Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

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(Aus der Universiti~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann].) Experimentelle Untersuchungen fiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstriimung. Yon Priwtdozeng Dr. Erich Seidel~ I. klinisehem Assistentsen. Mit 2 TextCafeln, 4 Textabbildungen und 6 Tafeln. Seinem hoehverehrten Lehrer und Chef Herrn Geheimen Hofrat Professor Dr. A. Wagenmann anl~tglieh seiner 25 j~thrigen Lehrt~ttigkeit als ordent- lieher Professor fiir Augenheilkunde in Dankbarkeit gewidmet. Inhalt. A. Einleit ung. giber die zur Zeit bestehenden Ansehauungen fiber die Quelle und den Ver- l~uf der in~r~okularen Saftslbriimung. B. Ausfiihrung. Eigene Versuchsergebnisse. I. Uber die ehemische Zusammense~mmg der Augenflfissigkei~en. 1. giber die refraktometrische Untersuehung des Kammerwassers und die Beziehungen seiner Breehungsexponenten zum Eiweiggehal¢. 2. giber die chemisehe Besehaffenheit des Ciliarkiirpersekretes. a) das physiologische Ciliark6rpersekret. b) das CiliarkOrpersekret naeh minim~len Vorderkammerpunk- ~ionen. 3. giber die ehemische Besehaffenhei~ des ,,Irissekretes". 4. ~lber die Ursachen der vergnderten ehemischen Zusammensetzung des Humor aqueus naeh Punk~ion der Vorderkammer. Ih giber den Fliissigkei~swechsel in der hin~eren Augenk~mmer. 1. giber die Sekre~ions~5~tigkeitdes Ciliark6rpers im l~uhezustand. 2. giber die Geseh~ndigkeig der physiologiseherweise yore Ciligrk6rper ~usgehenden Flfissigkeitsstr/Smnng. 3. Uber das Verh~lten des Augendrueks naeh teilweiser Entleerung der Vorderkammer. III. giber das Verhaiten yon Iris und Ciliark6rper intra vit~m einverleibten Farbstoffen gegenfiber. 1. giber die elek$ive vi~ale Ci|iurkSrperf~rbung nach mgNgen Dosen yon Fluorescein und anderen Farbstoffen. 2. giber den gibertritt yon Fluoreseein in die hintere Augenkammer naeh mi~Bigen intra vitam verabreiehten Dosen. giber den sog. ,,physiologischen Pupillenabschlul?" (Hamburger). giber den Angeil der Iris an der physiologisehen Kammerwasser- absonderung. IV. V. C. Sehlug. Folgeru~_gen aus den angestel!ten Versuchen. v. Graefes Arehiv ffir Ophthalmologie. Bd. 95.

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(Aus der Universiti~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann].)

Experimentelle Untersuchungen fiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstriimung.

Y o n

Pr iw tdozeng Dr. Erich Seidel~ I. klinisehem Assistentsen.

Mit 2 TextCafeln , 4 T e x t a b b i l d u n g e n und 6 Tafe ln .

Seinem hoehverehrten Lehrer und Chef Herrn Gehe imen H o f r a t P ro fessor Dr. A. W a g e n m a n n anl~tglieh seiner 25 j~thrigen Lehr t~ t t igke i t als o r d e n t -

l i eher P ro fe s so r fiir A u g e n h e i l k u n d e in Dankbarkeit gewidmet.

Inhalt. A. E i n l e i t ung.

giber die zur Zeit bestehenden Ansehauungen fiber die Quelle und den Ver- l~uf der in~r~okularen Saftslbriimung.

B. Aus f i ih rung . Eigene Versuchsergebnisse. I. Uber die ehemische Zusammense~mmg der Augenflfissigkei~en.

1. giber die refraktometrische Untersuehung des Kammerwassers und die Beziehungen seiner Breehungsexponenten zum Eiweiggehal¢.

2. giber die chemisehe Besehaffenheit des Ciliarkiirpersekretes. a) das physiologische Ciliark6rpersekret. b) das CiliarkOrpersekret naeh minim~len Vorderkammerpunk-

~ionen. 3. giber die ehemische Besehaffenhei~ des ,,Irissekretes". 4. ~lber die Ursachen der vergnderten ehemischen Zusammensetzung

des Humor aqueus naeh Punk~ion der Vorderkammer. Ih giber den Fliissigkei~swechsel in der hin~eren Augenk~mmer.

1. giber die Sekre~ions~5~tigkeit des Ciliark6rpers im l~uhezustand. 2. giber die Geseh~ndigkeig der physiologiseherweise yore Ciligrk6rper

~usgehenden Flfissigkeitsstr/Smnng. 3. Uber das Verh~lten des Augendrueks naeh teilweiser Entleerung

der Vorderkammer. III. giber das Verhaiten yon Iris und Ciliark6rper intra vit~m einverleibten

Farbstoffen gegenfiber. 1. giber die elek$ive vi~ale Ci|iurkSrperf~rbung nach mgNgen Dosen

yon Fluorescein und anderen Farbstoffen. 2. giber den gibertritt yon Fluoreseein in die hintere Augenkammer

naeh mi~Bigen intra vitam verabreiehten Dosen. giber den sog. ,,physiologischen Pupillenabschlul?" (Hamburger). giber den Angeil der Iris an der physiologisehen Kammerwasser- absonderung.

IV. V.

C. Sehlug. Folgeru~_gen aus den angestel!ten Versuchen.

v. Graefes Arehiv ffir Ophthalmologie. Bd. 95.

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2 E. Seidel:

Nach dcr Lebe r schen Lehre vom intraokularen Fliissigkeitswechsel stellt ausschlieftlich der CiliarkSrper das Sekretionsorgan des Auges dar, voa dem eine stetige, wenn auch sehr langsame FlfissigkeitsstrSmung ausgeht, die sich durch die Pupille in die vordere Augenkammer ergiel3t, um in der Hauptsache durch den S c h l e m m s c h e n Kanal das Auge zu verlassen.

iNIachdem diese Lehre auf Grund der ihr yon Th. L e b e r ~nd seinen Schiilern gegebenen Begrfindung und experimentellen Unterlage lange Jahre hindurch sich der allgemeinen Anerkennung erfreute, sind sparer Bedenken gegen die L e b e r s c h e Auffassung ge~ul~ert worden, woraus sich ein lebhafter Streit entwickelte um die fundamentalen Fragen der Physiologie des intraokul~ren Fliissigkeitswechsels, der bisher noch nicht entschicdcn ist.

Man stellte gegen L e b e r s Ansicht die Behauptmlg auf, daft im Auge fiberhaupt keine sekretorische StrSmung vorhanden sei, und daft zwi- schen Augenfliissigkeit und der sie umschlieftenden Wandung nur durch Diffussion und Osmose ein ,,rein cellul~rer S~offwechsel" stattfinde. ( H a m b u r g e r , Weift).

W~hrend nun Weift sich nur fiir berechtigt hielt, aus seinen Ver- suchen den Schluft zu ziehen, daft ein Fliissigkeitswechsel im L e b e rschen Sinned. h. also eine kontinuierliche StrSmung im Auge bisher nicht be- wiesen sei, ging t t ~ m b u r g e r welter, indem er die herrschenden An- schauungen zum Tell ffir nachweislich unrichtig erkl~rte.

Obgleich Th. L e b e r zu den H a m b u r g e r s c h e n Ausfiihrungen Stel- lung genommen hat und seine Lehre in unver~nderter Form aufrecht- erhielt, und auch We s sel y auf Grund ausgedehnter experimentel]er Forschung sich in Mlen wesentlichen Punkten zur Lebe r schen Auffas- sun g bekannte, so konnte doch t I ~ m b u r g e r 1914 in seiner zusammcn- fassenden Arbeit ,,Uber die Erng~hrung des Auges" mit Genugtmmg daraufhinweisen, daft die Stimmen zu seinen Gunsten sich mehrten, und dab es seinen Gegnern bisher nicht gelungen sei, irgendeinen der yon ihm schon vor Jahren publizierten Befunde tats~chlichen Inhaltes zu wider]egen.

]3a die Mehrzahl der Ophthalmologen sich nut sehr schwer ent- schlieften konnte, sich yon der anscheinend experimente]l und klinisch gut begriindeten Le be rschen Lehre abzuwenden, andererseits sich aber auch auf die Dauer den H a mb urgerschen nicht widerlegten Gegenbeweisen nicht zu verschlieften vermochte, so ist es auf diesem so wichtigen Ge- biete zu einer erheb]ichen Unsicherheit gekommen.

Eine Klgrung dieser anerkannt sehr schwierigen, seit 2 Jahrzehnten lebhaft umstrit tenen Fragen, die eines der ~4chtigsten Probleme der Ophthamologie darste]len, mul~te d~her sehr erwiinscht sein, zumal die in :Frage s~ehenden Erscheinungen anch ein hervorragendes ullgemein lohysiologisches Interesse darbie~Gen.

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Experimentelle Untersuehungen ~iber die intraokulare Saftstrsmung. 3

U m die l~iehtigkeit bzw. Unhaltbarkeit yon L e b e r s Auffassung darzutun, braucht nur das Vorhandensein bzw. das Fehlen einer sekre- torischen StrSmung vom Ciliaik6rper aus bewiesen zu werden; l~Bt sich eine Sekretion beweisen, dann m uB aueh ein AbfluB stattf inden; gelingt es eine Sekretion auszusehlieBen, dann ist selbstverstgndlieh kein stetiger AbfluB mSglich.

Naeh H a m b u r g e r und WeiB ist es nun einwandfrei bewiesen, dab der CiliarkSrper am intakten Auge nieht sezerniert, und dab ein Fliissigkeitsfibertritt yon der hinteren nach der vorderen Kammer mi~ Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

So schreibt H a m b u r g e r * ) : ,,Der herrschenden Lehre habe ich nunmehr folgendes Material

gegenfiberzustellen : Der CiliarkSrper kann die Quelle eines st~ndigen, intraokularen

Fliissigkeitsstromes - - in erster Linie handelt es sich um den Humor aqueus - - nicht sein :

I . well die grSbsten chemischen ]3ifferenzen bestehen zwisehen dem nachweisbaren eiliaren Sekret und dem physiologischen Kammer- wasser, und

2. weil der Ciliark6rper in physiologisehen Zeiten sich in krasser Weise refrakt~r verh~lt gegen diffusible Substanzen; diffusionsf~hige K6rper aber sind es gerade, die das Kammerwasser bilden. Diese Stoffe, in maBvoller I~osis dargereieht, t reten in der Norm am Ciliark6rper n i e h t , hingegen an der Iris aus : Es besteht also zwisehen Iris und Ciliark6rper der auffallendste funktionelle Unte~ehied, zugunsten der Iris, zuun- gunsten des Ciliark6rpers, mithin gerade entgegengesetzt der herr- sehenden ~e inung ."

Fiihren wir dazu noch an, daI~ nach H a m b u r g e r s Experi- menten fiber das Bestehen eines physiologisehen Pupillenabschlusses, denen naeh WeiB ernsthafte Einw~nde nicht gemaeht worden sind, ,,die intraokulare SaftstrSmung, auf deren Existenz die Filtrations- theorie angewiesen ist, keineswegs einen freien Wcg dureh die Pupille finder", so hgtten wit hiermit die Grundlage vor uns, auf die H u m - b u r g e r seine seit Jahren lebhaft gegen L e b e r ge ffihrten Au~griffe stfitzt..

Beruhen die Behauptungen auf richtigen Beobachtungen, woran nach H a m b u r g e r nieht zu zweifeln ist, so mfissen wir in der Ta t die Konsequenzen ziehen und die Le be rsehe Lehre als unriehtig aufgeben_

Um diese wichtige Frage zu entseheiden, kommt es darauf an, zu prfiien, ob die einzelnen yon H a m b u r g e r aufgestellten Behauptungen wirklieh den Tatsachen entsprechen, und dies soll daher zunachst die Aufgabe der folgenden Untersuchungen sein.

*) tJ-ber die Ern~hrung des Auges. Leipzig 1914, S. 10. 1"

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4 E. Seidel:

I. tiber die ehemisehe Zusammensetzung der Augenfliissigkeiten.

Die Behauptung H a m b u r ger s, dab das normale Kammerwasser ~fieht yore Ciliark6rper stammen k6nne, da das Ciliarsel~'et stets ei- weflL und fibrinreich sei, w~hrend das normale Kammerwasser abet nahezu eiweil~frei ist, grfindet sich auf die feststehende Tatsache, dal~ alas physiologisehe Kammerwasser nur 1/40% Eiwei~ enthalt, wahrend naeh Punktion der Vorderkammer, wodurch der Ciliark6rper in T~tig- keit t ritt, ein Kammerwasser yon und fiber 2°./0 Eiweil~gehalt beim Kaninchen gefunden wird.

Da$ der CiliarkOrper dieses eiweii~reiche Kammerwasser naeh Vorder- kammerpunktion absondert, kann seth- leieht beobaehtet werden, wenn man r/ach E h r l i c h dem Versuchstier eine kleine: Menge Fluoreseein injiziert : Man sieht dann grfine Farbwolken nach der Punktion aus der 1)upille in die Vorderkammer iibertreten. Es besteht also zweifellos zwischen dem physiologisehen Kammerwasser und dem naeh Punktion yon dem CiliarkOrper gebildeten ein grober chemischer Unterschied. Es fragt sieh nur, ob dieser Unterschied physiologiseh, d. h. am intakten Auge vorhanden ist, oder ob er nicht dutch den operativen Eingriff der Vorderkammerpunktion erst hervorgerufen wird. Naeh Ha mb u r g e r ist letzteres nicht der Fall, denn selbst dalm, wenn man mit feinster Kanfile nur ein kleinstes TrOpfchen Humor aqueus einem mit Fluores- cein vorbehandelten Kaninehen aus der Vorderkammer entzieht, sieht man, trotz des minimalen Eingriffes, aus der Pnpi]le ein griin gef~rbtes SekrettrOpfchen treten, das sich zu Boden senkt.

Aus dieser Beobaehtung zieht er den SehluB, dab selbst bei mini- maler Flfissigkeitsentnahme aus der Vorderkammer ein Ciliarsekret abgesondert wfirde, das gegeniiber dem physiologisehen Kammer- wasser e i n e n g r o b e n c h e m i s c h e n U n t e r s e h i e d zeige .

D i e s e r S c h l u B i s t j e d o e h u n z u l g s s i g . Die Tatsache, dab der aus der Pupille austretende grfin gef~rbte

Sekrettropfen zu Boden sinkt, besagt nur, da$ er spezifisch schwerer ist Ms das physiologische Kammerwasser. Uber die GrSl~e des Unter- schiedes und fiber seine chemische Zusammensetzung geht aus der Beob- achtung niehts fervor. Nut eine ehemisehe Untersuehung des Tropfens kSnnte entscheiden, ob es berechtigt ist, yon einem groben ehemisehen Unterschied gegeniiber dem normalen Kammerwasser zu spreehen.

Zur Beantwortung dieser Fragen w~re also die chemisehe Unter- suehung

1. yore physiologischen Ciliark6rpersel~'et 2. yore CiliarkOrpersekret naeh minimaler Vorderkammerpunk-

tion nStig. :Ein Vergleieh d_er erha!tenen Resultate mit dem Ergebnis der che-

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokutare Saftstr~mung. 5

mischen Untersuehung vom normalen Vorderkammerwasser mfigte Auf- sehluB ergeben, ob iiberhaupt und in we]chem iVIaBe chemische Unter- sehiede vorhanden sind.

Man erkennt sofort die Sehwierigkeiten, die sieh diesen Untersu- chungen hi den Weg stellen:

1. Wie soll man das CiliarkSrpersekret rein gewinnen ? 2. Wie soll man die minimalen Mengen ehemiseh einwandfrei unter:

suchen ? Beide Schwierigkeiten lassen sich fiberwinden, wenn man mit feiner

Kanfile das Ciliarsekre% dutch Punktion der tI interkammer entnimmt und die erhMtene minimale Menge refraktometrisch untersueht, woraus die chemische Zusammense~zung, wie gezeigt werden wird, ersehlossen werden kalm.

1. l~ber d ie r e f r a k t o m e t r i s c h e U n t e r s u c h u n g des K a m m e r - w a s s e r s u n d die B e z i e h u n g e n s e i n e r B r e c h u n g s e x p o n e n t e n

z u m E i w e i i 3 g e h a l t .

Die refraktometrische Bestimmung des Brechungsexponen%en ist eine anerkannte Untersuchungsmethode der organischen Chemie, die zur Identifizierung und Ct{arakterisierung einer Fliissigkeit dient and sogar weitgehende Aufschliisse geben kann fiber die Zusammensetzung und die Konstitution der betreffenden Substanz 52).

l%efraktometrische Untersuehungen der Augenflfissigkeiten sind, wenn auch zu anderen Zwecken, wiederholt angestellt. So haben L o e - w e n s t e i n und K u bi k 42) das Vorderkammerwasser beim Kaninehen mi~ dem P u l f r i chsehen Refraktometer in physiologischem Zustande' und nach einer l~eihe yon therapeutisch Verwendung findenden Ein- griffen wie Dionineintrgufelungen, subconjunctivalen Kochsalzinjek- tionen, Massage, Warmeapplikationen, Stauung und Vorderkammer- punktionen untersueht, wobei sie eine mehr oder minder erhebliche Zu- nahme des Breehungsindex fanden. Da dureh frfihere Untersuehunge~ bekarmt ist, dag die niimliehen Eingriffe eine Eiweigvermehrung im Vorderkammerwasser hervorrufen (We ssel y), so kormte als festgestellt gelten, dab sieh im Vorderkammerwasser eine Eiweigvermehrung in ' einer Zunahme des Breehungsindex gnBert.

Worauf es mir zun~ehst ankommen mngte, was bisher noeh nieh~ gesehehen ist, war zu ermitteln, weleher Eiweiggehalt des Kammer- wassers den verschiedenen Breehnngsexponenten entsprieht.

Dureh m e h r o der w e n i g e r ausgiebige :Fliissigkeitsentna.hme aug der Vorderkammer wurde ein versehieden starker Reiz anf den Ciliar- k6rper ausgeiibt, wodureh eine mehr oder weniger starke EiweiBver- mehrung im Vorderkammerwasser auftrat. Darauf bestimmte ieh zu- ngehst naeh Punktion der Vorderkammer den Breehungsindex des

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6 E. Seidel:

Ptmktates mit Hilfe des Refraktometers, trod mit der iibrigen Fliissig- keit fiihrte ieh eine quantitative chemische EiweiBbestimmung durch. ]~urch eine grOBere Anzahl derartiger vergleiehender, quantitativ ehe- mischer und refraktometrischer Untersuehungen gelang es, den den verschiedendsten Brechtmgsindices entsprechenden EiweiBgehalt fest- zustellen, so dab ieh auf diese Weise eine Skala zur Eiweigbestimmung des Kammerwassers aus dem Brechuegsindex erhielt, ~hnlich wie sie fiir das Blutserum yon ReiB und S t r i i b e l aufgestellt wurde 49) 5o). Wenn nun aueh naeh diesen Autoren, sowie naeh R o b e r t s o n 51) die Lichtbreehung dutch EiweiB16su~gen, falls es sieh um eehte ~isehungen handdt , eine additive lVunktion ist, and in der l~egel dem Waehsen des Brechul~gsindex um einen bestimmten Betrag eine gleiehe Zunahme des EiweiBgehalts entspricht, so war es doch nStig, eine grSBere Anzahl der- artiger vergleichender Bestimmungen vorzunehmen, auch werm man als feststehend ansieht, dab der prozentuale Salzgehalt des regenerierten Vorderkammerwassers derselbe b]eibt, da es durehaus mOglich ersehien, daB das aus dem Blut stammende, ins Kammerwasser iibertretende EiweiB mit den bier vorhandenen Salzen chemisehe Umsetzungen ein- ginge, wodurch die Liehtbrechung in unberechenbarer Weise gegndert~ werden konnte.

Als Versuchstiere beniitzte ich Katzen, deren Vorderkammerinhalt nahezu 1 ccm betriigt. Die Tiere wurden leieht mi~ ~ther narkotisiert und zur Vornahme der Punktion aufgebunden. Die Entnahme der Vorderk~mmerfliissigkeit gesehah mit v611ig troekener, steriler, in destilliertem Wasser ausgekochter Glasspritze, die ebenso wie die Kaniile 24 Stunden im Trockensterilisator aufbewahrt war.

Die refraktometrisehen Untersuchungen wurden sgmtlich ausge- fiihrt mit einem Refraktometer naeh Abbe mit heizbaren Prismen bei einer Temperatur yon 17,5 ° C. Als Lichtquelle diente das Licht eines Auerbrermers. Die Bestimmung des Brechungsexponenten erfolgt mit diesem Apparat mit einer Genauigkeit bis auf etwa 2 Einheiten der 4. ])ezimale. ])as Abbesehe I~efraktometer ist also nicht ganz so genau wie das yon P u l f r i c h , dessen Genauigkeit etwa 4--5 Einheiten der 5. De- zimale betrggt, doch ist es fiir unsere Zweeke vollkommen ausreichend.

Es geniigt ein kleines TrSpfchen der zu untersuchenden Augenfliissig- keit, falls man dieses in sehmalen Streifen auf dem dem Beobachier zugekehrten I)rittel, parallel der sehmaten Seite der nach tterunter- klappen horizontal stehenden Basis des nnteren Flintprismas, auf- trggt. Naeh einigen Minuten kann die Ablesung erfolgen. Ieh habe stets mehrere Einstellungen and Ablesungen ausgefiihrt (4) und bei abwei- ehenden Resultaten das Mittel genommen.

Nach Feststellung des Breehungsindex erfolgte die ehemisehe Unter- .suehung auf EiweiB des Vorderkammerpunktates.

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Experimentelle Untersuchungen ilber die intraokulare SaftstrSmung. 7

Quantitative Eiweil~bestimmungen sind bei so kleinen Fliissigkeits- mengen, wie sie hier zur Verffigung stehen, mit Schwierigkeiten ver- bunden. So ist die sonst exakteste Methode, die W~gung des ausge- f~llten und getroekneten Eiweil~niedersehlags gar nieht durehffihrbar. We s sel y 64) ging daher so vor, daft er das in ldeinen ReagensrOhren ge- fiillte Kammerwasser mit dem halbert Volumen yon E s b a e h s Reagens mischte und den entsprechenden Niederschlag verglieh mit einer vet- her angefertigten Skala yon verschiedensten Serumverdiinnungen yon bekanntem Eiweiftgehalt, an denen die Esbaehsche Reaktion unter Einhaltung der gleichen Fltissigkeitsraengen angeste]lt worden war. W~hrend es We s se 1 y gelang, auf dieses Weise den EiweiitgehMt bis auf 0,01°/o genau zu sch~tzen, berichtet K n a p e ~2), dal3 er mit dieser Methode keine befriedigenden I~esultate erhalten babe, so dal~ er oft zwischen 0,02--0,07% erheblich schwankte.

Da nun welter feststeht, dab sehr geringe EiweiItme~_gen nach Es - b a e h s Methode sieh [iberhaupt nicht niedersehlagen, und aueh die Tem- peraturverh~ltnisse dabei eine grol~e Rolle spieIen, so da~ sie bei Eiweifi- mengen unter 1/2°/00 erheb]iehe Fehlerquellen in sieh birgt (Sahli), babe ieh, zumM aueh die Skala nach ein~ger Zeit dutch weiteres Zusammen- sinken des Eiweil3niederschlags sich ~ndern muf~te, ein anderes Verfahren angewandt.

Eine genau abgemessene Menge yon Vorderkammerwasser (0,6 ecru) wurde in ein kleines, in seinem unteren Ende stark verengtes, sogenalmtes Nisslsches l%Shrchen gefiillt, wie es zur Untersuchung der Cerebro- spinalfliissigkeit Verwendung finder, mit einer bestimmten Menge E s b a e h s Reagens (0,4 ecru) gut vermiseht und darauf mit elektrischer Zentrifuge, ~hnlieh wie A u f r e c h t dies zuerst zur quantitativen Eiweil~- bestimmung im Urin tat, 15 Minuten lung zentrifugiert.

Um ein genaues Mal~ ffir die abgesetzte Eiweil3menge zu erhMten, markierte ieh naeh jeder Bestimmung die HShe des Eiweil3absatzes aul~en am Glas mit einigen feinen Punkten, entleerte sodann das RShr- ehen und ffillte es genau bis zu den angebraehten Marken mit Queck- silber, das ieh d~nn in ein vorher gepIiiftes, gleichweites etwa 1 mm diekes Capillarrohr saugte, we die L~nge des Queeksilberfadens leieht durch Abmessen mit dem Zirkel zu ermitteln war.

Auf diese Weise konnte ich den r e l a t i v e n E i w e i l 3 g e h a l t vet- schiedener LSsungen durch Messung sehr genau feststellen.

Um nun aueh a b s o l u t e W e r t e zu erhalten, bestimmte ieh die HShe des EiweiBabsatzes im ZentrJfugierrShrehen yon einer EiweiB16sung yon bekanntem Eiweil~gehalt yon 1/10~/o (die ich mir wiederholt dutch 20 faehe Verdiinnung yon 0,6 ccm starker eiweil~hMtigen Vorderkammer- punktates herstellte, und deren Eiweiftgehalt ich mittels des Albumi- meter yon E s b a e h und S e h e l e n z ermittelte).

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8 E. SeideI:

Eine solche 1/10 proz. EiweiBlOsung zeigte im ZentrifugierrShrchen einen Eiweigabsatz, der, wie die Ausmessung mit Queeksilber zeigte, ein Vo- lumen einnahm yon I~/loo o ecm, was einem Queeksilberfa.den in meinem Capillarrohr yon 12 em Liinge entspraeh. D a m m z. B. bei wiederholten Eiweigbestimmungen vom normMen Vorderkammerwasser nut ein EiweiBabsatz gefunden wurde, der, in Queeksilber a~sgemessen und in die CapillarrShre anfgesaugt, eine Fadenlgnge yon 3 em ergab, so muBte der EiweiBgehalt des normalen Vorderkammerwassers bei der Katze viermal geringer sein, d .h . 1/40% betragen, was genau dem yon We s s e l y beim Kaninehen gefundenen Werte entsprieht.

Auf diese Weise wurde der den versehiedensten Breehungsindiees entsprechende EiweiBgehalt der Vorderkammerfliissigkeit bestimmt'.

Bei h6herem EiweiBgehalt des Vorderkammerwassers, wenn der Breehungsindex mehr als 1,3364 betrug, verdiinn~e ieh das Punkta t (0,6 ecru) 20 oder 25 real mi~ destilliertem Wasser oder lohysiotogiseher Koehsalzl0sung (was keinen Un~ersehied ergibt) und untersuehte nun die Verdiinnung in der oben besehriebenen Weise, wghrend ieh gleieh- zeitig mit dem anderen Tell der Fliissigkeit, die ja darm in geniigender Menge vorhanden war, mittels des E s b a e h sehen oder S e h e le nzsehen Albumimeters das bekamate Oliginalverfahren anstellte, wobei ieh wertvolle Kontrollen erhielt. - - Dag bei diesen Bestimmungen mit so kleinen Fliissigkeitsmengen, die fiir das quanti tat ive physiologiseh- ehemische Arbeiten iibliehen Kautelen aufs peinliehste anzuwenden sind, braueht kaum gesagt zu werden.

Bei zahlreiehen Untersuehungen mit dieser Methode babe ieh, nach Eliminierung einiger t~ehlerquellen, (die einmal an den groben Fehlern der an den kgufliehen NisslrShrehen angebrachten Graduierung lagen, auf die ieh reich leider anfangs verlassen hatte, das andere lV[al abet anf dem infolge Kurzsehlusses unregelmgl3igen Gang der Zentrifuge beruhten), recht genane und gut iibereinstimmende Resultate erhalten, wie aus der folgenden Zusammenstellung yon 38 v611ig gelungenen Versuehen hervorgeht.

Im Vorderkammerwasser der Katze land sieh bei einem Brechungsexponenten yon: ein Eiweiggeha]g in Prozenten yon:

Versuch: 1. n = 1,3353 . . . . . . . . . . 0,026 ]

4 i 2. n ~ 1,3354 . . . . . . . . . . 0,025 1 0,025 3. n--1,3352 . . . . . . . . . . 0,025 J 4. n = 1,3355 . . . . . . . . . . 0~043 5. n = 1,3356 . . . . . . . . . . 0~04 6. n - - 1,3357 . . . . . . . . . . 0,0526" 7. n = 1,3357 . . . . . . . . . . 0,0526 0~058

8 8. n = 1,3357 . . . . . . . . . . 0,07

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Exper imen te l l e U n t e r s u c h u n g e n fiber die in t raokulare Saf t s t r6mung. 9

9. n = 1,3358 . . . . . . . . . . 0 , 0 7 - - 0 , 0 8 10. n = 1,3358 . . . . . . . . . . 0,086

9 11. n = 1,3358 . . . . . . . . . . 0,073 0 ,084

9 12. n ~ 1,3358 . . . . . . . . . . 0,12

9 13. n = 1,3359 . . . . . . . . . . 0~169

8

14. n = 1,3360 . . . . . . . . . . 0,2 15. n ~ 1,3360 . . . . . . . . . . 0,2 ~ 0 ,2 16. n ~ 1,3361 . . . . . . . . . . 0~3 17. n = 1,3362 . . . . . . . . . . 0,45 18. n = 1,3362 . . . . . . . . . . 0,313 t 0 ,414 19. n = 1,3362 . . . . . . . . . . 0,4 20. n = 1,3364 . . . . . . . . . . 0,6 21. n 1,3365 . . . . . . . . . . 0 , 6~ 0~6 22. n = 1,3369 . . . . . . . . . . . 0 ,7 - -0 ,8" 23. n ~ 1,3369 . . . . . . . . . . 0 ,7 - -0 ,8

8 0~79 24. n = 1,3369 . . . . . . . . . . 0,84

8

25. rt = 1,3370 . . . . . . . . . . 1~0 . . . . . . . . . . . 1 , 2} 26. n 1,3374

27. • 1,3374 . . . . . . . . . . 1,6 1 ,8 5

28. n ! ,3374 . . . . . . . . . . 1,2 29. n = 1,3380 . . . . . . . . . . 1~4 30. n ~ 1,3385 . . . . . . . . . . l~S 31. n ~ ! ,3390 . . . . . . . . . . 2~25 32. n = 1~3395 . . . . . . . . . . 2

33, n = 1~3398 . . . . . . . . . . 2,6 34. n 1,3399 . . . . . . . . . . 2 , 6~ 2.5 35. n 1,3400 . . . . . . . . . . 2,4 J 36. n = 1,3429 . . . . . . . . . . 4 37. n ~ 1,3432 . . . . . . . . . . 4~2 38. n ~ 1,3440 . . . . . . . . . . 5~2

B e i V e r s u c h 1 - - 3 h a n d e l t e s s i c h u m n o r m a l e s K a m m e r w ~ s s e r ;

e s w u r d e b e i j e d e m d i e s e r V e r s u c h e j e 0 , 2 c e m ~ u s d e r V o r d e r k ~ m m e v

y o n 3 v e r s c h i e d e n e n , u n b e r i i h r t e n A u g e n e n t n o m m e n . D a e s m i r b e -

s o n d e r s d a r a u f a n k a r a , m 6 g l i c h s t s i c h e r d i e E i w e i l 3 w e r t e f e s t z u s t e ] l e n ,

d i e s o l c h e n B r e e h u n g s e x p o n e n t e n e n t s p r e e h e n , d i e n u r g e r i n g e A b :

w G i c h u n g g e g e n d i e 2xTorm z e i g t e n , so w u r d e n b i s n = 1 , 3 7 7 4 w i e d e r -

h o l t e U n t e r s u c h u n g e n z u r K o n t r o l l e v o r g e n o m m e n ( V e r s u c h 1 - - 2 8 ) ,

d i e , w i g m a n a u s d e r T a b e l l e e r s i e h t , i m g a n z e n g u ~ i ~ b e r e i n s t i m m t e n

O b g l e i e h b e i d e r U n t e r s u e h u n g y o n s t a r k e i w e i B h a l t i g e m V o r d e r -

k a m m e r w a s s e r ( f ibe r n = 1 , 3 3 8 0 V e r s u c h 2 9 - - 3 8 ) a u s e i n e r R e i h e y o n

G r i i n d e n d i e t m v e r m G i d l i e h e n V e r s u c h s f e h l e r gr61~er w e r d e n m u B t e n ,

~o z e i g t d o c h e i n V e r g l G i c h m i t d e n A n f a n g s w e r t e n d e r R e i B s e h e n T a -

Page 10: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

10 E. Seidel:

belle fiir das Blutserum ~o), an die unsere letzten Werte gleiehsam den AnsehluB herste!len, eine reeht befried~gende Ubereinstimmung.

Die festgestellten Beziehuv_gen yon Breehungsindex zum Eiweig- gehalt lassen sieh besser iiberblieken, wenn man die sieh entspreehenden Werte auf ein reehtwinkliges Koordinatensystem iibertrggt und z. B. die Breehurgsexponen~en als Funktion des EiweiBgehaltes darstellt. Abb. 1 zeigt yon dieser Kurve den Anfangsteil, der ja ffir die uns be- schgftigenden Fragen hauptsgehlAeh Interesse beanslorueht und deshalb mOgliehst genau experimentell ergriindet wurde. Als Ordinaten sind die Breehungsexponenten, als Abszissen die EiweiBwerte in Prozenten aufgetragen.

77

75

7~

69

67

g S ~

59

57

"7 53

gl~g¢/z2 ¢N]~oN~ , o,2 o,~ 0,~ 0,5 o,~ o,~ o,8 o,~ ,:a :,4 :,2

Abb. 1.

Als Eiweigwert wurde, falls mehrere Untersuchungen mit differenten Resultaten vor]agen, das arithmetische Mittel aus diesen genommen.

Man erkennt, dal3 die erhaltene Kurve in einer kurzen Anfangs- streeke zun~chst steil in die ttShe steigt, urn sich bald zu wenden, um nun armiihel~ad in einer Geradelx zu verlaufen.

Ganz im Anfang wird also trotz der auf~retenden gleiehen ErhShung der Brechungsindiees eine geringere Eiweigmenge gefunden als spi~ter, wo (ira annghernden geraden tIauptverlauf der Kurve) einer EiweiB- zunahme yon bestimmter GrSl3e eine ganz bestimmte, gleichbleibende Zunahme des Breehungsindex entsprieht.

Ieh will reich damit begniigen, diese experimentell gefundene Tat- saehe festgestellt zu haben, ohne hier die ErklgrungsmOgliehkeiten (oh z. 13. dutch Punktion der Vorderkammer eine Salzvermehrung ein- tr i t t [Pe t e r s a6)], die ihrerseits den Breehungsindex erhSht, oder ob, wie sehon friiher angedeutet wurde, alas zuerst aus dem Blutserum aus- tretende EiweiB mi~ den SMzen des Vorderkammerwassers ehemisehe Umsetzungen eingeht, die den hOheren Breehungsindex hervorrufen)

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare Saftstr0mung. 11

weiter zu diskutieren. Die an und fiir sich interessante Frage kann meines Erachtens nur experimentell in Angriff genommer~ werden, was aber sp~teren Untersuchungen vorbehalten bleiben mug, da es zur Zeit zu sehr yon dem hier zu behandelnden Thema abfiihren wiirde. - -

D a m a n m i t H i l f e d e r a u f g e s t e l l t e n T a b e l l e f i i r j e d e n be- l i e b i g e n B r e c h u n g s i n d e x d e n a n n ~ h e r n d e n E i w e i i t g e h a l t e r m i t t e l n k a n n , so i s t d ie A u f g a b e , d ie B e z i e h u n g e n des B r e c h u n g s i n d e x z u m E i w e i g g e h a l t z u e r m i t t e l n , h i e r m i $ g e l S s t .

I)iese Feststellungen werden night nur, wie wit sehen werden, fiir unsere besonderen Zweeke yon groBem Nutzen sein und uns zur sicheren Basis dienen, sondern diirfen wohl aueh noch eine allgemeinere Be- deutung beanspruehen, da mit ihnen eine r e f r a k t o m e t r i s e he IV[e- r h o d e z u r B e s t i m m u n g des E i w e i B g e h a l t e s des K a m m e r - w a s s e r s gegeben ist.

So mSeh~e ieh z. B. zum Sehlul~ nut kurz darauf hinweisen, dab bei vielen die wichtigen Untersuehungen yon L o e we n s t e i n und K u bi k 42) wohl erh6htes Interesse hervorrufen werden, wenn sie die yon diesen Autoren bei versehiedenen ~anipulat ionen am Auge beobaehteten und in Skalenteilen des P u] f t i e hsehen I~efraktometers angegebenen Aussehlgge', mit denen wohl die meisten selbst naeh Umreehnung in den Breehungsexponenten keine reehte Vorstellung verbinden kSnnen, mit- tels der oben aufgestellten Tabelle, gleiehsam als Sehliissel, in Eiweig- prozente iibertragen.

2. U b e r die e h e m i s e h e B e s e h a f f e n h e i t des C i l i a r k S r p e r - s e k r e t e s .

a) D a s p h y s i o l o g i s e h e C i l i a r k S r p e r s e k r e g .

Da der Inhal t der hinteren Augenkammer, das I t interkammerwasser, allgemein aueh yon den Gegnern L e b e r s als ein Produkt des Ciliar- kSrpers angesehen wird*), so stellt die am intakten Auge dureh Punktion tier Hin terkammer gewomlene trliissigkeit physiologisehes Ciliark6rper- sekret dar.

Die Punktion der Hin terkammer wurde am leieht mit Ather narko- tisierten, aufgespannten Tiere ausgefiihrt.

Man fixierg am besten den Bulbus dureh ]~assen der Bindehaut hart am Limbus mit ehirurgischer Pinzette und stieht die mit kurzer sehaffer Nadel armierte Glasspritze, dig in eine Capillare auslguft, bei der Katze 4 - -5 m m vom Limbus entfernt, senkreehg dutch die Selera (etwa auf den Mittelpunkt des Bulbus zielend), um sofort naeh Aufh6ren des Widerstandes die Spritze zu senken, um die Nadel parallel der Irisebene,

*) H a m b u r g e r , loc. oat,, S. 32.

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12 E. Seideh

nur bis wenig fiber den Irisansatz hinaus, in die hintere Kammer vo~- zuschieben. Bei gelungenen Versuchen t r i t t nun spontan, hiiufiger a b e t erst auf leiehte Aspiration ein kleiner Trol0fen Fliissigkeit in die Capillare der S p r i t z e , die alsdann sofort yon der Nadel, die vorlaufig stecken- bleibt, abgenommen wird, um mit dem gewonnenen Inhal t das A b b e - sche Refraktometer in schon angegebener Weise zu besehieken.

Die Punktion der Hinterkammer karm aus den verschiedensten Grfinden miBgliieken. Selbst werm sich die Nadel frei in der Hin te r - kammer befindet, erh~lt man h~ufiger ~uch durch Aspiration keine Fliissigkeit, wenn Iris oder Zonula angesaugt werden and sieh wie ein Ventil gegen die Nadel6ffnung legen. Dutch Rota t ion der Spritze um ihre L~ngsaehse karm man gelegentlieh dieses Hindernis beseitigen.

Eine sehr unangenehme Komp]ikation ist dann gegeben, wenn, was leicht vorkommen kann, die Nadelspitze auf ihrem Weg in die Hinter- kammer die Linse streift, da die z~hen Linsenmassen den Nadeleingang lest verstopfen k6nnen und dann jeden Flfissigkeitsaustritt dureh die Kanfile verhindern.

Da nun weiterhin gelegentlieh Experimente miftglficken, weft die erhaltene Flfissigkeit sieh ffir die reiraktometrische Untersuchung als unbrauchbar erweist, sei es nun, dag ihre 3/Ienge zu klein ist, oder daf t sie Blutbeimengung enthi~lt, so wird man sich nicht wundern, daft ieh nur in kaum 50% der Versuche mit der Hinterkammerpunkt ion Erfolg hatte. Allerdings babe ich nur v611ig einwandfreie Versuche berfick- sichtigt, bei denen s o f o r t nach glat t verlaufenem Einffihren der Nade[ in die Hinterkammer ein Flfissigkeitstr6pfchen zu erhalten war.

Auf diese Weise babe ieh von 10 normalen Augen (8 real bei der Katze, 2ram beim Kaninchen) Hinterkammerwasser gewonnen und dasselbe ebenso wie das Vorderkammerwasser desselben Tieres refraktometriseh untersucht. Zun~chst verfuhr ieh so, dab ich an einem Auge die Hinter- kammer punktierte und d~rauf am anderen Auge des Tieres die Vorder- kammer, sparer, Ms ich reich fiberzeugt hat te , daft dadurch keine Fehler- quellen gesehaffen wurden, ging ich stets so vor, dab ieh sofort naeh ~us : gefiihrter Punktion der Hin terkammer mit einer zweiten, bereit gehal- tenen Spritze Vorderkammerwasser aus demselben Auge entnahm. Be i a l l e n 10 A u g e n w u r d e d e r B r e e h u n g s i n d e x des I - I i n t e r - k a m m e r w a s s e r s g l e i c h d e m j e n i g e n des V o r d e r k a m m e r w a s - s e r s g e f u n d e n, woraus die chemisehe Identi tgt beider Flfissigkeiter~ einwandfrei hervorgeht. D a n u n n a c h d e r a l l g e m e i n e n , a u e h y o n H a m b u r g e r g e t e i l t e n A n s i e h t d a s H i n t e r k a m m e r w a s s e r e in P r o d u k t des C i l i a r k S r p e r s d a r s t e l l t , so i s t h i e r m i t d e r B e w e i s e r b r a e h t , daft d a s p h y s i o l o g i s e h e C i l i a r k 6 r p e r s e k r e t d i e s e l b e e h e m i s e h e Z u s a m m e n s e t z u n g wie d a s p h y s i o l o - g i s e h e V o r d e r k a m m e r w a s s e r a u f w e i s t , und dab somit yore 'Be-

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Experimentelle Untersuchungen ilber die intraokulare SaftstrSmung. 13

stehen grObster ehemiseher Differenzen zwisehen beiden Flfissigkeiten, wie das yon H a m b u r g e r immer wieder naehdrfiekliehst behauptet women ist, gar keine l~ede sein kann.

b) ] )as C i l i a r k S r p e r s e k r e t n a e h m i n i m a l e n V o r d e r - k a m m e r p u n k t i o n e n .

Um eine kleine, mSgliehst begrenzte Flfissigkeitsmenge aus der Vorderkammer zu entnehmen, staeh ieh eine gewShnliehe Diszissions- nadel am Limbus subconjunetival in die Vorderkammer. Sofort naeh Herausziehen der Nadel t ra t ein Tropfen VoMerkammerwasser aus dem Stiehkanal aus, was man sehr deutlieh an dem auftretenden Binde- hautpolster erkennen kann.

Das naeh .einiger Zeit dureh Punktion der Hinterkammer gewonnene Ciliarsekret ergab folgende refraktometrisehe Resultate: Versuch I. n = 1,3358 =- 0,056% EiweiB (5 Min. nach Entnahme eines

Tropfens aus der Vorderkammer). Versueh II. n = 1,3359 ~- 0,16°/o EiweiB (11 Min. nach Entnahme eines

Tropfens aus ~er Vorderkammer). Versuch III . n = 1,3364 ---- 0,6% EiweiB (25 Min. nach Entnahme eines

Tropfens aus der Vorderkammer). W~hrend der physiologisehe InhMt der vorderen und hinteren Augen-

kammer, naeh zahlreichen Versuehen, die an Katzen in verschiedenem Ern~hrungszustande mit dem Abbesehen Refraktometer ausgefiihrt wuMen (das, wie bereits erwahnt, mit einer Genauigkeit arbeitet bis auf 2 Einheiten der 4. Dezimale), stets einen Brechungsindex yon n = 1,3351--1,3354 ergab, was, wie festgestellt, einem Eiwei[3gehalt yon etwa 0,025% entsprieht, so sieht man, daB naeh minimalen Vorder- kammerpunktionen das Ciliarsekret einen deutliehen refraktometri- sehen Aussehlag gegen die Norm erkennen l~iBt, woraus mit Hilfe der frfiher ausgearbeiteten Tabelle der Eiweil~gehalt sofort ersehlossen werden karm.

Der Eiweiftgehalt des Ciliark6rpersekretes naeh Entnahme eines Tropfens Flfissigkeit aus der Vorderkammer unterseheidet sich demnaeh yon demjenigen des normalen Vorderkammerwassers in Versuch I nur um 3/10o%, in Versueh I I um 1he %.

Es ist hiermit also festgestellt, daft aueh das pathologisehe Ciliar- k6rpersekret, wie es hervorgerufen wird durch sehr geringe Vorderkammer- punktionen, sieh nur auBerordentlieh wenig chemisch bezfiglieh seines Eiweil~gehaltes veto normalen VoMerkammerwasser unterscheidet, so dab 1nan aueh hier keinesfa]ls veto Bestehen gr6bster chemischer Diffe- renzen zwisehen beiden Flfissigkeiten spreehen kann.

Diese Feststellungen s~ehen keineswegs etwa in Widerspruch mit der Tgtsache, dab nach Entleerung der Vorderkammer veto Ciliark/Srper ein stark eiweil3haltiges Sekret abgesondert wird, das tatsgchlieh sehr

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14 E. Seidel:

betr~cht]iche chemische I)ifferenzen gegenfiber dem normalen Kammer- wasser aufweist. Ich habe das refraktometrisch wiederholt festgestellt.

So fand ich 25 Minuten nach vollstandiger Entleerung der Vorder~ kammer bei der Katze einen Brezhungsindex des regenerierten Kammer- wassers yon n = 1,3420, was, wie aus der aufgestellten Tabelle hervor- geht, einem EiweiBgehalt yon etwa 3,5% entspricht, und 25 1Vfinuten nach Entnahme yon 1/5 ccm aus der Vorderkammer stellte ich einen Breehu~gsindex des Hil]terkammerpunktates yon n = 1, 3404 fest, was einen EiweiBgehalt yon 2,5% ergibt.

_~hnliche Beobachtu~gen waren es ja, die zuerst E h r l i c h s) dazu veranlaBten, die sp/iter yon H a mb u r g e r welter ausgebaute Lehre auf- zustellen, dab der Ciliark6rper nut stark eiweighaltiges Sekret liefern k6nne und daher als Quelle des physiologischen fast eiweiBfreien Vorder- kammerwassers nicht in Betracht k~me.

Meine Versuchsergebnisse haben indessen gezeigt, dab die H6he des Eiweiftgehaltes im Ciliark6rpersekret abhangig ist yon der Intensit~t des gesetzten l~eizes d.h. der AusgiebJgkeit der Vorderkammerpunktion. Nach vollst/~ndiger Entleerung der Vorderkammer, sowie nach Ent- ziehung gr6Berer Me~gen Flfissigkeit, wird in der Tat ein Ciliarsekret in der Hinterkammer gefunden, das grobe ehemische Differenzen gegen- fiber dem normalen Vorderkammerwasser aufweist, bei kleinen I~e~zen, d. h. bei sehr geri~ger Entnahme aus der Vorderkammer, unterscheidet sieh jedoeh das abgesonderte Ciliarsekret nur sehr wenig yore physio- logischen Kammerwasser, und am intakten Auge ist fiberhaupt zwischen beiden l~]fissigkeiten kein Untersehied vorhanden.

Die a n g e s t e l l t e n V e r s u c h e h a b e n s o m i t die A n s i e h t H a m - b u r g e r s , de r n u t s t a r k e i w e i B h a l t i g e s C i l i a r k 6 r p e r s e k r e t k e n n t , das s t e t s die g r S b s t e n c h e m i s e h e n I ) i f f e r e n z e n g e g e n - f iber d e m p h y s i o l o g i s c h e n K a m m e r w a s s e r a u f w e i s e n so l l , a ls u n r i c h t i g e r w i e s e n , u n d ieh muB d a h e r s e i n e m e r s t e n G e g e n b e w e i s , d e n er d e r L e b e r s c h e n L e h r e g e g e n f i b e r a u f - s t e l l t , als a u f u n r i c h t i g e n V o r a u s s e t z u n g e n b e r u h e n d , j e d e B e w e i s k r a f t a b s l o r e e h e n .

3. ~Jber d ie e h e m i s e h e B e s e h a f f e n h e i ~ des , , I r i s - S e k r e t e s " .

In frfiheren Untersuehunger~ 5~), die ieh gemeinsehaftlich mit Th. L e b e r unternahm, habe ieh gezeig~, dab aus der bloBgelegten (mittels Ohrspeculum eingestellten, durch~Lupenvergr6Berung betrach- teten, und mit Stirnspiegel kiinstlieh beleuehteten) Irisvorderfl~che der Katze der Austritt yon minimalen Spuren yon Fliissigkeit direkt beobachtet werden kann.

Als Mall fiir die Gesamtausseheidung der gesamten Irisvorderfl/iehe erhielt ich als Mittel einer l~eihe yon W~gungen 17 mg in der IV[inure;

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare Saftstrfimung. 15

also etwa 1/4 Tropfen, wghrend die zum Vergldeh festgestellte gesamte Kammerwasserabsonderung (wghrend der ersten Viertelstunde) 1/2 0 cem, also etwa einen Tropfen in der Minute betrug.

Es mugte nun sehr nahe liegen, woranf aueh E l s c h n i g gesprgehs- weise, im AnschluB an meinen tteidelberger Vortrag hinwies, das durch diesen ,,Ohrtrichterversuch" mit Sicherheit nachgewiesene Irissekret refraktometrisch zu untersuehen. Leider war die minimale Flfissigkeits- menge bei dieser Versuchsanordnu~g, die doch immer nur einen kleinen Teil der Irisvorderflgche (etwa 1/10) zu untersuchen erlaubte, viel zu gering, um sin erfolgreich zu refraktometriseher Untersuchung zu ver- wenden.

Ich griff daher zurfick auf eine gemeinsam mit Th. L e b e r ausge- arbeitete Versuehsanordnung zur Prfifnr_g der Irissekretion, die den Vor- tell darbot, dal3 zur Gewinnung des Irissekretes nich~ nur ein kleiner Tell, sondern die gesamte Irisvorderfli~che zur Verffigung stand.

Wenn wir auch mit dieser Methode bei unseren gemeinsehaftlieh angestellten Versuchen fiber die Beteiligusg der Iris bei der Kammer- wasserabsonderung kein eindeutiges positives Resultat erhalten hatten, wie ich an anderer Stelle as) schon berichtet babe, so konnte ieh doch bei mehrfachen Wiederholur_gen dieser Versuche, nach Anwendusg einer scheinbar unwesentlichen Modifikation, acf die ich dutch physikalisehe Versuehe fiber die Steigh6he yon Flfissigkeiten versehiedenen EiweiB- gehaRes in Capillarrohren gekommen war, nun ebenfalls stets den Aus- t r i t t yon FlfissSgkeitsspuren aus der Iris nachweisen.

Es wurde in _~the~arkose am eserinisierten Katzenauge nach Ab- tragung der t tornhaut die durch das M;~otieum bis auf einen linearen Spalt verengerte Pupille mittels einer zu diesem Zwecke konstruierten kleinen, leichten, sich selbst haltenden Klemme fest verschlossen. ])ar- auf wird ein hohler Glaszylinder, dessen 13urehmesser nut wenig kleiner ist als der ]~urehmesser der Iris, fiber die Iris gestfiIpt, so dab er mit seinem 2 mm breiten, mat t gesch]iffenen unteren Rande der Irisperi- pherie dieht aufsitzt, die Irisoberflgehe durch sanftes Andrficken eines kleinen WatteflSckehens oder nines Stfickchen FlieBpapiers sorgfgltig getroeknet, der Glaszylinder darauf mit einem kleinen Glasdeckel ver- sehen und die so hergestellte kfinstliche Vorderkammer aus Glas mehrere Minuten lang sanft angedrfiekt gegen die Ir is gehalten.

Nachdem der Versueh einJge Minuten im Gang gewesen war, wurde nun an Stelle des frfiher verwendeten Capillarr6hrehens eine kleine Saug- pipette (Augentropfglas) in die kfinstliehe Glaskammer naeh Entfernung des Deekels yon oben her eingeffihrt, und es gelang nun, obgleieh die Irisoberfl/iehe wie in den friiheren Versuehen keine merkliehe Befeueh- tung erkennen lieB, stets eine Spur Fliissigkeit vom Boden zu aspirieren, die zur refraktometrisehen" Untersuehtmg geniigte.

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16 E. Seidel :

Bei drei in jeder Hinsicht glatt verlaufenen und vol]kommen ge- lungenen Experimenten erhielt ieh bei der refraktometrischen Unter- suchung des I~'issekretes und des gleichzeitig abgesonderten, durch Punktion der Hinterkammer gewonnenen Ciliark6rpersekretes folgende Resultate :

Irissekret EiweiB CiliarkSrpersekret tgiweiB

Versuch I n = 1,3395 = 2% n = 1,3409 = 3% ,, I I n = 1,3441 = 5% n = 1,3450 ~ 5~/2~o ,, I I I n = 1,3441 = 5% n = 1,3410 = 3%

E s e r g i b t s i c h a u s d i e s e n V e r s u c h e n d i e i n t e r e s s a a t e T a t s a c h e , d a b n a c h a u f g e h o b e n e r V o r d e r k a m m e r d a s n a c h w e i s b a r e I r i s s e k r e t s t a r k e i w e i g h a l t i g i s t u n d d e m u n t e r d e n s e l b e n B e d i n g u n g e n a b g e s o n d e r t e n C i l i a r - s e k r e t i m W e s e n v611ig g l e i e h t .

Auch aus diesen Versuchen geht wiederum die UnhMtbarkeit der schon im vorigen Abschnitt als verfehlt nachgewiesenen H a m b u r g e r - schen Vorstellungen hervor. Denn da nunmehr einwandfrei festgestellt ist, dag auch zwischen nachweisbarem Irissekret und physiologisehem Kammerwasser die grSbsten ehemisehen Differenzen bestehen, mfil3te H a m b u r g e r konsequenterweise nun auch die Iris Ms Quelle des Kammerwassers ablehnen, da er ja bekanntlich gerade aus demselben Grunde dem CiliarkSrper die Fghigkeit, normales Kammerwasser zu bilden, abspricht.

Ieh begniige reich bier mit diesem Hinweis, um meine Ansieht fiber die Frage der Beteiligung der Iris bei der physiologischen Kammer- wasserbildung erst spgter auf Grund weiterer experimen~eller Erfah- rungen eingehend darzulegen.

Da die Technik der eben besehriebenen Experimente nicht ganz leicht ist, wovon ieh reich bei etwa 50 derartigen Abklemmungsversuehen fiberzeugte, ist es nStig, d~13 zu Beginn und am Ende des Versuches der Pupillenabsehlug auf seine Diehtheit mit Fliegpat0ier gepriift wird. Auch mug das aspirierte Irissekret zu refraktometriseher Untersuchung v611ig farblos sein und darf nieht etwa Blutbeimengungen enthalten, worauf ieh hier nochmals besonders hinwe~sen m6ehlbe, da gerade diese letzte Forderung trotz tadelloser Teehnik nieht immer zu erffillen ist, weil hgufiger sehonnaeh dem Hornhautsehnitt . naeh Abfliegen der Vorder- kammer , dureh die hierdurch auftretende st~rke Druckherabsetzung kleine Blutaustri t te aus der v611ig unverletzten' Iris beobaehtet werden.

Um dem etwaigen Einwande zu begegnen, dag der festgestellte hohe Brechungsindex des Irissekretes dutch teilweise Verdunstmlg der ausgesehiedenen :Flfissigkeit auf der Irisoberflgehe zustande gekommen sei, babe ieh einen Tropfen normales Vorderkammerwasser auf einen auf 38°C im Paraffinofen erwirmten Glaswfirfel gebraeht, die zu den

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare Saftstr~imaag. 17

Tierversuchen beniitzte Glaskammer dariiber gestiilpt und nach 5 Mi- nuten, der ungef~hren Dauer der oben geschilderten Versuche, die Fliis- sigkeit abgesaugt und refraktometrisch untersucht.

Bei drei derartigen Versuchen kolmte ich nur einmal eine Steigertmg des Brechungsindex yon n = 1,3554 auf n ---- 1,3357 feststellen, also eine Zunahme, die fiir die in unsern Versuehen beobachteten Ausschl~ge als ~ehlerquelle nicht in Betracht kommen k~nn.

Der festgestellte, hohe Eiweiftgehalt des nachweisbaren Irissekretes erkl~rt nun aueh ohne weiteres sein vom Wasser oder physiologischen Kammerwasser verschiedenes Verhalten der Capillarattraktion gegeniiber.

D~ die arts der Iris austretende Fliissigkeit verm6ge ihres hohen Eiweiggehaltes sehr z~he und diekflfissig ist und aufterdem Neigung zur Gerinnung zeigt, geniigt oft bei den sehr geringen Quantit~ten die bloge Capillarattraktion nicht, um sie in die CapillarrShre iibertreten zu lassen, was jedoch dureh leiehte Aspiration mittels Saugpipette gelingt.

4. 13bet die Ursaehe der ver~inder ten c h e m i s e h e n Z u s a m m e n - s e t z u n g des H u m o r a q u e u s nach P u n k t i o n der v o r d e r e n

A u g e n k a m m e r .

Nach Wesse ly 65) ist die Ursache der veri~nderten ehemisehen Zusammensetzung des Humor aqueus nach Punktion der vorderen Augenkammer in der infolge der Druekherabsetzung auftretenden Hyperi~mie der Ciliargef~fte zu suchen.

Wird diese Hyper~mie verhindert, was Wesse ly dureh subeon- junctivale Adrenalininjektionen (sowie durch F~radisation des Sym- pathicus) erreiehte, dann wurde selbst nach vollst~ndiger Entleerung der Vorderkammer bei Kaninchen nieht wit sonst tin reichliehes eiweiB- und fibrinreiches, sondern ein spiirliches, eiweigarmes, dem physiolo- gisehen Kammerwasser g]eiehendes Sekret abgesondert.

Dureh diese Versuche wgre vomit der Beweis erbracht, daft der Ciliar- k0rper dureh Verhinderung der durch die Punktion hervorgerufenen artifiziellen Hyper~mie normales Kammerwasser absoadert, und dab die beobachteten, ehemischen Differenzen zwisehen physiologischem und regeneriertem Humor aqueus nur dureh den Fiillungszustand der CiliarkSrpergef~fte bedingt ist.

Gegen diese Deutung des Wesselysehen Adrenalinexperimentes erheben sowohl H a m b u r g e r als auch Weift den Einwand, dab es nieht bewiesen sei, da~ der eiweiBarme Humor im mit Adrenalin behan- delten Auge wirklich vom CiliarkSrper abgesondert werde, und daft die Fliissigkeit sehr wahrseheinlieh aus dem GlaskSrper stamme.

Um diese Frage zu priifen, babe ieh eine grSBere Zahl Adrenalin- versuche bei Katzen und Kaninchen vorgenommen, wobei ich die Wes- selysehen Behmde in allen Punkten bestgtigt land.

v. Graefes Archly fiir OphthMmologie . Bd. 95. 2

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i 8 E. Seidel:

Ic~ glaube, dab die erw~hnten Einw~nde dem W e s s e l y s e h e n Adrenalinversuche mi~ Unreoht gemaeht worden sind, und zwar aus folgenden Grfinden :

Das Charakteristische des We s se lyschen Versuohs besteh~ doch zweifellos darin, daft man durch versehiedene Dosierung der angewandten Adrenalinmenge verschieden starke, vasokonstriktorische Wirkung auf die Ciliargef~Be ausiibt und dementsprechend einen Eiweiftgehalt yon versehiedener H6he im regenerierten Kammerwasser erzeugen kann. Nur bei m a x i m a l e r A d r e n a l i n w i r k u n g gewinnt man naeh Punk- tion ein ,,physiologisches Kammerwasser" , dessen Brechungsindex dem der GlaskSrperfliissigkeit nahezu gleicht (deren Brechungsexponent naoh L o e w e n s t e i n und K u b i k sowie naeh meinen Versuehen den des normalen Vorderkammerwassers nicht fibersteigt).

Bei geringerer A d r e n a l i n w i r k u n g jedoeh erh/ilt man im neu- gebildeten Kammerwasser einen gegen die Norm mehr oder weniger er- h6hten Breehungsindex und somit einen vermehrten Eiweil~gehalt; der jedoch noch immer auBerordentlieh s tark hinter dem des regenerierten Humor aqueus des nicht unter Adrenalinwirkung stehenden Kontroll- auges zuriickbleibt.

Da ich nun durch wiederholte refraktometrisehe Untersuehungen der GlaskSrperfliissigkeit, selbst nach mehrfach ausgeffihrten Vorder- kammerpunktionen yon vorher intakten Augen, n i e m a l s e ine E r - h S h u n g des B r e e h u n g s i n d e x mid somit des Eiweiftgehaltes der GlaskSrperflfissigkeit feststellen konnte, so ist ffir alle diejenigen Ver- suehe, bei denen im Adrenalinauge eine leichte ErhShung des Breehungs- index gegen die Norm im neugebildeten Humor konstatiert wird, und das ist wohl stets der Fall, mit Sicherheit bewiesen, dab diese Flfissig- keit keinesfalls, v¢ie H a m b u r g e r und Weif t glauben, aus dem Glas'- k6rper s tammen kann.

Nur ein derartiger Versuch soil angefiihrt werden.

]~ei einer Katze wurde am rechten Auge 11/2 ccm SuprareninlSsung (4 Tropfen Suprarenin HSchst 1 : 1000 auf 11/~ ecru physiolog. Kochsalzl6sung) und am linken Auge zur Kontrolle dieselbe Menge physiologiseher KoehsalzlSsung subconjuno- rival injiziert nnd n~ch 30 Minuten beide Verderkammern vollstgndig dutch Punktion entleert. 25 Minuten spgter wurde das neugebildete Kammerwasser mi~ SpriSze entnommen und refrak~ometrisch un~ersucht.

Es fanden sieh folgende Werte:

am Adrenalinauge n = 1,3362 = 0,4% Eiweift, am Kontrollauge n = 1,3420 = 3,5~/o ,,

Wenn wir die refraktometrisehen Belunde mit Hilfe unserer Tabeli~ in Eiweiftprozente ilbertragen, so ergibt sigh, daft der Eiweiftgehalt de~ unter Adrenalinwirkung regenerierten Kammerwasssers woM gegen- fiber der Norm deutlich erh0ht ist, da es etwa 10real mehr Eiweil~ ent.-

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Experimentelle Untersuchungen ttber, die intraokulare SaftstrSmung. 19

hElt als das physiologische Kammerwasse r , d a b aber sein EiweiBgehal t fas t u m das Zehn fache / i be r t ro f f enwi rd yon dem i m V o r d e r k a m m e r w a s s e r des n i ch t u n t e r Adrena l in s t ehenden Kon t ro l l auges fes tgeste]] ten, de r 140 real gr6Ber i s t als de r physiologischerweise a m i n t a k t e n Auge gefun- dene.

D a die Glask6rperf l i i ss igkei t nach zahl re ichen Versuchen s te ts e inen Brechungsexponen t aufweis t yon 1,3351--54, auch wenn wiederhol~e V o r d e r k a m m e r p u n k t i o n e n ausgeff ihr t wurden*) , so kazan das rege- ner ie r te K a m m e r w a s s e r mi t n ~ 1,3362 eben keine Glask6rperf l f iss igkei t sein **), wie das H a m b u r g e r und W e i B ftir sehr wahrscheinl ich hal ten .

DaB die fes tgeste l l te eiweiBarme Vorderkammerf l i i s s igke i t an d e m un te r Adrena l inwi rkung s tehenden Auge durch E inwi rkung der ger ingen Adrena l indos is auf den Gesamtorgan i smus zus tande k o m m e n k6rme, (woran H a m b u r g e r zu denken scheint , wenn er a n d ie E n t s t e h u n g yon Diabe tes nach Adren~l in in jek t ionen er innert) , e rscheint mi r bei dieser Versuchsanordnung , wo wir bei demselben Tiere a m Kon t ro l l - auge eine 10 mal s t~rkere Eiwei l~vermehrung kons t a t i e r en k6nnen, v611ig ausgeschlossen.

*) So fand ieh nach Vorderkammerpunktion bei der K~tze iolgende Werte: Versuch I:

Vorderkammerwasser n ~ 1,3431 ( ~ 4% EiweiB) 50 Minuten nach vollsti~ndiger Entleerung der Vorderkammer.

GlaskSrperfliissigkeit n = 1,3352 3 (-~ 0,025% Eiweil]) 50 Minuten nach voll-

st~ndiger Entleerung der Vorderkammer. Versuch I I :

Vorderkammerw~sser n ---- 1,3437 (= 4,5% EiweiB) 30 Minuten nach vollst~ndiger Entleerung der Vorderkammer.

GlaskSrperfliissigkeit n ~-- 1,335~ - ( = 0,025% Eiweii~) 35 l~Jnuten nach 2. Punk-

tion der Vorderk~mmer. Versuch h i :

Vorderk~mmerwasser n ~ 1,3368 (= 0,8% EiweiB) 11 Minuten nach Entleerung yon 0,35 corn aus der Vorderkammer.

GlaskSrperfliissigkeit n ~ 1,3353 2 (= 0,025% EiweiB) 67 Minuten nach 2. Punk-

tion der Vorderkammer. Die Bulbi wurden in ~thern~rkose enucleiert, mit FlieBpapier getrocknet

und d~rauf die Sclera mit Graefemesser in der Aquatorgegend eingeschnitten. Der sich einstel]ende GlaskSrper wurde nun angeschnitten, um die G]askSrper- fliissigkeib direkt auf das Prism~ des Refraktometers tropfen zu lassen; oder es wurde eine Gl~sspritze in den Gl~sk6rperraum eingefiihrt und durch leichtes Aspirieren die erforderliche Fliissigkeitsmenge gewonnen.

**) Auch beim Kaninchen land ich etwa 1 Stunde nach Punktion der Vorderkammer ein Kammerwasser yon n ~ 1,3360 ~ 0,2°/o EiweiB an dem unter Adrenalinwirkung stehenden Auge (bei Verwendung yon 11/2 corn einer LSsung yon 1 : 10000).

2*

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20 E. Seidel:

Aueh die weitere Vorstellung H a m b u r g e r s , dal3 die GefgBe des adre- nalinisierten CiliarkSrpers a u e h n a e h E n t 1 e e r u n g d e r V o r d e r k a m- iner sich im Stadium krampfhafter Kontraktion, gleiehsam im ,,Zustand der Erstickung", befgnden, karm ich nicht fiir zutreffend haltem Die Sache verhglt sieh naeh meinen Versuehen vielmehr so, dab infolge der Adrenalinwirkung die dutch die Punktion der vorderen Kammer sonst stets hervorgerufene, auBerordentlich starke abnorme Ausdetmung der Ciliark6rpergefgl~e nur mehr oder weniger verhindert wird, so dag nun der Zustand der Gefgl~e, nach Ablassea der Vorderkammer, infolge der Adrenalinwirkung dem physiologisehen, d. h. am intakten Auge be- obachteten, annghernd gleieht.

Den dutch verschiedene :Eingriffe hervorgerufenen Ffillungszustand der CiliargefgBe stellte ich dutch direkte Beobachtungen lest in folgen- der Weise :

1. Die zu diesem Zwecke allein brauchbaren albinotischen Kaninehen werdml nach Ausfiihrung der entspreehenden Eingriffe dureh Dekapitieren getStet, die Bulbi sofort enueleier~, mit gquato- rialem Rasiermessersclmitt erOffnet und darauf die Ciliarfort- sgtze, in denen man deutlich, sehon mit bloBem Auge, die roten Blutsgulen erkennt, naeh Entfernung der Linse mit Luloenver- grSgerung betrachtet.

2. Ni~ Hilfe des konzentrierten Liehtes der G ul l s t r a n dsehen Nernst- spaltlampe kann man sogar beim lebenden, albinotischen Tier die Iris durchleuehten und den Ffillungszustand der beim Kanin- chen auf der Irisriickseite liegenden CiliarkOrl0ergefgge durcla Vergleieh mit Kontrollaugen annghernd beurteilen.

A u f G r u n d e i g e n e r B e o b a e h t u n g e n g e h t m e i n e U b e r - z e u g u n g s o m i t d a m n , d a b d e r S e h l n B , d e n W e s s e l y a u s s e i n e n V e r s u c h e n z o g , n g m l i e h , d a b d i e U r s a e h e d e r v e r - g n d e r t e n e h e m i s c h e n Z u s a m m e n s e t z u n g d e s H u m o r a q u e u s n a e h V o r d e r k a m m e r p u n k t i o n e n ( a n d a n d e r e n l%eizen) n u t in d e r h i e r d u r c h a u f t r e t e n d e n H y p e r g m i e der C i l i a r g e f g t 3 e b e g r i i n d e t s e i , n a e h a l l e n S e i t e n d u r c h e x p e r i m e n t e l l e T a t s a e h e n g e s t i i t z t i s t , so da, B er m i r a l s d e r a l l e i n m S g l i e h e e r s e h e i n t .

IL (~ber den Fliissigkeitswechsel in der hinteren Augenkammer.

Um die Frage zu beantworten, wie lange ein dureh teilweise Ent- ]eerung der Vorderkammer hervorgerufener Ciliark6rperreiz andauert, wie lange also die CiliarkSrpergefgBe sich in abnormem Fiillungszustande befinden, habe ich nach dosierten Punktionen der Vorderkammer, naeh versehieden langen Zeiten d~s Hinterkammerpunktat gewonnen und

Page 21: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen abet die intraokulare Saftstrsmung. 2I

refraktometrisch untersueht, um den Zeitpnnkt zu ermitteln, an dem wieder normales Kamnerwasser nachweisbar ist.

Nach d e n friiher Gesagten bedarf es keiner weiteren Begriindung, dab wir berechtigt sind, aus dem Befunde des physiologischerweise vorhandenen Brechungsindex der Hinterkammerflfissigkeit auf Riick- kehr des physiologischen Fiillungszustandes der Ciliark6rpergef~l~e zu schliel~en: denn wit sahen ja sehon, dal~ ein verh~ltnismgl~ig sehr ge- ringer Reiz, wie ihn die Entnahme eines kleinen Tropfens Vorderkammer- wasser darstellt, geniigt, nm den Fiillnngszustand der Gef~l~e so zu vergndern, dal~ sofort ein gegen die Norm merklieher refraktometrischer Aussehlag bei Untersuchung des ttinterkammerwassers beobachtet wird.

In einer ersten Versuehsreihe wurde so verfahren, dal] ieh, u n nach- trgglichen Kammerwasserverlust zu vermeiden, mit sehr diinner, kurz abgesehliffener Kaniile sehrgg a n Limbus dutch die t tornhaut ging nnd 3/20 ecm Kammerwasser langsam aspirierte*), um darauf die Nadel rasch znriiekzuziehen. Naeh gewissen, versehieden la~gen Zeitabschnitten wnrde zuerst die Hinterkammer und sofort darauf die Vorderkammer punktiert und die Flfissigkeiten refraktonetrisch untersucht. Die er- haltenen Versnchsresultate habe ieh zur besseren Ubersicht in Schemata, die Augendurchsehnitte darstellen sollen, eingetragen, wobei die in den oberen kleinerenAbsehnitt, vor der angedeuteten Iris, eingesehriebene Zahl den festgestellten Breehungsindex des Vorderkamnerwassers, die Zahl hinter der angedeuteten Iris den des tI interkanmerwassers darstellt.

Ieh erhielt auf diese Weise die anf Texttafel I (Seite 22) wieder- gegebenen Resultate :

WJr sehen aus diesen Versuchen, dal~ bald nach Ausfiihrung der Vorderkammerpunktion ein betr~chtliches Aawachsen des Brechungs- index und somit des Eiweil~gehaltes in Vorderkammer und Hinterkammer auftritt , und zwar ist derselbe zungeht, wie zu erwarten, in der Hinter- kammer hSher als in der Vorderkammer. I n Verlauf der n~chsten Stun- den geht er erheblieh zurfiek, jedoeh nicht gleiehmgl~ig, sondern so, da~ der Hinterkammerinhalt rascher der Norm sich n~hert als der Vorderkammerinhalt. Selbst wenn das Hinterkammerwasser wieder den physio]ogischen Breehungsindex und somit seine normale chemische Besehaffenheit erreicht hat,was frfihestens naeh8--9 StundenderFal l i s t (Versuch V und XII), land sich in der Vorderkammer noeh ein deutlieh erhShter Eiwei{tgehalt (I1 ~ 1,3358, und n ~ 1,3359 = 0,08--0,1% Eiwei6). Welter ergibt sieh, dal~ nicht alle Augen in derselben Weise a uf den anscheinend gleichen Punktionsreiz reagieren, da selbst noah

*) Auch dieses ers~e ,,physiologische Punktat" babe ich refraktometrisch untersucht, wobei sich, wie schon frfiher berich~et, Werte von n ~ 1,3351 bis n ~ 1,3354 fanden.

Page 22: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

22 E. Seidel:

Texttafel I. Ergebnisse yon Versuchsreihe L

20 Minuten nach En tnahme yon ~/20 ccm aus der Vorder-

kammer.

II@ 4 Stunden 48 Minuten nach En tnahme yon 8/2 o ccm aus

der Vorderkammer.

III.

6 S tunden nach Entnahme yon 3/20 ecru aus der Vorder-

kammer .

6 S tunden 10/¢Iinuten nach En tnahme yon ~/lo ccm aus

der Vorderkammer,

v(L 9 Stunden 5 Minuten nach Entnahme yon s/2o ccm aus

der Vorderkammer.

VI.

9 Stunden 20 l~Iinuten nach E n t n a h m e von 3[e o ccm aus

der Vorderkammer.

VII.

10 Stunden 88 Minuten nach En tnahme yon 3/20 ccm aus

der Vorderkammer.

VIII.

10 Stunden 52 Minuten nach En tnahme yon ~]~.0 ccm aus

der Vorderkammer.

9 S tunden nach Entnahme yon S[2o ccm aus der Vorder-

kammer.

9 Stunden 50 Minuten nach En tnahme yon 3/co ccm aus

der ¥orderkammer .

9 S~unden nach En tnahme yon ~12~ ccm aus der Vorder-

kammer.

8 S~unden nach E n t n a h m e yon 1]~ ccm aus tier Vorder-

kammer.

XIII.

3~]~ 8 tu~den nach En tnahme yon 1/~ ccm aus derVorder-

ka,mmer.

XIV.

24 Stunden nach Punk t ion beider Kammern.

Page 23: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare SaftstrSmung. 23

nach 10--11 Stunden (Versuch VII u n d V I I I ) ein deutlich erhbhter Brechungsindex in der t t in terkammer gefunden wurde.

Da ich wiederholt feststellen konnte, wie naeh subcon]unctivalem Einstich der Punktionsnadel nach dem Zuriickziehen ein mehr oder weniger starkes Bindehautpolster auftrat, und wie also auf diese Weise stets noeh naehtr~glich eine unkontro]lierbare ~enge Vorderkammer- fliissigkeit absickerte dureh den Stichkanal, der bei Verwendung einer Hohlnadel immer einen gewissen Durehmesser hat, stellte ich eine zweite ¥ersuchsreihe so an, dab ich auf die Hohlnadel verzichtete und einfach mit einer gewShnliehen, viel diinneren Diszissionsnadel am Limbus subconiunetival (wie bei der Diszission) in die Vorderkammer einstaeh, mn naeh etwa 5 Sekunden die Nade] wieder zurfickzuziehem Das hier- bei stets in derselben Ausdehnung auftretende Bindehautpolster lieB eine anniihernd gleiehe lgeizwirklmg auf den CiliarkSrper erwarten. Die auf diese Weise erhaltenen Versuchsresultate sind auf Texttafel I I (Seite 24) wiedergegeben.

Aueh bei dieser zweiten Versuehsreihe beobaehten wit im Prinzip dasselbe Verhalten des Kammerwassers.

Naeh der Punktion tr i t t ein Anwaehsen des Breehungsindex und somit des EiweiBgehMtes im Kammerwasser ein; doeh ist die Zunahme, entspreehend dem viel kleineren Reiz, eine weir geringere. :

Anfangs haben wir aueh bier wieder den starker erh6hten Index*) in der Hinterkammer, wiihrend die Vorderkammer nut wenig vergndert ~st. Der Eiweiggehalt der Vorderkammer erreieht iiberhaupt auoh spgter nur sehr geringe HShe, und wir linden ein normales Kammer- wasser zu derse]ben Zeit (naeh 12 Stunden), in der das Hinterkammer- wasser wieder dan physiologischen Breehungsindex aufweist (TexttafelII , Versueh XI XII). Die in der ersten Versuchsreihe festgestellte Tat- saehe, dab der Hinterkammerinhalt rascher zur Norm zuriiekkehrt als das Vorderkammel~asser, t r i t t bei den letzten Versuehen weniger her- vor und ist nur in Versuch X angedeutet. Die Erklgrung ist wohl fol- gende: Dureh den geringeren Punktionsreiz sondert der CiliarkSrper nachweislieh ein welt weniger eiweiBhaltiges Sekret ab, wodureh naeh dessert Ubertr i t t in die Vorderkammer die Konzentration des Vorder- kammerwassers nur geringfiigig ver~nder$ wird. Diese sehr geringen E i w e i l 3 m e n g e n werden aus der Vorderkammer raseher eliminiert (sei es dutch AbfluB oder dureh Resorption yon der I_risvorderfli~ehe) als die bei dem intensiveren Punktionsreiz vom CiliarkSrper gelieferten s t g r k e r k o n z e n t r i e r t e n u n d a u e h in t ier Q u a n t i t g t v e r - m e h r t e n E i w e i l 3 m e n g e n , die sieh mit dem Vorderkammerwasser vermisehen.

*) Dasselbe VerhMten f~nd ich auch bei anderen Cili~rkSrperreizen, z. B. nach Eintropfen yon Eserin in den Bindehauts~ck, worauf ich spgter noehm~ls ~urfiekkommen werde (siehe 8. 49).

Page 24: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

24 E. Seideh T e x t t ~ f e l I I .

E r g e b n i s s e y o n Versuchsr e i he II .

5 %linuten nach En~nahme eines k le inen Tropfens aus der Vorde rkammer .

11 Minu ten nach g n t n a h m e eines kleil ten Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

III,

~A) Minu ten n a c h : g n t n a h m e eines k le inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

IV.

20 Minuten n a c h E n t n a h m e eines k le inen Tropfens aus der Vorde rkammer .

'25 Minute~ nach l~ntnahme eines k le inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

VL

25 Minuten nach E n t n a h m e eines kle inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

VII.

2~]4 S tunden nach E n t n a h m e eines kle ine~ Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

YIII.

6 S~unden 40 Minu ten nach E n t n a h m e e ines k le inen ] : ropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

IX.

6 S tunden 40 Minu ten nach E n t n a h m e eine~ kle inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

10 S tunden 15 Minu ten n a c h E n t n a h m e eine~ k le inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

11 Btunden 45 Minu ten ~aeh ~ n t n a h m e eines ldeinen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

XII. ~

12 S tunden 21) Minuten ~acb E n t n a h m e eine,, k le inen Tropfens aus der V o r d e r k a m m e r .

Page 25: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen liber die intraokulare SaftstrOmung. 25

MOglicherweise finder die Tatsache, dab nach ausgiebigen Punk- tionen sich das Eiweift viel l~nger in der Vorderkammer nachweisen i~ftt als bei weniger ausgiebigen, obgleich der Zufluft yon normalem Ciliarsekret zu derselBen Zeit (naeh unserenVersuchen sogar etwas friiher) einsetzt, eine weitere Erkl~ru~g durch eine auch in vivo stattfindende Retention yon Eiweift in der Vorderkammer, da U r i b e y T r o n c o s o 5s) bei Filtrationsversuchen mit eiweifthaltiger Fliissigkeit an enucleierten Augen feststellte, daft die aus den Ciliarvenen abflieftende Fliissigkeit einen geringeren Eiweiftgehalt aufwies als die dem Auge zugefiihrte, daft also in der Vorderkammer eine Retention yon Eiweift stattfinden muftte.

Auf Grund der erhaltenen Versuehsergebnisse muft somit die Frage, wie lange ein dutch teilweise Entleerung der Vorderkammer hervor- gerufener CiliarkSrperreiz andauert, dahin beantwortet werden, dab ungefghr 8--12 Stunden vergehen, ehe der dutch den Eingriff hervor- gerufene abnorme Fil]lungszustand der CiliarkSrpergefgBe sich zurfick- gebildet hat.

1. U b e r die S e k r e t i o n s t ~ t i g k e i t des C i l i a r k S r p e r s i m R u h e - z u s t a n d .

Weiterhin l~ftt sich aus den, auf Texttafel I trod I I mitgeteilten Ver- suehsergebnissen ein meines Erachtens einwandfreier Beweis ableiten fiir die yon den Gegnern L e b e r s geleugnete st~ndige Sekretion des CiliarkSrpers im Ruhezustand auf Grund folgenden Gedankenganges:

1. Die Tatsache ist allgemein anerkam~t, daft der Ciliark6rper, wenn er gereizt wird, ein Sekret absondert, das sieh dureh seinen vermehrCen Eiweiftgehalt yore normalen Kammerwasser unterscheidet.

2. Der erhShte EiweiBgehalt offenbart sieh in einem erhShten Breehungsindex.

3. Es wurde festgestellt, daft der Breehungsindex und somit der Eiweif]gehalt des Ciliark6rpersekretes schw~nkt, je naeh der Intensit~t des Reizes.

I~aeh starken Reizen finder sich ein stark erhOhter Brechnngsindex, z .B. n = 1,3420.

Nach sehwachen Reizen finder sich ein m~Big erhOhter Breehm~gs- index, z .B. n = 1,3358.

4. Es ist festgeste]lt und allgemein anerkannt, daft das Sekret de~ gereizten CiliarkOrpers (,,Reizsekret") sich durch die Pupille in die Vorder- kammer entleert. (Nach intravenOser Fluoreseeininjektion sieht man Farbstoffwolken aus der Pupille in die Vorderkammer treten, und zwar nicht nur nach starken Reizen wie ausgiebigen Punktionen, sondern auch nach sehr sehwachen Reizen, wie z. B. naeh Entnahme eines mJni- malen Tr6pfehens Flfissigkeit aus der Vorderkammer [Ha mb u rge r].)

Page 26: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

26 E. Seidel:

5. Dutch zahlreiche refraktometrisehe Untersuchungen yon nor- malen Augen wurde festgestellt, dab der Brechungsindex des Vorder~ kammerinhaltes stets gleich dem des Hinterkammerinhaltes ist, und ~war betr~gt derselbe normalerweise bei der Untersuehung dureh den Abbeschen I%efraktometer 1,3351--1,3354.

6. Aus den unter 5. mitgeteilten Untersuehungen geht hervor, dab wir einen I-Iinterk~mmerinhalt, dessen Brechungsindex einen Wert von n ---- 1,3354 fibersteigt, als ,,l%eizsekret" aufzufassen haben.

7. Wenn ich nun festste]le, dal~ der Inhalt der I-Iinterkammer naeh demselben Ciliarkbri0erreiz nach 10 Stunden einen Breehungsindex yon n ----- 1,3357 hat (Texttafel II, Versuch X) und naeh 12 Stunden da- gegen einen solchen yon n ~ 1,3353 (Texttafel II, Versuch XI und XII), so mul3 ich mir folgendes sagen:

a) Naeh 10 Stunden war die Hinterkammer angefiillt mit ,,Reiz- sekret", denn n = 1,3357.

b) ,,l%eizsekret" wird abet anerkannterweise in die Vorderkammer entleert.

e) Der jetzt (naeh 12 Stunden) vorhandene Hinterkammerinhalt muB deshalb vom Ciliark6rper neugebildet sein.

d) D~ das jetzt (nach 12 Stunden) vorhandene Sekret in der Hinter- kammer eine v611ig normale Beschaffenheit hat, mul3 der Ciliarkbrper sich zur Zeit der Absonderung im Ruhezust~nd befunden h~ben, da ja sonst kein normales Sekret, sondern Reizsekret vorh~nden sein mfi6te.

D e r C i l i a r k S r p e r h a t a l so i m l % u h e z u s t a n d a b g e s o n d e r t . e) Da es nun nieht denkb~r ist, dab der CiliarkSrper in demselben

physiologisehen Ruhezustand (den man aus dem gelieferten normalen Sekret mit Sieherheit erschliel~en kann) zwei verschiedene T~tigkeiten entwickelt, d .h . also einmal absondert, das andere lV[~l nieht, so ist hiermit bewiesen, dab de r C i l i a r k S r p e r i m l % u h e z u s t a n d s tUn- d ig F l f i s s i g k e i t a b s o n d e r t .

2. U b e r die G e s e h w i n d i g k e i t de r p h y s i o l o g i s c h e r w e i s e v o m C i l i a r k S r p e r a u s g e h e n d e n F l i i s s i g k e i t s s t r S m u n g .

Die ~uf Texttafel I u. I I vorgeffihrten Versuche gestatten gewfsse Schlfisse fiber die Minimalgeschwindigkeit der intraokularen Fliissig- keitsstr6mung.

So land sieh (Texttafel II , Versuch XI u. XII) naeh 12 Stunden wieder physiologiseher ttinterk~mmerinhalt, w~hrend nach 10 Stunden (Text- tafelII,Versueh X) noch deutlieh erh6hter Eiweil3geh~lt in der Hinterkam- mer angetroffen wurde. Innerhalb von 2 Stunden mui~ also die t t interkam- mer von normalem Ciliark6rpersekret angefiillt worden sein. Da nun naeh

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare SaftstrSmung. 27

meinen Punkt ionsergebnissen und Berechnungen*) der I u h a l t der

H i n t e r k a m m e r bei der Katze etwa 100 cram (d. i. 2 Tropfen) u n d der t ier Vorderkammer etwa 700 cram (d. i. 14 Tropfen) betr£gt, so miissen 100 cram normMes Kammerwasser in 2 S~unden abgesonder t w o m e n sein, so daft es 14 S t u n d e n dauern wfrde , bis der Vorderkammer inhMt e i n r e a l vollst~ndig ersetzt wird.

Legt m a n der Berechnung auch die nach der ersten Versuchsreihe gewonnenen Resul ta te mi t zugrunde, so erh~lt m a n als Durchschn i t t

von elf Versuchen eine n u t wenig gr6i]ere Geschw'mdigkeit, so d a f t e i n e v e t o C i l i ~ r k 6 r p e r i m l ~ u h e z u s t a n d a u s g e h e n d e F l i i s s i g k e i t s s t r 6 m u n g , d i e i n e t w a 11--14 S t u n d e n d e n I n h a l t d e r V o r d e r k a m m e r b e i d e r K a t z e e i n m a l v e i l -

*) Der I n h ~ l t der I t i n t e r k~ mmer kann (wie aug Abb. 11 auf Tafel VI hervor- geht, die eine seehsmMige VergrOBernng eines horizontMen Meridionalschnittes yon einem in Form el fixierten, sehr ]angs~m in ~ufsteigendem Alkohol geh~rteten Katzen- auge darstellt) nach der Guldinschen Regel als RotationskSrper berechnet wer- den des Dreieeks, das yon einem Tell (4,1 ram) der hinteren Irisfl~che (Ms Grund- linie), dem Ciliark6rper (2 ram) und einem Teile der vorderen Linsenflaehe um- grenzt ist (und dessen HShe 1,6 mm beLr~gt), wobei die ]~otutions~chse veto sagittMen Durchmesser des Sehnittes gebi]det wird. Der Schwerpunkt der rotieren- den FI/~che kann durch Konstruk~ion ermittelt und sein Abs~and yon der P~otationsaehse (5,5 ram) direkt gemessen werden (und zwar wie Mle Werte zu- n~ehs~ an der sechsmM vergrSSerten phetographisehen Aufna.hme).

D e r I n h a l ~ der V o r d e r k ~ m m e r wird gefunden, .wenn man yon der HMbkugel vom Radius der Hornh~ut (9 ram) erstens die Kugelzone ~bzieht, die naeh oben begrenzt wird dureh eine zur Grundfl~che der HMbkugel, in einem Abstande gleieh der vertikMen Entfernung dieser Grundfl~che bis zur Iriswurzel, (2,5 mm) gelegten Ebene. Zweitens mul~ davon abgezogen werden ein K6rper, der im wesentliehen die yon dieser Ebene abgesehnittene vordere ,,Linsen- kMotte" darstellt, und der wiederum naeh der G uldinsehen t~egel als P~ot~tions- kSrper des reehtwinkligen Dreieeks bereehnet werden kann, dessen kleine Kathef~ {2 ram) mi~ dem sagittMen Durchmesser des Sehnittes zusammenf~]lt und die Rotationsaehse darstellt, nnd dessen grebe K~thete (8 ram) big zur Iriswurzel reieht.

Der Schwerpunkt dieser l~otationsflgehe wird wieder konstruktiv ermittel~ und seine Entfernung yon der Rot~tionsaehse (2,25 ram) darauf direkt abge- messen.

Wie sehon erw~hnt, erhielt ieh bei der auf diese Weise durehgef/ihrten i%eeh- nung ffir den Hinterkammerinhalt einen Wert yon 100 emm und fiir den Vorder- kammerinhalt einen solchen yon 700 cram, d. h. also 800 cram fiir die Summe beider Kammerinhalte.

Dureh m6gliehst volist~ndiges Abs~ugen des Kammerw~ssers yon der Vorder- k~mmer aus, beim lebenden Tier, gewann ieh durehsehnittlieh Ms Ges~mtinhalt beider Kammern 900 cram Flfissigkeit, go dal~ die mit den beiden verschiedenen Methoden erhal~enen Wer~e hinreichend fibereinstimmen, zumal beim grfindlichen Absaugen leieht 1--2 Tropfen Fliissigkeit zuviel dureh neugebildetes Kammer- w~sser oder Gl~skSrperfliissigkeit, dagegen bei der Berechnung am fixierten geh~rteten Pra.parat dureh m6glicherweise eingetretene Sehrnmpfung der Augen- hfillen ein etwas zu kleiner Weft gefunden sein k6nnte.

Page 28: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

28 E. Seidel:

s t ~ n d i g e r n e u e r t , a u f G r u n d m e i n e r V e r s u e h s r e s u l t a t e a n g e n o m m e n w e r d e n muB.

I)aB eine derartig langsame Str6mung, bei der im Verlauf einer Stunde nur ein einziger Tropfen Fliissigkeit aus der Pupille in die Vorderkammer fiber~reten wfirde, dem siehtbaren Naehweis niehg zuginglieh sein kann, (weswegen ihr Vorhandensein yon H a m b u r g e r und Weil3 ge- leugnet wird), erseheint ohne weiteres erklgrlieh.

Nut kurz sei hier*) noeh erwihnt, dab der erhal~ene Werg, der ja die )/iinimalgesehwindigkeit darstellt, ganz betriehtl ieh hinter dem am enueleierten Auge dureh Filtrationsversuehe ermittelten zuriiekbleibt.

So land N i e s n a m o f f 4~) eine ~iltration bei der Katze yon 24 e m m in d e r M i n u t e , wghrend naeh meinen Yersuchen (da der Zuflug bei demselben I)rueke gleich dem Abflug sein mul3) nut etwa 1 cram sieh ergeben wiirde.

Niher kommen die erhaltenen Resultate den Angaben yon W e s - s e 1 y l~), der beim Kaninehen aus der nach einer bestimmten Zeit einge- tretenen Eiweil3verdiinnung des Vorderkammerwassers nach subeonjunc- tivalen Koehsalzhajektionen die Gesehwindigkeit der anzunehmenden FlfissigkeitsstrSmung auf 2 Stunden his zur vollstgndigen Erneuerung des Vorderkammerinhaltes schgtzte. Wenn man auch obige Versuche, da sie bei einer anderen Tierart angestellt sind, hiermit nieht ohne weite- res vergleiehen darf, so wfirde, da der Inhal~ der Vorderkammer bei der Katze fiber zweimal grOger ist als beim Kaninehen (0,3 ecru), nach meinen Ergebnissen die FliissigkeitsstrSmung noch 2--3 mal langsamer sein, Ms dies W e s s e l y ffir das Kaninchenauge als ungef~hres N_ag bereehnet hat.

3. U b e r das V e r h a l t e n des A u g e n d r u e k e s n a e h t e i l w e i s e r E n t l e e r u n g d e r V o r d e r k a m m e r .

Da naeh den Versuehen yon A d a m t i k 2) und J e s n e r ai) die ~enge des Kammerwassers, welehe sieh in ein unter bestimmtem I)ruck stehendes Gefgl~ entleert, proportional mit der Abnahme des Druekes zunimmt, vmd der Abflu6 vOlhg sistiert, wenn der Druck in dem Be- h i l te r die I-iShe des normalen Augendrueks erreieht, versuehte L e be r aT) (um den aus diesen Versuehen gezogenen, naeh seiner Ansieh~ irrigen Sehlul~ zu widerlegen, dag eine Sekretion bei normaler AugendruekhOhe iiberhaul0t nieht stattfinden k6nne) den experimentellen Beweis zu er- bringen, ,,dab eine Absonderung der Ciliarfortsgtze aueh dam~ s ta t t -

*) Ich gehe hier absieht.lich nicht auf die Griinde ein, die WeiB und Ha.ro- b urger veranlassen, die friiheren Versuehe zur ErmittIung der Geschwindigkeit der intraokularen Fliissigkeitsstr6mung, die s/~mtlich in der Vorderkammer an- gestellt wurden, abzulehnen, da ieh helle, auf diese Fragen, die den Abflug der Augenfliissigkeig betreffen, sp~£er im Znsammenhang zuriiekkommen zu k6nnen..

Page 29: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstrsmung. 29

finder, werm auf ihnen ein Druck von der ungefghren HOhe des nor- malen Augendruckes lastet" . L e b e r fiihrte zu diesem Zwecke nach Abtragung der Hornhaut dutch die Puloille in die Hin terkammer ein MetallrShrchen ein, derart , dab ,,der PUloillarrand zwischen zwei auf- einander gesehraubte Metalllolatten , die am Ende des l~Shrehens an- gebraeht waren, festgefagg war". Das RShrehen wurde auf der anderen Seite mit einem Manometer verbunden und dieser auf die HOhe des normalen Augendruekes eingestel]t.

Da es L e be r jedoeh n u r e i n m a l gelang, ein Steigen der Quecksilber- siiule um mehrere Milhmeter zu beobachten und dieser Versueh auger- dem sehr eingreifend ist, so daf~ ihm sowohl H a m b u r g e r als aueh Well3 jede Beweiskraft absprechen, babe ieh diese ~'rage, die mir ffir die ganze Lehre vom Fliissigkeitswechsel im Auge yon grundlegender Bedeutung ersehien, einer erneuten experimentellert Priifung unterzogen. Ieh ging dabei so vor, dag ieh bei Katzen unter Holoeainan/~sthesie mit sehr feiner KanfiIe, die ieh, um einen m6glichst langen StiehkanM

zu erhalten, dicht am Limbus schrgg durch die Hornhaut stach, --2 bis 5 20

- - cem Vorderkammerwasser langsam absaugte. Darauf schob ieh die 20 Kaniile weiter vor, um die Spitze gerade gegeniiber der Einstiehstelle, ebenfalls dicht am Limbus, auszusteehen. Wghrend die auf diese Weise wie ein Linearmesser bei Beginn der Staroperation, quer dureh die Vorderkammer, etwa in der HOhe der Lidspalte und parallel mit ihr, ein- gefiihrte Kaniile nun unberiihrt in dieser Lage, um jedes auch nut spurenweise erfolgende Absiekern yon Kammerwasser zu verhiiten, bis zum Schlug des Versuchs liegen blieb, wurde in gewissen Zeitab- sehnitten mit dem S c hi 5 t z sehen Tonometer der Augendruck bestimmt.

Abb. 2 - -4 geben in Kurvenform die naeh best immten (auf der Ab- szissenachse abzulesenden) Zeiten in den drei folgenden, gelungenen Versuehen festgestellten WerSe des Augendruekes wieder. Gleiehzeitig habe ich den yon mir refrakCometrisch ermiCtelten Eiweiggehalt des Vorderkammerwassers zu Beginn und r~aeh Schlug des Versuches in entslorechender Weise eingezeichnet.

Versuch 1. (Abb. ~9.) "2

Entnahme y o n - ecru Vorderkammerwasser. 20

9 Messungen mit SehiSt.zschem Tonometer

Messung (1) 5,5 _ 19,5 mm Ha (vor der Punktion)

,. (2) 5,5 = 7 . . . . (1 ~inute naeh der Punktion) 11 5,5

,, (3) 7;- , = 19,5 , . . . . (9 Minuten nach der Punktion)

Page 30: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

30 E. 8eidel:

Messung 15

( 4 ) - - = - 71 mm Hg (22 Minuten nach der Punktion)

15 (5) ~ = 71

15 (6) y = 62

10 ( 7 ) ~ = 41

(8) ~ = ~ ,,

(9) 5 , 5 = lS ,, 5

rural'l] 80

50

3O

~0

, , ( 3 3 . . . . . . . . )

, , ( 4 0 . . . . . . . . )

,; ( 5 0 . . . . . . . . )

, , ( 6 0 . . . . . . . . )

, , ( 7 0 . . . . . . . . )

\

[

¢0 20 30 ~0 50 60

Abb. 2.

1o ~8 M~h~'e,v

Am Ende des Versuches, 1 Stun-de 45 Minuten nach der Punktion, fand sich ein Brechungsindex im Vorderkammerw~sser yon n ~ 1,3383, d .h . etw~ 1,5% EiweilL

V e r s u c h 2. (Abb. 3.) 4 En~nahme y o n - ccm Vorderk~mmerwasser. 2O

8 Messungen mi$ Sch iS tz schem Tonometer. 1 5,5 Messtmg ( ) .~-~_ = 16 mm Hg (vor der Punktion)

,, (2) Auge breiweich 0 mm Hg (1 Minute n~ch der Punktion) 5,5

,, (3) ~ - ~ 5 mm Hg (5 Minuten nach der Punk~ion)

(4) 7,5 33 m m H g (11 MJnuten nach der Punktion) " 3½~4

Page 31: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstrsmung. 31

Messung (5) ~ = 44 mm Hg (16 Minuten nach der Punkgion)

(6) ~ = 28;5 . . . .

(7) ~-~ = 18 . . . .

5,5 (8) ~ = 16 . . . .

mm / / j 56

° / , 3O --] ~o

¢o

, , ( 26 . . . . . . . . )

, , ( 39 . . . . . . . . )

, , ( 50 . . . . . . . . )

\

20 3O qg 50

i b b . 3.

\

go 30 q0 50 6g

Abb. 4.

10 20 3g .M~ulen.

50

~0

30

20

-i .....

w i ]

l! fo

Am Ende des Versuches, 50 Minuten nuch der Punk~ion, fund sich ein Bre- chungsindex im Vorderkammerwasser yon n = 1,3380, d .h . etwa 1,4~o Eiweig.

V e r s u e h 3. (Abb. 4.) 5

En$nahme yon - - ecm Vorderkummerwasser. 20

9 Messungen mit Sch iS tz schem Tonometer. mm Hg 7O

Page 32: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

32. E. Seidel:

.5..5 Messung ( 1 ) ~ : = 15 mm Hg (vor der Punktion)

,, ( 2 ) ~ = 51 . . . . (7 Minu~n nach der Punktion)

,, (3) . ' - 6 -= 60 mm Hg (17 Minuten naeh der Panktion)

,, (4) ~ - = 44 mm ttg (27 Minuten naeh der Punktion)

(~. 7,5 10 ,, ~ ) - - , -- 39 mm I-Ig (37 Minu~en n~eh der Punktion)

2,5 5,5

,, (6) ~ = 30 mm Hg (47 Minuten nach der Punk~ion)

,, (7)7 i ) = 30 . . . . (57 . . . . . . . .

7,5 25 mm Hg (67 Minttte, n n~ch der Punktion) , , (8) , ~ =

9 5,5 " ( )5~-!-= 16 mm Hg (87 Minuten nach der Punktion) :2

Am Ende des Versuches, 1 Stunde 30 Minuten nach der Punktion fund sich eh~ Brechungsindex im Vorderkammerw~sser yon n = 1,3365, d.h. etwa 0,7~o E~weiB.

Aus den mi tge te i l t en Versuchen e rg ib t sich die zun~chs t i iber- r~schende Tatsache , dab nach e infachem Abs~ugen von wenigen Tropfen Vorderkammerwasse r , nach der zucrs t h ie rdurch eintre~enden erheb- l ichen I ) ruckher~bse tzung, ~ eine b e t r ~ c h t l i c h e D r u c k e r h S h u n g im Bulbus auf t r i t t , die bei gelungenen Versuchen durchschn i t t l i ch nach l0 MJnuten berei ts nachweisb~r ist, und die in s te i lem Kurven~ns t i eg bis zu 70 m m H g erre ichen k~nn, u m d~ranf im Ver lauf von 1--11/~Stun -

den wieder zur Norm zur i ickzukehren . D i e s e e n o r m e I ) r u c k s t e i g e r u n g k a n n n u r b e d i n g t s e i n

d u r c h e i n e n v e r m e h r t e n Z u f l u B y o n C i l i a r k S r p e r s e k r e t i n d i e V o r d e r k a m m e r .

Der durch die P u n k t i o n nachweisl ich in sekre~orische Tg t igke i t ver- se tz te Ci l iark6rper fi i l l t zun~chst die V o r d e r k a m m e r auf, bis de r nor- male Augendruck wieder vo rhanden is~ (Versuch I Mess. 3), s te l l t aber d a n n keineswegs sei~e Tg t igke i t ein, wie das nach Versuchsergebnissen yon A d a m i i k und J e s n e r hgt~e e rwar t e t werden miissen, sondern sezerniert , t r o t z d e s a.uf i h m l a s t e n d e n D r u c k e s , wei tere Fl i is- s igkei tsmengen, w~s ~us der tonomet r i sch fes tgeste l l ten erhebl ichen Tens ionszunahme des Bulbus mi t Sieherhei t e n t n o m m e n werden kaDca. Eine andere Erkli~rmlg fiir das Z u s t a n d e k o m m e n der Drueks te ige rung karm in obigen Versuehen mi t B e s t i m m t h e i t ausgeschlossen werden. Wenn wir z. B. auch annehmen woll ten, d~g durch den infolge der ges~eigergen Ciliarl~6rpert~,gigkeit au f t r e t enden mad yon mir refrak~o-

Page 33: Experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

Experimentelle Untersuchungen ~iber die intraokulare SaftstrSmung. 33

metriseh naehgewiesenen erhOhten Eiweiggehalt des Vorderkammer- wassers, eine Behinderung des Abflusses zustande k~me [Ur ibe y TroneosoSS)] , so kOnnte doch, was ja kaum ausgefiihrt zu werden braucht, selbst nach vollstandiger ,,Plombierung" s~mtlicher Abflug- wege, ohne dab naeh Wiederaufffillung der Vorderkammer und Wieder- herstellung des normalen Augendrucks e in w e i t e r e r Z u f t u g s t a t t - f i n d e t , niemals eine Drucksteigerung auftreten. Abet nicht nur das Vorhandensein eines Zuflusses, d. h. einer C i l i a r kSr p e r t a t i g k e i t i i b e r h a u p t , sondern sogar einer b e t r a c h t l i e h g e s t e i g e r t e n Ab- s o n de r u n g von seiten der Ciliarforts~tze gegenfiber einem erhOhten Drucke, miissen wir auf Grund der geschilderten Versuehe als bewiesen ansehen, da es undenkbar ist, da{] z. B. dureh 2 Tropfen eiweiBhaltiges CiliarkSrpersekret (die in Versueh 1 bis zur Wiederherstellung des nor- malen Augendrucks nach 9 1Kinuten bei Messung 3 vom Ciliark6rper nur abgesondert sein k0nnen, da ja bei der Punktion nut diese Menge

2 20 cem] entnommen worden war), die AbfluBwege so verlegt werden,

dab hierdureh, ohne einen e r h e b l i e h v e r m e h r t e n Z u f l u ] , naeh einigen M.innten sehon eine so bedeutende Drucksteigerung (71 mm Hg bei l~essung 4) hervorgerufen werden kSnnte.

Um eine ungef~hre Vorstellung zu bekommen fiber die Gr6l]e des dutch die erh6hte CiliarkSrpert~tigkeit in besehriebenen Versuehen hervorgerufenen Zuwachs des Bulbusinhalts, vermehrte ieh am intakten Katzenauge den Vorderkammerinhalt durch Einfliel]enlassen yon physio- Iogisehem Kammerwasser.

In einer Anzahl derartiger Versuche stellte ich fes~, dab etwa 100 cram Fliissigkeit, falls sie innerhalb yon 5 Minuten einfliei~en, den Augen- druek von 25 mm Hg auf ungef~hr 70 mm Hg erhShen.

Wit mfissen somit armehmen, dab in obigen Punktionsversuchen durch die gesteigerte Ciliark6rpert~tigkeit eine Inhaltsvermehrung der Vorderkammer yon 50--100 cram, d. h. von 1--2 Tropfen oder um etwa 1]10 des physiologischen Inhaltes, stattgefunden hat.

l~i t r o l l e r S i e h e r h e i t k a n n s o m i t a u s d e n v o r s t e h e n d e n s e h r w e n i g e i n g r e i f e n d e n V e r s u e h e n de r S e h l u g g e z o g e n w e r d e n , d a b d e r C i l i a r k S r p e r s o g a r n o e h e ine e r h S h t e S e k r e t - m e n g e a b z u s o n d e r n v e r m a g , n i c h t n u r , w e n n a u f i h m e in D r u c k v o n d e r u n g e f ~ h r e n H S h e d e s n o r m a l e n A u g e n d r u c k e s , s o n d e r n a u e h d a n n , w e n n a u f i b m e in n o e h v ie I h S h e r e r D r u e k l a s t e t .

Wenn wir uns somit aueh auf den Standpunkt stellen, und dem eingangs erwghnten, in der Tat sehr eingreifenden, nur ein- mal geglfiekten Le be r sehen Experiment die Beweiskraft ab- spreehen, so mfissen wir doch feststellen, dab der Schlug, den L e b e r

v. Gr~efes Archly ffir Oph tha lmolog ie . Bd. 95.

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34 E. Seidel :

darans ziehen zu diirfen glaubte, d u r c h a u s d e n T a t s a c h e n e n t - s p r i e h t .

Diese Versuehe beweisen natiirlieh night, da$ nun auch der Ciliar- kOrper am ~ n t a k t e n Auge wirklieh Fliissigkeit absondert; denn auch dureh den kleinsten Punktionsreiz wird eben doch tin abnormer Zu- stand des Ciliark6rpers, der sieh vor Mlem in der Hyperiimie der Gef~il3e*) iiul3ert, hervorgerufen. Trotzdem abet haben diese Versuehe ihre Be- deutung, weil sie zeigen, dall die auf die Experimente von A d a m i i k und J e s n e r sich griindende Behauptung, dag der Ciliark6rper gegen einen Druek v o n d e r HOhe des normalen Augendruckes oder dariiber, i iberhaupt keine Fliissigkeit abzusondern vermSge, s i eh n i g h t a u f - r e e h t e r h a l t e n liil3t, so dag die hieraus herzuleitenden Einw~nde gegen dig sekretorisehe Tgtigkeit des CiliarkSrpers im t~uhezustand am intakten Auge hiermit erledigt sind.

Wenn also einesteils die erhaltenen Versuehsergebnisse yon den fr~heren ( A d a m i i k mad J e s n e r ) anseheinend abweiehen, was sieh meines Erachtens daraus erkliirt, dab bei der bekannten starken Gerin- nungsfghigkeit des eiweil3- und fibrinreiehen regenerierten Kammer- wassers ein Fortleiten in Glaseapillaren, wie dies gesehehen ist, zu un- vermeidliehen lmehlerquellen Anlal~ gibt, zumal wenn es sieh doeh, wie wir sahen, um immerhin sehr geringe Fliissigkeitsquantit~iten handelt, die gegeniiber einem erh6hten Drueke vom Ciliark5rper ab- gesondert werden, so sei andererseits daranf hingewiesen, dab die, yon mir naeh teilweisen Vorderkammerpunktionen am Katzenauge erhal- tenen Druekkurven groSe Ahnliehkeit zeigen mit den yon W e s s e l y72) am Kaninchenauge.naeh subeonjunetivMen 5--10 proz. NaCl-Injektionen beobaehteten.

Wenn aueh eine siehere Analyse in diesen Versuehen sehr sehwierig war, zmnal bei Verwendung konzentrierter SalzlSsungen naeh den Forsehungen der letzten Jahre osmotisehe Vorggnge und Quellungs- prozesse der Augenh~.ute sehr sehwer zu beurteilende Faktoren dar- stellen, so finder doeh die Deutung, die We s s e 1 y seinen Exper iment~i auf Grund einer sehr eingehenden Priifung gab, dab n~imlieh die Koeh- salzinjektionen, infolge der danaeh attftretenden Ityper~mie der intra- okularen Gefgl3e, eine ,,Vermehrung der intraokularen Fliissigkeits- lorbduktion bedingen, dem keine entspreehende Yerst&rkung des

*) Die Feststellung, da8 aus den Geftigschlingen des Corpus ciliare Fliissig- keit austritt, Lrotz eines betraehtlielaen Gegendrueks, steh~ deshMb nieht in Wider- sprueh zur ,,Filtrationstheorie" Lebers, da dureh die infolge der Punktion auf- tretende Ausdehnung und Ilyper~mie der CiliarkSrpergef~13e der intravaseulare ])tuck in diesen sehr wohl s~eigen kSnn~e, so dM~ trotz erllShtem intraoku]aren Drueke immer noeh ein Druckgefttlle yon den Cili~rk6rpergefiigen zum ]~ulbus- innern vorhanden sein miigt6 6), 71), 47).

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstrsmung. 35

Abflusses aus dem Auge gegenfibersteht", dutch die oben geschil- derten, leiehter zu analysierenden Punktionsversuehe eine volle Be- st~tigung.

III . t~ber das Verhalten yon Iris und CiliarkSrper intra v i t am einverleibten Farbstoffen gegeniiber.

1. U b e r d ie ele k t i v e v i t a l e C i l i a r k 5 r p e r f ~ r b u n g n a o h m ~ g i g e n D o s e n y o n F l u o r e s e e i n u n d a n d e r e n F a r b s t o f f e n .

Den z w e i t e n G e g e n b e w e i s gegen die yon L e b e r ~ertretene Auf- fassung, daf~ der Ci]iarkOrper das Sekretionsorgan des Auges darstelle, erblickt H a m b u r g e r in dem Verhalten der Ciliarforts~tze gewissen intra v i tam einverleibten, mehr oder weniger leicht diffusiblen Farb- stoffen gegenfiber.

Auf Grund der klassischen H e i de n ha i 11 schen Nierenexperimente 2s) mit indigsehwefelsaurem Natron fiber die Harnsekretion, sowie der grundlegenden Arbeiten E h r l i e h s g ) , 1°) wird mit l~echt naehdrfick- lichst darauf hinge~desen, dab bei magvoller in~ra v i tam erfolgender Einverleibung geeigneter Farbstoffe, die Aufspeicherung derselben im Tierk6rper weder yon der GefgBvertei]ung ( E h r l i e h ) noeh aueh yon einer wahllos naeh allen Seiten erfolgenden Diffusion bedingt sei, sondem dab vie]mehr chemisehe Krgfte oder Affinit~ten zwischen der betreffen- den Substanz und dem sict/ intra v i tam f/£rbenden, lebenden Gewebe vorhanden sind, so dag unter der Voraussetzung einer maBvollen Do- sierung die zur Beobaehtung kommenden ,,koloristischen Differenzen gleieh den physiologisehen" sind. Da nun t t a m b u r ge r bei seinen Ver- suehen - - makroskopisch naeh Fluoreseein, mikroskopiseh naeh iudig- schwefelsaurem Natron - - den Ciliark6rper am intakten Auge beim- Kaninchen frei yon Farbstoff land, wghrend das Vorderkammerwasser eine deutliche F/£rbung annahm, kommt er zu dem Sehlul3, dal~ der Farb- stoff eine SaftstrOraung marldere, Und dab der CiliarkOrper abet die Quelle des physiologischen Kammerwassers nieht sein k6nne, weft er sich gegen diffusible Su bstanzen am intak~en Auge vo]lkoramen, ,refrakt~r" verhiel~e=

H a m b u r g e r stellte seine Versuehe mit Fluoreseein in folgender Weise an*):

15--30 Minu~en naeh Injektion yon 0,6 ecru einer 30 proz. Fluoreseein~ 15sung in die Ohrvene eines 1500 g sehweren pigmentierten Kaninehens wurde das intakte Auge enueleier~, in berei~ gehMtener I~ltemisehung gefroren u,nd danaeh aufgesehnitten. Es land sieh ,,bei der Sektion der Cili~rk6rper irei v~n Farbs~off, obwohl au~ seinem rabensehwarzen ttingergrund noeh die minimal- sten Spuren dieses leuehtenden Griins erkennbar sein wiirden". Griin war nur das Eis des ¥orderkammerwassers. Er zieht daraus den SehluB" ,,Der blutreiehe CiliarkSrper blieb also inaktiv, w~hrend die Iris l~ngst arbeite~e."

*) I]Jber die Ern~hrung des Auges, 191& S. 18. 3*

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36 E. Seidel-

Ich babe auf diese Weise einige Versuehe bei Katzen und Kaninchen vorgenommen und kann - - eine m~Bige Dosiertmg des Farbstoffes vor~us- g e s e t z t - die l~iehtigkeit der Beobaehtung insoweit best~tigen, dab ieh ebenfalls keine F~rbung des CiliarkSrpers gesehen babe, w~hrend das Eis des Vorderk~mmerwassers deutlieh griine Farbe erkennen lieg. Wenn ich somit auch die Beobachtung an sich best~tigt fand, so m u B i eh d o e h a l le Seh l f i s se , die H a m b u r g e r d a r a u s z i e h t , als ab - s m u t u n z u l ~ s s i g a b l e h n e n .

Zun~chst sei darauf hingewiesen, so seltsam das auch zuerst erscheinen mag, dab wir nieht bereehtig~ sind, aus der Tatsaehe, dal? wir an dem ,,rabensehwarzen" Ciliark6rper keine Fiirbung wahrnehmen, den SehluB zu ziehen, er sei in Wirkliehkeit nieht gef~Lrbt. Denn, taueht man z. B. efilen weiBen Wollfaden in eine diinne (1 proz.) Fluoreseeinl6sung, so erhElt man (naeh Absaugen der i~uBerlieh anhaftenden FarblSsung zwisehen FlieBpapier) eine helle, zarte, strohgelbe Fiirbung, taueht man dagegen einen sehwarzen Faden in dieselbe Farbstoffl6sung, so kann man naeh derselben Behandlung niehts yon Fgrbung wahrnehmen, obgleieh doeh gweifellos der Harbstoff ebenfalls an der Wolle haftet. Die s e h w a r z e F a r b e des O b j e k t e s v e r d e e k t u n s d ie e i n g e t r e t e n e F~Lrbung. Ebenso wird eine derartige zarte Fgrbung im Tierexperiment, aueh wenn sit vorhanden ist, dutch die t i e f s e h w a r z e Farbe des pigmentierten Ciliark6rpers mit Notwendigkeit verdeekt werden.

Aus dieser einfaehen 13berlegung geht hervor, dab p ig m e n t i e r t e Kaninchen mit dunkelsehwarzem Ciliark6rper zur Beantwortung der Frage, ob der Ciliark6rper naeh mgl3igen vitalen Fluoreseeininjektionen Farbstoff annimmt oder nieht, v611ig u n b r a u e h b a r sind, und dab man zu diesen Zweeken ausschlieBlieh pigmentlose, also a 1 b i n o t i s e h e Tiere beniitzen muB.

])as hat H a m b u r g e r, der auffallenderweise aueh bei Versuchen mit anderen Farbstoffen stets dunMe Tiere bevorzugt*), anseheinend nieht beaehtet, denn sonst were er nieht in einem so f u n d a m e n t a l w ieh - t i ge n P u n k t e trotz seiner zahlreiehen Tierversuehe einem so s e h w e r - w i e g e n d e n I r r t u m z u m Opfer gefallen. Verwendet man ngmlieh albinotisehe Tiere, so beobaehtet man selbst naeh Injektion yon viel geringeren Dosen yon Nluoreseein als sie N u m b u r g e r ffir zulgssig er- klEr~, am intakten Auge e ine e l e k ~ i v e , n u t a u f d e n C i l i a r k S r p e r b e s e h r g n k t e , l e b h a f t e G e l b f g r b u n g , wi~hrend die I r i s v o l l - s t i~ndig u n g e f g r b t b l e i b t .

AuBer mit Fluoreseein habe ieh, um etwaige Zufglligkeiten auszu- sehlieBen, weitere Versuehe vorgenommen mit den wiehtigsten der bekannten vitalen Narbstoffe. Die Tiere wurden naeh gewissen Zeiten du tch Dekapitieren getS~et und die vNlig intakten Augen sofort enueleiert.

*) Lee. cir. S. 28 und 29, desgl. Klin. Monatsbl. f. Augenheitk. 1910, II, 8. 60.

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstrsmm~g. 37

Wi ihrend der eine Bulbus zur mikroskopischen Un te r suchung zun~chs~ meis t in F o r m o l e ingelegt wurde, benf i tz te ieh den anderen zur sofor t igen Sekt ion und makroskop i sehen Besicht igung. Mit ~qua to r ia lem Ras ie r - messersehni t t wurde er ha lb ie r t , da r au f die Selera im vorderen Bulbus- a b s c h n i t t r ad i~r bis zum Limbus e ingeschni t ten , Linse m~d Zonula vor- s icht ig mi t P inze t t e abgezogen, das P r ~ p a r a t mi t der H o r n h a u t voran auf eine G la sp l a t t e gelegt und ausgebre i te t , da rau f auf schwarzen Grund gebrach t , wo u n t e r LupenvergrSBerung Ci l iark6rper und I r is von irmen besehen und sofort gezeict lnet wurden .

U n t e r IEnweis auf die Zeichnungen Tafel I - - I I I , Abb . 1 - - 6 kann ich reich hier auf einige kurze D a t e n aus den VersuchsprotokoUen be* sehr i inken.

I. Versnche mit F l u o r e s c e i n k a l i u m (Tafel I, Abb. 1). Albinotisches Kaninchen yon 850 g Gewicht. Dosis: 0,5 ecru einer 6,25proz. (isotonischen) FluoresceintmliumlSsung wer-

den in die Ohrvene injiziert. Diese Dosis (0,035 g auf 1 kg KSrpergewicht) is~ fiber dreimal geringer als die yon H a m b u r g e r verwendete (0,12g auf 1 kg) und wurde aul3erdem absichtlich nicht in der stark hypertonischen 30 proz. LS- sung (Hamburge r ) , sondern als isotonisehe LSsung verwendet, um jede arti- fizielle DiffusionsstrSmung naeh MSglichkeit anszuschliel~en.

Es t rat keine Ehr l iehsche Linie und nur eine sehr schwache Griinf~rbung in der Vorderkammer ~uf.

22 Minuten naeh der Injektion T5tung des Tieres durch Dekapitieren. Der C i l i a r k S r p e r , der bei Kaninehen bekanntlich auf die hintere Iris-

fl~che iibergreift, zeigte bei der Sektion des intakten Bulbus eine intensi~=e rStlich- gelbe F~rbung; die I r i s wa, r vollst~ndig ungef~rbt.

Verwendet man etwas grSBere Farbstoffmengen, die aber immer noch unter der t t a m b u r g e r s e h e n Dosis bleiben (z. B. 1,4 cem einer 6,25proz. F]uorescein- kaliumlSsung bei einem 850 g schweren albinotischen Kaninchen), so kann man kurze Zeit nach der Injektion (5 Minuten) bei geeigneter Beleuchtung aueh a m l e b e n d e n T ie re durch die farblose Iris hindurch den elektiv gelb gef~rbten CiliarkSrper durchschimmern sehen. Doch wird diese Beobaehtung sp~ter, mit Zunahme der Vorderkammerwasserf~rbung, bald nndeutlich.

II . Versuche mit i n d i g s c h w e f e l s a u r e m N a t r o n (Tafel I, Abb, 2). 1. GroBes albinotisches Kaninchen yon 3300 g Gewieht. Dosis: Innerhalb yon 15 Minuten werden 14 eem eilier 2proz. filtrierten LS-

sung yon indigschwefelsaurem Natron in eine Ohrvene injiziert. TStung des Tieres 34~ Minuten nach ]3eginn der Injektion dutch Verbluten. Der Ciliark5rper des intakten Bulbus zeigt bei der sofor~ ausgefiihrten Sektion eine ausgesprochene blaue bis blaugrfine Farbe, die Iris dagegen erseheint vollstandig farblos.

2. Kleines albinotisehes Kaninchen yon 950 g Gewieht. Dosis: Innerhalb yon 15 Minuten werden 4 ecru einer 2proz. filtrierten LS-

sung" yon indigschwefelsaurem lXTatron in eine Ohrvene injiziert. 30 Minuten naeh Beginn stirbt das Tier plStzlich (Xmbo]ie ?).

Die sofor~ vorgenommene Sektion des intakten ]3ulbus ergibt wieder eine ausgesprochene, ziemlich krgftige griinblaue Farbung des CiliarkSrpers bei voll- kommen ungefgrbter Iris.

Die yon mi r angewand te Fa rbs to f fdos i s is t h ier wiederum fiber 8 real k le iner s is die H a m b u r g e r s , de r 4 0 ~ 5 0 ecru einer 2 proz. LSsung in-

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38 E. Seidel:

Jizierte. Da Hamburger den Nachweis des Farbstoffes in Ciliark6rper und iris bei den mit indigsehwefelsaurem Natron injiziertea Tieren h ie h t a m f r i s c h e n P r a p a r a t e unmitte]bar naeh dem Tode, sondern nach Fixieren an Paraffinschnitten nur mikroskopisch versuchte, sei darauf hingewiesen, dab ich wiederholt beobachtete, dab bei genauester Be- folgung seiner Methode*) die am frisehen, albinotischen Auge sehr aus- gesproehene Ciliark6rperf~rbung dutch die versehieden vorbereitenden Prozeduren eine ganz erhebliche Abb]assung erf~hrt. Weiterhin konnte ieh festste]len, dab in einem Falle, wo die elektive Farbung der Ciliarfort- satze sich leidlieh gehMten hatte, so da[~ man durch den Paraffinblock noeh deutlich ihre Blauung erkennen konnte, doeh im Schnit tpraparat yon gew6hnlieher Dieke (30 #) so gut wie nichts von blauer Farbe zu erkennen war. Erst bei dickeren Schnitten (60 #) konnte eine feinste Blguung nur des Ciliark6rpers eben wahrgenommen werden, die man aber, wie mir sehr geiibte Beobachter bestgtigten, ohne vorherige Instrukt ion einfaeh fibersehen hgtte.

I s t nun das Erkennen der eingetretenen Blauf~rbung im mikro- skopischen PrEparat sogar beim Mbinotischen Auge, wo man durch keiner- lei Pigment gestSrt wird, mit so groBen Schwierigkeiten verbunden, so ist es wohl erkl/~rlich, dab H a m b u r g e r , der bier wiederum aus- drficklich dunkle Kaninchen emp~iehlt, zu negativen t%esultaten ge- tangen konnte.

Wie ieh reich sowohl hier, als aueh in den folgenden Versuehen mit vitalen Farbstoffen iiberzeugte, ist die Aufspeicherung des Farbstoffes im Ciliark6rper viel weniger intensiv als in der Iqiere, so dab eine ffir die l~iere geeignete Untersuchungsmethode am Auge sehr wohl versagen kann,

AuBerdem ist am Auge die B e o b a c h t u n g a m f r i s e h e n P r / i - p a r a t , das ist ebenfalls eine Erfahrung, die ieh bei allen yon mir verwandten vitalen Farbstoffen immer wleder best~tigt land, viel deut- lieher als die an fixierten und geh~rteten Objekten, so dab sie daher be i w e i t e m v o r z u z i e h e n i s t .

III. Versuch mit l~eutra l rot (T~fel II, Abb. 3). Albinotisches Kaninchen yon 1200 g Gewicht. Dosis: 9 ccm einer 5proz. LSsung werden in die PeritoneMhShle injiziert.

TStung des Tieres nach lS/4 Stunden dutch Dek~pitieren. Die unmittelb~r post mortem vorgenommene Sektion des intakten Bulbus

ergibt einen intensiv kurmesinrot gefgrbtcn CitiarkSrper, wa.hrend die Iris so gut ~de vollstandig f~rblos ist und nur einen g~nz schwaehen ros~nen Schimmer er- kennen lgBt.

Am lebenden Tiere konnte m~n bei fokMer Be]euchtung (NernstspMtl~mpe), den ir/tensiv rot gef/~rbten Cili~rkSrper durch die farb]ose Iris durchschimmern sehen.

$) Kl, i~ Mon~tsbl. f. Augenheilk. 1910, II, S. 60.

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Experimentelle Untersuchungen t~ber die intraokulare SaftstrSmung. 39

IV. Versuehe mit T r y p u n r o t (Tafel II, Abb. 4). Grol3es albinotisches Kaninehen yon 3400 g Gewieht. Dosis: Innerhalb 5 Minuten werden 17 ccm der 1 proz. filtrierten L6sung in

eine Ohrvene injiziert. 45 Minuten nach der Injektion wird der ]inke Bulbus enueleiert. Die Sektion ergibt wiederum einen stark rot gefirbten Cili~rk6rper bei farb-

loser Iris. Auch hier konnte bereits am lebenden Tiere mit der Nernstspaltlampe die einget.retene elektive Fgrbung des CiliarkSrpers (30 Minuten nach der In- jektion) festgestellt werden.

V. Versuche mit D i a m i n s c h w ~ r z (Tafel III , Abb. 5). Albino~isches Kaninchen yon ~600 g Gewicht. Dosis: 10 ccm einer 5 proz. LSsung yon Diaminsehwarz werden intramuskulS, r

(in die Bauehdecke) injiziert. TStung des Tieres durch Dekapitieren nach 25 Stunden. Der Cili~rkSrper zeigte eine ausgesproehene Braunf~rbung, wihrend die Iris

nieht die geringste Spur yon Farbe angenommen h~t.

VI. Versuehe mit T r y p a n b l a u . Obgleieh meine Versuehe mit Trypanblau naeh den schon von S ch n ~ udi g el ~)

erhobenen Befunden niehts Neues bieten, mSehte ich doch die yon mir mit diesem Farbstoff in etwas anderer Dosierung gemachten Erfahrungen hier kurz anfiihren, gleiehzeitig aueh zur Bestitigung der friiheren Untersuehnngen.

1. Albinotisehes Kaninehen yon 107.0 g Ge~eht. Dosis: 0,5 ccm einer 30 proz. LSsung werden in eine Ohrvene injiziert. 34 Mi-

nuten naeh der Injektion erkennt man beim Durch]euehten mit der Sac~hsschen Lampe bereits die dunkle Firbung des Citiark6rpers bei farbloser Iris.

TStung des Tieres nach 20 Stunden. :Bei der Sektion des Auges zeigt der CiliarkSrper eine intensive B]aufgrbung,

die Iris ist wieder vollkommen farblos.

2. Albinotisehes Kaninehen yon 800 g Gewicht. Dosis: 10 ecru einer 1 proz. LSsung werden in eine Ohrvene injiziert. Nach 1 Stunde erkennt man bei Durchleuchten mit der Sachsschen Lampe

am lebenden Tiere die eingetretene intensive dunkle Farbung des CiliarkSrpers, der sieh nieht durehleuchten lggt.

TStung des Tieres naeh 2 Stunden dutch Dekapitieren. Die sofortige Sektion des intakten Bulbus zeig~ wieder einen intensiv gefgrbten Cih~rkSrper bei voll- st~ndig farbloser Iris.

VII. Versuche mit I s a m i n b l a u * ) (sog. ,,Pyrrolb]au Ehr] ieh") (Tafel III , Abb. 6).

Albinotisehes Kaninehen yon 700 g Gewieht. Dosis: 7 cem 5proz. Isaminbl~nlSsung werden in die Peritonea]hShle in-

jiz[ert. 5 Tage spgter Wiederholung derselben Dosis. TStung des Tieres 10 Tage naeh der ersten Injektion dureh Dekapitieren. Die ' sofort vorgenommene Sektion des intakten Bn]bus ergibt eine

ausgesprochene blaugriine t~grbung des Ciliark5rpers bei vo]lkommen un- gef~rbter Iris.

*) Die Firma Cassela & Co. in Frankfurt, die mir die nStigen Farbstoffe freundliehst zur Verffigung stellte, machte reich da¢auf aufmerksam, dab dlese'r Fa.rbs~off (Isaminblau 6 B) in den Arbeiten yon E h r l i c h und G o l d m a n n nut irrtiimlicherweise als Byrrolblau bezeiehnet wurde, da er gar keinen Pyrrolkern enthalt und wirkliches Pyrrolblau iiberhaupt kein ~dtaler Farbstoff ist.

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40 E. Seidel :

Auf die gerade mit diesem ausgiebig studierten Farbstoff (E h rlie h~ Gold mann) erhaltenen Res u l t a t e am Auge m6chte ich besonders hin- weisen, da das sogenannte Pyrrolblau verm6ge seiner aul~erordentlich ge- ringen LSslichkeit im Blute nut sehr langsam resorbiert wird (Gold- mann), so daI~ es mehrere Tage dauert, bis fiberhaupt eine F~rbung ZL~- stande kommt, wodureh jede Uberdosierung ausgesehlossen erseheint. Da es, worauf ~ueh H a m b u r g e r hinweist, als Grundlage jeder guten vita.len l~grbung betrachtet werden muI~, da~ die Konzentration eine m6gliehst geringe ist (Fisehel), so ist gerade dieser :Farbstoff aner- kannterweise zur vitalen Farbung in hohem 1Yial~e geeignet, und es sind die hiermit erhaltenen Resultate besonders beweisend.

Im fibrigen sind die im Bilde ~4edergegebenen Befunde der eben an- geiiihrten Versuehe so eindeutig, dal~ weitere Ausffihrungen naeh dem bereits friiher Gesagten kaum n6tig erseheinen.

Wir haben festgestellt, dait die Mehrzahl der bekanntesten, auf ihr Verhalten dem Ciliark6rper und der Iris gegenfiber gepriiften vitalen Farbstoffe, yon chemisch grundverschiedener Konstitution (bei intra- ven6ser, intramuskul~rer oder intraperitonealer Injektion yon sehr m~l~igen Dosen) im Tierexperiment das gleiche, durehaus typische Ver- halten zeigt: Es fand sich in zahlreichen Versuehen beim vorher un- berfihrten, lebenswarm untersuehten Bulbus eine unverkennbare, deut- lich ausgesprochene Aufspeieherung des Farbstoffes im Ciliark6rper, wiihrend die Iris vollstgndig ungef~rbt blieb.

Da nun naeh den ausgedehnten, neueren Forsehungen fiber die vitale Farbung, besonders denen yon Eh r l i eh und G o l d m a n n , die Farbstoffspeieherung unabhangig yon der Gef~l~bahn nur yon bio- ehemischen Faktoren beherrscht wird und immer da anzutreffen ist, we eine gesteigerte Funktion des lebenden Gewebes und ,,wiehtige Stoff- wechselvorg~inge sieh abspielen", so ist durch die angeffihrten Versuehe der Beweis erbracht, dab dem Ci l i a rkSrpe r fiir die S to f fweehse l - vorg~nge im Auge eine ganz h e r v o r r a g e n d e B e d e u t u n g zu- k o m m t .

Wenn es aber statthaft ist, aus den bekannten Heidenhainsehe~J Versuehen mit indigsehwefelsaurem Natron fiber die Harnsekretion in der Niere einen SehluB zu ziehen auf die mit demselben Farbstoff am Auge markierten Vorgange (uuf die H a m b u r g e r hinweist, indem er betont, da$ doeh gerade die aus diesen Farbstoffversuchen ge- wonnene Erkenntnis. zu den siehersten Ergebnissen der Physiologie ge- h6rt), so kann dieser SehluB auf Grund der mitgeteilten Beobaehtungen nunmehr nur so lauten:

Der C i l i a r k S r p e r is t das S e k r e t i o n s o r g a n des Auges , wie uns das Th. Leber sei t J a h r z e h n t e n in u n e r s c h i l t t e r l i e h e r U b e r z e u g u n g ge leh r t hat .

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Experimente]le Untersuchungen iibe~ die intraokulare Saftstrsmung. 41

2. U b e r d e n U b e r t r i t t y o n F l u o r e s c e i n in d ie h i n t e r e A u g e n - k a m m e r n a c h i n t r a v i t a m e i n v e r l e i b t e n m~13igen F a r b s t o f f -

d o s e n .

Aus der yon mir angeffihrten und bes~t igten H a m b u r g e r s e h e n Beobachtung, daIl nach Ausfiihrung einer m~Bigen intravenSsen Fluores- ceininjcktion beim pigmentierten Kaninchcn nach Aufscbneiden des gefrorenen Bulbus nur in der Vorderkammer eine Grfinfgrbung wahr- genommen werden kann, hat t I a m b ' u r g s r (aul3er der ira vorigen Ab- schnitt widerlegten Behauiotung, dab der CiliarkSrper ungefg.rbt bleibe) den weiteren Schlul~ gezogen, dab am intakten Auge das Fluorescein in die hintere Augenkammer nicht fibertrcte, da es veto Ciliark6rper ,,her- metisch" zurfickgehalten werde.

Wenn ich auch bestgtigen kann, dal~ bei der gew~hlten Versuchs- methode eine Grtinf~rbung im Bereich der Hinterkammer night zu erkennen ist, so muf~ ieh doeh auch bier wieder alle Sehlfisse, die H a m - b u r g e r aus dieser Beobachtung zieht, als unzul~ssig ablehnen, da ich auf Grund der folgenden, eindeutigen Versuche zu der L~berzeugung ge- kommen bin, dal~ H a m b u r g e r e i ne a u f r e i n p h y s i k a l i s c h e n G e s e t z e n b e r u h e n d e E r s c h e i n u n g i r r t i i m l i e h e r w e i s e als e i ne p h y s i o l o g i s c h e a n g e s p r o c h e n ha t .

Stellt man sich n~mlich (Versu'ch I) yon einer FluoresceinlSsung von der Konzentration, wie sic nach mgBiger intraven6ser Fluoreseein- injektion in der Vorderkammer des unberiihrten Kaninehenauges nach 20--30 Minuten angetroffen wird (1 : 1 Million), und die in der Vordsr- kammer eine lebhafte Fluorescenz zeigt, eine capillare Schicht her, ski es, dal~ man entweder eine solche L6sung in ein recht diinnes Capillarrohr aufsaugt, oder dai3 man 1--2 Tropfen davon in capillarer Schicht zwischen zwei Uhrglgser verteilt durch sanftes Aufeinanderdracken der- selben, so kann man selbst auf schwarzem Grunde yon der vorher vorhan- denen, leuchtenden-grtinen Fluorescenzfarbe keine Spur mehr erkennen.

Weiterhin war mir aufgefallen bei !Yaehpriifung der mehrfach er- w~hnten H a mb u rge rschen Gefrierversuche, dag die griine Fluorescenz- farbe des Vorderkammerwassers naeh dem Gefrieren erheblich abge- blaBt war, so dab zwischen der Intensitgt der F~rbung des gefrorenea Kammerwassers und der des nicht gefrorenen am Kontrollauge ein be- tr~chtlieher Unterschied zuungunsten des ersteren bestand. Diese Be- obachtung veranlaBte mieh zu folgendem Versuehe. Bringt man (Ver- such II) einige Tropfen des fluoreseierenden Vorderkammerwassers in ein Uhrsch~Ichen, we man, da es sich um eine dickcre t~liissigkeits- sehieht handelt, auf schwarzem Grund wenigstens die Fluorescenz noeh wahrnehmen kann, und l~flt die ldeine Fliissigkeitsmenge auf dem Ob- jekttisch des Gefriermikrotoms gefrieren, so beobachtet man, dab von der vorher noeh erkennbaren l~luorescenzfarbe nach der Erstarrung de~

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42 E. Seidel:

Kammerwassers zu Eis auch bei Beobachtung auf schwarzem Grunde nicht die geringste Spur mehr nachweisbar ist, und dab die Grfinf~rbung erst naeh Auftauen wieder siehtbar wird.

Da nun die Hinterkammer beim Kaninehen einen ,,wahrhaft capil- laren Raum" darstellt (Ha mb urger ) , so is~ durch Versueh I bewiesen, da$ selbs~ ein Fluoresceingehalt des Hinterkammerwassers, d e r d e m des Vorderkammerwassers gleicht, bei der einfachen Besichtigung gar nieht wahrgenommen werden k6nnte, zumal die durch den eapillareix Charakter der Hinterkammer bedingten B e o b a c h t u n g s s e hwie rig- k e i t e n dureh die yon H a m b u r g e r gew~hlte lV[ethode des Gefrierens, wie Versuch I I zeigt, in so hohem Mafte noch vermehrt werden, dab die Beurteilung des Fluoresceingehaltes yon einer in Frage kommenden Konzentration geradezu unmSglieh wird.

Mit diesen Feststellungen steht keineswegs die Tatsaehe in Wider- sprueh, dal~ aueh nach m~l~igen Flupresceindosen naeh Punktion der Vorderkammer, oder nach st~rkeren Fluoresceindosen aueh am intakten Auge, wie das Seh51er und U h t h o f f zuerst fanden, eine Grfinf~rbung im Bereieh der Hinterkammer und der Ciliarforts~tze zu erkennen ist.

Denn durch die Punktion sondert der CiliarkSrper, wie W e s s e l y feststellte, parallel mit steigendem Eiweii]gehalt ein Sekret vo~ erhOhtem Fluoresceingehalt ab, und ebenso kommt durch die erhShte Dosierung am intakten Auge ein vermehrter Fluoresceinfibertritt ins Kammerwasser zustande, so da$, da die Grfinf~rbung einer k o n z e n t r ie r t e n Fluorescein- 15sung in eapillarer Sehicht vie1 ]eichter zu erkennen i~t als die einer schw~eheren, die Erkl~rung dieser Beobaehtungen keinerlei Sehwierig- keiten darbie~et.

Durch die bisher angefiihrten Versuehe ist jedoch nur bewiesen, dal~ aus physikalischen Griinden die Schlul~folgerungen H a m b u r g e r s aus seinen Beobaehtungen an Gefriersehnitten bezfiglieh des Fluoreseein- gehaltes des Hinterkammerwassers unzul~ssig sind. Damit ist aber, da die ~ethode wie gesagt bei m~l~iger Farbstoffdosierung gar nichts fiber den Fluoreseeingehalt einer am unberiithrten Auge im Hinterkammer- wasser in Frage kommenden Konzentration auszusagen vermag, die Be- hauptung, dal~ das Fluorescein in die Hinterkammer nieht fibertret% sondern yore Ciliark6rper zurfiekgehalten werde, noch keineswegs ats widerlegt zu betraehten.

Um den Fluoreseeingehalt des Hinterkammerwassers zu untersuche n, war zun~ehst die rein physikalisehe Frage zu beantworten: Auf welehe Weise kann ein geringer Fluoresceingehalt in mir~imalen Flfissigkeits mengen in eapillarer Sehieht einwandfrei naehgewiese n werden.?

Ich-berichte nicht fiber die lgngeren, vergeblichen Versuche z. B~ fiber:." das IIeraltsschaben oder Herausbrechen des, gefrorenen Hinter+ kammerinhaltes und Auftauen oder Eindampfen desselben, da sie za

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstr(imung. 43

keinen befriedigenden Resultaten ffihrten, sondern beschrgnke reich darauf, in kurzen Worten die Endergebnisse meiner sehr zahlreiehen; fiber diese Frage angestellten pysikalisehen Versuche mitzuteilen, zumal sic auch ffir die sp~iter noeh zu besprechenden Beobachtungen yon :Be- det~tung sind.

Aul~er der schon erwi~hnten Beobaehtung, dal~ die Deutlichkeit der Wahrnehmung der Fluorescenz (aul~er yon der Konzentration der LSsnng) in einer FluoreseeinkaliumlSsung yon demselben Farbstoffgehalt ab- h~ngig ist

1. yon der Dicke der zur Verffigung stehenden Flfissigkeitssehieht, 2 . yon der Farbe des Hintergrundes, wobei die sehwarze Farbe bei

weitem am geeignetsten ist, stellte ich bei meinen Versuehen einen dritten ffir die Verst~rkung der Fluorescenz sehr wesentliehen Faktor lest, n~mlich die I n t e n s i t ~ t d e r B e l e u c h t u n g .

Nach Versuchen mit direktem Sonnenlieht, sowie mit dem Licht der Bogenlampe land ich sehlie~lich in der G ul 1 s t r a n d schen ~Nernstspalt- lampe, besond~ers beim Gebraueh im Dunkelzimmer, eine ffir den Fluores- eenznachweis vorzfiglieh geeignete Liehtquelle.

W~hrend in der Literatur sich allgemein die A~lgabe finder, die auf E h r l i c h zuriickgeht, dal~ die Fluorescenz einer FluoreseeinlSsung bis zu einer Verdfinnung yon 1 : 2 Millionen wahrnehmbar sei, konnte ich mit dem Lichte der Nernstspalt]ampe in zwei versehiedenen Versuchs- serien noeh einen Fluoreseeingehalt in einer Verdfinnung yon 1 : 400 ~il- lionen, also in einer 200mal stiirkeren Verdfinnung einwandfrei fest- stellen. ( Die Prfifung, bei zur Verffigung stehenden, etwas grSl~eren Flfissig- keitsmengen, nahm ieh so vor, dal~ ich die zu untersuchenden Fliissig- keiten in kleine Reagensgl~ser fiillte und diese dann direkt im Dunkel- zimmer an die SpaltSffnung der Lampe anlegte. Sieht man dana senkrecht zur austretenden Strahlenriehtung auf die Fliissigkeit, so er- kennt man bei Anwesenheit yon F]uorescein, dal~ die Bahn, die das Licht~ strahlenbfindel im RShreheninhalt abzeiehnet, lebhaft grfin gef~rbt ist. ~

Diese Erscheinung ist aul~erordentlich interessant, da man bei Vet/ diinnungen, die vSllig farblos erseheinen, trod die bei Tageslicht nieht die geringste Fluorescenz aueh auf schwarzem Grunde und selbst in dicker Flfissigkeitssehieht erkennen lassen, durch die Lebhaftigkeit de2 erst im Dunke]zimmer an der Nernstspaltlampe hervortretenden Fluores~ cenz immer wieder fiberraseht wird.

Auch bei der colorimetrischen Bestimmung des Fluoresceingeh~ltos in einer Fliissigkeit, wie dies fiir sp~tere Untersuehungen nStig ersehien~ leistete die I gesehflderte Untersuehungsmethode wegen der stets vor- handenen konstanten Beobachtungverh~ltnisse gute Dienste.

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44 E. Seidel:

Aber auch zur Untersuchung von sehr kleinen Flfissigkeitsmengen in capillarer Schicht erwies sich das Nernstlicht, was uns hier zun~chs~ interessiert, bei folgender Versuchsanordnung sehr brauchbar.

Man bringt die kleinen, zu untersuchenden Fliissigkeitsmengen auf ein Deckglgschen und hglt dieses horizontal (zwischen Daumen und Zeigefinger) dicht an den Spalt in das austretende StrahlenbtischeL

Man erkennt dann noch an kleinen Fliissigkeitsmengen in capillarer Schieht, die bei Tages]icht anscheinend v611ig farblos sind, und die ntu: Bruchteile eines Tropfens darstellen, wenn man wieder senkrecht zu r Strahlenrichtung daraufblickt, eine n o c h d e u t l i c h e G r i i n i g r b u n g , so da~ man sogar colorimetrisch, indem man etwa gleich groge Mengen einer Fluoresceinl6sung yon bekanntem Gehalt danebenhglt, wenigstens annghernd ihren Farbstoffgehalt beurteilen kann.

Auch bei dieser Untersuchungsweise zeigt sich wiederum, dab der Nachweis der Fluorescenz in kleinen Fliissigkeitsmengen in dfinner Schicht viel schwieriger ist als in gr6Beren Quantitgten, da ich in capil- later Schicht nur in einer Verdiinnung yon 1 : 16 Millionen noch deut- lich Fluorescenz wahrnahm, jedoch nicht mehr bei 1 : 3 2 Millionen. Doch geniigt die Feinheit der Methode vollst~ndig fiir unsere Zwecke, wie die folgenden Versuche zeigen werden.

Um nun das ttinterkammerwasser aui seinen Fluoresceingehalt zu untersuchen, ging ich so vor, dag ich mit vollst~ndig neuer Nadel und Spritze, die mit Fluorescein iiberhaupt noch nicht in Bertihrung gekcmmen war, bei Kaninchen und Katzen nach m~igiger Fluoreseeindosis, die die yon H a m b u r ge r angewandte nicht iiberstieg und in einigen Versuchen welt unter ihr blieb, die I t interkammer des unbertihrten Auges am ]ebenden Tiere (in friiher beschriebener Weise aber ohne Narkose)= punktierte. Die so erhaltene sehr kleine Nenge Hinterkammerwasser wurde sofort aus der Spritze auf ein Deckglgschen gebracht, wo sie auf schwarzem Grunde bei Tageslicht v6llig farblos erschien und darauf in der eben beschriebenen Weise auf Fluorescenz mit Hilfe der Nernst- lampe im Dunkelzimmer untersucht. (In einigen Fgllen stellte ich danach noch r efraktometrisch den Brechungsindex lest, doch geniigte hierzu hgufig die dutch Ver+lunstung sich rasch vermindernde Fliissig- keitsmenge nicht, mehr.)

Auf Grund einer grSBeren Anzahl v611ig glatt verlaufener Versuche kann ich berichten, d a g i ch i m H i n t e r k a m m e r w a s s e r e i n e n d e u t l i c h e n F l u o r e s c e i n g e h a l t a n g e t r o f f e n b a b e , u n d d a b ich bei d e r c o l o r i m e t r i s c h e n B e s t i m m u n g d e s s e l b e n e i n e n n u t w e n i g s c h w g c h e r e n F l u o r e s c e i n g e h a l t l a n d , als da s V o r d e r - k a m m e r w a s s e r d e s s e l b e n A u g e s d a r b o t .

Ich begniige reich, folgende kurze Daten aus einigen Protokollet*. hier anzufiihren :

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare SaftstrSmung. 45

Versuch I. Grol3es, schwarzes Kaninchen von 3700 g Gewicht*). Dosis: 7 ccm einer 6,25proz. {isotonischen) FluoresceinkaliumlSsung in die

Ohrvene (d. h. auf 1 kg KSrpergewicht 0,118 g F~rbstoff). 30 Minuten nach der Injektion finder sich:

im Hinterkammerwasser ein Fluoresceingehal~ yon 1 : 1--2 Millionen, im Vorderkammerwasser ein Fluoresceingehalt yon mehr als 1 : 1 Million. im GlaskSrper ein Fl/loresoeingehal~ von 1 : 2--3 Millionen

Versuch II. Grol]es albinotisches KanJnchen yon 3600 g Gewich~. Dosis: 7 ccm einer 6,25proz. (isotonischen) FluoresceinkaliumlSsung in die

Ohrvene (d. h. auf 1 kg KSrpergewicht 0,121 g Farbstoff). Nach 1 Stunde 10 Minnt.en finder sich links:

im Hintsrk~mmerwasser ein FluoresceingehaIfo yon 1 : 3 Millionen, Jm Vorderkammerwasser ein Fluoresceingeh~lt yon mehr als 1 : 1 Million.

Nach 1 Stunde 30 Minuten finde~ sich rechts: im Hinterk~mmerwasser ein Fluoresceingehalt yon 1 : 1 Million, im Vorderkammerwasser ein Fluoresceingehalt yon mehr als 1 : 1 Million.

Versuch III. Kaninchen yon 3200 g Gewicht. Dosis: 2 ccm einer 6,25proz. (isotonischen) Fluoresceinka]iumlSsung in die

Ohrvene (d. h. ~nf 1 kg KSrpergewicht 0,04 g Farbstoff). 11/2 Stunde nach der Injektion finder sich in beiden Kammern eine schwache

Flnorescenz, doch Jst die in der Hinterkammer schw~icher als die in der Vorder- kammer.

Versuch IV. Katze yon 2000 g Gewicht. Dosis: 4 ccm einer 6,25proz. (isotonischen) Fluoresceinkaliuml5sung intra-

peritoneal (d. h. auf 1 kg K5rpergewicbt 0,125g Farbstoff). 2 Stunden nach der Injektion finder sich rechts:

im Hinterk~mmerwasser ein ]~]uoresceingehalt yon etwas mehr als 1 : 1 Million, im Vorderkammerwasser ein Fluoresceingehal~ yon etwas mehr als 1 : 1 Million {n = 1,3352).

21/2 Stunden nach der Injektion findet sich links; im Hinterkammerwasser ein Fluoresceingehal~ yon I : 1 Million (n = 1,3353), im Vorderkammerwasser ein Fluoresceingehalt yon mehr als 1 : 1 Million

(n = 1,3353).

Nach den vors tehend mitgete i l ten Versuchen k a n n ieh somit die Behaup tung H a m b u r g e r s , da~ das Fluorescein in das H i n t e r ka mme r - wasser bei mgl~iger Dosierung im unber i ih r t en Auge n icht i ibertrete, sondern vom CiliarkSrper , ,hermetisch" zuri ickgehalten werde, n i e h t be St ~ t i g e n , d~ ich die Fehlerquel len seiner Unte rsuehungsmethode nachweisen u n d bei Anwendung vol lkommenerer Hilfsmit te l eine deut- liehe Fluoreseenz im Hin te rkammerwasser wahrnehmen konnte . D~mit wird der Schlul~, d~I~ der sich angeblich diffusiblen F~rbstoffen gegen-

*) Da der l~aumishalt der hinteren Augenkammer beim Kaninchen erheb- lich ldeiner ist als bei der Katze, empfiehl~ es sich, zu diesen Versuchen mSg- lichst grebe Kaninchen zu verwenden, damit eine zur Untersuchung geniigende Menge tIinterkammerwasser bei der Punk~ion erhalten wird.

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66 E. Seidel:

fiber refrakt~ir verhaltende CiliarkSrper physiologiseherweise inaktiv bliebe, d .h . keine sekretorische T~itigkeit entfalten kSnne, hinfiillig.

Im Gegenteil haben die vSllig iibereinstimmenden gesultate mit den verschiedensten vitalen Farbstoffen den klaren Beweis erbraeht, dull sieh im Ciliark6rper lebhafte Stoffweehselvorgiinge abspielen, so dull diesem Organ ffir die Ern~hrung des Auges eine ganz hervorragende Be~ deuttmg zukommt.

I c h m u g d e m n a c h a u e h den z w e i t e n G e g e n b e w e i s , d e n H a m b u r g e r de r L e b e r s e h e n L e h r e g e g e n f i b e r a u f s t e l l t e , a ls w i d e r l e g t b e t r a e h t e n , da i ch im V e r h a l t e n des C i l i a r k S r p e r s d i f f u s i b l e n F a r b s t o f f e n g e g e n i i b e r , a u f G r u n d m e i n e r Ver - s u c h e , n u r e i n e n n e u e n B e w e i s f i i r d ie l ~ i c h t i g k e i t d e r L e b e r , s c h e n A u f f a s s u n g e r b l i c k e n k a n n .

IV. iJber den scgenannten ,,physiologisehen Pupillenabsehlul~" (Hamburger).

Den d r i t t e n Gegenbeweis gegen die L e b e r sehe Lehre erbliekt H a m - b u r g e r in den Ergebnissen seiner Experimente, auf Grund deren er eine wasserdichte Trennung der R/~ume v o r u n d hinter der Iris am normalen Auge, naeh Art eines Ventilverschlusses, naehgewiesen zuhaben glaubt.

Da das Vorhandensein dieses sogenannten physiologischen Pupillen- absehlusses den BeweJs erbringen wiirde, dal~ eine vom CiliarkOrper aus- gehende, sich in die Vorderkammer ergieBende SaftstrOmung, wie sie Le be r annimmt, nieht bestehen kann, so kommt diesen Versuchen eine grol3e Bedeutung zu, was die folgende, ausfiihrliche Darstellung reeht- fertigen mSge.

H a m b u r g e r ging so vor, dab er in Xthernarkose mit einer Mikro- spritze ein minimales Tr6pfehen einer 30proz. FluoresceinlSsung bei m6glichst grol3em Kaninehen in die Hinterkammer injizierte. Die Beobachtung ergab, daI3 der Farbstoff in gelungenen Versuchen, die meist in Eserinmiosis vorgenommen wurden, da sie da am besten gliiekten, fiber 15 Minuten in der Hinterkammer zuriickgehalten werden kann, so dal3 das Pupfllargebiet, das wegen seiner sehwarzen Farbe einen guten Hintergrund zur Beobaehtung einer Fluorescenz abgibt, tief schwarz ersehien und nieht eine Spur yon Grtinfi£rbung erkennen lieB, obwohl nach : H a m b u r g e r zu erwarten gewesen w~ire, dal3 der Farbstoff, der stets ganz oben appliziert worden war, so da$ er nut seiner Sehwere hStte zu folgen brauchen, um zwischen Iris und Linse, sofern die Passage frei war, hinabzugleiten, sofort ira Pupillargebiet htitte siehtbar werden miissen.

Da andererseits nach Ausffihrung einer Punktion der Vorderkammer sofort dichte griine Farbstoffwolken aus der Pupille hervorwirbelten, so glaubte H a m b u rg e r schheBen zu mfissen, dab miter physiologisehen

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare SaftstrSmung. 47

Verli~ltnissen der Weg yon der Hinter- nach der Vorderkammer blockiert sei, so daB yon einer st~ndigen Kommunikation durcli die Pul0ille keine ]~ede sein k6nne.

Die Rielitigkeit der H a m b u r g e r s e h e n Versuehe ist nachgeprfifV. und im wesentliielien best~tigt worden durch Le be r aT),We s se 1 y 7~),7e),73), Re ins te in4S) , H a y a s c h i 27) und Weil]~a). Jedoch lehnen sowohl L e b e r als aueh W e s s e l y die yon H a m b u r g e r aus seinen Ver- suclien gezogenen Folgerungen auf Grund gewisser Beobaehtungen ab.

L e b er ist der Ansicht, daB die Versuelie nur zeigen, dab die Flfissig- keitsabsonderung yon seiten des Ci]iark6rpers am lebenden Auge viel langsamer vor sieh gehe, als er auf Grund seiner Filtrationsversuehe friilier seh~tzungsweise mit groSer Reserve vermutet liatte.

H a m b u r g e r lelinte jedoeh diese Deutung als nieht stiehhaltig ab, indem er auf den yon ihm als bloekiert erwiesenen Weg zwisclien Hinter- und Vorderkammer, den ,,PupillenabseliluB" das Hauptgewicht legt *), der jede, noch so ]angsame Fliissigkeitsstr6mung unm6glicli maehen wfirde, und der besonders augenf~llig aus einer Beobaehtung am Mbinotischen Kaninehenauge hervorgehen soll, wo man beobachten kann, daB der in die Hinterkammer gebraehte, intensiv gef~rbte Fluo- reseeintropfen hinter der etwas durehsiclitigen, rosaschimmernden Iri# sich halbkreisf6rmig um das Pupillargebiet herum ausbreitet und den viel kiirzeren Weg in die Pupille ansclieinend nieht findet, obwohl er naeh H a mb u r g e r nut der Sehwere zu folgen brauchte, um ins Pupillargebiet herabzusinken, wenn der Weg wirk]ieh frei und nieht versperrt w~re.

W e s s e l y erhob naeh eingehender Naehpriifung gegen die H a m - b urgersehen Experimente folgende Einw~nde:

1. Er betonte, dab der Farbstoff durchaus nicht immer 20 ~ inu ten hinter der Iris zuriickgehMten werde, und dab er vielmelir h~ufig sehon nacli 1--5 Minuten in der Pupille erscheine.

2. Er fand, dab der Farbstoff aueli d~rm zuriickgehalten werden kann~ wenn gleiehzeitig eine 10 proz. subconjunctivale Kochsalzinjektion aus- gefiilirt worden war, also sieher gleiehzeitig eiweil~haltiges Citiark6rloer- sekret dureh die Pupille strSmte.

3. Er land naeh exakter Ausfiihrung des H a m b u r g e r s e h e n Ver- suelis stets einen nieht erliebliehen, aber doch deutlieh vermelirten Ei- weiBgehalt im Vorderkammerwasser, der naeh H a m b u r g e r nut yon den Ciliarfortsgtzen stammen kann, also dureh die Pupille in die Vorder- kammer eingetreten sein mug, wi~hrend der Farbstoff zuriiekgelialten worden war.

4. Er wies darauf hin, dag naeh H a m b u r g e r bei Eserinwirkung der PupillenabseliluB am dielitesten sein sol], wghrend naeh HeB gerade

*) Klin. Monatsb]. f. Augenheilk. 1900, S. 821.

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48 E. Seidel:

hierbei, wie bei der Akkommodation, die Linse herabsinkt und Linsen- nnd Irisschlottern auftritt .

Trotz dieser sehweren Bedenken, die Wessely71),7~), 'Ta) sehon vor Jahren gegen die Beweiskraft des H a m b u r g e r s c h e n Versuchs mehr- fach ge~iu[tert hat, erhalt H a m b u r g e r ohne die W e s s e l y s c h e n Ein- wi~nde, die nicht ,,erwahnenswert" sein sollen*), widerlegt zu haben, seine Lehre yore physiologischen Pupillenabschlul~ aufrecht, und auch Weif t fertigt sie ab, indem er erkl~rt : , ,Ernsthafte Einw~nde sind dem H a m b u r g e r s c h e n Versuch nieht gemacht worden", worauf sieh nun wieder H a m b u r ge r , um die Richtigkeit seiner Anschauungen darzutun, ansdriicklich bezieht.

Auf Grund einer eingehenden Nachprfifung des H a m b u r g e r s c h e n Versuchs mSchte ich folgendes bemerken:

1. Da beim Kaninchen, wie bekannt, die Ciliarforts~tze auf die Hinter- fl~iche der Iris weir [ibergreifen (TaM IV, Abb. 7 und Tafel V, Abb, 9), erscheint mir naeh mikroskopischen Untersuchungen die M6glichkeit gegeben, daft das miniraale Fluoresceintr0pfchen, das stets ganz oben hinter der Irisperipherie injiziert werden soll, bei dem schwammigen Bau des CiliarkOrpers leicht in einen Hohlraum zwisehen den anastomosieren- den Ciliarforts~tzen deponiert werden karm [Abb. 7 und 9"*)], w o e s mechanisch zuriick gehalten wird, so dal~ aus diesem Grunde sich der Farbstoff nieht naeh unten ausbreiten und in der Pupille erseheinen kann.

Ich habe deshalb die meisten meiner Versuche nicht an Kaninehen, sondern bei Katzen vorgenommen, wegen der hier giinstiger liegenden anatomischen Verh~ltnisse (Tafel IV, Abb. 8 und Tafel VI, Abb. 11).

2. Ieh fand in Besti~tigung der W e s s e l y s e h e n Ergebnisse bei Kaninchen, dai] bei Katzen in vOlhg gelungenen Versuchen der Farb- stoff durchaus nieht immer naeh 15 Minuten, sondem h~ufig auch sehon nach 1--5 l~Iinuten in der Pupille zum Vorschein kommt.

3. Die Beobachtung W e s s e l y s , daft nach exakt ausgefiihrten t t a m b u r g e r s e h e n Versuehen stets eine geringe Eiweiftvermehrung ira Vorderkammerwasser bei Kaninchen nachweisbar ist, kann ieh in- soweit best~tigen, dab ich aueh wiederholt, aber nicht immer, eine solche bei Katzen refraktometrisch feststellen konnte.

Es liegt dies wohl daran, daft man bei der Katze, deren Vorder- kammer 3 real grOfter ist als die des Kaninchens, nicht immer bei mini- malen Punktionen der Vorderkammer, yon dem wenigen, eiweifthal- tigen, sich in der Hauptsache am Boden derVorderkammer befindlichen Ciliark6rpersekret etwas in die Spritze bekommt, so dab sich ans diesem

*) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1910, II, S. 57. **) In Abb. 9 auf Tafel V sieht man (unten) hinter der Irisperipherie einen

anscheinend yon der I~interkammer vSllig abgeschlossenen SpaItraum, der sieh ,~u:[ tier ganzen Sehni~t~erie verfolgen ]ieI].

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Experimentelle Untersuchungen nber die intraokulare Saftstrsmung. 49

Grunde wohl der kons tan te Nachweis der Eiwei{~vermehrung der Fes~- stellung entzogen hat .

4. Um naeh In jekt ion des FluoresceintrSpfehens in die Hin te rkammer nach I-Ierausziehen der Nadel ein Nachsiekern von Hinterkammerwasser zu vermeiden, soll man naeh H a m b u r g e r die Nadel wghrend der Dauer des Versuehes ruhig liegen lassen.

Wenn man nun 10 IViinuten naeh vorschriftsmgl~iger Einfi ihrung der nicht geffillten sterilen ~ikrospr i tze in die Hin te rkammer in friiher ge- schilderter Weise mit einer zweiten Spritze das Hinterkammerwasser gewinnt und refraktometr isch untersucht , so findet man eine erhebhche ErhShung des Brechungsindex (z. B. n = 1,3370 = 1% EiweiB und n = 1,3366 ---- 0,6 % Eiweil~) und somit einen vielfaeh (bis 40faeh) gegen die Norm gesteigerten EiweiBgeha]t, als sieheres Zeichen, dab Mlein sehon du rch die Ar~wesenheit der sterilen Nadel in der Hin te rkammer der Ciliark6rper in eine gesteigerte, sekretorische Tgtigkeit versetzt wird, wodureh auch nach H a m b u r g e r s Ansehauung der physiologische Pupillenabschlul~ gesprengt werden miil~e.

D a d e r F a r b s t o f f i n H a m b u r g e r s V e r s u c h n u n l g n g e r a l s 10 M i n u t e n u n s i c h t b a r b l e i b e n k a n n , so d a r f h i e r i n k e i n B e - w e i s f f i r d i e U n d u r e h l g s s i g k e i t d e r P u p i l l e e r b l i c k b w e r d e n .

5. Wie aueh H a m b u r g e r angibt , gelingt sein Versuch am besten in Eserinmiosis.

Nun wird aber der Ci]iarkSrper beim Kaninehen nach W e s s e l y s~) dureh Eserineintrgufelung in den Bindehautsack nachweislieh in ab- norme sekretorisehe Tgtigkeit versetzt, wie man aus der im Vorder- kammerwasser auftretenden Eiweil~vermehrung, sowie aus den n~ch

intraven6sen Fluoreseeininjektionen aus der Pupille in die Vorderkammer

i ibertretenden grfinen Farbwolken mit Sieherheit erkennt. Auch ieh babe, ohne yon den W e s s e l y s c h e n Befunden Kenntnis

gehabt zu haben, bei Ka tzen wiederholt, allerdings nicht immer, naeh Eserineintrgufelungen ganz erhebliehe Eiweii~vermehrungen sowohl im Vorder- als auch im Hinterkammerwasser refraktometr isch iestge- stellt. So fand ieh folgende Wer te :

Versuch I. ~'ach 2 Tropfen Eserin ] %, 2 S~unden und 11/2 Stunden vorher: Vorderkammerwasser n = 1,3366 = 0,6% EiweiB ttinterkammerwasser n = 1,3366 = 0,6o/o Eiwei~.

Versueh II. Nach 2 Tropfen Eserin 1%, 2 Stunden und 1 Stunde 10 Minuten v o r h e r :

Vorderk~mmerw~sser n ~ 1,3357 ~ 0,06% EiweiB Hinterk~mmerw~sser n ~ 1,3372 ~ 1% EiweiS.

Versueh III . Nach 2 Tropfen Eserin l~o, 2 Stunden 20 Minuten und 1 Stunde ].8 Minuten vorher:

Vorderkammerwasser n : 1,3360 = 0,2~o Eiwei~ Hinterkammerwasser n = 1,3371 ~-- 1% EiweiB.

v. Graefes Archly fiir Ophthalmologie. Bd. 95. 4

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50 E. Seidel :

Versuch IV. Nach 2 Tropfen Eserin l~o, 2 Stunden 13 Minuten und 1 Stunde 23 Minuten vorher:

Vorderkammerwasser n ~ ],3370 ~ 1% Eiwei/~.

Wir stehen somit der Tatsache gegenfiber, daf~ gerade dann, wenn unter Eserin der CiliarkSrper nachweislich eine gesteigerte sekretorisehe T~tigkeit entfaltet, und mit Sieherheit eiweil~haltiges CiliarkSrper- sekret durch die Pupille in die Vorderka miner iibertritt, der H a m b u r g e r - sche Versueh am siehersten gelingt.

Es g e h t d a h e r a u s d i e s e n B e o b a e h t u n g e n k l a r h e r v o r , d a b da s U n s i o h t b a r b I e i b e n des F a r b s t o f f e s i m H a m b u r g e r - s e h e n V e r s u e h k e i n e s f a l l s a u f e i n e U n d u r c h g ~ n g i g k e i t d e r P u p i l l e b e z o g e n w e r d e n k a n n .

6. Naeh Ha mb u r g e r sell der physiologische Pupillenabschlul~ nich~ vorhanden sein am iridektomierten und am aphakisehen Auge.

So stellte H a m b u r g e r 15) bei Kaninehen im aphakischen, v611ig reizlosen Auge 3 Monate nach ausgefiihrter Linsenextraktion einen er~ h6hten EiweiBgehalt im Vorderkammerwasser lest und will diesen Be- fund dami~ erkl~ren, dab sieh jetzt naeh Aufhebung des physiologisehen Pupillenabschlusses das naeh ihm stets eiweif~reiche ttinterkammerwasser ungehindert mit dem hlhal t der Vorderkammer habe misehen k6nnen.

Obgleieh ich schon gezeigt babe, dab physiologiseherweise das Hinter- kammerwasser dem Vorderkammerwasser in der Zusammensetzung v611ig gleicht, mid dab somit die Anschauung, dab das normale Ciliar- kSrpersekret stark eiweiBhaltig sei, nicht aufrechterhalten werden kam:, habe ich dennoeh auch diese Angaben nachgepriift in folgender Weise:

An 3 Kaninchen ifihrte ieh an je einem Auge eine breite Iridektomie aus, wonach naeh H a m b u r g e r derWeg dureh die Pupille frei sein wiirde.

Naeh reaktions]oser Heilung wurde naeh 3 Monaten das Vorder- kammerwasser beiderseits refraktometrisch untersueht.

Das Kammerwasser sgmtlicher 6 Augen ergab denselben normalen Brechungsindex und somit keinen erh6hten Eiweil~gehalt.

DJese 3 Versuehe bri~gen einen weiteren Beweis, dab die Deutung, dig H a m b u r g e r seiner eben angefiihrten Beobaehtung gab, nieht zu- treffend ist, und dab daher aus ihr nicht etwa sin Beweis fiir das Bestehen tines physiologischen Pupillenabsehlusses hergeleitet werden kann.

7. Wenn ich etwa 10 Minuten nach exakt ausgefiihrtem und ge- lungenem H a m b u r g e r s e h e n Versueh einige Tropfen Kammerwasser aus dem obersten Teil der Vorderkammer entnahm und diese anscheinend v611ig Iarblose Fliissigkeit, in der ieh. wie W e s s e l y , wiederholt eins leiehte EiweiBvermehrung feststellen konnte, in ein kleines Reagens- gl~schen fiillte, um sie an der Nernstspaltlampe zu untersuchen, s~ beobaeh~ete ich im Dunkelzimmer zu meiner grol~en l~berraschung eine lebhafte Fluorescenz des Kammerwassers yon wechselnder St~rke,

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Experimentelle Untersuehungen tiber die intraokulare SaftstrSmung. 51

e twa zwisehen 1 : 6 u n d 1 : 6 4 Millionen, obgleich ich w~hrend des

vorangegangenen H a m b u r g e r s e h e n Versuehs in de r V o r d e r k a m m e r und vor a l lem fiber de r unabl~ssig beobaeh te ten , t ie fschwarzen Pupi l le n i e h t die ger ings te Spur von grfiner •arbe w a h r g e n o m m e n ha t t e , da diese ers t kurze Zeit naeh Beendigung der schnell ausgef i ihr ten tei lweisen V o r d e r k ~ m m e r p u n k t i o n aus de r Pupi l le hervors t i i rz te .

Fo lgenden F luoresce ingeha l t s te l l te ieh bei de r eo lor imet r i sehen Bes t immung m i t de r Nerns t l~mpe im V o r d e r k a m m e r p u n k t a t nach ansehe inend vSlliger Fa rb s to f f r e t en t i on im gelungenen H a m b u r g e r - sehen Versueh*) l e s t :

Versuch L 11 Mflmten naeh der Fluoresceiniujektion in die Hinterkammer: etwa 1 - 7 Million. Versuch II. 10 Minuten . . . . . . . . . . . . ~, 1 : 6 ,, Versuch III . 10 Minuten . . . . . . . . . . . . . . 1 : 32 , ,

Versuch IV. 10 Minuten . . . . . . . . . . . . . . 1 : 64 ,, Versuch V.

5 Minuten . . . . . . . . . . . . . . 1 : 32 ,, Versuch VI.

5Minuten . . . . . . . . . . . . . , 1:12 ,, Versuch VII.

7 Minuten . . . . . . , . . . . . . . 1 : 6 ,,

Die fiir diese Versuche benu t z t en Spr i tzen und Kanf i len mfissen, falls sie schon frt iher i rgendwie zu F luo resee inexpe r imen teu ben i i t z t sein soll ten, u n m i t t e l b a r v o r h e r n o c h m a l s auf vSllige F luoresce in- f re ihei t geprf i f t werden in folgender Weise :

Man saugt sie zur H~lfte roll heiBes Wasser, schiibtelt kr/iftig und entleert dieses dann durch die Kanfile nach 1--2 Minuten in ein kleines l~eagensrShrchen, um es darauf im Dunkelzimmer an die Nernstlampe zu bringen, wo man noch minimalste Fluoresceinspuren (1:400 Mi]Honen) erkennt.

Da, wie ieh fund. in ~-ther Fluorescein iiberhaupt nicht, in A]koRol nur wenig 15slieh ist, so sind diese Fliissigkeiten zur Reinigung nieht geeigne~.

D a ieh diesen Befund i m m e r wieder bes t~ t ig t l and , aueh wenn ieh naeh Aufsaugen des Farbs to f fes die In jek t ionsr tade l , de ren 0 f fnung ich mi t B u t t e r versehloB, un te r de r Wasse r le i tung einige Minuten abspi i l te , so dal3 n i eh t e~ne Spur F a r b s t o f f ~n den B i n d e h a u t s a c k ge langte und das F luoresce in t rSpfehen erst in de r H i n t e r k a m m e r , naeh Vorsehiebert des Spr i tzens tempels , zum A u s t r i t t geb raeh t wurde, so waren n u r zwei Wege denkba r , auf denen d ie nachgewiesenen min ima len F luoresee in- mengen in das Vorde rkammerwasse r ge langt sein k o n n t e n :

*) Die Versuche wurden am Katzenauge vorgenommen. Die Mikrospritz¢ blieb wahrend der Dauer des Versuchvs in der Hinterkammer am jeden Kamm~r- wasserverlust zu vermeiden ( H a m b u r g e r ) .

4*

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52 E. Seideh

1. dureh die Pupille, 2. dureh DiKusion dureh die Iris. Da ieh zungchst die Vorstellung hatte, daG der Austritt des Fluores-

eeins aus der Pupille mir sowie andern geiibten Beobaehtern, denen ieh diese Versuehe zeigte, nieht hgtte entgehen kSnnen, zumal doeh naeh der Punktion der Vorderkammer die griinen Farbstoffwolken, die aus der Pupil le hervorwirbelten, bei ihrer intensiven, gegen die sehwarze Pupille s~eh abhebenden Farbe weithin siehtbar waren und der Beobaeh- tung nieht die geringsten Sehwierigkeiten darboten, so neigte ieh zu- niiehst dazu, eine Diffusion des Farbstoffes dureh die Iris hindureh, von der Hinter- naeh der Vorderkammer, fiir das Wahrseheinliehere zu halten.

Um die Frage naeh der Bereehtigung dieser Annahme zu beant- worten, stellte ieh folgenden Versueh an:

In ~thernakose wurde am eserinisierten Katzenauge nach Abtragung der Hornhaut die durch das l~1iotieum bis auf einen schmalen Spal~ verengte Pupille mi~els der izon,mir friiher beschriebenen, gemeinschaftlich mit Th. Leber kon- struierten Pupillenklemme, lest versehlossen (Abb. 12). Sodann injizierte ieh dutch die gleich zu Beginn des Versuchs in die Hinterkammer eingeffihrte feinste Kaniile mit einer Capill~rspritze ein m6glichst kteines TrSpfehen einer 30 proz. Ftuorescein- 15sung. Darauf wurde auf die Iris, nach auGen oder innen yon der Klemme, etwa der Stelle des Fiuoresceindepots in der Hin~erkammer en~spreehend, ein kleiner Glaszylinder mit eingefettetem Rand aufgesetzt, den ich mi~ physiologischer KochsalzlSsung fiill~e nnd mittels eines angesehmolzenen Glasstieles etwa 5 Mi- nuten I~ng der Irisoberfl/~ehe sanfg anhielt*). Naeh dieser Zei~ en~nahm ich mittels Pipette einige Tropfen aus seinem vSllig farblos erscheinenden Inhalt, fiillte diese ir~ ein 'kleines ge~gensrShrchen, um sie im Dunkelzimmer an der Nernstspalt- lampe auf Fluorescenz zu nntersuchen, naehdem ieh reich vorher dutch Abnahme der Pupillenklemme iiberzeug~ hatte, dag das l~luoresceintrSpfehen riehtig in die Hinterkammer injizierg worden war.

In wiederholten, vSllig gegttiekten Versuchen konnte ieh tatsgehlich einc geringe (zwisehen 1 : 6 nnd I : 32 Millionen) Fluorescenz in der KoehsalzlSsnng einwandfrei an der Nernstlampe feststellem

Aus diesen Beobaehtungen geht somit hervor, dag yon einer starken, konzentrierten (30%) FluoreseeinkaliumlSsung in verhi~ltnismgl3ig kur- zer Zeit (5 Minuten) minimale Spuren dutch die lebende Iris hindureh- diffundieren kSnnen, und wit diirfen daher auf Grund dieser Versuehe die oben gestellte Frage dahin beantworten, dab die Annahme, dab aueh im H a m b u r g e r s e h e n Experiment der naehgewiesene Farbstoff in der Vorderkammer auf dem Wege der Diffusion dureh die Iris dahin gelangt sein kann, bereehtigt erscheint.

Da aber andererseits die Bedingungen in diesem Diffusionsversueh yon dem im I t a m b u r g e r s c h e n nicht unwesentlich abweichen, da in einem Falle bei aufgehobener Vorderkammer eine ganz erhebliche Druck-

*) Einen Tell der Versuche nahm ich so vor, dag ich erst dann, als der gefiillte Glaszylinder auf die Iris aufgesetzt war, den l~arbstoff in die Hinterkammer injizierte.

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Experimentelle Untersuehungen abet die intraokuhre Saftstr~mung. 5'3

differenz zwischen beiden Augenkammem vorhanden ist, die im undern fehl~, so konnteu reich die Versuchsergebnisse nicht votl befriedigen und veranla~ten reich zu weiteren Experimenten, die mir nun auch voile Kla,rheit fiber die komplizierten, ira H a m b u r ge r schen Versuche vorliegenden Verh~tltnisse brachten.

Die Hauptfrage bei der Deutung des H a m b u r g e r s c h e n Experi- mentes, das den physiologischen Pupillenabschlul3 dartun soil, muB meines Erachtens unbedingt dahin gestellt werden, ob die V o r a u s - s e t z u n g w i r k l i c h r i c h t i g i s t , a u f die H a m b u r g e r die B e w e i s - k r a f t s e i n e s V e r s u e h e s a u f b a u t , d a b de r in die H i n t e r k a m m e r bei v e r t i k a l e r S t e l l u n g de r I r i s e b e n e g a n z o b e n i n j i z i e r t e F l u o r e s e e i n t r o p f e n s o f o r t s e i n e r S e h w e r e f o l g e n d g l e i e h s a m ins P u p i l l a r g e b i e t h e r a b f a l l e n mi ig t e* ) , f a l l s e i ne o f f e n e V e r - b i n d u n g z w i s c h e n V o r d e r - u n d H i n t e r k ~ m m e r v o r h a n d e n ware .

Da die t t interkammer einen sehr engen, naeh der Pupillen6ffnung sieh stark verjiingenden, capillaren SpMt darstelllt, so miissen wir bei der physikalisehen Betraehtung der Verh~ltnisse night nur wie H a m - b u r g e r das rut, bei dem injizierter~ Fluoreseeintr6pfehen seine naeh unten wirkende Sehwerkraft, sondem aueh die der Sehwerkraft in ea- pillaren ggumen gerade entgegenwirkenden Molekularkrafte beriiek- siehtigen, d .h . die Anziehung zwisehen dem Fluoreseeintropfen und den Wandungen der I-Iinterkammer, sowie seine Reibung an den Wgnde~x bei etwaiger Bewegung, die um so gr6Ber ist, je enger der Durehmesser des eapillaren Spaltes wird, und die also in uuserem Falle naeh der Pu- pille zu erheblieh zunehmen wiirde.

Wenn es somit sehon naeh dieser Uberlegung sehr fraglieh erseheinen mugte, ob dieSehwere des vorsehriftsgemgB zur Verwendung kommenden minimalen FluoreseeintrOpfehens die bei dem capillaren Charak~er der It~nterkammer in entgegengesetztem Sinne wirkenden sehr erhebliehen Krgfte, die Adhgsion und die guBere t~eibung wiirde iiberwinden k6rmen, so war doeh als zweite M6gliehkeit, die eine Verbreitung des F~rb- stoffes bei freiem Weg hgtte erwarten lassen miissen, die Mlseitig wir- kende Diffusion weiterhin noeh in Betraeht zu ziehen.

Bei der bekannten groBen Diffusionskraft des Fluoreseeins und der starken Konzentration der zur Verwendung kommenden LSsung (30%) ware trotz der ldeinen Oberfl~ehe des Trbpfchens bei einer bestehenden, kontinuierliehen Fliissigkeitssehieht zwischen HinSer- und Vorderk~mmer eine Verbreitung des Farbstoffes auf dem Weg der Diffusion dureh

*) ,,Wenn Mso die Kommunikation wirklich frei und ungehindert vor sich geht~ so steht gerade bei diesemVersuehe zu erwarten, dab f~st gleiehzeitig mit der Einbringung in die hintere Kammer der Farbstoff sieh auch in der vorderen zeigen werde. °' (H~mburger, Klin. lVIon~tsbl, f. Augenheilk. 3~, 146. 1899.)-

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54 E. Seidel:

die Pupille in die Vorderkammer auch bei AusschluB der Schwerkraft doch wohl zu erwarten gewesen, wenn auch erst nach lgngerer Zeit.

INach diesen Erwggtmgen muBte es zungchst wfinschenswert er- seheinen, dureh physikalisehe Experimente genau festzustellen, wieweit die H a m b u rge r sche Annahme, die die Schwerkraft auch in capillaren Rgumen so h~ch einschgtzt, zu Recht besteht, und zu untersuchen, w e l e h e n E i n f l u B S e h w e r e u n d D i f f u s i o n ~ u f d i e A u s b r e i t u n g m i n i m a l e r F l u o r e s e e i n m e n g e n in c a p i l l a r e n l ~ g u m e n a u s i i b t .

Ieh fiillte zu diesem Zwecke Capillarr6hrchen aus Glas von 1 mm Durchmesser mit normalem Vorderkammerwasser an, verschloB ihr unteres Ende mit Siegelt~ek, brachte dann auf den oberen Fliissigkeits- spiegel im senkrecht aufgestellten ROhrehen mittels Mikrospritze ein minimales Tr6pfchen Fluorescein. Die Sehnelligkeit der Verbreitung des Farbstoffes nach unten, die durch Zusammenwirkung yon Sehwere und Diffusion erfolgen mul]te, stellte ich fest dureh Abmessen naeh bestimmten Zeiten der mir als gefgrbt erkennbaren Fliissigkeitssgule.

In einem derartigen Versuch notierte ieh folgendes: Die Lange der bei Tageslicht als gefgrbt erkennbaren Ftiissigkeitssgule bebrug

5 Minuten nach der Injektion: 3 mm 10 . . . . . . . . 4: ,, 15 . . . . . . . . 4,3 ,, 20 . . . . . . . , 5,0 ,, 25 . . . . . . . . 5,5 ,, 30 . . . . . . . . 5.6. ,, 11/2 Stunden . . . . . . 8 ,,

Um eine capillare Schicht von grSl~erer Ausddmung herzustellen, verfuhr ich so, dab ieh zwischen zwei Objekttrgger an beiden Seiten ein ]Deckglgschen flaeh dazwischen lagerte. Nach Anlegung von zwei Holzklammem, um die Glasplgttchen gegeneinander zu fixieren, wurde das Ganze so aufgestellt, dab der entstandene Spalt vertikal stand, dieser darauf mit physiologiseher KochsalzlSsung gefiillt und auf seinen oberen Fliissigkeitsspiegel mit Mikrospritze ein TrSpfchen Fluores- eein gebracht.

Die Beobachtung ergab folgendes: Die grSBte Breite der bei Tageslicht als gef~trbt erkennbaren Schicht betrng

10 Minuten nach der Injektion: 3 mm 20 . . . . . . . . 5 ,, 30 . . . . . , ,, 7,5 ,,

Bedenkt man, da~ die Irisbreite bei grol~en Kaninchen nach meinen wiederholten Messffngen 5,5 m m betrggt (bei einer Pnpillenweite yon 3,0 ram), und zwar ohne vorherigen Eseringebrauch, so mfissen wir auf Grund Unserer physikalischen Versuehe zu dem Sehlul~ kommen, dal~ minimale :Fluoreseeinmengen yon 30proz. LSsung sieh in capillaren Rgumen (sei .es nun durch Schwere oder dureh Diffusion oder dutch

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare SaftstrSmung. 55

beide Krgfte zusammen), so langsam naeh unten ausbreiten, dag e in Siehtbarwerden d e r ] ~ ' a r b s t o f f w o l k e n in d e r P u p i l l e im H a m - b u r g e r s e h e n V e r s u e h e v o r 15--20 N i n u t e n a u e h bei o f f e n e r K o m m u n i k a t i o n z w i s e h e n b e i d e n A u g e n k a m m e r n g a r n i e h t e r w a r t e t w e r d e n k a n n .

Ganz abgesehen nun davon, dag aus einer geihe yon Grfinden, (deren Ausffhrtmg zu weir fiihren wiirde) die Verhgltnisse fiir die Ver- breitnng des Farbstoffes im 1 mm breiten Capillarrohr noeh giinstiger liegen als in der Hinterkammer im Tierexperimente, so mug ieh h i e r - mig a ls f e s t g e s t e t l t b e t r a e h t e n , dal~ d ie V o r a u s s e t z u n g , a u f d ie H a m b u r g e r d ie B e w e i s k r a f t s e i n e s V e r s u c h s a u f b a u t , n a e h w e i s l i e h u n z u t r e f f e n d ist .

Die bereits erwghnte, yon We s s e l y und auch yon mir gemaehte Beobachtung, dab der l~arbstoff h~ufig sehon naeh 1--5 Minuten im H a m b u r g e r sehen Experiment aus der Pupille zum Vorsehein kommt, erkliirt sieh ebenfalls sehr einfaeh durch die vorgenommenen rhysika- lisehen Versuehe: Es stellte sieh ngmlieh dabei heraus, dab dann, werm die injizierte Fluoresceinmenge, die ja naeh der Vorsehrift nut 1/2emm* ) d. h. den 100!! Teil eines Tropfens betragen soil, etwas gr6Ber ausgefallen war, was trotz aller Sorgfalt nattirlieh nicht immer zu vermeiden ist, eine etwas rasehere Verbreitung des Farbstoffes naeh unten zustande kam, weil dann anscheinend die Sehwerkraft eine stgrkere Komponente darstellt.

Nnnmehr k6nnen wit aueh die Beobaehtung, dab der H a m b u r g e r - sehe Versueh am besten in Eserinmiosis gelh~gt, obgleich doeh gerade alarm naehgewiesenermagen eine abnorm gesteigerte Ciliark6rpersekre- tion vorhanden ist, sehr einfaeh erkliiren durch einen l~ingeren W e g , den der Farbstoff, nach Entfaltung der Iris, his zum Pupillarrande zuriiek'- zulegen hat.

Aueh die weitere Beobaehtung H a m b u r g e r s , dag naeh Irid- ektomie eine Retention des ]~arbstoffes in beschriebener Weise nieh~ statlb- finder, erklgrt sieh erstens aus der am iridektomierten Auge stets auch naeh Eserin vorhandenen weiteren Pupille und somit geringeren Breite des Irisblattes, was fiir den l%rbstoff einen kiirzeren Weg bedeutet. Ms zweites Moment kann auBerdem noch in Betracht kommen, dag durch die Iridektomie der Spalt zwisehen Linsenkapsel und Iris etwas ver- verbreitert werden karm, wodurch, wie das physikalisehe Experiment in etwas weiteren Capillarr6hren zeigt, die Farbstoffverbreitung naeh unten ebenfalls besehleunigt wird.

In nieht eapillaren Rgumen, wo die hemmende Kraf t der Adhgsion und der sehr betrgehtliehen iiuBeren Reibung wegfiillt, ist der EinfluB

*) Hamburger , Klin. ~tonatsbl. f. Augenheilk. ~$, 145. 1899.

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56 E. Seidel:

der Schwere, wie zu erwarten war, auch bei minimMen Fluorescein- trSpfchen stets sehr deutlich zu erkennen, was z .B . aus folgendem Versuch hervorgeht, bei dem ich das Fluorescein in die Mitte der Ober- fl~che einer 17 m m breiten Fliissigkeitss~ule brachte und folgende Zahlen fiir die Geschwindigkeit der Farbstoffverbreitung notierte:

2 Minuten n~ch der Injektion war der Farbstoff bis 58 mm unter der 0berfliiche, 4 Minuten nach der Injektion war der Farbstoff bis 92 mm unter der 0berflache, 6 ~inuten nach der Injektion war der Farbstoff bis 105 mm unter der Oberflfiche

erkennbar.

Da jedoch die Hinterkammer einen capillaren Spalt darste]lt, so sind nich~ diese, sondern nur die in CapillarrShren zu beobachtenden Erscheinmlgen fiir die Deutung des H a m b u r g e r s c h e n Experimentes zu verwerten.

Bei s~mtlichen Diffusionsversuchen in Capillarr6hrchen, die ieh in gr6Gerer Anzah] (37) vornahm, zeigte sich nun welter mit Regelm~Bigkeit; dal] die Intensit~t der F~rbung der griinen fluoresceinhaltigen Fliissig- keitsschicht nach unten ganz erheblich abnahm, so dag es bei der schwa- chen Fi~rbung oft schwer war, ihre untere Grenze deutlich zu erkennen.

Da clieselben Verhiiltnisse der Farbstoffausbreitung auch im H a m - b u rge r sehen Experiment vorhanden sein mugten, so konnte aus diesen Beobaehtungen gesehlossen werden, daG bei oftener Kommunikat ion zwischen beiden Kammern zuerst nur ein auBerordentlieh sehwaeher ]~arbstoffiibertritt in die Vorderkammer m6glieh sein wtirde.

Da ieh nun bereits gezeigt babe, dag eine sehr sehwaehe Fluoreseenz bei gewbhnlicher Betrachtung in diffusem Tageslicht selbst anf tief- sehwarzem Grunde nieht wahrgenommen werden kann, und dab diese Be- obaehtungsschwierigkeiten bei diimlen Fliissigkeitsschichten, wie sie ja anfangs durch die Pupille nur zum Austri t t kommen kom~ten, auBer- ordentHch vermehrt werden, so muBte auf Grund dieser feststehenden Tatsachen die M6gliehkeit sehr ernsthaft ins Auge gefaBt werden, o b d e n n n i e h t i m g e l u n g e n e n H a m b u r g e r s e h e n V e r s u e h d a s Z u - r i i e k g e h a l t e n w e r d e n des F a r b s t o f f e s in d e r H i n t e r k a m m e r n u r e i n s e h e i n b a r e s se i , u n d ob n i e h t e t w a d e m s i c h t b a r e n F a r b s t o f f i i b e r t r i t t e i n n u r a u s d e n a n g e f f i h r t e n G r i i n d e n u n s i c h t b a r e r v o r a n g i n g e .

Diese Annahme muBte eine gewichtige Stiitze erhalten in der sehon mitgeteilten yon mir gemachten, sich immer wieder bestgtigenden Be- obachtung, dab im gelungenen H a m b u r g e r s c h e n Versuch, vor dem wahrnehmbaren Farbstoffiibertri t t aus der Pupille, das bei Tageslicht farblos .erscheinende Kammerwasser, bei Anwendung der viel feineren Versuchsmethode an der Nernstlampe im Dunkelzimmer, eine deutlich erkennbare lebhafte Fluorescenz aufwies.

Es lag daher nahe, den Vorgang des Fluoresceiniibertrittes in die

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Experimentelie Untersuchungen tiber die intraokulare Saftstr6mung. 57

V o r d e r k a m m e r naeh ge lungenem t t a m b u r g e r sehen Versueh mi t voll- kommene ren opt !sehen Hi t f smi t t e ln zu verfolgen. Le ider war die Beob-

aeh tung mi t te l s der gerade fiir den Flnoresee innaehweis so bewghr ten N e r n s t s p a l t l a m p e bet T ie rexpe r imen ten in Xthernarkose , wie ieh sehon t ro t z grSf~ter Vors ieht er fahren ha t t e , wegen der Feuersgefahr n i e h t durehf i ihrbar .

I eh s tel l te daher , u m eine m6gl iehst in tens ive Be leueh tung zu e rha l ten , die, wie berei ts erw£hnt , den Naehweis ger ingerer F tu - oreseeinmengen erst e rm6gl ieh t , eine g e i h e yon Versuehen mi t d i r e k t e m S o n n e n l i e h t e an, das ieh senkreeht zur Pupi l lenebene auffal len liel3.

D a sieh bet frf iheren Versuehen gezeigt ha t t e , dal] man eine geringe F luoreseenz in F l i i ss igkei ten d a n n a m besten wah rn immt , wenn man senkreeht zum Gang der sie durehsegzenden L ieh t s t r ah len daraufb l ick t , s te l l te ieh mieh zur Beobaeh tung sei t l ieh auf ( temporal) , i ndem ieh in der HShe und para l le l der I r i sebene gle iehsam tiber die I r i s hinweg- visier te .

Da bet dieser Bl iekr ieh tung n ieh t mehr die Pupil le , sondern der Na.senriieken des Tieres den t t i n t e r g r u n d abgiebt , so w/ihlte ieh zu diesen Versuehen sehwarze Ka tzen , m n auf diese Weise die bes ten Beobaeh- t ungsbed ingungen fiir den Fluoresee innaehweis zu erhal ten .

I eh tei le einige der auf diese Weise gemaeh ten Beobaeh~ungen in Xi i rze mi t :

Ve r sueh I. Schwarze Katze, Athernarkose. Eserin. Injektion des ~'luoreseeintrSpfehens oben hinter die Irisperipherie. Ein-

stiehsgelle 4 mm vom Limbns entfernt. Pupille 4,5 mm breit. 4 Minuten naeh der Injektion: Beim ,,Visieren" tiber die Iris erkennt man fiber der Pupille in der Vorder-

kammer einen ganz leiehten griinen Sehimmer. Bliekt man yon vorn und oben auf die Pupille, so is~ niehts yon Griinf/~rbung wahrzunehmen, die aber sofot~ beim ,,Visieren" wieder erkennbar wird, nm darauf naeh 1 Minute gleiehsam zu zer- flieBen und vollst~indig zu versehwinden.

7 Minuten naeh der Injektion: Je~zt erst treten am oberen Papillarrand griingef/~rbte Farbwolken hervor,

die aueh beim Bliek yon vorn auf die Pupille deuttieh sind. Ve r sueh II.

Schwarze Katze, Athernarkose. Eserin. Pupille 2,5 mm breit. 5 Minuten naeh der Injektion des Farbstoffes hinter die Irisperipherie oben: Beim ,,Visieren': iiber die Iris erkennt man fiber dem Pupillargebiet eine

]eicht griine Wolke, die sieh etwa l - -P /2 mm in der Vorderkammer yon der Pupillarebene naeh vorn erstreekt. Beim Bliek yon vorn und oben auf die Pupille keine Spur yon Griinf~rbung erkennbar.

7 Minuten naeh der Injektion: Griinfarbung fiber der Pupille aueh beim ,,Visieren" nich~ mehr erkennbo~r. 8 Minuten nach der Injektion:

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58 E. Seidel:

]3eim Visieren fiber dem unteren Pupillarrande wieder grfinliehe Wolke sichtbar. Dieselbe erscheint intensives gef~rbt und erstreckt rich welter naeh vorn in die Vorderkammer und scheint sich langsam nach unten zu senken. Beim Blick yon vorn auf die Pupille ist anfgnglieh niehts zu sehen; spgter hat man den undeutlichen Eindruck eines leichten gl~inen Schimmers.

9 Minuten nach der Injektion:

Punktion der Vorderkammer (~da ecru).

8ofort stfirzt in intensiven griinen Wirbeln der Farbs~off aus der Pupflle hervor. Punktat zeigt an der INernstlampe sehr deutlich Fluoreseenz.

Versueh III. Schwarze Katze, Xthernarkose (ohne Eserin). I0 iViinuten naeh gelungener Fluoreseeininjektion hinter die Iris (oben): Beim Blick yon oben und vorn auf die sehwarze Papilla keine Spur yon Grfin-

fgrbung sichtbar. ]~eim Visieren, das erst jetzt 10 Minuten nach erfolgter Injektion zum ersten-

real vorgenommen wird, erkennt man eine sehr geringe Grfinfgrbung in der Vor- derkammer, die sich nut auf das Pupillargebiet erstreekt und dasselbe nur um etwa 11/2 mm nach vorn iibersehreitet.

Im Verlauf yon 1 l~{inute wlrd dieselbe allm~hlieh undeutlich und versehwindet vollstgndig.

der darauf ausgeffihrten ~unktion des Vorderkammer (~a Nach ccm) er°

folgt deutlicher Farbstoffaustritt aus der Pupille, wenn such nicht in Wirbeln. Punktat zeioot an der Nernstlampe einen Flu0reseeingehalt yon 1 : 8 Millionen.

Versueh IV. Seheekige Katze mit linksscitig sehwarzem Nasenraeken. Xthernarkose, ohne Eserin. • 2V2 Minuten naeh der Fluoreseeininjektion hinter die Isis (oben): B~im ,,Visieren" eine minimale Spur Grgnfgrbung tiber der Pupille, die bald

wieder spurlos versehwindet. Beira Blick von vorn auf die Pupille konnte dieselbe nicht wahrgenommen

~erden. 6 Minuten fang was nun aueh beim Visieren niehts von Fluoreseenz in des

Vorderkammer zu sehen. 8 Minuten naeh der Injektion: Uber der Pupille ein sehwachgrfines WSlkehen sichtbar, jedoeh nut beim

Visieren erkennbar, nieht beim Bliek yon oben und vorn. 9--101/= ~inuten naeh der Injektion: Zarte griine Farbstoffwolken treten aus des Pupille aus, die jetzt such bei

Beobachtung yon vorn schwaeh sichtbar rind. l l ~inuten nach der Injektion:

Punktion des Vorderkammer ( 1 CCm).

Sofort stfirzen Wirbel yon intensiv gef~rbten Farbstoffmassen aus der Pupille hervor.

Die mitge.teiltenVersuche zeigen, dal~ das bei der gewOhnlichen Beob- ach tung im gelungenen H a m b u r g e r sehen Versuche festgestellte, voll- stgndJge Zuri iekgehal tenwerden des Fluoresceins h in te r der Iris n u r ein seheinbares ist, "da schon lange (6 Minuten im Versuch IV) bevor der

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare SaftstrSmung. 59

F a r b s t o f f be im Bl ick yon vorn fiber de r t ie fsehwarzen Pupi l le s ich tbar wird , ein n u r bei Anwendung einer geeigneteren Versuehsanordnung mi t in tens ivere r Be leuch tung nachweisbare r F luoresee in f ibe r t r i t t du rch d ie Pup i l l e fes tges te l l t werden kann .

Diese Beobach tungen l iefern nun wel ter eine v611ig befr iedigende Er - k l~rung fiir d ie berei ts fes tgeste l l te Ta tsache , dab nach ge lungenem H a m b u r ge r sehen E x p e r i m e n t , bei ansche inend vo l lkommener Re ten- t ion des Farbs tof fes , doch im P u n k t a t de r V o r d e r k a m m e r eine nu r an de r ~ e r n s t l a m p e e rkennba re F luorescenz nachgewiesen wurde .

D a wei terh in die Beobach tung H a m b u r g e r s a m a lb inot i schen Kan inehenauge , we nach ausgef i ihr te r F luoresee in in jek t ion in die H in t e r - k a m m e r das ge fa rb te K a m m e r w a s s e r n u r h in t e r dem p e r i p h e r e n , n i e h t h in te r dem P u p i l l a r t e i l de r rSt t ieh l eueh tenden I r i s durch- schimmer~, d e r E r k l ~ r u n g g a r keine Sehwier igkei t da rb i e t e t , d a doeh bekann t l i ch die H i n t e r k a m m e r nach der Pupi l le zu erhebl ich enger wird, so dab der F luoresce innaehweis in so d i inner Sehicht dureh die I r is h indureh auBerordent l ieh ersehwer t is t [selbst wenn n ieh t noch auBerdem a m ro t l euch tenden a lb ino t i schen Auge die hierf i i r d e n k b a r ungf ins t igs ten Beobaeh tungsbed ingungen*) vorl~gen], so b i n i c h a u f G r u n d m e i n e r e i n g e h e n d e n E x p e r i m e n t e z u d e r I ~ b e r z e u g u n g g e k o m m e n , d a b d e r S c h l u B , d e n H a m b u r g e r a u s s e i n e n V e r -

*) Man kann sich von dieser Tatsaehe iiberzeugen dureh folgenden Versueh: Man deeke die mi~ l proz. FluoresceinkaliumlSsung angefiillte HShlung

eines hohlgeschliffenen Objekttrggers mit einem Deekglas zu und halte ihn darauf im anffallenden Licht vor das Auge tines albinotischen Kaninehens, um es dureh die Farbschicht hindurch zu betrachten. Man e r k e n n t k e i n e S p u r y o n Gr i in- f g r b u n g . Nur beim Vergleich mit dem anderen Auge kann man wahrnehmen, dal] die Iris etwas dunkler graublau und die Pupille etwas dunkler rot erscheint.

Wenn H a m b u r g e r welter angibt2°), dab das nach seiner Vorschrift zur Verwendung kommende minimale FluoreseeintrSpfehen (1/2cram einer 30proz. LSsung) dazu ausreiehen wiirde, nm einen Eimer Wasser griin zu fgrben, so iiber- schgtzt er die Fgrbekraft ganz erheblieh, da nach meiner Bereehnung dann eine Verdiinnung yon fast 1 : 100 Millionen entstfinde, an der bei gewShnlieher Be- sichtigung nicht die Spur Griinfgrbung erkennbar sein wiirde, da ja naeh den allgemein bisher gemachten Angaben, die auch H a m b u r g e r anfiihr~15), eino Fluoreseenz nur in einer Verdiinnung bis 1 : 2 Millionen wahrnehmbar sein sell. Unter Annahme einer gleichmgl~igen Mischung des eingebraehten Farbstoffes mit dem I-Iinterkammerinhal~ der Katze wfirde ein Fluoresceingehalt yon nicht einmal 1/5~O sieh ergeben. Da aber der l%rbstoff hinter den Pupinarteil der Iris in der ttauptsaehe nur durch Diffusion gelangen kann, und der Diffusions- strom proportional dem Konzentragionsunterschied benaehbarter Schiehten ist, so mul], wie das auch ans meinen CapillarrShrenversuehen hervorging, der Fluoresceingehalt des ttinterkammerwassers nach de r P u p i l l e zu g a n z er- h e b l i e h a b n e h m e n , womit aul~er den schon genannten ungiinstigen Beobaeh- tungsbedingungen (rot leuchtendes albinotisches Auge, keilfSrmige Abnahme der Itinterkammertiefe naeh der Pupille zu) eine vSllig ausreiohende Erklgrung fiir die obige g a m b u r g e r s e h e Feststellnng gegeben ist.

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60 E, Seidel :

s u e h e n z i e h t , i n d e m er g u s i h n e n d e n B e w e i s f i ir d a s Von- h a n d e n s e i n e i n e s P u p i I l e n a b s c h l u s s e s h e r l e i t e t , a u s d e n v e r s e h i e d e n s t e n G r i i n d e n d u r e h a u s u n z u l g s s i g i s t , z u m a l er s i ch a u f n a e h w e i s l i c h n i e h t z u t r e f f e n d e V o r a u s s e t z u n g e n s t f i t z t .

Da somit auch ein sehr geringer Fliissigkeitsiibertritt durch die Pd- pille, etw~ von dem Umfange, wie ich ihn auf Grund meiner friiheren Ver- suche ~nnehmen muB (1 Tropfen in einer Stunde) durch den H a m- b ur g e r schen Versneh keinesfalls ausgeschlossen werden kann, s o m u 8 i ch h i e r m i t a u c h d e n d r i t t e n G e g e n b e w e i s , d e n H a m b u r g e r d e r L e b e r s c h e n L e h r e g e g e n i i b e r a u f s t e l l t , a l s w i d e r l e g t be- t r a c h t e n .

~T. Uber den Anteil der Iris bei der physiologischen Kammerwasserabsonderung.

D& die vorangehenden Untersuchungen gezeigt haben, daB, entgegen den Behauptungen H a m b n r g e r s ,

1. z~dschen normalem Xammerwasser und normalem CiliarkOrper- sekret kein chemischer Unterschied besteht,

2. dab der Cili~rk0rper sich keineswegs diffusiblen Farbstoffen gegeniiber refrakt~r verh~lt und das Fluoreseein physiologischer- weise nicht ,,herlnetisch '~ zuriickh~lt,

3. dab eine wasserdichte Trennung der Ri~ume vor und hinter der Iris, der sogenannte physiologische PupillenabschluB, ganz and gar nicht bewiesen ist,

so k0nnen wit auch den yon H g m b u r g e r auf Grund dieser seiuer gegen- teiligen Ansichten hergeteiteten Folgerungen, die in der Hauptsache darin gipfe]n, dab nicht der Ciliark0rper, sondern die Iris die Ursprungs- stgtte des normalen Kammerwassers darstellen soil, n i c h t b e i t r e t e n r

Wir haben uns somit nur noch mit zwei experimentell gefundenen Tatsachen, die mit der Annahme einer Beteiligung der Iris an der physiologischen Kammerwasserbildung vereinbar zu sein scheine n, auseinanderzusetzen, ngmlieh :

1. mit der Beobachtung, dab an der bloBgelegten Iris nach Abtra- gung der Hornhaut minimale Fliissigkeitsspuren austreten,

2. mit der Beobachtung E h r l i c h s , dab nach vitaler Fluorescein- injektion der Farbstoff augenscheinlich aus der Iris in das Vorder- kammerwasser iibertritt.

Was zungchst die von mir in Gemeinsehaft mit T h. L e be r gemachte B e o b a c h t u n g anbe~rifft 5s), dab bei aufgehobener Vorderkammer durch eine besondere Versuchsanordnung (den yon mir bereits an anderer Stelle ~usfiihrlich dargestellten Ohrtrichterversuch), d o c h d e r Au~- t r i t t v o n m i n i m u l e n F l i i s s i g k e i t s s p u r e n ~us d e r I r i s [en~.-

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Experimentelle Untersuchungen fiber die intraokulare Saftstr6mung. 61

gegen den friiheren yon H a m b u r g e r 2°) best~tigten Versuchs/~esultaten L e b e r s ] direkt siehtbar gemacht werden kann, so habe ich bereits dffrauf hingewiesen, dab diese Versuehsergebnisse wohl mit der Annahme verehtbar sind, daft auch die Iris eineu geringfiigigen Anteil zur physiolo- gischen Kammerwasserbildung beitriigt, dab sie aber durchaus k e i n e n B e w e i s d a f i i r e r b r i n g e n , da der normale Augendruek sehr wohl geniigen k6nnte, um den nur spurenweise erfolgenden t~liissigkeitsaus- t r i t t aus den Irisgefi~gen, der naeh meinen Wggungen nut einen Bruch- teil des gleichzeitig veto Ciliark6rper gelieferten Sekretes darstellt, voll- stgndig zu verhindern.

Wenn nun aber aueh die naeh Aufhebung der Vorderkammer ver- i~nderten Druekverhi~ltnisse Ms Ursaehe der Absonderung ebenso fiir den Ciliark6rper geltend gemaeht werden k6nnen, so dag sieh streng ge- nommen nut ein mehrfaehes ~berwiegen der physiologisehen Sekretion des letzteren gegeniiber der Iris hieraus ergeben wiirde, so ist doeh noeh ein zweites Moment vorhanden, das nur auf die Iris zutrifft nnd den minimMen, im Experiment beobaehteten Fliissigkeitsaustritt v611ig ausreiehend erMgrt, ohne die Annahme einer sekretorisehen Tgtigkeit der Iris, ngmlieh die , , E n t z i i n d u n g d u r e h B l o B l e g u n g " (Cohn- he im) .

Seit den klassisehen Arbeiten C o h n h e i m s fiber die Entziindung, worin er uns unter anderm ausfiihrlieh die yon ibm genau beobaehteten Erseheinungen bei der ,,Entziindung dutch BloBlegung ''5) sehildert, wissen wit, dab Mlein sehon dureh die atmosphgrisehe Luft, der bei der Bloglegung die GefiiBe ohne jeden Sehutz exponiert sind, ,,nieht blog eine Lghmung der GefgBmuskulatur und dadureh die Erweiterung" des Lumens erzeugt wird, ,,sondern sie alteriert die GefiiBwandungen aueh in dem Sinne, dab groge Reibungswiderstiinde sieh ausbilden und da tum das Blut langsamer in den dilatierten Gefiigen s t r6mt" ; - - , , j e d e n - f a l l s a b e t i s t es d i e se s e l b e A l t e r a t i o n , w e l e h e e n d l i e h d ie W i i n d e d e r C a p i l l a r e n u n d V e n e n n i e h t b l o g f i i r f l i i s s i g e , s o n d e r n a u e h f i i r g e f o r ro te B l u t b e s t a n d t e i l e , f i i r B l u r k 6 r p e r - t h e n , d u r e h g g n g i g m a e h t " .

Naeh diesem Hinweis auf die Beobaehtungen C o h n he i m s bedarf es wohl keiner weiteren Begriindung mehr, d a t~ e s d u r e h a u s u n s t a t t - h a f t s e i n w i i rde , a u s d e n a n g e f i i h r t e n V e r s u e h e n , bei denendie. bloBgelegte Iris dureh vorsiehtiges Troeknen mit Wat te noeh obendrein meehaniseh gereizt werden mul3te, i r g e n d e i n e n S e h 1 u 13 z u z ie h e n a u f d a s V o r h a n d e n s e i n e i n e r S e k r e t i o n d e r I r i s in p h y s i o l o - g i s e h e n Z e i t e n .

Die zweite, Bier zu bespreehende Beobaehtung, die als Beweis fiir eine sekretorisehe T/itigkeit der Iris in Anspruch genommen wurde, betrifft den nach vitaler Fluoresceininjektion augenscheinlieh aus der

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62 E. Seidel:

]risvorderfl~ehe erfolgenden Farbstoffiibertritt in das Vorderkammer- wasser, der beim Kaninehen in Form einer vertikalen Linie, der sog. E h r l ie h sehen Linie sich darstellt. Le be r wies wiederholt nachdriick- lichst darauf bin, dab man aus den in der Vorderkammer beobaehteten Fluorescenzerseheinungen keinerlei physiologische Schlfisse ziehen dfirfe, da er in ihnen einen reinen Diffusionsvorgang erblickte, der mit einer 8ekretion nichts zu tun habe. Demgegeniiber stellte H a m b u r g e r , der diese Lebe r sehe Auffassung als durchaus verfehlt bezeichnete, die Behauptung auf*), ,,dal3 das tierische Gewebe, so lange Leben in ihm ist, einem blo13 physikalisch-osmotisehen, yon der Saftstr6mung unab- h~Lngigen ])urehtri t t erfolgreich Widerstand leistet", mit anderen Wor- ten also den Farbstoff nieht dureM~flt, und, dab es somit keinem Zweifel unterliegen kSnne, dal3 die im E h r l i e h schen Experiment in der Vorder- kammer auftretende Fluoreseenz der Ausdruek einer ,,vitalen elektiven Transsudation" sei, so dal~ die Iris mit Sicherheit die Quelle der intraoku- laren Fl[issigkeit darstelle.

Naeh ihm vermag der Farbstoff keine SaftstrSmung zu erzeugen, sondern sie nur zu markieren.

Ich m6chte zu dieser Frage folgendes bemerken: 1. Die Behauptung H a m b u r g e r s , dal~ die lebende Capillarwand

nicht den physikalisehen Gesetzen der Osmose unterworfen sei, steht in Widerspruch mit den anerkannten, feststehenden Tatsachen der Bio- chemie; denn es finder sich ,,ganz zweifellos eine Permeabilit~t bei tierischen Membranen". ,,Es ist festgestellt, dal~ sowohl die Darmwand als auch die Capillarw~nde und ebenso die W~nde der serSsen HShlen ftir die osmotiseh wirksamen Stoffe permeabel sind" ( O p p e n h e i m e r , Grundri~ der Biochemie 1912, S. 352).

Ieh verweise ferner an dieser Stelle auf meinen Diffusionsversuch (S. 59), bei dem ich sehon nach wenigen Minuten einen Fluoreseein- iibertritt dureh die ganze Dicke d e r ] e b e n d e n I r i s hindureh fest- stellen konnte.

Die Behauptung H a m b u r g e r s , auf die sich haupts~ehlich seir~ Einwand der Lebe r schen Auffassung gegeniiber griindet, ist somit zweifellos unrichtig.

2. Um yon der Iris als der Quelle des Kammerwassers zu spreehen, mul~ vor allen Dingen der N a c h w e i s y o n F l i i s s i g k e i t s a u s t r i t t gefordert werden. Das E h r l i c h s e h e Experiment lESt nur einen F a r b- s t o f f a u s t r i t t erkennen. Welm somit H a m b u r g e r yon einer S a f f - s t r S m u n g redet, so ist das eine blo2e Almahme, fiir die er jeden Be- weis bisher schuldig geblieben ist.

3. Die H a m b u r g e r s e h e Annahme eines gleichzeitig mit dem Farb-

*) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. ]910, II, S. 61.

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Experimentelle Untersuchungen tiber die intraokulare SaftstrSmung. 63

stoff aus der Iris erfolgenden Fliissigkeitsaustrittes wfirde in Wider- spruch stehen mit den physikalischen Gesetzen der Osmose.

Durch vitale Einverleibung von Fluoreseeinkalium wird im Blute des Tieres eine Hypertonie erzeugt, so dM3 also innerhalb der Irisgef~l]e ein erh6hter osmotischer Druek gegeniiber der Vorderkammer herrsehen mu] .

Nun aber strSmt stets, nach den feststehenden Gesetzen der Osmose, das Salz (Fluoresceinkalium) naeh der Seite des niederen osmotischen Druekes (d. h. in die Vorderkammer) und das Wasser (Kammerwasser) naeh der Seite des h6heren osmotisehen Druckes (d. h. in die Irisgef~13e).

Wir miissen also unbedingt n i e h t e i n e n U b e r t r i t t d e r F l i i s s i g - k e i t in d ie V o r d e r k a m m e r , sondern einen A u s t r i t t y o n F l i i s s i g - k e i t aus d e r V o r d e r k a m m e r j n die Blutgef~Be nach kfinstlich ira Blute erzeugter Hypertonie so l a n g e a n n e h m e n , b i s n i c h t i n e i n - w a n d f r e i e r W e i s e d a s G e g e n t e i l n a c h g e w i e s e n is t .

4. DaB fiir das Auge die physikalisehen Gesetze der Osmose volle Geltmag haben und bei kfinstlich im Blur erzeugter Hypertonie tatsgch- lieh ein Fliissigkeitsaustritt aus dem Bulbus erfolgt, haben die wiehtigen Experimente H e r t e l s 29) gezeigt, der naeh der Zufuhr beliebiger Salze ins Blur eine erhebliehe Druckherabsetzung des Bulbus, als Ausdruek der eingetretenen Volumenverminderung, tonometrisch feststellte, was ich im Tierexperiment, sowie beim mensehliehen glaukomat6sen Auge bestgtigt land.

Da nun die von E h r l i c h bei seinen Fluoresceinversuchen verwende- ten Salzmengen (bis 8 ccm einer 20proz. FluoresceinammoniumlSsung bei Kaninchen, d. h. etwa 0,5 g Salz auf 1 kg K6rpergewieht) gar nicht unbedeutend sind, so miissen wir in den Fluoreseeinversuchen mit denselben Erseheinungen wie in den H e r t e ] s c h e n Experimenten rech- hen, zuma] die Druekherabsetzung sehon bei verhgltnismgNg sehr ge- ringen Salzmengen deutlieh zu sein pflegt, wie folgender, von mir an- gestellter Versueh zeigt:

Albinotisehes K~ninchen yon 3200 g Gewicht.

Augendruek 5,5 = 18mm Hg (SehiStz). 5

IntravenSse Injektion yon 12 ecru einer 10proz. NaCLLSsung in die Ohr- venen innerhalb yon 7 Minuten (d. h. 0,37 g NaC1 auf 1 kg KSrpergewicht).

Naeh 20 Minuten: Druek 5,5 = 10 mm ttg. 9

Nach 1 S~unde I0 Minuten wurde das Vorderkammerwasser en~nommen, re- fraktometrisch untersueht (n = 1,3360) nnd darauf chemisch in Zentrifugen- rShrchen (in friiher besehriebener Weise) eine Eiweigvermehrung auf 0,09--0,1% festgestellt.

Aus der festgestellten Eiweil3vermehrung im Vorderkammerwasser kSnnen wir schliel3en, dal3 eine g e s t e i g e r t e T i i t i g k e i t de s C i l i a r -

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64: E. Seidel:

k5rpe . r s s t a t t g e f u n d e n ha t , auf den die Druekherabsetzung wie eine geringe Punktion der Vorderkammer wirkt, und dureh dessert ab- norme Sekretion die eingetretene Volumenabnahme und somit die Druek- verminderung wieder ausgeglichen wird. Aus diesem Grunde ent- geht der tonometrisehe Naehweis des vergnderten Druekes bei geringer SMzzufuhr leieht unserer Feststellung. Doeh habe ieh wiederholt bei der Eh r l i ehsehen Dosierung in Fluoresceinversuehen am intakten Kaninehenauge im Vorderkammerwasser E i we i 1~ v e r m e h r u n g e h e - m i s e h f e s t g e s t e l l t und aueh an der Nernstlampe mit Sieherheit a u s de r P u p i l l e grii n e n t~arbstoff in die Vorderkammer iibertreten sehen [SehS le r and Uhthoff55) , Nieati~a)].

Aus d i e s e n V e r s u e h e n e r g i b t s i eh m i t r o l l e r S i e h e r h e i t , dag d u r e h e ine im B l u r d u r e h mi~Bige S a l z m e n g e n e r z e u g t e H y p e r t o n i e , wie sie a u e h d u t c h t ; l u o r e s e e i n i n j e k t i o n e n e in - t r i t t , d ie t i e f g r e i f e n d s t e ~ n d e r u n g in de r t~ l i i s s igke i t s - b e w e g u n g i m i n t a k t e n A u g e h e r v o r g e r u f e n wird .

6. H a m b u r g e r sehreibt*): ,,Am sehlagendsten aber, um es noeh einmal auszuspreehen, erhellt

das Verfehlte der Lebe r sehen Meinung aus den Fluoreseenzersehei- nungen des lebenden Mensehenauges: Man karm den mensehliehen K 6 r p e r - wie oben d a r g e l e g t - mit Fluoreseein buehstgblieh iiber- sehwemmen, so intensiv, dab die Haut griin, der H a m blutrot, die Sehleim- hgute quittegelb aussehen, und trotzdem tr i t t n i e h t d i e S p u r i n s K a m m e r w a s s e r . - - Mit anderenWor ten : O b w o h l d a s B l u r d e m K a m m e r w a s s e r g e g e n i i b e r s t a r k h y p e r t o l l i s e h ge - w o r d e n , w i r d d i e s e r l e i e h t b e w e g l i e h e F a r b s t o f f m i t a b - s o l u t e r K o n s t a n z an d e n gesunden G e i g g w g n d e n zuriiek- gewiesen."

Ich mug darauf erwidern, dab d ie h i e r y o n H a m b u r g e r a u f - g e s t e l l t e B e h a u p t u n g n a c h w e i s l i e h u n r i c h t i g i s t , da ich a u c h h i e r se ine B e o b a e h t u n g e n bei A n w e n d u n g g e e i g n e t e r e r o p t i - s e h e r U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n n i e h t b e s t g t i g t l and .

Ieh konnte wiederholt im v611ig normalen Mensehenauge (naeh 7 g Fluoreseeinammonium per os bei einem K6rpergewieht yon 60 kg) mit fokaler Beleuehtung an der Nernstspaltlampe im Vorderkammerwasser s e h r l e b h a i t e F l u o r e s e e n z , die sogar nach 9 Stunden noeh deut- ]ieh war, beobachten, die jedoeh bei Tageslieht aus folgenden, sehr ein- leuehtenden Griinden nieht siehtbar wird:

a) Das menschliehe Auge mit seiner in der I~egel ausgesproehenen Eigenfarbe zeigenden Iris ist flit die Beobaehtung yon Fluoreseenzersehei- nungen weniger geeignet Ms das dunkel pigmentierte Kaninehenauge.

*) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1910, II, S. 73.

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Experimentelle Untersuchungea iiber die intraokulare Saftstrsmung. 65

b) Die yon H a m b u r g e r b e i m M e n s e h e n e m p f o h l e n e p e r os z u n e h m e n d e F l u o r e s c e i n d o s i s (6--8g, d .h . etwa 0,11g auf l k g K6rpergewieht) ist auBerordentlieh gering [3mal kleiner als die E h r - l i chs , der 6--8 ccm einer 20proz. L6sung bei Kaninchen s u b e u t a n injizierte und auch kleiner als die H a m b u r g e r s , der zu intraven6ser Injektion bei Kaninchen*) 0,12 g Farbstoff auf 1 kg K6rpergewicht ffir maBig erld/~rte), so dab mit einer ausgesproehenen Fluorescenz yon vornherein gar nieht gerechnet werden konnte.

e) Die yon H a m b u r g e r beim Mensehen angewandte, sehr geringe Dosis wird nun auBerdem, n i e h t wie in Tierexperimenten s u b e u ~ a n oder i n t r a v e n 5 s gegeben, s o n d e r n pe r os. Alle maBgebenden Au- toren, die sich mit vitaler F/irbung besehaitigt haben, ieh nenne nur E h r l i e h , G o l d m a n n , F i s e h e l , weisen iibereinstimmend darauf bin, dab der Farbstoff veto Darm aus weniger gut aufgenommen wird als bei anderer Applikationsweise, so dab es a]s sichergestellt zu gelten hat, wie das E h r l i c h zuerst beim Indophenol land, dab die l~esorp~ion veto Darmkanal aus nur ,,in einer besehrankten und recht wenig umfang- reichen Weise" erfolgt, ,,die ffir die Untersuchung des gesamten Orga- nismus durchaus unzureiehend ist" (E h r l i e h), und dab die Aufnahme des Farbstoffes yon seiten des Darmes ffir sich allein yon ,,keiner Be- deutung" ist, ,,da der Farbstoff direkt, ohne chemisehe Vorstadien zu passieren, an die Zelle herankommen muB" (Fischel) .

Es geht hieraus hervor, daft selbst dann, wenn die H a m b u r g e r - sche Beobaehtung richtig ware, d. h. also bei der verwendeten Dosis und Applikationsweise kei~ Farbstoff in die Vorderkammer fiber~rate, es doeh durehaus unstat thaft sein wiirde, eine Sonderstellung des mensch- lichen Auges hieraus abzuleiten, wie das H a m b u r g e r rut.

Da wi r a b e r n u n t r o t z d i e s e r g a n z e n R e i h e e r s c h w e r e n d e r a u B e r e r U m s t ~ n d e e i n e d e u t l i c h e F l u o r e s c e n z m i t d e r N e r n s t - l a m p e im V o r d e r k a m m e r w a s s e r des m e n s e h l i c h e n g e s u n d e n A u g e s f e s t s t e l l e n k o n n t e n , so b e d a r f es k e i n e r B e g r i i n d u n g m e h r , w e n n wi r d i e s e n a n g e b l i e h , , s e h l a g e n d s t e n " B e w e i s g e g e n die R i e h ~ i g k e i t d e r L e b e r s e h e n A u f f a s s u n g als vS l l ig v e r f e h t t b e z e i c h n e n .

Zusammenfassend muB somit gesagt werden, dab a l les f i i r u n d n i c h t s g e g e n die Auffassung sprieht, in dem beim E h r l i e h s c h e n Fluoresceinexperiment erfolgenden Farbstofffibertritt ins Vorder- kammerwasser e i n e n r e i n e n D i i i u s i o n s v o r g a n g (Leber) zu er- b l i c k e n .

Auch die festgestellte Tagsaehe, daft der Fluoreseeingehal~ in der Hinterkammer, trotz des starken Gef~Breiehtums des CiliarkOrpers, nu t

*) Tdber die Ernahrung des Auges 1914, S. 18.

v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie . Bd. c.5.

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66 E. Seidel:

denselben oder einen etwas geringeren Farbstoffgehalt aufweist als das Vorderkammerwasser, erkl~rg sieh sehr einfach daraus, dab die aus den Gefiigsehlingen des Ciliark6rpers herausdiffundierenden Farbstoff- mengen, um ins Hinterkammerwasser zu gelangen, eine viel dickere Scheidewand zu durchsetzen haben, was eine etwas l~ngere Zeit erfordern muB, da sie auger den GefgBw~inden vor ahem die Ciliarepithelschicht zu durehdringen haben, wobei ja auBerdem der Farbstoff im Imlern der Zellen aufgespeiehert wird, wie die beobaehtete, nur auf den Citiar- kSrper beschri~nkte Vitalf~rbung zeigt.

Aueh das abgesonderte Ciliark6rpersekret wird selbst dann, wenn es fluoreseeinhaltig ist (was naeh Erfahrungen an anderen Driisen durch- aus nich~ der Fall zu sein brauehb), die Farbstoffkonzentration im Hinter- kammerwasser nach kurzer Versuehsdauer kaum merklieh beeinflussen k6nnen, weft die gelieferten Sekretmengen ja nut sehr geringe sind (etw~ 1 Tropfen in einer Stunde nach meinen friiheren Versuehen).

Die Erfahrung mit vitalen Farbstoffen kann meines Erachtens in keiner Weise, wie H a m b u r g e r es annimmt, seine Auffassung, dal~ dureh die ,,lebenden" Capillarwgnde der Farbstoff nieht nach physi- kMischen Gesetzen hindureh diffundieren k6nne, stiitzen.

Es mfissen eben zwei Vorggnge durehaus scharf untersehieden werden : 1. Die Aufnahme yon Salzen (Fluoreseeinkalium oder anderen Farb-

stoffen) ins Innere der lebenden Zelle, die sogenannte ,,Farbspeieherung", die uns Ms ,,vitale Fgrbung" entgegentritt.

2. Das Durehlassen yon Salzen (Fluoreseeinkalium oder andern Farbstoffen) dutch tierisehe Membranen (Capillarwand).

ad 1. Da die lebende Zellmembran der Einzelzelle physikalisch nur fiir die sogenannten ,,]ipoidlOs]ichen Stoffe" durehggngig ist, zu denen aber Salze ( F l u o r e s c e i n k a l i u m ) n i e h t g e h S r e n [ O p p e n - heimer~S)], so mfissen wir aus dem Auftreten einer vitalen F g r b u n g auf stattgehabte spezifisehe Zelltgtigkeit, also auf physiologisehe Vor- giinge sehlieBen.

ad 2. Da jedoch, im Gegensatz zur Zellmembran der Einzelzelle, tie- risehe ~embranen (Capillarwand) anerkannterweise ffir Salze (Finores- eeinkalium) naeh rein physikalisehen Gesetzen durehggngig sind, so ist es fehlerhaft, aus der Feststellung des erfolgten Durehtrittes auf spezifisehe Zelltgtigkeit, also auf physiologisehe Vorggnge sehliegen zu wollen.

])a nun die Salze beim Durehtri t t dureh tierisehe Membranen nieht d u t c h die Zellen, sondern z w i s e h e n den Zelten, also dutch die Inter- eellularsubstanz passieren (wie t t S b e r dies flit den Darm s i e h e r n a c h - g e w i e s e n h a t und wie es aueh fiir die Capillarwand 45) behauptet wird), so werden wit in diesen Fi~llen k e i n e vitale Fiirbung erwarten diirfen, da ja der Farbstoff gar nieht ms Ixmere der Zellen gelangt und deshalb aueh nicht darin festgehal~en oder gar aufgespeiehert werden kan n.

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Experimentelle UntersuehmNen ~ber die inLraokulare Sa~tstr~mung. 67

Vergegenwartigen wit uns nach diesen Uberlegungen nnsere frfiher sehon beschriebenen Beobachtungen mit den verschiedensten vitalen 1%rbstoffen am albinotischen Kaninchenauge:

S t e t s b l i eb d ie I r i s vS l l i g f a r b l o s . S t e t s l a n d s ich e ine n u r a u f d e n C i l i a r k S r p e r b e s e h r / i n k t e

e l e k t i v e v i t a l e F i~ rbung . Konnten wir schon ffiiher aus diesen Beobachtungen mit Sicher-

heit den Schlug ziehen, dab sich im CiliarkSrper zweiMlos sehr wieh- tige Lebensvorggnge und Stoffwechselprozesse abspielen, so mfissen wir jetzt mit derselben Bestimmtheit behaupten, dal3 bei dem Vor- gang des tParbstofffibertrittes ins Vorderkammerwasser yon einer physio- ]ogischen aktiven Zelltgtigkeit, wie wir sie bei einer sekretorisehen Tgtig- keit voraussetzen mill]ten, und wie sie uns am CiliarkSrper dutch die elektive Vitalfarbung auf deutlichste entgegentritt, h i e r a n d e r I r i s , w e i l s i e i m G e g e n s a t z z u m C i l i a r k S r p e r s t e t s v S l l i g f a r b - l o s b l e i b t , gar keine t~ede sein kann, so d a b a u e h d u r e h d i e se V e r s u e h e de r a u s d e n I r i s g e f ~ g e n e r f o l g e n d e F a r b s t o f f - a u s t r i t t i m E h r l i e h s c h e n : E x l o e r i m e n t e als e in r e i n p h y s i - k a l i s c h e r V o r g a n g e r w i e s e n wi rd , wie das L e b e r y o n j e h e r b e h a u p t e t ha t .

Nut auf einen Punkt soil noeh kurz eingegangen werden, n~mlich auf die Frage d e r V a s e u l a r i s a t i o n d e r I r i s i m V e r h g l t n i s zu d e r des C i l i a r k S r p e r s .

W~hrend H a m b u r g e r die Ansieht L e b e r s : dab die ,,Funktion der Ciliarfortsgtze in ihrem Baue unverkemlbar ausgesprochen sei, ,,namentlieh in ihrem grogen Gefggreiehtume und in der dutch viel- faehe I-Iervorragungen, Gruben- und Arkadenbildung bewirkten Ver- grSBerung itn-er Oberflgehe, wie sie bei einem Fliissigkeit sezernierenden Organe vorausgesetzt werden mug", n i e h t g e l t e n l a s s e n wi l l , be- haulotet er andererseits, um seine Annahme yon der sekretorischen Tgtig- keit der Iris zu begriinden, dag die Iris ,,ein yon BlutgefgBen strotzendes Organ" sei, und dag beim Kaninehen ,,ein diehtes Netz yon Capillaren ganz vorn in der Iris, vom Kammerwasser nut dutch einen sehmMen Gewebsstreifen abgetrennt", vorhanden sei. Trotzdem L e b e r diese Befunde nieht best~tigt land und naeh ihm die Iris keineswegs zur Flfis- sigkeitsabsonderung geeignet erseheint, hielt H a m b u r g e r seine Be- hauptung you den ,,massenhaften Blutgef~Ben" der Iris aufrecht.

Um mir fiber diese Frage ein Urteil zu bilden, habe ieh bei einer Reihe yon Tieren (Katzen, Kaninchen) Blutgef~Binjektionen mit 2proz. Ber- linerblaul6sung vorgenommen in folgender Weise:

In tiefer. Chloroformnarkose wurde eine Xaniile in die Aorta eingebunden, ein Tell des Blutes abgelassen und dar~uf die filtrierte, leiehterw~rmte Injektions- masse in reicb]icher Menge injiziert, worauf ich das Tier mit Chloroform tbtete.

5*

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68 E. Seidel:

Die Bulbi wurden in iiblieher Weise in Cetloidin eingebetbet, geschni~6en and nach evtl. ]31eichung (Alfieri) ~eils ungefarbt, teils naeh Behandlung mit K~matoxylin-Eosin oder, was besonders soh6ne Bitder gibe, mit Carmin und Pikrins~nre, mikroskopiseh un~ersueht.

Ieh mug nach Durehsieht einer grogen Anzahl sehr gut gelungener I_njektionspr£parate feststellen, dab ieh von einem strotzenden Gefgl~- reiehtum der Iris niehts wahrgenommen habe (Tafel IV nnd V: Abb. 7 bis 10). DaB a b e t a n d e r e r s e i t s e i n O r g a n w i e d i e I r i s , . d i e d o e h f o r t w £ h r e n d i n f o l g e i h r e r o p t i s e h e n F u n k t i o n a l s B l e n d e s i c h i n B e w e g u n g b e f i n d e t , e i n e a u s r e i e h e n d e B l u t v e r s o r g u n g h a b e n m u B , so d a b d i e B l u t g e f £ g e n i e h t g e r a d e f e h l e n k 6 n n e n , i s t e i g e n t l i e h s e l b s t v e r s ~ g n d l i e h . Aueh die Tatsaehe, dab beim Kaninehen nut nahe am Pupillarrande, wo die Iris diinner ist und in der Hauptsaehe yore Sehliefimuskel gebildet wird, dieser die Blutgef£ge etwas naeh der Peripherie drgngt, jedoeh naeh oben und unten in gleieher Weise (Abb. 9), bereehtigt meines Eraehtens nieht, yon einem diehten, oberflgehliehen Capillarnetz zu spreehen.

Gelegentlieh land ieh beim Kaninehen dieht am Pupillarrand unter dem Endothel ein groges Gef£g (Abb. 10), anseheinend den kleinen Iris- kreis darstellend, das deshalb yon Interesse ist, weil man an dieser Stelle im E h r l ie h sehen Experimente zuerst den Farbstoff ins Vorderkammer- wasser iibertreten sieht.

Welch groger Untersehied aber zwisehen der Vaseularisation yon CiliarkSrper und Iris besteht, lehrt ein Bliek auf Abb. 7 und 9 (Kanin- ehen) und Abb. 8 (Katze), so dab es wohl weiterer Begriindung nieht bedarf, wenn ieh reich aueh in dieser Frage wieder auf den Le bersehen Standpunkt stellen mug.

I e h k a n n d a h e r a u s a l l e n d e n a n g e f f i h r t e n B e o b a e h t u n g e n n u r d e n S e h l u g z i e h e n , dab b i s h e r e i ne A n t e i l n a h m e d e r I r i s a n d e r p h y s i o l o g i s e h e n K a m m e r w a s s e r b i l d u n g d u r e h a u s u n b e w i e s e n u n d a u e h n n w a h r s e h e i n l i e h is t .

Vergegenwiirtigen wit uns zum SehluB noehmals die Ergebnisse der gesamten, im vorstehenden gesehilderten Untersuehungen, die sieh mit der l~rage naeh der Quelle und dem Verlauf der intraokularen Saft- str6mung befagten, so k6nnen wit sagen, dab sieh eine ganze I~eihe neuer experimenteller Tatsaehen hat ermi~teln lassen - - ieh nenne nur die Identi tgt des physiologisehen Ciliark6rpersekretes mit dem normalen Vorderkammerwasser, die elektive Vitalf£rbung des (albinotisehen) Ciliark6rpers mit Fluoreseein, den Fluoreseeinfibertritt in die tIinter- kammer, das physikalisehe VerhMten yon Fluoreseeinl6sungen bei inten- slyer ]3eleuehtung (Nemstlieht), das zur Klarstellung wiehtiger Ex- perimente diente, die festgestellte enorme Drueksteigerung naeh Ent-

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Experimentelle Untersuchnngen tiber die intraokulare Saftstrsmung. 69

ziehung einiger Tropfen Vorderkammerwasser, den gefiihrten Nachweis yon der Permeabilitgt der lebenden Iris durch Fluorescein, den Naeh- weis des konstanten Fluoresceinfibertrittes in die Vorderkammer des ge- sunden menschlichen Auges - - auf Grund deren eine ganze Anzahl seit vielen Jahren heftig umstrit tener ~Fragen fiber den intraoknlaren t~lfissigkeitswechsel, die mit zu den wiehtigsten Problemen der OphthM- mologie geh0ren, n u n m e h r n a c h m e i n e r U b e r z e u g u n g m i t Be- s t i m m t h e i t d a m n b e a n t w o r t e t w e r d e n m u B , da/3 die L e b e r - sehe A n f f a s s u n g f i b e r d i e Q u e l l e u n d den V e r l a n f de r i n t r a - o k u l a r e n S a f t s t r 6 m u n g vS l l ig zu l%eeht b e s t e h t , da, w ie a u s f i i h r l i e h d a r g e l e g t , a l le g e g e n d iese L e h r e e r h o b e n e n E i n - w g n d e n a c h g e w i s s e n h a f t e s t e r P r i i f u n g a u s d e n v e r s e h i e - d e n s t e n G r f i n d e n vS l l i g a b g e l e h n t w e r d e n m n g t e n u n d n.eue t l e w e i s e ffir i h r e g i e h t i g k e i t b e i g e b r a e h t w e r d e n k o n n t e n .

Wenn somit, wie ieh hoffe, die vorstehend geschilderten Versuehe mit dazu beitragen wfirden, unsere Ansiehten fiber den intraokularen Stoffwechsel zu klaren, so diirfte ihr Zweek in vollem lV[age erreieht sein.

Meinem Chef, I-Ierrn Professor W a g e n m a n n danke ich ffir sein, mir in gewohnter Weise wiederum bewiesenes f6rdemdes Interesse snd seine stets frenndliche Bereitwilligkeit, mit tier er meine Versuehsergeb- nisse priifte und die entsprechenden Praparate besichtigte.

Ebenso gedenke ieh in Dankbarkeit Professor Th. L e b e r s , der bis kurz vor seinem Tode mit dem ihm eigenen lebhaften, anregenden Inter- esse meine Un~ersuchungen verfolgte, in deren Ergebnissen, iiber die ich ihm oft berichtete, er noch mit Genugtuung eine endgiiltige Bestati- gung seiner seit Jahren in Wort nnd Schrift vertretenen Ansehanung begriigte.

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