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- 1 - Bert Schröter Porstweg 6 30916 Isernhagen 05136-890593 Facharbeit für den EEMSP zum Thema dissoziative Ketaminanästhesie mit Ketamin-Razemat / (S)-Ketamin Isernhagen 2004

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Bert Schröter Porstweg 6 30916 Isernhagen 05136-890593

Facharbeit für den EEMSP

zum Thema

dissoziative Ketaminanästhesie

mit Ketamin-Razemat / (S)-Ketamin

Isernhagen 2004

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Inhaltsverzeichnis: Seite:

Vorwort 0. History 1. Physikochemische Daten 2. Zusammensetzung 3. Haltbarkeit 4. Pharmakokinetik 5. Pharmakodynamik 6. Indikation 7. Kontraindikationen/Gegenanzeigen 8. Wirkung 9. Angriffspunkte der Ketamin-Wirkung 10. Dosierung 11. Ketamin-Intoxikation 12. Razemat / S(+)Ketamin 13. Aufwachverhalten nach S(+)Ketamin 14. Asthmatherapie 15. Trauma 16. Neuroprotektion durch S(+)Ketamin? 17. Nebenwirkungen 18. Wechselwirkungen 19. Inkompatibilitäten 20. Interaktionen 21. Warnhinweise 22. Abbau / Esterase 23. Ketamin als Droge 24. Nah-Todeserfahrungen 25. Ausblick 26. Fazit 27. Hersteller 28. Literaturverzeichnis

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Vorwort

Zu den meist diskutierten medizinischen Fachthemen gehören derzeit, zusammen mit katastrophenmedizinischen Aspekten, die außer- und innerklinische Notfallmedizin. Analgesie und Anästhesieverfahren für den Not- und Katastrophenfall müssen unter minimalem technischen und instrumentellen Aufwand angewendet werden können.

Im Vordergrund stehen folglich insbesondere solche Substanzen, die intravenös, gegebenenfalls intramuskulär applizierbar sind, dann aber auch noch zuverlässig in kurzer Zeit wirksam werden, ohne die Vitalfunktionen erneut zu bedrohen.

Selten wurde ein Pharmakon in der Anästhesiologie und Intensivmedizin so außerordentlich kontrovers beurteilt wie Ketamin. Seit den ersten Publikationen von Günther Corssen und Edward Domino zu Beginn der sechziger Jahre, diskutierten Befürworter und Gegner oft leidenschaftlich über die Substanz und ihren klinischen Stellenwert. Dem Ketamin kam in dieser Diskussion stets einer der vorrangigen Plätze zu. Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre haben diese Diskussion weiter angefacht. Zweifelsohne nimmt Ketamin einen besonderen Platz unter den Anästhetika ein, sein Wirkprofil ist einzigartig und lässt sich mit dem anderer Anästhetika nicht vergleichen.

Der von Domino 1965 geschaffene Begriff „ Dissoziative Anästhesie“, sollte den eigenartigen Zustand des Patienten charakterisieren. Bei hervorragender Analgesie ist das Bewusstsein zwar ausgeschaltet, die hypnotische Wirkung hingegen unzureichend. Der Patient erscheint in merkwürdiger Weise von seiner Umwelt entkoppelt. Damit verbunden sind Traumerlebnisse, die häufig, aber nicht gesetzmäßig, als unangenehm beschrieben werden. Halluzinationen vor allem visueller Art, Out of body Phänomene, sowie unruhige, delirante Aufwachreaktionen („post anesthetic emergence reactions“).

Hinzu kommt ganz im Gegenteil zu anderen Anästhetika eine stimulierende sympathikoadrenerge Wirkung auf das Herz Kreislaufsystem, die je nach Situation erwünscht oder unerwünscht ist. So musste bereits sehr früh nach Einführung des Ketamins der Traum, ein ideales Mononarkotikum gefunden zu haben, begraben werden.

Die dringliche Narkoseeinleitung beim Patienten im hypovolämischen Schock wurde frühzeitig eine führende Indikation für den Einsatz von Ketamin – und ist es bis heute geblieben. Das Schädel Hirn Trauma als Kontraindikation für den Einsatz von Ketamin wurde unter bestimmten Vorrausetzungen infrage gestellt. Gerade in der Notfallmedizin hat sich Ketamin auch bei sonst sehr skeptischen und Kritischen Anästhesisten seinen herausragenden Platz erhalten. Die Anästhesie beim Brandverletzten wurde bald eine Domäne des Ketamins. Als Monoanästhetikum wurde es nicht nur bei kurzen, sondern auch bei lang dauernden Eingriffen (über 5 h), die Gesamtdosierungen von mehr als 1500mg erforderten, mit außergewöhnlich großem Erfolg eingesetzt.

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Auf diesen Erfahrungen aufbauend entwickelte sich Ketamin zu einem festen Bestandteil der Analgosedierung bei Schwerbrandverletzten und Polytraumatisierten.

Auch für die Bergung eingeklemmterVerletzter ist Ketamin immer wieder mit der Begründung empfohlen worden, man habe nur limitierten Zugang zum Patienten, ohne dessen hämodynamische Situation adäquat beurteilen zu können. Mit Ketamin werde jedoch ein Notfallanalgetikum bzw. anästhetikum zugeführt, dass voraussichtlich – im Gegensatz etwa zu Barbituraten, Opitanalgetika etc. keine negativen hämodynamischen und respiratorischen Eigenschaften entfalte, gerade weil es sympathikomimetische Nebeneffekte besitze.

Mit der Ablösung des Ketamin Razemats durch das Eutomer S(+)-Ketamin vor wenigen Jahren ist mehr als nur ein Pharmakon in neuen Kleidern auf den Markt gekommen.

Im klinischen Gebrauch spricht vieles dafür, dass es sich eher um eine neue Substanz handelt. Neben den unübersehbaren Vorteilen des S-Ketamins ist von ganz entscheidener Bedeutung, dass auch eine neue intensive Forschung zu Ketamin eingesetzt hat, die sich auf molekulare Wirkmechanismen auf Rezeptorenebene konzentriert, und dass daraus wiederum Erkenntnisse erwachsen, deren großen Wert wir derzeit nur erahnen können.

Insgesamt können wir feststellen, dass eine relativ alte Substanz, die zu Unrecht gelegentlich schon totgesagt, zumindest aber auf bestimmte, wenige Indikationen eingeengt wurde, wieder die Bühne betritt und nicht nur bei Anästhesisten als Anästhetikum, sondern weit mehr in anderen Fachgebieten auf großes Interesse stößt. Es ist zu erwarten, dass sich in naher Zukunft das Indikationsgebiet von Ketamin ausweiten wird, wenn auch heute noch manches klinisch-experimentell und hypothetisch ist.

History

Die Synthese des PCP erfolgte zwar bereits 1926 von Kötz und Merkel, aber erst beinahe 30 Jahre später wurde es unter dem Handelsnahmen Sernyl als ein „nicht narkotisch wirkendes Anästhetikum“ für kurze Zeit eingeführt.

In den sechziger Jahren gelingt MCCarthy und Chen die Synthese eines PCP-Verwandetn: Chlorophenyl-Methylamino-Cyclohexanon-Hydrochlorid , dem Ketamin.

Der Einsatz bei Menschen erfolgt durch die Wegbereiter Domino, Chodoff und Corssen. Von ihnen stamt auch die Feststellung, dass Ketamin in keine der herkömmlichen Klassifizierungen recht einzuordnen wäre und im Grunde eine Kategorie für sich darstelle.

Ketamin, ein Derivat des Phencyclidins, wurde 1963 synthetisiert und 1965 erstmals an 20 freiwilligen Häftlingen erprobt.Die Entdecker des Ketamin, Domino und Corssen, prägten 1965 den Begriff der „Dissoziativen Anästhesie“. Sie erreichten mit Ketamin ein Stadium der Bewußtlosigkeit, bei dem der Patient in Trance mit fast kompletter Analgesie fällt. Er schläft nicht ein ist jedoch von seiner Umgebung vollkommen abgekoppelt.

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Man vermutet, daß dieses durch eine Entkopplung der Verbindung zwischen thalamocortikalem und limbischen System entsteht. Ketamin ist die einzige Substanz, die diesen Zustand hervorruft.

Physikochemische Daten

Ketamin ist eine weiße Kristalline Substanz mit 274MG, die in wässriger Lösung in unterschiedlichen Konzentrationen auf dem Markt ist.

Die 10% Lösung weist einen pH-Wert von 3,5 -5 und einen pK von 7,5 auf.

Dieses Chloro-Phenyl-Methyl-Amino-Cyclo-Hexanon wird mit der Summenformel C13H16CINO bezeichnet.

Seine Fettlöslichkeit liegt etwa sieben mal höher als die des Thiopental. Die Substanz ist gut liquorgängig und liegt im Liquor etwa in halber Höhe der Plasmakonzentration vor. Kompatibel ist die gelöste Substanz unter anderem mit Midazolam und Morphin, nicht aber mit Barbituraten.

Der Schmelzpunkt liegt bei 258 – 261 °C.

Ketamin liegt ist strukturell mit dem halluzinogenen Suchtstoff Phencylidin verwand.

2-(2-Chlorphenyl)-2-(methylamino) cyclohexanon ist eine weiße kristalline Masse.

An der C2 Position befindet sich das chirale Zentrum

Strukturformel:

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Zusammensetzung

Ketanest S 5mg/ml (5ml) 1ml Injektionslösung enthält:

5,77mg Esketaminhydrochlorid entsprechend 5mg Esketamin 1 Ampulle mit 5ml Injektionslösung entspricht 25 mg Esketamin

Ketanest S 5mg/ml (20ml) 1ml Injektionslösung enthält:

5,77mg Esketaminhydrochlorid entsprechend 5mg Esketamin 1 Injektionsflasche mit 20ml Injektionslösung entspricht 100mg Esketamin Ketanest S 25mg/ml (2ml) 1ml Injektionslösung enthält: 28,83 mg Esketaminhydrochlorid entsprechend 25 mg Esketamin, 1 Ampulle mit 2ml Injektionslösung entspricht 50 mg Esketamin Ketanest S 25mg/ml (10ml)1ml Injektionslösung enthält: 28,83 mg Esketaminhydrochlorid entsprechend 25 mg Esketamin, 1 Ampulle mit 10ml Injektionslösung entspricht 250 mg Esketamin

Ketamin S 25mg/ml (50ml)1ml Injektionslösung enthält:

28,83 mg Esketaminhydrochlorid entsprechend 25 mg Esketamin, 1 Injektionsflasche mit 10ml Injektionslösung entspricht 250 mg Esketamin, 1 Injektionsflasche mit 50ml Injektionslösung entpricht 1250 mg Esketamin

Sonstige Bestandteile sind; Natriumchlorid, Salzsäure 0,36%, Wasser für Injektionszwecke. Bei Injektionsflaschen Ketanest S 5mg/ml (20ml) und Ketanest S 25 mg/ml (50ml) kommt noch Benzethoniumchlorid hinzu.

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Haltbarkeit

Das Arzneimittel kann bei Raumtemperatur aufbewahrt werden.

Lagerung bei Hitze (über 40 C) über einen längeren Zeitraum oder bei extremer Kälte (wegen Bruchgefahr des Behältnisses) ist zu vermeiden.

Verwendet werden darf nur eine klare und Farblose Lösung.

Nach Anbruch ist die Injektionslösung bei 2-8 C bis zu 7 Tagen verwendbar.

Mittels isotonischer Kochsalzlösung oder 5% Glukose Infusionslösung hergestellte gebrauchsfertige Infusionslösungen sind bei 25 C über 24 Stunden stabil. Dennoch sollte die Zubereitung der Infusionslösung möglichst immer frisch kurz vor Anwendung erfolgen.

Das Verfallsdatum der Packung ist auf der Faltschachtel/ Ampulle aufgedruckt. Die Verwendung des Medikamentes nach diesen Datum muß unterbleiben.

Das Medikament ist verschreibungspflichtig aber fällt nicht unter das BTM Gesetz.

Pharmakokinetik

Bioverfügbarkeit: oral und rectal circa 20% i.m. 93%

Wirkungseintritt: i.v. Sofort i.m. 5 min Oral 20 min Rektal 10-15 min

Wirkungsdauer: Anästhesie: 10-15 min.

Analgesie: 40 min.

Amnesie: 1-2 h

Wirkungsende durch Rückverteilung, Alpha HWZ 7-18 min

Im Gegensatz zu den pharmakodynamischen Differenzen sind die pharmakokinetischen Eigneschaften der Enatiomere des Ketaminhydrochlorids sehr ähnlich. Das heißt es bestehen auch keine oder nur unwesentlichen Unterschiede in der Pharmakokinetik von Esketaminhydrochlorid und racemischen (+)Ketaminhydrochlorid. Somit kann mann auf die pharmakokinetische Erfahrungen mit dem (+)Ketaminhydrochlorid zurückgreifen.

Ketaminhydrochlorid flutet nach intravenöser Bolusgabe im Gehirn rasch an. Die Spitzenkonzentrationen werden innerhalb 1 Minute erreicht. Dabei finden sich ca. 5,5 fache höhere Konzentrationen im Hirngewebe als im Plasmaspiegel.

Ketaminhydrochlorid passiert die Plazentaschranke.

Es wird nach intramuskulärer Gabe in den M.deltoideus rasch (Resorptionshalbwertzeit 2-17 Minuten) resorbiert. Nach Gabe von 0,5 mg Ketaminhydrochlorid/kg wurden nach Lag-time von weniger als 4 Minuten maximale Plasmakonzentrationen von 243ng/ml (100 bis 425 ng/ml) nach 22 Minuten (5 bis 30 Minuten) gemessen. (6 Probanden).

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Ketaminhydrochlorid ist nach i.m. Applikation zu 93% bioverfügbar. Es wird zu etwa 47% an Plasmaprotein gebunden.

Pharmakodynamik

Die psychomimetischen, das heißt die alterierende Wirkung des PCP-Derivates Ketamin auf Vigelanz ist pharmakodynamisch gesehen geringer ausgeprägt als die analgetische.

Sie kann ab einer mittleren Dosierung zu Traumerlebnissen führen. Deren Charakteristik hängt von der Grundstimmung zum Zeitpunkt der Applikation ab, die oftmals nicht entspannt sondern eher als angstbesetzt einzustufen ist.

Damit diese psychomimetischen Effekte nicht negativ erlebt werden, ist die zusätzliche Gabe eines Hypnotikums oder Sedativums mit anxiolytischer Wirkung notwendig.

Zwei Substanzen erscheinen hier besonders geeignet: Propofol und Midazolam. Propofol verfügt möglicherweise über eine leicht euphorisierende Komponente, liegt aber mit seiner Wirkdauer deutlich unter der des Ketamins, eshalb erneute Gaben oder eine kontinuirliche Applikation inder Regel erforderlich werden.

Die Wirkung einer Midazolam-Sedierung entspricht in der Dauer (dosisabhängig) der des Ketamins. Als Restwirkung bei sinkendem Plasmaspiegel bleibt eine Anxiolyse durch Midazolam. Ketamin im Low-dose-Bereich wirkt analgetisch ohne die Vigilanz signifikant zu beeinflussen.

Ketamin gehört zu den Pharmaka, die nicht zu einer Histamin-Freisetzung führen.

Bei Patienten mit ventrikulären Extrasystolen wurden zudem antiarrhtmische Eigenschaften dieser Substanz festgestellt.

Indikation

Liegt bei Patienten schon ein schwerer hämorrhagischer Schock vor, so müssen alle Narkotika, die in irgend einer Weise zu einer Depression des kardiovaskulären Systems führen können, adäquat dosiert werden, d.h. dem reduzierten Verteilungsvolumen angepasst werden.

Ketamin(0,5-1 mg/kg KG ) wird von vielen Untersuchern bei Schock als die bevorzugte Substanz zur Narkoseeinleitung bezeichnet. Die Fortführung geschieht in der Regel in Form einer Analgosedierung (Benzodiazepin und Opiat / Ketamin), da diese im Rettungsdienst ohne zusätzlichen apparativen Aufwnd durchgeführt werden kann.

Die Auswahl des Narkoseverfahrens im Rettungsdienst orientiert sich verständlicherweise auch an der Routine des Anwenders.

• Zur Analgesie, zur Rettung von eingeklemmten Patienten

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• Bei therapieresistenten Status asthmaticus in kombination mit einem Muskelrelaxans

• Als Kurznarkotikum für diagnostische und therapeutische Eingriffe

• Zur Ergänzung bei Regionalanästhesien (örtliche Betäubung)

Indikationen zur präklinischen Narkoseeinleitung sind Polytrauma schwere Verbrennungen, ausgeprägter Schockzustand und nicht beherrschbarer Status Asthmaticus.

Die Vorteile einer Narkoseeinleitung mit Intubation sind ein sicherer Aspirationschutz, eine optimale Ventilation und eine effektive Analgesie. Wie jedes invasive medizinische Verfahren sind auch bei der Narkose Nachteile und Kontraindikationen zu beachten. Die Methode stellt besondere Anforderungen an Material und Personal.

Die Narkose am Notfallort birgt eine Reihe von Risiken: Hypoxie, Blutdruckabfall, Fehlintubation, Erbrechen, Aspiration und Überempfindlichkeitsreaktionen können auftreten.

Als Analgetikum ist Ketanest® bei Schmerzen indiziert, die durch Verletzungen der Extremitäten sowie Verbrennungen hervorgerufen wurden. Viszerale Schmerzen, wie etwa bei einem Bauchtrauma auftreten, werden ebenfalls beeinflusst.

Von Vorteil ist hierbei, daß bei einer Untersuchung das Ergebnis nicht beeinträchtigt wird, da die Analgesie nur kurz beeinträchtigt wird, da die Analgesie nur kurz anhält und damit gut steuerbar ist.

Bei schweren Verbrennungen, Polytraumen, ausgeprägten Schockzustand und therapieresistenten Status asthmaticus wird bereits präklinisch eine adäquate Analgesie zukommen lassen. Schwerstverletzte benötigen hierfür hochdosierte Medikamente, so daß sie zum Schutz vor Aspiration und für eine optimale Sauerstoffzufuhr intubiert werden müssen.

Wie jedes invasive Verfahren birgt auch die Narkose Risiken. Ein ideales Narkosemittel sollte daher die Atemtätigkeit nicht einschränken. In analgetischer Dosierung beeinflußt Ketamin in der Regel Atmung und Schutzreflexe nicht, deshalb kann meist auf eine Intubation verzichtet werden.

Es ist ein Arzneistoff mit vielen Gesichtern. Das Razemat wird als Analgetikum, Narkotikum und zur Therapie des Status asthmaticus eingesetzt. In der Anästhesie und der Notfallmedizin nimmt der Stoff einen festen, eigenständigen Platz ein. Heftige Aufwachreaktionen schränken allerdings die Anwendung ein.

– Einleitung und Durchführung einer Allgemein-Anästhesie in Kombination mit anderen Pharmaka, zum Beispiel Hypnotika

– Kurznarkotikum für diagnostische und therapeutische Eingriffe

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– in der Notfallmedizin zur Befreiung eingeklemmter Personen

– zur Analgosedierung bei Patienten mit Volumenmangelschock

– zur Supplementierung von Regionalanästhesien

– low-dose zur Analgesie, beispielsweise bei Morphin-Resistenz bei Karzinompatienten

– Analgosedierung intubierter oder spontan atmender Patienten

– Adjuvanz bei nicht (mehr) ausreichender Regionalanästhesie

– Prämedikation bei inkooperativen Patienten

– Behandlung eines therapieresistenten Status asthmaticus

Kontraindikationen / Gegenanzeigen

Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden:

– bei schlecht eingestelltem oder nicht behandeltem Bluthochdruck (arterielle hypertonie systolischer/diastolischer Blutdruck über 180/100 mmHg in Ruhe)

– bei durch die Schwangerschaft verursachtem Bluthochdruck mit Eiweißauscheidung über den Urin (Präeklampsie) und Krämpfen (Eklampsie)

– bei nicht oder ungenügend behandelter Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

– in Situationen, die eine muskelentspannende Gebärmutter (Uterus) erfordern, z.B. drohender Gebärmutterriss (Uterusruptur), Nabeschnurvorfall

Das Arzneimittel darf nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden:

– bei Herzschmerzen aufgrund unzureichender Durchblutung der Herzkranzgefäße (insatbile Angina pectoris) oder bei Herzmuskelinfarkt (Myokardinfarkt) in den letzten sechs Monaten

– bei gesteigertem Hirndruck ausser unter angemessener Beatmung

– bei erhöhtem Augeninnedruck (Glaukom) und perforierenden Augenverletzungen

– bei Eingriffen im Bereich der oberen Atemwege

– bei Alkoholintoxikationen

– bei bekannten schweren Angina pectoris Anfällen in der Anamnese

Schwangerschaft und Stillzeit

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– über eine Anwendung des Arzneimittels in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen bisher ausreichenden Erfahrungen vor. Das Arzneimittel sollte daher in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft und in der Stillzeit nicht angewendet werden. Ketamin passiert die Plazenta. Bei Dosen von mehr als 1 mg Esketamin / kg Kg i.v. muss mit einer Atemdepression des Neugeborenen gerechnet werden.

Wirkung

Ketamin führt nach i.v. Bolusinjektion in einer Dosierung von 2mg/kg KG zu einer sogenannten dissoziativen Anästhesie. Dies ist ein Zustand partiell erhaltener sensorischer Informationsverarbeitung, der eine gute Analgesie gewährleistet, aber mentale Restfunktionen zuläßt.

Neurophysiologische Untersuchungen lassen den den Schluß zu, dass die Dissoziation durch eine Depression thalamoneokortikaler Leitungsbahnen bei gleichzeitiger Stimulierung des limbischen Systems verursacht wird.

Bisher ist die neuropharmakologische Basis der Analgesie und der dissoziativen Anästhesie noch unklar.

Eine zentrale Rolle für die Analgesie und Anästhesie scheint aber der Antagonismus am N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor (NMDA-Rezeptor) zu spielen. Aber auch andere Neurotransmittersysteme wie die Kappa-Opiatrezeptoren, muskarinische Acetylcholinrezeptoren sowie die Monoaminneurotransmitter (Na, 5-HAT, Dopamin) scheinen beteiligt zu sein.

Unter Ketamin bleiben Reflexe und Atemantrieb dosisabhängig weitgehend erhalten. Durch eine zentrale Sympatikusstimulation kommt es zu einer Erhöhung von Herzzeitvolumen, arteriellem Druck und Hirndruck.

In einer Dosierung von 0,25-0,5 mg/kg KG bewirkt Ketamin eine gute Analgesie bei erhaltener Kooperationsfähigkeit, fehlender Atemdepression, meist verbunden mit einer anterograden Amnesie.

Ketamin eignet sich als Analgetikum besonders bei Traumapatienten und nach Verbrennungen. Auch bei Polytraumatisierten mit SHT ist bei nachfolgender Beatmung ist Ketamin eine geeignete Substanz. Aufgrund der sympathomimetischen Stimulation durch Ketamin kommt es zu einer hämodynamisch stabilen Situation und damit zur Aufrechterhaltung des zerebralen Perfusionsdrucks als entscheidener Parameter.

Als unerwünschte Nebenwirkung von Ketamin können unangeneme Träume, Halluzinationen, „out of Body“-Erfahrungen oder Schwebesensationen auftreten, die auf Restfunktionen sensorischer Informationsverarbeitung zurückzuführen sind. Außerdem kann es zu Nystagmus, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen sowie Hypersalivation kommen. Zur Vermeidung der psychomimetischen Nebenwirkungen, die vor allem in der Einschlaf- und Aufwachphase auftreten, sollte Ketamin mit Benzodiazepinen kombiniert werden. Dabei ist aber zu beachten, dass es zu einer Hypoventilation mit sinkendem paO2 und steigendem paCO2 kommen kann.

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Ketamin ruft reversible Schmerzausschaltung, Sedierung und eine gewisse Amnesie hervor. Der Analgetische Effekt bleibt auch nach Abklingen der Anästhesie erhalten.

Der Patient fällt nach Gabe in einen schmerzfreien, tranceähnlichen Zustand, bei dem die Augen geöffnet bleiben können. Diese Form der Narkose bezeichnet man als „dissoziative Anästhesie“ die mit der Neuroleptanästhesie vergleichbar ist.

Unter Low-dose-Gabe ist der Patient bedingt ansprechbar (dissoziative Anästhesie).

Schutzreflexe wie Husten und Schlucken werden nicht negativ beeinträchtigt.

Die Spontanatmung bleiben unter Ketamin erhalten. Lediglich bei sehr hohen Dosen oder sehr rascher Applikation kann eine Beatmung indiziert sein. Der Muskeltonus wird gesteigert.

Ketamin bewirkt ohne Zusatzmedikation eine zerebrale Vasodilatation und eine Zunahme des Sauerstoffverbrauchs, des Hirnstoffwechsels und des intrakraniellen Drucks, wobei die Hirndurchblutung leicht herabgesetzt wird. Der genaue Wirkmechanismus ist noch ungeklärt. Diskutiert werden cholinerge Mechanismen, sowie die Beteiligung von Opiat-Rezeptoren.

Die Anwendung beim Schädel-Hirn-Trauma wird kontrovers diskutiert. Einige Studien sprechen für einen Anstieg des intrakraniellen Druckes, was bei diesem Krankheitsbild nachteilig wäre. Unter Gabe von Barbituraten oder Etomidat ( Hirndrucksenkende Eigenschaften) beziehungsweise Beatmung konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.

Durch Anregung der Kreislauffunktion kommt es zu einem Anstieg der Herzfrequenz, des Herzminutenvolumens, des Sauerstoffverbrauchs und einer Steigerung des arteriellen Druckes.

Besonders bei der Narkoseeinleitung beim Volumenmangelschock besitzt Ketamin gewisse Vorteile. In der Phase der Zentralisation wird durch die Gabe des Nakotikums infolge des stimulierenden Effekts auf das kardiozirkulatorische System ein Zusammenbruch verhindert.

Ketamin scheint das thalamo-neokortikale und später auch das retikuläre und limbische System hemmend zu beeinflussen.

Die Analgesie ist durch Opiatantagonisten lediglich zu einem geringen Teil aufhebbar, deshalb vermutet man, daß die Analgesie durch eine Beeinflussung der Opiatrezeptoren ausgelöst wird. Bei diesem Rezeptortyp nimmt mann eine weitere Unterteilung vor. Ketamin bindet nur an den Typ, der für die Analgesie zuständig ist. Der Rezeptortyp, der für eine Suchterzeugung und eine Atemdepression zuständig ist wird nicht besetzt.

Die Analgesie tritt bereits bei Dosen ein, die unterhalb deranästhesierenden Wirkung liegen.

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Die Wirkung von Ketamin beim therapieresistenten Status asthmaticus ist vielfach nachgewiesen, jedoch nicht ursächlich geklärt.

Vermutet wird eine sympathomimetische Stimulation und eine damit verbundene Brochodilatation. Für diese Therapie spricht, daß sich der positive Effekt durch Beta Blocker vollständig inhibieren läßt. Die Tatsache daß Ketamin auf den Ruhetonus der Tracheal-und Bronchialmuskulatur keinen konstruktiven oder relaxierenden Effekt ausübt, spricht jedoch dagegen.

Katecholamine senken den Ruhetonus der Bronchialmuskulatur. Kontrahiert man die Muskulatur vor der Applikation mit Histamin, führt Ketamin zu einer vollständigen Relaxierung. Angenommen werden muß deshalb eine Kombination aus kompetetiven und nicht-kompetetiven Antagonismus auf die Bronchilamuskulatur.

Diese Ergebnisse tierexperimenteller Studien lassen sich nicht unkritisch auf den Menschen übertragen. Ketamin wirkt in narkotischen Dosen (1 bis 3,5 mg/kg KG i.v.) überzeugend und empirisch belegt beim Status asthmaticus und stellt nicht selten die ultima ratio der Therapie dar.

Stoffwechsel, Endokrinum, Leber-, Nieren und Darmfunktion sowie Gerinnungssystem werden durch Esketaminhydrochlorid nicht beeinflusst.

Angriffspunkte der Ketamin-Wirkung

Die Wirkung des Razemates und seiner Enantiomere erklärt sich durch die Interaktion an drei unterschiedliche Bindungsstellen beziehungsweise Rezeptoren:

• Opiat-Rezeptoren

• NMDA-Rezeptor

• PCP-Rezeptor

Weiterhin besteht Affinität zu folgenden Bindungsstellen, deren Bedeutung für die Wirkung jedoch noch nicht eindeutig geklärt ist.

• Nikotinischer (nACh) und muskarinischer (mACh) Acetylcholinrezeptor,

• Dopamin-Rezeptor indirekt

• Serortonin-Rezeptor, indirekt

• Adrenorezeptoren, indirekt

• Spannungsgesteuerte Ionenkanäle (voltage-operated chanels, VOC, insbesondere Na+, K+, Ca2+ )

• GABAA –Chloridkanal

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Opiat-Rezeptor-Interaktionen

Die meisten Effekte nach Gabe eines Opiates beziehungsweise eines Opioides beruhen auf der Interaktion mit den Opiatrezeptoren, die sich in verschiedenen Geweben befinden. Die unterschiedlichen unerwünschten Wirkungen wie Suchauslösung und Atemdepression lassen sich dadurch erklären, dass es nicht nur einen Opiatrezeptor sondern dass sich verschiedenen Subtypen existieren. Pharmakologishc bedeutend sind die Rezeptoren δ, κ, µ, und .σ

µ-Rezeptor:

Dieser Rezeptor ist die Hauptbindungsstelle für Opioide vom Morphin-Typ. Bewiesen ist ein zusammenhang mit der Entstehuing von Atemdepression, Toleranzentwicklung, Miosis und der Ausbildung von Entzugssymptomen. Ebenfalls belegt ist die Beteiligung an der Entstehung der supraspinalen Analgesie und der Euphorie. Nach neueren Erkenntnissen wird noch eine weitere Unterteilung in 1µ ,µ und 2µ vorgenommen, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Ketamin besitzt zum µ-Rezeptorsubtyp Affinität und übt so einen Teil seiner hypnotischen Wirkung aus.

κ-Rezeptor:

Er ist verantwortlich für Sedierung, spinale Analgesie, antikonvulsive Wirkung und Miosis. Ketamin wirkt als κAgonist und übt so einen Teil seiner analgetischen Wirkung aus.

σ-Rezeptor:

Diese Bindungsstelle wird mit Nebenwirkungen wie Tachykardie, Toleranz, Mydriasis und Halluzinationen in Verbindung gebracht. Über den Angriff der Ketamin-Enantiomere am σ-Rezeptor liegen widersprüchliche Berichte vor- , was zum einen wohl durch das unterschiedliche Studiendesign, zum anderen durch die noch nicht geklärte Beziehung von µ-undσ -Rezeptor erklärbar ist..

Bis jetzt ist nicht klar, ob beide Rezeptorsysteme unabhängig voneinander agieren oder sogenannte funktionelle, allosterische Kopplungseinheiten arbeiten.

R(-)Ketamin greift bevorzugt an diesem Rezeptor an, wodurch sich auch seine kardiologischen Nebenwirkungen und die heftigen Aufwachreaktionen erklären lassen.

δ-Rezeptor:

Er vermittelt Wirkungen wie Atemdepression, Toleranz, Hypotonie und Entzugssymptome. Ketamin übt keine Wirkungen am δ-Rezeptorsubtyp aus. Über die Affinität der Ketamin_Enantiomere zu den Opiatrezeptor-Subtypen liegen kontroverse Studienergebnisse vor. Je nach Tierspezies, Dosierung und Versuchsaufbau differieren die Aussagen, welches Ketamin an welcher Bindungsstelle die größere Affinität besitzt.

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NMDA-Rezeptor-Interaktionen

Das für die synaptische Erregungsübertragung wichtige Aminosäurederivat N-Methl-D-Asparat (NMDA) besitzt eine spezifische Bindungsstelle, den NMDA-Rezeptor. Dieser stellt als Ionenkanalrezeptor einen Subtyp des Glutamatrezeptors dar.

Er gehört zur Familie der ligandenabhängigen Ionenkanäle (ligand-operated channels, LOC), zu der unter anderem auchdie verschiedenen nikotinischen Acetylcholin-Rezeptorkanäle und der Rezeptorionenkomplex für die inhibitorische Gamma-Aminobuttersäure (GABA) zählen.

Die NMDA-Bindungsstelle arbeitet als Na+, K+, Ca2+ Kanal.

Im physiologischen Ruhepotential ist er durch Magnesiumionen blockiert und kann erst nach Teildepolarisation geöffnet werden. Dies geschieht unter anderem durch die Aktivierung glutamatsubtypischer AMPA-Rezeptoren in Verbindung mit den Agonisten Glutaminsäure und Glycin.

Von pathophysiologischer Bedeutung ist, dass einen Überstimulation der NMDA-Rezeptoren eine Neurodegeneration auslöst. Die exzitatorischen Aminosäureen Glutamin und Asparaginsäure sind somit wahrscheinlich an der Pathogenese von Epilepsie, Schlaganfall, Morbus Parkinson und Alzheimer beteiligt. Phencyclidin wirkt am NMDA-Rezeptor als nicht kompetativer Antagonist.

Weiterhin sind NMDA-Rezeptoren in die Gedächtnisfunktion und Schmerzinterpretation involviert.

Ketamin

Opiat/NMDA Rezeptor Beta-Stimulation NMDA Rezeptor NMDA Rezeptor

Analgesie Broncholyse Narkose Neuro-protektion

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Ein NMDA-Agonist ist somit in der Lage, das Lernverhalten zu beeinflussen sowie analgetisch, antiepileptisch und neuroprotektiv zu wirken. Die exakte Rolle der NMDA-Rezeptoren im spinalen Nocizeptiven System ist noch nicht geklärt.

Diskutiert wird, dass die polysynaptischen Schmerzmodulation zu analgetischen Effekten führt.

PCP-Rezeptor und PCP-Wirkung auf Neurotransmitter

Die Bindungsstelle des Phencyclidins (PCP) befindet sich an der Innenseite eines Ionenkanals, der vom NMDA-Rezeptor gebildet wird. Er ist unter anderem für die Modulation des Wissenserwerbs verantwortlich. S(+)Ketamin besitzt am PCP-Rezeptor eine vierfach höhere Affinität als das konkurierrende Isomer.

S(+)Ketamin hemmt die extraneuronale Aufnahme und den Transport von Katecholaminen. R(-)Ketamin hingegen besitzt diesbezüglich nur eine sehr geringe Hemmwirkung. Es hemmt jedoch den Transport von Serotonin doppelt so stark wie das S(+) Isomer.

Angriffspunkte der Ketamin-Wirkung

Rezeptor Ant-/Agonismus Wirkung Klinischer Effekt

NMDA Nicht kompetetiver Antagonist

EAA-Antagonismus, spinal uns supraspinal Ca2+

Durchlässigkeit ↑

Analgesie, dissoziative Anästhesie

Opioid κ-Agonist, schwacher µ-Antagonist1/10 - 1/20 der NMDA Affinität

S->R-Ketamin Ca2+ Durchlässigkeit ↑

κ dysphorische Reaktion und geringe Analgesie

GABA A Agonist 1/10 der NMDA Affinität

Chloriddurchlässigkeit steigt, GABA-Reuptake-Hemmung

Sedierung, Neuroprotektion

AMPA Antagonist Hemmung der NO-Synthese (NOS-Inhibitor)

Sympathikusaktivierung Neuroprotektion (?)

Muscarin m3 Agonist, m1 und m2 Antagonist, 1/10 der NMDA Affinität

S-Ket. > R-Ketamin m3 Sialorrhöe, Bronchorrhöe

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Nikotin ACH Rezeptor antagonismus an neuromuskulärer Endplatte

Muskeltonus ↓ Sympathikotonus ↑

keiner

Na-Kanal Blockade wie Lokalanästhetika Systemisch keine Wirkung

Ca-Kanal Blockade vom L-Typ Vasodilatation Intrazerebrale Perfusion ↑

Ka-Kanal keine keine Wirkung kein Effekt

Dopamin - Haushalt

Agonismus Reuptake Inhibition Psychomimetischer Effekt

Nor-adrenalin

Agonismus Reuptake Inhibition RR ↑

Dosierung

Dosierung Ketamin Razemat

Narkotika werden nach der Beurteilung der Narkosetiefe dosiert. Es können deshalb nur Richtwerte genannt werden.

Narkoseeinleitung: initial 75-150 mg = 1-2 mg/kg KG langsam i.v. (1-3 Amp. u 5 ml mit 10 mg/ml).

Als Erhaltungsdosis gibt man 500mg (5Amp. Zu 2ml mit 50mg/ml) auf 500ml NaCl oder Glucose.

Tropfgeschwindigkeit: 20-60 Tropfen/min=1-3 ml/min = 1-3mg kg KG/h.

Im Perfusor gelangen 500mg auf 50 ml (5Amp. Zu 2ml mit 50mg/ml) mit 7,5 -15ml/h = 1-2 mg/kg KG/h zum Einsatz.

Analgesie und Status asthmaticus: 0,5-1mg/kg KG.

Die Wirkung tritt nach etwa 30 – 60 Sekunden ein und hält nach einmaliger i.v. Injektion 5-10 Minuten an. Die Anästhesie dauert ca. 40 Minuten und die Amnesie hält 1-2 Stunden an.

Bei der intramuskulären Injektion beträgt die Initialdosis zur Anästhesie 4-8 mg/kg KG, der Wirkungseintritt ist nach wenigen Minuten erreicht, die Wirkdauer beträgt bis zu 25 Minuten.

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Dosierung S+Ketamin Zur Einleitung einer Allgemeinanästhesie werden i.v. 0,5 bis 1,0 mg S-Ketamin/kg KG, i.m. 2-4 mg/kg kG verabreicht. Zur Aufrechterhaltung wird die halbe Initialdosis bei Bedarf nachinjiziert, im allgemeinen alle 10-15 Minuten. Alternativ kann S-Ketamin als Dauerinfusion in einer Dosierung von 0,5 bis 3 mg /kg KG und Stunde verabreicht werden. Beim polytraumatisierten Patienten und solchem in schlechtem Allgemeinzustand ist eine Dosisreduktion erforderlich. Zur Supplementierung einer Regionalanästhesie werden nach Bedarf 0,125 bis 0,25 mg S-Ketamin/kg KG und Stunde gegeben. Für die Analgesie bei intubierten Intensivpatienten werden im allgemeinen 0,25 mg S_ketamin/kg KG als Bolus mit einer anschließenden Dauerinfusion von 0,2 bis 0,5 (-1,5) mg /kgKG und Stunde bei gleichzeitiger Gabe eines Benzodiazepins verabfolgt. Zur Dauerinfusion werden im allgemeinen 500 mg Ketamin in 500 ml Glukose 5% oder isotoner Kochsalzlösung gegeben. Zur Anästhesie in der Notfallmedizin werden 0,25 bis 0,5 mg S-Ketamin/kgKG i.m. Bzw. 0,125 bis 0,25 mg/kgKG i.v. Appliziert. Zur Behandlung des therapieresistenten Status asthmatikus werden 0,5 – 1 mg S-Ketamin kg /KG, bei Bedarf bis 2,5 mg/kg KG i.v. Injiziert. Art und Dauer der Anwendung: Ketaminhydrochlorid wird langsam intravenös oder intramuskulär injiziert. Nach Bedarf kann Ketaminhydrochlorid nachinjiziert oder als Infusion verabreicht werden. Mischinjektionen mit S-Ketaminhydrochlorid sollten vermieden werden. So bildet Ketamin mit Barbituraten ein Präzipitat. Trotz weitgehend erhaltender Schutzreflexe kann eine Aspiration nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, deshalb und wegen einer möglichen Atemdepression in hohen Dosen oder bei rascher i.v. Injektion muss die Möglichkeit zur Intubation und Beatmung des Patienten gegeben sein. Bei ambulanten Operationen muss bis zur Entlassung des Patienten eine angemessene kontinuierliche Überwachung gewährleistet sein. Die gesteigerte Speichelsekretion unter Ketaminhydrochlorid sollte vorbeuigend mit Atropin bahndelt werden. Hinweise auf Absetzphänomene bei Dauerinfusion leigen nicht vor. Für die Analgesie bei intubierten Intensivpatientensollten 4-6 Wochen Behandlungsdauer nicht überschritten werden. Hinweise: Bei Eingriffen mit viszeralen Schmerzen ist Relaxation und zusätzliche Analgesie (Lachgas/Sauerstoff) angezeigt.

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Bei diagnostischen und therapeutischen Eingriffen im Bereich der oberen Atemwege ist insbesondere bei Kindern mit Reflexsteigerung (Hyperreflexie) und Stimmritzenkrampf (Laryngospasmus) zu rechnen. Bei Eingriffen an Pharynx, Larynx und Bronchialbaum kann daher eine Muskelrelaxation mit entsprechender Beatmung erforderlich sein. Ketamin-Intoxikation

Oberhalb der 25 fachen üblichen anästhetischen Dosis ist mit vital bedrohlichen Symptomen zu rechnen. Ohne genaue anamnestische Angaben ist das klinische Bild der Ketamin-Intoxikation von anderen potentiell adrenergen Intoxikationen,z.B. Desingerdrogen auf Amphetaminbasis wie Ecstasy oder durch Kokain, nicht sicher zu differenzieren. Das klinische Bild ist durch die sympathikoadrenerge und psychostimulierende Wirkung definiert. Der Schweregrad der Intoxikation kann gemäß der Einteilung der Amphetaminvergiftungen in vier Stadien eingeteilt werden. Schweregrad der Amphetaminvergiftungen

Schweregrad Symptomatik

I Unruhe, Übererregbarkeit, Schlaflosigkeit, Tremor, Hyperreflexie, Mydriasis, Flush

II Hyperaktivität, Konfusion, Hypertonie, Tachykardie, Extrasystolie, Hyperpyrexie

III Delir, Psychiosen mit optischen und akustischen Halluzinationen, Angst, Hypertonie mit hypertensiven Krisen, Arrhythmien, Hyperpyrexie

IV Konvolsionen, Koma, Herz-Kreislauf-Versagen

Therapeutisch kommen blutdrucksenkende Medikamente wie Urapidil oder Clonidin (0,75-1,5-3 mg/24 h über Perfusor) zum Einsatz. Empfehlenswert ist die zusätzliche Gabe von Nitropräparaten. Vorsicht ist gegenüber Kalziumantagonisten und Betablockern geboten. Herzrhythmusstörungen sollten zunächst nach einer wirksamen Sedation mit Benzodiazepinen oder niedrig dosiertem Morphin neu bewertet werden. Bei Bedarf kommt unter additiver Gabe von Magnesiumsulfat und Natriumbikarbonat am ehesten Amiodaron in Frag.

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Kalzuimantagonisten wie Verapamil oder Diltazem sowie Klasse I Antiarrhythmika sollten vermieden werden. Bei hohen Dosen und schneller i.v. Injektion ist mit einem Atemstillstand zu rechnen, der durch eine kurzzeitige assistierte Beatmung überbrückt werden muss. Krämpfe sind durch die intravenöse Gabe von Diazepam zu behandeln. Wenn eine Behandluing mit Diazepam nicht zum Therapieerfolg führt, wird die Gabe von Phenytoin oder Phenobarbital empfohlen. Ein spezifisches Antidot ist bislang nicht bekannt.

Razemat / S(++++)Ketamin

Nach selektiver Trennung des Razemats stehen seit einigen Jahren zusätzlich das rechtsdrehende S-(+)- Ketamin und das linksdrehende R-(-)-Ketamin zur Verfügung. Erste Untersuchungen zeigten eine zweifach erhöhte analgetische Potenz des S-(+)- Ketamin im Vergleich zum Razemat sowie eine dreifach hohere im Vergleich zum R-(-)-Ketamin auf. Weiterhin schien es so, als ob die unerwünschte Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-system und unangenehme Traumerlebnisse eher dem linksdrehenden Isomer anzulasten wären.

Für die Affinität eines Pharmakons zu seinem Rezeptor ist auch die räumliche Anordnung des Moleküls wichtig. Beim Phänomen der Chiralität wird dies deutlich.

Zur Veranschaulichung:

Unsere Hände gleichen sich auf den ersten Blick wie ein Ei dem anderem. Doch dies täuscht. Sie sind zwar gleich, aber verhalten sich wie ein Bild zu einem Spiegelbild, das heißt sie lassen sich nicht zur Deckung bringen.

S-Ketamin R-Ketamin

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Für viele Arzneistoffe, so zum Beispiel β-Blocker, Dopamin, Muskelrelaxantien, Lokalanästhetika und andere trifft dies auch zu. Sie haben die gleiche Summen- und Strukturformel, somit die gleichen chemischen und pysikalischen Eigenschaften.

Durch ihre räumlich unterschiedliche Anordnung bestimmter Molekülgruppen können sie sich jedoch hinsichtzlich ihrer pharmakologischen Eigenschaften deutlich voneinander unterscheiden.

In dem Fall, in dem zwei spiegelbildliche Molekülvarianten existieren, liegen sie in einem Präparat meist nebeneinander vor. Das Gemisch beider Molekülvarianten bezeichnet man als Razemat, jeden Partner für sich als Enantiomer. Häufig ist nur ein Enantiomer der Hauptwirkstoff.

Da die Trennung beider Komponenten oft sehr aufwendig und kostspielig ist, erhält der Patient häufig das Gemisch. Man nimmt in Kauf, dass er eigentlich mehr Arzneistoff bekommt, als nötig wäre. In wenigen Fällen findet eine Trennung beider Enantiomere statt.

Im Ketanest R liegt der Wirkstoff als Gemisch (Racemat) zweier Molekülvarianten (Enantiomere) vor, die zwar die gleiche chemische Formel aufweisen, sich jedoch in der optischen Drehung anders verhalten.

Studien zeigen, daß eine der beiden Verbindungen, es handelt sich hierbei um S(+)Ketamin, eine um den Faktor 2 stärkere Wirksamkeit besitzt, besser steuerbar ist und Nebenwirkungen weniger stark ausgeprägt sind. Die motorische Koordination wird durch S(+)Ketamin ebenfalls deutlich weniger beeinflußt, als durch das Razemat.

Desorientiertheit und Bewußtseinsstörungen sind in der Notfall- und Katastrophenmedizin besonders störende Faktoren. Bei orientierten, schmerzfreien Patienten ist die Diagnosestellung einfacher. Deshalb ist auch hier dem S(+)Ketamin klar der Vorzug gegeben.

Das Hauptproblem beim heute eingesetzten Racemat ist aus klinischer Sicht die psychische Aufwachreaktion mit traumähnlichen Erfahrungen, Halluzinationen und anderen negativen Effekten sowie die bis zu mehreren Stunden verlängerte Aufwachphase.

Der anästhetische Effekt des Ketamins ist bisher weder elektrophysiologisch noch biochemisch vollständig geklärt. Gesichert ist, dass der NMDA-Rezeptor als postsynaptischer neuronaler Wirkort für die Reaktion polysynaptischer Erregung im Rückenmark und in höheren Zentren darstellt. S(+)Ketamin ist um circa 100 Prozent anästhetisch wirksamer als das im Handel befindliche Razemat. Am Rückenmark und an den peripherren Nerven wirkt Esketamin deutlich lokalanäthetisch.

Ketamin wirkt durch Beeinflussung unterschiedlichster Ebenen des Zentralnervensystems analgetisch. Dieser Effekt tritt bereits in niedrigen, subanästhetischen Dosisabgaben auf, bei denen es zu keinen psychotropen oder kardiozirkulatorischen Nebenwirkungen kommt.

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Ab 0,44mg/kg wikt Ketamin schmerzstillend. In Kombination mit nicht ausreichender Regionalanästhesie auch schon ab 0,25 mg/kg. Der Effekt ist mit dem des Opioid-Analgetikums Pethidin vergleichbar. Der Patient bleibt kooperativ, eine negative Wirkung auf die Atmung wird in diesen Dosen nicht festgestellt. S(+)Ketamin ist Rund 70% stärker analgetisch als Razemat.

S(+)Ketamin ist hinsichtlich seiner pharmakologischen Potenz und seiner Nebenwirkungen, insbesondere des kranialen, cerebralen und psychotropen, sowol dem Racemat als auch dem R(-)Ketamin überlegen. Pharmakokinetisch besteht kein Unterschied der Enantiomere. Das S(+)Enantiomer besitzt Affinität zu Opiat-,PCP, und NMDA-Rezeptoren. R(-)Ketamin hingegen greift kaum beziehungsweise deutlich geringer an den Opiat-und PCP-Bindungsstellen an.

Vorteile S(+)Ketamin gegenüber R(-)Ketamin:

– weniger Spontanbewegungen

– weniger Arrhythmien

– Therapeutischer Index um Faktor 2,5 größer

– kürzere Aufwachphase

– anterograde Amnesie geringer

– Konzentartionsfähigkeit weniger beeinflußt

– höhere analgetische und anästhetische Potenz

Das Razemat wirkt deutlich stärker atemdepressiv als das S(+)Enantiomer. Die Traumerlebnisse die beim S(+)Ketamin dennoch auftreten, sind deutlich positiver gefärbt und werden vom Probanden als nicht störend empfunden.

Vergleicht man die kardiozirkulatorischen Effekte beider Ketamine, ergibt sich hinsichtlich der Blutdrucksteigerung kein Unterschied. Die Herzfrequenz steigt unter S(+)Ketamin jedoch deutlich geringer an.

Aufwachverhalten nach S(+) Ketamin

S(+) Ketamin und Ketamin Razemat wurden in einem Dosisverhältnis von 1:2 im Hinblick auf die Zeit bis zum Erwachen, das Aufwachverhalten und die psychomimetischen Nebeneffekte verglichen: Die vorliegende Arbeit der Klinik für Anästhesiologie der Universität Würzburg faßt die Ergebnisse am Menschen zusammen.

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Aufwachzeit S(+) Ketamin versus Ketamin Razemat

Fünf gesunden Probanden verabreichte man an 3 Terminen entweder eines der beiden Isomere S(+) Ketamin oder R-Ketamin oder razemisches Ketamin bis die Narkosetiefe im EEG nicht mehr zunahm.

Die Aufwachzeiten nach S(+) Ketamin waren deutlich kürzer als nach dem Razemat. Mit R-Ketamin wurden keine gleich tiefe Narkose erreicht wie mit S(+) Ketamin oder razeischem Keatmin. Daher war die Aufwachphase nach R-Ketamin sogar noch kürzer als nach S(+) Ketamin.

Nach dieser Studie wurde nur noch S(+) Ketamin und Ketamin Razemat klinisch miteinander verglichen. Die Zeit bis zum Befolgen einfacher Aufforderungen und bis zur Orientierung zu Person, Ort und Zeit nach Bolusinjektion von 1 mg/kg KG S(+) Ketamin war um 15-20% kürzer als nach 2mg/kg KG Ketamin Razemat.

Asthma

Da der Intubationsreiz, der Reiz des liegenden Endotrachealtubus sowie die kontollierte maschinelle Beatmung mit hohen Beatmungsdrücken starke Auslöser und Verstärker akuter Atemwegsobstruktionen darstellen können, ist eine sonst für die Beatmung meist ausreichende Sedierung beim Asthmapatienten meist unzureichend.

Zur medikamentösen Erleichterung der Intubation geeignet sind die Einleitungsanästhetika Etomidat 0,2-0,3 mg/kg KG und Ketamin 1-3mg/kg KG (in Kombination mit einem Benzodiazepin).

Beide Anästhetika verfügen über eine große therapeutische Breite. Das Etomidat beeinflusst den bronchmotorischen Tonus nicht, die fehlende Analgesie erscheint eher nachteilig.

Augenöffnen O. z. Person O. z. Person u. Zeit

0

10

20

30

40

50

Zeit bis zum Augenöffnen und zur Orientierung

Razemat

S Ketamin

R-Ketamin

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Ketamin bietet den Vorteil einer etwas längeren Wirkdauer und guter analgetischer Qualitäten. Unerwünscht ist besonders beim Asthmatiker eine beschriebene hypersalivatorische Wirkung, erwünscht ein in der Literatur beschriebener bronchdilatorischer Effekt.

Propofol und Brabiturate erscheinen ebenfalls geeignet. Bei Thiopental ist jedoch die gegenüber Etomidat und Ketamin etwas ausgeprägtere Atem und Herz-Kreislauf-Depression in Rechnung zu stellen.

Zur besseren Anpassung des Patienten an die Beatmung ist in der kritischen Phase der Beatmung oft eine ausreichende Sedierung und Analgesie wünschenswert. Geeignet sind Bezodiazepine (Diazepam, Flunitrazepam, Midazolam), Propofol sowie als Analgetika Ketamin, Pethidin und Piritramid. Auch Fentanyl, Sufentanil und Alfentanil können angewendet werden.

Auf die Gabe von Morphin sollte wegen der Gefahr einer Histaminliberation mit konsekutiver bronchokonstriktorischer Wirkung verzichtet werden. Notfallintubation und „rapid sequence intubation“ Um auf eine jederzeitige notfallmäßige Intubation einschließlich einer eventuell erforderlichen Blitzintubation (Crush-Intubation bzw. „rapid sequence intubation“ vorbereitet zu sein, empfielt sich die Etablierung eines Standrds (6P Regel nach Walls), der Regeln zur Vorbereitung (Präparation), Präoxygenierung, Prämedikation, Paralyse (Relaxation), Positionierung des Tubus und Postintubationsmanagement umfassen sollte.

Präparation An Sauerstoff angeschlossene Maske, Absaugvorrichtung, Laryngoskop, Großlumiger Trachealtubus, Führungsstab, Stethoskop, Fixiermaterial,

Medikation: (S) Ketamin 1,5 mg/kgKG i.v. Doppelte Dosis von Ketamin Razemat

Präoxygenierung 100% (FiO2 = 1) Sauerstoff mittels Maske

Prämedikation Atropin 0,01 mg/kgKG i.v.

Paralyse

Succinylcholin 1,5 mg/kgKG i.v. als Bolus

Intubation unmittelbar nach relaxation, falls innerhalb von 20 sec nicht erfolgreich, erneute Maskenoxygenierung, Effektivitätskontrolle mittels Pulsoxymetrie, auskultatorische Erfolgskontrolle der Tubuslage, Tubussicherung. Bei Bradykardie erneute Atropin Gabe (0,5 mg i.v.)

Präkurarisierung mit 1 mg Pancuronium i.v.

Position des Tubus

Einführung unter Sicht, Tub-Check, Auskultieren, Sauerstoffsättigung

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Präparation An Sauerstoff angeschlossene Maske, Absaugvorrichtung, Laryngoskop, Großlumiger Trachealtubus, Führungsstab, Stethoskop, Fixiermaterial,

Medikation: (S) Ketamin 1,5 mg/kgKG i.v. Doppelte Dosis von Ketamin Razemat

Postintubations-management

Ekg, Sauerstoffsättigung, Blutdrucküberwachung

Asthma und S(+)Ketamin In zahlreichen experimentellen Untersuchungen und klinischen Beobachtungen wurden Belege für die bronchodilatierenden Eigenschaften von Ketamin gefunden. Während in den ersten Mitteilungen über klinische Effekte der Antiobstruktion die sympathomimetischen Eigenschaften von Ketamin verantwortlich gemacht wurden, fanden sich in späteren Untersuchungen neben der Potenzierung der β-mimetischen Adrenalinwirkung auch direkte relaxierende Effekte an der Bronchial- und Trachealmuskulatur. Die exakten Mechanismen der Ketamin-vermittelten Bronchorelaxatation sind nicht bekannt. Die relaxierenden Effekte scheinen epithel-und endothelunabhängig zu sein. Eine Blockade potenter epithelialer Mediatoren wie Cyclooxygenase oder NO-Synthase beeinflusst die bronchodilatierenden Ketamin Effekte nicht. Der Wirkort der Ketamin- Inhibition liegt hiernach proximal der Adenycyclase im cAMP-Produktionsweg. Zusätzlich lässt sich eine Ketamin-vermittelte Inhibition der cAMP-Akkumulation nachweisen, die Beta-2-Rezeptor-unabhängig ist. Die spasmolytischen Effekte von Ketamin bei Histamin-induzierter Bronchokonstriktion lassen sich bronchoskopisch mittels hochselektiver fiberoptischer Bronchskopietechnik in vivo nachweisen. Mit gleicher Methode gelingt der Nachweis, das die durch Adrenalinvermittelte Bronchodilatation durch Ketamin zu potenzieren ist. Beim S(+)Ketamin ist diese Reaktion signifikant stärker ausgeprägt. In der Prävention einer experimentell induzierten Bronchokonstriktion beim Hund ist Ketamin vergleichbar effektiv wie Halothan oder Enfluran. Die bronchorelaxierenden Effekte des Razemat-Ketamin lassen sich tierexperimentell beiden Enantiomeren zuordnen. Es finden sich jedoch Hinweise für unterschiedliche Wirkmechanismen. Bei R(-)-Ketamin fand sich tierexperimentell am isolierten Trachealmuskelpräparat vom Hund eine stärkere Relaxation der Acetylcholin-induzierten Bronchokonstriktion. Der Unterschied zum S(+) Ketamin scheint durch untersciedliche rezeptorvermittelte Aktivitäten am Kalziumkanal bedingt zu sein. Als weiteren Effekt von Ketamin konnte an gesunden Probanden eine Antagonisierung einer opiatvermittelten Hypoventilation nachgewiesen werden.

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In der klinischen Anwendung kann gezeigt werden, dass Ketamin bronchprotektive Effekte bei der Narkoseeinleitung hat. Das Risiko des Bronchspasmus während endotrachealer Intubation von Asthmapatienten wird verringert. Im Vergleich mit Propofol sind im Tierexperiment die Effekte von Ketamin stärker. Sie werden wesentlich durch Antagonoisierung der neutral-,d.h.N.vagus-vermittelten Bronchkonstriktion und nur minimal durch direkte Relaxation der glatten Bronchialmuskulatur bedingt.

Trauma

Ketamin ist eine Substanz, die über eine Stimulierung des sympathikoadrenergen Systems zu einem Anstieg von Herzfrequenz Herzminutenvolumen und Blutdruck führt. Der zerebrale Blutfluß und nachfogend der intrakranielle Druck (ICP) nehmen- vermutlich aufgrund einer Steigerung des zerebralen Metabolismus- ebenfalls zu. Wegen dieser Eigenschaften galt Ketamin lange Zeit als kontraindiziert beim SHT.

In den letzten Jahren ergaben sich jedoch mehrere neue Aspekte, die die Einschätzung der Wertigkeit von Ketamin in der Neurotraumatologie revidierten;

Im Schock sind die sympathikotonen Effekte des Ketamins erwünscht, da hier die möglichst rasche Wiederherstellung des CPP an erster Stelle steht Außerdem zeigten tierexperimentelle Befunde, dass bei erhötem ICP und gleichzeitigem hämorrhagischem Schock der Anstieg des ICP gering ist, im Vergleich zum Hirndruckanstieg bei Wiederauffüllung des Kreislaufs durch Volumensubstitution.

Bei gleichzeitiger milder Hyperventilation scheint der ICP unverändert zu bleiben. Bei normokapnischer Beatmung oder Dosen über 1mg/kg KG i.v. kann der ICP ansteigen.

Die nach einem SHT exzessiv freigesetzten exitatorischen Aminosäuren führen durch Stimulation des N-Methyl-D-Aspartat (NMDA-Rezeptors) zur Überflutung der Zelle mit Kalzium und letztlich zum Zelltod. Als NMDA-Antagonist könnte Ketamin diesen Ablauf blockieren und somit neuroprotektive Eigenschaften besitzen. Der Nachweis einer Neuroprotektion durch Ketamin gestaltet sich wegen der komplexen pathophysiologischen Abläufe jedoch äußerst kompliziert.

Beim isolierten SHT mit hyperdynamen Kreislaufverhältnissen sind die Barbiturate nach wie vor die Substanzen der Wahl. Bei Patienten im Schock scheint die Gabe von Ketamin als Einleitungshypnotikum hingegen sinnvoll.

Den sichersten Schutz vor Husten und Pressen bietet die komplette Relaxierung des Patienten. Das Muskelrelaxanz der Wahl unter Notfallbedingungen ist wegen des raschen Wirkungseintritts und der kurzen Wirkdauer nach wie vor Succinylcholin.

Succinylcholin hat eine Reihe von Nebenwirkungen. Unter anderem bewirkt es eine Zunahme des Magen- und Augeninnendrucks sowie des intrakraniellen Drucks (5-10 mmHg). Als Ursache werden succinylcholininduzierte Muskelfaszikulationen angenommen. Um diese zu verhindern, wird üblicherweise eine kleine Menge eines nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanz voraus gegeben, z.B. 1mg Vecuronium.

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Eine kürzlich publizierte Arbeit von Koenig zeigte, dass die Muskelfaszikulation ebenso gut durch die Vorausinjektion einer kleinen, nichtrelaxierenden Menge von Succinylcholin verhindert werden können ( „self-taming“). Mit dieser Methode kann auf die Vorgabe eines Depolarisationshemmers verzichtet werden.

Sind Schwierigkeiten bei der Intubation und Maskenbeatmung zu erwarten, z.B. Gesichtsschädelverletzungen, sollte auf eine Relaxierung des Patienten verzichtet werden.

Neuroprotektion durch S(++++)Ketamin?

Die exzitatorischen Aminosäuren werden in der Frühphase der Unterbrechung der zerebralen Blutversorgung ausgeschüttet.

Glutamat stellt den im ZNS wichtigsten erregenden Transmitter dar. Eine erhöhte Konzentration im Extrazellulärraum des Gehirns führt hingegen zu einem Untergang von Nervenzellen und zur Schwellung von Nerven- und Gliazellen. Dieses Paradoxon führte zu dem Begriff „Exzitoxin“.

Mindestens fünf Rezeptoren für Glutamat sind derzeit differenzierbar. Bindet ein Ligand an den NMDA-Rezeptor, kommt es zu einer Öffnung von Ionenkanälen für Ca2+ Ionen, die zu einer zytotoxischen Reaktion führen.

S(+)Ketamin wirkt als nichtkompetativer NMDA-Antagonist und wirkt so zumindest partiell einem hypoxischem Geschehen entgegen. Das Pharmakon kann somit auch als Exzitotoxin-Antagonist angesehen werden. Es lässt sich noch nicht abschätzen, welchen Rang dieser Effekt im therapeutischen Bemühen einer Neuroprotektion einnehmen wird. Derzeit laufen klinische Studien bei SHT Patienten. Auch der Einsatz beim Hirninfarkt, dem apoplektischen Insult, erscheint hypothetisch denkbar. Einige Studien sprechen zusätzlich von einem Abfangen freier Radikale, die ebenfalls neurotoxisch wirken, sowie von einer zerebralen sympatholytischen Wirkung und einer Steigerung des Dopaminabbaus im Nucleus caudatus.

Faszinierend ist jedoch mit Sicherheit die Tatsache, dass das Enantiomer eines Arzneistoffes bei Erkrankungen Anwendung finden kann, bei denen das Razemat teilweise kontraindiziert ist.

Nebenwirkungen

• bei sehr rascher i.v.-Injektion oder hoher Dosierung sind Atemdepressionen möglich

• Durch die sympathomimetische Wirkung kann es zu Blutdruckanstieg (häufig) und Tachykardie (um 15 Schläge/min) kommen. Diese negativen Effekte können mit Diazepam (Valium®) abgeschwächt werden.

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• Wegen einer Übererregung der Larynxreflexe kann es zu einer verstärkten Salivation kommen.

• Aufwachreaktionen sowie eine Steigerung des Hirndruckes (außer bei adäquater Beatmung) sind möglich, liegt aber unter 10%.

• Zunahme des intraokularen Drucks und erhöhter Muskeltonus (1-10%)

• Halluzinogene Erscheinungen in der Aufwachphase wurden bisher nicht bei Kindern und älteren Patienten beobachtet.

• Gelegentlich kann es zu Übelkeit und Erbrechen, Hypersalivation, Sehstörungen und motorischer Unruhe kommen. Die Inzidenz dieser Erscheinungen wird durch die Zugabe eines Benzodiazepins im Sinne einer Ataranalgesie deutlich reduziert.

• Wird Ketaminhydrochlorid als Monoanästhetikum angewand, kommt es auf Grund der zentralen sympathomimetische Wirkung zu Bltudruckanstieg (häufig) und Tachykardie (Steigerung um ca. 15 Schläge/min. Besonders bei Patienten mit eingeschränkter Koronarreserve kommt es zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstandes im Lungekreislauf. In diesem Fall ist das Auftreten eines Lungeödems beschrieben worden.

• Diese negativen Effekte können mit Benzodiazepinen oder Propofol abgeschwächt werden.

• Wegen einer Übererregung der Larynsreflexe kann es zu einer verstärkten Salivation kommen. Ihr kann durch die Gabe von Atropin entgegengewirkt werden. Bei diagnostischen und therapeutischen Eingriffen im Bereich der oberen Atemwege ist insbesondere bei Kindern mit Hyperreflexie und Laryngospasmus zu rechnen.

• Die Wirkdauer verlängert sich durch die adjuvante Gabe von Benzodiazepinnen oder Neuroleptika. Die Nebenwirkungen sind darunter deutlich weniger ausgeprägt.

• Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaktoide Reaktionen in Einzelfällen)

• Bei Verwendung von Ketaminhydrochlorid als Monoanästhetikum werden Aufwachreaktionen sowie Träume, auch unangenemer Art, bei bis zu 30% der Patieenten in Abhängigkeit von der indizierten Dosis beobachtet.

Ein Teil der Nebenwirkungen lässt sich durch die Affinität zum muskarinischen Ach-Rezeptor erklären

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Wechselwirkungen In Kombination mit Schlafmitteln, speziell Benzodiazepinen oder Neuroleptika, kommet es unter Anwendung von Ketanest S zu einer Abschwächung der Nebenwirkungen, aber auch zu einer Verlänagerung der Wirkungsdauer. Barbiturate und Poiate können in Kombination mit Ketanest S die Aufwachphase verlängern. Die Einnahme von Schilddrüsenhormonen und direkt oder indirekt wirkende Sympathomimetika kann im Zusammenhang mit der Gabe von Ketanest zum Auftreten einer Blutdrucksteigerung und eineer Herzfrequenzbeschleunigung führen. Die anästhetische Wirkung von Halothan wird durch die Gabe von Ketanest verstärkt, sodass niedrigere Dosierungen ausreichend seien können. Bei gleichzeitiger Gabe von Ketamin und Halothan kann sich das Risiko erhöhen, durch die Zugabe von Epinephrin Herzrhythmusstörungen auszulösen. Die Wirkung bestimmter Skelettmuskeltonushemmer (nichtdepolarisiernde Muskelrelaxantien) kann verlängert sein. In Kombination mi Aminophyllin tritt möglicherweise eine Absenkung der Krampfschwelle ein. Inkompalibilitäten Ketanest darf nicht mit Brabituraten, Diazepam, 4-Hydroxybuttersäure(Natrumsalz), Theophyllin, Furosemid-Natrium oder Natriumhydrogencarbonat gemischt werden, da sie chemisch unverträglich sind und es zur Ausfällung kommen kann.

Interaktionen

Gemeinsam mit Schilddrüsenhormonen können schwere Hypertonien und Tachykardien auftreten.

Warnhinweise

Stillzeit - es ist nicht bekannt, ob die Arzneistoffe in relevanter Menge in die Muttermilch übergehen. Bei zwingender Indikation eventuell abstillen oder eine Stillpause einlegen.

Schwangerschaft – Es gibt keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft. Keine Hinweise auf ein erhöhtes embryotoxisches teratogenes Risiko beim Tier im 1. Trimenon. Es besteht ein erhöhtes Risiko perinataler Komplikationen.

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Allgemeine Warnhinweise – Ketamin beeinträchtigt das Reaktionsvermögen, insbesondere wenn zusätzlich Alkohol getrunken wurde. Deshalb sollte die Alkoholeinnahme vermieden werden.

Abbau / Esterase / Metabolisierung

Ketamin wird vorwiegend in der Leber durch Cytochrom-P-450 zu aktivem Nor-Ketamin N- demethyliert (metabolisiert). Im Rahmen der Bitransformation entstehen weitere hydroxylierte Metabolite.

Ketamin stellt zwar kein Sedativum im eigentlichen Sinn dar, beeinflusst aber deutlich die Vigilanz. Verglichen mit Sedativa fallen bei Ketamin die relativ kurze beta-Eliminationshalbwertszeit sowie eine geringe Proteinbindung auf.

Die alpha-Halbwertzeit durch Umverteilung beträgt 8-6min beim Erwachsenen.

Eine Demethylierung erfolgt zu Nor-Ketamin, das über keine nenneswerte anästhetische Wirkung (10 bis max 30%) mehr verfügt. Die Hydroxylierung verringert diese weiter auf etwa 0,1% der Ausgangssubstanz. Die Endprodukte des Ketamin-Abbaus werden über die Niere eliminiert. Die Clearance liegt bei Erwachsenen zwischen 15 und 20 ml/kg KG/min, bei Kindern noch darüber. Im Rahmen der Untersuchungen mit Stereoisomeren wurde keine gegenseitige Konkurrenz im Metabolismus gesehen. Diese scheint auch bei Ketamin der Fall zu sein, wobei S-Ketamin allein rascher abgebaut wird als das Razemat.

Ketamin als Droge Drogenabhängige mit Erfahrungen der Einnahme von Ketamin (Szenebegriff: Spezial K oder Vitamin K) berichten über tief greifende Bewusstseisveränderungen, Gefühl der Dissoziation vom eigenen Körper und von intensiven visuellen Halluzinationen. Nach Einnahme von üblicherweise 125 mg nasal dauern die dissoziativen Effekte ca. 1h an. Die Mehrzahl der Drogenabhängigen konsumiert Ketamin in einem sorgfältig geplanten und organisierten privaten Umfeld. Gefürchtet sind unkontrollierte Wirkunen wie extreme Stresssituationen oder Unfälle im Rahmen von Konsum in öfftlicher Umgebung z.B.Diskotheken oder auf der Straße. Die Abhängigkeit der Ketamin-Wirkungen vom Set (Befinden des Kosumenten) und vom Setting (Umfeld / Umgebung während des Einnahme) mit den Gefahren extrem negativer Drogeneffekte (Horrortrip, Unfall- und Verletzungsgefahr) hat bislang eine wesentliche Ausbreitung des Ketaminabusus verhindert.

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In Großbritanien wird seit ca. 1993 ein Ansieg des Ketamin Konsums in Tablettenform, gemischt mit Ephedrin, beobachtet, der von den nationalen Kontrollbehörden als Versuch illegaler Drogenproduzenten gewertet wird, am Ecstasy-Markt zu partizipieren, indem diese Ketamin/Ephedrin – Tabletten als Ecstasy-Pillen verkauft werden. Nah-Todeserfahrungen Unter Hochdosen verschiedener Halluzinogene wie LSD, Meskalin, Ketamin und ganz besonders Haschisch, die primär strukturierte optische Halluzinationen und keine Bewußtseinstrübungen oder Amnesien hervorrufen, treten bei bis zu 80% aller (auch religiös nicht vorerzogenen) Probanden (auch in experimentellem Rahmen z.B. eines Doppelblindversuches) vereinzelt alle Nah-Tod Elemente bis hin zu vollständigen Nah-Tod Sequenzen auf; selbst bei niedrigerer, sog. psycholytischer Halluzinogen-Dosis ist das noch in 14% der Fall. Umgekehrt erleichtert die Vorerfahrung mit diesen Drogen auch die hypnotische Induktion von NDE-Elementen. So führen Halluzinogene zu einer Veränderung von Zeit- und Raumgrenzen, zu brillanten, farbenreichen optischen, oft szenischen, aber auch musikalischen Halluzinationen, (besonders Haschisch) zu außerkörperlichen Erfahrungen, (mit) deutlicher Schmerzabnahme und zu starken (positiven) Gefühlsregungen wie z.B. Alleinheitserlebnissen. Wie bei Nah-Todeserfahrungen sind Geruchs- und Geschmackshalluzinationen, aber auch sexuelle Inhalte sehr selten. Die biochemischen Mechanismen der Halluzinogene sind sehr komplex. Ketamin soll z. B. neben einer Reduktion des Acetylcholin-Umsatzes Nervenzellen mit NMDA-Rezeptoren vor einem Übermaß an Exzitation - wie sie zum Beispiel i. R. einer Anoxie, eines Blutdruckabfalls oder aber eines epileptischen Anfalls auftritt - schützen, indem es diese Rezeptoren im Neocortex, Thalamus und Hypothalamus besetzt. Dadurch soll es dann zu einer Dissoziation des sensorischen Inputs wie z. B. der Schmerzwahrnehmung bei gleichzeitiger Aktivierung des limbischen Systems und des retikulären Aktivationssystems kommen. Bewußtsein und Erinnerungsfähigkeit bleiben dabei erhalten, so daß über diesen dissoziativen Zustand dann möglicherweise Nah-Tod Elemente induziert werden können. Gleichzeitig sollen die NMDA-Rezeptoren auch eine Rolle beim Gedächtnis spielen; Ketamin oder die entsprechende körpereigene Substanz sollen dabei die sog. Gate-Funktion, die das Auftauchen alter Erinnerungen zugunsten des Zuflusses neuer Information blockiert, ausschalten, wodurch wiederum der Lebensfilm erklärbar wäre. Dafür spricht auch die obengenannte Möglichkeit, Ketamin zum Wiedererinnern/Wiedererleben verdrängter Traumata einzusetzen. Die besondere Sauerstoffmangel-Empfindlichkeit des Hippocampus macht diesen äußerst sensibel für Entladungen in Todesnähe-Situationen. Dabei wird er bei gleichzeitiger Hemmung anderer Hirnareale - über eine Aufhebung der serotonergen Inhibition der CA3-Zellen enthemmt; dies ist auch die Wirkung von

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Amphetaminen, Kokain, Halluzinogenen und Ketamin, die alle auch Nah-Tod Elemente produzieren können. Gleichzeitig sollen die NMDA-Rezeptoren auch eine Rolle beim Gedächtnis spielen; Ketamin oder die entsprechende körpereigene Substanz sollen dabei die sog. Gate-Funktion, die das Auftauchen alter Erinnerungen zugunsten des Zuflusses neuer Information blockiert, ausschalten, wodurch wiederum der Lebensfilm erklärbar wäre. Dafür spricht auch die obengenannte Möglichkeit, Ketamin zum Wiedererinnern/Wiedererleben verdrängter Traumata einzusetzen. Ausblick

Ketamin hemmt im Tierversuch (Kaninchen) die NMDA Rezeptor vermittelte Ausschüttung von Acetylcholin. Die dazu benötigte Dosis liegt weit unter der anästhetischen und analgetischen wirksamen Konzentration.

Da die Modulation des Neurotransmitters Acetylcholin in einem kausalen, pathophysiologischen Zusammenhang mit Morbus Parkinson steht, könnten sich durch S(+)Ketamin diesbezüglich neue therapeutische Ansätze ergeben. Besonders in der Parkinson Krise spricht der Patient auf dopaminerge Substanzen kaum an und ist durch das gestörte Schluckvermögen nicht in der Lage, Pharmaka oral einzunehmen. Hier könnte S(+)Ketamin i.v. verabreicht wirksam sein.

Bei schwerem Schädel Hirn Trauma und beim Schlaganfall ist das Ketamin Razemat wegen seiner hirndrucksteigernden Nebenwirkung kontraindiziert. Diese negative Komponente fehlt dem S(+)Ketamin weitgehend. Da beide Krankheitsbilder pathophysiologisch mit einer neuronalen Schädigung verknüpft sind, liegt es nahe, den neuroprotektiven Effekt den Enantiomers hier zu untersuchen.

Tierexperimentell konnte ein antikonvulsiver Effekt des Ketamins nachgewiesen werden.

Dem Razemat werden in einigen Studien jedoch auch prokonvulsive Wirkungen zugeschrieben. Zumindest ergibt sich durch S(+)Ketamin ein Ansatz. Das Pharmakon auf die Indikation Epilepsie hin zu untersuchen

Fazit

Die bisherigen Erfahrungen mit S(+)Ketamin zeigten in vielerlei Hinsicht wesentliche Verbesserungen gegenüber dem Razemat. Diese positiven Eigenschaften betreffen eine kürzere Aufwachzeit, eine raschereErhohlung der Vigilanz in der Aufwachphase und eine bessere Akzeptanz seitens Probanden und Patienten.

Auch die geringere postoperative Atemdepression im Vergleich zur Analgesie mit Alfentanil kann vorteilhaft sein.

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Da sich im Tierversuch eine identische Toxizität des Razemats im Vergleich zu S(+)Ketamin zeigte, kann bei der möglichen Dosisreduktion von S(+)Ketamin um die Hälfte eine wesentlich bessere Verträglichkeit erwartet werden.

Schließlich resultiert aus der razemischen Kombination keine additive analgetische Wirkung. Insgesamt führt die Verfügbarkeit der pharmakologisch reinen Substanz also zu einer deutlich verbesserten Arzneimittelqualität.

Als besonderer Vorteil von S(+)Ketamin stellt sich die fast vollständige Abwesenheit von unangenehmen, angstbesetzten, traumähnlichen Erlebnissen dar. Derartige Ereignisse treten zwar mit vergleichbarer Inzidenz auf, werden aber überwiegend positiv oder indifferent bewertet.

Ein wesentlicher Grund, warum viele Anästhesisten sehr zurückhaltend mit Ketamin umgehen, ist die mögliche Auslösung derartiger „Horrortrips“.

Durch die Verwendung von S(+)Ketamin eröffnet sich so eine wesentlich größere therapeutische Sicherheit. Allerdings wird die Kombination mit Midazolam weiter empfohlen.

Entgegen der Erwartungen weist das S(+)Ketamin jedoch keine indifferenten Wirkungen auf die Hämodynamik auf. Insgesamt sprechen alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse dafür, daß die sympathikotonen Kreislaufeffekte des S(+)Ketamin auch bei halber Dosierung im Vergleich zum Ketamin Razemat nicht signifikant reduziert werden.

In der Gesamtbeurteilung bleiben bekannte Anwendungseinschränkungen auch für S(+)Ketamin unverändert bestehen. Dies betrifft in erster Linie Patienten mit eingeschränkter myokardialer Reserve, die unter einer plötzlichen Zunahme von Herzfrequenz und arteriellen Blutdruck akut dekompensieren können.

Zur Aufrechterhaltung der Narkose ist das S(+)Ketamin jedoch besonders in solchen Fällen geeignet, wo die sympathomimetische Komponete einer Hypotonie entgegenwirkt.

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Literaturverzeichniss

1. Anästhesist 1997 Springer Verlag 2. Ketamin (Ketanest) in Notfall-und Katastrophenmedizin 1980 perimed Verlag 3. (S+)-Ketamin, Aktuelle interdisziplinäre Aspekte 2002 Springer Verlag 4. Pharmazeutische Zeitung 4/97 5. Parke-Davis Fachinfo Service 2004 6. ratiopharm GmbH Fachinfo 2003 7. Deutscher Anästhesie Kongreß Hamburg 1997 8. Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie 1996 Springer

Verlag 9. ABDA Datenbank 2004 Notfallmedikamente, M.Bastigkeit 2003 Rote Liste 2004