einer supranationalen politischen Agenda oder einer kontraproduktiven Demagogie nationalistischer Rechtsparteien. Der politischen Führung bleibt nur wenig Zeit, um die momentane Situation zu analysieren und legitime Argumente zu artikulieren. In Europa konnte die Troika ein nie zuvor da gewesenes politisches Kapital anhäufen, indem sie die Rolle des Zuchtmeisters der nationalen Regierungen übernahm. Es ist inzwischen selbstverständlich geworden, es der Troika zu überlassen, „ob eine Kredittranche in Höhe von € 31,2 Milliarden, die im Juni [2012] fällig wäre, ausgezahlt oder aufgrund nicht eingehaltener Vorgaben verzögert werden soll“ (Hope).

2 Siehe Auerbach and Gorodnichenko; Batini, et al.; IMF 2012 Spillover Report; Woodford.

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Eine finanzielle Unterstützung geht immer Hand in Hand mit Forderungen nach kompromisslosen Kürzungen der Staatsausgaben. Joseph Stiglitz steht den europäischen Politikern äußerst kritisch gegenüber, da es ihnen „anscheinend unmöglich erscheint, außer einer Sparpolitik auch andere Lösungen anzubieten“ („The euro crisis“). Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy musste gleich vier „Tranchen“ solcher Sparprogramme innerhalb der ersten sieben Monate seit seiner Amtsübernahme akzeptieren. Einige Ökonomen, wie auch Martin Wolf von der Financial Times, warnen seit einiger Zeit, dass ein Sparkurs nicht vor einer konjunkturellen Erholung stehen kann (Wolf, „We still have“). Die sich in den Jahren 2013 und 2014 aufbauende Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit in Spanien und Italien in Höhe von € 672 Milliarden – prognostiziert von Citigroup – stellen eine gewaltige Herausforderung dar, die jedoch nicht mit drastischen Kürzungen der öffentlichen Dienstleistungen angegangen werden kann (Unmack). Die Sparprogramme haben bedenkliche, negative Auswirkungen auf den Bildungssektor. Laut Informationen der Lehrergewerkschaften wurden im Zeitraum September 2008 bis März 2012 in Spanien 1.500 Schulen geschlossen und zehn Mal mehr Lehrer entlassen, und in Italien 750 Schulen zusammengelegt und 450 geschlossen (EGBW).

3. Die wirtschaftspolitische Steuerung in Europa und die Entstehung eines

neuen EU-Vertrags

Verschärfte Kontrolle der nationalen Fiskalpolitik

Verschiedene Initiativen zur wirtschaftspolitischen Steuerung sowie Bemerkungen von Politikern deuten darauf hin, dass der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon durch einen neuen Vertrag über die Europäische Union ersetzt werden könnte. Inmitten der derzeitigen konjunkturellen Umwälzungen und sozialen Unruhen sollte der Diskurs über einen neuen EU-Vertrag von den zivilgesellschaftlichen Gruppen und den Gewerkschaftsvertretern genau beobachtet werden. Am 26. März 2010 einigte sich der Europarat auf die Bestandteile der Europa 2020-Strategie – offiziell am 17. Juni 2010 verabschiedet – worin ein sechsmonatiger Zeitraum, ein sog. Europäisches Semester, für die Koordinierung der strukturellen und makroökonomischen Politik sowie der Haushaltspolitik der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen ist. Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik, basierend auf Artikel 121 (Abs. 2) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie die beschäftigungspolitischen Leitlinien gemäß Artikel 148 (Abs. 2) AEUV setzen die Strategie von Europa 2020 mit ihren fünf Hauptzielen um. Der derzeitige zweite Zyklus des Europäischen Semesters ist ein komplexer und synchron laufender, multilateraler Überwachungsmechanismus. Zusätzlich zu den Leitlinien wird die Wirtschaftspolitik mithilfe des Euro-Plus-Pakts koordiniert, einem politischen Übereinkommen, das auf einem Treffen des Europäischen Rates im März 2011 zwischen 23 EU-Mitgliedstaaten sowie einigen Ländern außerhalb der Eurozone (Bulgarien, Dänemark, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien) verabschiedet wurde. Obwohl die Ziele dieses Pakts die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, der Erwerbstätigkeit und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Staatsfinanzen sowie eine bessere Finanzstabilität sind, werden die Mittel zu deren Umsetzung – inklusive der „Überprüfung der Lohnfindungsmaßnahmen“ – vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) entschieden abgelehnt (EGB, Strategy and Action Plan, S. 13). Fünf neue Verordnungen und eine Richtlinie traten am 13. Dezember 2011 in Kraft und stärkten die wirtschafts- und finanzpolitische Steuerung in der Europäischen Union („Six Pack“). Sie sollen parallel zum Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag) umgesetzt werden, einer kontroversen

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Vereinbarung zwischen Regierungen, die von 25 EU-Mitgliedsstaaten, außer Tschechien und Großbritannien, unterzeichnet wurde. In einer Erklärung verurteilte der EGB diesen Vertrag, da hiermit eine „schädigende pro-zyklische Fiskalpolitik verfolgt würde, die absolute Priorität auf starre wirtschaftspolitische Vorschriften legen würde und dies in einer Zeit, da die meisten Volkswirtschaften immer noch sehr schwach und die Arbeitslosenquote untragbar hoch seien“ (EGB, Declaration on the Treaty (Erklärung zum Vertrag), S. 2). Dieser Vertrag sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten gegeneinander Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (Art. 8) einreichen können, um finanzielle Sanktionen durchzusetzen, falls es ein Mitgliedsstaat versäumen sollte, strenge Vorschriften zur Staatsverschuldung und zum Haushaltsdefizit permanent und verpflichtend in innerstaatlichen („vorzugsweise konstitutionellen“) Regelungen zu verankern. Der Artikel 5 des SKS-Vertrags bereitet den Weg für die Entstehung eines neuen EU-Vertrags und seiner Bestimmungen: „Inhalt und Form dieser Programme werden im Recht der Europäischen Union festgelegt.“ Diese Programme beziehen sich jedoch auf „eine detaillierte Beschreibung der Strukturreformen“, die eine wirksame und dauerhafte Korrektur eines übermäßigen Defizits solcher Mitglieder gewährleisten. Allerdings werden Sanktionen Europa bestimmt nicht vor einem Konjunkturrückgang schützen. Ein neuer EU-Vertrag wird im Artikel 16 des SKS-Vertrags detaillierter vorformuliert: Binnen „höchstens“ fünf Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Vertrags werden ....... die „notwendigen Schritte mit dem Ziel unternommen, den Inhalt dieses [SKS-]Vertrags in den Rechtsrahmen der Europäischen Union zu überführen.“ Für die meisten Sanktionen wird im „Six Pack“ ein Verfahren der Abstimmung mit umgekehrt qualifizierter Mehrheit vorgeschlagen, wobei eine Empfehlung der Kommission als vom Rat angenommen gilt, es sei denn, eine qualifizierte Mehrheit von Mitgliedstaaten spricht sich dagegen aus. Diese Maßnahme hat einen Einfluss auf die demokratische Legitimität und verschiebt das Machtverhältnis in Richtung Europäische Kommission. Und falls sich die Mitgliedsstaaten um einen Verlust ihrer politischen Handlungsfreiheit sorgen, so werden sie darin durch die Äußerung von EU-Kommissar Barnier nur bestätigt: „Eine Übertragung der Souveränität sollte kein Tabuthema sein“ (Simon). Am 16. November 2011 wurden zwei Verordnungen („Two Pack“) zur Verstärkung der makroökonomischen Überwachung verabschiedet. Die Verordnung über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung in der Eurozone sowie die Verordnung über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte in der Eurozone verleihen den Geldbußen und Sanktionen noch mehr Nachdruck. Es zeigt sich, dass jede weitere Ergänzung der europäischen wirtschafts- und fiskalpolitischen Gesetzesinitiativen immer wieder Sanktionen für die Nichteinhaltung der Vorgaben enthält. Das hat sich als kein wachstumsorientierter Ansatz inmitten des Konjunkturrückgangs erwiesen, obwohl die EU-Kommission die Strategie Europa 2020 mit den Schlagworten „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ propagiert (Europäischer Rat, S. 2). Der Euro-Plus-Pakt, der „Six Pack“, der „Two Pack“ und der SKS-Vertrag bezeugen eindeutig, dass hier in großem Maße gegen und nicht für ein Wachstum gearbeitet wird. Sie lassen weiterhin ahnen, dass eine verstärkte und strenge wirtschaftspolitische Steuerung im Kontext eines neuen EU-Vertrags zu erwarten ist. Brüssel hat Wege gefunden, auch gegen Mitgliedsstaaten außerhalb der Eurozone hart vorzugehen und einen Beweis dafür geliefert, dass es strenge Strafen bei Nichteinhaltung der Vorgaben auferlegen kann. Im März 2012 setzte der Rat der Europäischen Union Artikel 4 der Verordnung des Rats Nr. 1084/2006 in Kraft und beantragte die Aussetzung der Zusagen aus dem Kohäsionsfonds im Wert von 0,5 % des ungarischen BIP, da der Staat sein übermäßiges Defizit nicht korrigieren konnte. Dies hat einen Präzedenzfall für die anderen, Nicht-EWU-Länder geschaffen, die gleichfalls übermäßige Defizite aufweisen.

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Der Weg zur politischen Union

Allgemein betrachtet bewegt sich Europa zweifellos auf eine zunehmende Bündelung der einzelstaatlichen Souveränität zu. „Meine Vision ist die politische Union, weil Europa einen eigenen Weg gehen muss“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Januar 2012. Sie würde sich wünschen, dass „mehr Macht an die Kommission übertragen wird“, die dann als eine gesamteuropäische Regierung fungieren soll. Sie brachte außerdem die Vision eines starken Parlaments zum Ausdruck. Zudem soll „der Rat, bestehend aus den Staatsoberhäuptern, die zweite Kammer bilden und zu guter Letzt soll der Europäische Gerichtshof die höchste Gerichtsbarkeit sein. So könnte die politische Einheit in Europa in einiger Zeit aussehen. Dies bedarf jedoch, wie gesagt, noch vieler Einzelschritte“, sagte Frau Merkel. In Verbindung mit den Anmerkungen von Olli Rehn, dem EU-Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, nach denen der Dezemberbericht 2012, der sich mit dem Ausbau der Europäischen Währungsunion (EWU) befassen wird, „auch untersuchen wird, was innerhalb des derzeitigen Vertragsrahmens machbar ist und welche Maßnahmen einer Änderung des Vertrages bedürfen würden“ (Rehn), ist offensichtlich, dass sich Europa nach weniger als drei Jahren seit Lissabon auf einen neuen Vertrag einstellen muss.

4. Eine soziale Katastrophe im Kontext stärkerer Integration

In seiner Rede zur Lage der Union 2012 erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, dass „unsere Bürger und die neue Weltordnung mehr denn je zuvor ein aktives und einflussreiches Europa brauchen“ (Barroso). In seiner Rede sprach er sich für eine politische Union in unsicheren Zeiten aus und bezog sich dabei auf eine Idee, die das vorherrschende Paradigma in einem weltweiten Kontext verfestigt. Auch andere europäische Spitzenpolitiker haben sich dieser Dynamik angeschlossen. „Frau Merkel hat erneut signalisiert, dass Deutschland für eine weitgehende Bündelung nationaler Verpflichtungen – inklusive gemeinsamer Eurobonds – bereit ist, wenn damit auch eine Bündelung der staatlichen Souveränität, also eine 'politische Union' einhergeht“, schreibt die Financial Times („France makes its bid“). Der Ruf nach einer stärkeren Integration geht einher mit einer beginnenden sozialen Katastrophe in Europa. Dorothee Bohle und Béla Greskovits, Forscher an der Central European University, fragen sich: „Wie kann ein Minimum an sozialem Zusammenhalt (ohne den keine Gesellschaft existieren kann) sichergestellt werden, wenn die Haushaltsmittel für soziale Programme und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen drastisch gekürzt werden?“ (S. 155). In dieser Frage schwingt eine große Dringlichkeit mit, angesichts der radikalen Finanzkonsolidierung innerhalb der Europäischen Union, deren zugrunde liegende Annahmen offenbar über die neoliberale Tendenz des Washingtoner Konsenses hinausgehen. Die Krise und die Reaktion darauf wurden von einigen als Chance gesehen, und so sind Umstände aus dem europäischen Kontext entstanden, in denen extreme Ideologien nun wieder erwachen. In Frankreich bereitete die vorherrschende Antizuwanderungspolitik die politische Bühne für die ultrarechte Nationale Front, die ungefähr ein Fünftel der abgegebenen Stimmen erhielt. In Griechenland, Norwegen, Finnland, Ungarn und Österreich besteht die Gefahr einer Beeinflussung der Kräfteverhältnisse durch faschistische Parteien. Es könnte sein, dass die Verfasser des Reformprogramms – die ganz offensichtlich auf ideologischer Basis arbeiten – eventuell ahnen, dass ihr Projekt weder ein Wirtschaftswachstum zur Folge haben noch die Krise beenden wird. Die europäischen Politiker verwechseln ein Symptom mit den Ursachen der Krise: Sie sehen nicht den Unterschied zwischen Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit und der durch die Finanzkrise verursachten fehlenden gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Parteiische wissenschaftliche Literatur zum Thema „expansive Sparpolitik“ versucht, Kürzungen der

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öffentlichen Haushalte mit der Begründung zu rechtfertigen, dass damit das Vertrauen der Privatwirtschaft gefördert und in Folge mehr investiert wird. Dieses Argument verliert jedoch schnell an Gültigkeit angesichts der Tatsache, dass Investitionen des privaten Sektors wegen der geringen Nachfrage darniederliegen und nicht weil sie durch Staatsausgaben „verdrängt“ werden. In 18 europäischen Ländern streikten die Lehrer über einen Zeitraum von 15 Monaten vor dem September 2012. Das gegen den Willen der Bevölkerung durchgepaukte Reformprogramm hat eine soziale Katastrophe auf dem ganzen Kontinent zur Folge, und zwar ohne Aussicht auf Besserung. Das Argument, dass strenge Sparmaßnahmen nötig sind, damit die Wirtschaft gesundet und das Wachstum wiederbelebt wird, ist nicht nur unlogisch – es ist absolut lächerlich! Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman sagt, dass „Länder mit den größten Etatkürzungen die größten Einbußen in der Produktionsleistung verzeichnen mussten“ (Krugman and Layard). Im Kontext der intensiven Arbeit an einer politischen Union als Krönung des europäischen Integrationsprozesses, wie von Herrn Barroso signalisiert, scheint das Schüren sozialer Unruhen darauf abzuzielen, die Argumente der Opposition auf nationaler Ebene bezüglich einer Erosion der Souveränität zu widerlegen. Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass die Beschäftigungszahlen in der Eurozone insgesamt um 3,5 Millionen niedriger sind als vor der Krise und dass weitere 4,5 Millionen Stellen in den nächsten vier Jahren abgebaut werden. Dies wird das Vertrauen der Bürger in ihre nationalen Regierungen, das Finanzsystem und die europäischen Institutionen schädigen (IAO, Eurozone job crisis 2012, S. 11). Die Auflösung der Nationalstaaten hat bereits begonnen und eine Währungsgemeinschaft im Kontext wachsender makroökonomischer Ungleichgewichte kann ohne tief greifendere politische Koordination und Integration nicht aufrechterhalten werden. Und so beginnt langsam und quasi durch die Hintertür der Prozess einer von der oberen Führungsriege aufgezwungenen regionalen Steuerung, ohne demokratische Legitimation und unter dem Deckmantel der politischen Koordinierung. EU-Beamte äußern sich immer deutlicher über eine neue Form der Europäischen Union. Am 12. Juli 2012 – genau zwei Monate vor der Rede von Herrn Barroso zur Lage der Union – forderte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier die Schaffung eines neuen EU-Finanzministerpostens und die Position eines EU-Präsidenten in seiner Darstellung der einzelnen Stufen einer vollständigen europäischen Integration, wobei er anmerkte, dass eine Bankenunion nur ein Teil eines noch fundamentaleren Projekts ist (Barnier). Herrn Barniers Bemerkungen am Petersen Institut in Washington waren wichtig, denn sie legten die Schritte der Europäischen Union hin zu einer neuen Form der Union offen: Analyse der Ungleichheiten eines jeden Landes, länderspezifische Empfehlungen und das kollektive Recht, die Jahreshaushaltspläne eines jeden Mitgliedsstaates noch vor der Verabschiedung zu prüfen – das sog. Europäische Semester – existieren bereits als Mittel für eine Wirtschaftsunion. Die Fiskalunion, der zweite Schritt im Zuge einer tief greifenden Integration, erhielt einen zusätzlichen Anstoß durch den zwischenstaatlichen Fiskalpakt – den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion – in dem gemeinsame Zielvorgaben für Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit enthalten sind. Die lang anhaltende Diskussion der Maßnahmen zur Krisenbewältigung in Europa hat vor Kurzem die nächste Ebene in einem immer tiefer gehenden Integrationsprozess erreicht: eine „paneuropäische Überwachung, die wirklich Biss hat“, so Herr Barnier. Am 12. September 2012 schlug die EU-Kommission die Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) für die Eurozone vor. Ein Einlagensicherungsprogramm – das ein wichtiger Teil der Bankenunion ist und Einlagen in Höhe von € 5 Billionen der 6.000 Banken in der Eurozone abdecken und die Märkte beruhigen soll – wurde unter dem Druck Deutschlands fallen gelassen, und zwar kurz bevor das SSM vorgestellt werden sollte (Barker). Die Durchführung einer tief greifenden Integration von EU-Mitgliedsstaaten stößt auch auf Opposition, doch nichtsdestotrotz ist die politische Dynamik in Richtung einer neu definierten Europäischen Union nicht zu leugnen.

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Wie kann eine wirtschaftliche Erholung stattfinden in einem Umfeld von radikalen Sparmaßnahmen, der Erosion nationaler Souveränität und signifikanten Leistungsbilanzungleichgewichten? Die Europäer sind gefordert, auf eine ganz neue Weise zu kooperieren – wahrscheinlich mehr als zuvor – in einer Art, die sie nicht gewöhnt sind und innerhalb von Strukturen, die es noch gar nicht gibt.

5. Eine globale Kursänderung: „Staatsoberhäupter stehen und fallen mit

ihrer Wahrnehmung von Trends ”3

Die Welt ist derzeit einem grundsätzlichen Wandel ihrer intellektuellen und politischen Infrastrukturen unterworfen und beginnt, sich von einem nicht haltbaren Entwicklungsmodell zu einem nachhaltigen, durch Nachfrage bestimmten Modell zu wandeln. Durch den Verlust althergebrachter Arbeitsplätze und das Entstehen neuer Steuerungsstrukturen und Innovationen, die mit diesem Übergang einhergehen, werden viele Menschen an den Rand gedrängt, werden arbeitslos, verwirrt und wissen nicht, in welche Richtung sich die Zivilisation entwickeln wird. In vielen Teilen der Welt eskalieren die Konfusion und die Wut; und verfehlte politische Initiativen – hier besonders die finanzwirtschaftlichen Sparprogramme – verschlimmern die angespannte Situation immer mehr. Wenn die heutigen politischen Entscheidungsträger, übernächtigt von den zwanzig Antikrisen-Gipfeltreffen zwischen September 2008 und Juni 2012, es nicht fertigbringen, der leidenden Bevölkerung die groben Züge dieses Übergangs klarzumachen und vielmehr durch Zwang und Manipulation an ihren starren Strukturen festhalten, werden sie der ihnen übertragenen Verantwortung nicht gerecht werden. Ein Protestslogan aus Madrid bringt die derzeitige Stimmung ziemlich prägnant auf den Punkt: „Keine Arbeit, keine Wohnung, keine Rente, keine Angst” (Daley). Die politischen Entscheidungsträger und „die Märkte“ sollten sich dessen bewusst ein, dass die Bevölkerung ihre Macht, ein kollektives 'Nein' zur Sparpolitik auszudrücken, noch nicht verloren hat. In ganz Europa haben die Gewerkschaften, die zivilgesellschaftlichen Organisationen und die einfachen Bürger als Ausdruck der Demokratie gegen die Sparpolitik mobilgemacht. Frustrationen und Spannungen zwischen den Gesellschaftsschichten und Kulturen nehmen zu. Und obwohl „wütende Menschen nicht immer weise handeln“, ist manchmal die Devise „da es keinen Weg zurück gibt, ist das der beste Grund für den Überlebenskampf“ (Austen; Liqun and Jin). Gewollt oder nicht, die Sparmaßnahmen in ganz Europa haben genau diese Einstellung zur Folge. Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklungen und angesichts von Unsicherheit und Angst vor unbekannten Alternativen strebt die Menschheit – wie schon immer – eine bessere, kooperierende, gerechte und nachhaltige Gesellschaftsform an. „Des Menschen Streben sollte über das Erreichbare hinausgehen (Man’s reach should exceed his grasp4)“ – und diese Zivilisation, die auf dem Gipfel der technologischen Möglichkeiten und deren Herausforderungen an die menschliche Genialität angelangt ist, erlebt nun, wie das vorherrschende Paradigma an seine Grenzen kommt.

6. Wie sind wir dahin gekommen und wie kommen wir da wieder heraus?

Die Hypothekenkrise als Folge der Vergabe von Immobilienkrediten an bonitätsschwache Kreditnehmer und der Kollaps der Kreditderivate offenbarten, dass systemrelevante

3 Henry Kissinger, Diplomacy (New York: Simon & Schuster, 1994.) S. 251. 4 Robert Browning, “Andrea del Sarto,” Browning’s Shorter Poems, ed. Franklin T. Baker (New York: Macmillan, 1917) S. 149.

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Finanzinstitutionen, also Institutionen, die zu groß zum Scheitern sind („Too-Big-To-Fail“), die Marktwirtschaft dazu missbrauchten, mit komplexen oder „virtuellen“ Finanzprodukten zu spekulieren – und dazu anderer Menschen Geld benutzten – um sich so auf Kosten aller anderen auf eine anmaßende und sozial unverantwortliche Weise zu bereichern. Das vorherrschende Paradigma bestärkt Strukturen, die Menschen dazu anregen, Produkte zu kaufen, die sie sich nicht leisten können oder die sie eigentlich nicht wollen, Arbeitsstellen anzunehmen, die keine nachhaltigen Werte schaffen, einen System zu dienen, das seine wirklichen Ziele verborgen hält, Ungewissheit und Unsicherheit fördert und Abhängigkeiten schafft. Jetzt ist es an der Zeit zu erkennen, dass die globale Finanzinfrastruktur naturgemäß nicht zukunftsfähig ist und Alternativen entweder zu komplex sind, um sie zu verstehen, oder zu beängstigend, um sie in Betracht zu ziehen. Extreme Handelsungleichgewichte, eine Anhäufung riesiger Dollarreserven in Überschussländern (z. B. China) gefolgt vom Ankauf von US-Staatsanleihen – wodurch die Zinsen niedrig gehalten wurden – führten zur Aufblähung von Vermögenswerten und lieferten billige Finanzmittel für Spekulationen, die Verbriefung von Hypothekenschulden und im Folgenden eine Preisblase bei den Vermögenswerten in den USA (Habbard 128). Finanzinstitute konnten ungehindert Kreditverbriefungen zu sogenannten Collateralised Debt Obligations (CDOs) zusammenschnüren, die mit einem AAA-Rating versehen waren und sich letztendlich als „hochgiftig“ erwiesen und die Rating-Agenturen diskreditierten. Einige potenzielle Eigenheimbesitzer in den USA wurden von den Hypothekenanbietern ausgetrickst, die ihnen variabel verzinsliche Hypotheken unter dem Deckmäntelchen eines festverzinslichen Darlehens verkauften („Behind the Bailout“). Eine schwache Bankenregulierung, Finanzinstitute mit hoher Risiko/Eigenkapital-Relation, räuberische Kreditvergabepraktiken und ein Mangel an Risikostreuung führten dazu, dass die Kreditgeber einander schließlich überhaupt nicht mehr vertrauten, als das Spiel zu Ende war. Die Strippenzieher der Finanzindustrie brachten die globale Finanzinfrastruktur an den Rand des Abgrunds. Die lässt an ein Shakespeare-Zitat denken: „Wenn wir uns nichts Schlechteres von ihnen einbilden als sie selbst, so mögen sie für vortreffliche Leute gelten“ (Ein Sommernachtstraum, 5. Aufzug, 1. Szene, 2059). Dann, ganz plötzlich, war im September 2008 keiner schuld und keiner mehr sicher. Banken wollten keine Kredite mehr vergeben. Am Ende schritten die Regierungen ein und retteten die Banken mit dem Geld der Steuerzahler. Mit dem „Einfrieren der Kredite“ nach dem Kollaps von Lehman Brothers wurden die Banken nervös und wollten sich weder gegenseitig noch der Wirtschaft Geld leihen, was die große Maschinerie der Weltwirtschaft abrupt zum Stillstand brachte. Die Regierungen mussten eingreifen, um einen Ansturm auf die Banken wie im Jahr 1930 zu verhindern; allerdings bleibt die Art und Weise in der sie das hätten tun sollen dahingestellt. Der Ruf nach vollständiger Verstaatlichung wie in Schweden in den 1990er Jahren wurde letztendlich von einer von den meisten befürworteten Politik der Finanzspritzen für die Banken abgelöst, um ihre faulen Vermögenswerte, ihren „Giftmüll“ abzudecken. Dazu waren eine massive Kapitalzufuhr aus öffentlichen Mitteln und Garantien notwendig, die naturgemäß die Staatsverschuldung in die Höhe trieben. Dies war jedoch nötig, um den Motor der internationalen Finanzwelt wieder zum Laufen zu bringen, denn anderenfalls wäre die Wirtschaft zusammengebrochen. Was jedoch genauso benötigt wurde, war ein umfassenderes Konjunkturpaket für die Schaffung von Arbeitsplätzen, damit auch die reale Wirtschaft in Schwung kommen konnte. Allerdings irrten sich die politischen Entscheidungsträger in ihrer Einschätzung der Krisenausmaße. Man dachte, dass sich alles wieder von selbst regeln würde, wenn nur der Finanzsektor wieder funktionierte. Sie konzentrierten sich in erster Linie auf den Finanzsektor und ließen die restliche Wirtschaft größtenteils außer Acht. Die Rettung der Wall Street durch den am 3. Oktober 2008 in Kraft getretenen „Emergency Economic Stabilization Act“, ein US-amerikanisches Notgesetz zur Wirtschaftsstabilisierung, die größte Finanzinvestition der USA in Friedenszeiten, wurde von den Gewerkschaften sehr

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bald schwer kritisiert. „Es ist nicht nur unmoralisch, es ist schlichtweg schlechte Wirtschaftspolitik“, so Damon Silvers, Associate General Counsel der AFL-CIO. „Man kann die Wirtschaft dadurch ankurbeln, dass man Liquidität und Hilfe dort zuzuführen versucht, wo Wirtschaft tatsächlich stattfindet, statt sie in die Finanzwelt zu pumpen, die sich jenseits der Wirtschaft wähnt“ („Behind the Bailout“). Im Zeitraum Oktober 2008 bis Oktober 2011 erhielten die europäischen Banken Finanzspritzen aus öffentlicher Hand und Garantien in Höhe von € 4,5 Billionen und trugen so zur Staatsschuldenkrise bei (Barnier). Dies zeigt eindeutig, dass die paneuropäische Bankenrettung auf Kosten der künftigen Generationen geht, die für die Fehler der heutigen Führungskräfte zahlen müssen. Die Financial Times bestätigt, dass „zwei Rettungspakete speziell auf die Rettung deutscher Investoren der spanischen und irischen Banken zugeschnitten waren und zulasten der Steuerzahler dieser Länder ging“ („France makes its bid“). Die Staatsschuldenkrise ist auch das Ergebnis der steigenden Arbeitslosigkeit und der dadurch bedingten, niedrigeren Steuereinnahmen und höheren Ausgaben für soziale Sicherungsprogramme. Langfristig kann ein Abbau der Staatsverschuldung und des Haushaltsdefizits nur durch eine nachhaltige Beschäftigungspolitik und ein Wachstum der Realwirtschaft erfolgen. Auch ohne eine Bankenrettung wären viele Länder trotzdem in einer schwierigen finanziellen Situation. Am Anfang des 21. Jahrhunderts ist die ganze Welt jenseits jeder Vernunft ebenso stark fremdfinanziert, wie sie verschuldet ist. Die von europäischen Banken gewährten Kredite überschritten die Einlagen um € 1,3 Billionen (Thomas) im Jahr 2011. Die skandalgeschüttelte London Interbank Offered Rate (Libor), der globale Richtzinssatz, „gilt weltweit für Finanzkontrakte in Höhe von US$ 350 Billionen“, obwohl sich die Größenordnung der gesamten Weltwirtschaft nur zwischen US$ 50 und US$ 60 Billionen bewegt (Masters). Der nominelle Wert des globalen Derivatemarkts beträgt schwindelerregende 1.000 Mal US$ 1,2 Billionen, anders ausgedrückt US$ 1,2 Billiarden, also ungefähr 20 Mal die Größenordnung der Weltwirtschaft (Cohan, „Big Risk“). Offensichtlich ist die Welt einer unkontrollierten und unhaltbaren Risikobereitschaft gigantischen Ausmaßes ausgesetzt. Falls die politischen Entscheidungsträger es nicht schaffen, mithilfe eines strengen Regulierungs- und Aufsichtsrahmens Licht in das Schattenbanksystem zu bringen, könnte sich die Situation von 2008 wiederholen. Es wurde argumentiert, dass Hedgefonds, die den Banken ihr Geld entzogen, deren Wertpapiere sie in Leerverkäufen abwickelten, den unmittelbaren Zusammenbruch der „systemrelevanten“ Institute Bear Sterns und Lehman Brothers verursachten (Cohen, „SEC should ban“). Wer weiß denn, ob die Finanzindustrie ihre Lektion gelernt hat oder ob sie nach 2008 ihr Gewissen wiedergefunden hat?

7. Das Ausmaß der Verschuldung: Die Grenzen des herrschenden

Paradigmas versetzen

Die Politiker haben die Finanzindustrie bisher nicht mittels einer Harmonisierung der Krisenbekämpfungsmaßnahmen mit gerechter und umverteilender Besteuerung, beispielsweise von Finanztransaktionen, zur Rechenschaft gezogen. Die Rekapitalisierung des Bankensystems mittels groß angelegter Rettungsaktionen und antizyklischer Konjunkturpakete mit quantitativer Lockerung und unorthodoxen Politiken, trieb die Verschuldung in nie gekannte Höhen und löste schließlich eine Staatsverschuldungskrise aus. Der Privatwirtschaft geht es in einigen Ländern auch nicht viel besser. Von den €323 Mrd. des von den Finanzinstitutionen angehäuften Immobilienvermögens wurden 2011 €175 Mrd. vom Banco de España (spanische Zentralbank) als „problematisch” eingestuft (Castle). Spaniens Staatsverschuldung ausgedrückt als Prozentsatz des BIP erscheint mit 70 Prozent relativ niedrig. Wird bei diesem Prozentsatz aber auch die Verschuldung sowohl der Banken als auch der Privathaushalte berücksichtigt, so steigt diese Zahl auf 363 Prozent des BIP.

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Parallel dazu wird die „Verschuldung“ Griechenlands mit 165 Prozent und diejenige Italiens mit 120 Prozent beziffert (Eurostat, 2012). Aus einem Bericht des McKinsey Global Institutes geht allerdings hervor, dass die Verschuldung Griechenlands in Wirklichkeit 267 Prozent und diejenige Italiens 314 Prozent des BIP ausmachen. Die Gesamtverschuldung - einschließlich der Haushalte, Nichtfinanzunternehmen, Finanzinstitutionen und der Staatsverschuldung belief sich in Irland auf unglaubliche 663 Prozent des BIP (1. Quartal 2011), mehr noch als in Japan oder im Vereinigten Königreich mit jeweils 512 und 507 Prozent (Roxburgh, S. 5). In dem Bericht heißt es zurecht, dass „kein Land alle Bedingungen erfüllt, um das Wachstum wieder anzukurbeln“ (Roxburgh, S. 2). Nichtsdestotrotz und auf Drängen des IWF, der EZB und der Europäischen Kommission (der Troika) haben die Regierungen in der gesamten EU einen unerbittlichen Sparkurs eingeschlagen, ohne die gegenwärtigen Leistungsbilanzungleichgewichte zu beheben, oder eine eindeutige Strategie für die Ankurbelung des Wachstums festzulegen. In diesem Gesamtzusammenhang gesehen sind die Bildungshaushalte trotz der Beteuerungen der Politiker oder der scheinwahrenden Initiativen der Europäischen Kommission, der Exekutive der EU, zweifellos in Gefahr.

8. Sicherung der Zukunft des Bildungswesens: ungleiche

Einkommensverteilung und Bildungsetats in Bedrängnis

Trotz eines Rechtsrahmens und eines Reformpakets zu den Liquiditätsvorschriften, die bis 2019 stufenweise eingeführt werden sollen (Basel III), der Verabschiedung des Dodd-Frank-Gesetzes in den USA oder des besonderen Schutzmechanismus (SSM) für die Eurozone werden im Schatten agierende Akteure in der Finanzbranche nicht so leicht gestoppt werden können. Das Ergebnis der Finanzkrise zeigte, dass Mervyn A. King, der Gouverneur der Bank of England, Recht hatte, als er sagte, dass „globale Banken im Leben global und im Tod national sind” (Castle). Auf die Rettungsaktionen der Regierungen für die Finanzbranche folgte eine strikte Konsolidierung einzelner Positionen der Staatshaushalte. Da die Bildung auf der „Gehaltsliste“ der Regierung steht, hängt sie völlig von der staatlichen Politik ab. Bildungsbeschäftigte und ihre Gewerkschaftsvertreter müssen deshalb in Bezug auf globale und regionale Wirtschaftsangelegenheiten immer einen Schritt voraus sein und die enge Verbindung zwischen dem Stand der Wirtschaft und der Bildungspolitik im Auge behalten. Die öffentlichen Ausgaben für Bildung gingen zwischen 2005 und 2009 in 19 von 32 OECD-Ländern zurück und die Zahl der 15-29-Jährigen, die weder beschäftigt noch in Ausbildung oder Berufsausbildung stehen, „schnellte 2010 auf fast 16 Prozent hoch, nachdem die Zahl mehrere Jahre lang rückläufig gewesen war” (OECD, Education at a Glance, S. 15). Dabei wird das vollständige Ausmaß der anhaltenden Rezession und der finanzpolitischen Straffung, für die sich die Regierungen nach einem kurzen Versuch mit keynesianischer Wirtschaftspolitik entschieden haben, noch nicht einmal berücksichtigt. Trotz ihres enormen Umfangs wurden die Ausgaben von US$1,98 Billionen zur Ankurbelung der Konjunktur 2009 als in Relation gesehen unzureichend bezeichnet, da diese Ausgaben etwa 1,4 % des weltweiten BIP ausmachten, wobei fast 90 Prozent der weltweiten wirtschaftlichen Konjunkturanreize von den G-20-Ländern kamen (Khatiwada, S. 1). Nichtsdestotrotz schätzt die IAO, dass durch die Konjunkturanreize im Jahr 2009 7-11 Millionen Arbeitsplätze gerettet werden konnten (IAO, Policy Coherence, S. 3). Dieser Betrag muss immer noch in die richtige Perspektive gesetzt werden. 45 Millionen junge Menschen treten jährlich auf den Arbeitsmarkt und zwischen 2009 und 2015 werden 300 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssen. In dem am 19. Juni 2009 von der Internationalen Arbeitskonferenz einstimmig angenommenen globalen Beschäftigungspakt, the Global Jobs Pact wurde vor den „schädlichen Folgen deflationärer Lohnspiralen und sich verschlechternder Arbeitsbedingungen“ gewarnt, eine Situation, die sich seit Beginn der Krise

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bewahrheitet hat (IAO, Global Jobs Pact iv, S. 7). Auch „The Economist“ sprach sich gegen die Sparpolitik aus: „Die deutschen Politiker, die vom Rest Europas nur Sparmaßnahmen und Lohnkürzungen fordern, vergessen, dass das Ziel des Wachstums in der Verbesserung der Privateinkommen und der Erhöhung der Verbraucherausgaben besteht” („The lessons”). Einer der Gründe der Krise war die zunehmende Ungleichheit, die aufgrund der mageren Lohnsteigerungen der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung im Vergleich zur übermäßigen Gier einer winzigen Mehrheit entstand (siehe Abb. 2). In den USA ist das Einkommen des obersten ein Prozent der Spitzenverdiener unter den Erwerbstätigen exponentiell gestiegen, während die Löhne und Gehälter anderer Erwerbstätiger im Verhältnis zur Produktivität stagnierten (vgl. Abb. 3). Der Anstieg der Ungleichheit wirkt sich grundlegend auf das Spar- und Konsumverhalten aus. Die unteren schätzungsweise 80 % der Haushalte sind zunehmend verschuldet. Solange die Kredite billig und leicht zugänglich sind und der Wert des Anlagevermögens steigt, schlägt sich dies zunächst nicht auf die Gesamtnachfrage nieder. Aber mit zunehmendem Ungleichgewicht nehmen auch die Instabilität und die Möglichkeit einer Finanzkrise zu. Die Bekämpfung der Ungleichheit, wozu auch die Sicherstellung eines besseren Ausgleichs zwischen dem Einkommensanteil, das jeweils von Vermögensinhabern und von den Erwerbstätigen bezogen wird, gehört, muss eine Priorität darstellen.

Rot: oberstes 1 Prozent der Erwerbstätigen; Gelb: oberstes Fünftel; Hellblau: mittleres Fünftel; Dunkelblaus: unteres Fünftel

Abb. 2. Einkommenszuwächse an der Spitze stellen diejenigen der Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen in den Schatten. Prozentuale Veränderung des Einkommens nach Steuern seit 1979 (Sherman and Stone).

Grün: Produktivität; Rot: mittleres Einkommen des obersten 1%; Blau: durchschnittliches Gesamteinkommen

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Abb. 3. Beziehung zwischen Produktivität, durchschnittlichem Einkommen des obersten ein

Prozent der Erwerbstätigen und dem Durchschnitt der Löhne und Gehälter insgesamt (Gilson

and Perot).

Die Last der Verantwortung wird seit Beginn der Krise weitergereicht: Systemrelevante Finanzinstitutionen (SIFI) schoben die Verantwortung den Regierungen zu und wurden gerettet. Die Regierungen suchten einen Geldgeber letzter Instanz und erhielten bereitwillig Unterstützung durch den IWF, wobei die Sache allerdings wie immer einen Haken hatte. Das wirft eine knifflige Frage auf: Wenn Regierungen die Banken retteten und der IWF die Regierungen rettete, wer wird dann den IWF „retten“? Als der Internationale Währungsfonds - zusammen mit anderen Geldgebern - den notleidenden Staaten einen Rettungsring zuwarf, hat er praktisch die Kontrolle über einzelstaatliche Haushaltspositionen übernommen und eine wirtschaftliche Kontraktion ausgelöst (vgl. Abb. 4).

Abb. 4. Haushaltspolitische Straffung und BIP der Eurozone 2008-12 (Wolf, „The impact of

fiscal austerity”).

Die Bildungsetats wurden stark gekürzt, da sie als abhängig von der Solidität der öffentlichen Finanzen betrachtet werden. Anschließende Kürzungen im Bereich der öffentlichen Dienste als Reaktion auf den Druck des Marktes belegen den Mangel und nicht das Übermaß an Mut der Politiker im Hinblick darauf, dauerhafte Lösungen, die über die nächsten Wahlen hinausreichen, zu finden. Die Kürzung der Bildungsetats verstärkt den Eindruck, dass die Strategien zur Bekämpfung der Krise bestenfalls kurzsichtig sind (siehe Abb. 5). Diese Politik zeigt in Verbindung mit der Schließung, Zusammenlegung und Privatisierung von Schulen sowie die Betrachtung von Bildung als Handelsware, dass überhaupt nicht an die künftigen Generationen gedacht wird, und das in einer Zeit, in der die Ausbildung von Schülern und jungen Menschen gerade besonders wichtig ist (siehe Abb. 6). Das Wissen und die Qualifikationen des 21. Jahrhunderts müssen durch allgemeine und berufliche Bildung, Weiterbildung und Umschulung unbedingt vorangetrieben werden.

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(v.l.n.r.: Lettland, Rumänien, Ungarn, Griechenland, Zypern, Island, Vereinigtes Königreich, Tschechische Republik, Montenegro, Spanien, Litauen, Frankreich, Italien, Kroatien, Belgien)

Abb. 5. Beispiele für Kürzungen der Bildungsetats 2008-2012 (EGBW).

(v.l.n.r.: Belgien, Georgien, Slowakei, Litauen, Moldau, Niederlande, Italien, Ungarn, Griechenland)

Abb. 6. Beispiele für die Schließung von Schulen 2008-2012 (EGBW). „Gesundheit und Bildung sollten selbst in schwierigen Zeiten nicht Gegenstand drastischer Kürzungen sein,” heißt es in einem Leitartikel der New York Times, womit sich das Blatt in die lange Reihe der Kritiker der gegenwärtigen EU-weiten Wirtschaftspolitik einreiht. In dem Artikel werden europäische Spitzenpolitiker dazu aufgefordert „anzuerkennen, dass erneute Anstrengungen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums durch weniger straffe Haushaltsziele statt der anhaltenden Sparpolitik, die Berlin und Brüssel verzweifelten Regierungen auferlegen, unternommen werden müssen, um die Eurozone wieder solvent zu machen“ („Spanish Protests”). Auch in Paul Samuelsons grundlegendem Wirtschaftstext wird

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Bildung als Kerninvestition bezeichnet: „Jedes Mal, wenn wir investieren - indem wir eine neue Fabrik oder Straße bauen, den Umfang oder die Qualität der Bildung verbessern oder den Grundstock nützlichen Fachwissens erweitern - verbessern wir die künftige Produktivität unserer Wirtschaft und steigern den künftigen Konsum“ (Samuelsen, S. 41). Aber in Krisenzeiten haben demokratisch gewählte Volksvertreter Lehrern und der Bildung den Rücken gekehrt. Entweder haben Politiker vergessen, wem oder was sie zu verdanken haben, dass sie langfristig überhaupt etwas von der Welt verstehen, oder sie sind Spielball der Interessen Einzelner und ideologischer Voreingenommenheit, wobei keines von beidem Gutes für die Zukunft erahnen lässt. Die OECD-Überprüfung der Beschäftigungsstrategie 1994 ergab, dass die Kürzung des Niveaus von Leistungen „über ein gewisses Maß hinaus“ das Erreichen gesellschaftlicher und sozialer Ziele gefährdet. Sie zog den Schluss, dass „gezielte Steuersenkungen für einige unterrepräsentierte Gruppen, die einen großen Einfluss darauf haben können, ob sie überhaupt arbeiten, auch dadurch finanziert werden können, dass anderen Einkommensgruppen höhere Steuern auferlegt werden - wobei in diesem Fall stärkere Anreize zur Erwerbstätigkeit einiger Hand in Hand mit weniger Anerkennung für die Arbeitsbemühung anderer gehen” (OECD, Boosting Jobs SS. 10, 11). Das könnte ein gutes Argument nicht nur für eine progressive Besteuerung, sondern auch für die Besteuerung von Finanztransaktionen oder Vermögenswerten sein. Um die Zukunft Europas bzw. die Zukunft jeglicher Nation zu sichern, müssen die Spitzenpolitiker der Länder eine Struktur zur Verteilung dieser Einnahmen für die Bereitstellung hochwertiger Bildung schaffen. In Anbetracht der steigenden Jugendarbeitslosigkeit und der Proteste gegen die Sparpolitik in den Städten sollten sich die Politiker dem Bildungssektor zuwenden und nach einem Ausweg aus der Krise suchen. Da diese Krise allerdings in erster Linie vom privaten Sektor verschuldet wurde, ist es sowohl unmoralisch als auch ineffizient, durch Kürzungen der Investitionen in die öffentlichen Dienste nach Lösungen zu suchen. Die Privatisierung und Vermarktlichung von Bildungsleistungen muss unterbunden werden. Es ist bewiesen, dass sich Investitionen in Bildung auszahlen: „Steuerzahler sind sich der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rendite öffentlicher Fonds, die dazu verwendet werden, Menschen bei der Finanzierung einer Hochschulbildung zu unterstützen, immer mehr bewusst. Im Durchschnitt erhält ein OECD-Land eine Nettorendite von über US$100.000 an zusätzlichen Einkommenssteuereinnahmen und sonstigen Einsparungen für jede Person, die der Staat im Hinblick auf eine Hochschulbildung unterstützt - das ist viermal so viel wie die ursprüngliche öffentliche Investition.“ (OECD, Education at a Glance, S. 14). Die steigende Jugendarbeitslosigkeit in Europa sollte jeden vernünftigen Politikentscheider auf den Plan rufen (siehe Abb. 7).

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Abb. 7. Jugendarbeitslosenraten, EU-27 und EA-17, saisonbereinigt, Januar 2000 – August 2012 (Eurostat, „Arbeitslosenstatistiken”). Es hat sich gezeigt, dass Personen mit niedrigerem Bildungsstand stark betroffen sind (vgl. Abb. 8). Die OECD stimmt darin überein, dass der „Abschwung sicherlich durchschlagende Wirkung hatte - insbesondere für Personen mit niedrigerem Bildungsstand“ (S. 12).

Dunkelblau: Vorschulbildung, Primarbildung und unterer Sekundärbereich (ISCED-Level 0 bis 2) (1) Hellblau: obere Sekundärbildung und post-sekundäre nicht-tertiäre Bildung (ISCED-Level 3 und 4) (2) Grün: tertiäre Bildung (ISCED-Level 5 und 6) (3)

(1) Luxemburg und Kroation, unzuverlässige Daten; (2) Malta, unzuverlässige Daten; (3) Malta, nicht verfügbar; Kroatien, unzuverlässige Daten.

Abb. 8: Arbeitslosenraten von Personen im Alter von 25-64 Jahren nach Höhe ihres Bildungsstands, 2011 (Eurostat, „Arbeitslosenstatistiken”).

9. Alternativen abwägen: „Lasst uns nie aus Furcht verhandeln, aber lasst

uns auch nie fürchten zu verhandeln”5

Ein neues Nachkrisenmodell muss nachhaltiger und international ausgewogener sein. Zudem

muss der Schwerpunkt auf eine lohngetriebene Wachstumsstrategie und eine ausgeglichenere

5 John F. Kennedy, "Inaugural Address" (Antrittsrede) 1961 Presidential Inaugural, Capitol Building, Washington, D.C. 20 Jan. 1961.

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Einkommensentwicklung gelegt werden (Schulten, S. 101). Leitende Forschungsbeauftragte

des Europäischen Gewerkschaftsinstituts denken ebenfalls in diese Richtung und merken an,

dass bei „Produktion und Konsum die vom ‘kategorischen Imperativ’ gesetzten Grenzen

eingehalten werden müssen, die sicherstellen sollen, dass unser Lebensstil nicht die

Möglichkeit künftiger Generationen, ein menschenwürdiges Leben zu führen, aufs Spiel setzt.“

(Watt and Botsch, S. 12). Dies bezieht sich auf Immanuel Kants Konzept, nach dem der

Mensch nur so handeln sollte, dass das eigene Handeln zu einem allgemeinen Gesetz werden

könnte, was genau das Gegenteil von der irrationalen Gier ist, den die Finanzbranche zu

Beginn des 21. Jahrhunderts zur Schau gestellt hat. In einem breiter gefassten Kontext

gesehen, war der immer kleiner werdende Anteil des Arbeitseinkommens am

Volkseinkommen in den vergangenen dreißig Jahren (siehe Abb. 9) ebenfalls ein Faktor, der

zu den verheerenden Auswirkungen der Krise für die Normalbürger beigetragen hat

(Guscina). Wie Christina Anselmann und Hagen M. Krämer ausführen ging der

Einkommensanteil des zehnten Einkommensdezils in den USA von 46,3 Prozent im Jahr 1932

auf 32,7 Prozent im Jahr 1943 zurück und blieb in den darauffolgenden Jahrzehnten auf

diesem relativ niedrigen Niveau. Er stieg erneut von 32,7 Prozent im Jahr 1981 auf 46,3

Prozent im Jahr 2010 (Anselmann and Krämer).6

Abb. 9. Landesweiter durchschnittlicher Anteil des Arbeitseinkommens am Volkseinkommen. Verhältnis von Arbeitseinkommen zu Volkseinkommen (Guscina). Die Aufgabe der Umverteilung des Einkommens durch den Staat, durch die im europäischen, auf breitem Konsens für sozialen Zusammenhalt basierenden Nachkriegsmodell der sozialen Marktwirtschaft „die Einkommenskluft zwischen Arbeitskräften und Kapitaleignern verringert wurde”, verkehrte sich seit Mitte der 70er Jahre mehr und mehr ins Gegenteil (Hishow, S. 1). Nun ist es an der Zeit, die Umkehr wieder umzukehren. Zudem spielten die Gewerkschaften eine zentrale Rolle bei der Förderung von mehr Gleichheit und Stabilität. In den 30er Jahren wurde dies im Zuge der Novellierung der Arbeitsgesetzgebung anerkannt und die Gewerkschaften bekamen mehr Macht. Das Ergebnis davon waren zunehmende gewerkschaftliche Organisation und mehr

6 siehe Alvaredo et al.

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Kollektivverhandlungsmacht, die sich in echten Steigerungen der Einkommen der Privathaushalte und höheren Verbraucherausgaben niederschlugen, was den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Gleichheit verbesserte. Heutzutage laufen wir Gefahr, genau in die entgegengesetzte Richtung zu steuern, indem die Gewerkschaften geschwächt, die Kollektivverhandlungen eingeschränkt und Lohnsteigerungen gedrückt werden.

Schultens Nachkrisen-Wachstumsstrategie stellt einen praktikablen Kontrapunkt zu den die Ungleichheit schürenden, exportgetriebenen Wachstumsmodellen dar, die auf der Verschuldung der Privathaushalte basierten und vor der Krise gang und gäbe waren. In einer Welt zunehmender Einkommensungleichheit muss gemeinsam an einer „Stärkung der Sozialschutzeinrichtungen“ gearbeitet werden und eine Verlagerung im Hinblick auf die Beziehung zwischen dem Anteil des Arbeitseinkommens und dem Kapital beim Volkseinkommen stattfinden (Amable 152), was jedoch in eine Gesamtstrategie für striktere regulatorische Normen eingebettet werden muss, da klar geworden ist, dass die Deregulierung zu weit gegangen ist und sich als sozial und wirtschaftlich untragbar erwiesen hat. Beim Kongress des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) im Juni 2010 wurden „Arbeitsmarktflexibilität, Privatisierung, Deregulierung und Marktliberalisierung“ verurteilt und ein „nachhaltiges und gerechtes Entwicklungsmodell für das 21. Jahrhundert gefordert” („Entschließung”). Es darf einfach nicht mehr möglich sein, dass die Märkte die Politik bestimmen, wie das in der gegenwärtigen Krise der Fall war, indem sie die Politiker dazu nötigten, einschlägige Reformen durchzupauken. „Die Regierungen wurden in Anbetracht der Notwendigkeit, das Vertrauen in die Märkte aufrechtzuerhalten, anscheinend von totaler Panik ergriffen und reagieren unmittelbar auf jegliche (auch noch so kleine) Bedrohung der Bonitätseinschätzung ihrer Länder“ (Coats, S. 89). Die Politiker sollten sich gegenüber den Märkten nicht ducken, sondern versuchen, sie zu bändigen. Die Wiederbelebung einer kräftigen Inlandsnachfrage, die nicht auf einem auf Verschuldung der Privathaushalte zurückgehenden Wirtschaftswachstum basiert, ist einer der Schlüssel zum Weg, der aus der Rezession herausführt. Vor der Krise basierte die Steigerung der Inlandsnachfrage in den USA und anderen fortschrittlichen Volkswirtschaften auf einer Anhäufung privater Schulden (Torres, S. 38). Dieses Modell kann so nicht fortbestehen. Thomas Palley befürwortet eine Verlagerung hin zu einem von Inlandsnachfrage getriebenen Wachstum, das die derzeitigen Leistungsbilanzungleichgewichte ausgleichen wird, wobei ein Wachstumsmodell zugrunde gelegt wird, das „den einkommens- und Nachfrage generierenden Prozess erneut in Gang setzt“ (Palley, „A new approach”, S. 60; „USA”, S. 85). Vielerorts hat die Globalisierung die Aussichten auf einheimische Selbstversorgung bereits ausgelöscht und eine Importabhängigkeit geschaffen. Es muss unbedingt eine ausgeglichene Handelspolitik gefördert werden. Laut Esther Busser muss der derzeitige Paradigmenwechsel eine aktive (vertikale) Industriepolitik und einen Ansatz gegenüber ausländischen Direktinvestitionen beinhalten, durch die sogenannten „export processing zones“ als sichere Häfen für internationale Unternehmen, die es zu vermeiden suchen, ihre Gewinne mit der übrigen Gesellschaft zu teilen, ein Ende bereitet wird (S. 108). Der Erfolg eines Unternehmens kann nicht nur anhand des Shareholder-Values gemessen werden. Nun ist für Wirtschaftsführer die Zeit gekommen, moralische Überlegenheit zu demonstrieren, indem sie eine drastische Wende in ihrer Unternehmensstrategie und -governance vollziehen. Die Demontage des Sozialschutzes mit der Absicht, dadurch mehr Direktinvestitionen anzulocken, ist eine kurzsichtige Politik mit langfristig destruktiven Folgen für die Gesellschaft.

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Demokratie zurückfordern und den Finanzsektor regulieren

Um Bürgerinnen und Bürger überzeugen zu können, muss die staatliche Politik heutzutage mehr denn je eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der ungezügelten Gier einfordern, so dass die sich bereits abzeichnende gesellschaftliche Katastrophe, die von der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise und den derzeitig praktizierten politischen Programmen noch beschleunigt wird, abgewendet werden kann. Die Regierungen müssen keiner Aufsicht unterstellten Finanzmittlern oder nicht regulierten Tätigkeiten regulierter Institutionen (Schattenbanking) einen Riegel vorschieben und strenge Aufsichtsmaßnahmen einführen. Eine Finanztransaktionssteuer und eine Steuer auf „unproduktive oder spekulative Vermögen“ müssen als unumgänglicher Finanzierungsbeitrag betrachtet werden (Habbard, S. 132). Wenn Finanzakteure, besonders diejenigen, die sich auf den Derivatemärkten betätigen, sich nicht mit der Vorstellung anfreunden können, dass sie der Gemeinschaft irgendetwas zurückgeben sollten, so müssen sie eben durch staatliche Regulierung und gezielte Besteuerung dazu gezwungen werden, einen Beitrag zur Ankurbelung der Nachfrage der Privathaushalte und zur Bereitstellung hochwertiger öffentlicher Dienste, einschließlich Bildung, zu leisten. Laut Bruno Amable muss der Staat in der Tat eine strategische Rolle bei Tätigkeiten, die für die Zukunft entscheidend wichtig sind, spielen. „Das trifft insbesondere im Falle von Forschungstätigkeit und wissenschaftlichen Tätigkeiten zu“ (S. 153). Globaler Aufschwung muss Bildung als zentrale öffentliche Investition sowie den Schutz der Bereitstellung dieses Bildungssystems durch ein umverteilendes Besteuerungssystem, das die Einkommenskluft verringert und den gesellschaftlichen Zusammenhalt verbessert, umfassen.

10. Maßnahmen für eine neue Wirtschaft

Innerhalb von sieben Monaten nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers – mit dem auch gleichzeitig das jüngste Kapitel der Wirtschaftsgeschichte zu Ende ging - veröffentlichte die internationale Gewerkschaftsbewegung eine an den G-20-Gipfel in London gerichtete Stellungnahme . Die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter aus der ganzen Welt legten eine Fünfpunktestrategie für wirtschaftliche Erholung und eine nachhaltige Weltwirtschaft dar. Mit der Londoner Erklärung der Global Unions wurden die Spitzenpolitiker der G-20 neben anderen Maßnahmen aufgefordert:

1. einen koordinierten internationalen Plan für wirtschaftliche Erholung und nachhaltiges Wachstum mit größtmöglicher Wirkung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen mit besonderem Fokus auf öffentliche Investitionen, aktive Arbeitsmarktpolitik, Schutz der Schutzbedürftigsten durch erweiterte soziale Sicherungsnetze und Investitionen in ‘grüne Wirtschaft’, die die Weltwirtschaft auf einen kohlenstoffarmen Weg befördern können, umzusetzen. Entwicklungs- und Schwellenländern müssen die Ressourcen und den politischen Raum erhalten, um antizyklische Politik zu betreiben.

2. insolvente Banken unverzüglich zu verstaatlichen, um das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen und die Kreditvergabe nicht zum Erliegen zu bringen und darüber hinaus die neuen Regeln und Mechanismen zur Kontrolle des globalen Finanzmarkts unter vollständiger Beteiligung der Interessengruppen im Rahmen eines Achtpunkteplans zu erstellen.

3. die Gefahr der Lohndeflation zu bekämpfen und die zunehmende Einkommensungleichheit umzukehren, indem der Erfassungsgrad von Kollektivverhandlungen ausgeweitet und Lohnfindungsinstitutionen gestärkt werden, so dass ein menschenwürdiges Grundniveau auf den Arbeitsmärkten gesichert wird;

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4. Vorbereitungen für ein weitreichendes und ambitioniertes internationales Klimawandelabkommen zu treffen.

5. eine Rechtsgrundlage bestehend aus Normen und Instrumenten der internationalen Wirtschafts- und Sozialinstitutionen, IAO, IWF, Weltbank, WTO und OECD, zu erstellen. Die internationale Gewerkschaftsbewegung (Global Unions) hat eine Reform dieser Institutionen sowie den Aufbau einer effizienten und verantwortungsvollen weltweiten wirtschaftlichen Steuerung gefordert.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hatte tief greifende und anhaltende Auswirkungen für Lehrkräfte, Bildungsbeschäftigte und Schüler/Studenten in Europa und auf der ganzen Welt. Die Europäische Regionalorganisation der BI (EGBW) - die Stimme von 12,8 Millionen Lehrkräften und Bildungsbeschäftigten in 135 Mitgliedsorganisationen - vertritt die Ansicht, dass Staatsverschuldung und Verringerung des Haushaltsdefizits durch Sparmaßnahmen in Anbetracht der gegenwärtigen Lage in ganz Europa kein zukunftsfähiger Weg zur Erzielung wirtschaftlichen Wachstums ist. In seinem Entwurf einer Resolution zur Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt das EGBW alternative Maßnahmen auf:

1. Politische Entscheidungsträger und einzelstaatliche Regierungen sollten anerkennen,

dass es des derzeitigen sozialen Zusammenhalts und der künftigen Generationen

wegen ein moralischer Imperativ ist, einen Ausweg aus der Krise zu suchen und starkes

Wachstum und Beschäftigungsinitiativen - wofür erhöhte Investitionen in Bildung

erforderlich sind - voranzutreiben, um die europäische Wirtschaft anzukurbeln.

2. Einzelstaatliche Regierungen sollten im Hinblick auf die Politik der deflationären

Lohnkürzungen als Instrument fiskalpolitischer Anpassung unverzüglich eine

Kehrtwende machen. Die Troika muss aufhören, sich in innere Angelegenheiten der

EU-Mitgliedstaaten einzumischen und ihre Bedenken der demokratischen Kontrolle

überlassen.

3. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten gemeinsam am Abbau von Steueroasen arbeiten und im selben

Zuge Steuerbetrug und -umgehung bekämpfen und die Steuerpolitiken in ganz Europa

umfassender koordinieren, um das Steueraufkommen zu erhöhen und den

Steuereinzug zu verbessern.

4. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten die Besteuerungsgrundlage für Konzerne in ganz Europa

harmonisieren, einen Mindeststeuersatz für Unternehmen festsetzen und gerechte und

wirksame progressive Steuersysteme verabschieden, um zusätzliche Einnahmen für die

Bildungsetats zu generieren.

5. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten die Finanzbranche durch

einstimmige Befürwortung der Einführung einer europaweiten

Finanztransaktionssteuer im Rat der Europäischen Union zur Entrichtung eines

gerechten Anteils an den Kosten der Krise auffordern. Vorschläge zu diesem

gemeinsamen System sollten auf Grundlage der Artikel 326 bis 334 des Vertrages über

die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht als untergeordnet behandelt,

sondern eher gemäß Artikel 113 AEUV angenommen werden.

6. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten einen wirksamen europaweiten regulatorischen und

aufsichtsrechtlichen Rahmen vorantreiben, durch den regulatorische Arbitrage

erfolgreich bekämpft und eine transparente zentrale Clearingstelle für nicht an der

Börse gehandelte Derivate (OTC-Derivate), solide makroprudentielle Analyse und die

Harmonisierung von Kapital- und Liquiditätsanforderungen geschaffen werden,

während gleichzeitig übermäßiger Risikobereitschaft Einhalt geboten wird.

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7. Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte alle politischen Alternativen innerhalb ihres

Mandats prüfen, um die Fremdkapitalkosten für die Staaten auf ein nachhaltiges

Niveau zu senken. Die EZB war und ist auch weiterhin zu sehr auf Inflation statt auf

Arbeitslosigkeit fixiert. Sie muss eine ausgeglichenere Geldpolitik betreiben.

8. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten die Ausgabe von gemeinsam besicherten Eurobonds als

Instrument der Schuldensolidarität mit Blick auf eine Verringerung der Zinssätze für

Staatsschulden unterstützen.

9. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten einen Rahmen für die Zuweisung nicht genutzter Strukturfonds

zur Unterstützung nachhaltiger Investitionen, einschließlich Bildungsinvestitionen,

annehmen.

10. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten sich verstärkt um die Bekämpfung von Korruption bemühen und

sich umfassender mit einer Reform der Corporate Governance, durch die Transparenz

und Buchführungsstandards sowie auch demokratische Beteiligung gefördert werden,

befassen.

11. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten die Privatisierung und Kommerzialisierung von

Bildungsdienstleistungen verhindern und dabei den durch gleichberechtigten Zugang

zu allen Ebenen der kostenlosen öffentlichen Bildung entstehenden Mehrwert

nachdrücklich und mit vereinten Kräften verteidigen.

12. Politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und einzelstaatliche

Regierungen sollten einzelstaatliche Sozialdialogstrukturen, Gewerkschaftsrechte,

gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität unter den Generationen

unterstützen.

13. Gewerkschaften sollten an der Schaffung wirksamer Bildungsinitiativen beteiligt

werden, um Folgendes zu gewährleisten:

a. hochwertige Grund- und Erstbildung für alle auf allen Ebenen; b. Unterstützung und Ausgleichszahlungen statt Arbeitslosigkeit; c. Programme zur Bekämpfung von Ungleichheit; d. Programme zur Bekämpfung sozialer Spannungen und Ausländerfeindlichkeit; e. sektorübergreifende Programme für lebenslanges Lernen und eine

Anerkennung und Validierung von Qualifikationen und Kompetenzen ungeachtet dessen, wie sie erlangt werden.

14. Alle Interessengruppen in dieser Krise in Europa und darüber hinaus sollten moralische Überlegenheit demonstrieren und in Solidarität zusammenstehen und - mit verdoppelten Anstrengungen - die Würde von Lehrern und Bildungsbeschäftigten durch erhöhte öffentliche Investitionen in Bildung wahren, so dass es auf diese Weise gelingt, gegenwärtige und künftige, gebildete und verantwortungsbewusste europäische Bürgerinnen und Bürger auf wirksame Art und Weise zu unterstützen (EGBW „Entwurf einer Resolution“).

11. Schlussfolgerungen

Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise wurde in erster Linie durch die Gier der Investoren und Spekulanten und der Banken und Finanzinstitutionen ausgelöst. Durch die anschließenden Rettungs- und Rekapitalisierungsmaßnahmen in Europa wurde eine beispiellose Staatsverschuldungskrise in Gang gesetzt. Der gewöhnliche Arbeitnehmer hat keinerlei Anteil am Verschulden der gegenwärtigen Lage.

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Solange kein adäquater Anstieg der Wirtschaftsleistung zu verzeichnen ist, besteht derzeit nicht wirklich Aussicht auf einen Abbau der Staatsverschuldung. Die Staatsverschuldung Griechenlands steigt selbst trotz eines 50-prozentigen Schuldenschnitts, während die Wirtschaftsleistung weiter sinkt. Das eigentliche Problem in Europa ist nicht die Verschuldung, sondern das mangelnde

Wachstum.

Es ist klar, dass sich die Sparmaßnahmen in Europa sehr negativ auf Wachstum und Beschäftigung auswirken werden. Für Peripherieländer ist 2012 „bedingt durch straffe Finanzpolitik und strenge Finanzauflagen“ ein stark rückläufiges Wirtschaftswachstum zu erwarten. Der IWF zieht ferner den Schluss, dass die Rezession in Ländern an der Peripherie des Euroraums tiefer als in anderen Ländern war (World Economic Outlook 66, 64). Die Proteste gegen die Sparpolitik auf dem ganzen Kontinent zeigten, dass die Einmischung internationaler Geldgeber, der sogenannten Troika - die Regierungen in Geldnot als Voraussetzung für die Bereitstellung finanzieller Hilfe vorschreibt, wie sie ihre Politik zu gestalten haben – sozial und gesellschaftlich destruktiv und wirtschaftlich kontraproduktiv ist. Das Ergebnis ist, dass Europa nun zudem mit einer sozialen Krise und einer demokratischen Legitimationskrise konfrontiert ist. Joseph Stiglitz schreibt dazu: „Wir sollten das Ausmaß nicht unterschätzen, in dem die Krise und wie mit ihr verfahren wurde, dem sozialen Vertrag und allen Elementen, die dazu beitragen, dass eine Gesellschaft gut funktioniert, Abbruch getan hat” (Stiglitz 13). Europa steht an einem neuen historischen Scheideweg. Die Antwort des EGBW auf die Wirtschafts- und Finanzkrise war überhaupt nicht reaktiv. Es schlug praktikable Alternativen zu den destruktiven und weitverbreiteten Sparmaßnahmen in ganz Europa vor und wollte gleichzeitig die anhaltende Rezession abwenden. In Anbetracht der Zunahme rechtsextremer Tendenzen in vielen Ländern und einer demokratischen Legitimationskrise auf europäischer Ebene stehen die Politikentscheider vor einer Wahl. Europa befindet sich im Hinblick auf die Überwindung der Krise in einem Dilemma. Mit den jüngsten vom Europäischen Rat getroffenen Entscheidungen wird zu einer Wahl aufgerufen, und zwar erstens zwischen mehr Integration zulasten der einzelstaatlichen Souveränität, aber zugunsten koordinierter Lösungen, und zweitens zwischen einer Abwicklung des europäischen Projekts und einem potenziellen Zerbrechen der Wirtschafts- und Währungsunion. Eine praktikable, ausgeglichene und soziale Erholung in Europa wird sicherlich mit mehr Solidarität im Hinblick auf die Staatsverschuldung einhergehen müssen. Die Frage ist allerdings, ob Europa für einen Schritt nach vorn in Sachen Solidarität bereit ist und was vielleicht noch wichtiger ist, ob kontinuierliche Integration auf europäischer Ebene den Einfluss der Demokratie ausweiten wird, indem den Menschen eine entscheidende Rolle zugestanden wird. Es bleibt zu sehen, ob es gelingt, ohne eine europäische Staatenföderation einen gemeinsamen Rahmen zu errichten.

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Anlage 1

Liste der EGBW-Stellungnahmen zur Wirtschafts- und Finanzkrise

17. September 2012 EGBW-Stellungnahme zu Griechenland: Das EGBW erklärt sich

solidarisch mit den griechischen Lehrkräften

27. März 2012 Solidarität mit den EGBW-Mitgliedsorganisationen in Spanien 7. Dezember 2011 EGBW-Stellungnahme zum Bildungswesen in Rumänien

16. November 2011 EGBW-Stellungnahme: Das EGBW fordert ein Moratorium zur

Sparpolitik in Portugal

10.-11. Oktober 2011 EGBW-Stellungnahme zur Wirtschaftskrise

10.-11. Oktober 2011 Das EGBW fordert Maßnahmen in Solidarität mit Griechenland -

Stellungnahme des EGBW-Ausschusses

30. März 2011 EGBW-Stellungnahme zur Lage in Griechenland

23. Februar 2011 EGBW-Stellungnahme zur Lage in Portugal

5. November 2009 EGBW-Stellungnahme zur Lage in Ungarn

3. November 2009 EGBW-Stellungnahme zur Entlassung von Lehrkräften 2009 in

Finnland

Liste der EGBW-Berichte zur Krisensituation

2012 EGBW-Aktions- und Kampagnenrahmen zur Wirtschaftskrise 2012 – Auswertung der Miniumfrage

August 2010 Abschließender EGBW-Konferenzbericht über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Bildungssektor

September 2010 Bewertung der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den sozialen Dialog Bildung - eine europäische Studie über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Bildungssektor in unterschiedlichen nationalen Kontexten gemäß den Bildungsgewerkschaften

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März 2010 EGBW-Arbeitsseminar über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Bildungssektor)

Liste der Resolutionen

23.-25. November 2009 Paneuropäische Resolution zur Wirtschaftskrise & Privatisierung

23.-25. November 2009 Paneuropäische Resolution: Antwort der Gewerkschaften auf die Wirtschaftskrise

Briefe

10. September 2012 Solidarischer EGBW-Brief an die OZ PŠaV Slowakei

19. Juli 2012 EGBW-Brief zur Bekundung von Solidarität mit den

Mitgliedsorganisationen in Spanien

29. November 2011 EGBW-Brief zur Bekundung von Solidarität mit den EGBW-

Mitgliedsorganisationen im Vereinigten Königreich

28. November 2011 EGBW-Brief zur Unterstützung der ungarischen Lehrkräfte für

die Demonstration am 3. Dezember

27. Januar 2011 EGBW-Brief zur Unterstützung der Lehrerstreiks in Serbien

3. Dezember 2010 EGBW-Brief zur Unterstützung der tschechischen

Organisationen für die Aktion am 8. Dezember gegen

Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor

6. Oktober 2010 EGBW-Brief zur Unterstützung der CITUB-Aktion in Bulgarien

27. November 2009 EGBW-Brief zur Unterstützung von LIZDA in Litauen

14. September 2010 EGBW-Aufruf zum Handeln in Bezug auf die EU-Position beim

G-20-Gipfel in Seoul, Südkorea, 11.-12. November 2010