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Evaluation des integrierten Versorgungsvertrages über die Versorgung kardiovaskulär er- krankter Versicherter (CARDIO-Integral) der AOK PLUS Endbericht Dr. Andreas Werblow Prof. Dr. Alexander Karmann Dresden, den 01.06.2012

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Evaluation

des integrierten Versorgungsvertrages

über die Versorgung kardiovaskulär er-

krankter Versicherter (CARDIO-Integral)

der AOK PLUS

Endbericht

Dr. Andreas Werblow Prof. Dr. Alexander Karmann

Dresden, den 01.06.2012

II

Executive Summary Ziel der vorliegenden Evaluation ist die Beurteilung der Wirksamkeit des In-tegrierten Versorgungsprogramms CARDIO-Integral hinsichtlich einer ver-

besserten Versorgung von Patienten mit Herzkrankheiten. Die Evaluation

besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil (Teil A) werden die CARDIO-Integral-

Versicherten aus der im Jahr 2009 durchgeführten Evaluation analysiert. Im

zweiten Teil (Teil B) werden Versicherte betrachtet, die sich am Anfang des

Jahres 2008 neu in das Integrierte Versorgungsprogramm eingeschrieben

haben. Der dritte Teil (Teil C) dokumentiert schließlich die Resultate einer

Patienten- sowie einer Hausarzt- und Facharztbefragung.

Teil A:

Die in dieser Auswertung betrachteten Versicherten haben sich zwischen dem vierten Quartal 2005 und dem zweiten Quartal 2006 in das Programm

eingeschrieben und waren durchgängig bis 30.06.2010 in CARDIO-Integral

eingeschrieben (n=2.172). Während die Evaluation im Jahr 2009 den Zeit-

raum viertes Quartal 2005 bis viertes Quartal 2007 umfasste, beschäftigt

sich diese Auswertung mit dem Zeitraum erstes Quartal 2007 bis zweites

Quartal 2010. Während die ambulanten Gesamtkosten zwischen Anfang

2007 und Mitte 2010 für Versicherte des integrierten Versorgungs-

programms CARDIO-Integral insgesamt deutlich gestiegen sind, zeigt sich

bei der Analyse der Kosten der Herzdiagnosegruppen ein differenzierteres

Bild. So hat die Inanspruchnahme von Haus- und Fachärzten in Folge von Vorhofflattern und Vorhofflimmern (I48) sowie Herzinsuffizienz (I50) deut-

lich zugenommen. Die Inanspruchnahme von Haus- und Fachärzten im Zu-

sammenhang mit anderen Herzdiagnosen ist entweder konstant geblieben

oder gesunken. Die ambulanten Kosten pro Patient und Quartal sind bei al-

len Herzdiagnosen gestiegen. Obwohl die Ausgaben für Medikamente ins-

gesamt im Untersuchungszeitraum gestiegen sind, konnten bei den Herz-

medikamenten – bei gleichbleibender Inanspruchnahme – signifikante Ein-

sparungen erzielt werden.

Für die gesamten stationären Leistungen wurde ein leichter Kostenanstieg

über die Zeit festgestellt. Dieser Kostenanstieg kann weder mit einer höhe-ren Inanspruchnahme von stationären Leistungen auf Grund einer Herzer-

krankung noch mit höheren stationären Fallkosten bei Herzerkrankungen

begründet werden. So zeigt sich nach einer regressionsbasierten Risikoad-

justierung, dass für die Behandlung von Herzkrankheiten die Kosten im Un-

tersuchungszeitraum sogar etwas gesunken sind.

Mit den gesunkenen Kosten für Herzmedikamente und den – wenn auch in

wesentlich geringerem Maße – gesunkenen stationären Kosten mit I-

Diagnosen konnten die positiven Ergebnisse der ersten Evaluation bestätigt

werden.

Teil B

Im Unterschied zu Teil A konnte bei dieser Evaluation ein Vergleich mit ei-

ner Kontrollgruppe (n=16.305) erfolgen. Die Kontrollgruppe umfasst Versi-

cherte, die nicht an CARDIO-Integral teilgenommen haben und in wesentli-

chen Eigenschaften im zweiten Halbjahr 2007 der CARDIO-Integral-Gruppe

(n=5.436) entsprechen. Unter Berücksichtigung der Programmkosten sind

die IV-Versicherten im Quartal ihrer Einschreibung teurer als vergleichbare

Versicherte, die nicht an CARDIO-Integral teilnehmen. In den darauffolgen-

III

den Quartalen kommt es zu deutlichen Kosteneinsparungen gegenüber der

Kontrollgruppe. Nach der Phase der Einschreibung sind die CARDIO-

Integral-Versicherten rund 96 Euro pro Jahr kostengünstiger als Versicherte

in der Kontrollgruppe.

Diese Entwicklung wird hauptsächlich durch die Kosteneinsparungen im

Krankenhaussektor getragen. Ab dem vierten Quartal 2008 liegen die stati-

onären Kosten für Fälle mit einer Herz-Diagnose in der IV-Gruppe deutlich

unter den Kosten in der Kontrollgruppe. Dieses Ergebnis wird insbesondere

durch den Unterschied in Höhe von durchschnittlich 40 € pro Quartal bei

den Invasiv-Fällen und in Höhe von durchschnittlich 20 € pro Quartal bei der

Behandlung des Herzinfarkts beeinflusst.

Die ambulanten Kosten von Herzerkrankungen sind dagegen über die ge-

samte Untersuchungszeit für CARDIO-Integral-Teilnehmer höher als für

Mitglieder der Kontrollgruppe. In den beiden Einschreibequartalen ist der Kostenunterschied mit durchschnittlich 60 € besonders hoch. Danach pe-

geln sich die Mehrkosten auf 10 bis 15 € pro Quartal ein.

Auch die Medikamentenkosten für definierte Herzmedikamente liegen in

der gesamten Beobachtungszeit in der CARDIO-Integral-Gruppe über denen

der Kontrollgruppe. Darin spiegelt sich das Bestreben einer leitliniengerech-

ten Versorgung mit den entsprechenden Leitsubstanzen in den einzelnen

Wirkstoffgruppen wider. Bei zwei konkreten Behandlungskonstellationen

(akuter Herzinfarkt, perkutane Koronarintervention) konnte eine in Teilen

leitlinienkonforme und damit intensivere Arzneimittelversorgung ab Eintritt des Ereignisses bzw. der Intervention festgestellt werden. Dieses Ergebnis

korrespondiert mit der Auswertung der Kosten für Herzmedikamente, wo-

nach insbesondere die Kosten in den beiden Einschreibequartalen höher

waren als in der Vergleichsgruppe (zwischen 11 und 15 €). In den für die

Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen wichtigen Wirkstoffgrup-

pen werden die Leitsubstanzen in der Mehrheit bereits verordnet bzw. der

Anteil der Leitsubstanzen erhöht sich im Zeitverlauf.

Unter der Annahme, dass in den Folgejahren ähnliche Kosteneinsparungen

wie in den ersten beiden Jahren nach Einschreibung in das integrierte Ver-

sorgungsprogramm generiert werden können (jährlich ca. 96 €), werden IV-Versicherte mit der Zeit kostengünstiger behandelt als Versicherte in der

Regelversorgung. Entsprechend der gemachten Annahmen ist dieser Zeit-

punkt nach 4,5 Jahren erreicht.

Teil C

Um die Akzeptanz von CARDIO-Integral beurteilen zu können, wurde eine

Befragung sowohl der Leistungsempfänger als auch der Leistungserbringer

durchgeführt. Die Befragung der Patienten und der Ärzte auf der Basis von

Stichproben erfolgte freiwillig, anonym und schriftlich. Von den 800 ver-

sendeten Fragebögen an Patienten stehen 387 zur Auswertung zur Verfü-

gung, bei den Hausärzten sind es von 400 versendeten Fragebögen 156 und bei den Fachärzten sind es von 92 Fragebögen 39.

Ergebnisse Patientenbefragung

Die Patienten beurteilen sowohl ihren Gesundheitszustand als auch das

Modell CARDIO-Integral und dessen Nutzen als überwiegend positiv. Die

Patienten sind zu 85 Prozent mit ihrem Gesundheitszustand weitestgehend

IV

zufrieden. 64 Prozent sind zufriedener als vor der Teilnahme an CARDIO-

Integral. Die allgemeine Beurteilung von CARDIO-Integral ergibt, dass rund

87 Prozent der Patienten mit dem Modell weitgehend oder sehr zufrieden

sind.

Ergebnisse Hausarzt- und Facharztbefragung

Die Hausärzte beurteilen CARDIO-Integral und die sich daraus ergebende

Zusammenarbeit mit den Kardiologen bzw. die Verbesserungen für die Pa-

tienten überwiegend positiv. Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten wird

zu gut 95 Prozent eher positiv bewertet und etwa 60 Prozent meinen, dass

sich die Zusammenarbeit mit den Kardiologen verbessert hat. Sowohl mit

der Vollständigkeit als auch der Qualität der Daten sind die Hausärzte im-

mer oder meistens zufrieden (95 und 98 Prozent). Knapp 80 Prozent der

Ärzte sehen sowohl die Möglichkeiten zur Versorgung als auch den Ge-

sundheitszustand der Patienten durch das Programm verbessert. An CAR-DIO-Integral würden 84 Prozent der Hausärzte erneut teilnehmen.

Auch aus Sicht der Fachärzte wird CARDIO-Integral überwiegend positiv be-

urteilt. Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten wird durchschnittlich zu

rund 73 Prozent eher positiv bewertet. Über 80 Prozent der Fachärzte sind

mit der Qualität der Daten immer oder meistens zufrieden. Der Nutzen be-

züglich der verbesserten Möglichkeiten zur Versorgung und für den Ge-

sundheitszustand der Patienten wird von 81 bzw. 80 Prozent positiv bewer-

tet. Erneut am Programm teilnehmen würden gut 86 Prozent.

Fazit

CARDIO-Integral bedeutet für die Patienten eine verbesserte Versorgung ih-

rer Herz-Kreislauf-Erkrankung durch einen verbesserten Zugang zum Fach-

arzt und zum invasiven Leistungserbringer. Eine verbesserte Versorgung

wird insbesondere durch die optimierte Zusammenarbeit zwischen Haus-

und Facharzt sowie den invasiven Leistungserbringern und eine gute Zu-

sammenführung der Behandlung in der Integrierten Versorgung mit dem

strukturierten Behandlungsprogramm DMP KHK erreicht. Die Evaluation

zeigte, dass nicht nur Versicherte und Leistungserbringer in einem großen

Umfang mit diesem Programm zufrieden sind, sondern dass die Versorgung

im betrachteten Integrierten Versorgungsprogramm nach anfänglich höhe-ren Kosten Kostenvorteile gegenüber der Regelversorgung aufweist.

Weiterer Forschungsbedarf besteht insbesondere in einer umfassenderen

Analyse der Einhaltung von Leitlinien (z. B. Abgabe von ACE-Hemmern bei

Herzinsuffizienz). Erste Ergebnisse konnte die Evaluation auch für diese Fra-

gestellungen liefern. Allerdings waren diese Ergebnisse auf Grund des ge-

wählten Studiendesigns (Betrachtung einer einzelnen Einschreibe-Kohorte

vs. Kontrollgruppe) nicht belastbar genug, um eindeutige Aussagen ableiten

zu können.

V

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung........................................................................................................................... 1

2 CARDIO-Integral ................................................................................................................ 1

3 DMP-Verträge.................................................................................................................... 4

3.1 DMP-KHK ........................................................................................................................ 5

3.2 DMP Diabetes mellitus Typ 2 ......................................................................................... 6

Teil A

Datenauswertung EVA A ................................................................................................... 7

4 Methodische Vorbemerkungen ........................................................................................ 8

4.1 Datengrundlage und Design der Untersuchung............................................................. 8

4.2 Auswertungsmethoden.................................................................................................. 8

5 Deskriptive Auswertungen.............................................................................................. 10

5.1 Versicherte ................................................................................................................... 10

5.2 Deskriptive Analyse der Kosten.................................................................................... 13

6 Analyse der ambulanten Kosten ..................................................................................... 14

6.1 Ambulante Leistungserbringung insgesamt................................................................. 15

6.2 Ambulante Kosten– nach Diagnosegruppen................................................................ 17

6.3 Zusammenfassung ambulante Kosten pro Quartal ..................................................... 22

7 Analyse der Arzneimittel ................................................................................................. 22

7.1 Analyse Gesamtmedikamentenkosten ........................................................................ 22

7.2 Ergebnisse für Herz-Medikamente .............................................................................. 24

VI

8 Analyse stationäre Leistungserbringung......................................................................... 26

8.1 Stationäre Fälle – Gesamt ............................................................................................ 26

8.2 Stationäre Fälle mit I-Diagnose Gruppe 1 (I20, I21, I25).............................................. 28

8.3 Stationäre Fälle mit I-Diagnose Gruppe 2 (I10, I48, I50).............................................. 29

8.4 Zusammenfassung stationäre Kosten .......................................................................... 30

9 Zusammenfassung Evaluation A ..................................................................................... 31

Teil B

Ergebnisse Datenanalyse im Panel B .............................................................................. 32

10 Design und Methodik der Auswertung im Panel B ......................................................... 33

10.1 Design Evaluation B...................................................................................................... 33

10.2 Kurz-Darstellung Matching (vereinfachend)................................................................ 34

10.3 Kurz-Darstellung DID .................................................................................................... 35

10.4 Risikoadjustierung........................................................................................................ 36

11 Bildung der Vergleichsgruppe mittels Matching............................................................. 37

11.1 Matching-Merkmale..................................................................................................... 37

11.2 Matching-Modell.......................................................................................................... 38

11.3 Überprüfung des Matchings......................................................................................... 41

12 Auswertung Versicherte (deskriptiv) .............................................................................. 46

13 Auswertung Hauptleistungsbereiche – ohne Einschränkung auf bestimmte

Erkrankungen .................................................................................................................. 51

13.1 Ambulante Gesamtkosten............................................................................................ 52

13.2 Stationäre Gesamtkosten............................................................................................. 54

13.3 Medikamente - Gesamt................................................................................................ 56

13.4 Sonstige Kosten ............................................................................................................ 56

13.5 Gesamtkosten .............................................................................................................. 57

14 Auswertung Hauptleistungsbereiche – nur Herzkrankheiten (I-Diagnosen).................. 58

VII

14.1 Ambulante Leistungen ................................................................................................. 59

14.2 Medikamente ............................................................................................................... 62

14.3 Stationäre Kosten – I-Diagnosen.................................................................................. 80

15 Prognose von Einsparpotenzialen................................................................................... 85

15.1 Zeiträume der Prognose............................................................................................... 86

15.2 Prognoserechnung ....................................................................................................... 87

16 Zusatzauswertungen ....................................................................................................... 89

16.1 Stationäre Kosten – Wiedereinweisungen................................................................... 89

16.2 Regionale Kostenbetrachtungen (I-Diagnosen) ........................................................... 90

17 Sensitivitätsanalyse ......................................................................................................... 94

Teil C

Ergebnisse der Befragung von Versicherten sowie von Haus- und Fachärzten ............. 97

18 Befragungshintergrund, Erstellung der Fragebögen, Durchführung der Befragung ...... 98

18.1 Erstellung des Fragebogens zur Patientenzufriedenheit ............................................. 98

18.2 Erstellung der Fragebögen Hausarzt und Facharzt .................................................... 100

18.3 Durchführung der Befragung ..................................................................................... 101

19 Ergebnisse der Patientenbefragung.............................................................................. 101

19.1 Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand ............................................................. 101

19.2 Beurteilung der Hausärzte durch die Patienten ........................................................ 103

19.3 Beurteilung der Fachärzte durch die Patienten ......................................................... 104

19.4 Zufriedenheit mit CARDIO-Integral insgesamt........................................................... 106

19.5 Zusammenfassung und Beurteilung der Patientenbefragung................................... 107

20 Ergebnisse der Hausarztbefragung ............................................................................... 108

20.1 Fragen zu Person, Teilnahme und Praxisausstattung ................................................ 108

20.2 Motivation zur Teilnahme.......................................................................................... 109

VIII

20.3 Zusammenarbeit der Ärzte ........................................................................................ 110

20.4 Bewertung von CARDIO-Integral................................................................................ 111

21 Ergebnisse der Facharztbefragung................................................................................ 113

21.1 Fragen zur Person, Teilnahme und Patientenzahl ..................................................... 113

21.2 Motivation zur Teilnahme.......................................................................................... 113

21.3 Zusammenarbeit der Ärzte ........................................................................................ 114

21.4 Bewertung von CARDIO-Integral................................................................................ 115

22 Vergleich der Hausarzt- und der Facharztbefragung .................................................... 116

22.1 Motivation zur Teilnahme.......................................................................................... 117

22.2 Zusammenarbeit der Ärzte ........................................................................................ 117

22.3 Bewertung von CARDIO-Integral................................................................................ 119

23 Zusammenfassung Befragung ....................................................................................... 120

24 Fazit und Ausblick.......................................................................................................... 122

Anhang ................................................................................................................................... 124

Literatur.................................................................................................................................. 126

IX

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Deskriptive Statistiken Patienten I .......................................................................... 11

Tabelle 2: Deskriptive Stat. – Vgl. mit erster Evaluation (2007) .............................................. 11

Tabelle 3: Gesamtausgaben und Ausgaben pro Ausgabenbereich pro Versicherten und

Quartal in €............................................................................................................. 13

Tabelle 4: Ergebnisse für ambulante Gesamtkosten (unabhängig von der Indikation) .......... 15

Tabelle 5: Regressionsergebnisse für ambulante Kosten (Diagnosegruppe 1): ...................... 18

Tabelle 6: Regressionsergebnisse für Ambulante Kosten (Diagnosegruppe 2): ...................... 19

Tabelle 7: Regressionsergebnisse für Ambulante Kosten (Diagnosegruppen 3 und 4):.......... 21

Tabelle 8: Regressionsergebnisse für Medikamenten-Kosten (Gesamt):................................ 23

Tabelle 9: Regressionsergebnisse für Medikamenten-Kosten (Herzmittel): ........................... 25

Tabelle 10 Regressionsergebnisse für stationäre Inanspruchnahme (Gesamt) ...................... 27

Tabelle 11: Regressionsergebnisse für stationäre Kosten (I20, I21 und I25):.......................... 28

Tabelle 12: Regressionsergebnisse für stationäre Kosten (I10, I48 und I50):.......................... 30

Tabelle 13: Matching: Diagnosen- und Diagnosegruppen....................................................... 38

Tabelle 14: Matching (Mittelwertvergleiche vor Matching).................................................... 39

Tabelle 15: Probit-Regression (abh. Variable = 1, wenn Tln. an CARDIO-Integral) ................. 40

Tabelle 16: Ergebnisse Matching (Mittelwertvergleiche)*...................................................... 41

Tabelle 17: Versichertenzahlen in IV- und Kontrollgruppe (I / 2007 bis II / 2010) .................. 47

Tabelle 18: Deskriptive Statistiken erklärender Variablen II/2010.......................................... 50

Tabelle 19: Gesamtkosten pro Versicherten in € in beiden Gruppen im 4. Quartal 2007 ...... 51

Tabelle 20: Regression ambulante Gesamtkosten................................................................... 52

Tabelle 21: Deskriptive Statistiken der Kosten bei I-Diagnosen

in IV- und Kontrollgruppe im 4. Quartal 2007 in Euro ......................................... 59

Tabelle 22: Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen

in der medikamentösen Sekundärprophylaxe ...................................................... 72

Tabelle 23: Anzahl Versicherte mit Herzinfarkt ....................................................................... 73

Tabelle 24: Anteil Patienten mit Anzahl empf. Wirkstoffgruppen nach Herzinfarkt

(IV-Gruppe)............................................................................................................ 74

Tabelle 25: Anteil Patienten mit Anzahl empf. Wirkstoffgruppen nach Herzinfarkt

(Vergleichsgruppe) ................................................................................................ 74

Tabelle 26: Patientenanteile mit leitliniennaher Medikation nach Herzinfarkt ...................... 74

Tabelle 27: Versicherte mit perkutan-transluminalen Gefäßintervention .............................. 78

Tabelle 28: Anteil Patienten mit Clopidogrel nach perkutaner koronarer Intervention ......... 78

Tabelle 29: Invasive Leistungsinanspruchnahme

in Abhängigkeit des Leistungserbringers (LE) (II / 2010)...................................... 84

X

Tabelle 30: Übersicht Kostendifferenz zwischen IV und –Kontrollgruppe

(absolut und pro Versicherten) ............................................................................. 88

Tabelle 31: Regionale Verteilung Versicherte (2. Quartal 2010) ............................................. 91

XI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Design Evaluation A im Vergleich zur Evaluation von 2009 ................................. 8

Abbildung 2: Entwicklung der Beteiligung DMP KHK und DMP Dm2

(Veränderung zu I/2007) ..................................................................................... 12

Abbildung 3: Anteil der Versicherten im Heim ........................................................................ 12

Abbildung 4: Anteil der Versicherten im Heim – in Abh. Pflegestufe 2007............................. 13

Abbildung 5: Entwicklung der Kosten in einzelnen Ausgabenbereichen (in €) ....................... 14

Abbildung 6: Ambulante Gesamtkosten: Inanspruchnahme und Kosten nach Quartalen ..... 16

Abbildung 7: Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme und Inanspruchnahme

ambulanter Leistungen - Diagnosegruppe 1 nach Quartalen............................ 18

Abbildung 8: Wahrscheinlichkeit und Inanspruchnahme ambulanter Leistungen

- Diagnosegruppe 2 nach Quartalen .................................................................. 20

Abbildung 9: Wahrscheinlichkeit und Inanspruchnahme ambulanter Leistungen

- Diagnosegruppe 3 nach Quartalen .................................................................. 21

Abbildung 10: Inanspruchnahme und Kosten von Medikamenten (Gesamt)

nach Quartalen................................................................................................. 23

Abbildung 11: Wahrscheinlichkeit und Kosten der Inanspruchnahme

von Medikamenten (Herz) nach Quartalen ..................................................... 25

Abbildung 12: Stationäre Gesamtkosten: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert

nach Quartalen................................................................................................. 27

Abbildung 13: Stationäre Kosten DG 1: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert

nach Quartalen................................................................................................. 29

Abbildung 14: Stationäre Kosten DG 2: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert

nach Quartalen................................................................................................. 30

Abbildung 15: Design der Evaluation B .................................................................................... 34

Abbildung 16: DiD-Schätzer mit 2 Messzeitpunkten ............................................................... 36

Abbildung 17: Anteil Männer und Anzahl Versicherter in IV- und Kontrollgruppe

nach Matching in Altersgruppen...................................................................... 42

Abbildung 18: Anteil DMP KHK-Teilnehmer und Anteil Pflegebedürftige in IV- und

Kontrollgruppe nach Matching in Altersgruppen ............................................ 43

Abbildung 19: Anteil der Diagnosegruppen 1 bis 4 in IV- und Kontrollgruppe

nach Matching in Altersgruppen...................................................................... 44

Abbildung 20: Anteil der Diagnosegruppen 5 bis 8 in IV- und Kontrollgruppe

nach Matching in Altersgruppen...................................................................... 44

Abbildung 21: Anteil der Diagnosegruppen 9 und 10 in IV- und Kontrollgruppe

nach Matching in Altersgruppen...................................................................... 45

Abbildung 22: Gesamtkosten und Anzahl HMGs in IV- und Kontrollgruppe

nach Matching in Altersgruppen...................................................................... 46

Abbildung 23: DMP-KHK-Teilnahme: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit ... 48

XII

Abbildung 24: DMP-Diabetes Typ 2 -Teilnahme: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe

über die Zeit ..................................................................................................... 48

Abbildung 25: Pflegebedürftigkeit: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit ...... 49

Abbildung 26: Anteil Heimbewohner: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit.. 49

Abbildung 27: Kosten in IV- und Kontrollgruppe - Ambulant insgesamt (risikoadjustiert) ..... 53

Abbildung 28: Kostendifferenz IV- Kontrollgruppe Ambulant insgesamt (risikoadjustiert).... 54

Abbildung 29: KH-Inanspruchnahme und stationäre Fallkosten insgesamt

(risikoadjustiert) ............................................................................................... 55

Abbildung 30: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe,

Stationäre Kosten gesamt, risikoadjustiert...................................................... 55

Abbildung 31: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe,

Medikamente (gesamt), risikoadjustiert.......................................................... 56

Abbildung 32: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe,

sonstige Kosten, risikoadjustiert ...................................................................... 57

Abbildung 33: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe,

Gesamtkosten, risikoadjustiert ........................................................................ 58

Abbildung 34: ambulante Inanspruchnahme und ambulante Fallkosten (I-Diagnosen)

risikoadjustiert.................................................................................................. 60

Abbildung 35: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe,

ambulante Kosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert in € ..................................... 61

Abbildung 36: Medikamentenkosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert....................................... 62

Abbildung 37: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe:

Medikamente (I-Diagnosen) in €, risikoadjustiert ........................................... 63

Abbildung 38: Wirkstoffgruppen und Leitsubstanzen ............................................................. 64

Abbildung 39: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 1 ............................................... 65

Abbildung 40: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 2 ............................................... 66

Abbildung 41: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 3 ............................................... 67

Abbildung 42: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 4 ............................................... 68

Abbildung 43: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 5 ............................................... 69

Abbildung 44: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 6 ............................................... 69

Abbildung 45: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 8 ............................................... 70

Abbildung 46: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 9 ............................................... 71

Abbildung 47: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 10 ............................................. 71

Abbildung 48: Stationäre Kosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert.............................................. 81

Abbildung 49: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe:

stationäre Kosten (I-Diagnosen), risikoadjustiert ............................................ 82

Abbildung 50: Stationäre Kosten (Invasiv-Fälle) risikoadjustiert ............................................. 83

XIII

Abbildung 51: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe:

Invasiv-Fälle, risikoadjustiert............................................................................ 83

Abbildung 52: Stationäre Kosten Herzinfarkt, risikoadjustiert ................................................ 84

Abbildung 53: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe:

Herzinfarkt, risikoadjustiert ............................................................................. 85

Abbildung 54: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe in €

(Gesamtkosten pro Versicherten, indikationsunabhängig mit

Programmkosten)............................................................................................. 86

Abbildung 55: Einsparpotenzial in € pro Versicherten, bezogen auf Gesamtkosten

(unabhängig von Indikation), kumuliert........................................................... 88

Abbildung 56: Wahrscheinlichkeit einer Wiedereinweisung, risikoadjustiert......................... 89

Abbildung 57: Kosten einer Wiedereinweisung, risikoadjustiert ............................................ 90

Abbildung 58: Inanspruchnahme ambulante Leistungen (I-Diagnosen)

nach Kreisen (II / 2010) .................................................................................... 92

Abbildung 59: Fallkosten ambulante Leistungen (I-Diagnosen)

nach Landkreisen (II / 2010)............................................................................. 92

Abbildung 60: Inanspruchnahme stationäre Leistungen (I-Diagnosen)

nach Kreisen II / 2010....................................................................................... 93

Abbildung 61: Fallkosten stationäre Leistungen (I-Diagnosen) nach Kreisen II / 2010 ........... 94

Abbildung 62: Inanspruchnahme ambulanter Leistungen für 3 Kohorten

von CARDIO-Integral-Teilnehmern................................................................... 95

Abbildung 63: Ambulante Fallkosten für drei Kohorten

von CARDIO-Integral-Teilnehmern................................................................... 96

Abbildung 64: Zufrieden mit dem Gesundheitszustand heute.............................................. 102

Abbildung 65: Patientenzufriedenheit vor und mit Beteiligung an CARDIO-Integral............ 102

Abbildung 66: Patientenzufriedenheit mit dem Hausarzt im Allgemeinen........................... 103

Abbildung 67: Patientenzufriedenheit mit dem Hausarzt ..................................................... 104

Abbildung 68: Patientenzufriedenheit mit dem Facharzt...................................................... 105

Abbildung 69: Durchschnittliche Wartezeiten im Wartezimmer (Kardiologe)...................... 105

Abbildung 70: Zufriedenheit mit CARDIO-Integral insgesamt ............................................... 106

Abbildung 71: Zufriedenheit mit CARDIO-Integral: Ausreichend informiert? ....................... 106

Abbildung 72: Patientenbeurteilung der Zusammenarbeit zwischen Hausarzt

und Kardiologe ............................................................................................... 107

Abbildung 73: Hausärzte: Teilnahme an weiteren Modellen ................................................ 109

Abbildung 74: Hausärzte: Motivation zur Teilnahme ............................................................ 109

Abbildung 75: Hausärzte: Zusammenarbeit mit Fachärzten ................................................. 110

Abbildung 76: Hausarzt: Wirkung von CARDIO-Integral ........................................................ 111

Abbildung 77: Hausärzte: Nutzen von CARDIO-Integral ........................................................ 112

XIV

Abbildung 78: Fachärzte: Teilnahme an weiteren Modellen................................................. 113

Abbildung 79: Fachärzte: Motivation zur Teilnahme............................................................. 114

Abbildung 80: Fachärzte: Zusammenarbeit mit Hausärzten ................................................. 114

Abbildung 81: Fachärzte: Wirkung von CARDIO-Integral....................................................... 115

Abbildung 82: Fachärzte: Nutzen von CARDIO-Integral......................................................... 116

Abbildung 83: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Motivation zur Teilnahme .................. 117

Abbildung 84: Vergleich Haus- und Fachärzte: Vollständigkeit der Patientendaten............. 118

Abbildung 85: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Qualität der Patientendaten............... 118

Abbildung 86: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Nutzen von CARDIO-Integral .............. 119

Abbildung 87: Vergleich von Haus- und Fachärzten:

Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral im Allgemeinen .......................... 120

1

1 Einleitung Im Herbst 2010 beschloss die AOK PLUS, das integrierte Versorgungsmodell CARDIO-Integral

zum zweiten Mal zu evaluieren. Eine erste Evaluation erfolgte im Jahr 2009 für den Zeitraum

3. Quartal 2006 bis 4. Quartal 2007. In einem ersten Schritt soll diese Evaluation fortgeführt

werden, in dem die Entwicklung der Kosten von Teilnehmern an CARDIO-Integral bis zum

Ende des 2. Quartals 2010 betrachtet wird. (Evaluation A). Damit lassen sich erstmals auch

Rückschlüsse über die Wirkungen einer mittel- bis langfristigen Teilnahme an einem integ-

rierten Versorgungsprogramm ziehen.

In einer neuen Untersuchung werden Ergebnisparameter von CARDIO-Integral-Teilnehmern,

die sich im ersten und zweiten Quartal 2008 in das Modell eingeschrieben haben, mit einer

entsprechenden Kontrollgruppe verglichen (Evaluation B). Die in der Evaluation B betrachte-

ten Versicherten sind damit verschieden zu den in der Evaluation A betrachteten Versicher-

ten.

Die Beurteilung der subjektiven Zufriedenheit mit integrierten Versorgungsprogrammen ist

für die Weiterentwicklung derartiger Programme von großer Bedeutung. Dabei geht es nicht

nur um die allgemeine Patientenzufriedenheit, sondern auch um die Einschätzung der betei-

ligten Leistungserbringer. Aus diesem Grund wurden – wie schon bei der ersten Evaluation –

Befragungen von teilnehmenden Versicherten sowie von teilnehmenden Haus- und Fachärz-

ten durchgeführt.

Entsprechend der unterschiedlichen Teile ist dieser Endbericht in drei Hauptteile gegliedert.

Nach einer allgemeinen Beschreibung des integrierten Versorgungsprogramms CARDIO-

Integral und einer grundlegenden Einordnung in die Versorgungslandschaft der gesetzlichen

Krankenversicherung in Deutschland erfolgt in Teil A eine detaillierte Darstellung der Evalua-

tion A. Dabei gehen wir zunächst auf die Entwicklung der Gesamtkosten ein, bevor wir ein-

zelne Leistungsbereiche genauer betrachten. Im folgenden Teil B werden die Ergebnisse der

Evaluation B vorgestellt. In Teil C werden schließlich die Ergebnisse der Befragungen vorge-

stellt.

2 CARDIO-Integral Das integrierte Versorgungsprogramm CARDIO-Integral gehört zu den indikationsbezogenen

IV-Verträgen und bezieht sich auf Krankheiten des kardiovaskulären Systems. CARDIO-

Integral wurde 2005 in Sachsen eingeführt und weist aktuell über 50.000 (Stand 01.10.2010)

eingeschriebene AOK-Versicherte auf. Im Jahr 2010 stand den teilnehmenden 1.207 Haus-

und 91 Fachärzten ein Etat von knapp 2,4 Millionen Euro zu Verfügung.

Als Vertragspartner des Projektes CARDIO-Integral treten die AOK PLUS, die Hausärztliche

Vertragsgemeinschaft AG, unterstützt vom Sächsischen Hausärzteverband e. V, das Herz-

zentrum Dresden Universitätsklinik an der TU Dresden und die PRAXISKLINIK HERZ und GE-

FÄßE Dresden auf. Im Fokus des CARDIO-Integral-Programms steht die fachübergreifende

Koordination aller beteiligten Leistungserbringer. Dabei sollen Versorgungsketten für die

optimale Behandlung von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen entstehen, welche

in einem späteren Schritt mit den bereits implementierten strukturierten Behandlungspro-

grammen verknüpft werden sollen, wie zum Beispiel mit dem Disease-Management-

Programm Koronare Herzkrankheit. Mittelfristig wird eine bessere Verzahnung von ambu-

lanter und stationärer Versorgung im Bereich Kardio-/ Angiologie angestrebt. Dies umfasst

sowohl die medizinischen Therapiepläne als auch die Medikamentenversorgung. Eine wich-

2

tige Rolle spielt hierbei auch der Kostenaspekt. Im Zuge der stetig steigenden Leistungsaus-

gaben und der dabei stagnierenden Einnahmen ist es von enormer Bedeutung Kostensen-

kungspotenziale zu erschließen, um die medizinische Versorgung aller Versicherter weiter

gewährleisten zu können. Durch eine verbesserte Versorgung von Versicherten mit Herz-

krankheiten kann CARDIO-Integral in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag leisten.

Einschreibung der Patienten

Die Einschreibung erfolgt bei festgestellter Herzkreislauferkrankung freiwillig durch den be-

handelnden nichtinvasiven Facharzt. Der Versicherte muss sich dabei auf einen betreuenden

Hausarzt und nichtinvasiven Facharzt festlegen.

Hausarzt

Für eine Teilnahme an CARDIO-Integral muss der Hausarzt eine Reihe von Kriterien erfüllen,

wie der Besitz eines Langzeitblutdruckmessgerätes oder die verpflichtende Teilnahme an

Evaluationen im Rahmen des Vertrages. Die Teilnahme müssen die Hausärzte gegenüber der

Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft AG erklären, weil dieser direkter Vertragspartner des

CARDIO-Integral-Vertrages ist.

Leistungen und Vergütung

Dem Hausarzt kommt mit der Überweisung an einen nichtinvasiven Facharzt eine Impulsge-

berfunktion zu. Erst der Facharzt entscheidet über eine mögliche Teilnahme des Patienten

anhand krankheitsspezifischer Kriterien.

Die Hauptaufgabe des Hausarztes besteht in der Kontrolle der Zielerreichung, der vom nich-

tinvasiven Facharzt vorgegebenen Therapieziele. Grundlage dafür bildet ein kontinuierlicher

Datenaustausch von Befunden und Dokumentationen.

Um die angestrebte Verknüpfung von Integrierter Versorgung und Disease Management

Programmen (DMP) zu erreichen, muss der Hausarzt den Patienten über die Möglichkeit an

der Teilnahme am Disease Management Programm Koronare Herzkrankheit (DMP KHK) in-

formieren.

Für diese erbrachten Leistungen im Rahmen des CARDIO-Integral Vertrages erhält der Haus-

arzt für jeden Patienten eine sogenannte Zielsicherungspauschale i.H. von 12,50 € pro Quar-

tal, aber maximal zweimal pro Jahr.

Nichtinvasiver Facharzt

Der nichtinvasive Facharzt muss direkt dem CARDIO-Integral Vertrag beitreten. Dazu muss er

ebenfalls bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie zum Beispiel die Teilnahme am DMP-

KHK oder die Durchführung und Auswertung von Ergometrie, Echokardiographie, Langzeit-

EKG sowie 24h-Langzeitblutdruckmessungen.

Leistungen und Vergütung

Der Facharzt übernimmt die Einschreibung der Patienten, wobei er deren Tauglichkeit prü-

fen muss. Aus diesem Grund muss man bei den Leistungen zwischen Erstbetreuung und Fol-

gebetreuung differenzieren.

Im Rahmen der Erstbetreuung muss der Facharzt die Teilnahmevoraussetzungen des Patien-

ten prüfen und eine Diagnostik auf Grundlage des Hausarztberichtes durchführen. Anschlie-

3

ßend wird der Patient entweder zum invasiven Facharzt weiterüberwiesen oder zum Haus-

arzt zurücküberwiesen. Für diese Leistung erhält der nichtinvasive Facharzt als Erstbetreu-

ung eine einmalige Pauschale i.H. von 35 € pro eingeschriebenen Versicherten.

Bei der anschließenden Weiterbetreuung der Patienten agiert der Facharzt als Koordinator

zwischen Hausarzt und invasivem Leistungserbringer. Dies erfolgt durch Überweisung und

die Übersendung der Befunde an den jeweiligen Arzt. Im Rahmen der Wiedervorstellung

beim nichtinvasiven Facharzt werden Behandlungsziele und Übergabekriterien mit dem Pa-

tienten erarbeitet, welche bei der Rücküberweisung zum Hausarzt jenem mitgeteilt werden.

Die Leistungserbringung des nichtinvasiven Facharztes wird mit einer Betreuungspauschale

von 20 € pro Quartal (max. zweimal im Jahr) abgegolten. Im Jahr der Einschreibung des Pati-

enten allerdings nur einmalig, da zuvor eine Erstbetreuungspauschale gezahlt wurde.

Invasiver Facharzt1

Der invasive Facharzt ist genauso wie der nichtinvasive Facharzt dem CARDIO-Integral beige-

treten und muss die gleichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen.

Die Hauptaufgaben des invasiven Facharztes sind die Sicherung der vom Hausarzt respektive

vom nichtinvasiven Facharzt gestellten Diagnosen und die medikamentöse Einstellung des

Patienten nach der invasiven Leistungserbringung (z.B. Implantation eines Herzschrittma-

chers). Der invasive Facharzt agiert hier als Qualitätssicherer, welcher mit den Patienten

Therapie- und Medikationspläne erarbeitet. Abschließend wird der Patient mit seinen ange-

legten Dokumentationen (Befunde, Therapieplan, Medikamentenplan) zur Weiterbehand-

lung an den nichtinvasiven Facharzt zurück überwiesen. Für diese Leistungserbringung erhält

der invasive Leistungserbringer eine Qualitätspauschale für jeden eingeschriebenen Versi-

cherten i.H. von 20 € pro Quartal.

Patienten

Für die Patienten bietet CARDIO-Integral die Möglichkeit einer zielgerichteten Behandlung

entlang an abgestimmten Behandlungspfaden, welche sich am individuellen Case-

Management ausrichten. Grundlage des Vertrages ist jedoch, dass der Patient sowohl einen

behandelnden Hausarzt als auch einen behandelnden Facharzt fest wählen muss. Der Vor-

teil, welcher sich daraus ergibt, ist, dass ein abgestimmter Datenaustausch hinsichtlich der

Befunde, der Therapiepläne sowie der Medikationspläne erfolgen kann und so Doppelunter-

suchungen vermieden werden. Einen weiteren Vertragsbonus beschert den Patienten die

vertraglich festgehaltene maximale Wartezeit. So können CARDIO-Integral Teilnehmer davon

ausgehen, dass sie nach der Einschreibung innerhalb von 4 Wochen einen Termin beim nich-

1 Hierunter sind die invasiven Leistungserbringer zu verstehen, die im Rahmen des Vertrags CARDIO-Integral

über einen zusätzlichen Kooperationsvertrag mit der AOK PLUS verfügen (hierzu zählen: PRAXISKLINIK HERZ

und GEFÄßE in Dresden, Zentrum für ambulante Rehabilitation Herz und Kreislauf Dresden in Trägerschaft der

Fachzentrum Dresden-Neustadt Betriebsgesellschaft mbH, Herzzentrum Dresden GmbH Universitätsklinik an

der TU Dresden, Universitätsklinikum C. G. Carus an der TU Dresden, MVZ am Küchwald, Klinikum Chemnitz

gGmbH, Kardiologische Gemeinschaftspraxis Dr. med. Gert Kaltofen, Dr. med. Michael Schubert, Dr. med. Ulri-

ke Gerner und Dr. med. René Jurowsky in Chemnitz, Gemeinschaftspraxis & Praxisklinik Dipl.-Med. Peter Ull-

rich & Dr. med. Hans-Steffen Gabel in Görlitz, Malteser Krankenhaus „St. Carolus“ Görlitz und die Städtische

Klinikum Görlitz gGmbH

4

tinvasiven Facharzt und anschließend innerhalb von 21 Tagen beim invasiven Facharzt be-

kommen.

3 DMP-Verträge Zur Umsetzung der Disease-Management-Programme (DMP) schließen die Krankenkassen

mit den Kassenärztlichen Vereinigungen entsprechende Verträge, die durch das Bundesver-

sicherungsamt (BVA) akkreditiert werden müssen. Mit dem GKV-

Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) wurde der bürokratische Aufwand im Rahmen der

DMP reduziert und der Anreiz für die Versicherten zur Teilnahme erhöht:

Seit dem 1. April 2007 sind die Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten für DMP einen

Wahltarif anzubieten und diesen mit Zuzahlungsnachlässen oder Prämien zu verbinden.

Insgesamt scheinen die DMP erfolgreich zu sein. Die drei folgenden Studien zeigen auf, dass

DMPs zu einer gezielteren Versorgung beitragen können:

1. Evaluation von Infas, Prognos und dem Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutsch-

lands (WIAD) (Leinert, Reiche2008): Bei dieser gesetzlich vorgeschriebenen Evaluati-

on wurden 13 Millionen Datensätze von 1,25 Millionen AOK-Versicherten im DMP-

Diabetes mellitus Typ 2 ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass langfristig gesehen so-

wohl der Blutdruck als auch der Blutzucker der Patienten erheblich gesenkt werden

konnte.

2. Qualitätsanalyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) (Quali-

tätsbericht 2006): Die Qualitätsanalyse der DMPs erfolgte im Versorgungsgebiet der

kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe. Nach dieser Studie

haben die beteiligten Ärzte die weitaus meisten der vereinbarten Ziele erreicht, unter

anderem die Aspekte Blutzuckerwerte, Blutdruckeinstellung und empfohlene Medi-

kation. Abweichungen gab es bei der Fußambulanz. Hier sollten vereinbarungsgemäß

65 Prozent der Patienten überwiesen werden, tatsächlich waren es nur 17 Prozent.

Das ZI will hier ergründen, warum manche Ärzte zwar einen auffälligen Fußbefund

dokumentiert haben, aber keine Überweisung zur Fußambulanz ausstellten.

3. ELSID-Studie der Universität Heidelberg: In der ELSID-Studie (Szecsenyi, J. 2008) soll

der Frage „Haben Patienten, die im Rahmen der DMPs behandelt werden, Vorteile

gegenüber Patienten in der Regelversorgung?“ nachgegangen werden. Es geht aber

nicht nur um die medizinische oder ökonomische Betrachtung, sondern auch um die

Verhaltensweisen von Ärzten und Patienten und wie sich diese während des Pro-

gramms verändert haben. Es handelt sich um eine bundesweit erste kontrollierte

Studie zur Erfolgsmessung der DMPs anhand des DMP-Diabetes mellitus Typ 2. Dazu

wurden seit 2005 Ergebnisse von DMP und Regelversorgung von 20.000 AOK-

Versicherten in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz verglichen. Erste Ergebnisse die-

ser zweieinhalb Jahre dauernden Betrachtung sind, dass die Sterblichkeitsrate bei

DMP-Teilnehmern mit 10,9 Prozent deutlich niedriger als bei den Nicht-DMP-

Teilnehmern (18,8 Prozent) ist (vgl. Miksch et al. 2011). Darüber hinaus wurde im

November 2006 eine Patientenbefragung zum subjektiven Gesundheitszustand, zur

Lebensqualität und dem persönlichen Erleben der Versorgungsqualität durchgeführt.

Eine zweite Befragung der Patienten fand im Jahr 2007 statt. Darin wurde erhoben,

inwiefern sich die Situation der Diabetiker in einem Jahr verändert hat und ob sich

größere Veränderungen zeigen, wenn der Patient am DMP teilnimmt. Die Auswer-

tungen dieser Befragungen belegen, dass DMP-Patienten deutlich zufriedener mit

5

dem Ablauf und der Organisation ihrer Behandlung als Patienten der Regelversor-

gung sind. Hierzu tragen die im DMP implementierten Instrumente wie regelmäßige

Untersuchungstermine, regelmäßig vereinbarte Therapieziele und Schulungen zur

besseren Information über die Krankheit bei.

Eine neuere Untersuchung mit Daten der Techniker Krankenkasse kommt hingegen zu einem

entgegengesetzten Ergebnis (….). Mit ähnlicher Methodik und einem Datensatz der KHK-

Allianz kommt das IGES-Institut wiederum zu einem anderen Schluss und bestätigt damit die

früheren Ergebnisse der ELSID-Studie (vgl. Nolting et al. 2011).

Die DMP-Teilnahme gilt als Nachweis für "therapiegerechtes Verhalten“. Damit gilt die Chro-

nikerregelung, die die Zuzahlung für Medikamente bei chronisch kranken Versicherten auf

ein Prozent des Brutto-Einkommens reduziert (gegenüber zwei Prozent im Regelfall), seit

dem 1. Januar 2008 für alle DMP-Teilnehmer.

Mit Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs zum 1. Januar 2009

wurden sämtliche Indikationen der bestehenden DMPs in den Katalog der 80 berücksichti-

gungsfähigen Krankheiten aufgenommen. Die Morbiditätszuschläge für die berücksichti-

gungsfähigen Krankheiten werden seitdem unabhängig von der Teilnahme an einem DMP

gewährt. DMP werden zudem im Rahmen der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds be-

rücksichtigt: So erhalten die Krankenkassen Zuweisungen zur Deckung der standardisierten

Aufwendungen, die auf Grund der Entwicklung und Durchführung von DMP entstehen (so-

genannte Programmkostenpauschale).2

3.1 DMP-KHK

In Sachsen trat das DMP-KHK zum 1. Januar 2005 in Kraft. Um an diesem Programm teil-

nehmen zu können, müssen die Patienten bestimmte Voraussetzungen erfüllen, welche in

der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung -RSAV- unter § 28 d Ziffer 3 festgehalten sind. Da-

bei wird zwischen allgemeinen Voraussetzungen (Ziffer 3.1) und speziellen Voraussetzungen

(3.2) unterschieden. Für die Teilnahme am DMP-KHK müssen die allgemeinen Voraussetzun-

gen nach § 28 d Ziffer 3.1 vollständig und bei den speziellen Vorrausetzungen nach § 28 d

Ziffer 3.2 mindestens eins von drei Kriterien erfüllt sein.

Dabei gelten als spezielle Voraussetzungen:

1.) Bei einem akuten Koronarsyndrom, auch in der Vorgeschichte;

2.) Wenn sich aus Symptomatik, klinischer Untersuchung, Anamnese, Begleiterkran-

kungen und Belastungs-EKG, das innerhalb der letzten drei Jahre durchgeführt

worden ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens 90 %) für das Vorliegen ei-

ner koronaren Herzkrankheit belegen lässt. Nur bei Patienten, die nach Feststel-

lung der Ärztin oder des Arztes aus gesundheitlichen Gründen für ein Belastungs-

EKG nicht in Frage kommen oder bei denen ein auswertbares Ergebnis des Be-

lastungs-EKGs nicht erreichbar ist (insbesondere bei Patienten mit Linksschenkel-

block, Herzschrittmacher oder bei Patienten, die physikalisch nicht belastbar

2 Aus: AOK-Lexikon (www.aok-bv.de).

6

sind), können andere nichtinvasive Untersuchungen zur Diagnosesicherung (echo-

kardiografische oder szintigrafische Verfahren) angewendet werden;

3.) direkter Nachweis mittels Koronarangiografie.

3.2 DMP Diabetes mellitus Typ 2

Das DMP Diabetes mellitus Typ 2 (DMP DM 2) trat in Sachsen zum 7. Februar 2003 in Kraft

und wurde zum 1. Juli 2006 aktualisiert. Versicherte können freiwillig auf Basis eines akkredi-

tierten Disease-Management-Programmes ihrer Krankenkasse an der Versorgung nach die-

ser Vereinbarung teilnehmen, sofern folgende Einschreibekriterien erfüllt sind:

• die schriftliche Bestätigung der gesicherten Diagnose durch den koordinierenden

Vertragsarzt entsprechend Ziffer 1.2 der Anlage 1 RSAV sowie

• die schriftliche Einwilligung in die Teilnahme und die damit verbundene Erhebung,

Verarbeitung und Nutzung seiner Daten und die umfassende, auch schriftliche Infor-

mation der Versicherten

Zu den speziellen Teilnahmevoraussetzungen gehört auch, dass die Diagnose des Diabetes

mellitus Typ 2 gemäß Ziffer 1.2 (Diagnostik) der Anlage 1 RSAV gesichert ist oder eine Thera-

pie mit diabetesspezifischen, blutglukosesenkenden Medikamenten bereits vorliegt. Die

Teilnahme schränkt nicht die Regelungen der freien Arztwahl nach § 76 SGB V ein.

7

Teil A

Datenauswertung EVA A

8

4 Methodische Vorbemerkungen

4.1 Datengrundlage und Design der Untersuchung

In diesem Sample wird die Untersuchung der ersten Evaluation fortgeführt. Bei der ersten

Evaluation wurden in einem ersten Schritt für die Teilnehmer an CARDIO-Integral (Interven-

tionsgruppe) und Versicherte einer Kontrollgruppe sowohl die Gesamtkosten als auch je-

weils einzeln die ambulanten Kosten, die stationären Kosten und die Medikamentenkosten

erhoben und verglichen.

Die Interventionsgruppe besteht aus Versicherten, die sich zwischen dem 4. Quartal 2005

und dem 2. Quartal 2006 in den Vertrag der integrierten Versorgung CARDIO-Integral einge-

schrieben haben und am 31. Dezember 2007 noch im Vertrag eingeschrieben waren (vgl.

Abbildung 1). Am Anfang des 3. Quartals 2006 befanden sich insgesamt 2.442 Versicherte in

der Interventionsgruppe. Diese Versicherten werden in der neuen Evaluation A bis zum 2.

Quartal 2010 weiterverfolgt. Hierbei ist zu beachten, dass ein Teil der Versicherten durch

Vertragswechsel, Krankenkassenwechsel oder Tod während der Untersuchungszeit aus dem

Sample herausgefallen ist. Dies betrifft insgesamt 270 Versicherte, so dass das verbleibende

Untersuchungssample 2171 Versicherte umfasst.

In der Kontrollgruppe wurden ursprünglich 6.907 Versicherte ausgewählt, die in wichtigen

Kontrollvariablen den Versicherten in der Interventionsgruppe ähnlich waren, aber nicht an

CARDIO-Integral teilgenommen hatten. Für die Evaluation A konnte diese Gruppe nicht wei-

terverfolgt werden, da die Teilnehmer nicht mehr rückwirkend identifiziert werden konnten.

Abbildung 1: Design Evaluation A im Vergleich zur Evaluation von 2009

4.2 Auswertungsmethoden

4.2.1 Multiple Regressionsmodelle

Neben einer deskriptiven Analyse der Daten werden Regressionsmodelle zur Auswertung

herangezogen. Mit Hilfe dieser Modelle soll vor allem herausgefunden werden, welche Fak-

toren für die Kostenentwicklung verantwortlich sind. Die hier verwendeten Modelle sind

Modelle der multiplen Regression unter Berücksichtigung der Panel-Struktur der Daten.

9

Die allgemeine Formulierung eines Panel-Modells mit i Individuen und t Quartalen lautet

β= + +'it it i ity x u e (1)

Dabei gelten folgende Variabelendefinitionen:

Y Abh. Variable (Kosten, VWD…)

X beobachtbare Faktoren β Koeffizienten

u, e unbeobachtbare Faktoren

Es handelt sich um ein so genanntes „error components“-Modell. Zum einen werden die

Fehlerterme iu berücksichtigt, die für unbeobachtbare individuelle Effekte stehen. Diese

sind über die Zeit hinweg konstant und stehen für individuelle Eigenschaften wie z.B. dem

Gesundheitszustand, der zu einer Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung am IV-Vertrag führt. Die

Fehlerterme ,i te sind unbeobachtbare und zufällige Einflussfaktoren, die sich über die Per-

sonen und die Zeit ändern können.

Um den jeweiligen Zeitpunkt bzw. das Leistungsquartal der Beobachtung zu berücksichtigen,

werden Dummy-Variablen verwendet. Diese werden hier Q2 bis Q14 genannt und in der

Matrix Q zusammengefasst. Als Referenzquartal wird das erste Quartal verwendet.

4.2.2 Two-Part- und Probit Modell

Im obigen Modell werden „0-Ausgaben“ nicht separat modelliert. Diese treten dann auf,

wenn ein Versicherter in einer bestimmten Zeitperiode keine Ausgaben hatte. Damit ist zu-

nächst von Interesse, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Versicherter Leistungen während

einer bestimmten Zeitperiode in Anspruch nimmt.

Diese Wahrscheinlichkeiten können mit Hilfe eines Probit-Modells geschätzt werden. Die

Besonderheit eines Probit-Modells liegt darin, dass die abhängige Variable nur die Ausprä-

gungen Null und Eins annimmt (z.B. Krankenhausüberweisung liegt vor bzw. nicht vor oder

allgemeiner der Versicherte hat Leistungen in Anspruch genommen bzw. nicht in Anspruch

genommen) und damit eine einfache lineare Regression oftmals nicht zu sinnvollen Ergeb-

nissen führt. Modelliert wird stattdessen die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Y in Abhängig-

keit von Einflussfaktoren z gleich Eins ist:

( 1) ( )it itP Y F z β= = (2)

Wobei gilt:

1 wenn 0, sonst 0it it itY y Y= > =

Dabei steht F(.) im Probit-Modell für die Verteilungsfunktion der Standard-Normalverteilung.

Die hier verwendeten Einflussfaktoren sind die sozioökonomischen Variablen, die zur Verfü-

gung stehen.

Im zweiten Teil des Two-Part-Modells wird das obige multiple Regressionsmodell (vgl. Glei-

chung 1) unter der Bedingung, dass die Kosten größer Null sind, geschätzt. Im Ergebnis erhält

man eine Schätzung der Kosten unter der Bedingung, dass der Versicherte überhaupt beim

Arzt, im Krankenhaus war. In Verbindung mit Gleichung 1 erhalten wir:

( )| 0it it it i itE y y x uβ ε> = + + (3)

10

Das Modell erlaubt es somit, unterschiedliche Wirkungen von Einflussfaktoren auf die bei-

den Entscheidungen zu untersuchen. Erste Stufe: Entscheidung über die Inanspruchnahme

an sich, zweite Stufe: Entscheidung über die Höhe der Inanspruchnahme.

Um vom bedingten Erwartungswert der Kosten bei Inanspruchnahme zum unbedingten Er-

wartungswert (Kosten des Versicherten) zu gelangen, muss man das Ergebnis aus Gleichung

(3) nur noch mit der Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Kosten entstanden sind (Gleichung

2), multiplizieren. So erhält man die durchschnittlichen Kosten, bei denen auch die Fälle der

Nullausgaben berücksichtigt sind.

0 0= > ⋅ >, , , ,( ) ( ) ( )i t i t i t i tE Y P Y E Y Y (4)

Die Auswertung erfolgt mit dem Programmpaket STATA.

5 Deskriptive Auswertungen

5.1 Versicherte

Wir betrachten im Folgenden Versicherte, die sich zwischen dem 4. Quartal 2005 und dem 2.

Quartal 2006 in den Vertrag der integrierten Versorgung CARDIO-Integral eingeschrieben

haben und am Ende des 2. Quartals 2010 noch im Vertrag eingeschrieben waren. Für die

Evaluation wird die Leistungsinanspruchnahme vom ersten Quartal 2007 bis zum zweiten

Quartal 2010 betrachtet.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die soziodemografischen Variablen der Versicherten im

Sample. In der Untersuchungsgruppe sind knapp 2 Prozent mehr Männer als Frauen vertre-

ten (vgl. Variable Mann) und das Durchschnittsalter der Versicherten beträgt 70,87 Jahre

(bezogen auf das Jahr 2007). Ca. 35 Prozent der Versicherten waren Anfang 2007 im DMP

KHK eingeschrieben, im DMP Diabetes 2 waren es dagegen nur 29 Prozent. Bezogen auf den

Versichertenstatus stellen Rentner die größte Gruppe im Sample (ca. 88 Prozent), erwerbstä-

tig waren hingegen nur 6 Prozent. Die anderen Versichertengruppen (Arbeitslose, mitversi-

cherte Ehegatten und freiwillig Versicherte) spielen nur eine untergeordnete Rolle (jeweils

weniger als 3 Prozent).3

3 In einer Kategorie „Sonstige“ fassen wir alle anderen Versicherten zusammen, die nicht einer der genannten

Kategorien zugeordnet werden können. In diese Kategorie fallen weniger als ein Prozent der Versicherten.

11

Tabelle 1: Deskriptive Statistiken Patienten I

Variable Mittelwert Std.abw. Min Max Mann = 1 0,52 0,50 0 1 Alter (in 2007) 70,87 10,49 19 99 DMP KHK (ja = 1) 0,35 0,48 0 1 DMP Dm2 (ja=1) 0,29 0,45 0 1 Rentner 0,88 0,33 0 1 Arbeitslos 0,02 0,15 0 1 Beschäftigte 0,06 0,24 0 1 Ehegatte 0,01 0,10 0 1 Freiwillig Versicherte 0,02 0,15 0 1 Pflegestufe 1 0,08 0,27 0 1 Pflegestufe 2 0,02 0,15 0 1 Pflegestufe 3 0,01 0,08 0 1 Heimbewohner 0,003 0,06 0 1 Heim-Dauer (in Quartalen) 0,02 0,53 0 17

Die genannten Eigenschaften der Versicherten wurden auch für die Untersuchungsgruppe

bei der ersten Evaluation berücksichtigt. In Tabelle 2 betrachten wir diese Variablen im Ver-

gleich zur ersten Evaluation. Durch den Ausschluss einiger Versicherter (Tod, Krankenkas-

senwechsel, Beendigung der Teilnahme an CARDIO-Integral) hat sich die Zusammensetzung

etwas geändert. So ist das Durchschnittsalter um ein halbes Jahr gesunken. Außerdem sind

auch die Teilnahmequoten an den DMP gesunken.

Tabelle 2: Deskriptive Stat. – Vgl. mit erster Evaluation (2007)

Variable Mittelwert

Altes Sample

Mittelwert

Neues Sample

Alter (in 2007) 70,87 71,22

Mann=1 0,52 0,52

DMP KHK (ja = 1) 0,40 0,35

DMP Dm2 (ja = 1) 0,33 0,29

Rentner 0,86 0,88

Arbeitslos 0,03 0,02

Beschäftigt 0,07 0,06

Ehegatte 0,01 0,01

N 2442 2172

Allerdings erhöhten sich bei den verbliebenen Versicherten die Beteiligungen an den DMP

im Untersuchungszeitraum. So stieg bspw. die Beteiligung am DMP KHK von 35 Prozent im

ersten Quartal 2007 auf ca. 45 Prozent im zweiten Quartal 2010 – was einem Anstieg von

knapp 30 Prozent entspricht (vgl. Abbildung 2).

12

Abbildung 2: Entwicklung der Beteiligung DMP KHK und DMP Dm2 (Veränderung zu I/2007)

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

45,00%

50,00%I /

20

07

II/2

00

7

III/

20

07

IV/2

00

7

I /2

00

8

II/2

00

8

III/

20

08

IV/2

00

8

I /2

00

9

II/2

00

9

III/

20

09

IV/2

00

9

I /2

01

0

II/2

01

0

DMP KHK DMP Dm2

Im Unterschied zur ersten Evaluation konnten in der neuen Evaluation weitere Eigenschaften

der Versicherten berücksichtigt werden. Zum einen liegen Informationen über die Pflegestu-

fe der Versicherten, zum anderen wissen wir, ob die Versicherten in einem Pflegeheim un-

tergebracht sind und – im Falle einer Heimunterbringung – auch seit wann sie im Pflegeheim

wohnen. Insgesamt besitzen ca. 11 Prozent der Versicherten im Untersuchungssample eine

Pflegestufe – die meisten von ihnen die Pflegestufe 1 (vgl. Tabelle 1).

Im Unterschied zum Pflegestatus der Versicherten ist die Information zum Aufenthalt in ei-

nem Pflegeheim quartalsweise erfasst. Daher können wir auch die Entwicklung des Anteils

der Versicherten im Pflegeheim im Untersuchungszeitraum betrachten (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Anteil der Versicherten im Heim

Am Anfang der Untersuchungsperiode wohnte weniger als 0,5 Prozent der Versicherten in

einem Pflegeheim. Im 2. Quartal 2010 war dieser Anteil auf über 2 Prozent gestiegen. Der

Anteil der Versicherten im Pflegeheim hat dabei über den Untersuchungszeitraum kontinu-

ierlich zugenommen. Wie Abbildung 4 zeigt, nimmt der Anteil der Versicherten im Heim ins-

13

besondere bei denjenigen Versicherten stark zu, die Anfang 2007 bereits in der Pflegestufe 3

waren.

Abbildung 4: Anteil der Versicherten im Heim – in Abh. Pflegestufe 2007

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%60,00%

70,00%

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Pflegestufe 1 Pflegestufe 2 Pflegestufe 3

Da wir sowohl den Heimstatus als auch die Pflegestufe als Kontrollvariablen in unserem Mo-

dell berücksichtigten, ist sichergestellt, dass beide Faktoren keinen Einfluss auf die geschätz-

te Kostenentwicklung haben.

5.2 Deskriptive Analyse der Kosten

Die Analyse der Kosten erfolgt auf der Ebene Versicherte pro Quartal. Das erste hier betrach-

tete Leistungsquartal ist das erste Quartal des Jahres 2007, das letzte Leistungsquartal das

zweite des Jahres 2010. Somit umfasst die Beobachtungsperiode 14 Quartale.

Tabelle 3: Gesamtausgaben und Ausgaben pro Ausgabenbereich pro Versicherten und Quartal in €

N= 31.108

Variable Mittelwert Std. abw. Min Max

Ambulant 220 349 0 15.481

Stationär 417 197 0 61.054.

Medikamente 266 522 0 23.461. a)

Für die ambulanten Kosten wurde von einem konstanten durchschnittlichen Punktwert von 3,88 Cent ausgegangen

Tabelle 3 zeigt die durchschnittlichen Kosten in den drei größten Hauptausgabenbereichen

pro Quartal und Versicherten. Mit 417 Euro pro Versicherten und Quartal fallen die stationä-

ren Kosten am höchsten aus, gefolgt von den Medikamentenausgaben (266 Euro) und den

ambulanten Kosten (220 Euro).4

Weitere Unterschiede zwischen den Leistungsbereichen zeigen sich, wenn wir deren Ent-

wicklung über die Zeit betrachten (vgl. Abbildung 5).

4 Unter ambulanten Kosten werden alle Kosten von niedergelassenen Ärzten verstanden, die über die Kassen-

ärztliche Vereinigung zu Lasten der AOK Plus abgerechnet werden.

14

Abbildung 5: Entwicklung der Kosten in einzelnen Ausgabenbereichen (in €)

0

100

200

300

400

500

600

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /200

8

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Ambulant Medikamente Stationär

In allen Ausgabenbereichen sind Kostensteigerungen erkennbar. Es wird auch deutlich, dass

insbesondere ab 2008 die Kosten in den einzelnen Leistungsbereichen gestiegen sind. Dabei

war der Anstieg bei den stationären Kosten am größten. Insgesamt setzt sich damit ein

Trend fort, den wir auch in der ersten Evaluation beobachten konnten. Dort wurde zwar für

den Gesamtzeitraum (Anfang 2006 bis Ende 2007) insgesamt ein Rückgang der Kosten fest-

gestellt, allerdings zeigte sich auch schon damals, dass es im Jahr 2007 zu leichten Kosten-

steigerungen kam. Diese Entwicklung dürfte im starken Maße mit der Dauer der CARDIO-

Integral-Teilnahme der Versicherten zusammenhängen. Am Anfang des Jahres 2006 waren

die Versicherten erst kurz im Programm eingeschrieben. Deshalb verwundert es nicht, dass

es gerade in dieser Zeit starke Kosteneinsparungen gab. Im Jahr 2010 sind die meisten Versi-

cherten, die wir in der Evaluation A betrachten, mehr als vier Jahre in CARDIO-Integral einge-

schrieben. Weitere signifikante Kosteneinsparungen gegenüber der Einführungsphase schei-

nen nur noch schwer realisierbar zu sein. Das sagt allerdings noch nichts über den Erfolg des

Programms aus, da wir die Kostenentwicklung in einer Vergleichsgruppe hier nicht betrach-

ten können.

Eine genauere Analyse soll im Folgenden untersuchen, welche Ursachen für diese Entwick-

lung möglicherweise verantwortlich sind – gegliedert nach ambulanten, Arzneimittel- und

stationären Kosten. Außerdem erfolgt jeweils eine separate Analyse für ausgewählte Herz-

Diagnosegruppen, also diejenigen Diagnosen, die durch das Programm direkt beeinflusst

werden können.

6 Analyse der ambulanten Kosten Zur genaueren Analyse der ambulanten Kosten führen wir multiple Regressionen durch, die

es erlauben, den Einfluss verschiedener Faktoren auf die ambulanten Kosten simultan zu

berücksichtigen. Außerdem bietet die Panel-Datenstruktur die Möglichkeit, auch so genann-

te unbeobachtbare Effekte zu berücksichtigen. Dadurch ist es möglich, für nichtbeobachtba-

re individuelle Unterschiede zwischen den Versicherten zu kontrollieren (vgl. auch Abschnitt

4.2).5

5 Die Modellierung dieser unbeobachtbaren Effekte kann mit Hilfe fixer Effekte oder so genannter random

effects erfolgen. Wir verwenden random effects, da wir verschiedene über die Zeit fixe Faktoren (Versicherten-

status) ebenfalls berücksichtigen müssen. Zu Vor- und Nachteilen von fixed effects und random effects vgl.

15

Die Analyse der ambulanten Leistungserbringung erfolgt schrittweise. Zunächst führen wir

eine Analyse auf Versicherten- und Quartalsebene für die gesamten ambulanten Leistungen

durch. Zusätzlich vergleichen wir diese Ergebnisse mit Ergebnissen einer weiteren Analyse,

bei der wir nur die Kosten im Zusammenhang mit Herz-Kreislauferkrankungen betrachten.

6.1 Ambulante Leistungserbringung insgesamt

Zur Analyse der Kosten verwenden wir einen zwei-stufigen Ansatz (Two-Part).6 Für die Er-

mittlung der Wahrscheinlichkeiten, dass ein Versicherter in einem Quartal einen Arzt auf-

sucht, nutzen wir ein Probit-Modell. Hierbei handelt es sich um ein nichtlineares Regressi-

onsmodell, welches die besondere Art der Ausprägung der abhängigen Variablen (0 für kein

Arztbesuch eines Versicherten in einem Quartal, 1 für einen Arztbesuch in einem Quartal)

berücksichtigt.

Tabelle 4 enthält die Regressionsergebnisse für die gesamten ambulanten Kosten, wobei die

Ergebnisse zu den Quartals-Dummyvariablen in der Tabelle nicht mit aufgeführt sind. Diese

Ergebnisse werden im Anschluss grafisch dargestellt.

Die Ergebnisse beider Teile des Two-Part-Modells unterscheiden sich deutlich.

Tabelle 4: Ergebnisse für ambulante Gesamtkosten (unabhängig von der Indikation)

Inanspruchnahme

Kosten im Falle der

Inanspruchnahme

Variable Koeffizient

Std. Feh-

ler Koeffizient

Std.

Fehler

Alter 0,010 0,010 3,54 2.36

Alter^2/1000 0,067 0,085 -21,07 18.75

Mann=1 -0,170 *** 0,039 10,12 8.63

DMP_KHK=1 0,777 *** 0,060 40,54 *** 10.89

DMP_DM2=1 0,710 *** 0,067 28,89 *** 8.40

Pflegestufe 1 =1 0,098 0,105 35,56 ** 18.94

Pflegestufe 2 =1 -0,078 0,156 -1,77 21.04

Pflegestufe 3 =1 -0,190 0,172 -48,26 ** 25.68

Rentner = 1 0,463 *** 0,076 -26,10 19.33

Arbeitslos =1 0,186 * 0,106 -72,01 *** 24.46

Beschäftigt=1 0,033 0,081 -66,17 *** 23.69

Ehe=1 0,010 0,119 -67,52 *** 24.83

Heimbewohner=1 0,156 0,197 69,35 54.85

Konstante 0,500 * 0,303 56,76 80.41

N 31094 29739

Pseudo R^2 0,200 0,02

Var (ui) = 0 17.585 *** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Die Wahrscheinlichkeit einer ambulanten Leistungsinanspruchnahme pro Quartal wird signi-

fikant vom Geschlecht, der DMP-Beteiligung und dem Versichertenstatus der Versicherten

bspw. Wooldridge (2003).

6 Vgl. zur Methodik Abschnitt 4.2.2.

16

bestimmt. Männer suchen etwas seltener einen Arzt auf als Frauen. Die Beteiligung an den

DMP KHK und DM2 hat hingegen einen deutlich positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit

eines Arztbesuches. Auch Rentner und Arbeitslose weisen eine höhere Wahrscheinlichkeit

auf als Versicherte in der Kategorie „Sonstige“.7

Bei der Analyse der ambulanten Gesamtkosten (nachdem die Versicherten einen Arzt aufge-

sucht haben) zeigen sich insbesondere Unterschiede zur Wahrscheinlichkeit einer Inan-

spruchnahme beim Versichertenstatus. Hier weisen alle Versichertengruppen geringere Kos-

ten auf als die sonstigen Versicherten (außer bei den Rentnern sind diese Unterschiede auch

signifikant). Das Vorzeichen der DMP-Beteiligung weist hingegen in die gleiche Richtung wie

im Wahrscheinlichkeitsmodell, d.h. Versicherte mit einer DMP-Beteiligung besuchen häufi-

ger einen Arzt und ihre Inanspruchnahme ist höher als bei Versicherten ohne DMP-

Beteiligung.

Die zeitliche Entwicklung der geschätzten Inanspruchnahme und der Kosten bei Inanspruch-

nahme ist in Abbildung 6 dargestellt. Auf Grund des statistischen Modells ist es möglich,

auch Vertrauensintervalle (Konfidenzintervalle) anzugeben. Diese zeigen, in welchem Be-

reich die geschätzten Größen mit Sicherheit (zu 95 Prozent) liegen. Während die Wahr-

scheinlichkeit einer Inanspruchnahme sich über die Zeit nur unwesentlich verändert, steigen

die ambulanten Kosten bei einer Inanspruchnahme im Quartal im Untersuchungszeitraum

relativ stark an, so dass sie am Ende der betrachteten Periode (2. Quartal 2010) signifikant

höher liegen als am Anfang der Untersuchungsperiode). Die dargestellten Ergebnisse bestä-

tigen die Resultate aus der ersten Evaluation für den Zeitraum bis Ende 2007. Wie hier konn-

te auch damals für das Jahr 2007 ein Rückgang der gesamten ambulanten Kosten festgestellt

werden. Der Anstieg nach 2007 kann unterschiedliche Ursachen haben. So könnten neue

vertragliche Regelungen im ambulanten Sektor eine Rolle spielen, die hier nicht erfasst sind

(bspw. gehen wir von einem konstanten Punktwert aus).

Abbildung 6: Ambulante Gesamtkosten: Inanspruchnahme und Kosten nach Quartalen

a) Inanspruchnahme (in %) b) Kosten bei Inanspruchnahme (in €)

0,95

0,97

0,99

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

100

150

200

250

300

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Die dargestellten Ergebnisse sind anfällig für Ausreißer (Kleinste Quadrate Schätzung trotz

stark linksschiefer Verteilung der ambulanten Kosten). Deshalb wurde abschließend unter-

sucht, welchen Einfluss diese Ausreißer auf die Schätzergebnisse haben können. Obwohl sich

die Güte der Schätzung nach Herausnahme der Ausreißer deutlich verbessert und sich die

Größe der Effekte ändern, werden auch im bereinigten Modell die Ergebnisse des Gesamt-

modells (mit Ausreißern) qualitativ bestätigt.

7 „Sonstige“ ist die Vergleichskategorie für den Versichertenstatus, in der sich hauptsächlich freiwillig Versicher-

te befinden (50 Personen).

17

Ergebnis 1: Die Kosten der ambulanten Leistungserbringung steigen für CARDIO-

Integral-Teilnehmer ab dem ersten Quartal 2008 kontinuierlich an. Ur-

sache dafür ist nicht eine höhere Inanspruchnahme im Zeitverlauf.

Vielmehr sind die Kosten pro Fall ab dem ersten Quartal 2008 deutlich

gestiegen.

6.2 Ambulante Kosten– nach Diagnosegruppen

Für die Untersuchung nach Diagnosegruppen wählen wir vier Diagnosen bzw. Diagnose-

Gruppen aus, die insbesondere für Versicherte in CARDIO-Integral eine besondere Rolle spie-

len.8 Die Zuordnung der Fälle zu einer Diagnosegruppe erfolgt entsprechend dem Auftreten

der Diagnose auf der Abrechnung des Arztes. Werden bei einem Fall Diagnosen aus unter-

schiedlichen Diagnosegruppen gleichzeitig kodiert, wird davon ausgegangen, dass die Diag-

nose mit dem höchsten Schweregrad ausschlaggebend ist.

6.2.1 Gruppe 1: Essentielle Hypertonie (I10)

Während bei den gesamten ambulanten Kosten der Anteil an Versicherten, die in einem

Quartal überhaupt keine Leistungen in Anspruch genommen haben, vergleichsweise gering

ist, ist der Anteil derer, die auf Grund einer einzelnen Diagnose keine Kosten pro Quartal

verursachen, naturgemäß deutlich höher. Von den 2172 betrachteten Versicherten hatten

nur 922 Versicherten mindestens einmal einen Arztkontakt wegen dieser Diagnose in einem

Quartal.

Für die Ermittlung der Wahrscheinlichkeiten einer Inanspruchnahme verwenden wir ein Pro-

bit-Modell. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Versicherter einen Arzt mit der Diagnose Blut-

hochdruck aufsucht, nimmt bis zu einem bestimmten Alter zu, um dann wieder zurückzuge-

hen. Bei Männern ist die Wahrscheinlichkeit niedriger als bei Frauen. Bei Teilnahme am Di-

sease-Management-Programm KHK liegt die Wahrscheinlichkeit eines Arztbesuches in einem

Quartal deutlich unter der Wahrscheinlichkeit bei einer Nicht-Teilnahme (ca. 0,3 Wahr-

scheinlichkeitspunkte auf einer Skala von 0 bis 1).9 Abgeschwächt gilt das Gleiche auch für

die Teilnahme am DMP DM2. Alle drei Pflegestufen wirken signifikant negativ auf die Wahr-

scheinlichkeit eines Arztkontaktes während eines Quartals in dieser Diagnosegruppe, wobei

die Stärke des Effektes mit der Höhe der Pflegestufe abnimmt. Auch für die Heimbewohner

ergeben sich im Durchschnitt geringere Wahrscheinlichkeiten eines Arztbesuches.

8 Entsprechend dem Vorgehen in der ersten Evaluation.

9 Dieser Wert ist nicht direkt aus der Tabelle ablesbar. Man erhält ihn durch die Berechnung der Wahrschein-

lichkeit entsprechend der Schätzung des Modells, d.h. man bildet die Differenz aus der geschätzten Wahr-

scheinlichkeit für DMP-Teilnehmer und der geschätzten Wahrscheinlichkeit der Nicht-Teilnehmer. Alle anderen

Variablen werden für die Berechnung am Mittelwert betrachtet.

18

Tabelle 5: Regressionsergebnisse für ambulante Kosten (Diagnosegruppe 1):

Inanspruchnahme Kosten bei Inanspruchnahme

Variable Koeffizient

Std. Feh-

ler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,081 *** 0,007 1,534 4,211

Alter^2/1000 -0,707 *** 0,051 -17,677 29,435

Mann=1 -0,148 *** 0,017 -0,445 9,187

DMP_KHK=1 -1,128 *** 0,020 5,804 9,053

DMP_DM2=1 -0,041 ** 0,018 24,925 *** 7,887

Pflegestufe 1 =1 -0,322 *** 0,039 21,437 15,612

Pflegestufe 2 =1 -0,231 *** 0,058 -0,455 38,993

Pflegestufe 3 =1 -0,220 ** 0,094 101,983 87,473

Rentner = 1 -0,013 0,053 -41,063 40,091

Arbeitslos =1 0,113 0,071 -91,348 * 54,147

Beschäftigt=1 0,128 ** 0,058 -106,057 ** 50,099

Ehe=1 0,231 *** 0,084 -107,203 ** 49,520

Heimbewohner=1 -0,174 ** 0,096 16,834 31,220

Konstante -2,260 *** 0,226 191,760 174,174

N 31094 8044

Pseudo R^1 0,146 0,02

Var (ui) = 0 958 *** Legende: * - signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Die Modellierung als Two-Part-Modell bestätigt sich. Denn die Wirkungen der erklärenden

Variablen auf die Wahrscheinlichkeit eines Arztkontaktes (Inanspruchnahme) und die Höhe

der Ausgaben im Falle einer Inanspruchnahme sind vollkommen unterschiedlich (vgl. etwa

Vorzeichen der DMP-Koeffizienten in Tabelle 5).

Abbildung 7: Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme und Inanspruchnahme ambulanter Leistungen - Diag-nosegruppe 1 nach Quartalen

a) amb. Inanspruchnahme in der DG 1 (in %) b) amb. Fallkosten in der DG 1 (in €)

0

0,1

0,2

0,3

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

100150200250300

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Weiterhin zeigt sich, dass das Alter keinen signifikanten Einfluss auf die bedingten ambulan-

ten Kosten hat (vgl. rechte Seite von Tabelle 5). Bei Teilnahme am DMP sind rund 25 Euro

höhere ambulante Kosten als bei anderen IV-Versicherten in dieser Diagnosegruppe festzu-

stellen (sofern sie einen Arzt im Quartal aufgesucht haben). Eine Teilnahme am DMP KHK

beeinflusst die ambulanten Leistungsausgaben in der angesprochenen Diagnosegruppe hin-

gegen nicht.

In Abbildung 7 ist die Entwicklung der Inanspruchnahme und der Kosten im Falle einer Inan-

spruchnahme für die Diagnosegruppe 1 über die Zeit dargestellt. Während die Wahrschein-

lichkeit eines Arztkontaktes in der Diagnosegruppe über die Zeit leicht abnimmt, nehmen die

Kosten der Patienten leicht zu. Allerdings ist ein deutlicher Unterschied zwischen der Periode

19

bis Ende 2007 und der Zeit danach bis zum zweiten Quartal 2010 zu erkennen: Der Anstieg

der Kosten setzt erst mit dem Jahr 2008 ein.

6.2.2 Gruppe 2: Angina Pectoris (I20), Akuter Myokardinfarkt (I21), Chronische ischämische Herzkrankheiten (I25)

Insgesamt hatten 1226 Versicherte in der Untersuchungsperiode zumindest in einem Quartal

einen Kontakt mit einem ambulanten Leistungserbringer. Auch bei dieser Diagnosegruppe

nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Arztbesuches, wenn auch weniger stark, mit dem Alter

zu. Während Frauen häufiger mit der Diagnose Hypertonie (Diagnosegruppe 1) einen Arzt

aufsuchen, wird bei Männern häufiger Angina Pectoris, Akuter Myokardinfarkt oder chro-

nisch ischämische Herzkrankheit diagnostiziert. Eine Teilnahme am DMP KHK hat einen stark

positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Arztbesuches. Bei Teilnehmern am Diabe-

tes-Programm sinkt hingegen die Wahrscheinlichkeit eines Arztbesuches bei dieser Diagno-

segruppe.

Alle drei Pflegestufen haben einen signifikant negativen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit

eines Arztkontaktes in dieser Diagnosegruppe, wobei die Stärke des Effektes entsprechend

der Pflegestufe unterschiedlich stark ausfällt (höhere Pflegestufe = stärkerer Effekt). Insbe-

sondere Arbeitslose weisen eine höhere Wahrscheinlichkeit einer ambulanten Inanspruch-

nahme in dieser Diagnosegruppe auf. Heimbewohner gehen hingegen signifikant seltener zu

einem Arzt als Nicht-Heimbewohner.

Tabelle 6: Regressionsergebnisse für Ambulante Kosten (Diagnosegruppe 2):

Inanspruchnahme Kosten bei Inanspruchnahme

Variable Koeffizient

Std. Feh-

ler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,072 *** 0,007 8,280 6,950

Alter^2/1000 -0,464 *** 0,051 -55,426 52,280

Mann=1 0,094 *** 0,017 25,219 18,739

DMP_KHK=1 1,107 *** 0,020 18,073 12,072

DMP_DM2=1 -0,036 ** 0,018 25,796 * 14,610

Pflegestufe 1 =1 -0,131 *** 0,039 41,463 36,347

Pflegestufe 2 =1 -0,203 *** 0,058 -18,888 49,823

Pflegestufe 3 =1 -0,257 *** 0,094 -82,253 51,311

Rentner = 1 0,087 * 0,053 -12,313 29,106

Arbeitslos =1 0,246 *** 0,071 -56,576 37,759

Beschäftigt=1 0,088 0,058 -56,417 * 31,378

Ehe=1 0,001 0,084 -28,646 39,934

Heimbewohner=1 -0,151 * 0,096 223,245 206,029

Konstante -3,563 *** 0,226 -94,118 232,611

N 31094 11376

Pseudo R^1 0,146 0,01

Var (ui) = 0 4980 *** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Insgesamt werden die Kosten in dieser Diagnosegruppe eindeutig durch die Wahrscheinlich-

keit eines Arztbesuches (Inanspruchnahme) bestimmt. Hier sind die meisten Koeffizienten

signifikant und das Bestimmtheitsmaß (als Maß für die Güte der Schätzung) ist mit 14,6 Pro-

20

zent relativ hoch. Auf der zweiten Stufe können die berücksichtigten Faktoren nur sehr we-

nig zur Erklärung der Leistungsinanspruchnahme beisteuern (nur zwei schwach signifikante

Effekte und ein geringes Bestimmtheitsmaß).

Die geringere Güte des Modells auf der zweiten Stufe führt dann auch zu relativ großen Ver-

trauensintervallen für die durchschnittliche Entwicklung der Kosten (vgl. Abbildung 8). Bspw.

kostete ein ambulanter Fall dieser Diagnosegruppe im zweiten Quartal 2010 zwischen 220

und 320 €.

Abbildung 8: Wahrscheinlichkeit und Inanspruchnahme ambulanter Leistungen - Diagnosegruppe 2 nach Quartalen

a) Inanspruchnahme in der Diagnosegruppe 2 (in %) b) Amb. Fallkosten in der Diagnosegruppe 2 (in €)

00,10,20,30,40,5

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

100140180220260300340

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Auch in dieser Diagnosegruppe können zwei unterschiedliche Perioden identifiziert werden.

Während die Kosten bei Inanspruchnahme pro Patienten bis Ende 2007 leicht gefallen sind,

steigen sie danach relativ stark an. Wobei die Varianz der Kosten ebenfalls relativ stark an-

steigt.

6.2.3 Gruppe 3 und Gruppe 4: Vorhofflattern und Vorhofflimmern (I48), Herzinsuffi-zienz (I50)

992 Versicherte waren wegen einer dieser Diagnosen zumindest ein Mal in einem Quartal

bei einem niedergelassenen Arzt. Auch in dieser (aggregierten) Diagnosegruppe ist die

Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme ausschlaggebend für die Kosten, die auf Grund

der Diagnosestellung entstehen. Das Wahrscheinlichkeitsmodell zeigt, dass fast alle verwen-

deten Faktoren einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Arztbesuches

haben. Interessanterweise haben Teilnehmer am DMP KHK in dieser Diagnosegruppe wieder

(wie in der Diagnosegruppe 1 – Essentielle Hypertonie) eine geringere Inanspruchnahme-

wahrscheinlichkeit als Nicht-DMP-Teilnehmer.

Heimbewohner haben hingegen (im Unterschied zu den ersten beiden Diagnosegruppen)

eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme als Nicht-Heimbewohner.

Des Weiteren steigt in dieser Diagnosegruppe die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnah-

me mit dem Alter stetig an (positive Alterskoeffizienten, wobei der Quadratterm des Alters

nicht signifikant ist).

Ist ein Versicherter einmal auf Grund einer Diagnose dieser Diagnosegruppe beim Arzt, wird

die Inanspruchnahme nach unserem Modell (d.h. unter Berücksichtigung der betrachteten

Einflussfaktoren) nur vom Alter und der Pflegestufe signifikant determiniert. Dabei steigt die

Inanspruchnahme (mit abnehmenden Raten) bis ca. zum 80. Lebensjahr an und geht dann

wieder leicht zurück.

21

Tabelle 7: Regressionsergebnisse für Ambulante Kosten (Diagnosegruppen 3 und 4):

Inanspruchnahme Kosten bei Inanspruchnahme

Variable Koeffizient Std. Fehler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,018 ** 0,008 18,824 *** 6,613

Alter^2/1000 0,040 0,058 -121,056 ** 47,082

Mann=1 0,059 *** 0,016 34,213 26,523

DMP_KHK=1 -0,027 * 0,016 32,968 12,277

DMP_DM2=1 0,227 *** 0,017 7,707 16,194

Pflegestufe 1 =1 0,315 *** 0,029 2,125 26,169

Pflegestufe 2 =1 0,368 *** 0,048 28,219 49,179

Pflegestufe 3 =1 0,287 *** 0,076 -75,988 *** 24,676

Rentner = 1 0,086 * 0,053 -42,993 65,903

Arbeitslos =1 0,244 *** 0,076 -70,214 70,615

Beschäftigt=1 -0,454 *** 0,072 -33,968 74,635

Ehe=1 -0,497 *** 0,124 57,678 140,219

Heimbewohner=1 0,208 *** 0,075 9,798 24,591

Konstante -2,443 *** 0,287 -441,018 ** 246,080

N 31094 8858

Pseudo R^1 0,086 0,01

Var (ui) = 0 2099 *** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Bemerkenswert ist außerdem, dass die Kosten bei Inanspruchnahme von Versicherten, die

sich in der Pflegestufe 3 befinden, signifikant geringer sind als bei Versicherten ohne Pflege-

stufe. Gleichzeitig ist zu beachten, dass diese Versicherten eine signifikant höhere Wahr-

scheinlichkeit einer Inanspruchnahme aufweisen.

In Abbildung 9 sind abschließend die zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeit einer In-

anspruchnahme und die Kosten bei Inanspruchnahme in dieser Diagnosegruppe dargestellt.

Abbildung 9: Wahrscheinlichkeit und Inanspruchnahme ambulanter Leistungen - Diagnosegruppe 3 nach Quartalen

a) Inanspruchnahme Diagnosegruppe 3 und 4 (in %) b) Amb. Fallkosten in der Diagnosegruppe 3 und 4

(in €)

0

0,1

0,2

0,3

0,4

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

100

200

300

400

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Im Unterschied zu den anderen Diagnosegruppen steigen hier sowohl die Inanspruchnah-

mewahrscheinlichkeiten als auch die Kosten bei einer Inanspruchnahme über den gesamten

Untersuchungszeitraum an. Insbesondere steigt der Anteil der Versicherten, die wegen einer

Diagnose der betrachteten Diagnosegruppe einen Arzt aufsuchen, signifikant an (von ca. 22

Prozent auf über 30 Prozent). Hingegen ist der Anstieg über die Zeit bei den Kosten der Inan-

spruchnahme nicht statistisch signifikant.

22

6.3 Zusammenfassung ambulante Kosten pro Quartal

Fast jeder Versicherte hat im Untersuchungszeitraum mindestens einmal im Quartal einen

niedergelassenen Arzt aufgesucht (ca. 99 Prozent der Versicherten).

Insgesamt ergeben sich unterschiedliche Wirkungen auf die ambulanten Kosten, die in fol-

gendem Ergebnis zusammengefasst sind:

Ergebnis 2: Während die ambulanten Gesamtkosten zwischen Anfang 2007 und

Mitte 2010 für Versicherte des integrierten Versorgungsprogramms

CARDIO-Integral insgesamt deutlich gestiegen sind, zeigt sich bei der

Analyse der Kosten der Herzdiagnosegruppen ein differenzierteres Bild.

Während die Inanspruchnahme in Folge von Vorhofflattern und Vorhof-

flimmern (I48) sowie Herzinsuffizienz (I50) deutlich zugenommen hat,

ist die Inanspruchnahme im Zuge anderer ambulanter Herzdiagnosen

entweder konstant geblieben oder auch gesunken. Die Kosten pro Pati-

ent sind hingegen bei allen Herzdiagnosen gestiegen.

Das Ergebnis zeigt, dass hinsichtlich bestimmter Diagnosen unterschiedliche Ergebnisse zu

beobachten sind. Außerdem macht das Ergebnis deutlich, dass der CARDIO-Integral Vertrag

nicht zwangsläufig dazu führt, dass Versicherte öfter als früher ihren Haus- oder Facharzt

bezüglich einer Herzdiagnose aufsuchen.

7 Analyse der Arzneimittel Bei der Analyse der Arzneimittel gehen wir analog zu der Methodik bei den ambulanten Leis-

tungen vor: zunächst erfolgt eine Analyse der gesamten Medikamentenkosten auf Quartals-

ebene pro Versicherten. Danach betrachten wir die Verschreibungen für Versicherte, die

Herzmedikamente erhalten haben.

7.1 Analyse Gesamtmedikamentenkosten

Knapp 94 Prozent aller Versicherten hatten in einem Quartal mindestens eine Arzneimittel-

verschreibung (vgl. die Angabe zu N in Tabelle 8). Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit einer

Verschreibung mit dem Alter an. Männer weisen eine signifikant geringere Wahrscheinlich-

keit einer Verschreibung auf als Frauen. Die Beteiligung an einem DMP-Programm hat hinge-

gen einen signifikant positiven Effekt auf diese Wahrscheinlichkeit. Auch die Pflegestufe 1

hat einen signifikant positiven Effekt auf die Wahrscheinlichkeit, in einem Quartal mindes-

tens ein Medikament zu bekommen. Außerdem besitzen Versicherte mit der Pflegestufe 1

und Heimbewohner signifikant höhere Wahrscheinlichkeiten als andere Versicherte.

23

Tabelle 8: Regressionsergebnisse für Medikamenten-Kosten (Gesamt):

P(Med_Ges>0) E(Med_ges|Med_ges>0)

Variable Koeffizient Std. Fehler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,033 *** 0,008 12,338 *** 4,485

Alter^2/1000 -0,082 0,062 -108,876 *** 33,572

Mann=1 -0,082 *** 0,025 38,688 *** 14,107

DMP_KHK=1 0,469 *** 0,029 26,693 23,234

DMP_DM2=1 0,601 *** 0,035 33,885 * 19,231

Pflegestufe 1 =1 0,283 *** 0,069 221,961 *** 32,712

Pflegestufe 2 =1 0,033 0,098 258,217 ** 110,525

Pflegestufe 3 =1 0,124 0,154 33,251 35,655

Rentner = 1 0,184 *** 0,061 51,486 * 29,049

Arbeitslos =1 0,037 0,082 -64,100 * 33,071

Beschäftigt=1 -0,100 0,066 -101,478 *** 28,498

Ehe=1 -0,133 0,097 -88,929 ** 36,594

Heimbewohner=1 0,301 * 0,179 59,194 38,538

Konstante -0,641 *** 0,247 -168,422 149,981

N 31094 29079

Pseudo R^1 0,086 0,03

Var (ui) = 0 40563 *** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Bei der Erklärung der gesamten Medikamentenkosten – im Falle mindestens einer Ver-

schreibung im Quartal – fällt zunächst der hoch signifikante Alterseffekt auf. Bis zu einem

Alter von ungefähr 58 steigen die Medikamentenkosten für Versicherte, die mindestens eine

Verschreibung im Quartal hatten, zunächst an. Ab diesem Alter sinken sie hingegen wieder

ab. Männer haben deutlich höhere Kosten als Frauen – man beachte hier auch das unter-

schiedliche Vorzeichen zur Wahrscheinlichkeit, mindestens einer Verschreibung im Quartal.

Interessant sind ferner die Wirkungen des Versichertenstatus der Versicherten auf die ge-

samten Medikamentenkosten: Während Rentner höhere Kosten als die Vergleichskategorie

aufweisen, haben Beschäftigte und Arbeitslose geringere Kosten als die Versicherten in der

Vergleichskategorie („Sonstige“).

Abbildung 10: Inanspruchnahme und Kosten von Medikamenten (Gesamt) nach Quartalen

a) Inanspruchnahme (indikationsunabhängig) in % b) Kosten bei Inanspruchnahme (alle Medikamente,

indikationsunabhängig) in €

0,92

0,94

0,96

0,98

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

100

200

300

400

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Die Wahrscheinlichkeit von Medikamentenverschreibungen war über die Untersuchungspe-

riode mehr oder weniger konstant (vgl. Abbildung 10). Allerdings stiegen die Ausgaben für

die Verschreibungen im Zeitablauf von durchschnittlich 260 € auf ca. 300 € pro Patient und

Quartal an.

24

7.2 Ergebnisse für Herz-Medikamente

Von besonderem Interesse bei den Medikamenten sind diejenigen, die einen direkten Bezug

zu Herzerkrankungen haben (können). Auf Grund von Expertengesprächen wurden folgende

Arzneimittel als „Herz-Medikamente“ ausgesucht: Lipidsenker, ACE-Hemmern, Beta-

Rezeptorenblocker, Calciumantagonisten, Diuretika und Koronarmittel. Im Durchschnitt ma-

chen diese Arzneimittel ca. 4,5 Prozent der Gesamtkosten für Arzneimittel pro Versicherten

und Quartal aus (12 €).10

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Versicherter in einem Quartal ein solches Medikament ver-

schrieben bekommt, kann mit unserem Modell recht gut erklärt werden (vgl. Tabelle 9, linke

Hälfte). Die Wahrscheinlichkeit steigt mit dem Alter (mit abnehmenden Raten) an. Männer

besitzen eine höhere Wahrscheinlichkeit als Frauen. Die DMP-Beteiligung der Versicherten

hat einen positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, im laufenden Quartal ein Herzmedi-

kament verschrieben zu bekommen. Hingegen ist die Pflegestufeneinteilung der Versicher-

ten negativ mit der Wahrscheinlichkeit assoziiert. Dieser negative Zusammenhang nimmt mit

der Pflegestufe zudem noch zu. Andererseits besitzen Heimbewohner eine deutlich geringe-

re Wahrscheinlichkeit als Nicht-Heimbewohner. Beim Versicherungsstatus gibt es deutliche

Unterschiede zwischen Rentnern und Beschäftigten. Während Rentner signifikant höhere

Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten aufweisen als Versicherte in der sonstigen Kategorie

(vor allem freiwillig versicherte Personen), haben Beschäftigte eine signifikant höhere Wahr-

scheinlichkeit als die Basiskategorie.

10

Die hier als Herzmedikamente betrachteten Arzneimittel wurden entsprechend der Kriterien der ersten Eva-

luation ausgewählt, um die Vergleichbarkeit mit den dortigen Ergebnissen zu gewährleisten. In der neuen Eva-

luation (vgl. Teil B) wurde eine etwas andere Auswahl getroffen.

25

Tabelle 9: Regressionsergebnisse für Medikamenten-Kosten (Herzmittel):

Inanspruchnahme Herzmedikamente

Kosten von Herzmedika-

mente bei Inanspruchnah-

me

Variable Koeffizient Std. Fehler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0.061 *** 0.008 -0.083 0.523

Alter^2/1000 -0.423 *** 0.055 -0.775 3.653

Mann=1 0.088 *** 0.016 2.306 *** 0.853

DMP_KHK=1 0.463 *** 0.016 0.978 0.736

DMP_DM2=1 0.169 *** 0.016 2.706 *** 0.698

Pflegestufe 1 =1 -0.088 *** 0.031 -0.770 1.276

Pflegestufe 2 =1 -0.140 *** 0.052 1.202 3.142

Pflegestufe 3 =1 -0.253 *** 0.088 -0.994 4.374

Rentner = 1 0.107 ** 0.050 -1.393 2.197

Arbeitslos =1 0.094 0.073 -3.954 3.106

Beschäftigt=1 -0.199 *** 0.062 -5.273 * 3.189

Ehe=1 0.073 0.090 -0.563 6.088

Heimbewohner=1 -0.553 *** 0.096 1.145 3.456

Konstante -2.976 0.270 -3.520 0.770

N 31094 9834

Pseudo R^2 0.086 0.12

Var (ui) = 0 8870 *** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Bei den bedingten Kosten sind nur zwei Koeffizienten statistisch signifikant (Geschlecht und

DMP_DM2), wobei aber das R^2 mit 12 Prozent relativ hoch ist. Dieses hohe Gütemaß

kommt hauptsächlich durch den starken zeitlichen Einfluss zu Stande (alle Dummys für die

zeitliche Entwicklung sind signifikant), was auch in Abbildung 11 (rechte Seite) verdeutlicht

wird. Bei einem relativ engen Vertrauensintervall sinken die Kosten pro Patienten von ca

50 € im ersten Quartal 2007 auf gut 30 € pro Patienten im zweiten Quartal des Jahres 2010.

Der Verlauf der Wahrscheinlichkeit ist über die Zeit weitestgehend konstant.

Abbildung 11: Wahrscheinlichkeit und Kosten der Inanspruchnahme von Medikamenten (Herz) nach Quarta-len

a) Inanspruchnahme von Herzmedikamenten (in %) b) Kosten von Herzmedikamenten (in €)

0

0,1

0,2

0,3

0,4

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

20

30

40

50

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Damit erhalten wir insgesamt fallende Kosten für Arzneimittel bei den gewählten Herzdiag-

nosen. Da die Inanspruchnahme konstant geblieben ist, kann vermutet werden, dass der

Kostenrückgang auf eine verbesserte Verordnungspraxis zurückzuführen ist (z.B. durch einen

höheren Anteil von Leitsubstanzen an den verschriebenen Wirkstoffgruppen). Die Ergebnisse

können wir wie folgt zusammenfassen:

26

Ergebnis 3: Während die Ausgaben für Medikamente insgesamt im Untersu-

chungszeitraum gestiegen sind, konnten bei den Herzmedikamenten –

bei gleichbleibender Inanspruchnahme – signifikante Einsparungen er-

zielt werden.

8 Analyse stationäre Leistungserbringung Auch bei den stationären Leistungen verwenden wir die dargestellte Methodik– also wieder

eine Analyse auf Quartalsebene pro Versicherten in einem zweistufigen Modell mit Pa-

nelstruktur.

8.1 Stationäre Fälle – Gesamt

Zunächst betrachten wir die gesamten stationären Kosten der Versicherten in einem Quar-

tal. Die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes in einem Quartal hängt von ver-

schiedenen Faktoren ab. Männer gehen signifikant öfter ins Krankenhaus als Frauen. Das

Gleiche gilt für Versicherte, die an einem DMP beteiligt sind (KHK und DM2). Ebenso weisen

Versicherte mit einer Pflegestufe eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, in einem Quartal in ein

Krankenhaus zu kommen. Hingegen beobachten wir für arbeitslose und beschäftigte Versi-

cherte einen negativen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes

(im Vergleich zur „sonstigen“ Kategorie, in der hauptsächlich freiwillig Versicherte enthalten

sind).

Bei den Krankenhauskosten der Versicherten, die in einem Quartal in einem Krankenhaus

waren, sind insbesondere die Pflegestufen hoch signifikant. Mit höherer Pflegestufe steigen

die Kosten deutlich an (von ca. 1600 € auf der Pflegestufe 1 auf über 3.300 € in den oberen

Pflegestufen im Vergleich zu Versicherten ohne Pflegestufe. Heimbewohner weisen hinge-

gen signifikant geringere Kosten auf als Nicht-Heimbewohner.

27

Tabelle 10 Regressionsergebnisse für stationäre Inanspruchnahme (Gesamt)

Inanspruchnahme

Kosten bei Inanspruchnahme (Fall-

kosten)

Variable Koeffizient Std. Fehler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,010 0,010 64,893 92,080

Alter^2/1000 -0,050 0,067 -875,757 660,091

Mann=1 0,046 *** 0,020 -125,416 198,987

DMP_KHK=1 0,080 *** 0,020 -205,883 193,285

DMP_DM2=1 0,107 *** 0,020 -30,837 187,877

Pflegestufe 1 =1 0,433 *** 0,033 1658,380 *** 312,667

Pflegestufe 2 =1 0,371 *** 0,055 3470,482 *** 973,957

Pflegestufe 3 =1 0,713 *** 0,082 3303,243 *** 803,627

Rentner = 1 -0,090 0,060 -120,719 534,736

Arbeitslos =1 -0,199 ** 0,093 -1495,720 * 792,668

Beschäftigt=1 -0,449 *** 0,080 -1960,255 *** 671,309

Ehe=1 -0,155 0,117 -874,251 923,116

Heimbewohner=1 -0,146 * 0,085 -1552,103 ** 604,533

Konstante -1,809 0,331 4055,605 17,790

N 31094 3497

Pseudo R^2 0,027 0,004

Var (ui) = 0 0 Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Von Interesse in diesem Modell ist zudem die Tatsache, dass die individuellen Unterschiede

zwischen den Versicherten keinen Einfluss auf die Krankenhauskosten besitzen. D.h. die Va-

rianz der Kosten über die Zeit ist für jeden Versicherten, der in ein Krankenhaus kommt,

gleich.11

Abbildung 12: Stationäre Gesamtkosten: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert nach Quartalen

a) Inanspruchnahme (in %) b) Stationäre Fallkosten (in €)

0%

5%

10%15%

20%

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

0

20004000

6000

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

Die steigenden Gesamtkosten je Versicherten werden hauptsächlich durch den Anstieg der

Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes getrieben (vgl. Abbildung 12). Während

Anfang 2007 gut acht Prozent der Versicherten in einem Quartal ein Krankenhaus aufsuch-

ten (ca. 186 Patienten), waren es im zweiten Quartal 2010 über 12 Prozent (ca. 261 Patien-

ten). Die Krankenhauskosten für diese Patienten, sind in der Untersuchungszeit hingegen

leicht gesunken – von knapp 4000 € auf etwa 3.600 €.

11

Der Wert der Teststatistik, für den Test, dass die Varianz der individuellen Fehlerterme u gleich Null ist, geht

gegen Null; d.h. dass die Nullhypothese nicht abgelehnt werden kann.

28

8.2 Stationäre Fälle mit I-Diagnose Gruppe 1 (I20, I21, I25)

Im Folgenden werden Versicherte mit den Diagnosen Angina pectoris (I20), Akuter Myokard-

infarkt (I21) und Chronische ischämische Herzkrankheiten (I25) betrachtet. Zunächst ermit-

teln wir wieder die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung aufgrund einer der

betrachteten Diagnosen.

Das Wahrscheinlichkeitsmodell besitzt wiederum einen hohen Erklärungsgehalt für eine

Krankenhauseinweisung bezüglich der Diagnosen in der betrachteten Gruppe. Männer sind

von diesen Diagnosen deutlich häufiger betroffen als Frauen. Zudem kann für beide DMP-

Programme festgehalten werden, dass bei Teilnahme in einem der Programme die Wahr-

scheinlichkeit eines stationären Aufenthaltes höher liegt. Das Alter hat hier den erwarteten

Einfluss- im linearen Zusammenhang ansteigend, aber mit abnehmender Grenzrate. Die

Pflegestufen haben in dieser Diagnosegruppe keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit ei-

ner Krankenhauseinweisung.

Tabelle 11: Regressionsergebnisse für stationäre Kosten (I20, I21 und I25):

Inaspruchnahme Kosten bei Inanspruchnahme

Variable Koeffizient

Std. Feh-

ler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,111 0,029 335,893 224,586

Alter^2/1000 -0,790 0,203 -2455,373 1610,931

Mann=1 0,149 *** 0,041 291,406 330,043

DMP_KHK=1 0,345 *** 0,040 281,062 400,240

DMP_DM2=1 0,135 *** 0,040 190,736 386,544

Pflegestufe 1 =1 -0,139 0,086 819,870 788,361

Pflegestufe 2 =1 -0,287 0,182 112,143 780,987

Pflegestufe 3 =1 0,099 0,189 3058,549 *** 940,990

Rentner = 1 -0,362 *** 0,093 -896,638 799,214

Arbeitslos =1 -0,196 0,172 -183,370 1234,878

Beschäftigt=1 -0,456 *** 0,156 -1433,751 1028,453

Ehe=1 -0,686 ** 0,348 10934,530 *** 956,415

Konstante -5,957 1,020 -7890,986 7852,301

N 31094 434

Pseudo R^2 0,027 0,069

Var (ui) = 0 3,50 ** Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Dagegen hat der Versicherungsstatus einen deutlichen Einfluss auf die Krankenhaushäufig-

keit. So werden Rentner, Beschäftigte wie auch mitversicherte Personen signifikant weniger

häufig auf Grund der betrachteten drei Diagnosen in ein Krankenhaus eingewiesen als Versi-

cherte der Vergleichskategorie. In der Vergleichskategorie „Sonstige“ sind hauptsächlich die

freiwillig Versicherten enthalten. Daher lässt das Ergebnis den Schluss zu, dass insbesondere

CARDIO-Integral-Teilnehmer, die freiwillig versichert sind, häufiger wegen dieser Diagnosen

in das Krankenhaus eingewiesen werden als andere Versicherte. Was die Kosten betrifft, so

sind wiederum alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede festzustellen. Die Kosten

steigen mit dem Alter an und Männer haben im Durchschnitt höhere Krankenhausausgaben

in dieser Diagnosegruppe als Frauen. Bei Teilnehmern des DMP Diabetes lagen die Leis-

29

tungsausgaben wiederum höher als bei Nicht-Teilnehmern. Interessant ist, dass der DMP-

Status offenbar keinen Einfluss auf die Kosten in dieser Diagnosegruppe hat.

In der zeitlichen Entwicklung ergeben sich insgesamt keine großen Veränderungen – weder

bei der Krankenhausinanspruchnahme, noch bei den stationären Fallkosten (vgl. Abbildung

13)

Abbildung 13: Stationäre Kosten DG 1: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert nach Quartalen

a) Inanspruchnahme DG 1 (in %) b) Kosten bei Inanspruchnahme in der DG 1 (in €)

0%

1%

2%

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

0

2000

4000

6000

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

8.3 Stationäre Fälle mit I-Diagnose Gruppe 2 (I10, I48, I50)

In einer zweiten Gruppe werden alle Fälle mit den Diagnosen Bluthochdruck, Vorhofflattern

und Vorhofflimmern sowie Herzinsuffizienz betrachtet. Ungefähr 1 Prozent der betrachteten

Versicherten müssen wegen den betrachteten Diagnosen in einem Quartal in ein Kranken-

haus eingewiesen werden.

Die Wahrscheinlichkeit eines stationären Leistungsfalles mit einer der oben genannten Diag-

nosen steigt mit dem Alter an. Allerdings mit zunehmendem Alter immer weniger stark. Die

Krankenhaushäufigkeit bei diesen Diagnosen ist außerdem eng mit den Pflegestufen der

Versicherten verbunden. Dabei nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung

mit einer höheren Pflegestufe zu. Der Versicherungsstatus hat hier keinen Einfluss.

Auch auf die stationären Fallkosten bezüglich der Diagnosen I10, I48 und I50 haben die Pfle-

gestufen einen signifikant positiven Einfluss. Außerdem scheint auch der Versicherungssta-

tus für die Höhe der anfallenden Kosten bei diesen Diagnosen eine Rolle zu spielen. So wei-

sen etwa Arbeitslose signifikant höhere Kosten und beitragsfrei mitversicherte Ehegatten

signifikant niedrigere Kosten als freiwillig Versicherte auf.12

12

Wobei es auch sein kann, dass der Versicherungsstatus als Proxy den Einfluss für ansonsten nicht beobacht-

bare Faktoren (wie z.B. Morbidität oder allg. Gesundheitszustand) anzeigt.

30

Tabelle 12: Regressionsergebnisse für stationäre Kosten (I10, I48 und I50):

Inanspruchnahme Kosten der Inanspruchnahme

Variable Koeffizient

Std. Feh-

ler Koeffizient Std. Fehler

Alter 0,066 *** 0,025 -153,671 262,149

Alter^2/1000 -0,386 *** 0,175 1022,777 1698,947

Mann=1 0,013 0,040 404,381 297,057

DMP_KHK=1 -0,047 0,041 -318,114 275,880

DMP_DM2=1 0,098 *** 0,042 649,116 ** 277,721

Pflegestufe 1 =1 0,318 *** 0,063 856,539 ** 364,342

Pflegestufe 2 =1 0,362 *** 0,093 1377,122 *** 456,067

Pflegestufe 3 =1 0,607 *** 0,122 858,112 ** 338,708

Rentner = 1 -0,211 * 0,123 42,520 615,522

Arbeitslos =1 0,139 0,184 3442,662 * 1819,859

Beschäftigt=1 -0,213 0,185 -716,669 1132,631

Ehe=1 -0,318 0,358 -2797,939 ** 1142,989

Konstante -4,970 *** 0,901 8058,046 9873,905

N 31094 388

Pseudo R^2 0,032 0,130

Var (ui) = 0 0

Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Bei der zeitlichen Entwicklung zeigen sich sowohl bei der Krankenhaushäufigkeit als auch bei

den stationären Fallkosten bei diesen Diagnosen keine signifikanten Veränderungen über die

Zeit.

Abbildung 14: Stationäre Kosten DG 2: Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert nach Quartalen

Inanspruchnahme DG 2 (in %) Kosten der Inanspruchnahme in der DG 2 (in €)

0,00%

1,00%

2,00%

3,00%

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konfidenzintervall(-) Konfidenzintervall(+)

0 €

2.000 €

4.000 €

6.000 €

I /2007

II/200

7

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/200

8

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/200

9

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/201

0

Schätzung Konf.intervall(-) Konfidenzintervall(+)

8.4 Zusammenfassung stationäre Kosten

Im stationären Bereich sind die Gesamtkosten über den Untersuchungszeitraum bei den

betrachteten CARDIO-Integral Teilnehmern gestiegen. Insbesondere zeigte sich, dass die

Krankenhausinanspruchnahme gestiegen ist. Die weitere Analyse der Krankenhausinan-

spruchnahme auf Grund von I-Diagnosen zeigte allerdings auch, dass der Kostenanstieg bei

den stationären Kosten insgesamt weder auf Kostensteigerungen bei der Behandlung von

Herzkrankheiten noch auf eine Zunahme der Inanspruchnahme zurückgeführt werden kann.

Für die Diagnosegruppe I (Angina pectoris (I20), Akuter Myokardinfarkt (I21) und Chronische

ischämische Herzkrankheiten (I25)) konnte sogar tendenziell ein leichter Rückgang der Kran-

kenhausinanspruchnahme und der Kosten beobachtet werden. Alle Ergebnisse für den stati-

onären Bereich können wir kurz in folgendem Ergebnis zusammenfassen:

31

Ergebnis 4: Bezogen auf die gesamte stationäre Leistungserstellung wurde ein

leichter Kostenanstieg über die Zeit festgestellt. Dieser Kostenanstieg

kann aber weder mit einer höheren Inanspruchnahme von stationären

Leistungen auf Grund einer Herzerkrankung noch mit höheren stationä-

ren Fallkosten bei Herzerkrankungen begründet werden.

9 Zusammenfassung Evaluation A Die Evaluation A ist die Fortführung der ersten Evaluation des Integrierten Versorgungspro-

gramms CARDIO-Integral aus dem Jahr 2009. Der große Vorteil dieser Untersuchung besteht

darin, dass erstmalig eine lückenlose Dokumentation des Leistungsgeschehens über knapp

fünf Jahre für Teilnehmer an diesem Programm vorliegt. Die 2172 hier betrachteten Versi-

cherten haben sich spätesten im zweiten Quartal 2006 in das Programm eingeschrieben und

waren am Ende des zweiten Quartals 2010 immer noch in CARDIO-Integral eingeschrieben.

Die hier vorgelegten Ergebnisse zeigen, dass die Kosten der CARDIO-Integral-Teilnehmer im

betrachteten Zeitverlauf ansteigen. Der Kostenanstieg ist bei den stationären Kosten am

ausgeprägtesten. Allerdings zeigt sich nach einer regressionsbasierten Risikoadjustierung,

dass hinsichtlich der Behandlung von Herzkrankheiten die Kosten im Untersuchungszeitraum

sogar etwas gesunken sind. Dies gilt insbesondere für die Medikamentenkosten bei Herzme-

dikamenten, aber auch – mit Abstrichen – für die stationären Kosten bei I-Diagnosen. In die-

sem Sinne konnten die positiven Ergebnisse der ersten Evaluation bestätigt werden.

Diese langfristige Kostenentwicklung bei den Teilnehmern an CARDIO-Integral konnte in die-

ser Untersuchung nicht mit einer entsprechenden Kontrollgruppe verglichen werden. Wäh-

rend man die Teilnehmer an CARDIO-Integral rückwirkend identifizieren konnte, war das für

die Kontrollgruppe der ersten Evaluation leider nicht möglich.

Aus diesem Grund wurde bei der Konzeption der zweiten Evaluation auch beschlossen, eine

neue Evaluation mit neuen Teilnehmern und einer neuen Kontrollgruppe durchzuführen.

Diese Evaluation B wird im folgenden Teil B vorgestellt.

32

Teil B

Ergebnisse Datenanalyse im Panel B

33

10 Design und Methodik der Auswertung im Panel B Im Folgenden wird auf Design und Methodik bei der Auswertung im Panel B eingegangen.

Die Untersuchung mit dem Datensatz B (Panel B) unterscheidet sich von der Untersuchung

der Evaluation A insbesondere durch den Vergleich der Leistungsinanspruchnahme der IV-

Versicherten mit einer Vergleichsgruppe.

10.1 Design Evaluation B

Für die Evaluation B wird – im Vergleich zur Evaluation A – eine neue Interventionsgruppe

betrachtet. Außerdem wird eine neue Kontrollgruppe gezogen. Mittlerweile sind sehr viel

mehr Versicherte in CARDIO-Integral eingeschrieben, so dass sich die Analyse auf eine brei-

tere Datenbasis beziehen kann.

Für die Interventionsgruppe (IV-Gruppe) wurde Folgendes festgelegt:

• Nur sächsische Versicherte

• Vollständig im Jahr 2007 bei der AOK PLUS versichert

• Einschreibung in CARDIO-Integral im 1. oder 2. Quartal 2008

• Teilnahme an CARDIO-Integral bis zum Ende der Untersuchungsperiode (30.6.2010).

Es sind bestimmte Einschlusskriterien für die Kontrollgruppe zu definieren, um die Ver-

gleichbarkeit der Gruppen sicherstellen zu können.

Für die Kontrollgruppe (KG) wurde Folgendes festgelegt:

• Nur sächsische Versicherte

• Vollständig vom 1.1.2007 bis zum 30.6.2010 bei der AOK-PLUS versichert

• Gleiche Teilnahmequote an DMP KHK wie in der Interventionsgruppe (mind. 1 Tag im

zweiten Halbjahr 2007)

• Gleiche I-Diagnosenverteilung (gesicherte ambulante I-Diagnosen bzw. stationäre

Hauptdiagnose) im 2. Halbjahr 2007 wie in der späteren IV-Gruppe in 10 I-

Diagnosegruppen lt. Vertrag

• Gleiches Durchschnittsalter und gleiche Geschlechterverteilung wie in der IV-Gruppe

im 2. Halbjahr 2007

• Gleicher Anteil Pflegebedürftiger mit einer Pflegestufe wie in der IV-Gruppe im 2.

Halbjahr 2007

• Gleicher Anteil Heimbewohner wie in der IV-Gruppe im 2. Halbjahr 2007

Als weitere Kontrollgruppe hätte sich theoretisch auch ein entsprechendes Versichertenkol-

lektiv aus Thüringen angeboten. Thüringen als Vergleichsregion hätte den Vorteil gehabt,

dass weder Ärzte noch Versicherte überhaupt die Wahl gehabt haben, an CARDIO-Integral

34

teilzunehmen, da dieses IV-Programm im Untersuchungszeitraum noch nicht in Thüringen

angeboten wurde. Allerdings wurde diese Strategie in dieser Evaluation nicht weiter verfolgt,

da sich auf Seiten der AOK Plus die Überzeugung durchsetzte, dass die beiden Regionen auf

Grund von sehr unterschiedlichen Versorgungslandschaften im kardiovaskulären Bereich nur

sehr schwer miteinander vergleichbar sind.

Der prinzipielle Ablauf der Evaluation B ist in

Abbildung 15 dargestellt. Die Basisperiode für die Beurteilung der Entwicklung von Ergebnis-

parametern ist das Jahr 2007. In diesem Jahr waren weder die Teilnehmer der Kontrollgrup-

pe noch die späteren CARDIO-Integral-Teilnehmer in CARDIO-Integral eingeschrieben. Damit

haben wir für alle einbezogenen Versicherten – das heißt sowohl für die Interventionsgruppe

als auch für die Kontrollgruppe – Leistungsdaten für das Jahr 2007.

Abbildung 15: Design der Evaluation B

Zu welchem konkreten Vergleichszeitpunkt tatsächlich die Evaluation erfolgt, kann frei ge-

wählt werden. Allerdings hat die Wahl des Vergleichszeitpunktes Einfluss auf die Ergebnisse

(vgl. auch Abschnitt 10.3). Aufgrund der Einschreibemodalitäten kann es bspw. sinnvoll sein,

den Vergleichszeitpunkt kurz nach Einschreibung der Versicherten zu verlegen.

10.2 Kurz-Darstellung Matching (vereinfachend)

Zur Bestimmung der Kontrollgruppe wurde ein Matchingverfahren eingesetzt. Mit Hilfe die-

ses Verfahrens ist es möglich, eine hohe Vergleichbarkeit zwischen Kontrollgruppe und In-

terventionsgruppe zu gewährleisten.13

Matchingverfahren erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei der Evaluation von Versor-

gungsprogrammen, da sie einerseits intuitiv zugänglich und andererseits relativ leicht imp-

13

Einen guten Überblick zur Theorie des Matchings findet sich bspw. in Smith et al. (2005). Für einen Überblick

zu gängigen Matchingverfahren s. bspw. Sianesi (2001).

35

lementierbar sind.14 Allerdings ist von Anwendung zu Anwendung neu zu überlegen, ob Mat-

ching das geeignete Analysetool ist. Eine allgemeine Lösung des Evaluationsproblems stellt

das Matching jedenfalls nicht dar.15

Ziel des Matchings ist es, eine Kontrollgruppe zu konstruieren, die in wesentlichen Merkma-

len mit der Gruppe der CARDIO-Integral-Teilnehmer zu Beginn der Untersuchungsperiode

vergleichbar ist. Als Basisperiode wurde das zweite Halbjahr 2007 gewählt. In dieser Zeit,

waren die späteren IV-Teilnehmer (mit Teilnahmebeginn im ersten oder zweiten Quartal

2008) noch keine IV-Teilnehmer, so dass sie daher in wichtigen Eigenschaften mit Versicher-

ten vergleichbar waren, die später nicht in das IV-Programm gewechselt sind.

Wir haben in dieser Studie ein 1:3 Matching verwendet, welches jedem späteren CARDIO-

Integral-Teilnehmer drei passende „Zwillinge“ zuordnet. Damit sind diese Zwillinge in den

berücksichtigten Eigenschaften identisch. Sollte es nicht möglich sein, einen exakten Zwilling

zu finden, wird der nächstliegende Nachbar als Partner verwendet. Die Entfernung wird über

die so genannten „Propensity-Scores“ bestimmt.16 Die Propensity-Scores geben die Wahr-

scheinlichkeit an, mit der jeder Versicherte ab dem ersten Quartal 2008 Teilnehmer an CAR-

DIO-Integral sein kann. Zur Bestimmung dieser Wahrscheinlichkeit wurden wieder die Eigen-

schaften im zweiten Halbjahr des Jahres 2007 zu Grunde gelegt. Bei den berücksichtigten

Eigenschaften und Merkmalen wurde bewusst auf Kostenvariablen verzichtet, da diese für

die folgenden Jahre die Hauptuntersuchungsgrößen sind und wir Endogenitätsprobleme und

Mittelwertverzerrungen nicht ausschließen könnten. Zudem können wir die Kostenvariablen

im Jahr 2007 gut verwenden, um die Güte des Matchings zu überprüfen. Die Idee dabei ist,

dass bei einem erfolgreichen Matching mit den verwendeten Ausgleichsfaktoren sich auch

die Kosten in Interventions- und gematchter Vergleichsgruppe stark angenähert haben soll-

ten. Dies wäre ein Indiz dafür, dass die Annahme der bedingten Unabhängigkeit erfüllt ist.17

10.3 Kurz-Darstellung DID

Trotz des Matchings werden sich die Teilnehmer der CARDIO-Integral-Gruppe in den Ergeb-

nisvariablen (Inanspruchnahme, Kosten in den einzelnen Leistungsbereichen) zu Beginn der

Untersuchung noch etwas unterscheiden, da diese Variablen – wie gesagt – nicht direkt für

das Matching verwendet worden sind. Aus diesem Grund müssen die Ergebnisdifferenzen

zwischen den beiden Gruppen nach Implementierung von CARDIO-Integral, um mögliche

Differenzen in diesen Ergebnisvariablen vor Beginn des Programms korrigiert werden. Eine

einfache Möglichkeit, um diesen Umstand zu berücksichtigen, stellt der „Differenzen-in-

Differenzen“-Schätzer (DiD) dar.18

Eine schematische Darstellung eines solchen DiD-Schätzers mit 2 Messzeitpunkten zeigt

Abbildung 16. Zeitpunkt t = 0 ist der Messzeitpunkt vor Einführung eines bestimmten Pro-

14

Beispiele aus jüngster Zeit sind etwa Nolting et al. (2011), Miksch et al. (2010) und Linder et al. (2011) , die

das DMP DM2 untersuchen oder Hemken et al. (2011), die sich mit der Möglichkeit einer Nachfragesteuerung

durch optionalen Selbstbehalte beschäftigen.

15 Vgl. Smith et al. (2005).

16 Für Details vgl. Sianesi (2001).

17 Die Annahme der bedingten Unabhängigkeit besagt, dass für alle Personen mit gleichen Merkmalen die po-

tenziellen Kosten bei Teilnahme und Nichtteilnahme übereinstimmen.

18 Zu den Eigenschaften des Schätzers vgl. Smith et al. (2005)

36

gramms, t = 1 ist der Messzeitpunkt nach Implementierung des Programms. Wir betrachten

eine Interventionsgruppe (I) und eine Kontrollgruppe (K). Im Beispiel der Abbildung führt die

Einführung des Programms zu einer Erhöhung der Ergebnisvariable y, wobei der Anstieg in

der Interventionsgruppe stärker ist als in der Kontrollgruppe.

Abbildung 16: DiD-Schätzer mit 2 Messzeitpunkten

Die Differenz in der Ergebnisvariablen nach Einführung des Programms zum Zeitpunkt t = 1

(Strecke AB) würde den Programmeffekt überschätzen, da sie die unterschiedlichen Aus-

gangswerte von y zum Zeitpunkt t = 0 nicht berücksichtigt. Genau dies wird mit dem Diffe-

renzen-in-Differenzen-Schätzer korrigiert, in dem von der Strecke AB die Strecke BC abgezo-

gen wird. BC entspricht dabei genau der Differenz in der Ergebnisvariablen y vor Einführung

des Programms.

Wichtig für die Ergebnisse des DiD-Schätzers ist auch die Festlegung des Vergleichszeitpunk-

tes. Alternativ zu t =0 könnte man auch t~ = 0 als Vergleichszeitpunkt wählen. Man erkennt

in Abbildung 16, dass diese Wahl direkten Einfluss auf die Berechnung des DiD-Schätzers und

damit auf die Bestimmung des Programmeffektes hätte. Eine formale Darstellung des DiD-

Schätzers befindet sich im Anhang.

10.4 Risikoadjustierung

Mit Hilfe des Matchings wird sichergestellt, dass Kontrollgruppe und Interventionsgruppe

vor Beginn der Evaluation in wesentlichen Merkmalen, die die Ergebnisvariablen beeinflus-

sen können, identisch sind. Mit Hilfe des DiD-Ansatzes kontrollieren wir für möglich Unter-

schiede in den Ergebnisvariablen vor Untersuchungsbeginn. Mit Hilfe der Risikoadjustierung

soll schließlich sichergestellt werden, dass unterschiedliche Entwicklungen von Merkmalen

der Versicherten über die Zeit die Berechnung der Programmeffekte nicht verzerren. Bei-

spielsweise wissen wir, dass vor Beginn der Evaluation in beiden Gruppen der Anteil von

Teilnehmern am DMP KHK gleich hoch ist (aufgrund des Matchings). Allerdings können sich

diese Anteile nach Beginn der Evaluation – und damit insbesondere mit Einschreibebeginn

für die Teilnehmer an CARDIO-Integral – unterschiedlich entwickeln. Diese unterschiedliche

Entwicklung muss bei der Berechnung des Programmeffektes berücksichtigt werden.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten der Risikoadjustierung. Wie bei der Evaluation A ver-

wenden wir auch in der Evaluation B ein regressionsbasiertes Verfahren, wobei die Pa-

nelstruktur der Daten berücksichtigt wird. Eine Paneldatenstruktur liegt immer dann vor,

37

wenn die Untersuchungsobjekte (hier Versicherte) zu mehreren Messzeitpunkten (hier

Quartale) beobachtet werden können.19

Auf eine nähere Erklärung der Methodik wird an dieser Stelle verzichtet, da die Vorgehens-

weise identisch ist zur Vorgehensweise bei der Evaluation A (vgl. hierzu Abschnitt 4).

11 Bildung der Vergleichsgruppe mittels Matching Wie bereits erwähnt, wurde zur Vergleichsgruppenbildung ein Matchingverfahren angewen-

det. Im Folgenden werden die berücksichtigten Merkmale, das Modell und die Ergebnisse

des Matchings vorgestellt.

11.1 Matching-Merkmale

Es wurden insgesamt 15 Merkmale beim Matching berücksichtigt. Als Referenzzeitraum wird

bei der Kontrollgruppenbildung für alle Variablen das zweite Halbjahr 2007 betrachtet. Wir

betrachten neben dem Geburtsjahr, dem Geschlecht, der Teilnahme am DMP KHK sowie

dem Pflege- und Heimstatus der Versicherten auch 10 Diagnosegruppen. Die Auswahl der

Diagnosen erfolgte nach medizinischen Gesichtspunkten in Absprache mit der AOK PLUS.

Zielstellung war es, Versicherte zu identifizieren, die auf Grund der Diagnosestellung im

zweiten Halbjahr 2007 geeignete Kandidaten für CARDIO-Integral waren.

Das Matchingverfahren bildet damit die Einschlusskriterien von CARDIO-Integral ab, wie sie

im Vertrag definiert sind. Auf die Einbeziehung weiterer Morbiditätskennziffern wurde be-

wusst verzichtet, da Versicherte mit unterschiedlichen Komorbiditäten die Chance haben

sollten, sich in CARDIO-Integral zu beteiligen. Inwieweit sich die Gruppen bezüglich bestimm-

ter Diagnosegruppen unterscheiden, wurde nach dem Matching überprüft.

Tabelle 13 gibt einen Überblick über die Diagnosegruppen und die darin enthaltenen Diag-

nosen. Bei diesen Diagnosen handelt es sich entweder um gesicherte ambulante Diagnosen

oder stationäre Hauptdiagnosen.

19

Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Methodik bei der Evaluation A.

38

Tabelle 13: Matching: Diagnosen- und Diagnosegruppen

• Essentielle (primäre) HypertonieDG10: I10

• Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten

DG9: I80.2

• Verschluss und Stenose der A, carotisDG8: I65.2

• Periphere Gefäßkrankheit, nicht näher bezeichnetDG7: I73.9

• AtheroskleroseDG6: I70

• Ventrikuläre TachykardieDG5: I47.2

• Vorhofflattern und VorhofflimmernDG4: I48

DG1: I20 - I25 • Ischämische Herzkrankheiten

DG2: I50 • Herzinsuffizienz

DG3: I34 - I39

• Nichtrheumatische Mitralklappenkr

• Nichtrheumatische Aortenklappenkr

• Nichtrheumatische Trikuspidalklappenkr

• Pulmonalklappenkrankheiten

• Endokarditis, Herzklappe nicht näher bezeichnet

• Endokarditis und Herzklappenkrankheiten bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

• Essentielle (primäre) HypertonieDG10: I10

• Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten

DG9: I80.2

• Verschluss und Stenose der A, carotisDG8: I65.2

• Periphere Gefäßkrankheit, nicht näher bezeichnetDG7: I73.9

• AtheroskleroseDG6: I70

• Ventrikuläre TachykardieDG5: I47.2

• Vorhofflattern und VorhofflimmernDG4: I48

DG1: I20 - I25 • Ischämische Herzkrankheiten

DG2: I50 • Herzinsuffizienz

DG3: I34 - I39

• Nichtrheumatische Mitralklappenkr

• Nichtrheumatische Aortenklappenkr

• Nichtrheumatische Trikuspidalklappenkr

• Pulmonalklappenkrankheiten

• Endokarditis, Herzklappe nicht näher bezeichnet

• Endokarditis und Herzklappenkrankheiten bei anderenorts klassifizierten Krankheiten

11.2 Matching-Modell

Die potentielle Vergleichsgruppe umfasst zunächst ca. 1,4 Mio. Versicherte in Sachsen. Aus

dieser Grundgesamtheit sollen insgesamt 16.308 (3 x 5.436) Versicherte gefunden werden,

die der Interventionsgruppe (CARDIO-Integral) im zweiten Halbjahr 2007 möglichst ähnlich

sind.

Vor dem eigentlichen Matching wurde eine Art Probe-Matching durchgeführt, um die prinzi-

pielle Tauglichkeit des gewählten Verfahrens beurteilen zu können. Dabei zeigte sich, dass es

potentielle Kontrollgruppenteilnehmer gab, die kein exakten Match mit der IV-Gruppe ha-

ben können. Hierzu betrachteten wir die Diagnoseverteilung über 17 Altersgruppen und

schlossen diejenigen Versicherten der potentiellen Kontrollgruppe in einer bestimmten Al-

tersgruppe aus, die Ausprägungen bei bestimmten Diagnosen hatten, die in der IV-Gruppe

nicht vorkommen. Ein Beispiel soll das Vorgehen verdeutlichen: Wir haben in der potentiel-

len Kontrollgruppe einen Versicherten unter 22 Jahre der eine Diagnose in der Diagnose-

gruppe 5 gestellt bekommen hat (Ventrikuläre Tachykardie). In der IV-Gruppe gibt es in die-

ser Altersgruppe keinen Versicherten mit einer derartigen Diagnosestellung. Aus diesem

Grund wurde der Versicherte der potentiellen Kontrollgruppe ausgeschlossen und für die

eigentliche Kontrollgruppenbildung nicht mehr berücksichtigt.

Ein weiteres Problem des Modells besteht darin, dass viele Faktoren, die im Modell berück-

sichtigt werden, so genannte Dummy-Variablen sind. Dies erschwert das Matching, da eine

solche Variable nur zwei Ausprägungen kennt (0 und 1). Aus diesem Grund wurden weitere

abgeleitete Variablen in das Modell aufgenommen. Diese zusätzlichen Variablen berücksich-

tigen den Anteil einer jeden Diagnose an allen besetzten Diagnosengruppen eines Versicher-

39

ten. Ein Beispiel kann dies auch in diesem Fall verdeutlichen: Ein Versicherter hat Diagnosen

in 8 Diagnosegruppen, davon auch in der Diagnosegruppe 1. Der Anteil der Diagnosegruppe

1 an allen Diagnosegruppen, in denen der Versicherte Diagnosen hat beträgt demzufolge

1/8.

Tabelle 14 zeigt zunächst die Mittelwerte aller berücksichtigten Faktoren im Modell vor dem

Matching. Es zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen. Insbesondere sind

die Diagnosestellungen teilweise sehr unterschiedlich. Während bspw. ca. 14,3 Prozent der

Versicherten, die sich später in CARDIO-Integral einschreiben, im zweiten Halbjahr 2007 eine

Diagnose in der Diagnosegruppe 4 hatten, betrug dieser Anteil bei den Versicherten in der

Gruppe, aus der dann die Kontrollgruppe gezogen werden soll, nur2,6 Prozent.

Tabelle 14: Matching (Mittelwertvergleiche vor Matching)

Variable IV-Gruppe

Pot. Kontroll-

Gruppe

Geburtsjahr 1939,1 1954,2

Geschlecht 0,505 0,437

pflege 0,022 0,030

heim 0,004 0,009

khk 0,230 0,016

diag_01 0,448 0,116

diag_02 0,136 0,034

diag_03 0,120 0,019

diag_04 0,143 0,026

diag_05 0,008 0,001

diag_06 0,061 0,019

diag_07 0,052 0,016

diag_08 0,032 0,006

diag_09 0,004 0,002

diag_10 0,767 0,375

Kosten 2.667 1.423

Es verwundert daher nicht, dass die Versicherten der Interventionsgruppe im Jahr 2007

deutlich höhere Gesamtkosten aufwiesen als Versicherte der potentiellen Kontrollgruppe

(um gut 87% waren die Gesamtkosten in der IV-Gruppe höher als in der Kontrollgruppe).

Interessant ist ferner, dass die späteren IV-Teilnehmer auch schon vor Teilnahmebeginn im

Durchschnitt deutlich häufiger an dem DMP KHK teilnahmen als die Versicherten der poten-

tiellen Kontrollgruppe.

Um die nächsten Nachbarn für einen späteren Teilnehmer an CARDIO-Integral aus der Grup-

pe der Nichtteilnehmer zu finden, benutzen wir die so genannten Propensity-Scores, deren

Berechnung im Folgenden dokumentiert wird. Für die Berechnung der Probensity-Scores

wird ein Probit-Modell verwendet. Mit diesem Modell wird für jeden Versicherten für den

Zeitpunkt 31.12.2007 – in Abhängigkeit von bestimmten Erklärungsfaktoren z (die sich auf

den Zeitraum zweites Halbjahr 2007 beziehen) – die Wahrscheinlichkeit P bestimmt, mit der

er Teilnehmer an CARDIO-Integral im Jahr 2008 ist.

( 1) ( )it itP Y F z β= =

40

Das Besondere am Probit-Modell ist der Umstand, dass zwischen Wahrscheinlichkeit (linke

Seite) und erklärenden Faktoren (rechte Seite) die Linkfunktion der Standardnormal-

verteilung verwendet wird.

In Tabelle 15 sind die Ergebnisse der Probit-Regression zur Bestimmung der Propensity-

Scores dargestellt.

Tabelle 15: Probit-Regression (abh. Variable = 1, wenn Tln. an CARDIO-Integral)

Variable Koeffizient Variable Koeffizient

Geburtsjahr -0,007 *** ant_05 0,797 **

Geschlecht 0,106 *** ant_10 0,086 **

Pflege -0,379 *** ant_01 0,499 ***

Heim -0,147 ** ant_02 0,357 ***

DMP KHK 0,710 *** ant_03 0,932 ***

diag_01 -0,030 ant_04 0,927 ***

diag_02 0,057 ant_06 0,359 ***

diag_03 0,042 ant_07 0,134

diag_04 -0,001 ant_08 0,581 ***

diag_05 0,086 ant_09 0,598 **

diag_06 0,000 Konstante 10,112 ***

diag_07 0,068

diag_08 0,082

diag_09 -0,067

diag_10 0,299 ***

N 1.400.768

Pseudo R^2 0,131 Legende: *- signifikant zum Niveau 0,1, ** - signifikant zum Niveau 0,05, *** - signifikant zum Niveau 0,01

Alles in allem ergibt sich ein relativ gutes Modell, was sich in der Modellgüte widerspiegelt

(R^2=13 Prozent). Insgesamt gehen über 1,4 Mio. Versicherte in die Berechnung ein, von

denen 5436 Versicherte später tatsächlich Teilnehmer an CARDIO-Integral werden. Der Er-

klärungsgehalt einzelner Variablen ist unterschiedlich stark. Insbesondere fällt auf, dass die

Diagnosegruppen (diag_01 bis diag_09) scheinbar keine Erklärung für eine Teilnahme an

CARDIO-Integral liefern können – kein Koeffizient der Diagnosegruppen ist signifikant von

Null verschieden. Allerdings täuscht dieser erste Blick. In den Variablen der Diagnoseanteile

(ant_01 bis ant_10) verbergen sich auch Informationen der einzelnen Diagnosegruppen sel-

ber, so dass diese Variablen hoch miteinander korreliert sind. Die Diagnoseanteile sind dann

auch in der Regel hochsignifikant (Ausnahme: Anteil der Diagnosegruppe 7 an allen Diagno-

sen eines Versicherten). Die Einzeldiagnosen wären auch signifikant, wenn man die Anteile

nicht mit berücksichtigt. Die Nicht-Signifikanz in unserem Modell rührt daher einzig und al-

lein aus der hohen Korrelation der Diagnose- und der Diagnoseanteilsvariablen her.20

20

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von hoher Multikollinearität.

41

11.3 Überprüfung des Matchings

Die Kontrollgruppe umfasst 16.308 Versicherte. Das sind genau 3-mal so viele Versicherte

wie in der IV-Gruppe. Am Durchschnitt der erklärenden Variablen zeigt sich, dass die Mat-

chingprozedur den Bias (die Mittelwertdifferenzen vor und nach dem Matching) zwischen

den beiden Gruppen signifikant senken konnte. In Tabelle 16 sind die Mittelwerte der be-

rücksichtigten Faktoren nach dem Matching – im Vergleich zur potentiellen Kontrollgruppe

dargestellt.

Tabelle 16: Ergebnisse Matching (Mittelwertvergleiche)*

Im Matching nicht berücksichtigte Faktoren

Im Matching berücksichtigte Faktoren

96108107Amb. Kosten (F-Diag.)

505505273Amb. Kosten (E-Diag.)

Pot.Kontrollgruppe Kontrollgruppe Interventionsgruppe

Merkmal Mittelw. Mittelw. Mittelw.

Geburtsjahr 1954 1939 1939

Männer 43,7% 49,9% 50,5%

khk 1,6% 22,8% 23,0%

pflege 3,0% 2,1% 2,2%

heim 0,9% 0,4% 0,4%

diag_01 11,6% 44,9% 44,8%

diag_02 3,4% 13,7% 13,6%

diag_03 1,9% 12,0% 12,0%

diag_04 2,6% 14,5% 14,3%

diag_05 0,1% 0,5% 0,8%

diag_06 1,9% 5,8% 6,1%

diag_07 1,6% 4,8% 5,2%

diag_08 0,6% 3,0% 3,2%

diag_09 0,2% 0,4% 0,4%

diag_10 37,5% 76,7% 76,7%

Kosten 2007 1.423 2.667 2.838

Anz. HMG 1,136 2,534 2,639

N 1.400.768 16.308 5.436

Im Matching nicht berücksichtigte Faktoren

Im Matching berücksichtigte Faktoren

96108107Amb. Kosten (F-Diag.)

505505273Amb. Kosten (E-Diag.)

Pot.Kontrollgruppe Kontrollgruppe Interventionsgruppe

Merkmal Mittelw. Mittelw. Mittelw.

Geburtsjahr 1954 1939 1939

Männer 43,7% 49,9% 50,5%

khk 1,6% 22,8% 23,0%

pflege 3,0% 2,1% 2,2%

heim 0,9% 0,4% 0,4%

diag_01 11,6% 44,9% 44,8%

diag_02 3,4% 13,7% 13,6%

diag_03 1,9% 12,0% 12,0%

diag_04 2,6% 14,5% 14,3%

diag_05 0,1% 0,5% 0,8%

diag_06 1,9% 5,8% 6,1%

diag_07 1,6% 4,8% 5,2%

diag_08 0,6% 3,0% 3,2%

diag_09 0,2% 0,4% 0,4%

diag_10 37,5% 76,7% 76,7%

Kosten 2007 1.423 2.667 2.838

Anz. HMG 1,136 2,534 2,639

N 1.400.768 16.308 5.436

* Kosten in Euro pro Jahr

Man erkennt, dass das Matching sehr erfolgreich war. Einfache t-Tests für Gruppenverglei-

che zeigen, dass sich die Mittelwerte für die einzelnen Faktoren in den beiden Gruppen nicht

signifikant voneinander unterscheiden. Interessant ist hierbei insbesondere, dass das Mat-

ching auch in Diagnosegruppen funktioniert hat, in denen in der IV-Gruppe relativ wenig

Versicherte enthalten sind. Das betrifft z.B. die Diagnosegruppe 9: Thrombose, Phlebitis oder

Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten haben in der IV-Gruppe

nur etwas über 20 Versicherte im Betrachtungszeitraum zweites Halbjahr 2007. Durch das

Matching konnte sichergestellt werden, dass exakt dreimal so viele Versicherte mit Diagno-

sen dieser Diagnosegruppe auch in die Kontrollgruppe aufgenommen worden sind. Die Mat-

chingprozedur führte auch dazu, dass sich die Gesamtkosten in beiden Gruppen stark ange-

glichen haben. Lagen die Kosten in der IV-Gruppe vor dem Matching noch um fast 90 Pro-

zent über den Durchschnittskosten der potentiellen Kontrollgruppe, liegen nach dem Mat-

ching die durchschnittlichen Kosten in der IV-Gruppe etwas (um 6 Prozent) unter den Kosten

der Kontrollgruppe. Neben den Gesamtkosten haben wir noch weitere Kostenkomponenten

42

bei der Beurteilung des Matching untersucht. Als Beispiele seien die ambulanten Kosten in

Verbindung mit Hormon- , Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E-Diagnosen) sowie

die ambulanten Kosten in Verbindung mit psychischen- und Verhaltensstörungen (F-

Diagnosen) für das Jahr 2007 genannt. In beiden Kostenbereichen sind die Gruppen gut mit-

einander vergleichbar.

Für die Güte des Matchings ist es nicht nur wichtig, die Mittelwerte der Merkmale möglichst

auszugleichen, sondern auch die Verteilung der Variablen zu betrachten. Am Beispiel des

Alters kann das verdeutlicht werden. Bei einem mittleren Alter von 50 Jahren in der IV- und

der konstruierten Kontrollgruppe kann es erhebliche Unterschiede an den Rändern der Al-

tersverteilung geben (etwa viele Hochaltrige in der einen Gruppe, wenige Hochaltrige in der

anderen Gruppe). Diese Unterschiede können sich in anderen Verteilungsregionen wieder

ausgleichen, so dass der resultierende Mittelwert ebenfalls gleich ist.

Da es uns beim Matching um Kontrollgruppenbildung geht, ist es wichtig, dass wir mit unse-

rem Verfahren die gesamte Verteilung der Variablen in der IV-Gruppe abdecken. Aus diesem

Grund betrachten wir an dieser Stelle einige ausgewählte Ergebnisse etwas genauer. Wir

dokumentieren hier vereinfachend nur die erste Runde des Matchings. Dabei konnten 5.232

exakte Zwillinge gefunden werden. Für die übrigen IV-Teilnehmer wurde ein möglichst ge-

nauer Zwilling über die Propensity-Scores ermittelt.

Im Folgenden werden einige grafische Analysen der Verteilung der Merkmale der Versicher-

ten über das Alter in der IV- und der Kontrollgruppe präsentiert, um die Güte des Matchings

noch etwas genauer untersuchen zu können. In Abbildung 17 sind zunächst die Anzahl der

Versicherten (rechts) und der Anteil der Männer (links) in 14 Altersgruppen dargestellt. Man

erkennt, dass es zwischen den Gruppen so gut wie keine Unterschiede gibt. Insbesondere

sind auch in den nicht so stark besetzten Altersgruppen immer nahezu die gleiche Anzahl

Versicherter in IV- und Kontrollgruppe vertreten.

Abbildung 17: Anteil Männer und Anzahl Versicherter in IV- und Kontrollgruppe nach Matching in Alters-gruppen

Anteil Männer

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anzahl Versicherte nach

Altersgruppen

0

200

400

600

800

1000

1200

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Ein gutes Matching konnte auch bezüglich der Merkmale Teilnahmestatus DMP KHK und

Pflegestatus (d.h. ob ein Versicherter überhaupt eine Pflegestufe hatte) erzielt werden.

43

Abbildung 18: Anteil DMP KHK-Teilnehmer und Anteil Pflegebedürftige in IV- und Kontrollgruppe nach Mat-ching in Altersgruppen

Anteil KHK-Teilnehmer

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Pflege

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Bezüglich des Pflegestatus fällt auf, dass es in der IV-Gruppe genau einen Versicherten im

Alter von 37 bis 41 Jahren gibt (ca. 2 Prozent), dem kein entsprechender Versicherter aus der

Kontrollgruppe zugeordnet werden konnte. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hin-

zuweisen, dass das Matchingverfahren immer versucht, alle Merkmale gleichzeitig auszuglei-

chen.

Auch der Ausgleich bezüglich der einzelnen Diagnosen war nicht nur am Mittelwert der je-

weiligen Diagnosegruppen erfolgreich (vgl. Tabelle 16), sondern auch über die gesamte Al-

tersverteilung. Abbildung 19 zeigt die Verteilung der Diagnosen der Diagnosegruppen 1 bis 4

in den Altersgruppen für die IV- und die Kontrollgruppe. Man erkennt deutlich den Erfolg des

Matchings. Nur in den oberen Altersgruppen – die wiederum relativ schwach besetzt sind

(12 Versicherte in der IV-Gruppe und 13 Versicherte in der Kontrollgruppe) – sind teilweise

etwas größere Abweichungen festzustellen. Man sieht ebenfalls deutlich, dass die gewählte

Methodik der Vorabbereinigung in der Tat sicherstellt, dass in Altersgruppen, in denen die

IV-Versicherten keine Diagnosen einer bestimmten Gruppe aufweisen, auch die Kontroll-

gruppe keine Ausprägungen haben.

Abbildung 19 zeigt noch einen weiteren Gesichtspunkt: Während die Diagnosegruppen 1, 2

und 4 einen deutlichen Altersbezug aufweisen, ist dieser in der Diagnosegruppe 3 praktisch

nicht vorhanden.21

21

Diagnosegruppe 3 beinhaltet insbesondere Herzklappenkrankheiten (vgl. auch Tabelle 13).

44

Abbildung 19: Anteil der Diagnosegruppen 1 bis 4 in IV- und Kontrollgruppe nach Matching in Altersgrup-pen

22

Anteil Diag 1

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Diag 2

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Diag 3

0%

5%

10%

15%

20%

25%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Diag 4

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

In Abbildung 20 sind die Diagnosegruppen 5 bis 8 über die Altersgruppen dargestellt. Die

Anteile der Versicherten in den Altersgruppen, die eine Diagnose in der Diagnosegruppe 5

haben, sind sehr gering, so dass für diese Diagnosegruppe die vertikale Achse nur bis 2,5

Prozent reicht. Für die Interpretation in der Altersgruppe 37 bis 41 bedeutet das z.B. Folgen-

des: Zwei Prozent der späteren IV-Teilnehmer haben in dieser Altersgruppe eine Diagnose

der Diagnosegruppe 5. Insgesamt befinden sich in dieser Altersgruppe 51 Versicherte, so

dass 2 Prozent gerade genau einem Versicherten entsprechen. In der Kontrollgruppe wurde

in dieser Gruppe kein Versicherter gefunden, der gleichzeitig auch den anderen Kriterien des

Matchings entsprach.

Abbildung 20: Anteil der Diagnosegruppen 5 bis 8 in IV- und Kontrollgruppe nach Matching in Altersgrup-pen

23

Anteil Diag 5

0,00%

0,50%

1,00%

1,50%

2,00%

2,50%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Diag 6

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

22

Unterschiedliche Skalierung ist zu beachten.

23 Unterschiedliche Skalierung ist zu beachten.

45

Anteil Diag 7

0%

5%

10%

15%

20%

25%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

Anteil Diag 8

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

7%

8%

<22

22-26

27-31

32-36

37-41

42-46

47-51

52-56

57-61

62-66

67-71

72-76

77-81

82-86

87-91

92-96

97+

iv

kontroll

In den Diagnosegruppen 6, 7 und 8 ist der Anteil der IV-Versicherten in der Altersgruppe 92

bis 96 deutlich höher als in der Kontrollgruppe. Man beachte aber auch hier, dass sich die

Anteile auf 39 Versicherte in dieser Altersgruppe beziehen.

Eine Diagnose der Diagnosegruppe 9 (Thrombose) haben nur sehr wenige Versicherte (vgl.

Abbildung 21). Aber auch hier kann von einem relativ guten Matching gesprochen werden.

Die Diagnosegruppe 10 (Hypertonie) kam dagegen bei sehr viel mehr Versicherten vor. Au-

ßerdem ist sie stark altersabhängig. Ab einem Alter von 70 Jahren hatten mindesten 80 Pro-

zent der Versicherten eine Diagnose dieser Gruppe im zweiten Halbjahr 2007.

Abbildung 21: Anteil der Diagnosegruppen 9 und 10 in IV- und Kontrollgruppe nach Matching in Altersgrup-pen

24

Beim Matching wurden keine Kostenvariablen oder andere vergleichbare Ergebnisvariablen

verwendet. Trotzdem kann man sich solche Variablen (hier: Gesamtkosten und Anzahl aus-

gelöster HMGs im Jahr 2007) zur Kontrolle und Überprüfung der Matchingprozedur an-

schauen. Denn geht man davon aus, dass die berücksichtigten Merkmale (insbesondere die

berücksichtigten Diagnosen) die Morbidität der Versicherten in einem hinreichenden Maße

abdecken, sollte es auch keine großen Unterschiede in den Ergebnisvariablen zum selben

Zeitpunkt geben.

Im Großen und Ganzen bestätigt sich auch bei der Betrachtung der Gesamtkosten und der

Anzahl ausgelöster HMGs die Ähnlichkeit der Versicherten in IV- und Kontrollgruppe im zwei-

ten Halbjahr 2007 (vgl. Abbildung 22: . In den meisten Altersgruppen sind die Kosten und die

Anzahl HMGs in beiden Gruppen relativ ähnlich. Allerdings gibt es mehr Altersgruppen, in

denen die Kosten bzw. die Anzahl HMGs in der IV-Gruppe höher liegen als in der Kontroll-

24

Unterschiedliche Skalierung ist zu beachten.

46

gruppe. Im Mittel sind damit die Gesamtkosten 2007 in der IV-Gruppe etwas höher als in der

Kontrollgruppe. Das Gleiche gilt auch für die Anzahl HMGs (vgl. auch Tabelle 16).

Abbildung 22: Gesamtkosten und Anzahl HMGs in IV- und Kontrollgruppe nach Matching in Altersgruppen25

Größere Unterschiede zeigen sich insbesondere in den unteren Altersgruppen. So lagen die

Gesamtkosten pro Versicherten im Jahr 2007 in der IV-Gruppe für die Altersgruppen 22 bis

26 und 27 bis 32 um ein Vielfaches höher als in der Kontrollgruppe. Allerdings sei in diesem

Zusammenhang wieder darauf hingewiesen, dass diese Altersklassen nur sehr schwach be-

setzt sind (24 bzw. 21 Versicherte in der IV-Gruppe). Damit können extreme Ausreißer die

Durchschnittskosten verzerren. Würden wir allein auf Basis des so vorgenommenen Mat-

chings einen Kostenvergleich für die Zeit nach Programmteilnahme der IV-Versicherten

durchführen, erhielten wir ebenfalls verzerrte Ergebnisse. Durch den DiD-Ansatz (vgl. Ab-

schnitt 10.3) berücksichtigen wir allerdings diese Kostenunterschiede vor Programmstart für

jeden Versicherten, so dass diese Unterschiede bei der Bestimmung der Kostendifferenzen

nach Programmteilnahme der IV-Versicherten keine Rolle mehr spielen sollten.

Insgesamt kann man daher davon ausgehen, dass die Teilnehmer der IV-Gruppe und die ge-

fundenen Teilnehmer der Kontrollgruppe in wichtigen Merkmalen – auch über die Altersver-

teilung hinweg – nahezu identisch sind. Daher können gefundene Unterschiede in den Er-

gebnisvariablen nach Einschreibung der IV-Versicherten in das CARDIO-Integral voll umfäng-

lich auf den CARDIO-Integral-Effekt zurückgeführt werden, wenn gleichzeitig für möglich

Unterschiede in der Ergebnisvariablen vor Programmstart kontrolliert wird.

12 Auswertung Versicherte (deskriptiv) Bevor die Daten in den einzelnen Leistungsbereichen ausgewertet werden, erfolgt in diesem

Abschnitt ein Blick auf die Entwicklung verschiedener Merkmale der Versicherten. In Tabelle

17 ist zunächst die Entwicklung der Versichertenzahlen in beiden Gruppen (IV- und Kontroll-

gruppe) über die gesamte Untersuchungszeit dargestellt. Die Kontrollgruppe besteht zu je-

dem Zeitpunkt aus 16.305 Versicherten. Diese Versicherten waren nie in CARDIO-Integral

eingeschrieben und gleichzeitig aber über die gesamte Untersuchungszeit Mitglied der AOK

PLUS.

Bei der IV-Gruppe müssen wir unterschiedliche Perioden betrachten. Im ersten Jahr der Un-

tersuchungszeit (2007) waren alle 5.436 Versicherte noch keine Mitglieder in CARDIO-

Integral (Spalte IV-Pre). Auch vor 2007 waren diese Versicherten nicht Mitglied in diesem

25

Unterschiedliche Skalierung ist zu beachten.

47

Programm. Im ersten Quartal 2008 wechseln 2.020 Versicherte in das CARDIO-Integral-

Programm (Wechsel von IV-Pre nach IV-Post), so dass 3.416 Versicherte zunächst noch in der

Regelversorgung verbleiben. Diese wechseln dann aber im nächsten Quartal (II / 2008) eben-

falls in das Programm, so dass am Ende des zweiten Quartals 2008 alle IV-Versicherten Mit-

glieder in CARDIO-Integral sind (Spalte IV-Post).

Tabelle 17: Versichertenzahlen in IV- und Kontrollgruppe (I / 2007 bis II / 2010)

Kontroll-Gr.IV-Gruppe

Quartal IV-Pre IV-Post KG

I / 2007 5.436 16.305

II / 2007 5.436 16.305

III / 2007 5.436 16.305

IV / 2007 5.436 16.305

I / 2008 3.416 2.020 16.305

II / 2008 5.436 16.305

III / 2008 5.436 16.305

IV / 2008 5.436 16.305

I / 2009 5.436 16.305

II / 2009 5.436 16.305

III / 2009 5.436 16.305

IV / 2009 5.436 16.305

I / 2010 5.436 16.305

II / 2010 5.436 16.305

Kontroll-Gr.IV-Gruppe

Quartal IV-Pre IV-Post KG

I / 2007 5.436 16.305

II / 2007 5.436 16.305

III / 2007 5.436 16.305

IV / 2007 5.436 16.305

I / 2008 3.416 2.020 16.305

II / 2008 5.436 16.305

III / 2008 5.436 16.305

IV / 2008 5.436 16.305

I / 2009 5.436 16.305

II / 2009 5.436 16.305

III / 2009 5.436 16.305

IV / 2009 5.436 16.305

I / 2010 5.436 16.305

II / 2010 5.436 16.305

Ab dem dritten Quartal 2008 haben wir somit für alle Versicherten der IV-Gruppe vollständi-

ge Versichertenquartale nach Beitritt zu CARDIO-Integral. Da wir allerdings individuelle Da-

ten und keine Durchschnittswerte pro Quartal verwenden, können wir die Teilnahme der

Versicherten quartalsgenau in der Untersuchung berücksichtigen.

In Abbildung 23 ist die Entwicklung der Teilnahmequoten am Disease-Management-

Programm KHK in den beiden Gruppen über die Untersuchungszeit dargestellt. Wie man gut

erkennt, waren diese Quoten im Jahr 2007 in beiden Gruppen identisch. Dies ist eine direkte

Auswirkung des Matchings. Für diejenigen, die im ersten Quartal 2008 in das CARDIO-

Integral-Modell wechselten, erhöhte sich mit der Teilnahme auch die Teilnahmebereitschaft

am DMP KHK von Versicherten, die bisher nicht in diesem DMP eingeschrieben waren. Ins-

gesamt sind daher in der gesamten Post-Periode die Teilnahmequoten in der IV-Gruppe hö-

her als in der Kontrollgruppe (KG). Im zweiten Quartal 2010 beträgt die Teilnahmequote in

der IV-Gruppe (IV-Post) knapp 40 Prozent und ist damit fast doppelt so hoch wie in der Kon-

trollgruppe (KG).

48

Abbildung 23: DMP-KHK-Teilnahme: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit

0%

10%

20%

30%

40%

50%

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

IV-Pre IV-Post KG

Etwas anders sieht es bei den Teilnahmequoten am DMP Diabetes Typ 2 aus. Für die Teil-

nahme an diesem Disease-Management-Programm wurde innerhalb der Matchingprozedur

nicht kontrolliert. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Teilnahmequoten auch schon im

Jahr 2007 unterschiedlich waren. Dass sie in der IV-Gruppe im Jahr 2007 um ca. 4 Prozent-

punkte höher lagen, kann unter Umständen damit erklärt werden, dass ein hohes Diabetes-

Risiko mit späteren Herzerkrankungen zusammenhängt, was dann eine Einschreibung in

CARDIO-Integral zur Folge hat.

Abbildung 24: DMP-Diabetes Typ 2 -Teilnahme: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

IV-Pre IV-Post KG

Die Differenz in den Teilnahmequoten zwischen IV- und Kontrollgruppe für das DMP Diabe-

tes Typ 2 nimmt im Zeitverlauf zu. Im zweiten Quartal 2010 betrug diese Differenz über 7

Prozentpunkte.

Bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit an Hand der Pflegestufen fällt zunächst auf, dass

die Pflegebedürftigkeit im Basisjahr in IV- und Kontrollgruppe leicht unterschiedlich war.

Diese Beobachtung widerspricht nicht der Tatsache, dass im Matchingverfahren die Pflege-

bedürftigkeit berücksichtigt wurde. Denn beim Matching konnte nur die Information berück-

sichtigt werden, ob ein Versicherter überhaupt pflegebedürftig war – also eine der drei Pfle-

49

gestufen hatte. Eine Differenzierung nach Pflegestufen war auf Grund zu geringer Fallzahlen

in der höchsten Pflegestufe nicht möglich.

Abbildung 25: Pflegebedürftigkeit: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit

a) Pflegestufe I b) Pflegestufe II c) Pflegestufe III

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

I /20

07

II/20

07

III/20

07

IV/2

007

I /20

08

II/20

08

III/20

08

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/200

9

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

IV-Pre IV-Post KG

0,00%

0,50%

1,00%

1,50%

2,00%

2,50%

I /20

07

II/20

07

III/20

07

IV/2

007

I /20

08

II/20

08

III/200

8

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/20

09

IV/2

009

I /20

10

II/201

0

IV-Pre IV-Post KG

0,00%

0,10%

0,20%

0,30%

0,40%

0,50%

0,60%

I /20

07

II/20

07

III/20

07

IV/2

007

I /20

08

II/20

08

III/200

8

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/20

09

IV/2

009

I /20

10

II/201

0

IV-Pre IV-Post KG

Abbildung 25 macht deutlich, dass der Anteil der Pflegebedürftigen in der Kontrollgruppe

schneller steigt als in der IV-Gruppe. Dies gilt für alle drei Pflegestufen. Am ausgeprägtesten

ist diese Entwicklung bei der Pflegestufe 3. Gleichwohl muss man wieder darauf hinweisen,

dass es sich jeweils um relativ wenige Versicherte handelt. So umfasst bspw. die Gruppe der

Pflegebedürftigen nach Pflegestufe III in der IV-Gruppe gerade einmal 9 Personen. Immerhin

wird aber deutlich, wie wichtig es ist für diese unterschiedlichen Entwicklungen bei der Be-

rechnung der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen.

Bei der zeitlichen Entwicklung des Anteils Heimbewohner ist eine ähnliche Tendenz wie bei

der Pflegebedürftigkeit zu erkennen (Abbildung 26). Auch hier steigt der Anteil der Heimbe-

wohner in der Kontrollgruppe schneller an als in der IV-Gruppe. Dabei ist zu berücksichtigen,

dass der Heimbewohnerstatus vollständig im Matching Berücksichtigung fand, so dass für

das Jahr 2007 die Quoten nahezu ausgeglichen sind.

Abbildung 26: Anteil Heimbewohner: Entwicklung in IV- und Kontrollgruppe über die Zeit

0,00%

0,50%

1,00%

1,50%

2,00%

2,50%

I /2007

II/2007

III/2

007

IV/2

007

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

IV-Pre IV-Post KG

Die Betrachtung einzelner wichtiger Erklärungsvariablen zeigte, dass sich diese Variablen

trotz Matching – und damit einem Ausgleich zum Ausgangszeitpunkt – in IV- und Kontroll-

gruppe unterschiedlich entwickeln können. Diesem Umstand können wir durch den Einsatz

50

regressionsbasierter Risikoadjustierungsmodelle genügen, wie sie in den folgenden Auswer-

tungen zum Einsatz kommen werden.

Die folgende Tabelle 18 gibt schließlich einen Überblick über alle in der Analyse verwendeten

Variablen. Zu diesem Zweck betrachten wir alle Variablen im Quartal II / 2010. Insgesamt

betrachten wir pro Quartal 21.741 Versicherte. Um nichtlineare Alterseffekte auf die Ergeb-

nisvariable abbilden zu können, verwenden wir neben der reinen Altersvariablen (in Alters-

jahren) auch die quadrierte Altersvariable. Um diese Variable ungefähr in der gleichen Größe

zu halten wie die Altersvariabel selber skalieren wir sie mit dem Skalierungsfaktor 1/1000.

Damit wir auch unterschiedliche Beteiligungsraten nach dem Alter am DMP KHK abbilden

können, verwenden wir in der Analyse auch eine Interaktionsvariable (Alter * DMP KHK).

Diese ist Null für alle Versicherte, die nicht am DMP KHK teilnehmen. Für Versicherte mit

DMP KHK-Teilnahme gibt diese Variable das Alter an, so dass wir für solche Versicherte zwei

lineare Altersterme betrachten müssen. Wie Tabelle 18 zeigt, sind die Versicherten, die am

DMP KHK teilnehmen, im Durchschnitt 71,1 Jahre alt (19,12/0,27) und damit deutlich älter

als die Nichtteilnehmer.

Tabelle 18: Deskriptive Statistiken erklärender Variablen II/2010

Variable Mittelwert Standardabw. Min Max

Alter 68,03 12,30 16 96

Alter*Alter /1000 4,78 1,53 0,256 9,216

Mann = 1 0,50 0,50 0 1

DMP DM2 = 1 0,26 0,44 0 1

DMP KHK = 1 0,27 0,44 0 1

Alter * DMP KHK 19,12 31,90 0 96

Rentner = 1 0,80 0,40 0 1

Arbeitslos = 1 0,03 0,18 0 1

KV-pflichtig = 1 0,12 0,33 0 1

Familienvers. = 1 0,02 0,13 0 1

Selbstzahler = 1 0,02 0,15 0 1

Heim =1 0,02 0,14 0 1

Pflegest. 1 = 1 0,05 0,21 0 1

Pflegest. 2 = 1 0,02 0,14 0 1

Pflegest. 3 = 1 0,004 0,07 0 1

N 21741

Ein weiterer wichtiger Block erklärender Variablen betrifft den Versicherungsstatus der Ver-

sicherten. Wir unterscheiden in der Analyse insgesamt sechs Gruppen. Nach den Rentnern

stellt die Pflichtversichertengruppe (KV-pflichtig) die zweitgrößte Gruppe dar. Weitere Grup-

pen sind die Familienversicherten, die Freiwillig Versicherten und Arbeitslose. In einer Rest-

kategorie wurden alle anderen Versicherten einsortiert. Hierzu zählen Versicherte, die über

einen REHA-Träger versichert sind bzw. sich in einer berufsfördernden Maßnahme der Ren-

51

tenversicherungsträger befinden. Außerdem befinden sich in dieser Gruppe noch ein paar

Versicherte, die aktuell nicht versichert sind.26

13 Auswertung Hauptleistungsbereiche – ohne Einschränkung auf bestimmte Erkrankungen

In den folgenden Unterkapiteln erfolgt die Darstellung der Ergebnisse für die Hauptleis-

tungsbereiche ambulante Kosten, stationäre Kosten, Kosten für Medikamente und Kosten

sonstiger Leistungserbringer. Abschließend wird die Gesamtkostenentwicklung für die CAR-

DIO-Integral-Teilnehmer im Vergleich zur Kontrollgruppe dargestellt. Analyseeinheit ist der

Versicherte pro Quartal. D.h. die Leistungen werden für jeden Versicherten auf Quartalsebe-

ne aggregiert, so dass nach unserer Definition jeder Versicherter maximal einen Fall pro

Quartal und pro Leistungsbereich haben kann.

Die Betrachtung der Kosten, die sich ausschließlich auf Diagnosen der Herzerkrankungen

beziehen, erfolgt dann im Abschnitt 14.

Tabelle 19: Gesamtkosten pro Versicherten in € in beiden Gruppen im 4. Quartal 2007

Gruppe = IV , N = 5.436

Variable Mittelwert Std. Abw. Min Max

Gesamtkosten* 876 1.997 0 47.150

Stationär 352 1.657 0 43.711

Medikamente 268 576 0 25.211

Ambulant 166 322 0 9.082

Gruppe = VG, N = 16.306

Variable Mittelwert Std. Dev. Min Max

Gesamtkosten* 851 2.325 0 108.031

Stationär 345 1.969 0 102.436

Medikamente 246 545 0 26.865

Ambulant 158 403 0 19.501 * Gesamtkosten umfassen die Kosten in den genannten Bereichen (stationär, Medikamente und ambulant) und zusätzlich

die sonstigen Kosten, die hier nicht gesondert ausgewiesen sind.

In Tabelle 19 sind im Überblick die deskriptiven Statistiken der im Folgenden betrachteten

Kosten dargestellt. Sämtliche Werte beziehen sich auf das vierte Quartal 2007 – also jenes

Quartal, welches unmittelbar vor Beginn der Programmbeteiligung für die IV-Versicherten

26

Konkret erfolgte die Einteilung nach dem Versichertenartenschlüssel. Die „Restkategorie“ umfasst danach die

Schlüsselarten „0“ und „600“. Insgesamt macht diese Gruppe 0,15 Prozent aller Versicherten aus.

52

liegt. Die durchschnittlichen Kosten in den jeweiligen Bereichen liegen relativ nahe zusam-

men. Prinzipiell sind sie in der IV-Gruppe etwas höher als in der Kontrollgruppe (zwischen 2

Prozent bei den stationären und 9 Prozent bei den Medikamentenkosten. Auffallend ist

auch, dass die Maximalwerte in der Kontrollgruppe deutlich über den Maximalwerten in der

IV-Gruppe liegen. Bei der Analyse sollte daher auf mögliche „Ausreißereffekte“ geachtet

werden.

13.1 Ambulante Gesamtkosten

Die Analyse der ambulanten Gesamtkosten umfasst alle Leistungen der niedergelassenen

Ärzte im ambulanten Bereich, die über die KV abgerechnet oder als Direktabrechnungen bei

bestehenden Verträgen mit der AOK PLUS abgerechnet werden. Da weit über 90 Prozent der

Versicherten in der IV- und der Kontrollgruppe mindestens einen Arztkontakt pro Quartal

aufweisen, verzichten wir bei der Analyse der ambulanten Gesamtkosten auf eine Two-Part-

Modellierung.

Tabelle 20: Regression ambulante Gesamtkosten

Variable Koeffizient Variable Koeffizient Variable Koeffizient

Alter 5,87 *** II /2007 = 1 -1,69 IV = 1 11,53 **

Alter ^2 -34,69 *** III / 2007 = 1 -1,63 CI = 1 108,22 ***

Mann = 1 6,43 IV / 2007 = 1 -1,23 CI * II / 2008 -44,21 ***

DMP-DM2 = 1 28,04 *** I / 2008 = 1 8,46 *** CI * III / 2008 -97,35 ***

DMP_KHK = 1 47,75 * II /2008 = 1 15,86 *** CI * IV / 2008 -100,50 ***

Alter * DMP_KHK -0,29 III / 2008 = 1 9,76 *** CI * I / 2009 -98,61 ***

Rentner = 1 57,00 *** IV / 2008 = 1 13,78 *** CI * II / 2009 -98,82 ***

Arbeitslos = 1 56,82 *** I / 2009 = 1 25,14 *** CI * III / 2009 -106,44 ***

KV-pflichtig = 1 52,07 *** II /2009 = 1 26,61 *** CI * IV / 2009 -104,56 ***

Familienvers. = 1 47,81 *** III / 2009 = 1 28,54 *** CI * I / 2010 -103,28 ***

Selbstzahler = 1 32,17 ** IV / 2009 = 1 30,55 *** CI * II / 2010 -104,79 ***

Heimbewohner = 1 27,59 I / 2010 = 1 35,22 ***

Pflegestufe 1 = 1 72,82 *** II /2010 = 1 41,04 ***

Pflegestufe 2 = 1 111,48 *** R2 0,014

Pflegestufe 3 = 1 71,13 *** Chi 2 2398 *** *** 1 %. ** 5 %. * 1%- Signifikanzniveaus

Tabelle 20 zeigt die Ergebnisse einer einfachen Panel-Regression zur Erklärung der ambulan-

ten Kosten pro Versicherten und Quartal. In den letzten drei Spalten sieht man zunächst die

relevanten Koeffizienten für den DiD-Schätzer. In der ersten Zeile steht der Koeffizient für

die Variable IV, die den Gruppenunterschied zur Kontrollgruppe vor der Intervention, d.h.

vor Teilnahmebeginn der IV-Versicherten an CARDIO-Integral, misst. Der Koeffizient der Va-

riabel CI misst hingegen den Unterschied zwischen Kontroll- und IV-Gruppe im ersten Quar-

tal der Programmbeteiligung der IV-Versicherten. Mit Hilfe der in den weiteren Zeilen fol-

genden Interaktionsterme zwischen CI und den entsprechenden Quartalsdummies kann für

53

jedes Quartal der Unterschied zwischen Kontroll- und IV-Gruppe unter Berücksichtigung

möglicher Ausgangsunterschiede ermittelt werden.27

Der Erklärungsgehalt des Modells ist insgesamt nicht sehr hoch – das R2 hat einen Wert von

1,4 Prozent. Allerdings wird die Modellspezifikation insgesamt bestätigt (Der Wert des Chi-

Quadrat-Tests ist hoch signifikant).28

Abbildung 27 zeigt zunächst den risikoadjustierten Kostenverlauf in der IV- und der Kontroll-

gruppe über die Untersuchungsperiode. In beiden Gruppen steigen die Kosten im Zeitverlauf

an. Deutliche Unterschiede sind in den Quartalen zu sehen, in denen die IV-Teilnehmer sich

in CARDIO-Integral einschreiben.29 Die durchschnittlichen Kosten der IV-Gruppe steigen in

diesen beiden Quartalen deutlich an. Bei der Diskussion der ambulanten Kosten, die mit

Herzkrankheiten verbunden sind, kommen wir auf diese Entwicklung noch einmal zurück.

Abbildung 27: Kosten in IV- und Kontrollgruppe - Ambulant insgesamt (risikoadjustiert)

In Abbildung 28 sind schließlich die Kostendifferenzen zwischen IV- und Kontrollgruppe ent-

sprechend des DiD-Schätzers grafisch veranschaulicht. Im ersten Quartal der Einschreibung

sind die Kosten in der IV-Gruppe pro Versichertem deutlich höher als in der Kontrollgruppe

(Quartale I und II im Jahr 2008).30 Danach liegen die Kosten pro Quartal und Versicherten nur

noch geringfügig über den Kosten der Kontrollgruppe.

27

Zur Berechnung der Effekte s. auch die Darstellung im Anhang.

28 Mit diesem Test wird überprüft, ob die erklärenden Variablen gemeinsam überhaupt irgendeinen Erklä-

rungsgehalt für die abhängige Variable haben.

29 Für I / 2008 beziehen sich die Punkte für die IV-Teilnehmer auf den Durchschnitt der Kosten von Teilneh-

mern, die sich in diesem Quartal in CARDIO-Integral eingeschrieben haben und von Teilnehmern, die sich noch

nicht eingeschrieben haben.

30 Für diese Darstellung betrachten wir in den Übergangsquartalen nur diejenigen Versicherten der IV-Gruppe,

die tatsächlich schon in CARDIO-Integral eingeschrieben sind.

54

Abbildung 28: Kostendifferenz IV- Kontrollgruppe Ambulant insgesamt (risikoadjustiert)

-150

-100

-50

0

50

100

150

I /20

08

II/20

08

III/2

008

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/2

009

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

Viele der anderen erklärenden Variablen sind hochsignifikant. Mit dem Alter steigen zu-

nächst die ambulanten Kosten pro Versicherten im Durchschnitt an. Allerdings ist dieser An-

stieg nicht linear. Vielmehr nimmt der Anstieg mit dem Alter ab. Ab einem Alter von 85 Jah-

ren gehen die ambulanten Kosten dann wieder etwas zurück.

Ein Teilnehmer des DMP KHK verursacht pro Quartal ungefähr 48 € mehr als ein durch-

schnittlicher Nicht-Teilnehmer. Bei der Teilnahme am DMP Diabetes Mellitus beträgt der

Unterschied zwischen DMP-Teilnehmer und Nichtteilnehmer rund 28 €. Die Variablen des

Versicherungsstatus sind ebenfalls signifikant und zeigen, dass es zwischen den verschiede-

nen Versichertengruppen Kostenunterschiede gibt. Ebenfalls sind die Koeffizienten der Pfle-

gestufen signifikant: Versicherte mit einer Pflegestufe haben durchschnittlich mind. 70 €

höhere Leistungsausgaben als Versicherte ohne Pflegestufe. Heimbewohner sind hingegen

nicht automatisch teurer als Nicht-Heimbewohner – die entsprechende Dummy-Variable ist

nicht signifikant.

13.2 Stationäre Gesamtkosten

Bei den stationären Gesamtkosten betrachten wir voll- und teilstationäre Fälle. Diese kön-

nen von einem Krankenhaus oder von bestimmten ambulanten Leistungserbringern erbracht

werden.

Bei den stationären Gesamtkosten unterscheiden wir zwischen Inanspruchnahme und Kos-

ten der Inanspruchnahme, da nicht jeder Versicherter in einem Quartal stationär behandelt

wurde. Prinzipiell wird deutlich, dass die Inanspruchnahme in der IV-Gruppe höher lag als in

der Kontrollgruppe. Es existiert ein nicht linearer positiver Zusammenhang zwischen Alter

und Inanspruchnahme bzw. Kosten.

Im Ergebnis der Risikoadjustierung (Panel mit Two-Part-Modellierung) erhalten wir die in

Abbildung 29 dargestellten Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten in den beiden Gruppe (a)

sowie die stationären Fallkosten (b). Während die Inanspruchnahme in der IV-Gruppe im

55

ersten und zweiten Quartal des Jahres 2008 gegenüber der Kontrollgruppe deutlich gestie-

gen ist, sind die Fallkosten nahezu konstant geblieben. Ab 2009 liegen die stationären Fall-

kosten in der Kontrollgruppe fast durchgängig über den Kosten für stationäre Behandlung in

der IV-Gruppe.

Abbildung 29: KH-Inanspruchnahme und stationäre Fallkosten insgesamt (risikoadjustiert)

a) KH-Inanspruchnahme pro Versichertem

und Quartal (risikoadjustiert) in %

0%2%4%6%8%

10%12%14%

I /2007

III/2

007

I /2008

III/2

008

I /2009

III/2

009

I /2010

KG IV

b) stat. Fallkosten pro Quartal (risikoadjus-

tiert) in €

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

I /2007

III/2

007

I /2008

III/2

008

I /2009

III/2

009

I /2010

KG IV

Die aus diesen Berechnungen resultierende Kostendifferenz zwischen der IV- und der Kon-

trollgruppe ist in Abbildung 30 dargestellt. Während auf Grund der höheren Inanspruch-

nahme in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2008 die Kosten für stationäre Behandlun-

gen in diesen beiden Quartalen deutlich und signifikant über den Kosten der Kontrollgruppe

liegen, ist für die darauffolgenden Quartale zu sehen, dass die IV-Gruppe nach und nach kos-

tengünstiger als die Kontrollgruppe wird.

Abbildung 30: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe, Stationäre Kosten gesamt, risikoadjustiert

-150

-100

-50

0

50

100

150

I /20

08

II/20

08

III/2

008

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/2

009

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

56

13.3 Medikamente - Gesamt

Bei den Ausgaben für Medikamente pro Versichertem und Quartal führen wir keine Unter-

scheidung zwischen Inanspruchnahme und Kosten durch, da fast jeder Versicherter in unse-

ren Gruppen mindestens eine Verschreibung pro Quartal aufwies, d.h. es wird wie bei den

ambulanten Gesamtkosten kein Two-Part-Modell verwendet. Nach Schätzung unseres Mo-

dells lassen sich die folgenden Kostenunterschiede ableiten (vgl. Abbildung 31).

Abbildung 31: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe, Medikamente (gesamt), risikoadjustiert

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

25

I /20

08

II/20

08

III/2

008

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/2

009

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

Die festgestellten Kostenunterschiede sind nicht sehr groß und ebenfalls auch nicht signifi-

kant.

13.4 Sonstige Kosten

Zu den sonstigen Kosten gehören insbesondere der Heil- und Hilfsmittelbereich, sowie die

medizinische Rehabilitation. Außerdem berücksichtigen wir unter den sonstigen Kosten noch

Fahrtkosten und Kosten der häuslichen Krankenpflege. Diese Kosten werden in der Gesamt-

Analyse als Gesamtkostenblock „Sonstige“ berücksichtigt.

Obwohl auch bei diesen Kosten das Muster mit hohen Kosten am Anfang des Jahres 2008

wieder zu beobachten ist, muss festgehalten werden, dass diese Differenzen zwischen den

beiden Gruppen risikoadjustiert nicht signifikant sind.

57

Abbildung 32: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe, sonstige Kosten, risikoadjustiert

-10

-5

0

5

10

15

I /20

08

II/20

08

III/20

08

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/20

09

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

13.5 Gesamtkosten

Die hier ermittelten Gesamtkosten beziehen sich auf die in den vorangegangenen Unterkapi-

teln vorgestellten Leistungsbereiche. Zusätzlich berücksichtigen wir in der Analyse auch die

mit CARDIO-Integral verbundenen Programmkosten. Zu diesen Kosten zählen alle laut Ver-

trag anfallenden Kosten, die den Leistungserbringern zusätzlich gezahlt werden (Zielsiche-

rungspauschale, Erstbetreuungspauschale, Pauschale für die Wirtschaftlichkeit der Arznei-

mittelverschreibung beim Hausarzt u.a.).31

Insgesamt ergibt sich im ersten Quartal nach Einschreibungsbeginn, dass die Versicherten

der IV-Gruppe um 300 € teurer sind als die Versicherten der Kontrollgruppe. Im zweiten

Quartal sind die gut 2000 Versicherten, die sich im ersten Quartal eingeschrieben hatten,

bereits im zweiten Quartal ihrer CARDIO-Integral-Mitgliedschaft und sind daher nicht mehr

ganz so „teuer“ wie Neueingeschriebene. Im Durchschnitt ergeben sich die dargestellten

Zahlen.

31

Vgl. im Einzelnen zur Vergütung § 15 des Vertrags zur Integrierten Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V

über die Versorgung kardiovaskulär erkrankter Patienten („CARDIO-Integral“).

58

Abbildung 33: Kostendifferenz IV-Gruppe – Kontrollgruppe, Gesamtkosten, risikoadjustiert

-200-100

0100200300400

I /20

08

II/20

08

III/20

08

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/20

09

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

Obwohl in den einzelnen Leistungsbereichen keine spezifischen Programmkosten berück-

sichtigt worden sind, ergibt sich mit dem Einschreiben der Versicherten in CARDIO-Integral

eine deutliche Zunahme der Inanspruchnahme (insb. im ambulanten Bereich). Die Ergebnis-

se in den einzelnen Leistungsbereichen und bei den Gesamtkosten führen uns zu folgendem

Ergebnis:

Ergebnis 5: Unter Berücksichtigung der Programmkosten sind die IV-Versicherten

im Quartal ihrer Einschreibung teurer als vergleichbare Versicherte, die

nicht an CARDIO-Integral teilnehmen. Nach der Einschreibung kommt

es in den darauffolgenden Quartalen zu deutlichen Kosteneinsparungen

gegenüber der Kontrollgruppe. Diese Entwicklung wird hauptsächlich

durch die Kosteneinsparungen im Krankenhaussektor getragen. Im letz-

ten Quartal der Untersuchungsperiode beträgt der Kostenvorteil eines

durchschnittlichen CARDIO-Integral-Teilnehmers gegenüber eines Ver-

sicherten in der Kontrollgruppe ca. 80 € pro Quartal.

Das Ziel des Integrierten Versorgungsvertrags CARDIO-Integral liegt in der verbesserten Ver-

sorgung von Patienten mit Herzkrankheiten. Daher ist zu vermuten, dass der IV-Vertrag ins-

besondere auf das Leistungsgeschehen bei Herzkrankheiten Einfluss nehmen kann. Genau

diese Frage wird im folgenden Kapitel untersucht.

14 Auswertung Hauptleistungsbereiche – nur Herzkrankheiten (I-Diagnosen)

Bevor die Untersuchungen in den drei Hauptleistungsbereichen bezüglich der Herzkrankhei-

ten im Einzelnen dargestellt werden, hier zunächst ein Blick auf die deskriptiven Statistiken

der Kostendaten (vgl. Tabelle 21).

Während im ambulanten Leistungsbereich die durchschnittlichen Kosten (bezogen auf die

betrachteten I-Diagnosen) im Quartal vor Einschreibebeginn für die IV-Versicherten in bei-

den Gruppen nahezu identisch waren, hatten die Versicherten in der Kontrollgruppe bei den

Medikamenten in diesem Quartal etwas höhere Kosten.

59

Tabelle 21: Deskriptive Statistiken der Kosten bei I-Diagnosen in IV- und Kontrollgruppe im 4. Quartal 2007 in Euro

Gruppe = IV , N = 5.436

Variable Mittelwert Std. Abw. Min Max

Stationär 143 1088 0 22.783

Medikamente 68 109 0 1.008

Ambulant 86 202 0 7.728

Gruppe = VG, N = 16.306

Variable Mittelwert Std. Dev. Min Max

Stationär 80 959 0 66.089

Medikamente 83 96 0 1.318

Ambulant 85 291 0 8.292

Bei den stationären Kosten ergibt sich hingegen, dass die späteren IV-Versicherten vor Be-

ginn ihrer Teilnahme an CARDIO-Integral höhere Kosten hatten als Versicherte in der Kon-

trollgruppe. Gerade bei den stationären Kosten zeigt sich damit die Wichtigkeit der Verwen-

dung des DiD-Schätzers. Denn dieser stellt sicher, dass Ausgangsunterschiede in den Ergeb-

nisvariablen (hier: Kosten) keinen Einfluss auf den zu berechnenden Effekt haben (Einfluss

der Beteiligung an CARDIO-Integral auf die Kostenentwicklung).

14.1 Ambulante Leistungen

Bei den ambulanten Leistungen betrachten wir hinsichtlich der Herzkrankheiten nur Fälle,

die eine Diagnose aus der Liste unserer Auswahlliste für das Matching enthalten (vgl. Tabelle

13). Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweilige I-Diagnose an erster oder letzter Stelle steht.

Außerdem spielt es keine Rolle, ob der Patient mehrere I-Diagnosen während eines Einzel-

falls hatte.

Wie Abbildung 34 (a) zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Versicherter in einem Quartal

wegen einer Herzkrankheit einen ambulanten Leistungserbringer aufsucht, im Untersu-

chungszeitraum gestiegen. Für die risikoadjustierte Berechnung haben wir wieder ein Probit-

Modell verwendet. Dieses zeigt, dass der Anstieg der Inanspruchnahme über die Zeit auch

signifikant ist. Außerdem fällt – wie bei den ambulanten Gesamtkosten – der Anstieg in der

IV-Gruppe im ersten und zweiten Quartal 2008 ins Auge. Deutlich wird zudem, dass nach der

Einschreibung in das Modell die ambulante Inanspruchnahme der IV-Versicherten sich auf

einem hohen Niveau verfestigt und im Durchschnitt signifikant höher ist als die Inanspruch-

nahme in der Kontrollgruppe. Diese Beobachtung könnte direkt mit den Einschreibemodali-

täten zu tun haben. Da auf Grund der verwendeten Aggregationsregel jeder Versicherte ma-

ximal eine Beobachtung pro Quartal haben kann, liegt die maximale Inanspruchnahme bei

100%. Aufgrund der Versichertenauswahl (alles Versicherte mit Herzproblemen) liegt die

durchschnittliche Inanspruchnahme mindestens eines niedergelassenen Arztes bei über

85%. Da ein CARDIO-Integral-Teilnehmer im Quartal seiner Einschreibung zumindest bei sei-

nem Facharzt gewesen sein muss, denn dieser schreibt ihn ja ein, sollte man eigentlich eine

60

ambulante Inanspruchnahme von 100% erwarten. Tatsächlich ist die Inanspruchnahme mit

93 bzw. 95% in der IV-Gruppe sehr hoch. Dass es nicht 100 Prozent sind, erklärt sich damit,

dass wir in beiden Quartalen den Durchschnitt von zwei Gruppe betrachten (im ersten Quar-

tal 2008 tritt ein Teil der IV-Gruppe in CARDIO-Integral ein, der zweite Teil folgt dann im Fol-

gequartal, in dem die erste Gruppe sich schon im zweiten Quartal seiner Teilnahme befin-

det). Auf Grund der Bedeutung dieses „Phänomens“ erfolgt hierzu eine eigenständige Sensi-

tivitätsanalyse (vgl. Abschnitt 17).

Abbildung 34: ambulante Inanspruchnahme und ambulante Fallkosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert

a) ambulante Inanspruchnahme pro Versi-

chertem und Quartal (risikoadjustiert) in %

75%

80%

85%

90%

95%

100%

I /2007

III/2

007

I /2008

III/2

008

I /2009

III/2

009

I /2010

VG IV

b) ambulante Fallkosten pro Quartal (risikoad-

justiert) in €

0

50

100

150

200

I /2007

III/2

007

I /2008

III/2

008

I /2009

III/2

009

I /2010

VG IV

Die ambulanten Fallkosten bei einer Herzerkrankung unterscheiden sich in der Regel nicht

zwischen IV- und Kontrollgruppe. Zwei Ausnahmen bilden die beiden Quartale, in den sich

die IV-Versicherten in CARDIO-Integral eingeschrieben haben (vgl. Abbildung 34b)

Alles in allem wird die Kostenentwicklung durch das Inanspruchnahmeverhalten dominiert.

Entsprechend der Unterschiede bei der Inanspruchnahme zwischen der IV- und der Kontroll-

gruppe ergibt sich insgesamt auch eine positive Kostendifferenz, d.h. die IV-Versicherten

verursachen über den gesamten Untersuchungszeitraum höhere ambulante Kosten bei

Herzerkrankungen als die Kontrollgruppe.

61

Abbildung 35: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe, ambulante Kosten (I-Diagnosen) risikoadjus-tiert in €

0

20

40

60

80

100

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Die erheblichen Kostendifferenzen in den ersten beiden Einschreibequartalen werfen Fragen

auf. So ist nicht unmittelbar einsichtig, warum die ambulanten Kosten mit der Einschreibung

der Versicherten derart massiv ansteigen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten,

dass in diesen Kostendifferenzen noch nicht die Programmpauschalen, wie sie im Vertrag zur

Integrierten Versorgung CARDIO-Integral vereinbart wurden, enthalten sind.

Im Laufe der Evaluation wurden verschiedene Gründe für diese hohen Kostendifferenzen

analysiert. So wurden die Daten auf bestimmte Strukturen bei den Hochkostenfällen unter-

sucht. Außerdem wurde kontrolliert, ob in den Daten versehentlich Leistungen doppelt be-

rücksichtigt worden sind. Dies hätte in den Fällen passieren können, die zunächst über ein

Modellprojekt (Kardiologie-Modell) abgerechnet worden waren. Nach intensiver Kontrolle

konnte aber auch diese Möglichkeit als Ursache für die beobachteten Kostenunterschiede

ausgeschlossen werden.

Es bleibt damit zunächst festzustellen, dass die IV-Versicherten in ihrem ersten Quartal in

CARDIO-Integral zahlreiche zusätzliche Leistungen verschrieben bekommen haben, die nicht

über die Programmpauschalen abgerechnet worden sind. Es liegt daher die Vermutung na-

he, dass nicht der Gesundheitszustand im letzten halben Jahr (zweites Halbjahr 2007) zur

Einschreibung in CARDIO-Integral geführt hat, sondern vielmehr eine akute Verschlechte-

rung des Gesundheitszustandes im laufenden Quartal (erstes oder zweites Quartal 2008)

Auslöser der Einschreibung in das Integrierte Versorgungsprogramm war. Diese Sicht wird

auch durch das Leistungsgeschehen im Krankenhausbereich gestützt (vgl. Abschnitt 14.3).

Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass mit der Einschreibung in CARDIO-Integral routi-

nemäßige Untersuchungen durchgeführt werden, die (leitlinienbasiert) entsprechend des

Vertrages zur integrierten Versorgung CARDIO-Integral durchgeführt werden müssen.

Ergebnis 6: Die ambulanten Kosten von Herzerkrankungen sind über die gesamte

Untersuchungszeit für CARDIO-Integral-Teilnehmer höher als für Mit-

glieder der Kontrollgruppe. In den beiden Einschreibequartalen ist der

Kostenunterschied mit durchschnittlich 60 € besonders hoch. Danach

pegeln sich die Mehrkosten auf 10 bis 15 € pro Quartal ein.

62

14.2 Medikamente

Die Evaluation der Arzneimittelversorgung in CARDIO-Integral konzentriert sich auf relevante

Wirkstoff- bzw. Arzneistoffe in der Kardiologie. Diese Wirkstoff- bzw. Arzneistoffe sind in 10

Gruppen eingeteilt und werden im Einzelnen im Abschnitt 14.2.2 analysiert.

Zunächst wird – wie bei den anderen Leistungsbereichen auch – die Entwicklung der Kosten

und Verordnungen der relevanten Wirkstoffgruppen in der Gesamtheit betrachtet. Danach

sollen vertiefende Analysen zeigen, welche Verordnungsanteile die Leitsubstanzen in den

relevanten Wirkstoffgruppen einnehmen. Der letzte Teil dieses Abschnitts beinhaltet Aus-

wertungen zur medikamentösen Versorgung von zwei speziellen Behandlungssituationen in

der Kardiologie.

14.2.1 Entwicklung Arzneimittelkosten Herzmedikamente

Für die Untersuchung der Entwicklung der Kosten im Bereich der Herzmedikamente verwen-

den wir zunächst wieder unser zweistufiges Modell. Man erkennt deutlich, dass die Inan-

spruchnahme in beiden Gruppen nur leicht über die Zeit angestiegen ist. Die Differenz zwi-

schen IV- und Kontrollgruppe bleibt dabei über die Zeit weitgehend konstant. Im zweiten

Quartal 2010 bekommen 80 Prozent der Versicherten in der IV-Gruppe mindestens eine

Verordnung über einen der relevanten Wirkstoffe – in der Kontrollgruppe beträgt dieser

Anteil knapp 75 Prozent. Bei den Medikamentenkosten ist ein leichter Rückgang zu erken-

nen, wobei auch hier die IV- Gruppe über der Kontrollgruppe liegt (vgl. Abbildung 36)

Abbildung 36: Medikamentenkosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert

a) Wahrscheinlichkeit Pos. Medikamentenkosten pro

Versichertem und Quartal (risikoadjustiert) in %

b) Medikamentenkosten pro Fall und Quartal (risi-

koadjustiert) in €

Bezogen auf die durchschnittliche Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe ist klar,

dass die Medikamentenkosten in der IV- Gruppe auch insgesamt höher liegen als in der Kon-

trollgruppe. In Abbildung 37 ist die Kostendifferenz zwischen beiden Gruppen risikoadjus-

tiert dargestellt. Von knapp 15 € im ersten Quartal 2008 (erstes Einschreibequartal) sinkt die

Kostendifferenz für Herzmedikamente über die Zeit deutlich. Ab 2009 sind die Kostendiffe-

renzen zwischen beiden Gruppen nicht signifikant.

63

Abbildung 37: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe: Medikamente (I-Diagnosen) in €, risikoad-justiert

0

5

10

15

20

Auch hinsichtlich der für CARDIO-Integral relevanten Wirkstoffe ist von einem deutlichen

Einschreibeeffekt auszugehen. Offenbar führt die richtige Einstellung der Patienten zunächst

zu einem starken Kostenanstieg. Wie schon bei den ambulanten Kosten, muss auch an dieser

Stelle darauf hingewiesen werden, dass diese Kostenunterschiede ohne etwaige Programm-

kosten und –pauschalen berechnet worden sind.

14.2.2 Verordnungsanteile von Leitsubstanzen32

Innerhalb jeder Wirkstoffgruppe oder einem bestimmten Verordnungsbereich gibt es be-

stimmte Leitsubstanzen, die verordnet werden sollten, da sie zum einen kostengünstiger

und zum anderen die Vertreter einer Wirkstoffgruppe sind, für welche die meiste Evidenz

und Erfahrung vorliegt.

Die Definition von etablierten Leitsubstanzen findet sich in den Vertragsunterlagen des IV-

Vertrages wieder. In der Fassung des 4. Nachtrages sind folgende Leitsubstanzen genannt:

32

Dieses Kapitel wurde in enger Abstimmung mit dem Bereich Arzneimittel verfasst. Mein Dank gilt insbeson-

dere Herrn Andreas Fuchs für seine Unterstützung und seine Zuarbeiten.

64

Abbildung 38: Wirkstoffgruppen und Leitsubstanzen

Wirkstoffgruppen Leitsubstanzen der Wirkstoffgruppe

Wirkstoffe des Renin-Angitotensin-Systems als

Monopräparate und in Kombination mit Diure-

tika:

ACE-Hemmer Enalapril, Ramipril, Lisinopril als Monosub-

stanz oder in Kombination mit Diuretika

HMG-Reduktase-Hemmer

(Statine)

Simvastatin

Lipidsenker

(Wirkstoffgruppe der Statine und Ezetimib-

haltige Arzneimittel)

Statine

Organische Vasodilatatoren Isosorbiddinitrat

Kaliumsparende Diuretika Spironolacton

Schleifendiuretika Furosemid, Torasemid

Thiazide Hydrochlorothiazid

Selektive β-Rezeptorenblocker Bisoprolol, Metoprolol

Calciumantagonisten vom Dihydropyridintyp Amlodipin

Thrombozytenaggregationshemmer ASS, Clopidogrel

Laut Anlage 9 des Vertrags zur Integrierten Versorgung CARDIO-Integral werden für einzelne

Wirkstoffgruppen außerdem teilweise Zielwerte für den Verordnungsanteil der Leitsubstan-

zen angegeben.33 Die Einhaltung dieser Zielwerte kann durch die Auswertung von Arzneimit-

telabrechnungsdaten geprüft werden.

Aus unseren Daten berechnen wir pro Gruppe und Quartal für die jeweiligen Wirkstoffgrup-

pen den Anteil der Leitsubstanz (gemessen in definierten Tagesdosen –DDDs). Um die Men-

genkomponente der Arzneimittelverordnungen genauer erfassen zu können, bedarf es einer

definierten Größe, die nur den medizinisch begründeten Bedarf eines Arzneimittels berück-

sichtigt und unabhängig ist von markttechnischen Einflüssen wie Preisänderungen und Än-

derungen der Packungsgröße. Die DDD ist die angenommene mittlere tägliche Erhaltungsdo-

sis für die Hauptindikation eines Arzneimittels bei Erwachsenen. Sie hat sich als unabhängige

Vergleichsgröße in der Analyse des Verbrauchs von Arzneimitteln etabliert.

Diese Anteile vergleichen wir für alle Wirkstoffgruppen einerseits mit den entsprechenden

Zielwerten laut Vertrag sowie andererseits mit einer vergleichbaren Region (Entwicklung der

Anteile auf der Basis von GKV-Daten im Bereich der KV Thüringen. Die Daten der Vergleichs-

region basieren auf Abrechnungsdaten der AOK PLUS, die über das wissenschaftliche Institut

der Ortskrankenkassen (WidO) bereitgestellt werden. Diese Vorgehensweise erlaubt es,

eventuell auch Unterschiede zwischen den verschreibenden Ärzten zu sehen. Für Thüringen

unterscheiden wir daher weiterhin zwischen Allgemein- und Fachärzten der Fachgruppe In-

ternisten.

33

Die Anlage 9 mit Angaben zu den Zielwerten gilt seit dem 4. Nachtrag zum Vertrag.

65

Wirkstoffgruppe 1: Wirkstoffe mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System

Wirkstoffe mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System gehören zu den Mitteln der ers-

ten Wahl bei der Behandlung von Hypertonie, Herz- und Nierenerkrankungen. Neben den

ACE-Hemmern und Angiotensinrezeptorantagonisten ist der Renin-Inhibitor Aliskiren als

weiterer neuerer Wirkstoff in der Gruppe verfügbar. Da den Angiotensinrezeptorantago-

nisten im Vergleich zu den ACE-Hemmern keine therapeutische Überlegenheit außer bei den

unerwünschten Wirkungen trockener Reizhusten und Angioödem nachgewiesen wurde und

mit den ACE-Hemmern Ramipril, Enalapril und Lisinopril Wirkstoffe zur wirtschaftlichen Be-

handlung zur Verfügung stehen, ist ein Zielwert für den Verordnungsanteil der genannten

ACE-Hemmer definiert.

Zunächst zeigt sich, dass das anvisierte Ziel eines Verordnungsanteils der Leitsubstanz von 80

Prozent bisher nicht erreicht werden konnte. Sowohl in der IV- als auch in der Kontrollgrup-

pe bewegen sich die Verordnungsanteile der Leitsubstanz um die 65 Prozent.

Abbildung 39: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 1

Wie Abbildung 39 weiterhin verdeutlicht, liegt der Anteil der verordneten Leitsubstanzen in

dieser Wirkstoffgruppe in Sachsen über den Werten in Thüringen. Allerdings fällt auf, dass in

Thüringen der Verordnungsanteil der Leitsubstanz in der betrachteten Zeit etwas gestiegen

ist (bei den Allgemeinmedizinern etwas stärker als bei den Fachärzten), während er in Sach-

sen konstant geblieben ist.

66

Wirkstoffgruppe 2: Statine

Statine sind bewährte Wirkstoffe u. a. in der Prävention der koronaren Herzkrankheit. Inner-

halb dieser Wirkstoffgruppe ist die Leitsubstanz Simvastatin. Diese Leitsubstanz sollte mög-

lichst einen Verordnungsanteil von 90 Prozent an der Gesamtwirkstoffgruppe ausmachen.

Wie Abbildung 40 zeigt, konnte dieses Ziel in der IV-Gruppe noch nicht erreicht werden.

Auch scheint die Teilnahme am IV-Programm hier keinen entscheidenden Einfluss zu haben,

denn der Verlauf des Anteils der Leitsubstanz in IV- und Kontrollgruppe ist doch recht ähn-

lich.

Abbildung 40: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 2

In Sachsen ist ein Abfallen des Verordnungsanteils von Simvastatin für IV- und Kotrollgruppe

gleichermaßen zwischen dem vierten Quartal 2008 und dem ersten Quartal 2009 zu erken-

nen. Ein ähnlicher Verlauf ist für Thüringen allerdings nicht zu erkennen. Eine mögliche Erklä-

rung hierfür kann eine Veränderung bei den DDD sein. Zum 01.09.2009 wurden die DDD für

die verschiedenen Wirkstoffe der Statine dieser Gruppe geändert, allerdings nicht für alle

Vertreter der Statine in gleichem Maße, so dass es zu einer Veränderung in der Relation der

Verordnungsanteile der einzelnen Wirkstoffe gekommen ist. Die Auswertung der Thüringer

Verordnungsdaten basiert auf der aktuellen DDD-Zuordnung, die Auswertung der Verord-

nungsanteile in der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe basiert hingegen auf der zum Zeit-

punkt der Verordnung gültigen DDD-Klassifikation. Eine nachträgliche Anpassung der DDD-

Zuordnung für die Daten der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe ist nicht möglich.

Wirkstoffgruppe 3: Statine und ezetimibhaltige Arzneimittel

Die Wirkstoffgruppe 3 umfasst neben den Statinen auch ezetimibhaltige Arzneimittel. Der

Cholesterolresorptionshemmer Ezetimib steht seit November 2002 als cholesterolsenkendes

Mittel zur Verfügung. Zusammen mit den Statinen bewirkt Ezetimib eine zusätzliche Senkung

des LDL-Cholesterin; im Gegensatz zum Wirkstoff Simvastatin aus der Gruppe der Statine

fehlen für Ezetimib klinische Endpunktstudien, die einen Vorteil in kardiovaskulären End-

punkten für Ezetimib zeigen. In der Gesamtschau dieser Wirkstoffgruppe sind somit alle Sta-

tine Leitsubstanz. In dieser Gruppe sollten nicht mehr als 3 Prozent ezetimibhaltige Arznei-

stoffe gemäß der Anlage Arzneimittel eingesetzt werden.

Bis zum dritten Quartal 2008 lag der Einsatz von Statinen als Leitsubstanz in der IV- und Kon-

trollgruppe bei ca. 94 Prozent.

67

Zum 1. Quartal 2009 hat sich der Verordnungsanteil von Statinen an der gesamten Wirk-

stoffgruppe verschoben: der Anteil der Statine in der Wirkstoffgruppe 3 fällt auf unter 90

Prozent. Zu dieser Verschiebung hat – wie bereits unter Wirkstoffgruppe 2 beschrieben –

u.a. beigetragen, dass eine neuer Vertreter in der Wirkstoffgruppe der Statine verfügbar war

und dies ggf. auf einen Wechsel von ezetimibhaltigen Arzneimitteln zu Rosuvastatin unter

den Statinen zurückzuführen ist.

Abbildung 41: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 3

Eine andere Entwicklung ist hingegen in Thüringen zu verzeichnen. Dort stieg der Verord-

nungsanteil (gemessen über DDD) kontinuierlich an und übertrifft seit 2009 auch den Anteil

in Sachsen. Der Trend, dass ezetimibhaltige Arzneimittel in Sachsen einen höheren Verord-

nungsanteil ausmachen, ist aus anderen regionalen Vergleichen zu Verordnungsanteilen

bekannt (z .B. GKV Thüringen: Anteil Statine im 1. Halbjahr 2011 93,1%; GKV Sachsen: Anteil

Statine im 1. Halbjahr 2011 90,1%).

Wirkstoffgruppe 4: Organische Vasodilatatoren

Diese Wirkstoffgruppe umfasst langwirksame organische Nitrate, die als so genannte Koro-

nartherapeutika eingesetzt werden. Zu dieser Gruppe zählen die Wirkstoffe PETN; ISDN und

ISMN. Als Leitsubstanz wird hier ISDN angesehen. Entsprechend Anlage 9 zum Vertrag wird

hier ein Verordnungsanteil von mindestens 33 Prozent angestrebt.

Dieses Ziel konnte in der IV-Gruppe bisher nicht erreicht werden. Außerdem scheint die

Entwicklung auch nicht in Richtung einer Erhöhung des ISDN zu gehen, da der Verordnungs-

anteil über die Zeit zurückgeht. Diese Entwicklung scheint allgemeine Gültigkeit zu besitzen,

da sowohl in der Kontrollgruppe (Sachsen) als auch in Thüringen dieser Trend zu beobachten

ist.

Grundsätzlich ist bei diesen Koronartherapeutika davon auszugehen, dass die Verordnungen

der Gesamtgruppe rückläufig sind, da es keine überzeugenden Belege für eine Reduktion

von kardiovaskulärer Morbidität und Letalität gibt und – im Gegensatz zu der Wirkstoffgrup-

pe der Betablocker – diese rein symptomatisch wirken.

68

Abbildung 42: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 4

Weiterhin ist ein gewisses Auseinanderlaufen der Anteile zu erkennen: Während am Anfang

der Untersuchungsperiode (2007) der Verordnungsanteil von ISDN in IV- und Kontrollgruppe

noch gleich war, beträgt er im zweiten Quartal 2010 in der Kontrollgruppe 20 Prozent und in

der IV-Gruppe unter 15 Prozent.

Wirkstoffgruppen mit diuretisch wirksamen Arzneistoffen (Schleifendiuretika, Thiazide, Aldosteron-Antagonisten)

Wirkstoffgruppen 5, 6 und 7 sind Schleifendiuretika, Aldosteron-Antagonisten und Thiazide.

Die Verordnung von Diuretika ist ein fester Bestandteil in der Therapie von Hypertonie und

Herzinsuffizienz. Diuretika werden je nach ihrem pharmakolgischen Angriffspunkt in ver-

schiedene Wirkstoffgruppen eingeteilt. Thiazide und Schleifendiuretika zählen zu den am

häufigsten verordneten Diuretika, Aldosteron-Antagonisten wie Spironolacton haben ihren

Stellenwert in der Behandlung von Ödemen und bei schwerer Herzinsuffizienz.

Wirkstoffgruppe 5: Schleifendiuretika

In dieser Wirkstoffgruppe sind als Leitsubstanzen Furosemid und Torasemid definiert. Für

Furosemid wurde als Ziel ein Verordnungsanteil an der gesamten Wirkstoffgruppe von 53

Prozent angegeben. Für beide Leitsubstanzen gemeinsam erfolgte keine Angabe eines Ziel-

wertes in der Anlage Arzneimittel.

In der IV- wie auch in der Kontrollgruppe ist der Anteil der Leitsubstanzen Furosemid und

Torasemid an der Wirkstoffgruppe bei über 95 Prozent. Gleichwohl konnte über die Beo-

bachtungszeit noch ein Anstieg beobachtet werden. Im zweiten Quartal 2010 beträgt der

Verordnungsanteil der Leitsubstanzen (wieder gemessen über DDD) etwas über 98 Prozent.

Der Trend, dass Torasemid- und Furosemid haltige Arzneimittel im Land Sachsen einen nied-

rigeren Verordnungsanteil ausmachen, ist aus anderen regionalen Vergleichen zu Verord-

nungsanteilen bekannt (z .B. GKV Thüringen: Anteil Statine im 1. Halbjahr 2011 98,6%; GKV

Sachsen: Anteil Statine im 1. Halbjahr 2011 98,2%)

69

Abbildung 43: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 5

Die Verschreibungspraxis der Thüringer Allgemeinmediziner ist mit dem der sächsischen Kol-

legen vergleichbar. Internisten in Thüringen weisen hingegen einen etwas höheren Verord-

nungsanteil der Leitsubstanzen auf als Allgemeinmediziner in Thüringen und Ärzte in Sach-

sen.

Wirkstoffgruppe 6: Aldosteron-Antagonisten

In dieser Wirkstoffgruppe ist Spironolacton die Leitsubstanz. Im Vertrag zur Integrierten Ver-

sorgung CARDIO-Integral wurde in dieser Gruppe bisher kein Zielwert für den Verordnungs-

anteil der Leitsubstanz festgelegt.

Wie Abbildung 44 zeigt, ist der Verordnungsanteil der Leitsubstanz in der IV-Gruppe über die

Zeit etwas gesunken, während er in der Vergleichsgruppe auf höherem Niveau relativ kon-

stant geblieben ist. Im zweiten Quartal 2010 betrug der Verordnungsanteil in der IV-Gruppe

ca. 87 Prozent und in der Vergleichsgruppe 94 Prozent.

Abbildung 44: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 6

70

In Thüringen ist der Verordnungsanteil der Leitsubstanz in der gleichen Zeit etwas angestie-

gen. Der Verordnungsanteil der Leitsubstanz ist dabei bei den Fachärzten für Allgemeinme-

dizin am höchsten (ca. 96 Prozent).

Wirkstoffgruppe 7: Thiazide

Die Leitsubstanz in dieser Wirkstoffgruppe ist Hydrochlorothiazid. Da es keine weiteren Sub-

stanzen in dieser Gruppe gibt, beträgt der Verordnungsanteil der Leitsubstanz 100 Prozent.

Wirkstoffgruppe 8: Selektive Beta-Rezeptorantagonisten

Betablocker spielen ein wichtige Rolle bei der Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen.

Die Hauptanwendungsgebiete sind arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit, tachykar-

de Herzrhythmusstörungen und chronische Herzinsuffizienz. Leitsubstanzen dieser Wirk-

stoffgruppe sind Metoprolol und Bisoprolol. Der Verordnungsanteil der Leitsubstanz ist in

der IV- und der Kontrollgruppe ungefähr gleich. In beiden Gruppen ist er dabei deutlich hö-

her als in Thüringen.

Abbildung 45: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 8

Es fällt auf, dass Anfang 2008 ein deutlicher Anstieg des Verordnungsanteils zu verzeichnen

war. Dieser Anstieg fiel dabei in Thüringen höher aus als in Sachsen.

Wirkstoffgruppe 9: Calciumantagonisten vom Dihydropyridintyp

Calciumantagonisten vom Dihydropyridintyp werden in der Behandlung der koronaren Herz-

krankheit und der arteriellen Hypertonie eingesetzt. Neben den Betablockern und den Wirk-

stoffen des Renin-Angiotensin-System sind Calciumantagonisten einer der wichtigsten Ver-

treter der kardiovaskulären Therapeutika. Mit der Leitsubstanz Amlodipin steht ein Vertreter

dieser Wirkstoffgruppe zur Verfügung, der – bezogen auf die Tagestherapiekosten – am

günstigsten ist und der am besten in klinischen Studien untersuchte Calciumantagonist von

Dihydropyridintyp ist. Unabhängig vom Bundesland und Gruppenzugehörigkeit ist in dieser

Gruppe ein deutlicher Anstieg des Verordnungsanteils der Leitsubstanz über den Untersu-

chungszeitraum festzustellen.

71

Abbildung 46: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 9

Dabei ist der Anteil in der IV-Gruppe etwas geringer als in der Kontrollgruppe und den bei-

den Thüringer Vergleichsgruppen.

Wirkstoffgruppe 10: Thrombozytenaggregationshemmer, exkl. Heparin

Thrombozytenaggregationshemmer werden eingesetzt zur Primär- und Sekundärprophylaxe

des Herzinfarktes und transienter ischämischer Attacken. Wichtigster Vertreter ist die Ace-

tylsalicylsäure. Weitere wichtige Wirkstoffe sind die Wirkstoffe Clopidogrel und Prasugrel,

die bei kardiologischen Spezialindikationen in Kombination mit Acetylsalicylsäure verordnet

werden. In dieser Wirkstoffgruppe sind ASS und Clopidogrel die Leitsubstanzen. In allen be-

trachteten Gruppen ist eine Abnahme des Verordnungsanteils dieser Leitsubstanzen zu beo-

bachten. Der Leitsubstanzanteil in der IV-Gruppe ist dabei durchweg mit dem Anteil in der

Kontrollgruppe vergleichbar.

Abbildung 47: Entwicklung Leitsubstanz in Wirkstoffgruppe 10

Internisten in Thüringen zeigen ein ähnliches Verschreibungsverhalten wie ihre Kollegen in

Sachsen. Nur bei den Thüringer Allgemeinmedizinern sind die Verordnungsanteile der Leit-

substanzen geringer als in den anderen Gruppen.

72

14.2.3 Medikamentöse Versorgung in verschiedenen medizinischen Behandlungssitu-ationen34

Ziel dieses Teils der Betrachtung im Arzneimittelbereich ist es, die medikamentöse Versor-

gung zwischen der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe in zwei medizinischen Behandlungs-

szenarien zu untersuchen. Einerseits betrachten wir die medikamentöse Versorgung nach

einem Herzinfarkt; andererseits soll die medikamentöse Versorgung nach perkutaner Koro-

narintervention analysiert werden.

14.2.3.1 Medikamentöse Versorgung nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt)

Myokardinfarkte bzw. Herzinfarkte werden gemäß aktuellen gängigen Begriffsdefinitionen

dem so genannten akuten Koronarsyndrom zugeordnet. Unter dem akuten Koronarsyndrom

werden die Phasen der koronaren Herzerkrankung zusammengefasst, die unmittelbar le-

bensbedrohlich sind. Das akute Koronarsyndrom wird anhand weiterer Diagnostik (EKG) in

Gruppen unterteilt, auf die in der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht weiter eingegan-

gen werden soll.

Die Behandlung des akuten Koronarsyndroms umfasst interventionelle Maßnahmen und die

medikamentöse Sekundärprophylaxe. Die medikamentöse Sekundärprophylaxe des akuten

Koronarsyndroms umfasst gemäß der nationalen Versorgungsleitlinie KHK (koronare Herz-

krankheit) Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen, für die in klinischen Studien eine Reduktion

von Morbidität und Letalität belegt wurde. Zu den 4 Wirkstoffgruppen zählen Thrombozyte-

naggregationshemmer (z. B. ASS, Clopidogrel), Cholesterin- und/oder Lipisenkende Mittel

(HMG-Reduktasehemmer [Statine] sowie Ezetimib), Wirkstoffe mit Wirkung auf das Renin-

Angiotensinsystem (ACE-Hemmer, AT-1-Antagonisten) sowie Betarezeptorenblocker als Mo-

nosubstanz oder in Kombination mit Diuretika. Die medikamentöse Behandlung von Patien-

ten mit Herzinfarkt in der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe wird ausgewertet.

Tabelle 22: Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen in der medikamentösen Sekundärprophylaxe

ATC Wirkstoffgruppe Wirkstoffe z.B.

B01AC Thrombozytenaggregationshemmer ASS, Clopidogrel

C10AA

C10BA02

C10AX09 cholesterinsenkende Mittel Simvastatin, Ezetimib

C09

Wirkstoffe des Renin-Angiotensin-Systems als Mo-

nopräparate oder in Kombination mit Diuretika

Ramipril, Lisinopril, Enalapril als

Monopräparat oder in Kombination

mit Diuretika

C07AB

C07BB

selektive Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten als

Monopräparate oder in Kombination mit Diuretika Metoprolol, Bisoprolol

34

Dieser Abschnitt wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich Arzneimittel verfasst. Besonderer Dank

gilt wiederum Herrn Andreas Fuchs.

73

In die Auswertung wurden die Daten der Versicherten der IV-und Vergleichsgruppe berück-

sichtigt, bei denen im Zeitverlauf vom 1. Quartal 2008 bis zum 4. Quartal 2009 unter der

Verwendung der ICD-Klassifikation die Hauptdiagnosen I21 (Akuter Myokardinfarkt), I22 (Re-

zidivierender Myokardinfarkt) und I23 (Bestimmte akute Komplikationen nach akutem Myo-

kardinfarkt) in den stationären Abrechnungsdaten vorlagen.

Tabelle 23 gibt einen Überblick über die Anzahl der Versicherten mit mindestens einem sta-

tionären Aufenthalt auf Grund eines Myokardinfarktes.

Tabelle 23: Anzahl Versicherte mit Herzinfarkt

JQ

ANZAHL VERSICHERTER MIT

MIND. 1 HERZINFARKT-

IV GRUPPE

ANZAHL VERSICHERTER MIT

MIND. 1 HERZINFARKT-

VERGLEICHSGRUPPE

20071 17 27

20072 27 36

20073 25 20

20074 39 34

20081 19 12

20082 21 14

20083 7 16

20084 5 18

20091 6 22

20092 4 13

20093 6 14

20094 5 20

20101 10 26

20102 5 26

Es wurde ausgewertet, wie viele der oben genannten 4 Wirkstoffgruppen gemäß Leitlinien-

empfehlung im Quartal vor, während und in den Folgequartalen nach Eintritt des Ereignisses

verordnet wurden. Die Zuordnung der Wirkstoffgruppen erfolgte unter Nutzung der ATC-

Klassifikation für Wirkstoffe.

Die Anzahl der Patienten, denen eine bestimmte Anzahl von Wirkstoffgruppen verordnet

wurde, wird in Relation zur Gesamtanzahl der Patienten mit Myokardinfarkt aus den ausge-

werteten Quartalen gesetzt. Die Auswertung der Versicherten mit einer bestimmten Anzahl

der genannten Wirkstoffgruppen gemäß Empfehlungen zur medikamentösen Sekundärpro-

phylaxe der IV-Gruppe ist in Tabelle 24 aufgeführt, die Auswertung der Vergleichsgruppe

findet sich in Tabelle 25.

74

Tabelle 24: Anteil Patienten mit Anzahl empf. Wirkstoffgruppen nach Herzinfarkt (IV-Gruppe)

Relative Auswertung

Anteil Patienten mit Anzahl der emp-

fohlenen Wirkstoffgruppen zur Be-

handlung nach Herzinfarkt

Anzahl Wirkstoffgruppe

Quartal des Ereignisses in IV Gruppe 1 2 3 4 0

Vorquartal 32% 21% 14% 11% 23%

Quartal des Ereignisses

(20081;20082;20083;20084;20091;20092;20093;20094) 12% 14% 33% 40% 1%

Quartal 1 nach Ereignis 11% 23% 37% 23% 5%

Quartal 2 nach Ereignis 15% 19% 32% 29% 5%

Tabelle 25: Anteil Patienten mit Anzahl empf. Wirkstoffgruppen nach Herzinfarkt (Vergleichsgruppe)

Relative Auswertung

Anteil Patienten mit Anzahl der empfoh-

lenen Wirkstoffgruppen zur Behandlung

nach Herzinfarkt

Anzahl Wirkstoffgruppe

Quartal des Ereignisses in Vergleichsgruppe 1 2 3 4 0

Vorquartal 27% 23% 19% 5% 26%

Quartal des Ereignisses

(20081;20082;20083;20084;20091;20092;20093;20094) 15% 19% 24% 33% 9%

Quartal 1 nach Ereignis 16% 22% 32% 29% 2%

Quartal 2 nach Ereignis 10% 34% 29% 25% 2%

Als leitliniennahe Medikation wird definiert, dass mindestens eine Verordnung aus 3 der 4

Wirkstoffgruppen (Betablocker, Wirkstoffe des Renin-Angiotensin-Sytems, Thromboyzte-

naggregationshemmer und der Lipidsenker) vorlag. Die prozentualen Anteile der Patienten,

die eine leitliniennahe Medikation im Zeitverlauf erhielten, sind in der Tabelle 26 zusam-

mengefasst.

Tabelle 26: Patientenanteile mit leitliniennaher Medikation nach Herzinfarkt

Im Vorquartal der Ereignisse ist in der IV- und der Vergleichsgruppe lediglich ein geringer

Unterschied im Anteil der Patienten mit leitliniennaher Definition zu erkennen. Ein Viertel

der betrachteten Patienten erhielt vor dem Ereignis Arzneimittel aus mindestens 3 der 4

Wirkstoffgruppen. Im Quartal des Ereignisses wurden den Patienten wesentlich mehr Arz-

Quartal des Ereignisses

Anteil Patienten mit leitliniennaher Medi-

kation (mindestens 3 der empfohlenen

Wirkstoffgruppen zur Behandlung nach

Myokardinfarkt)

IV-Gruppe Vergleichsgruppe

Vorquartal 25% 24%

Quartal des Ereignisses

(20081;20082;20083;20084;20091;20092;20093;20094) 73% 57%

Quartal 1 nach Ereignis 60% 60%

Quartal 2 nach Ereignis 60% 53%

75

neimittel aus den genannten Wirkstoffgruppen verordnet. Der Anteil der Patienten mit leit-

liniennaher Medikation ist in der IV-Gruppe wesentlich größer als in der Vergleichsgruppe

(73 % vs. 57%). Im 1. und 2. Quartal nach dem Ereignis ist der Anteil der Versicherten mit

leitliniennaher Medikation ebenfalls größer als in Vergleichsgruppe; in den Folgequartalen

geht der Anteil der Patienten mit leitliniennaher Medikation in beiden Gruppen zurück und

pendelt sich bei einen Wert um 60 % ein. In der Vergleichsgruppe liegt der Anteil der Patien-

ten mit leitliniennaher Medikation bei 53% im 2. Quartal nach dem Ereignis.

Bewertung:

In der Sekundärprophylaxe des Myokardinfarkts werden den Patienten in der IV- und der

Vergleichsgruppe im unterschiedlichen Ausmaß die laut Leitlinie empfohlenen Wirkstoff-

gruppen im Ereignisquartal verordnet. Mit dem Eintritt des Ereignisses Myokardinfarkt wur-

den vermehrt Arzneimittel aus den relevanten Wirkstoffgruppen verordnet. Dies ist positiv

zu werten, da durch den Einsatz dieser Wirkstoffgruppen ein wichtiger Beitrag zur Vermei-

dung von Reinfarkten geleistet wird und somit zur Vermeidung weiterer stationärer Aufent-

halte geleistet wird.

Aus der Auswertung geht nicht hervor, welche einzelnen Gründe existieren, weshalb kein

größerer Prozentanteil von Versicherten die leitliniennahe Medikation im 1. und 2. Quartal

nach dem Ereignis erhielt.

Ggf. liegen Patienten-individuelle Unverträglichkeiten oder Kontraindikation für die Gabe

von einzelnen Wirkstoffen vor. Auch eine geminderte Adhärenz in der Pharmakotherapie

kann begründen, weshalb kein größerer Anteil der Patienten im 1. und 2. Quartal nach dem

Ereignis Verordnungen aus mindestens 3 Wirkstoffgruppen erhielt. Möglicherweise gibt die

Auswertung auch Hinweise auf eine Unterversorgung.

Allerdings kann der Anteil der Patienten mit Verordnungen in 3 der 4 Wirkstoffgruppen un-

terschätzt werden, da der Thrombozytenaggregationshemmer ASS als apothekenpflichtiger

Wirkstoff in Arzneimitteln mit Apothekenverkaufspreisen von unter 5 € angeboten wird.

Damit ist der AVP unter der gesetzlichen Zuzahlungsgrenze von 5 €, das Arzneimittel wird

vom Patienten somit i.d.R. selbst getragen (es sei denn, er ist zuzahlungsbefereit) und damit

liegen nicht zwangsläufig die Verordnungsdaten von ASS in den ausgewerteten Arzneimit-

telabrechnungsdaten vor. Des Weiteren sind apothekenpflichtige Arzneimittel seit 2004

nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen bis auf Ausnahmen erstattungsfähig.

Für die Verordnung von ASS existiert die Ausnahmeregelung, dass es in einer Dosierung von

bis zu 300 mg je Dosiseinheit in der Nachsorge von Herzinfarkt und Schlaganfall sowie nach

arteriellen Eingriffen es zu Lasten der GKV verordnet werden kann. GGf. werden nicht alle

Arzneimittelverordnungen mit ASS, die zu Lasten der GKV verordnungsfähig wären, auf ei-

nen Kassenrezept verordnet. Nicht zu Lasten der AOK PLUS ausgestellte Verordnungen ge-

hen dann nicht in die Arzneimittelabrechnung ein und liegen somit auch nicht für diese Aus-

wertung vor.

14.2.3.2 Nachsorge bei perkutaner koronarer Intervention

Im Folgenden wird auf die medikamentöse Versorgung mit Thrombozytenaggregations-

hemmern in der Nachsorge einer perkutanen Koronarintervention eingegangen.

Hintergrund

76

Die Thrombozytenaggregationshemmer Acetylsalicylsäure (im Folgenden ASS genannt), Clo-

pidogrel und Prasugrel sind mit unterschiedlichen Schwerpunkten in verschiedenen kardio-

logischen Indikationen zugelassen. Clopidogrel und Prasugrel unterbinden als so genannte

ADP-Rezeptorantagonisten die Thrombozytenaggregation; ASS hat eine thrombozytenaggre-

gationshemmende Wirkung durch die verminderte Bildung thrombozytenaggregation-

fördernder wirkender Prostaglandine.

Die zugelassenen Anwendungsgebiete von ASS erstrecken sich auf die folgenden einzelnen

Indikationen:

- Instabile Angina pectoris – als Teil der Standardtherapie,

- akuter Myokardinfarkt – als Teil der Standardtherapie,

- Reinfarktprophylaxe,

- nach arteriellen gefäßchirurgischen oder interventionellen Eingriffen (wie z. B. nach

ACVB, bei PTCA),

- Vorbeugung von transitorischen ischämischen Attacken (TIA) und Hirninfarkten,

nachdem Vorläuferstadien aufgetreten sind.

Das zugelassene Anwendungsgebiet von Prasugrel ist:

- Das Arzneimittel ist in Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) angezeigt zur Präven-

tion atherothrombotischer Ereignisse bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

(d.h. instabiler Angina pectoris, Nicht-ST-(Strecken-)Hebungsinfarkt (UA/NSTEMI)

oder ST-(Strecken-)Hebungsinfarkt (STEMI)) mit primärer oder verzögerter perkuta-

ner Koronarintervention (PCI).

Neben der Prävention atherothrombotischer und thromboembolischer Ereignisse bei Vor-

hofflimmern ist Clopidogrel zugelassen zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei:

- erwachsenen Patienten mit Herzinfarkt (wenige Tage bis weniger als 35 Tage zurück-

liegend), mit ischämischem Schlaganfall (7 Tage bis weniger als 6 Monate zurücklie-

gend) oder mit nachgewiesener peripherer arterieller Verschlusskrankheit,

- erwachsenen Patienten mit akutem Koronarsyndrom:

o akutes Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung (instabile Angina Pectoris

oder Non-Q-Wave-Myokardinfarkt), einschließlich Patienten, denen bei einer

perkutanen Koronarintervention ein Stent implantiert wurde, in Kombination

mit Acetylsalicylsäure (ASS),

o akuter Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung, in Kombination mit ASS bei

medizinisch behandelten Patienten, für die eine thrombolytische Therapie in-

frage kommt.

Die Gabe der Kombination von Acetylsalicylsäure (ASS) plus Clopidogrel über einen Zeitraum

von zwei bis vier Wochen mit anschließender Langzeiteinnahme von ASS wird als grundsätz-

licher Standard nach perkutaner koronarer Intervention (Angioplastie mit oder ohne Stent)

angesehen. Unter Verweis auf die Daten der Credo-Studie (Metha et al 2001) und der PCI-

CURE-Studie (Steinhubl et al 2002) wird darüber hinaus in Leitlinien kardiologischer Fachge-

sellschaften empfohlen, die Kombination ASS plus Clopidogrel bei Stenteinlage im Rahmen

77

einer instabilen Angina pectoris, eines akuten Koronarsyndroms oder eines Infarktes bis zu

zwölf Monate lang zu verordnen.

Die Gabe von ASS in Kombination mit Clopidogrel bei beschichteten Stents wird seit langem

kontrovers in den medizinische Fachkreisen diskutiert. In vielen Leitlinien wie der American

Heart Association wurde und wird bei beschichteten koronaren Stents eine verlängerte dua-

le Plättchenhemmung mit ASS plus Clopidogrel über zwölf Monate oder länger empfohlen

.Die unsichere Datenlage beruhte bisher auf dem Fehlen von randomisierten Studien zur

Klärung der Frage nach der idealen Dauer. Diese Aussage galt im Jahr 2008, als noch keine

Studienergebnisse aus randomisierten Studien vorlagen, die randomisiert eine kürzere mit

einer längeren dualen Therapie nach Implantation beschichteter Stents verglichen haben.35

Grundsätzlich sollte in der folgenden Auswertung zu erwarten sein, dass ein hoher Anteil der

Versicherten mit einer perkutanen koronaren Intervention im jeweiligen Behandlungsquartal

sowohl ASS als auch Clopidogrel bzw. deren Alternative Prasugrel erhalten.

Methodik

In der vorliegenden Auswertung wird die Versorgung mit den Wirkstoffen Clopidogrel oder

Prasugrel oder der Fixkombination von Clopidogrel mit ASS anhand von Verordnungsdaten

aus der Arzneimittelabrechnung nach § 300 SGB V betrachtet.

Zwar ist mit dem Wirkstoff Ticlopidin ein weiterer Thrombozytenaggregationshemmer ver-

fügbar. Allerdings liegen für diesen Wirkstoff keine Verordnungen im Datensatz im Auswer-

tungszeitraum vor. Ticlopidin kann bei dieser Auswertung daher unberücksichtigt bleiben.

Ticlopidin wird auf Grund seines Nebenwirkungsprofils nur noch sehr selten verordnet. Dies

belegen die zurück gehenden Verordnungszahlen von Verordnungen zu Lasten der AOK PLUS

/ AOK Sachsen in den letzten Jahren.

Die Auswertung von Arzneimittelabrechnungsdaten mit Verordnungen von ASS in Monoprä-

paraten wird nicht durchgeführt, da diese nicht aussagekräftig genug ist. Grund hierfür ist,

dass die meisten ASS-Präparate niedrige Packungspreise aufweisen, die unter dem Mindest-

betrag der gesetzlichen Zuzahlung von 5 € liegen. Alleinige Verordnungen von ASS auf Ver-

ordnungsblättern zu Lasten der AOK PLUS sind nicht zwangsläufig in den Datensätzen zur

Arzneimittelabrechnung enthalten.

Wie im einleitenden Abschnitt zu dieser Auswertung angeführt, wird grundsätzlich davon

ausgegangen, dass die Versicherten mindestens 4 Wochen nach einer perkutanen koronaren

Intervention sowohl ASS als auch Clopidogrel (oder Prasugrel) zur dualen Hemmung der

Thrombozytenaggregation erhalten.

Wie auch schon bei den anderen Analysen erläutert, lag für die Auswertung die Zuordnung

der Versicherten zur IV- und Vergleichsgruppe vor. Ausgewertet wurden die Abrechnungsda-

ten der Arzneimittel aus dem Quartal der Intervention und den 4 Folgequartalen von Versi-

cherten, die genau eine perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronarge-

fäßen in einem der Quartale im Jahr 2008 erhalten haben. Dieses Vorgehen wurde gewählt,

35

Seit 2008 sind erste randomisierte Studien erschienen. Da wir Daten aus dem Jahr 2008 auswerten, kann das

Wissen dieser Studien noch nicht in die Behandlungsentscheidung eingeflossen sein.

78

um eine korrekte Zuordnung einer Intervention zu den Arzneimittelverordnungen in den

Folgequartalen herzustellen. Die Zuordnung der Intervention erfolgte über die Prozedur 8-

837xxx, die für die Verschlüsselung der Prozedur der perkutan-transluminalen Gefäßinter-

vention an Herz und Koronargefäßen in der stationären Abrechnung herangezogen wird.

Eine weitere Differenzierung der abgerechneten Prozedur wurde nicht vorgenommen, da

bereits auf Grund der Gruppengröße von IV-Gruppe und Vergleichsgruppe lediglich kleine

Fallzahlen vorlagen.

Ergebnisse:

Eine Übersicht zu der Anzahl der Versicherten mit mindestens einer Intervention in der IV-

Gruppe und Vergleichsgruppe gibt Tabelle 27.

Tabelle 27: Versicherte mit perkutan-transluminalen Gefäßintervention

Anzahl der Versicherten mit mindestens einer Intervention

Quartal der Intervention IV-Gruppe

Vergleichs-gruppe

Q1 2008 49 39

Q2 2008 59 28

Q3 2008 25 26

Q4 2008 20 35

Wir gehen daher insgesamt davon aus, dass Patienten, die einen Stent bekommen haben,

ebenso mit ASS versorgt sind. Aus diesem Grund betrachten wir in Tabelle 28 nur die Ver-

schreibung von Clopidogrel sowie Prasugrel in den einzelnen Quartalen. Es zeigt sich, dass in

der IV-Gruppe der Anteil der Patienten mit mindestens einer Verordnung von Clopidogrel im

Quartal der Intervention deutlich höher ist als in der Vergleichsgruppe (81% vs. 75%). Dabei

ist zu beachten, dass vor der Intervention Patienten in der Kontrollgruppe häufiger Clopi-

dogrel bereits erhalten haben. Ein hoher Anteil von Patienten mit gemeinsamer Gabe von

ASS und Clopidogrel ist grundsätzlich zu begrüßen, da dies im Zeitraum von bis zu einem

Quartal nach der Intervention der Reinfarktprophylaxe dient.

Tabelle 28: Anteil Patienten mit Clopidogrel nach perkutaner koronarer Intervention

Anteil Patienten mit Clopidogrel-

Medikation / IV - Gruppe

Anteil Patienten mit Clopi-dogrel-

Medikation/Vergleichsgruppe

Quartal vor der Intervention 18% 22%

Quartal der Intervention 81% 75%

Quartal 1 nach Intervention 55% 46%

Quartal 2 nach Intervention 49% 41%

Quartal 3 nach Intervention 39% 39%

Quartal 4 nach Intervention 28% 25%

79

Dass der höchste Anteil im Quartal der Intervention ist, ist nachvollziehbar, denn wie Ein-

gangs zu diesem Abschnitt erwähnt, sollte die duale Hemmung der Thrombozytenaggregati-

on mit Clopidogrel (oder Prasugrel) und ASS Standard in der Nachsorge nach der Interventi-

on sein.

Im Einzelfall kann die Monotherapie mit ASS die sicherere Arzneimittelbehandlung darstel-

len, da mit der gemeinsamen Gabe mit ASS das Blutungsrisiko ansteigt. Aus diesem Grund ist

auch bei leitliniengerechter Medikamenten-Therapie nicht mit Anteilswerten nahe 100 Pro-

zent zu rechnen.

Das vorzeitige Absetzen der dualen Plättchenhemmung ist aber nach Möglichkeit zu vermei-

den. Weshalb bei ca. 1/5 der Versicherten keine Verordnungen mit Clopidogrel oder Pra-

sugrel im Quartal der Intervention in den Abrechnungsdaten vorlagen, ist ggf. durch Folgen-

des begründet:

- Kontraindikation, die gegen den Einsatz von Clopidogrel oder Prasugrel sprechen; z.

B. ein erhöhtes Blutungsrisiko im Rahmen einer Behandlung mit oralen Antikoagulan-

tien (Vitamin-K-Antagonisten); bei 7% der Patienten ist dies in beiden Gruppen der

Fall,

- Sonstige Kontraindikationen, die gegen den Einsatz von Wirkstoffen zur Hemmung

der Thrombozytenaggregation sprechen.

Dass der Anteil der Patienten, die Clopidogrel oder Prasugrel erhalten, im Zeitverlauf nach

der Intervention abnimmt, kann darauf zurückzuführen sein, dass ein Teil der Interventionen

auf die Implantation von unbeschichteten Stents zurückzuführen ist. Während die duale an-

tithrombotische Therapie mit ASS und Clopidogrel/Prasugrel bei beschichteten, arzneimittel-

freisetzenden Stents für mindestens 6 Monate durchgeführt werden sollte, ist bei unbe-

schichteten Stents die kombinierte Gabe über einen kürzeren Zeitraum von mindestens 4

Wochen durchzuführen. Die Unterscheidung, welche Art von Stent im Rahmen der Interven-

tion implantiert wurde, war jedoch nicht Gegenstand dieser Auswertung.

14.2.4 Zusammenfassung Auswertung Arzneimittelversorgung in CARDIO - Integral

Die Evaluation der Arzneimittelversorgung in CARDIO-Integral beinhaltete die Auswertung zu

den Verordnungsanteilen von Leitsubstanzen in Wirkstoffgruppen, die hauptsächlich in der

Kardiologie eingesetzt werden. Als Leitsubstanzen sind Arzneistoffe definiert, die gemäß

etablierter und evidenzbasierten Leitlinien in der Kardiologie und aus Aspekten der Wirt-

schaftlichkeit als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen

eingesetzt werden.

Für die Wirkstoffgruppen des Renin-Angiotensin-Systems, der Statine, der Lipidsenker, der

langwirksamen organischen Nitrate als Vasodilatatoren und der Schleifendiuretika sind Ziel-

werte für den Verordnungsanteil der Leitsubstanzen vereinbart.

Bisher konnten die einzelnen Zielwerte im Mittel bei den Verordnungen für die Versicherten

der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe in der vorliegenden Auswertung nicht erreicht wer-

den. Signifikante Unterschiede zwischen der IV-Gruppe und der Vergleichsgruppe in den

Verordnungsanteilen liegen nicht vor.

80

Verordnungsanteile von Leitsubstanzen können jedoch arzt- bzw. praxisindividuell sehr ver-

schieden sein, so dass bei arzt- und nicht versichertenbezogener Auswertung die Zielwerte

für den Anteil von Leitsubstanzen durchaus erreicht sein können.

In den für die Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen wichtigen Wirkstoffgruppen

wie den Wirkstoffen mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System, den Statinen, der Lipid-

senker, selektiven Betablockern, Calciumantagonisten sowie den Thrombozytenaggregati-

onshemmern werden die Leitsubstanzen in der Mehrheit bereits verordnet bzw. der Anteil

der Leitsubstanzen erhöht sich im Zeitverlauf. Unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Ver-

ordnungsweise bestehen bei Betrachtung der vorliegenden Daten weiterhin Wirtschaftlich-

keitspotentiale insbesondere in den Wirkstoffgruppen der Renin-Angiotensin-Wirkstoffe und

der Lipidsenker, da trotz bei Verfügbarkeit von kostengünstigen und evidenzbasierten Leit-

substanzen wesentliche Verordnungsanteile auf Wirkstoffe entfallen, die zu höheren Tages-

therapiekosten verfügbar sind.

Ergebnis 7: Bei zwei besonderen Behandlungskonstellationen (akuter Herzinfarkt,

perkutane Koronarintervention) konnte eine in Teilen leitlinienkonfor-

me und damit intensivere Arzneimittelversorgung mit Eintritt des Er-

eignisses bzw. der Intervention festgestellt werden. Dieses Ergebnis

korrespondiert mit der Auswertung der Kosten für Herzmedikamente,

wonach insbesondere die Kosten in den beiden Einschreibequartalen

höher waren als in der Vergleichsgruppe (zwischen 11 und 15 €). In den

für die Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen wichtigen Wirk-

stoffgruppen wie den Wirkstoffen mit Wirkung auf das Renin-

Angiotensin-System, den Statinen, der Lipidsenker, selektiven Betablo-

ckern, Calciumantagonisten sowie den Thrombozytenaggregations-

hemmern werden die Leitsubstanzen in der Mehrheit bereits verordnet

bzw. der Anteil der Leitsubstanzen erhöht sich im Zeitverlauf. Unter

dem Aspekt der wirtschaftlichen Verordnungsweise bestehen bei Be-

trachtung der vorliegenden Daten weiterhin Wirtschaftlichkeitspotenti-

ale insbesondere in den Wirkstoffgruppen der Renin-Angiotensin-

Wirkstoffe und der Lipidsenker, da trotz Verfügbarkeit von kostengüns-

tigen und evidenzbasierten Leitsubstanzen wesentliche Verordnungsan-

teile auf Wirkstoffe entfallen, die zu höheren Tagestherapiekosten ver-

fügbar sind.

14.3 Stationäre Kosten – I-Diagnosen

Insbesondere im stationären Bereich ist durch eine bessere kardiologische Versorgung mit

Einsparungen zu rechnen, da die richtige Betreuung der Patienten Einweisungen bzw. Wie-

dereinweisungen wegen einer Herzkrankheit verhindern hilft.

Die Messung der Wirkung von CARDIO-Integral im Konkreten ist dabei nicht immer einfach.

So ist oftmals nicht klar, mit welcher Diagnose ein Patient überhaupt in das Krankenhaus

kommt. Wir betrachten die Hauptdiagnose des Krankenhausfalles und berücksichtigen in der

Analyse alle Diagnosen, die in den definierten 10 Gruppen der Kontrollgruppenbildung be-

rücksichtigt worden sind.

81

14.3.1 Stationäre Kosten – I-Diagnosen (gesamt)

Die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes wegen einer I-Diagnose war im Jahr

2007 in der IV-Gruppe knapp ein Prozentpunkt höher als in der Kontrollgruppe (vgl.

Abbildung 48 a). Dabei ist allerdings zu beachten, dass wir es hier mit relativ wenig Fällen zu

tun haben, die in einem Quartal wegen einer I-Diagnose im Krankenhaus waren (bspw. ent-

sprechen 3 Prozent in der IV-Gruppe ungefähr 163 Personen).

Mit der Einschreibung in CARDIO-Integral stieg die durchschnittliche Inanspruchnahme in

der IV-Gruppe von drei auf fünf Prozent, während sie in der Kontrollgruppe leicht zurück-

ging. Nach der Einschreibungsphase (Quartale 1 und 2 des Jahres 2008) fiel die durchschnitt-

liche Inanspruchnahme dann in der IV-Gruppe deutlich – sogar unter die Werte vor Ein-

schreibungsbeginn.

Hinsichtlich der stationären Fallkosten – genauer der Kosten pro Quartal und Patient – sind

keine großen Unterschiede zwischen der IV- und der Kontrollgruppe bis zum dritten Quartal

2008 zu erkennen. Danach sind die Fallkosten in der IV-Gruppe tendenziell geringer als in der

Kontrollgruppe. Statistisch sind die Unterschiede allerdings nicht signifikant.

Abbildung 48: Stationäre Kosten (I-Diagnosen) risikoadjustiert

a) Wahrscheinlichkeit stat. Kosten in % (I-Diag.)

pro Versichertem und Quartal (risikoadjustiert)

b) stat. Kosten in € (I-Diag.) pro Fall und Quar-

tal (risikoadjustiert)

Insgesamt ergibt sich damit für die beiden Einschreibequartale ein Kostenanstieg in der IV-

Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (vgl. Abbildung 49). Ab dem vierten Quartal 2008 ist

dann die IV-Gruppe im Durchschnitt kostengünstiger als die Kontrollgruppe. In diesem Er-

gebnis spiegelt sich insbesondere die gesunkene Krankenhausinanspruchnahme in der IV-

Gruppe wieder (relativ zur Kontrollgruppe über die Zeit – gemessen mit dem DiD).

82

Abbildung 49: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe: stationäre Kosten (I-Diagnosen), risikoadjus-tiert

-100

-50

0

50

100

150

200

I /20

08

II/20

08

III/2

008

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/2

009

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

Die hohen stationären Kosten in der IV-Gruppe in den beiden Einschreibequartalen können

insbesondere damit erklärt werden, dass sich die Versicherten offenbar nach einem Akuter-

eignis (Herzinfarkt, Invasiveingriff…) in CARDIO-Integral einschreiben. Damit können diese

Kosten nicht ohne Weiteres der Wirkung von CARDIO-Integral zugerechnet werden, da diese

Kosten auch ohne das Programm entstanden wären. Die Frage, wie sich die Kosten für diese

Versicherten entwickelt hätten, wenn sie nicht an CARDIO-Integral teilgenommen hätten,

kann mit dieser Evaluation nicht vollständig beantwortet werden, da die Vergleichsgruppen-

bildung vor diesem Akutereignis erfolgte. Vielmehr müsste man die Vergleichsgruppenbil-

dung zu demjenigen Zeitpunkt ansetzen, zu dem ein bestimmtes Ereignis stattfindet. Man

müsste also bspw. Versicherte mit Herzinfarkt in der IV-Gruppe mit Versicherten mit Herzin-

farkt in der Kontrollgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt vergleichen.

Dieser Kritik soll mit den zwei folgenden Unterkapiteln zumindest teilweise begegnet wer-

den. Während wir in Abschnitt 14.3.2 nur invasive Behandlungsfälle in beiden Gruppen be-

trachten, geht es in Abschnitt 14.3.3 um die Behandlung von Herzinfarktpatienten.

14.3.2 Stationäre Kosten – invasive Fälle

Ein besonderes Augenmerk innerhalb des Integrierten Versorgungsvertrags CARDIO-Integral

liegt auf der verbesserten Versorgung der Patienten bei invasiv-kardiologischen Eingriffen.

Hierzu wurden mit ausgewählten invasiv-tätigen Leistungserbringern gesonderte Verträge

geschlossen (Invasiv-Verträge). Um diese Fälle mit entsprechenden Fällen vergleichen zu

können, die nicht über diese Verträge vergütet worden sind, haben wir den Pseudoentgelt-

schlüsseln, die in den Invasiv-Verträgen als Eingriffskriterium genannt sind, zunächst OPS

zugeordnet, um anschließend über diese OPS die Fälle in der Vergleichsgruppe entsprechend

als „Invasiv-Fälle“ identifizieren zu können. Insgesamt betrachten wir über die gesamte Beo-

bachtungsperiode 4.013 invasive Fälle. Für die Kontrollgruppe haben wir damit im Durch-

schnitt pro Quartal 167 invasive Leistungsfälle und in der IV-gruppe ca 127.

Entsprechend unserer Schätzungen treten Invasiv-Fälle in der IV-Gruppe vor Programmstart

deutlich öfter auf als in der Kontrollgruppe. In der Einschreibephase erhöht sich die Fallzahl

in der IV-Gruppe nochmals deutlich, um danach das Niveau in der Kontrollgruppe anzuneh-

men (vgl. Abbildung 50 a).

83

Abbildung 50: Stationäre Kosten (Invasiv-Fälle) risikoadjustiert

a) Wahrscheinlichkeit eines Invasiv-Falles pro Ver-

sichertem und Quartal (risikoadjustiert) in %

b) Kosten Invasiv-Behandlung pro Fall und Quartal

(risikoadjustiert) in €

Die Kosten pro invasivem Behandlungsfall schwanken zwischen ca. 3000 Euro und 6000 Eu-

ro. Tendenziell liegen die Kosten in der IV-Gruppe ab 2008 unter den Kosten in der Kontroll-

gruppe (vgl. Abbildung 50 b).

Insgesamt ergeben sich damit ab dem dritten Quartal 2008 deutliche Kosteneinsparungen in

der IV-Gruppe. Abbildung 51 zeigt die Kostendifferenz zwischen den beiden Gruppen ent-

sprechend unseres DiD-Schätzers auf der Versichertenebene je Quartal. Man erkennt deut-

lich, dass bereits ab dem zweiten Quartal 2008 – und damit schon während der Einschreibe-

phase – deutliche Kostenreduktionen für die IV-Gruppe zu verzeichnen sind.

Abbildung 51: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe: Invasiv-Fälle, risikoadjustiert

-60

-40

-20

0

20

40

60

I /20

08

II/20

08

III/2

008

IV/2

008

I /20

09

II/20

09

III/2

009

IV/2

009

I /20

10

II/20

10

Dieser Kostenvorteil bei invasiven Fällen kann unterschiedliche Gründe haben. Zum einen

kann der Effekt darauf zurückgeführt werden, dass diese Fälle von Leistungserbringern be-

handelt worden sind, die im Rahmen von CARDIO-Integral Vertragspartner sind. Zum ande-

ren gibt es zusätzlich die so genannten Invasiv-Verträge mit bestimmten Leistungserbrin-

84

gern. Die Leistungserbringer können Fälle über diese Invasiv-Verträge sowohl für CARDIO-

Integral-Teilnehmer als auch andere Versicherte abrechnen.

Bei der Berechnung der Kostendifferenzen wurde für diese Möglichkeiten kontrolliert. Dabei

zeigte sich, dass Fälle, die von Vertragspartnern im Rahmen von CARDIO-Integral behandelt

worden sind, deutlich kostengünstiger waren als Fälle bei anderen Leistungserbringern. Fäl-

le, die über den Invasiv-Vertrag vergütet worden sind, waren nochmals deutlich kostengüns-

tiger. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die positiven Effekte von CARDIO-

Integral offensichtlich auch auf Versicherte der Regelversorgung Auswirkungen haben. In

Tabelle 29 sind diese Ergebnisse für das zweite Quartal 2010 nochmals zusammengefasst.

Tabelle 29: Invasive Leistungsinanspruchnahme in Abhängigkeit des Leistungserbringers (LE) (II / 2010)

Kosten in € pro invasivem

Leistungsfall

IV-Gruppe Kontrollgruppe

LE* = kein Vertragspartner CI** und Patient = kein Invasivtln. 5.199 € 5.880 €

LE* = Vertragspartner CI** und Patient = kein Invasivtln. 4.545 € 5.226 €

LE* = Vertragspartner CI** und Patient = Invasivtln. 2.572 € 3.253 €

* Leistungserbringer, ** CARDIO-Integral

Es zeigt sich, dass die Kosten dann am geringsten sind, wenn die Leistungserbringer sowohl

an CARDIO-Integral als auch an einem Invasiv-Vertrag teilnehmen.

14.3.3 Stationäre Kosten – Herzinfarkt

Von besonderem Interesse ist auch eine verbesserte Versorgung bei Patienten mit einem

Herzinfarkt. Während wir in einer Fallstudie die leitliniengerechte Medikamentenversorgung

nach einem Herzinfarkt schon untersucht haben (vgl. Abbildung 52), wird in diesem Ab-

schnitt die Kostenentwicklung bei einer Diagnosestellung Herzinfarkt untersucht.

Wie Abbildung 52a zeigt, traten Herzinfarkte vor Programmstart in der IV-Gruppe Herzin-

farkte deutlich häufiger auf als in der Kontrollgruppe. Obwohl es sich um sehr geringe Fall-

zahlen handelt, sind diese Unterschiede signifikant. Genauso signifikant ist dann aber auch

die Abnahme der Inanspruchnahme in der IV-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Abbildung 52: Stationäre Kosten Herzinfarkt, risikoadjustiert

a) Wahrscheinlichkeit eines Hezinfarkts pro

Versichertem und Quartal (risikoadjustiert)

0,00%

0,20%

0,40%

0,60%

0,80%

20071

20073

20081

20083

20091

20093

20101

KG IV

b) Kosten eines Herzinfarktes pro Fall und

Quartal in €

85

Auf Grund der absolut gesehenen geringen Fallzahlen – insbesondere in der IV-Gruppe – ist

die Variabilität in den geschätzten Kosten hoch. Dies wird vor allem bei den starken Aus-

schlägen in den geschätzten Fallkosten im ersten Quartal 2008 in der Kontrollgruppe und im

dritten Quartal in der IV-Gruppe deutlich.

Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass CARDIO-Integral einen signifikanten Einfluss

auf die mit dem Herzinfarkt verbundenen Kosten hat.

Abbildung 53: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe: Herzinfarkt, risikoadjustiert

-25-20-15-10

-505

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Ab dem dritten Quartal 2008 sind die Kostendifferenzen zwischen IV- und Kontrollgruppe

signifikant. D.h. dass die Versicherten in der IV-Gruppe ab dem dritten Quartal in der Regel

ca. 20 € weniger Kosten verursachen als die Versicherten in der Kontrollgruppe.

Insgesamt zeigen die Resultate zu den stationären Behandlungen bei Herzkrankheiten, dass

in Folge der Einschreibung in CARDIO-Integral deutliche Kosteneinsparungen zu verzeichnen

sind.

Ergebnis 8: Ab dem vierten Quartal 2008 liegen die stationären Kosten für Fälle mit

einer I-Diagnose entsprechend der definierten Herzdiagnosegruppen in

der IV-Gruppe deutlich unter den Kosten in der Kontrollgruppe. Dieses

Ergebnis wird insbesondere durch die deutlichen Unterschiede bei den

Invasiv-Fällen (im Durchschnitt – 40 € pro Quartal) und bei der Behand-

lung des Herzinfarkts beeinflusst (im durchschnitt – 20 € pro Quartal).

15 Prognose von Einsparpotenzialen Auf Grundlage der Schätzungen in den vorangegangenen Kapiteln wird in diesem Kapitel

eine Abschätzungen von zukünftigen Einsparpotenzialen vorgenommen. Diese Prognose

bezieht sich auf die Entwicklung der Gesamtkosten unter Einbeziehung der mit CARDIO-

Integral verbundenen Programmkosten (vgl. Abbildung 54).

86

Abbildung 54: Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe in € (Gesamtkosten pro Versicherten, indika-tionsunabhängig mit Programmkosten)

-200

0

200

400

I /2008

II/2008

III/2

008

IV/2

008

I /2009

II/2009

III/2

009

IV/2

009

I /2010

II/2010

Zur Bestimmung von Einsparpotenzialen werden die kumulierten Kostendifferenzen zwi-

schen IV- und Kontrollgruppe über definierte Zeiträume betrachtet.

15.1 Zeiträume der Prognose

In dieser Evaluation werden Versicherte betrachtet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt (ers-

tes oder zweites Quartal 2008) CARDIO-Integral beigetreten sind. Um die unterschiedliche

Kostenentwicklung in der Einschreibephase von der Entwicklung der darauffolgenden Jahre

trennen zu können, betrachten wir für die Prognose von Einsparpotenzialen folgende Zeit-

räume:

1.) Einschreibungsphase (I / 2008 – II / 2008)

2.) 1. Jahr nach Einschreibung (III / 2008 – II / 2009)

3.) 2. Jahr nach Einschreibung (III / 2009 – II / 2010)

4.) 3. und weitere Jahre: Prognose

Die Prognose im vierten Zeitraum erfolgt auf den Daten der vorangegangen Zeiträume. In

diesem Zusammenhang muss man entscheiden, wie die beobachteten Daten der Vergan-

genheit (Zeiträume 1 bis 3) für die Prognose genutzt werden sollen. Geht man davon aus,

dass die Einschreibephase vollständig unabhängig von den anderen Perioden zu betrachten

ist, kann man als Prognose für das 3. Jahr nach Einschreibung im einfachsten Fall den Durch-

schnitt der Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe in den ersten beiden Jahren

nach Einschreibung in CARDIO-Integral verwenden. Konkret ergibt sich bei dieser Rechnung

ab dem 3. Jahr für jedes weitere Jahr ein jährliches Einsparpotential in Höhe von 95,7 €.36

Insgesamt betrachten wir 6 Jahre nach Einschreibung in das IV-Programm, wobei in den ers-

ten beiden Jahren real gemessene Kosten verwendet werden. Für die Jahre 3-6 werden –

wie beschrieben – die geschätzten Kosten eingesetzt.

36

Im ersten Jahr nach der Einschreibungsphase verursachen die IV-Teilnehmer im Durchschnitt 49,4 € weniger

Kosten als Versicherte in der Kontrollgruppe, im zweiten Jahr beträgt der Kostenvorteil dann 142 €. Der Durch-

schnitt aus beiden Werten ergibt 95,7 €.

87

15.2 Prognoserechnung

Eine Prognose von Einsparpotenzialen ist immer schwierig, da man die Zukunft prinzipiell

nicht kennt. Im vorliegenden Fall wird eine Prognose noch dadurch erschwert, dass man

nicht genau weiß, inwieweit die hohen Kosten der IV-Gruppe im Einschreibequartal (Zeit-

raum 1) auf die CARDIO-Integral-Einschreibung zurückzuführen sind.37

Wir gehen bei unserer Prognose davon aus, dass zumindest ein Teil der Kosten im Einschrei-

bequartal auf Grund eines Akut-Ereignisses entstanden ist und daher nicht CARDIO-Integral

zugeschrieben werden kann. Um diesen Kostenanteil beziffern zu können, wird versucht,

eine Abschätzung der Kosten zu treffen, die höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit

einer Einschreibung in CARDIO-Integral stehen. Hierzu betrachten wir die stationären Kosten

wegen Herzkrankheiten in den beiden Einschreibequartalen für die IV-Gruppe. Für jeden IV-

Teilnehmer wird untersucht, ob im Umfeld einer Krankenhauseinweisung die Einschreibung

in CARDIO-Integral erfolgte. Dabei wird ein Zeitraum 7 Tage vor Krankenhausaufnahme bis

14 Tage nach Krankenhausentlassung betrachtet.38 Erfolgte eine Einschreibung in CARDIO-

Integral in diesem Zeitraum, gehen wir davon aus, dass die Einschreibung auf Grund des

Akut-Ereignisses (Krankenhauseinweisung wegen einer I-Diagnose) erfolgte. 24,7 Prozent

der betrachteten Fälle erfüllen dieses Kriterium. Daher gehen wir davon aus, dass Versicher-

te, die diesem Kriterium genügen, vor Einschreibung in CARDIO-Integral bereits eine ent-

sprechende Erkrankung aufgewiesen haben und daher die entstandenen Kosten nicht als

Folge einer CI-Einschreibung betrachtet werden können. Es werden daher 75,3 % (100 % -

24,7 %) der Kosten im Einschreibequartal berücksichtigt.

15.2.1 Prognoseergebnisse

Zunächst ist festzuhalten, dass die IV-Versicherten in jedem Jahr nach ihrer Beteiligung kos-

tengünstiger waren als Versicherte der Kontrollgruppe. Die Differenz zwischen beiden Grup-

pen wird über die Zeit immer größer, da im zweiten und dritten Quartal Einsparungen erzielt

werden und dementsprechend für die Folgejahre ebenfalls Einsparungen vorhergesagt wer-

den. Allerdings führen die hohen Kosten im Einschreibequartal dazu, dass – kumuliert be-

trachtet – im Durchschnitt ein CARDIO-Integral-Teilnehmer erst nach 4,5 Jahre insgesamt

kostengünstiger ist als ein Versicherter der Kontrollgruppe. (vgl. Abbildung 55).

37

Vgl. hierzu auch die Diskussion in den Abschnitten 14.1 und 14.3.

38 7 Tage vorher, weil man Abrechnungsungenauigkeiten einkalkulieren muss; 14 Tage nachher, weil die Ein-

schreibung durch den Kardiologen erfolgt, den die Patienten innerhalb von 14 Tagen nach Krankenhausentlas-

sung aufsuchen müssen.

88

Abbildung 55: Einsparpotenzial in € pro Versicherten, bezogen auf Gesamtkosten (unabhängig von Indikati-on), kumuliert

Kumulierte Kostendifferenz zwischen CARDIO-Integral- und Kontroll-Gruppe

-200

-100

0

100

200

300

400

500

600

Einschreibung 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr 6. Jahr

Kos

tend

iffer

enz

CI -

KG

in €

Die Einsparpotenziale in den drei Szenarien sind in Tabelle 30 nochmals absolut und pro Ver-

sicherten dargestellt.

Tabelle 30: Übersicht Kostendifferenz zwischen IV und -Kontrollgruppe (absolut und pro Versicherten)

Kostendifferenz zwischen IV- und Kontrollgruppe bei 5.436 Neueinschreibungen

Jahr nach Einschreibung

pro Teilnehmer* Absolut**

2. 236 € 1.283.104 €

3. 140 € 762.898 €

4. 45 € 242.692 €

5. - 51 € - 277.514 €

6. - 147 € - 797.719 €

* kumuliert (vgl. auch Abbildung 55)

** Pro Teilnehmer * 5436

Nach fünf Jahren Programmteilnahme würde entsprechend unseren Berechnungen ein IV-

Teilnehmer um 51 Euro im Jahr günstiger sein als ein Kontrollgruppenteilnehmer. Bei 5.436

Teilnehmern sind das gut 277.000 Euro.

Ergebnis 9: Unter der Annahme, dass in den Folgejahren ähnliche Kosteneinspa-

rungen wie in den ersten beiden Jahren nach Einschreibung in das in-

tegrierte Versorgungsprogramm generiert werden können, werden IV-

Versicherte mit der Zeit kostengünstiger behandelt als Versicherte in

der Regelversorgung. Einzig die Frage, wann der Zeitpunkt des Kosten-

vorteils für die IV-Gruppe eintritt, ist nicht mit Sicherheit zu beantwor-

ten. Dieser Zeitpunkt liegt nach unseren Berechnungen bei 4,5 Jahren.

Nach 6 Jahren würde man nach diesen Berechnungen 147 € pro Versi-

cherten gegenüber der Kontrollgruppe einsparen.

89

16 Zusatzauswertungen Die im Folgenden dokumentierten Zusatzauswertungen dienen der internen Information.

Entsprechend des Analyseauftrags gehört die Analyse von Wiedereinweisungen dazu. Au-

ßerdem erfolgt eine regionalisierte Auswertung für die mit den Herzkrankheiten verbunde-

nen Kosten im ambulanten und stationären Bereich sowie bei der Medikamentenversor-

gung.

16.1 Stationäre Kosten – Wiedereinweisungen

Ein wesentliches Ziel der optimierten Behandlung innerhalb des IV-Vertrages CARDIO-

Integral besteht in der Reduktion von stationären Wiedereinweisungen auf Grund der glei-

chen I-Diagnose. Zur Untersuchung der Wiedereinweisungen definieren wir eine Wiederein-

weisung als einen wiederholten stationären Behandlungsfall innerhalb eines halben Jahres.

Konkret definieren wir als Wiedereinweisungsfall einen stationären Behandlungsfall mit ei-

ner stationären I-Diagnose entsprechend der definierten 10 Diagnosegruppen, wenn der

Patient in einem der beiden zurückliegenden Quartale ebenfalls wegen einer dieser I-

Diagnosen stationär behandelt werden musste.

Pro Quartal lassen sich zwischen 26 und 144 Fälle als Wiedereinweisungen nach obiger Defi-

nition bestimmen. Bezogen auf unser Gesamtsample an stationären Fällen mit I-Diagnosen

sind das durchschnittlich zwischen 15 und 37 Prozent der Fälle mit I-Diagnosen in einem

Quartal.

Abbildung 56: Wahrscheinlichkeit einer Wiedereinweisung, risikoadjustiert

0%

10%

20%

30%

40%

KG IV

In der IV-Gruppe kommt es in Folge der Einschreibung in den IV-Vertrag zu einer deutlichen

Zunahme von Wiedereinweisungen im zweiten Halbjahr 2008. Danach sinkt die Wiederein-

weisungsquote deutlich. Im zweiten Halbjahr 2010 liegt die Wiedereinweisungsquote deut-

lich unter der Quote in der Kontrollgruppe (vgl. Abbildung 56).

90

Abbildung 57: Kosten einer Wiedereinweisung, risikoadjustiert

0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

20071

20073

20081

20083

20091

20093

20101

KG IV

Die Kosten einer wiederholten stationären Behandlung liegen in der IV-Gruppe im Durch-

schnitt unter den Kosten der Kontrollgruppe (vgl. .Abbildung 57). In den beiden Quartalen

mit sehr hohen Wiedereinweisungsquoten der IV-Versicherten (drittes und viertes Quartal

2008) liegen die Kosten in der IV-Gruppe im Durchschnitt unter den Kosten in der Kontroll-

gruppe.

Gründe für diese Entwicklung konnten bisher noch nicht gefunden werden. Eventuell ist hier

noch mal eine genauere Analyse der stationären Behandlungsfälle notwendig.

16.2 Regionale Kostenbetrachtungen (I-Diagnosen)

Für die mit Herzkrankheiten verbundenen ambulanten und stationären Kosten erfolgt in

diesem Abschnitt eine regionale Versorgungsanalyse. Hierzu wird das Grundmodell um er-

klärende Variablen erweitert, die den Wohnort der Versicherten bezeichnen. Die Bestim-

mung des Wohnorts der Versicherten erfolgt dabei prinzipiell auf der Grundlage des zuletzt

gemeldeten Wohnortes, da diese Informationen bisher nicht im Verlauf erfasst werden. Dies

hat zur Folge, dass einige Versicherte fälschlicherweise mit einem Wohnort in Verbindung

gebracht werden, den sie am Anfang der Untersuchungszeit noch gar nicht kannten. Trotz

dieses Mangels sollten die dargestellten Ergebnisse hinsichtlich regionaler Aussagen relativ

valide sein, da man bei den hier betrachteten Versicherten von einer relativ hohen Wohn-

ortgebundenheit (auf Grund des Alters) ausgehen kann.

In allen folgenden Analysen betrachten wir ausschließlich Versicherte, die am Ende des zwei-

ten Quartals 2010 – d.h. am Ende der Untersuchungszeit – ihren Wohnsitz in Sachsen hatten.

Bezogen auf die Direktionsbezirke sieht die Verteilung der Versicherten – getrennt nach IV-

und Kontrollgruppe – folgendermaßen aus:

91

Tabelle 31: Regionale Verteilung Versicherte (2. Quartal 2010)

Direktionsbezirk Kreis KG IV

Chemnitz 850 412

Erzgebirgskreis 1.790 303

Mittelsachsen 1.475 492

Vogtlandkreis 1.166 58

Chemnitz

Zwickau 1.403 192

Bautzen 1.285 693

Dresden 1.568 320

Görlitz 1.038 891

Meißen 807 1.073

Dresden

Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 1.058 216

Leipzig 987 363

Leipzig-Stadt 1.695 263 Leipzig

Nordsachsen 933 133

Sachsen Gesamt 16.055 5.409

In der regionalen Verteilung der Versicherten spiegelt sich auch die Evolution des CARDIO-

Integral-Vertrags wieder. Die meisten Versicherten unter den IV-Teilnehmern kommen aus

dem Direktionsbezirk Dresden (59 Prozent). Im Direktionsbezirk Chemnitz haben 27 Prozent

der Teilnehmer ihren Wohnsitz und im Direktionsbezirk Leipzig 14 Prozent. Die Zusammen-

setzung der Kontrollgruppe spiegelt diese Verteilung nicht ganz wieder. Die Kontrollgruppe

setzt sich zu 42 Prozent aus Versicherten aus dem Direktionsbezirk Chemnitz, 36 Prozent aus

dem Direktionsbezirk Dresden und 22 Prozent aus dem Direktionsbezirk Leipzig zusammen.

16.2.1 Ambulante Kosten (I-Diagnosen)

Zur Analyse betrachten wir unser zweistufiges Modell, wobei als zusätzliche erklärende Vari-

ablen Dummy-Variablen für die Kreise Sachsens verwendet werden. Durch diese Modellspe-

zifikation ändert sich nichts an den Grundaussagen des Modells. Insbesondere trifft das für

den im Abschnitt 14.1 abgeleiteten Programmeffekt für die ambulante Inanspruchnahme

über die Zeit zu. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in allen Kreisen die Inanspruchnahme

in der IV-Gruppe über der Inanspruchnahme in der Kontrollgruppe liegt (vgl. Abbildung 58).

Allerdings zeigt sich bei der regionalisierten Betrachtung der ambulanten Inanspruchnahme,

dass es zwischen den Regionen teilweise Unterschiede gibt. So beträgt für Versicherte der

Kontrollgruppe im Landkreis Meißen die Wahrscheinlichkeit einen Arzt wegen eines Herz-

problems aufzusuchen, 85 Prozent. Im Landkreis Nordsachsen beträgt diese Wahrschein-

lichkeit über 90 Prozent.39

39

Für die Darstellung haben wir die Kreise zu Direktionsbezirke zusammengefasst und innerhalb der Direkti-

onsbezirke nach der Höhe der Ergebnisvariable (hier: Inanspruchnahme) geordnet.

92

Abbildung 58: Inanspruchnahme ambulante Leistungen (I-Diagnosen) nach Kreisen (II / 2010)

75,00% 80,00% 85,00% 90,00% 95,00% 100,00%

VogtlandkreisErzgebirgskreis

ZwickauChemnitz

MittelsachsenMeißenGörlitz

DresdenSächs.Schweiz - Osterzgeb.

BautzenLeipzig_stadt

Leipzig (LK)Nordsachsen

KG IV

Es zeigen sich ebenfalls auch einige Unterschiede zwischen den Direktionsbezirken. So liegen

im Durchschnitt die Inanspruchnahmeraten im Direktionsbezirk Dresden etwas unter denje-

nigen in Chemnitz und Leipzig. Allerdings sind die durchschnittlichen Unterschiede auf Direk-

tionsebene nicht so stark ausgeprägt wie zwischen den Kreisen. Die Direktionsbezirke unter-

scheiden sich auch hinsichtlich der unterschiedlichen Varianz der Inanspruchnahme. Wäh-

rend im Direktionsbezirk Dresden die Streuung sehr ausgeprägt ist, beobachten wir in Leipzig

eine sehr geringe Variabilität der Inanspruchnahme.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man sich die ambulanten Fallkosten40 ansieht (vgl.

Abbildung 59). Diese reichen von ungefähr 110 € in Zwickau bis zu über 150 € im Landkreis

Mittelsachsen. Damit liegen im Direktionsbezirk Chemnitz sowohl der Kreis mit den höchsten

als auch der Kreis mit den niedrigsten ambulanten Fallkosten. Daher ist die Streuung im Di-

rektionsbezirk Chemnitz am größten – im Direktionsbezirk Dresden ist sie am geringsten.

Abbildung 59: Fallkosten ambulante Leistungen (I-Diagnosen) nach Landkreisen (II / 2010)

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

ZwickauVogtlandkreis

ErzgebirgskreisChemnitz

MittelsachsenMeißenGörlitz

DresdenBautzen

Sächs.SchweizNordsachsenLeipzig_stadt

Leipzig (LK)

KG IV

40

Ein Fall ist hier wieder definiert als die Leistungsinanspruchnahme eines Patienten in einem Quartal.

93

Auf der Ebene der Direktionsbezirke betragen die durchschnittlichen Fallkosten in Chemnitz

rund 136 €, in Leipzig 131 € und in Dresden 128 €. Diese Unterschiede von max. 7 Prozent

sind auf dieser Ebene nicht signifikant.

16.2.2 Stationäre Kosten (I-Diagnosen)

Auch bei den stationären Kosten wenden wir wieder das zweistufige Modell an (Two-Part).

Durch die regionalisierte Betrachtung ändert sich auch in diesem Modell nichts Wesentliches

an den Aussagen des Grundmodells. In allen Kreisen ist die Inanspruchnahme der IV-Gruppe

im zweiten Quartal 2010 höher als in der Kontrollgruppe. Dieses Ergebnis entspricht wieder-

um dem Ergebnis im Grundmodell. Am höchsten ist die Inanspruchnahme in Dresden, am

geringsten im Vogtlandkreis.

Auf Direktionsbezirkebene liegt jetzt Leipzig mit einer Inanspruchnahme von durchschnittlich

2,54 Prozent an der Spitze. Die Direktionsbezirke Dresden und Chemnitz folgen mit 2,45 bzw.

2,29 Prozent.

Abbildung 60: Inanspruchnahme stationäre Leistungen (I-Diagnosen) nach Kreisen II / 2010

0,00% 1,00% 2,00% 3,00%

VogtlandkreisZwickau

ErzgebirgskreisChemnitz

MittelsachsenGörlitz

MeißenSächs.Schweiz

BautzenDresden

Leipzig (LK)Leipzig_stadtNordsachsen

KG IV

Während sich die Inanspruchnahmewahrscheinlichkeiten nicht sehr stark in den einzelnen

Kreisen (Direktionsbezirken) von einander unterscheiden, sieht das bei den stationären Fall-

kosten ganz anders aus (vgl. Abbildung 60). Man kann zwei große Gruppen erkennen, die

sich in den Fallkosten deutlich voneinander unterscheiden. Auf der einen Seite den Landkreis

Leipzig Stadt und die Kreise des Direktionsbezirks Chemnitz. Auf der anderen Seite die

verbleibenden Landkreise (DB Dresden + DB Leipzig, ohne Leipzig Stadt). Während in der

ersten Gruppe die durchschnittlichen Fallkosten im Quartal über 5.000 € betragen, sind es in

der zweiten Gruppe nur gut 4.200 €.

94

Abbildung 61: Fallkosten stationäre Leistungen (I-Diagnosen) nach Kreisen II / 2010

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000

ChemnitzZwickau

MittelsachsenErzgebirgskreiVogtlandkreis

MeißenDresden

Sächs.SchweizGörlitz

BautzenNordsachsen

Leipzig (LK)Leipzig_stadt

KG IV

Betrachtet man wiederum die Kosten aggregiert auf Direktionsbezirksebene, so ist klar, dass

in Chemnitz die Fallkosten pro Quartal am höchsten sind (4.500 € für die IV-Gruppe) – Leip-

zig folgt mit 4.100 € für die IV-Gruppe. Dresden weist durchschnittliche Fallkosten in Höhe

von 3.500 € für die IV-Gruppe auf.

Ergebnis 10: Die Berücksichtigung regionaler Informationen führt dazu, dass man

insbesondere bei den stationären Leistungen wegen Herzerkrankungen

deutliche regionale Unterschiede feststellt. Die höchsten stationären

Fallkosten weisen die Kreise des Direktionsbezirks Chemnitz sowie die

Stadt Leipzig auf.

17 Sensitivitätsanalyse Die bisherigen Untersuchungen zeigten in allen Leistungsbereichen, dass es mit der Ein-

schreibung in CARDIO-Integral zu einer Zunahme der Pro-Kopf-Kosten im Einschreibequartal

kommt. Deshalb beschäftigt sich dieser Abschnitt nochmals mit diesem „Phänomen“.

Insbesondere bei den ambulanten Kosten war dieser Effekt sehr deutlich. Denn in diesem

Leistungsbereich stiegen sowohl die Inanspruchnahme als auch die Fallkosten mit der Ein-

schreibung an. Während erstere Beobachtung mit der Einschreibeprozedur zusammenhän-

gen kann (vgl. Abschnitt 14.1), ist eine Erklärung der zweiten Beobachtung schwierig. Um

zumindest auszuschließen, dass es sich um ein statistisches Phänomen handelt, werden wir

in dieser kurzen Sensitivitätsanalyse den Rahmen der Evaluation B verlassen. D.h. wir be-

trachten nicht länger unsere IV- und KG-Gruppe. Vielmehr wird untersucht, ob die beobach-

teten Kostenverläufe unserer ausgewählten Kohorten von IV-Teilnehmern – Teilnahmebe-

ginn zwischen dem 1.1.2008 und dem 31.7.2008 – sich auch bei Teilnehmern mit einem an-

deren Teilnahmebeginn zeigt.

Für die Evaluation B wurden wie gesagt die Einschreibequartale eins und zwei des Jahres

2008 verwendet. Für die Sensitivitätsanalyse betrachten wir jetzt die drei Folgequartale. Im

dritten Quartal haben sich 3.144 Versicherte in CARDIO-Integral eingeschrieben. In den bei-

den Folgequartalen waren es etwa genau so viele. In Abbildung 62 ist die Inanspruchnahme

ambulanter Leistungen (unabhängig davon, ob der Patient beim Fach- oder Hausarzt war) für

diese drei Kohorten dargestellt. Der absolute Unterschied braucht nicht weiter beachtet zu

95

werden, da die Daten nicht risikoadjustiert dargestellt sind. Auffallend ist aber, dass für jede

Kohorte im Quartal der Einschreibung die höchste Inanspruchnahme vorliegt.

Abbildung 62: Inanspruchnahme ambulanter Leistungen für 3 Kohorten von CARDIO-Integral-Teilnehmern

Inanspruchnahme amb. Leistungen von 3 unterschiedlichen IV-Kohorten

0,8

0,82

0,84

0,86

0,88

0,9

0,92

0,94

0,96

0,98

1

2007

1

2007

2

2007

3

2007

4

2008

1

2008

2

2008

3

2008

4

2009

1

2009

2

2009

3

2009

4

2010

1

2010

2

2010

3

2010

4

IV-Beginn I/2009 IV-Beginn IV/2008 IV-Beginn III/2008

Dieses Ergebnis korrespondiert stark mit dem erzielten Ergebnis für die in der EVA B betrach-

teten Gruppe von CARDIO-Integral-Teilnehmern (vgl. Abbildung 34). Unterschiede im Verlauf

rühren davon her, dass in der Evaluation B risikobereinigte Werte betrachtet worden sind, in

der hier vorgestellten Analyse aber keine Risikoadjustierung erfolgte. Betrachtet man die

ambulanten Fallkosten für die drei unterschiedlichen Kohorten, so bestätigt sich das Ergeb-

nis aus der Evaluation noch eindrücklicher (vgl. Abbildung 63): Auch ohne Legende könnte

man allein vom Kurvenverlauf die Kohorten ablesen, da jede dieser Kurven genau in dem

Quartal einen Zacken nach oben hat, in dem der Teilnahmebeginn der jeweiligen Kohorte

liegt.

96

Abbildung 63: Ambulante Fallkosten für drei Kohorten von CARDIO-Integral-Teilnehmern

0

50

100

150

200

250

300

350

20071 20072 20073 20074 20081 20082 20083 20084 20091 20092 20093 20094 20101 20102 20103 20104

IV-Beginn I/2009 IV-Beginn IV/2008 IV-Beginn III/2008

Die vorgestellte Analyse stützt damit eindeutig die Ergebnisse der Evaluation B. Die Beson-

derheiten bei der Einschreibung zeigen sich als sehr robust gegenüber einer Veränderung

der zugrundeliegenden Annahmen. Für die weitere Analysen (zukünftige Evaluationen) sollte

dieser Umstand daher immer mit berücksichtigt werden.

97

Teil C

Ergebnisse der Befragung von Versicherten sowie von Haus- und Fachärzten

98

18 Befragungshintergrund, Erstellung der Fragebögen, Durch-führung der Befragung

Um das Modell CARDIO-Integral umfassend beurteilen zu können, spielt die Zufriedenheit

der teilnehmenden Ärzte und Patienten eine wichtige Rolle. Neben der allgemeinen Zufrie-

denheit mit dem Versorgungsmodell werden bei den Ärzten vor allem die Qualität der Zu-

sammenarbeit – insbesondere die Übermittlung von Patientendaten – mit dem jeweiligen

Fach- bzw. Hausarzt untersucht. Die Patienten schätzen zum einen ihren eigenen Gesund-

heitszustand vor und nach Eintritt in CARDIO-Integral ein. Zum anderen wird die Zusammen-

arbeit zwischen Haus- und Facharzt auch aus Patientensicht beurteilt.

18.1 Erstellung des Fragebogens zur Patientenzufriedenheit

Die Befragung der Patienten soll zwei Fragen klären: Einerseits geht es um die Zufriedenheit

der Patienten mit dem integrierten Versorgungsmodell. Dabei wird insbesondere unter-

sucht, wie die Patienten die Übermittlung ihrer Krankheitsdaten zwischen Haus- und Fach-

arzt beurteilen und ob eine Reduzierung bezüglich der Wartezeiten stattfindet. Andererseits

ist von Interesse, ob sich die Patienten seit ihrer Teilnahme am Modell gesundheitlich besser

fühlen.

Untersuchungen zur Patientenzufriedenheit sind zunächst vor allem in der Rehabilitation

und in der Psychologie durchgeführt worden. Im Laufe der Zeit spielen sie eine immer größer

werdende Rolle im Qualitätsmanagement von Krankenhäusern und Arztpraxen. Inzwischen

gibt es zahlreiche Fragebögen zur Patientenzufriedenheit.

Im Rahmen der Patientenbefragung zur Zufriedenheit mit einzelnen Arztpraxen bzw. Kran-

kenhäusern sollen hier kurz die drei Fragebögen EUROPEP, ZAP und ZUF8 hervorgehoben

werden. Diese Fragebögen stehen zur freien Verfügung und sind alle reliable und validierte

Instrumente zur Messung der Patientenzufriedenheit.41 EUROPEP ist ein Fragebogen, der im

Rahmen einer internationalen Gemeinschaftsstudie 1994 bis 1997 entwickelt und validiert

wurde (siehe Klingenberg A, Bahrs O, Szecsenyi J 1996 bzw. 1999). EUROPEP steht dabei für

„European Project on Patient Evaluation of General Practice Care“. Neben der Standardver-

sion für Hausärzte existieren auch Varianten für spezifische Fachrichtungen. Je Frage gibt es

jeweils zwei bewertende Antwortmöglichkeiten bzw. eine Antwort „not applicable/not rele-

vant“. Der Fragebogen ZAP (Zufriedenheit mit der ambulanten Versorgung – Qualität aus

Patientenperspektive) wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt (siehe

Bitzer EM, Dierks ML, Dörning H, Schwartz FW, 1999 und Bitzer EM, Dierks ML, Schwartz FW,

2002). Dieser Fragebogen ist prinzipiell nicht nur für Hausärzte, sondern genauso für Fach-

ärzte geeignet und untersucht verschiedene Dimensionen der Patientenzufriedenheit. Diese

sind "Arzt-Patient-Interaktion"; "Information/Wirksamkeit", "Fachliche Kompetenz" und

"Praxisorganisation", die anhand einer unterschiedlichen Anzahl von Items abgefragt wer-

den. Für jedes Item stehen hier jeweils vier Antwortmöglichkeiten zur Auswahl. Schmidt et

al. (1989 bzw. 2002) entwickelten den Fragebogen ZUF8, der abgeleitet wurde vom englisch-

sprachigen Fragebogen CSQ-8 von Attkisson und Zwick (1982). CSQ steht hier für „Client Sa-

41

Die genannten Fragbögen stellen nur eine Auswahl dar. Es gibt auch noch andere Fragebögen in diesem Be-

reich. Die hier vorgestellten Fragebögen wurden ausgewählt, weil sei relativ gut bekannt sind und häufig einge-

setzt werden.

99

tisfaction Questionnaire“ ZUF8 besteht aus lediglich acht Fragen mit jeweils vier Antwort-

möglichkeiten und wurde ursprünglich für den stationären Bereich entwickelt.

Im Rahmen der Überprüfung von Modellen der integrierten Versorgung, insbesondere von

Hausarztmodellen, liegen zahlreiche Studien vor. In einer von Prognos für die AOK (AOK Ba-

den-Württemberg und AOK-Bundesverband) durchgeführten wissenschaftlichen Begleitung

eines Hausarztmodells wird eine Versichertenbefragung durchgeführt, in der unter anderem

die Zufriedenheit mit dem Modell abgefragt wird. Zusätzlich werden auch die Hausärzte be-

fragt (Prognos 2005 und 2008). Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmannstiftung umfasst

neben der Befragung der Patienten ebenso einen recht umfangreichen Fragebogen, der für

Haus- bzw. Fachärzte bestimmt ist (Bertelsmann 2005 und 2008). In der Ausgabe 2/2008 des

WIdO-Monitors werden die Ergebnisse einer Umfrage unter 3000 GKV-Versicherten präsen-

tiert (WidO 2008).

Unsere Patientenbefragung weist einige Besonderheiten auf. Da es sich um kardiovaskulär

erkrankte Patienten handelt, ist zu erwarten, dass das Durchschnittsalter der am Programm

teilnehmenden Personen hoch ist. Dementsprechend sollte der Fragebogen aus wenigen

und vor allem für ältere Personen leicht verständlichen Fragen bestehen, um eine hohe

Antwortqualität zu gewährleisten. Zudem geht es nicht ausschließlich darum, wie die Patien-

ten mit einem einzelnen Arzt zufrieden sind, sondern im Wesentlichen um die Frage, wie sie

die Zusammenarbeit von Hausarzt und Facharzt im Rahmen des Modells CARDIO-Integral

beurteilen. Insofern stellen die oben erwähnten Fragebögen hier nur einen Anhaltspunkt für

die Entwicklung eines geeigneten Messinstruments dar.

Die Entwicklung des Fragebogens verlief in folgenden Stufen: Nach oben geschilderter Aus-

wahl bereits durchgeführter Studien wurde vor allem der Fragebogen ZUF8 als Grundlage

herangezogen. Aufgrund seiner Kürze schien er insbesondere für die hier zu befragende Be-

völkerungsgruppe sehr geeignet und zudem ist er ein bereits validiertes Messinstrument.

Der in entsprechender Weise angepasste erste Entwurf des Fragebogens wurde in Vorberei-

tung der ersten Evaluation von CARDIO-Integral gemeinsam mit der AOK in einer Experten-

runde diskutiert. Hierbei wurden einige Fragen ergänzt, andere wiederum herausgenom-

men. Ein Pre-Test vor der ersten Evaluation wurde nicht durchgeführt. Die Verständlichkeit

des Fragebogens wurde extern durch einen Fragebogen-Experten (Psychologe) validiert und

mit der AOK PLUS abgestimmt.

An soziodemographischen Daten werden ausschließlich Jahrgang und Geschlecht abgefragt.

Außerdem wird erfragt, seit wann der Patient am Modell CARDIO-Integral teilnimmt. Auf

weitere Fragen wurde in Hinblick auf Kürze und Überschaubarkeit des Fragebogens verzich-

tet.

In Anlehnung an ZAP bzw. ZUF8 werden für die folgenden Fragen bzw. Items jeweils vier

Antwortmöglichkeiten ohne Neutralposition angeboten. Die Antwortenden müssen sich also

bei jeder Frage für eine Tendenz entscheiden. Wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit

der Patienten mit der ärztlichen Versorgung hat der empfundene gesundheitliche Zustand.

Deswegen wird hier nach der Zufriedenheit mit dem heutigen Gesundheitszustand und dem

Zustand vor der Teilnahme an CARDIO-Integral gefragt. Zusätzlich soll geprüft werden, ob

durch das Modell mehr Gespräche zwischen dem Arzt und den Patienten stattfinden.

In den beiden nächsten Fragenblöcken werden die Zufriedenheit mit dem Hausarzt bzw.

dem Kardiologen abgefragt. Hier wird in Anlehnung an ZAP eine globale Frage zur Zufrieden-

heit gestellt und diese indirekt durch die Frage nach der Weiterempfehlung des Arztes über-

prüft. Beim Hausarzt werden zwei organisatorische Items abgefragt. Beim Kardiologen wird

100

nochmals explizit untersucht, inwieweit sich der Patient über Krankheit und Therapie aufge-

klärt fühlt. Außerdem werden mit vier weiteren Fragen die Qualität der Kommunikation zwi-

schen Hausarzt und Kardiologen aus Patientensicht beurteilt.

Die abschließenden Fragen beziehen sich allgemein auf die Zufriedenheit mit dem Modell

und auf die Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Kardiologe. Im Anschluss an die Fragen

besteht für die Patienten die Möglichkeit eines freien Kommentars.

18.2 Erstellung der Fragebögen Hausarzt und Facharzt

Die Befragung der Haus- und Fachärzte soll allgemein die Zufriedenheit der Ärzte mit dem

Modell CARDIO-Integral widerspiegeln und insbesondere auf Probleme in der Zusammenar-

beit mit den anderen Ärzten hinweisen. Insofern eignet sich auch hier ZUF8 als Grundlage

eines Fragebogens zur Zufriedenheit. Validierte und reliable Fragebögen, die speziell auf die

Interaktion zwischen den Ärzten bzw. die Probleme eines integrierten Versorgungsmodells

fokussieren, existieren bisher nicht. Sowohl Prognos (im Rahmen der Begleitforschung von

Hausarztmodellen) als auch die Bertelsmannstiftung (im Rahmen des Gesundheitsmonito-

rings) befragen Ärzte anhand umfangreicher Fragebögen zu oben genannten Themen (siehe

Prognos 2008, Bertelsmann 2005).

Ähnlich der Vorgehensweise bei der Fragebogenerstellung zur Patientenzufriedenheit wur-

den jeweils erste Entwürfe der Fragebögen für Haus- bzw. Facharzt im Rahmen der ersten

Evaluation von CARDIO-Integral in einer Expertenrunde mit der AOK PLUS diskutiert. Hierbei

wurden einige Fragen nach soziodemographischen Daten herausgenommen. Insgesamt

wurde auch hier Wert auf einen kurzen und gut verständlichen Fragebogen gelegt. Der über-

arbeitete Fragebogen wurde wiederum mit der AOK PLUS abgestimmt. Auch hier fand kein

Pre-Test statt. Die Fragebögen für Haus- und Facharzt unterscheiden sich nur unwesentlich

und werden im Folgenden gemeinsam vorgestellt. Fragen zur Motivation zur Teilnahme und

Aussagen zur Beurteilung des Nutzens wurden in Anlehnung an das Gesundheitsmonitoring

der Bertelsmannstiftung (Bertelsmann 2005) zusammengestellt.

Beide Fragebögen bestehen im Wesentlichen aus vier Abschnitten. Im ersten Fragenblock

werden Fragen zu Person und Praxis gestellt. Dabei wurde nach Absprache mit der AOK PLUS

sowohl auf die Frage nach dem Alter als auch nach dem Geschlecht der Personen verzichtet.

Direkt zur Person wird nur gefragt, seit wann sie in eigener Niederlassung tätig ist. Anschlie-

ßend folgen Fragen zur Praxisgröße und Anzahl der Modelle integrierter Versorgung oder

Disease-Management Programme, an denen die jeweiligen Ärzte teilnehmen. Die Hausärzte

werden zusätzlich darüber befragt, ob sie ein Gerät zur Langzeitblutdruckmessung besitzen.

Die weiteren Fragen sind inhaltlich in Haus- und Facharztbefragung identisch.

Im zweiten Fragenblock soll die Motivation zur Teilnahme am Modell CARDIO-Integral unter-

sucht werden. Hierbei werden fünf mögliche Gründe vorgeschlagen, auf die die Ärzte jeweils

mit „ja“ oder „nein“ antworten können. Andere Gründe können ebenfalls genannt werden.

Die Beurteilung von CARDIO-Integral ist in zwei weitere Blöcke unterteilt. Im ersten Block soll

die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten beurteilt werden, im zweiten Block der Nutzen des

Modells. Für die Beurteilung der Zusammenarbeit werden sieben Fragen gestellt, für die

jeweils vier Antwortmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Zum einen geht es hierbei um die

Qualität der vermittelten Patientendaten, zum anderen um Ursachen für Doppeluntersu-

chungen und die Vermittlung von Therapieempfehlungen. Im zweiten Block werden zu-

nächst einige Aussagen über den Nutzen von CARDIO-Integral vorgeschlagen, auf die mit

„stimme zu“ bzw. „lehne ab“ geantwortet werden kann. Anschließend soll auf einer vierdi-

101

mensionalen Skala der Nutzen bezüglich der Versorgung bzw. des Gesundheitszustandes der

Patienten beurteilt werden.

Abschließend erfolgen drei Fragen zur allgemeinen Beurteilung des Modells CARDIO-

Integral. Dabei sollen Qualität und Nutzen allgemein bewertet werden. Außerdem wird die

Bereitschaft einer erneuten Teilnahme bzw. einer Teilnahme auch ohne Vergütung unter-

sucht.

Im Anschluss an den Fragenteil besteht die Möglichkeit zu einem freien Kommentar.

18.3 Durchführung der Befragung

Die Fragebögen wurden zusammen mit einem Anschreiben der AOK PLUS sowohl an die Pa-

tienten als auch an die Ärzte verschickt. Insgesamt wurden 800 Patienten, 400 Hausärzte

und alle zum Zeitpunkt der Erhebung eingeschriebenen 92 Fachärzte angeschrieben. Die

Befragung erfolgte für alle Teilnehmer anonym und freiwillig. Die Fragebögen wurden zu-

nächst an die AOK PLUS zurückgesendet und zeitnah an den Auftragnehmer gesandt. Der

Befragungszeitraum lag zwischen dem 01.06.2011 und dem 01.07.2011. Eine Nachfassaktion

war aufgrund der Anonymität nicht möglich.

19 Ergebnisse der Patientenbefragung An der Befragung nahmen insgesamt 387 Personen teil. Verschickt wurden 800 Fragebögen,

so dass eine Rücklaufquote von 48,4 Prozent vorliegt. Die Beteiligung liegt damit etwas unter

der Beteiligung bei der ersten Befragung. Damals antworten 52 Prozent der Befragten.

Trotzdem ist die Beteiligung noch als sehr hoch einzuschätzen.

Beteiligt haben sich 174 Frauen und 213 Männer. Im Durchschnitt sind die Personen 72,5

Jahre alt, wobei das Durchschnittsalter der Frauen mit 73 um ein Jahr über dem Durch-

schnittsalter der Männer liegt. Die jüngste Person ist 38 Jahre, die älteste 99 Jahre alt.

Das Programm CARDIO-Integral läuft seit dem Jahr 2005. Die Personen, die auf den Fragebo-

gen geantwortet haben, nehmen durchschnittlich seit drei Jahren an diesem Programm teil.

Die Quote der Nichtbeantwortung dieser Frage beträgt 17 Prozent.

19.1 Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand

Der erste Block Fragen beschäftigt sich mit der Beurteilung des Gesundheitszustandes bzw.

der Auswirkungen von CARDIO-Integral. 40 Prozent sind mit ihrem Gesundheitszustand heu-

te zufrieden bzw. 45 Prozent teilweise zufrieden. 12 Prozent können der Aussage „Ich bin

mit meinem Gesundheitszustand heute zufrieden“ weniger bzw. 3 Prozent gar nicht zustim-

men. Im Vergleich zur ersten Befragung sank damit die Zufriedenheit der Versicherten mit

ihrem Gesundheitszustand leicht. Damals waren über 92 Prozent mit ihrem Gesundheitszu-

stand zumindest teilweise zufrieden (vgl. Abbildung 64).

102

Abbildung 64: Zufrieden mit dem Gesundheitszustand heute

Der allgemeinen Frage nach dem heutigen Gesundheitszustand wird die Aussage „ Ich bin

mit meinem Gesundheitszustand heute zufriedener als vor der Einschreibung in das Pro-

gramm CARDIO-Integral“ gegenübergestellt. Dieser Aussage stimmen insgesamt 78 Prozent

voll und ganz bzw. teilweise zu (vgl. Abbildung 65). Nur rund 7 Prozent stimmen der Aussage

gar nicht zu. Ca. 64 Prozent stimmen der Aussage, dass im Vergleich zu früher mehr Gesprä-

che mit dem Arzt stattfinden, voll und ganz bzw. teilweise zu. Dagegen stimmen rund

14 Prozent gar nicht zu

Abbildung 65: Patientenzufriedenheit vor und mit Beteiligung an CARDIO-Integral

Diese Ergebnisse unterscheiden sich damit nicht wesentlich zu den Ergebnissen bei der ers-

ten Befragung im Jahr 2009.

Ergebnis 11: 85 Prozent der Patienten sind mit ihrem Gesundheitszustand weitest-

gehend zufrieden, 78 Prozent zufriedener als vor der Teilnahme an

CARDIO-Integral und ca. 64 Prozent finden, dass im Vergleich zu früher

mehr Gespräche stattfinden. Im Vergleich zur ersten Erhebung vor 3

Jahren ist insbesondere die Zufriedenheit mit dem eigenen (derzeitigen)

Gesundheitszustand leicht gesunken.

103

19.2 Beurteilung der Hausärzte durch die Patienten

Innerhalb des nächsten Fragenblocks beurteilen die Patienten ihren Hausarzt. Dabei soll zu-

nächst die Frage „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Hausarzt im Allgemeinen?“ beantwortet

werden. Auf diese Frage haben knapp 88 Prozent der Befragten geantwortet. Rund 55 Pro-

zent der Patienten sind sehr zufrieden und rund 42 Prozent weitgehend zufrieden. Dagegen

sind 3 Prozent leicht unzufrieden, dies entspricht 10 Personen und nur 3 Personen (weniger

als 1 Prozent) sind ziemlich unzufrieden.42 Trotz der sehr positiven Bewertung fällt ein leich-

ter Rückgang der Zufriedenheit mit den Hausärzten auf. So waren 2008 noch knapp 66 Pro-

zent mit ihrem Hausarzt sehr zufrieden und 32 Prozent weitgehend zufrieden (vgl. Abbildung

68). Stark korreliert mit dieser Frage ist die Frage, in der die Aussage „Ich kann meinen

Freunden diesen Hausarzt sehr empfehlen.“ beurteilt werden soll. Die Korrelation nach

Spearman43 beträgt 0,67 und ist hoch signifikant.44 Damit zeigt sich ein konsistentes Ant-

wortmuster, da in der Regel nur das weiterempfohlen wird, was man selber als gut betrach-

tet.

Abbildung 66: Patientenzufriedenheit mit dem Hausarzt im Allgemeinen

Das Angebot an passenden Terminen finden rund 97 Prozent ausgezeichnet bzw. gut,

2 Prozent weniger gut und nur 4 Personen schlecht (vgl. Abbildung 67). Zur ersten Befragung

zeigen sich hier keine Unterschiede. Die Überweisung beurteilen die Patienten zu 44 Prozent

mit ausgezeichnet, zu rund 50 Prozent mit gut, 15 Personen mit weniger gut und 5 Personen

mit schlecht. Aus Sicht der Patienten ist der Hausarzt über die Therapieempfehlung des Kar-

diologen mit 34 Prozent ausgezeichnet, mit 60 Prozent gut und mit ca. 6 Prozent weniger gut

bzw. schlecht informiert. Entsprechend wird die Frage 23 im abschließenden Frageteil be-

antwortet, in der knapp 89 Prozent die Frage „Hat der Hausarzt die durch den Kardiologen

42

Sollten sich in den Rechnungen die Anteilswerte nicht exakt zu 100 % addieren, liegt das am jeweiligen Run-

dungs- bzw. Abschneideverfahren.

43 Für die Messung der Korrelation wurde der Spearman-Korrelationskoeffizient verwendet, da es sich hier um

ordinale Daten handelt. Aus diesem Grund wird auch im Weiteren immer der Spearmann-

Korrelationskoeffizient verwendet.

44 D.h. Versicherte, die mit ihrem Hausarzt zufrieden sind, werden diesen Hausarzt mit hoher Wahrscheinlich-

keit weiterempfehlen

104

empfohlene Therapie umgesetzt?“ bejahen. Im Durchschnitt haben über 94 Prozent auf die-

se Fragen geantwortet.

Abbildung 67: Patientenzufriedenheit mit dem Hausarzt

Ergebnis 12: Fast 97 Prozent sind mit ihrem Hausarzt zumindest weitgehend zufrie-

den und das Angebot an passenden Terminen finden ebenfalls 97 Pro-

zent mindestens gut. Die Zusammenarbeit mit dem Kardiologen wird

bezüglich der Überweisung und bezüglich der Information über die The-

rapieempfehlung zu 94 Prozent mindestens mit gut beurteilt.

Trotz der sehr guten Beurteilung der Hausärzte ist im Vergleich zur ersten Befragung ein

leichter Rückgang der Zufriedenheit festzustellen. Insbesondere bewerten weniger Versi-

cherte die mit dem Hausarzt zusammenhängenden Fragen mit der „Bestnote“ ausgezeich-

net.

19.3 Beurteilung der Fachärzte durch die Patienten

Aus der Beurteilung der Fachärzte durch die Patienten geht hervor, dass mit ihrem Kardiolo-

gen einerseits gut 47 Prozent sehr zufrieden sind, gut 46 Prozent weitgehend zufrieden und

andererseits etwa 4 Prozent leicht unzufrieden sind bzw. 7 Personen (weniger als 2 Prozent)

ziemlich unzufrieden sind. Die Frage, in der die Aussage „Ich kann meinen Freunden diesen

Kardiologen sehr empfehlen“ korreliert erwartungsgemäß mit der Frage nach der Zufrieden-

heit mit dem Facharzt: Der Spearman-Korrelationskoeffizient von 0,67 ist hoch signifikant

und besagt, dass es einen großen positiven Zusammenhang zwischen beiden Fragen gibt. Die

Patienten finden die Aussage „Der Kardiologe war durch den Hausarzt sehr gut informiert“

zu gut 29 Prozent ausgezeichnet, zu gut 65 Prozent gut, zu knapp 6 Prozent weniger gut bzw.

schlecht (vgl. Abbildung 68). Ausgezeichnet aufgeklärt und informiert durch den Kardiologen

bezüglich der Krankheit fühlen sich knapp 38 Prozent der Patienten, etwa 54 Prozent gut,

knapp 8 Prozent weniger gut oder schlecht. Bezüglich der Therapie und Behandlung geben

knapp 89 Prozent ausgezeichnet bzw. gut, etwa 11 Prozent weniger gut oder schlecht an.

Dieser Fragenkomplex wurde im Durchschnitt von 91 bis 94 Prozent der Befragten beant-

wortet.

105

Abbildung 68: Patientenzufriedenheit mit dem Facharzt

Ergebnis 13: Mit dem Kardiologen sind die Patienten zu 93 Prozent zumindest weit-

gehend zufrieden. Durch den Kardiologen informiert und aufgeklärt

fühlen sich bezüglich der Krankheit knapp 92 Prozent mindestens gut

und bezüglich der Therapie und Behandlung sind es 89 Prozent.

Die Wartezeit im Wartezimmer beträgt bei 51 Prozent der Patienten zwischen ein und zwei

Stunden und bei knapp 6 Prozent mehr als zwei Stunden. Diese Frage wurde von 93 Prozent

der Befragten beantwortet. Im ersten Zwischenbericht von Prognos zur wissenschaftlichen

Begleitung des Qualitäts- und Kooperationsmodells Rhein-Neckar (Prognos 2005) ergaben

sich allgemein für Fachärzte folgende Werte: knapp 30 Prozent warten weniger als 30 Minu-

ten, gut 50 Prozent zwischen 30 und 60 Minuten und nur knapp 20 Prozent mehr als 60 Mi-

nuten.

Abbildung 69: Durchschnittliche Wartezeiten im Wartezimmer (Kardiologe)

Damit ist die Wartezeit im IV-Vertrag CARDIO-Integral deutlich höher als im angesprochenen

Kooperationsmodell Rhein-Neckar, denn 50 Prozent der Befragten geben an, dass sie eine

Stunde oder länger warten (20 Prozent zum Vergleich im Kooperationsmodell Rhein-Neckar).

106

19.4 Zufriedenheit mit CARDIO-Integral insgesamt

Die Zufriedenheit mit CARDIO-Integral beurteilen die Patienten sehr positiv. Mehr als 80 Pro-

zent der befragten Versicherten sind mindestens weitgehend zufrieden, wobei 95 Prozent

der Befragten auf diese Frage geantwortet haben. Allerdings zeigt sich auch, dass die Zufrie-

denheit mit CARDIO-Integral gegenüber der ersten Befragung etwas zurückgegangen ist.

Abbildung 70: Zufriedenheit mit CARDIO-Integral insgesamt

Gründe für die etwas schlechtere Gesamtbeurteilung könnten in Informationsdefiziten lie-

gen, die vor drei Jahren noch nicht sichtbar waren. Diese Vermutung lässt zumindest die Be-

antwortung der Frage nach der ausreichenden Informiertheit zu (vgl. Abbildung 71).

Abbildung 71: Zufriedenheit mit CARDIO-Integral: Ausreichend informiert?

Im Vergleich zu der Frage, ob sich die Patienten ausreichend informiert fühlen, spielen Prob-

leme bei der Terminvergabe nur eine untergeordnete Rolle (hier nicht dargestellt).

107

Die Beurteilung der Aussage „Ich würde das Modell CARDIO-Integral meinen Freun-

den/Bekannten weiterempfehlen.“ korreliert mit einem signifikanten Korrelationskoeffizien-

ten von 0,77 erwartungsgemäß hoch mit der Frage nach der eigenen Zufriedenheit mit CAR-

DIO-Integral. Überwiegend – d.h. zu 64 Prozent – fühlen sich die Patienten ausreichend über

das Modell informiert, 36 Prozent fühlen sich nicht ausreichend informiert.

Die Beurteilung der Zusammenarbeit zwischen den Ärzten erfolgt im letzten Frageblock.

Hierbei geben knapp 30 Prozent der Befragten an, lange auf einen Arzttermin zu warten (vgl.

Abbildung 72). Nur 11 Prozent der Patienten sind der Meinung, dass der Hausarzt die durch

den Kardiologen empfohlene Therapie nicht umgesetzt hat. Doppeluntersuchungen gab es –

nach Einschätzung der Patienten – ebenfalls bei knapp 11 Prozent. Widersprüchliche Ergeb-

nisse wurden nach Auffassung der Befragten in etwa bei 9 Prozent mitgeteilt.

Abbildung 72: Patientenbeurteilung der Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Kardiologe

0%

20%

40%

Zust

imm

un

g in

Pro

zen

t

Lange Wartezeiten auf Termine?Empf. Therapie wird nicht umgesetzt?Doppeluntersuchungen?Widersprüchliche Ergebnisse?

Ergebnis 14: Insgesamt sind gut 90 Prozent der Patienten mit CARDIO-Integral min-

destens weitgehend zufrieden. Im Durchschnitt wird die Zusammenar-

beit zwischen Hausärzten und Kardiologen von 91 Prozent der Patien-

ten positiv beurteilt. Probleme gibt es offenkundig noch bei den Warte-

zeiten im Wartezimmer und der Terminvergabe.

19.5 Zusammenfassung und Beurteilung der Patientenbefragung

Die Qualität des Fragebogens kann aufgrund bestimmter Gütemaße als sehr gut beurteilt

werden. So lassen die jeweiligen bivariaten Korrelationen von inhaltlich korrespondierenden

Fragen erkennen, dass die Patienten die Fragen zum einen verständlich fanden und zum an-

deren konsistent beantwortet haben.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die befragten Patienten zu einem Großteil zu-

frieden mit ihrem Gesundheitszustand und zufriedener als vor der Einschreibung in CARDIO-

Integral sind. Dies spiegelt sich auch in dem hohen Prozentsatz wider, mit dem die Patienten

mit dem Modell zufrieden sind und das Modell weiterempfehlen würden (nur ca. 11 Prozent

der Versicherten würden das Programm eher nicht weiterempfehlen). Unterstrichen wird

dies dadurch, dass ein überwiegender Teil der Patienten meint, es fänden im Vergleich zu

früher mehr Gespräche zur Therapie und Behandlung statt. Auch hinsichtlich der Beurteilung

der Zusammenarbeit zwischen Haus- und Facharzt ergeben sich überwiegend positive Ein-

108

schätzungen. Aus Patientensicht waren sowohl der Haus- als auch der Facharzt durch ihren

jeweiligen Kollegen gut informiert, nur fünf Prozent der Patienten schätzen dies mit weniger

gut bis schlecht ein. Rund 90 Prozent sahen keine Probleme bei der Zusammenarbeit zwi-

schen den Ärzten bezüglich der Therapieumsetzung durch den Hausarzt, Doppeluntersu-

chungen bzw. widersprüchlicher Untersuchungsergebnisse.

Aus Patientensicht sind die Ziele von CARDIO-Integral erfüllt worden, sowohl die Versor-

gungsqualität als auch die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten sind aus ihrer Sicht im All-

gemeinen verbessert worden.

In einem abschließenden Freitextfeld konnten die Befragten noch einen Kommentar abge-

ben. Insgesamt haben knapp 29 Prozent der 387 Befragten von dieser Möglichkeit Gebrauch

gemacht und damit auch auf diese Weise ihr Interesse an CARDIO-Integral gezeigt. Von den

Befragten, die einen Kommentar geschrieben haben, waren ca. 35 Prozent positiver Natur

(39 Personen). Eine wiederkehrende Rolle spielte dabei die Beurteilung der behandelnden

Ärzte.

Ca. 53 Prozent derjenigen Versicherten, die das Kommentarfeld ausgefüllt haben, gaben

eher negative Meinungen ab. Relativ häufig wurde dabei die Wartezeit beim Arzt und die

Terminvergabe beim Kardiologen thematisiert. Einige Versicherte gaben an, noch nie einen

Kardiologen gesehen zu haben. 16 Versicherte (14 Prozent) sagen außerdem, dass sie noch

nie etwas von CARDIO-Integral gehört haben.

Die wichtigsten Ergebnisse der Patientenbefragung können wir abschließend wie folgt zu-

sammenfassen:

Ergebnis 15: Insgesamt zeigt die Patientenbefragung eine hohe Zufriedenheit der

Patienten mit CARDIO-Integral. So sind die Patienten im Durchschnitt

zufriedener mit ihrem Gesundheitszustand nach Einschreibung in CAR-

DIO-Integral und mit der Betreuung durch ihre Haus- und Fachärzte

zumindest weitestgehend zufrieden. Die Zufriedenheit mit den Hausärz-

ten ist dabei etwas stärker ausgeprägt.

20 Ergebnisse der Hausarztbefragung

20.1 Fragen zu Person, Teilnahme und Praxisausstattung

Im Vergleich zur ersten Evaluation wurden dieses Mal doppelt so viele Hausärzte ange-

schrieben. Von 400 befragten Hausärzten haben 152 geantwortet, dies entspricht einer

Rücklaufquote von 39 Prozent und liegt damit um einen Prozentpunkt über der Beteiligung

bei der ersten Befragung. Die Hausärzte, die geantwortet haben, sind im Durchschnitt seit

1996 in eigener Niederlassung tätig, dabei liegt die Spanne von 1985 bis 2009. Im Durch-

schnitt betreuen sie 1180 Patienten im Quartal. Hier reicht die Spannweite von 650 bis 2500.

Davon nehmen durchschnittlich 60 Patienten am CARDIO-Integral teil, die Angaben liegen

hier zwischen 10 und 250. Die Ärzte sind im Durchschnitt seit 2007 Teilnehmer des Pro-

gramms. Auf die Frage, in welchem Monat sie sich eingeschrieben haben, antwortet knapp

ein Drittel der Ärzte nicht. Über 90 Prozent der Hausärzte nehmen an mindestens einem

weiteren Modellprojekt teil (vgl. Abbildung 73). Davon sind durchschnittlich 3,2 Modelle der

AOK, wobei hier die Angaben zwischen 0 und 10 liegen. Bei der Befragung im Jahr 2008 wa-

ren es im Durchschnitt 2,7 AOK-Modelle, an denen die befragten Hausärzte beteiligt waren.

109

Abbildung 73: Hausärzte: Teilnahme an weiteren Modellen

Eine Teilnahmevoraussetzung, um an CARDIO-Integral teilzunehmen, besteht für die Haus-

ärzte in der Möglichkeit, 24h-Langzeitblutdruckmessungen durchzuführen und auszuwerten.

Deshalb wurden die Hausärzte auch gefragt, ob sie ein Langzeitblutdruckmessgerät besitzen.

Ein solches Gerät besitzen über 96 Prozent der Ärzte, was einer Steigerung zur ersten Befra-

gung von ungefähr einem Prozentpunkt entspricht. Nur 6 Ärzte geben an, kein solches Gerät

zu besitzen.

20.2 Motivation zur Teilnahme

Im folgenden Fragenblock wird nach der Motivation zur Teilnahme an CARDIO-Integral ge-

fragt. Motiviert hat gut 87 Prozent der Wunsch nach Verbesserung der ärztlichen Versorgung

(vgl. Abbildung 74), über 50 Prozent das Interesse an der Erprobung des Modells, gut 86 Pro-

zent die Kooperationsangebote von Kollegen, 79 Prozent der ökonomische Anreiz der Kran-

kenkasse, und etwa 40 Prozent die Sicherung des Patientenstammes. 18 Ärzte (12 Prozent)

geben zusätzlich andere Gründe an. Bei anderen Gründen werden eine bessere Terminver-

gabe, die Verminderung von unwirtschaftlicher Überversorgung und „auf Wunsch des Kar-

diologen“ genannt.

Abbildung 74: Hausärzte: Motivation zur Teilnahme

110

Die Antwortbereitschaft der Hausärzte lag bei diesen Fragen bei ca. 80 Prozent.

Ergebnis 16: Rund 87 Prozent der Hausärzte motiviert der Wunsch nach Verbesse-

rung der ärztlichen Versorgung, Kooperationsangebote von Kollegen

und der ökonomische Anreiz zur Teilnahme an CARDIO-Integral spielen

ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Teilnahmeentscheidung. Im Ver-

gleich zur ersten Befragung haben die Motive Verbesserung der Versor-

gung, Kooperationsmöglichkeiten und die Sicherung des Patienten-

stamms an Bedeutung gewonnen.

20.3 Zusammenarbeit der Ärzte

Im folgenden Abschnitt wird die Zusammenarbeit im Rahmen von CARDIO-Integral beurteilt.

Rund 95 Prozent der Hausärzte erhalten die Patientendaten immer bzw. meistens zeitnah,

nur sieben Hausärzte selten und keiner der befragten Hausärzte erhält die Daten nie zeitnah

(vgl. Abbildung 75). Die Daten sind bei fast 98 Prozent der Hausärzte immer bzw. meistens

vollständig, nur zwei Hausärzte erhalten selten vollständige Daten und ein Arzt gibt an, nie

vollständige Daten zu erhalten. Fast alle Hausärzte (rund 97 Prozent) geben an, vom Kardio-

logen immer bzw. meistens Therapieempfehlungen erhalten zu haben, nur fünf Hausärzte

erhalten diese selten und ein Hausarzt gibt an, nie Empfehlungen zu erhalten. Diese Fragen

wurden von fast allen Hausärzten beantwortet (98 Prozent).

Abbildung 75: Hausärzte: Zusammenarbeit mit Fachärzten

Die Qualität der Daten, die von anderen Vertragspartnern bezüglich der Befunde geliefert

werden, wird von den Hausärzten zu fast 99 Prozent mit ausgezeichnet bzw. gut bewertet,

nur ein Hausarzt hält sie für weniger gut und keiner für schlecht (Frage 20). Bezüglich der

Medikation bewerten 97 Prozent der Ärzte die Qualität mit ausgezeichnet bzw. gut (Frage

21). 3 Prozent der Ärzte halten die Qualität für weniger gut.

Etwa 97 Prozent der Hausärzte meinen, dass es selten bzw. nie zu Doppeluntersuchungen

aufgrund der Unvollständigkeit der übermittelten Daten kommt, nur zwei Ärzte sind der Auf-

fassung, dass dies meistens der Fall ist. Entsprechend meinen fast 99 Prozent der Ärzte, dass

es selten bzw. nie wegen Qualitätsmängeln zu Doppeluntersuchungen kommt, hier meint

nur ein Arzt, dass dies meistens der Fall ist. Die Korrelation zwischen diesen Fragen beträgt

0,61 und ist hochsignifikant.

96 Prozent der Hausärzte haben diese Fragen beantwortet.

111

Ergebnis 17: Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten wird von den beteiligten

Hausärzten durchschnittlich zu gut 97 Prozent eher positiv bewertet. Im

Durchschnitt sind die Hausärzte zu gut 99 Prozent mit der Qualität der

Daten zufrieden und durchschnittlich 98 Prozent geben an, dass es nie

bzw. selten zu Doppeluntersuchungen kommt.

20.4 Bewertung von CARDIO-Integral

Bei der Beurteilung des Nutzens von CARDIO-Integral stimmen ca. 69 Prozent der Aussage

zu, dass die Patienten schneller Termine beim Facharzt erhalten (vgl. Abbildung 76). Ca. 84

Prozent sind der Meinung, dass Doppeluntersuchungen verringert werden. Das sind unge-

fähr 5 Prozentpunkte mehr als bei der Erst-Evaluation. Dass Arzneimittel gezielter als bisher

verordnet werden, meinen fast 56 Prozent, was allerdings einem Rückgang gegenüber 2008

von ungefähr 5 Prozentpunkten entspricht. Gut 78 Prozent sind der Ansicht, dass sich die

patientenorientierte Zusammenarbeit zwischen den Ärzten verbessert. Auch dieser Wert hat

sich gegenüber der Erst-Befragung leicht erhöht. Der Aussage „Patienten werden gezielter in

Disease Management Programme eingeschrieben“ stimmen rund 76 Prozent zu. Dagegen

findet die Aussage „Die Zahl der notfallmäßigen Krankenhauseinweisungen wird reduziert“

nur bei knapp 56 Prozent Zustimmung. Etwa 60 Prozent geben an, dass sich die Erreichbar-

keit der mit ihnen zusammenarbeitenden Kardiologen verbessert hat. Dieser Aussage stimm-

ten im Jahr 2008 noch 69 Prozent der Hausärzte zu.

Dieser Fragenkomplex wurde von durchschnittlich 98 Prozent der Befragten beantwortet.

Abbildung 76: Hausarzt: Wirkung von CARDIO-Integral

Der Nutzen von CARDIO-Integral bezüglich der verbesserten Möglichkeiten zur Versorgung

der Patienten wird von knapp 13 Prozent mit ausgezeichnet, bzw. von etwa 64 Prozent mit

gut beurteilt. 23 Prozent beurteilen den Nutzen von CARDIO-Integral in dieser Hinsicht mit

weniger gut oder mit schlecht (vgl. Abbildung 76). Der Nutzen für den Gesundheitszustand

der Patienten wird ähnlich bewertet und zwar von 10 Prozent mit ausgezeichnet bzw. von

fast 70 Prozent mit gut und von knapp 17 Prozent mit weniger gut bzw. fast 4 Prozent mit

schlecht. Allgemein werden Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral von fast 10 Prozent

der Ärzte als ausgezeichnet, von gut 63 Prozent als gut, von ca. 23 Prozent als weniger gut

und von fast 4 Prozent als schlecht bezeichnet.

112

Abbildung 77: Hausärzte: Nutzen von CARDIO-Integral

Die Einschätzungen der Hausärzte bezüglich dieser Fragen sind im Allgemeinen gut mit den

Einschätzungen bei der Erst-Evaluation vergleichbar. Allerdings gibt es auch Unterschiede. So

sind auf der einen Seite die ausgezeichneten Bewertungen gestiegen, auf der anderen Seite

gibt es aber 2011 auch deutlich mehr Ärzte, die den Nutzen von CARDIO-Integral mit weni-

ger gut bewerten.

Auch diese Fragen wurden von fast allen Hausärzten beantwortet (99 Prozent).

Ergebnis 18: Die Hausärzte bewerten Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral all-

gemein zu 73 Prozent positiv. Der Nutzen bezüglich der verbesserten

Möglichkeiten zur Versorgung und für den Gesundheitszustand der Pa-

tienten wird sogar zu gut 77 bzw. 80 Prozent positiv bewertet.

Erneut an dem Programm teilnehmen würden 84 Prozent der Ärzte. Ohne Vergütung des

zusätzlichen Arbeitsaufwandes würden nur noch knapp 20 Prozent teilnehmen. Diese Fragen

beantworteten rund 98 Prozent der befragten Hausärzte.

Am Ende des Fragebogens hatten die Hausärzte noch die Gelegenheit in einem Textfeld ei-

nen Kommentar zu schreiben. Knapp 29 Prozent der Hausärzte, die sich an der Befragung

beteiligt hatten, haben von dieser Gelegenheit Gebrauch gemacht. Die Kommentare sind

sehr vielfältig. Gut 36 Prozent von denjenigen, die das Kommentarfeld ausgefüllt haben,

mahnen einen Abbau von bürokratischen Regelungen im Zusammenhang mit CARDIO-

Integral an. 25 Prozent der Hausärzte betonen in ihren Kommentaren, dass sie sich auch oh-

ne CARDIO-Integral nicht anders verhalten würden. Knapp 10 Prozent äußerten sich in ihren

Kommentaren positiv zu CARDIO-Integral.

Die wichtigsten Ergebnisse der Hausarztbefragung sind wiederum im folgenden Ergebnis

zusammengefasst.

Ergebnis 19: Die Hausärzte beurteilen CARDIO-Integral überwiegend positiv. 73 Pro-

zent schätzen Qualität und Nutzen des Modells mindestens gut ein. Un-

gefähr zwei Drittel der Hausärzte meinen, dass sich durch das Modell

die Zusammenarbeit mit dem Facharzt verbessert hat, einem wesentli-

chen Ziel von CARDIO-Integral. Sogar drei Viertel der Hausärzte sind der

Meinung, dass sich durch das Modell die Verknüpfung mit DMP verbes-

sert hat. Rund 77 Prozent der Ärzte sehen die Möglichkeiten zur Ver-

sorgung und 80 Prozent den Gesundheitszustand der Patienten durch

das Programm verbessert. Abgerundet wird diese positive Einschätzung

dadurch, dass 84 Prozent erneut an dem Programm teilnehmen wür-

den.

113

21 Ergebnisse der Facharztbefragung

21.1 Fragen zur Person, Teilnahme und Patientenzahl

Von den 92 befragten Fachärzten haben 43 geantwortet. Dies entspricht einer Rücklaufquo-

te von gut 47 Prozent. Die Fachärzte sind im Durchschnitt seit 1999 in eigener Niederlassung

tätig, dabei liegt die Spanne zwischen 1991 und 2010. Im Durchschnitt betreuen sie 1340

Patienten im Quartal. Hier reicht die Spannweite von 700 bis 3500. Davon nehmen durch-

schnittlich 230 Patienten an CARDIO-Integral teil. Die Ärzte sind im Durchschnitt seit 2007

Teilnehmer des Programms. Etwa zwei Drittel der Fachärzte nehmen an mindestens einem

weiteren Modell teil (vgl. Abbildung 78). Davon sind durchschnittlich etwa 1,7 Modelle der

AOK, wobei hier die Angaben zwischen 0 und 9 liegen.

Abbildung 78: Fachärzte: Teilnahme an weiteren Modellen

21.2 Motivation zur Teilnahme

Die Motivation der Fachärzte zur Teilnahme an CARDIO-Integral begründen knapp 77 Pro-

zent mit dem Wunsch nach Verbesserung der ärztlichen Versorgung, gut 56 Prozent haben

Interesse an der Erprobung des Modells, gut 48 Prozent motivieren die Kooperationsangebo-

te von Kollegen, rund 95 Prozent nehmen wegen der ökonomischen Anreize der Krankenkas-

se teil und etwa 26 Prozent, um ihren Patientenstamm zu sichern (vgl. Abbildung 79). Auffal-

lend ist im Vergleich zur Erst-Evaluation, dass die inhaltlichen Ziele des Vertrags (Verbesse-

rung der Versorgung, Kooperation) etwas an Bedeutung verloren haben, während ökonomi-

sche Motive im Jahr 2011 stärker ins Blickfeld treten.

Von den beteiligten Fachärzten haben im Durchschnitt rund 75 Prozent diese Fragen beant-

wortet.

114

Abbildung 79: Fachärzte: Motivation zur Teilnahme

Ergebnis 20: Die Fachärzte sehen sich vor allem durch den Wunsch nach verbesser-

ter ärztlicher Versorgung und durch den ökonomischen Anreiz zur Teil-

nahme motiviert.

21.3 Zusammenarbeit der Ärzte

Der folgende Fragenblock beschäftigt sich mit der Zusammenarbeit der Ärzte. Über 96 Pro-

zent der Fachärzte erhalten die Patientendaten immer bzw. meistens zeitnah (vgl. Abbildung

80). Im Vergleich zur Befragung 2008 liegt dieser Wert damit deutlich – um 11 Prozentpunk-

te – höher. Rund 40 Prozent erhalten immer vollständige Daten, fast 53 Prozent meistens.

Auch diese Einschätzung ist deutlich besser als bei der Erst-Evaluation. 2008 gaben nur 61

Prozent an, die Patientendaten mindestens meistens vollständig erhalten zu haben (2011

waren es fast 93 Prozent). Therapieempfehlungen des Hausarztes erhalten die Fachärzte in

gut 42 Prozent der Fälle immer, knapp 40 Prozent der Ärzte erhalten diese meistens und

etwa 18 Prozent selten. Auch diese Frage wird von den Fachärzten damit deutlich besser als

noch 2008 beantwortet. Damals gab es bspw. keinen einzigen Arzt, der immer eine Thera-

pieempfehlung erhalten hatte.

Knapp 89 Prozent der beteiligten Fachärzte beantworteten diesen Fragenkomplex.

Abbildung 80: Fachärzte: Zusammenarbeit mit Hausärzten

115

Die Qualität der Daten bezüglich der Befunde beurteilen über 80 Prozent positiv. Bezüglich

der Medikation bewerten mehr als 82 Prozent die Qualität positiv. Damit hat sich gegenüber

2008 die Qualität der Befunde deutlich verbessert. Damals beurteilten die beteiligten Fach-

ärzte die Qualität der Befunde im Durchschnitt nur zu 65 Prozent positiv. Der Korrelations-

koeffizient zwischen den zwei Fragen ist mit 0,8 hochsignifikant. Diese beiden Fragen wur-

den von knapp 80 Prozent der Fachärzte beantwortet.

Fast 96 Prozent meinen, dass es selten bzw. nie zu Doppeluntersuchungen aufgrund der Un-

vollständigkeit der übermittelten Daten kommt. Ebenfalls etwa 96 Prozent meinen, dass es

selten bzw. nie wegen Qualitätsmängeln zu Doppeluntersuchungen kommt. Die Korrelation

zwischen diesen Fragen beträgt 0,59 und ist ebenfalls hochsignifikant, wobei im Durchschnitt

gut 84 Prozent der befragten Fachärzte diese beiden Fragen beantwortet haben.

Ergebnis 21: Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten wird durchschnittlich zu rund

90 Prozent eher positiv bewertet. 80 Prozent der Fachärzte sind mit der

Qualität der Daten zufrieden. Die Einschätzung der Zusammenarbeit

durch die Fachärzte ist damit deutlich gegenüber dem Jahr 2008 gestie-

gen.

21.4 Bewertung von CARDIO-Integral

Für die Beurteilung des Nutzens von CARDIO-Integral sollen zunächst einige Aussagen beur-

teilt werden. Rund 76 Prozent der Fachärzte meinen, dass die Patienten schneller Termine

beim Facharzt erhalten, gut 80 Prozent sind der Ansicht, dass Doppeluntersuchungen verrin-

gert werden (vgl. Abbildung 81). Der Aussage, dass Arzneimittel gezielter als bisher verord-

net werden, stimmen etwa 72 Prozent zu und der Aussage, dass sich die patientenorientierte

Zusammenarbeit zwischen den Ärzten verbessert, stimmen knapp 81 Prozent zu. Dass Pati-

enten gezielter in Disease Management Programme eingeschrieben werden, meinen rund

zwei Drittel der Ärzte. Etwa 78 Prozent denken, dass die Zahl der notfallmäßigen Kranken-

hauseinweisungen reduziert wird und ca. 72 Prozent geben an, dass sich die Erreichbarkeit

der Hausärzte verbessert hat.

Auch dieser Fragenkomplex wurde von durchschnittlich 84 Prozent der beteiligten Fachärzte

beantwortet.

Abbildung 81: Fachärzte: Wirkung von CARDIO-Integral

116

Insgesamt hat sich die Einschätzung der Wirkung von CARDIO-Integral durch die Fachärzte in

den letzten Jahren deutlich verbessert. In allen betrachteten Kategorien hat die Zustimmung

zu den Aussagen zugenommen (vgl. wieder Abbildung 82). Im Durchschnitt stieg die Zu-

stimmung um 10 Prozentpunkte.

Die Beurteilung des Nutzens von CARDIO-Integral bezüglich der verbesserten Möglichkeiten

zur Versorgung der Patienten wird von über 81 Prozent der Fachärzte positiv, von gut 11

Prozent mit weniger gut und von acht Prozent mit schlecht bewertet (vgl. Abbildung 82).

Bezüglich des Gesundheitszustandes der Patienten bewerten die Ärzte den Nutzen insge-

samt zu fast 79 Prozent mit ausgezeichnet bzw. gut, zu etwa 16 Prozent mit weniger gut und

fünf Prozent der Ärzte bewerten dies mit schlecht. Über die Qualität und den Nutzen allge-

mein urteilen die Ärzte zu etwa 76 Prozent mit ausgezeichnet bzw. gut, zu 16 Prozent mit

weniger gut und zu gut 8 Prozent mit schlecht.

Die Fragen zum Nutzen von CARDIO-Integral wurde von gut 86 Prozent der beteiligten Fach-

ärzte beantwortet.

Abbildung 82: Fachärzte: Nutzen von CARDIO-Integral

Damit hat sich auch hinsichtlich der Beurteilung des Nutzens von CARDIO-Integral im Ver-

gleich zur Befragung im Jahr 2008 eine deutliche Verbesserung der Einschätzung durch die

Fachärzte ergeben.

Ergebnis 22: Die Fachärzte bewerten Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral all-

gemein zu etwa 76 Prozent positiv. Der Nutzen bezüglich der verbesser-

ten Möglichkeiten zur Versorgung und für den Gesundheitszustand der

Patienten wird von 81 bzw. 79 Prozent positiv bewertet. In Verbindung

mit einer deutlich verbesserten Einschätzung der Wirkung von CARDIO-

Integral zeigt sich insgesamt eine bessere durchschnittliche Bewertung

von CARDIO-Integral im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 2008.

Erneut an dem Programm teilnehmen würden gut 86 Prozent. Würde der zusätzliche Ar-

beitsaufwand nicht zumindest anteilsweise vergütet, nähmen nur gut 16 Prozent an dem

Programm wieder teil, wobei wiederum gut 86 Prozent der beteiligten Fachärzte diese Fra-

gen beantwortet haben.

22 Vergleich der Hausarzt- und der Facharztbefragung Haus- und Fachärzte sind allgemein mit dem Modell des CARDIO-Integral zufrieden. In eini-

gen Punkten sind jedoch deutliche Unterschiede in der Beurteilung zu erkennen. Im Ver-

gleich werden daher einzelne Fragen bzw. Fragenblöcke graphisch dargestellt.

117

22.1 Motivation zur Teilnahme

Bei der Motivation zur Teilnahme ist der größte Unterschied zwischen den beiden Arztgrup-

pen bei der Frage nach den Kooperationsangeboten von Kollegen zu sehen. Während dieser

Punkt bei den Hausärzten mit über 80 Prozent mit der wichtigste Grund für eine Teilnahme

an CARDIO-Integral ist, nennen die Fachärzte die verbesserten Kooperationsmöglichkeiten

nur in knapp 50 Prozent der Fälle als einen Grund für ihre Teilnahme (vgl. Abbildung 83). Die

Sicherung des Patientenstammes ist für die Hausärzte ebenfalls im Vergleich zu den Fachärz-

ten besonders wichtig. Interesse an der Erprobung des Modells und die ökonomischen An-

reize spielen dagegen bei den Fachärzten eine größere Rolle als bei den Hausärzten.

Abbildung 83: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Motivation zur Teilnahme

22.2 Zusammenarbeit der Ärzte

Die Vollständigkeit der Patientendaten beurteilen die Hausärzte insgesamt positiver als die

Fachärzte. Während über 55 Prozent der Hausärzte die Patientendaten immer vollständig

erhalten, sind bei den Fachärzten nur 40 Prozent dieser Meinung (vgl. Abbildung 84). Aller-

dings erhalten auch die Fachärzte in großer Mehrzahl die Patientendaten zumindest meis-

tens vollständig. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass sich

die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten bezüglich dieses Punktes seit 2008 in der Einschät-

zung der Ärzte stark verbessert hat.

118

Abbildung 84: Vergleich Haus- und Fachärzte: Vollständigkeit der Patientendaten

Auch die Qualität der übermittelten Daten wird von Haus- und Fachärzten unterschiedlich

bewertet. Während nur gut 20 Prozent der Fachärzte die Qualität der überlieferten Daten

bezüglich der Befunde ausgezeichnet finden, sind dies bei den Hausärzten rund 47 Prozent

(vgl. Abbildung 85). Weniger gut oder schlecht finden die Daten ca. 17 Prozent der Fachärz-

te, aber nur etwas mehr als 3 Prozent der Hausärzte. Die Qualität der Daten bezüglich der

Medikation wird ähnlich unterschiedlich bewertet.

Abbildung 85: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Qualität der Patientendaten

Ergebnis 23: Die Vollständigkeit und Qualität der übermittelten Daten wird von den

Hausärzten deutlich positiver eingeschätzt als von den Fachärzten.

119

22.3 Bewertung von CARDIO-Integral

Der Nutzen von CARDIO-Integral wird in den meisten Teilfragen von den Fachärzten besser

bewertet als von den Hausärzten (vgl. Abbildung 86). Bei der ersten Befragung im Jahr 2008

war die Bewertung dieser Fragen im Durchschnitt noch bei den Hausärzten besser.

Abbildung 86: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Nutzen von CARDIO-Integral

Insbesondere bei der besseren Erreichbarkeit der anderen beteiligten Ärzte zeigen sich

enorme Unterschiede zu 2008. Damals gaben noch 80 Prozent der Hausärzte an, dass der

Nutzen von CARDIO-Integral in einer besseren Erreichbarkeit der anderen Ärzte liege. Im

Jahr 2011 sind nur noch 60 Prozent der Hausärzte dieser Meinung. Bei den Fachärzten waren

hingegen 2008 nur 58 Prozent der Meinung, dass der Nutzen vornehmlich in einer besseren

Erreichbarkeit der anderen Ärzte bestehe, im Jahr 2011 stieg dieser Anteil auf über 70 Pro-

zent.

Die Hausärzte beurteilen Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral allgemein zu 10 Prozent

mit ausgezeichnet und zu gut 63 Prozent mit gut (vgl. Abbildung 87). Die Fachärzte bewerten

dies zu 21 Prozent mit ausgezeichnet und zu rund 55 Prozent mit gut. Gegenüber 2008 hat

sich auch bei dieser Frage die Einschätzung der Fachärzte relativ zu den Hausärzten stark

verbessert.

120

Abbildung 87: Vergleich von Haus- und Fachärzten: Qualität und Nutzen von CARDIO-Integral im Allgemeinen

Sowohl Haus- als auch Fachärzte wären zu einem hohen Anteil bereit, sich erneut in das Mo-

dell CARDIO-Integral einzuschreiben (84 Prozent bei den Haus- und 86 Prozent bei den Fach-

ärzten). Allerdings wäre die Bereitschaft der Teilnahme ohne Vergütung erheblich geringer.

Bei den Fachärzten liegt diese mit knapp 16 Prozent unter den gut 20 Prozent der Hausärzte.

Ergebnis 24: Insgesamt sehen die Fachärzte das Modell CARDIO-Integral im Jahr

2011 positiver als die Hausärzte. Vor allem die Zusammenarbeit mit an-

deren Ärzten hat sich aus Sicht der Fachärzte stärker verbessert als aus

Sicht der Hausärzte.

23 Zusammenfassung Befragung Um den Erfolg von CARDIO-Integral beurteilen zu können, wird unter anderem eine Befra-

gung sowohl der Leistungsempfänger als auch der Leistungserbringer durchgeführt. Die Be-

fragung der Patienten und der Ärzte erfolgt freiwillig, anonym und schriftlich. Von den 800

versendeten Fragebögen an Patienten stehen 387 zur Auswertung zur Verfügung, bei den

Hausärzten sind es von 400 versendeten Fragebögen 156 und bei den Fachärzten sind es von

92 Fragebögen 39.

Ergebnisse Patientenbefragung

Die Patienten beurteilen sowohl ihren Gesundheitszustand als auch das Modell CARDIO-

Integral und dessen Nutzen als überwiegend positiv. Die Patienten sind zu 85 Prozent mit

ihrem Gesundheitszustand weitestgehend zufrieden. 64 Prozent sind zufriedener als vor der

Teilnahme an CARDIO-Integral. Das sind fast 16 Prozent weniger als noch im Jahr 2008. Fast

97 Prozent sind mit ihrem Hausarzt und fast 94 Prozent mit ihrem Facharzt zumindest weit-

gehend zufrieden. Die allgemeine Beurteilung von CARDIO-Integral ergibt, dass rund 87 Pro-

zent der Patienten mit dem Modell mindestens weitgehend zufrieden sind. Dieser Wert ist

etwas schlechter als bei der Befragung im Jahr 2008 (3 Prozentpunkte)

121

Ergebnisse Hausarztbefragung

Die Hausärzte beurteilen CARDIO-Integral und die sich daraus ergebende Zusammenarbeit

mit den Kardiologen bzw. die Verbesserungen für die Patienten überwiegend positiv. Die

Zusammenarbeit mit anderen Ärzten wird zu gut 95 Prozent eher positiv bewertet und etwa

60 Prozent meinen, dass sich die Zusammenarbeit mit den Kardiologen verbessert hat. So-

wohl mit der Vollständigkeit als auch der Qualität der Daten sind die Hausärzte zufrieden (95

und 98 Prozent). Knapp 80 Prozent der Ärzte sehen sowohl die Möglichkeiten zur Versor-

gung als auch den Gesundheitszustand der Patienten durch das Programm verbessert. An

CARDIO-Integral würden 84 Prozent der Hausärzte erneut teilnehmen.

Ergebnisse Facharztbefragung

Auch aus Sicht der Fachärzte wird CARDIO-Integral überwiegend positiv beurteilt. Die Zu-

sammenarbeit mit anderen Ärzten wird durchschnittlich zu rund 73 Prozent eher positiv be-

wertet. Über 80 Prozent der Fachärzte sind mit der Qualität der Daten zufrieden. Der Nutzen

bezüglich der verbesserten Möglichkeiten zur Versorgung und für den Gesundheitszustand

der Patienten wird von 81 bzw. 80 Prozent positiv bewertet. Erneut am Programm teilneh-

men würden gut 86 Prozent.

Vergleich zwischen Hausarzt- und Facharztbefragung

Die Fachärzte beurteilen das Modell CARDIO-Integral insgesamt positiver als die Hausärzte.

Bei der ersten Befragung gab es hingegen eine bessere Bewertung durch die Hausärzte. Die-

ser „Umschwung“ kann zum Teil damit erklärt werden, dass zum Befragungszeitpunkt im

Juni 2011 noch die Vergütung der Hausärzte für das Jahr 2010 ausstand. Dieser Umstand

könnte die Stimmung der Hausärzte etwas eingetrübt haben.

122

24 Fazit und Ausblick Die vorliegende Untersuchung ist die zweite umfangreiche Evaluation des Integrierten Ver-

sorgungsprogramms CARDIO-Integral der AOK PLUS durch das Gesundheitsökonomische

Zentrum (GÖZ) der TU Dresden. Im Jahr 2009 wurde durch das GÖZ bereits auch die erste

Evaluation durchgeführt. Aus den Erkenntnissen dieser beiden Evaluationen lassen sich ver-

schiedene Schlussfolgerungen ziehen und weitere Forschungsbedarfe ableiten, die dann in

separaten Untersuchungen – oder in einer neuen Evaluation – analysiert werden sollten.

Im ersten Teil der Evaluation (Evaluation A) wurden die Kosten der Teilnehmer an CARDIO-

Integral, die schon bei der ersten Evaluation betrachtet worden sind, bis zum zweiten Quar-

tal 2010 analysiert. Obwohl für diese Untersuchung keine Vergleichsgruppe zur Verfügung

stand, sind die Ergebnisse interessant. Denn es ist die erste Evaluation, bei der über einen

längeren Zeitraum die Kosten von Teilnehmern an CARDIO-Integral betrachtet werden konn-

ten. Da diese Versicherten bereits Ende 2005 oder Anfang 2006 in das IV-Programm einge-

schrieben worden sind, spielen Einschreibeeffekte, wie bspw. höhere ambulante Kosten auf

Grund von zusätzlichen Untersuchungen im Zuge der Einschreibung, höhere stationäre Kos-

ten wegen eines der Einschreibung vorausgehenden Akutereignisses oder höhere Medika-

mentenkosten auf Grund der Umstellung der medikamentösen Behandlung hier keine Rolle.

Bei einem insgesamt steigenden Kostenverlauf konnten wichtige Ergebnisse der ersten Eva-

luation bestätigt werden. So waren bei der ersten Evaluation insbesondere Einspareffekte im

stationären Bereich nachweisbar. Bei einzelnen Diagnosegruppen, die mit Herzerkrankungen

verbunden sind, konnte bei der zweiten Evaluation dieses Ergebnis bestätigt werden. Dar-

über hinaus zeigte sich, dass die richtige Medikamenteneinstellung offenbar erst mittelfristig

wirkt. Während bei den Medikamentenkosten in der ersten Evaluation keine Einsparungen

zu sehen waren, zeigte die Fortsetzung der Evaluation im weiteren Verlauf (bis zweites Quar-

tal 2010) signifikant sinkende Medikamentenkosten. In einer neuen Evaluation sollte deshalb

diese Gruppe von Versicherten im Zeitverlauf weiter verfolgt werden, um weitere mittel- bis

langfristige Effekte der CARDIO-Integral-Teilnahme analysieren zu können. Eventuell sollte

überlegt werden, in einer neuen Untersuchung wieder eine Kontrollgruppe zu berücksichti-

gen.

Im zweiten Teil der Evaluation (Evaluation B) wurde eine neue „Interventionsgruppe“ im

Vergleich zu einer morbiditätsadjustierten Kontrollgruppe untersucht. Die Morbidität wurde

dabei durch Diagnoseinformationen aus dem zweiten Halbjahr 2007 entsprechend der Ein-

schreibekriterien für CARDIO-Integral abgebildet. Weitere berücksichtigte Informationen, die

zur Kontrollgruppenbildung herangezogen worden sind, waren Alter, Geschlecht, Pflegesta-

tus und die Information zur Teilnahme am DMP KHK. Es wurden nur solche Versicherte in die

Kontrollgruppe aufgenommen, die entsprechend dieser Informationen im zweiten Halbjahr

2007 möglichst ähnlich zu den Versicherten der Interventionsgruppe waren. Während die

Teilnehmer der Interventionsgruppe dann im ersten Halbjahr 2008 in CARDIO-Integral einge-

schrieben wurden, verblieben die Versicherten der Kontrollgruppe in der Regelversorgung.

Von besonderem Interesse bei der Analyse war der Zusammenhang zwischen der Beteiligung

am DMP KHK und der Teilnahme an CARDIO-Integral. Zum Zeitpunkt der Einschreibung der

Versicherten in CARDIO-Integral waren etwas über 20 Prozent in das DMP-Programm KHK

eingeschrieben – genauso viele wie in der Kontrollgruppe. Während die DMP-KHK-

Beteiligung bis zum zweiten Quartal 2010 in der Kontrollgruppe nur unwesentlich anstieg,

nahm dieser Anteil in der CARDIO-Integral-Gruppe kontinuierlich zu (bis auf 40 Prozent im

zweiten Quartal 2010). Trotz dieser Verdopplung der Teilnahmequote in der CARDIO-

123

Integral-Gruppe sind damit 60 Prozent dieser Gruppe nicht im DMP-KHK eingeschrieben.

Daher sollte der Einschreibung ins DMP KHK verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Auch in dieser Evaluation konnten teilweise signifikante Einspareffekte herausgearbeitet

werden. Diese betreffen in erster Linie die stationäre Versorgung von Herzerkrankungen.

Dabei stellte sich heraus, dass insbesondere die relative Abnahme der Krankenhausinan-

spruchnahme (im Vergleich zur Kontrollgruppe) zu diesem Ergebnis beitrug. Eine Prognose

von Einspareffekten zeigte schließlich, dass die CARDIO-Integral-Teilnehmer mittelfristig Kos-

teneinsparungen generieren können. Je nach Annahme für die Prognoserechnung wird hier-

für ein Zeitraum von 4,5 bis 6 Jahren ermittelt. Entscheidend für dieses Ergebnis ist der Um-

stand, dass im Quartal der Einschreibung die CARDIO-Integral-Teilnehmer im Durchschnitt

deutlich mehr Kosten verursachen als Versicherte in der Kontrollgruppe. Dieser Sachverhalt

konnte innerhalb dieser Evaluation nicht abschließend geklärt werden.

Daher ergibt sich auch weiterer Analysebedarf. Hierzu zählen weitere Fallzahlanalysen bei

der invasiven Leistungserstellung und Analysen des Dringlichkeitsmoduls, welches seit dem

zweiten Quartal 2008 Bestandteil von CARDIO-Integral ist. Darüber hinaus ist zu überlegen,

ob man die sehr gute Datenlage (bereits definierte IV- und Kontrollgruppe) nutzt, um in zwei

bis drei Jahren eine weitere Evaluation durchzuführen. Zusätzlich könnte noch eine dritte

unabhängige Kontrollgruppe generiert werden, die sich auf Grund der räumlichen Verteilung

des Modells ergibt (Sachsen vs. Thüringen).Weiterer Forschungsbedarf besteht ferner in ei-

ner umfassenderen Analyse der Einhaltung von Leitlinien (z. B. Abgabe von ACE-Hemmern /

AT1-Antagonisten sowie Betablockern bei Herzinsuffizienz). Erste Ergebnisse konnte die Eva-

luation auch für diese Fragestellungen liefern. Allerdings waren diese Ergebnisse auf Grund

des gewählten Studiendesigns (Betrachtung einer einzelnen Einschreibe-Kohorte vs. Kon-

trollgruppe) nicht belastbar genug, um eindeutige Aussagen ableiten zu können.

Schließlich kann bei einer zukünftigen Evaluation auch der Frage nachgegangen werden,

welchen Einfluss die Teilnahme der Leistungserbringer an CARDIO-Integral auf die Behand-

lung von Patienten der Regelversorgung dieser Ärzte hat. Erste Ergebnisse hinsichtlich inva-

siver Eingriffe zeigten, dass Versicherte der Regelversorgung von CARDIO-Integral-

Leistungserbringern kostengünstiger versorgt werden als von Ärzten, die nicht an CARDIO-

Integral teilnehmen.

124

Anhang Ermittlung der konkreten Schätzgleichung für den DID-Ansatz in der Evaluation B:

Mit der Dummyvariablen IV sind prinzipiell die Versicherten der IV-Gruppe gekennzeichnet –

unabhängig vom Zeitpunkt, d.h.

1, =tiIV wenn Versicherter i IV-Teilnehmer, t∧ .

Mit der Dummyvariablen CI wird hingegen der IV-Teilnehmer gekennzeichnet, ab dem Zeit-

punkt, ab dem er im CARDIO-Integral eingeschrieben ist.

1, =tiCI wenn Versicherter i IV-Teilnehmer und in CARDIO-Integral eingeschrieben ist

Gemeinsam mit Dummyvariablen Q für die einzelnen Quartale und weiteren erklärenden

Variablen, die wir in einem Vektor Z zusammenfassen, lässt sich die DiD-Schätzgleichung für

eine Ergebnisvariable y und eine Beobachtungszeit von 3 Quartalen ( 2,1,0=t ) wie folgt auf-

schreiben:

titi

tititititititititi

Z

QCIQCICIIVQQy

,,7

,,6,,5,4,3,2,10,

'

2121

εαααααααα

+++++++++=

(1)

mit:

11 , =tiQ wenn 1=t , sonst 0,

12 , =tiQ wenn 2=t , sonst 0

und dem Störtermε , in dem weitere nichtbeobachtbare Faktoren zusammengefasst sind,

für die bestimmte statistische Eigenschaften gelten, die an dieser Stelle nicht weiter berück-

sichtigt werden.

Hinsichtlich der Beteiligung am CARDIO-Integral-Programm nehmen wir an, dass alle Versi-

cherten der IV-Gruppe ab dem Quartal Q2 in CARDIO-Integral eingeschrieben sind, einige

allerdings auch schon im Quartal Q1 in das Programm wechseln.

Im Folgenden soll gezeigt werden, dass mit Hilfe der Koeffizienten der Variablen CI und Q2

genau unser DiD-Schätzer berechnet werden kann, wie wir ihn im Abschnitt 10.3 hergeleitet

hatten. Konkret heißt das, dass eine Linearkombination aus beiden Koeffizienten genau un-

seren DiD-Schätzer darstellt:

( ) ( ) 640022 αα +=−−−= KIVKIV yyyyDID , (2)

wobei IVty und K

ty die jeweiligen Mittelwerte in der IV-Gruppe (IV) und der Kontrollgruppe

(K) zu den Zeitpunkten 0=t und 2=t darstellen.

Um dies zu zeigen bilden wir die entsprechenden Erwartungswerte über (1). Zunächst für die

Zeitperiode 2:

( ) 64322 2,1,1| αααα +++===== tCIIVyEy IV (3)

( ) 22 2,0,0| α===== tCIIVyEyK (4)

Die Differenz beider Erwartungswerte ergibt die beobachtbare Kostendifferenz zwischen IV-

und Kontrollgruppe in Periode 2 wieder.

64322 ααα ++=− KIV yy (5)

125

Die gleiche Prozedur wird nun auch für den Zeitpunkt 0 durchgeführt:

( ) 300 0,0,1| αα +===== tCIIVyEy IV (6)

( ) 00 0,0,0| α===== tCIIVyEyK (7)

Damit erhalten wir als Ergebnisdifferenz zum Zeitpunkt 0:

322 α=− KIV yy . (8)

So dass wir für die Differenz zwischen unseren Ergebnissen zum Zeitpunkt 0 und zum Zeit-

punkt 2 schließlich folgenden Ausdruck erhalten:

( ) ( ) 640022 αα +=−−− KIVKIV yyyy (9)

Damit ist gezeigt, dass die Koeffizienten 4α und 6α genau den DiD-Schätzer bilden.

126

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