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Was ist Religion? Grundlagen und Definitionsversuche © Dr. Markus Sasse, Fachberater Ev. Religion an Gymnasien, IGS, Freie Waldorfschulen und Kollegs (Bezirk Pfalz), 2018. http://rfb.bildung-rp.de/evangelische-religion.html mail an [email protected]

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Was ist Religion?

Grundlagen und Definitionsversuche

© Dr. Markus Sasse, Fachberater Ev. Religion an Gymnasien, IGS, Freie Waldorfschulen und Kollegs (Bezirk Pfalz), 2018. http://rfb.bildung-rp.de/evangelische-religion.htmlmail an [email protected]

EINSTIEG: DER MÖNCH UND DER DETECTIVE

Was ist Religion?

Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer (1808-1810)

Alte Nationalgalerie Berlin

Rustin Cohle über die Religion und die Menschen

Nichts ist jemals vorbei.

https://www.youtube.com/watch?v=3UBAii6BskA

WORTBEDEUTUNG UND ZENTRALE ASPEKTEWas ist Religion?

Detail einer Dionysosstatue (Museo Nazionale, Rom)

Der kultische Aspekt

• Nach Cicero (106-43 v.Chr.) lässt sich religio vonrelegere (= eine Sache noch einmal sorgfältigdurchgehen) herleiten und bezeichnet diegewissenhafte, an den Traditionen orientierteAusübung des Kultes zur Verehrung der Götter (Denaturam deorum I, 117; II, 72).

• Religio ist kultische Orthopraxie. Der Gegenbegriffzu religio ist superstitio (Aberglaube).

• Einheit von Religion und StaatCicerobüste (Musei Capitolini, Rom); Blick auf das Forum Romanum

Beispiele: Brennender Weihrauch (Altar in Arad, Israel); Apollonstatue (Museo Nazionale, Rom); griechischer Tempel in Paestum; Statue von Augustus im Gewand des Pontifex Maximus (Museo Nazionale, Rom)

Der emotionale Aspekt

• Der christliche Rhetoriklehrer Laktanz (ca. 255-325 n.Chr), ein Zeitgenosse Kaiser Konstantins, kritisiert die verbreitete Etymologie Ciceros und leitet religio von religare bzw. religari (sich binden) ab (Divinae institutiones 4,28). Es geht ihm dabei um das Zurückbinden an eine höhere Macht. Laktanz denkt offenbarungstheologisch: Gott hat den Menschen an sich zurückgebunden. Durch die Frömmigkeit (pietas) ist der Mensch mit Gott verbunden, um ihm zu dienen bzw. als dem Vater zu gehorchen.

• Die emotionale Bindung (Frömmigkeit) ist die Voraussetzung für die kultische Praxis.

Römisches Feldzeichen (Labarum) mit Christusmonogramm

Beispiele: Salbungsstein in der Grabeskirche in Jerusalem; Predigt des Evangeliums von Jesus Christus (Altarbild, Stadtkirche in Wittenberg); Kerzen in der Geburtskirche in Bethlehem; Auge Gottes (Baptisterium Santa Maria Maggiore in Rom); Hand Gottes (Schöpfungsfenster in der Schloßkirche Bad Dürkheim); Bibeltext (Lutherdenkmal, Landau); Lamm Gottes (Stiftskirche, Neustadt)

Kultisch + emotional

• Verbindung von Religion und Moral

• Kult als Beziehungspflege

• Der Dienst am Mitmenschen ist Gottesdienst.

• Ausweitung der Religion auf den Alltag

Detail auf einem Säulensarkophag, 4. Jh (Musei Vaticani, Rom)

HEILIG UND PROFANWas ist Religion?

Griechischer Tempel in Paestum

Grundbedeutung

• Fanum = Heiligtum• Pro Fanum = außerhalb des Heiligtums

Tempel auf dem Forum Boarium in Rom

Heilig und profan im Christentum

• Unterscheidung von Priestern und Laien (katholisch und orthodox)

• Besondere Verhaltensregeln in Kirchen

• Vasa Sacra

• Kirchenasyl

• Tabuisierung der heiligen Gegenstände außerhalb des heiligen Kontextes

Russisch-orthodoxe Kirche in Bad Ems

zur Weiterarbeit

Religionsdefinitionen unter

http://whgonline.de/pages/projekte/religion/religion.php#Religionsdefinitionen

DAS CHRISTENTUM ALS RELIGIONWas ist Religion?

Zugang zur Grabeskirche in Jerusalem

Religion und Religiosität

• „Religiosität ist die subjektive Seite von Religion (…). Sie ist nicht unerklärlich, sondernso menschlich wie Sprechen, Fragen und Denken; allerdings ist sie für den einzelnenMenschen nicht ersetzbar. Schleiermacher sprach von einer ‚eigenen Provinz imGemüt‘. Religiosität und Religion bedingen sich wechselseitig. Dabei ist unter Religiondie objektiv wahrnehmbare Gestalt gegebener Religionsformen zu verstehen, die sichselbst immer auf religiöse Erfahrung zurückführen lässt (religiöse Schriften, Lehren,Gebäude, Kunst, Rituale usw.), unter Religiosität die subjektive Betroffenheit, die sichauf gegebene Religionsformen zurückführen lässt und durch sie in der Regelangestoßen wird. Prinzipiell gibt es Religion ohne Religiosität (leere religiöse Routine)und Religiosität ohne Religion (unverrechenbarer Eindruck, spontane und nichtableitbare Moment-Empfindung).“ (Kunstmann, Religionspädagogik 314f.)

• Innere Haltung• Glaube als speziell christliche Form der Religiosität

Worüber man nicht streiten kann …

• Religion als empirisch wahrnehmbares Phänomen

• Kulturelle und politische Prägekraft seit Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden

• Jesus hat gelebt, öffentlich gewirkt und wurde als politischer Aufrührer hingerichtet.

• Die Verkündigung seiner Auferweckung durch Gott war derart plausibel, dass aus dem kleinen Anhängerkreis eine weltweite Bewegung wurde.

Bibel Philosophie Recht

OffenbarungsinhalteBiblische Werte und NormenGeschichteMythen, Lieder,WeisheitVorbilder

Lehre, SystematikChristliche Werte und NormenKommunikationArgumentationLehrsätzeBekenntnisse

Kirche, Institutionen, Autorität, ÄmterKirchliche Werte und NormenOrganisationLiturgie (Gottesdienst)KultRiten und Symbole

Die Fundamente des abendländischen Christentums

Religion und

Tradition

Goldglasboden mit den Aposteln Petrus und Paulus (4. Jh), Musei Vaticani, RomAltarbibel

Dr. Markus Sasse, RFB 2015

Heilsgeschichte