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Mensch Allgemein Biblisches Menschenbild Altes Testament Neues Testament Antike Menschenbilder Philosophische Anthropologien Theologische Anthropologie Reformation Moderne Herausforderungen Willkommen auf der Themenseite Christliches Menschenbild“. Hier geht es um das Menschsein in christlicher Perspektive ("Beziehung von Mensch und Gott"). Dass der Mensch sein Leben nicht sich selbst, sondern Gott verdankt, gehört zu den zentralen Aussagen des christlichen Glaubens. Die theologische Anthropologie (theologische Lehre vom Menschen) bietet eine alternative Sicht zu den heute gängigen naturwissenschaftlichen, soziologi- schen, philosophischen oder ökonomischen Anthropologien unter Aufnahme der biblischen und philosophischen Traditionen. Die Themenseite wird gestaltet und betreut von Dr. Markus Sasse, Pfarrer im Schuldienst und regionaler Fach- berater für Evangelische Religionslehre an Gymnasien (Bezirk Pfalz). Lehrplanthema Mensch (11.1) - Evan- gelische Religion Konkretionen: (1) Wer bin ich? (Sinnsuche) (2) Geschöpf und Ebenbild Gottes (3) Sünder und Gerechtfertigter (4) Menschenbilder im Dialog (5) Freiheit und Verantwortung Dr. Markus Sasse, RFB In einem solchen Rahmen finden Sie auf den meisten Seiten Literaturhinweise und seriöse Internetadressen. Direkt ver- linkt, ohne ausgeschriebene Adresse oder Beschreibung der Seite wird grundsätzlich nur auf eigene Seiten sowie auf den Bibeltext auf der Homepage der Deutschen Bibelgesellschaft. Auswahlkriterien sind dabei Verfügbarkeit, Verständlichkeit und Aktualität. Bei besonders wichtigen fachwissenschaftli- chen Beiträgen kann es sein, dass auch fremdsprachige Titel aufgenommen werden Die meisten deutschsprachigen Bücher und Zeitschriften sind ausleihbar bei der Bibliothek und Medienzentrale der Evan- gelischen Kirche der Pfalz unter http://www.kirchenbibliothek.de/

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Mensch

Allgemein

Biblisches Menschenbild

Altes Testament

Neues Testament

Antike Menschenbilder

Philosophische Anthropologien

Theologische Anthropologie

Reformation

Moderne

Herausforderungen

Willkommen auf der Themenseite „Christliches Menschenbild“.

Hier geht es um das Menschsein in christlicher Perspektive ("Beziehung von Mensch und Gott").

Dass der Mensch sein Leben nicht sich selbst, sondern Gott verdankt, gehört zu den zentralen

Aussagen des christlichen Glaubens. Die theologische Anthropologie (theologische Lehre vom

Menschen) bietet eine alternative Sicht zu den heute gängigen naturwissenschaftlichen, soziologi-

schen, philosophischen oder ökonomischen Anthropologien unter Aufnahme der biblischen und

philosophischen Traditionen.

Die Themenseite wird gestaltet und betreut von Dr. Markus Sasse, Pfarrer im Schuldienst und regionaler Fach-berater für Evangelische Religionslehre an Gymnasien (Bezirk Pfalz).

Lehrplanthema Mensch (11.1) - Evan-gelische Religion

Konkretionen:

(1) Wer bin ich? (Sinnsuche)

(2) Geschöpf und Ebenbild Gottes

(3) Sünder und Gerechtfertigter

(4) Menschenbilder im Dialog

(5) Freiheit und Verantwortung

Dr. Markus Sasse, RFB

In einem solchen Rahmen finden Sie auf den meisten Seiten Literaturhinweise und seriöse Internetadressen. Direkt ver-

linkt, ohne ausgeschriebene Adresse oder Beschreibung der Seite wird grundsätzlich nur auf eigene Seiten sowie auf

den Bibeltext auf der Homepage der Deutschen Bibelgesellschaft.

Auswahlkriterien sind dabei Verfügbarkeit, Verständlichkeit und Aktualität. Bei besonders wichtigen fachwissenschaftli-

chen Beiträgen kann es sein, dass auch fremdsprachige Titel aufgenommen werden

Die meisten deutschsprachigen Bücher und Zeitschriften sind ausleihbar bei der Bibliothek und Medienzentrale der Evan-

gelischen Kirche der Pfalz unter

http://www.kirchenbibliothek.de/

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Anthropologie fragt nach dem, was den Menschen ausmacht, was ihn bestimmt und worin der Sinn

seines Daseins besteht. Liegt ein Sinn in seiner Bestimmung oder ist der Mensch gezwungen, aus

sich selbst heraus einen Sinn für sein Dasein zu entwickeln? Anthropologie fragt nach der Breite des

Spielraums zwischen Bestimmung und erstrebter Selbstverwirklichung (Determinismus und Frei-

heit). Voraussetzung aller Anthropologie ist das Wissen des Menschen um seine Endlichkeit und die

Unverfügbarkeit des Zeitpunkts seines Todes (vgl. Frevel / Wischmeyer, Menschsein 12).

• Der Mensch ist aus naturwissenschaftlicher Sicht Teil der Natur und unterliegt ihren Gesetzen,

gleichzeitig steht er aber durch seine Fähigkeit zu Selbstreflexion und Kommunikation sowie

den damit verbundenen Handlungsoptionen der Natur gegenüber. Mit dieser zweiten

(geistigen) Perspektive verbinden sich Begriffe wie Kultur, Vernunft, Verantwortung, Gewis-

sen, Freiheit, Würde etc. Allerdings geht es auch immer um die Frage, was der Mensch aus

seinen Möglichkeiten macht:

„Aber was ist der Mensch? Wozu taugt er? Was kann er nutzen oder schaden?“ (Sir

18,7).

Ist er von Natur aus gut oder böse?

• In der theologischen Anthropologie ist der oben genannte Spielraum durch den Spannungs-

bogen von Gottebenbildlichkeit und Sünde näher qualifiziert. Der Mensch ist durch seine

Gottebenbildlichkeit zu einem qualitativen Leben bestimmt, verfehlt dies aber durch die Sünde als Abkehr von Gott.

Abbildung: Detail aus Michelangelo, Erschaffung Adams [gemeinfrei]; Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACreation_of_Adam_(Michelangelo)_Detail.jpg

„Das Wesen Gottes und das Wesen des Menschen spiegeln sich ineinander, bedingen einander, stützen sich gegenseitig. Man kann den Menschen nicht vollständig ergründen, so wenig wie man Gott vollständig ergründen kann. Der Schöpfer hat seinem Geschöpf Anteil an der eigenen Unauslotbarkeit gegeben; es kann sprechen, handeln und (bis zu einem gewissen Grad) schaf-fen, es kann lieben und verzeihen, es ist frei nicht festgelegt, vol-ler unabsehbarer Möglichkeiten. Der Mensch ist ein Geheimnis. Wir sehen in ihm Gottes Ebenbild, das heißt so viel wie: Wir res-pektieren dieses Geheimnis. Ohne den Schutz des religiösen Ta-bus wird der Mensch berechenbar für die Wissenschaft, kontrol-lierbar für die Macht, eine Funktion der biologischen, psychischen und sozialen Realität. Warum nicht versuchen, ihn zu dressieren, zu verbessern oder abzuschaffen? Der geheimnislose Mensch ist der verfügbare Mensch.“ (Roß, Verteidigung 38f.)

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• Die besondere Rolle der theologischen Anthropologie besteht darin, sowohl die

Mängel bzw. Gefährdungen des Menschen als auch sein Potenzial mit der Per-

spektive eines heilvollen Lebens zu verbinden. Dazu gehören der Gabecharakter

des Lebens und die Unverfügbarkeit jedes einzelnen Menschen. In der Sprache

der christlichen Tradition ist hier von der Erlösung durch Tod und Auferstehung

Christi die Rede. Gemeint ist die Ermöglichung der Wiederherstellung der durch

die Sünde verwirkten Gottesnähe durch Christus.

• Das christliche Menschenbild hat angesichts der aktuellen Herausforderungen ei-

ne wichtige Funktion. Die Verteidigung der religiösen Tabuisierung (Heiligung) des

Menschen.

• Das Menschenbild des christlichen Abendlandes hat sich über eine lange Zeit ent-

wickelt. Die am deutlichsten erkennbaren Wurzeln sind die biblischen Texte und

die griechische Philosophie. Ausgehend vom biblischen Befund ist mit bedeuten-

den wirkungsgeschichtlichen Veränderungen zu rechnen. Wichtige Umbrüche

sind die Interpretation der Bibel mithilfe der platonischen und stoischen Philoso-

phie, die theologische Trennung von Ost- und Westkirche, die Aufklärung und die

Technisierung der Lebenswelt seit dem 19. Jahrhundert.

• In der langen Geschichte der christlichen Lehrentwicklung wurde das biblische

Menschenbild nicht einfach weitergeführt bzw. lediglich an die sich verändernden

Herausforderungen angepasst, sondern vielfältig umgestaltet. Die Übersicht

rechts zeigt wichtige inhaltliche Veränderungen im Verlauf der europäischen Geis-

tesgeschichte (Antike und Mittelalter).

Übersicht 1

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• Die folgende Übersicht zeigt (stark vereinfacht!) die unterschiedlichen Einflüsse auf die Menschenbilder, die schließlich zur Ausbildung des Menschenbil-

des des christlichen Abendlandes geführt haben. Dargestellt sind die allgemeinen kulturgeschichtlichen Beeinflussungen, die literarisch oder archäolo-

gisch nachweisbar sind. Die biblische Welt des Alten und Neuen Testaments war zu keiner Zeit ein abgeschlossener Kulturraum. Erst die geographische

Verlagerung des Christentums nach Mittel– und Nordeuropa führt zu einer stärkeren Vereinheitlichung und Abgrenzung.

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Die Bibel vermittelt kein einheitliches Bild vom Menschen. Viele Aspekte des Menschseins werden eher beiläufig erwähnt, eine systematische Darstellung

findet sich nicht (narrativer Zugang im Unterschied zum argumentativen Zugang). Die Fremdheit der Texte ist anzuerkennen - mit einer inhaltlichen Verzeich-

nung durch die Wirkungsgeschichte ist zu rechnen.

• Biblische Anthropologie ist nicht allein historische Anthropologie, die nach dem Verständnis des Menschen im Kontext der biblischen Geschichte fragt.

Sie ist v.a. theologische Anthropologie, d.h. sie fragt nach einer alternativen Sichtweise auf den Menschen angesichts der Dominanz naturwissenschaftli-

cher und ökonomischer Menschenbilder.

• Der antike Mensch verstand sich anders als der moderne. Daher ist die Erfahrung der Fremdheit der Texte der erste Schritt zum Verstehen (Hermeneutik

der verstandenen Fremdheit, Klaus Berger).

Abbildung: Michelangelo, Erschaffung Adams [gemeinfrei]; Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACreaci%C3%B3n_de_Ad%C3%A1m.jpg

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Präsentation: Mensch und Gott. Einführung in die alttestamentliche

Anthropologie

Das Alte Testament vertritt eine ganzheitliche Anthropologie. Die ganzheitliche Vielgestaltigkeit ist ein typisches Merkmal altorientalischen Denkens ( Frevel,

Anthropologie 2). Die Teile ergeben ein Ganzes. Die einzelnen hebräischen Begriffe für die Teile des Körpers sind allerdings eigentümlich unscharf und

mehrdeutig. So reicht es nicht aus eine alttestamentliche Anthropologie gewissermaßen als Glossar dieser Begriffe darzustellen (vgl. Wagner, Wider die Re-

duktion des Lebendigen). Es ist immer auf den konkreten Textzusammenhang einzugehen.

Das Hauptmerkmal des biblischen Menschen ist seine Geschöpflichkeit. Als Mann und Frau ist er als Bild Gottes (Gen 1,26: Imago Dei, besser Statue oder

Standbild Gottes; vgl. auch Gen 5,1.3; 9,6; Sir 17,3; Weish 2,23) erschaffen (vgl. Groß, Statue, Schmid, Schöpfung im Alten Testament 91). Gottes Ebenbild

bzw. Gottes Statue zu sein, ist im Alten Orient sonst eine Funktion des Königs. Die Vorstellung von der Gottebenbildlichkeit ist ein egalitäres Konzept.

• Es gibt im alttestamentlichen Denken weder eine Dichotomie (Leib - Seele)

noch eine Trichotomie (Leib - Seele - Geist). Das, was in den deutschen Überset-

zungen mit Seele wiedergegeben wird, darf nicht mit der vom Körper unabhängi-

gen platonischen Seele verwechselt werden - auch wenn manche Übersetzun-

gen dies nahezulegen scheinen.

Beispiele:

Ps 16,9: Darum freut sich mein Herz, und meine Seele (wörtlich Leber) ist fröhlich; auch mein Leib wird sicher liegen. (Lutherübersetzung 1984) Ps 16,9: Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Seele (wörtlich Leber); / auch mein Leib wird wohnen in Sicherheit (Einheitsübersetzung) • Der biblische Mensch ist ein Gemeinschaftswesen (Gemeinschaft mit Mitmenschen und mit Gott). Er benötigt

Kommunikation mit Seinesgleichen (Sprache). Die Gottesbeziehung beginnt "im Mutterleib" (Hiob 31,15; Jer 1,5).

Sein Menschsein (als Gemeinschaft) ist verbunden mit Verantwortung.

adama (Substanz = Acker-erde)

basar (Körper)

nefes (Kehle; häufig über-

setzt mit Seele; kann die

gesamte Vitalität des Men-

schen bezeichnen)

„Theologisch bahnbrechend an der anth-ropologischen Grundaussage der Gott-ebenbildlichkeit in Gen 1 ist, dass - bis auf die geschlechtliche Differenzierung - kei-ne weitere Klassenbildung innerhalb der Species >Mensch< anvisiert wird. Die Menschen werden nicht als Freie oder Unfreie, als Inländer oder Ausländer, als Könige oder Untertanen, sondern >nur< als Mann und Frau geschaffen. (...) So wie eine Statue einer Gottheit deren Prä-senz - etwa im Tempel - versinnbildlicht, so ist der Mensch nach Gen 1 nichts we-niger als der Stellvertreter Gottes auf Er-den - wie dies üblicherweise dem König zugedacht war. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen besteht also darin, dass er Sachverwalter der Schöpfung ist (...)“ (Schmid, Schöpfung im Alten Testa-ment 91)

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• Die damalige Zuordnung von Körperteilen als menschliche Instanzen unterscheidet sich deutlich von der heutigen. So ist das Herz (leb) der Sitz von Ver-

stand und Vernunft und nicht hauptsächlich der Ort des Gefühls. Herzlosigkeit bedeutet Unverständigkeit, Dummheit. Ähnlich sehen das Aristoteles und

die Stoa. Für Platon hingegen ist das Gehirn der Ort des Denkens.

Beispiele:

Dtn 29,3:Und der HERR hat euch bis auf diesen heutigen Tag noch nicht ein Herz gegeben, das verständig wäre, Augen, die da sähen, und Ohren, die da hörten.

Spr 10,13: Auf den Lippen des Verständigen findet man Weisheit; aber auf den Rücken des Unverständigen (zu wenig Herz) gehört eine Rute.

• Der biblische Mensch wird von seinen äußeren Bezügen her verstanden. Der innere Mensch als der wirkliche und autonome Mensch ist erst ein Konzept

der Aufklärung (zum Problem vgl. Köpping / Welker / Wiehl, Die autonome Person). Auch die Gefühle werden nicht nur im Inneren des Menschen veror-

tet.

Num 5,14: … und der Geist der Eifersucht kommt über ihn, dass er auf seine Frau eifersüchtig wird …

• Die sog. Paradiesgeschichte (Gen 2,4b-3,24) hat eine umfangreiche Wirkungsgeschichte her-

vorgebracht, die ihren Inhalt z.T. überlagert, wenn nicht sogar entstellt hat (vgl. den Artikel

"Sündenfall" [WiBiLex]). Die Geschichte thematisiert die Trennung der unmittelbaren Gott-

Mensch-Beziehung. Bemerkenswert ist dabei das Bild eines fürsorglichen Gottes, der auf die

angedrohte Strafe verzichtet.

• In der Paradiesgeschichte kommt der Begriff der Sünde nicht vor (erst in Gen 4,1-16). Die Ambi-

valenz der menschlichen Existenz beruht auf einer Übertretung eines Gottesgebotes, wofür sich

der Mensch bewusst entschieden hat. Die Grundbedingungen menschlichen Daseins sind also

nicht schicksalsbedingt oder Folgen einer Laune der Götter. Zu diesen Grundbedingungen gehö-

ren Kommunikation, Gemeinschaft, Sexualität, Arbeit, Scham, Ängste, Schwäche.

„Wenn der Mensch seinem Drang nach Weisheit folgt, selber zu ent-scheiden, was für ihn gut und schädlich ist (Gen 3,5), und damit das Gebot Gottes übertritt, wird er zu einem selbständigen Partner Got-tes, vor dem er sich verantworten muss (3,11), der ihn bestraft (3,16ff), vor dem er sich aber auch verteidigen kann (3,13). Die Ambi-valenz menschlicher Grundbedingungen wird somit voll in das perso-nale israelitische Gottesverhältnis einbezogen und zum Gegenstand der lebendigen Auseinandersetzung zwischen Mensch und Gott ge-macht (...). Typisch für das alttestamentliche Menschenverständnis ist der Mensch als frei und eigenständig handelnder und voll verant-wortlicher Partner Gottes, der einerseits selbst für die leidvollen krea-türlichen Bedingungen seiner Existenz Verantwortung rrägt, der an-dererseits aber seine leidvollen Begrenzungen nicht einfach stumm und ergeben hinnehmen muss, sondern dagegen zu seinem Schöp-fer klagen darf, weil dieser eigentlich sein Leid nicht woll-te.“ (Albertz, Mensch 464).

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Abbildungen: Michelangelo, Vertreibung aus dem Paradies [gemeinfrei], Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AMichelangelo_Buonarroti_022.jpg / Giovanni di Paolo, Schöpfung und Vertrei-bung aus dem Paradies 1445 [gemeinfrei, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACreation-and-the-expulsion-from-the-paradise-11291.jpg],) / Adam-und-Eva-Haus (Paderborn, 16. Jh.)

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• Die Schattenseiten des menschlichen Wesens werden dann in der Geschichte von Kain und Abel thematisiert

(Gen 4,1-16). Dies ist die eigentliche Sündenfallgeschichte. Die Bluttat Kains ist veranlasst durch die subjektive

Erfahrung von ungleicher Behandlung durch Gott (vgl. Witte, Von der Gerechtigkeit 41f.), der das Erstlingsopfer

Adams annimmt, das Opfer Kains, das nicht diese Qualität enthielt, jedoch nicht. Das Belohnen der richtigen Ein-

stellung Abels gegenüber dem Schöpfergott (Erstlingsgabe) führt zum Brudermord. Diese erste Gewalttat der Bi-

bel zeigt, dass der Mensch zum Opfer des Menschen werden kann.

• Das Menschenbild des Alten Testaments ist realistisch: Die Höhen und Tiefen der menschlichen Existenz wer-

den angesprochen - nichts wird verharmlost oder verschwiegen. Der Mensch ist "mit unverlierbarer Würde und

königlicher Hoheit ausgestattet" (Frevel, Anthropologie 3): Ps 8,6; Gen 1,26f.; 5,1-3; 9,6; Weish 2,23; Sir 17,3).

Gleichzeitig ist er ein Mängelexemplar mit begrenzten aber auch gefährlichen Möglichkeiten. Daher bedarf er der

Zuwendung Gottes: Die Tora begrenzt ihn in seinen Handlungen, der Kult am Tempel vermittelt die Möglichkeit

des Neuanfangs nach einer durch seine Fehlbarkeit bewirkte Beziehungsstörung. Dabei wird der Mensch auf die

konkrete Welt verwiesen: Volk, Familie, Kultgemeinde. Tendenzen der Weltflucht begegnen sehr selten.

• Das Ziel von Tora und Tempelkult ist die Besserung des Verhaltens mit der Folge der "diesseits erfahrbaren Gottesnähe" (Frevel, Anthropologie 4): Ps

73,18; Jer 7. Die Gottesbeziehung ist also ganz im Diesseits verortet (Ps 37,7; 38,14 42,6; 43,5; 62,2.6; 130,6; 131,3; Klgl 3,24) und endet mit dem Tod

(Ps 88,6; 115,17; Jes 38,18).

Beispiele:

Jes 38,18: Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Treue;

Ps 6,6: Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; wer wird dir bei den Toten danken?

Ps 88,6: Ich liege unter den Toten verlassen, wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen, derer du nicht mehr gedenkst und die von deiner Hand geschieden sind.

Ps 115,17: Die Toten werden dich, HERR, nicht loben, keiner, der hinunterfährt in die Stille;

Als radikalster Vertreter einer ausschließlich am Diesseits orientierten Anthropologie gilt Kohelet (Prediger)

Koh 9,5-10: 5 Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts; sie haben auch keinen Lohn mehr, denn ihr Andenken ist vergessen.6 Ihr Lieben und ihr Hassen und ihr Eifern ist längst dahin; sie haben kein Teil mehr auf der Welt an allem, was unter der Sonne geschieht.7 So geh hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dies dein Tun hat Gott schon längst gefallen.8 Lass deine Kleider immer weiß sein und lass deinem Haupte Salbe nicht mangeln.9 Genieße das Leben mit deinem Weibe, das du lieb hast, solange du das eitle Leben hast, das dir Gott unter der Sonne gegeben hat; denn das ist dein Teil am Leben und bei deiner Mühe, mit der du dich mühst unter der Sonne. 10 Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu; denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit.

„Die Ungleichheit, die nicht als adäquat emp-fundene Behandlung des Geschöpfs, das seinem Schöpfer Gaben bringt (Gen 4,3-5) erscheint als ein Bruch in der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf als man-gelnde Gerechtigkeit und führt - und hier liegt die tiefe Tragik Kains - zum Bruch in der so-zialen Beziehung zwischen dem Menschen und seinem Bruder. Hingegen bleibt die Be-ziehung zu Gott bestehen, weil Gott diese aufrecht erhält, was der weisheitliche Erzäh-ler mittels des mythischen Motivs der Anrede des in sich versunkenen Kains durch Gott selbst zum Ausdruck bringt (Gen 4,9-15): Gott ist und bleibt der Garant von Gerechtig-keit, auch und gerade wenn der Mensch sein Lebensziel verfehlt, was in Gen 4,7 als Sün-de (...) bezeichnet wird.“ (Witte, Von der Gerechtigkeit 41f.)

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Erst in den späten Texten des Alten Testaments begegnet eine Ausweitung der Zuständigkeit Gottes und somit eine Hoffnung auf ein

Leben nach dem Tod. Ez 37 spricht zwar noch nicht von einer allgemeinen Auferstehungshoffnung wohl aber davon, dass Gott sich als

Herr der Geschichte nicht mit dem Faktum des Todes abfinden muss:

Ez 37,1-14: 1 Des HERRN Hand kam über mich, und er führte mich hinaus im Geist des HERRN und stellte mich mitten auf ein weites F eld; das lag voller Totengebeine. 2 Und er führte mich überall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine über das Feld hin, und siehe, sie waren ganz ver-dorrt. 3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: HERR, mein Gott, du weißt es. 4 Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort! 5 So spricht Gott der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet. 6 Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. 7 Und ich weissagte, wie mir befohlen war. Und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich, und die Gebeine rückten zusam-men, Gebein zu Gebein. 8 Und ich sah, und siehe, es wuchsen Sehnen und Fleisch darauf, und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen. 9 Und er sprach zu mir: Weissage zum Odem; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Odem: So spricht Gott der HERR: Odem, komm herzu von den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden!

10 Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam der Odem in sie, und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer. 11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns. 12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels. 13 Und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole.14 Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR.

Abbildung: Ezechiels Vision auf der Kensset-Menorah in Jerusalem

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Wolff, H.W.: Anthropologie des Alten Testaments (mit zwei Anhängen neu hrg. v. B. Janowski), Gü-tersloh 2010.

Zimmerli, W.: Der Mensch und seine Hoffnung im Alten Testament, Göttingen 1968. (externer link zur Deutschen Digitalen Bibliothek mit Download-Möglichkeit)

http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/26893/ (Artikel von Andreas Wagner: Mensch [AT] aus dem Wissenschaftlichen Bibellexikon der Deutschen Bibelgesellschaft)

http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/31958/ (Artikel von Bernd Willmes: Sündenfall aus dem Wissenschaftlichen Bibellexikon der Deutschen Bibelgesellschaft)

http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/23040/ (Artikel von Renate Brandtscheidt: Kain und Abel aus dem Wissenschaftlichen Bibellexikon der Deutschen Bibelgesellschaft)

https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/themenkapitel-at/menschenbild-des-at/ (Themenkapitel aus der Elektronischen Bibelkunde der Deutschen Bibelgesellschaft)

https://www.bibelwerk.de/Materialpool.12795.html/Material+zu+biblischen+Themen.15649.html?id=36639 (Knappe Einführung, Katholisches Bibelwerk)

http://egora.uni-muenster.de/fb1/pubdata/Schmitt_Anthropologie_Materialien.pdf (Materialien zur Vorle-sung "Anthropologie des Alten Testaments" von Rüdiger Schmitt)

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Trotz des Sprachwechsels besteht eine deutliche Kontinuität zum Menschenbild des Alten Testaments. Auch wenn die verwendeten Begriffe eine deutliche

Prägung durch die hellenistische Kultur erhalten haben, ist auch das neutestamentliche Menschenbild grundsätzlich holistisch.

• Gewandelt hat sich der Kontext: Das frühe Christentum ist eine universale Bekehrungsreligion, die gerade erst dabei ist eine stabile Identität zu gewin-

nen. Der Grenzen des Judentums werden dabei überschritten, der theologische Referenzrahmen bleibt aber das Alte Testament. Zentrale anthropologi-

sche Aussagen des Alten Testaments werden aufgenommen und auf die neue Situation angewendet ()

• Viele heute moralisch klingende Ratschläge des Paulus (z.B. 1Kor 7) waren damals keineswegs moralisch. Es geht ums Ganze: Der von den Ansprüchen

und Maßstäben befreite Christ, dessen Befreiung durch den Kreuzestod Jesu teuer erkauft ist (1Kor 6,20; 7,23), soll nicht angesichts des nahenden Ge-

richts Bindungen eingehen, die seine Gottesbeziehung gefährden (1Kor 6,12.20; 7,23). Dass die Beziehung zu Gott exklusiv ist, ist ein Grundanliegen der

gesamten Heiligen Schrift. Der ganze Mensch (Leib und Seele) geht diese Beziehung ein. Es gibt keine Optionen, die man sich offen halten kann. Die

noch unerlöste Welt gefährdet die erlösten Bürger der Welt.

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Sekundärliteratur:

Berger, K.: Historische Psychologie des Neuen Testaments (SBS 146/147), Stuttgart 1991.

Beutler, J. (Hrg.): Der neue Mensch in Christus. Hellenistische Anthropologie und Ethik im Neuen Testament (QD, 190), Freiburg, Basel, Wien 2001.

Frevel, C.: Anthropologie, in: HGANT (2006), 1-7.

Frevel, C. / Wischmeyer, O.: Menschsein. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments (NEB – Themen 11), Würzburg 2003.

Gielen, M.: Grundzüge paulinischer Anthropologie im Licht des eschatologischen Heilsgeschehens in Jesus Christus, in: JBTh 15 (2000), 117-147.

Reinmuth, E.: Anthropologie im Neuen Testament, Tübingen, Basel 2006.

Sasse, M.: „Die Welt ist nicht genug!“ – die frühen Christen als Weltbürger?, in: Brennpunkt Gemeinde 3/2014, 102-105.

Schroer, S. / Staubli, T.: Die Körpersymbolik der Bibel, Darmstadt 22005.

Schroer, S. / Zimmermann, R.: Mensch / Menschsein, in: SWB (2009), 368-376.

Strecker, C.: »It matters!« Der Körper in der jüngeren neutestamentlichen Forschung, in: ZNT 27 (2011), 2-14.

Welt und Umwelt der Bibel Nr. 64 (2/2012) "Teufel und Dämonen - Verführer, Ankläger, Gegenspieler"

Externe Links:

https://www.bibelwissenschaft.de/de/stichwort/49886/ (Artikel von Eckart Reinmuth: Anthropologie [NT] aus dem Wissenschaftlichen Bibellexikon der Deutschen Bibelgesellschaft)

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Die altorientalischen Mythen betonen die vollständige Unfreiheit des Menschen gegenüber den Göttern. Er ist geschaffen worden, um ihnen zu dienen:

In der griechischen Philosophie wird der Mensch in besonderer Weise zum Gegenstand des Denkens. Protagoras (480-410 v.Chr.): anthropos metron hapanton

„Der Mensch ist das Maß aller Dinge. Derjenigen, die sind, so wie sie sind. Derjenigen, die nicht sind, so wie sie nicht sind.“ (zitiert von Platon in "Theaitetos", 152a)

Menschliche Defizite: homo homini lupus (Destruktivität und Selbstdestruktivität)

„Wie der Mensch auf der einen Seite, in diese Staats und Rechtsgemeinschaft eingebunden, von allen lebenden Wesen das höchste ist, so ist er auf der anderen Seite, losgelöst von seinen ethischen und rechtlichen Bindungen, das niederste von allen“ (Aristoteles)

„… der Mensch aber verfügt von Natur über Waffen, durch seine technische Begabung und Tüchtigkeit, die sich nur zu leicht wider die Natur mißbrauchen lassen.“ (Aristoteles)

„Vom Menschen droht dem Menschen eine tägliche Gefahr.“ (Seneca)

„Einen Menschen befriedigt es, einen Menschen zu verderben“ (Seneca)

Menschliche Defizite: Schwäche

Leib-Seele-Dualismus (Platon):

„Der Körper ist das Grab der Seele.“ (Soma = Körper / Sema = Grab)

„[Die Seele] ist an ihren Körper gefesselt und mit ihm verwachsen, gezwungen die Wirklichkeit durch den Körper zu sehen wie durch Gitterstäbe, anstatt durch ihre eigene ungehin-derte Sicht.“

___________________________________________________________________________________________________________________________________________ Sekundärliteratur:

Zgoll, A.: Welt, Götter und Menschen in den Schöpfungsentwürfen des antiken Mesopotamien, in: Schmid, Schöpfung,17-70.

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