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Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften Fachgebiet Tierzucht und Tierhaltung Bachelorarbeit “Einfluss des Einsatzes von Kälberdecken auf die Entwicklung und die Gesundheit von Holsteinkälbern während der ersten 14 Lebenstage in Einzeligluhaltung“ von Elisabeth Aßmann 1.Mentor: Prof. Dr.-Ing. Jürgen Walter 2.Mentor: Dr. Peter Sanftleben Neubrandenburg August 2013 urn:nbn:de:gbv:519-thesis2013-0912-5

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  • Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften

    Fachgebiet Tierzucht und Tierhaltung

    Bachelorarbeit

    “Einfluss des Einsatzes von Kälberdecken auf die Entwicklung und die

    Gesundheit von Holsteinkälbern während der ersten 14 Lebenstage in

    Einzeligluhaltung“

    von

    Elisabeth Aßmann

    1.Mentor: Prof. Dr.-Ing. Jürgen Walter

    2.Mentor: Dr. Peter Sanftleben

    Neubrandenburg

    August 2013

    urn:nbn:de:gbv:519-thesis2013-0912-5

  • II

    Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. II

    Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... IV

    Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... V

    Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................... VI

    Vorbemerkung und Danksagung ...................................................................................... 1

    1 Einleitung ....................................................................................................................... 2

    2 Literaturübersicht ........................................................................................................... 3

    2.1 Ziele der Kälberaufzucht ..................................................................................... 3 2.2 Anforderungen von Kälbern an ihre Haltung ........................................................ 4

    2.2.1 Gesetzliche Regelungen .............................................................................. 4 2.2.2 Physiologische Anforderungen ..................................................................... 5 2.2.3 Ethologische Anforderungen ........................................................................ 8

    2.3 Anforderungen für die Gesunderhaltung.............................................................10 2.4 Kälberverluste ....................................................................................................13

    2.4.1 Einflüsse auf die Höhe der peri- und postnatalen Verluste ..........................15 2.4.2 Ökonomische Bewertung von Kälberverlusten ............................................17

    2.5 Einfluss der Haltungsbedingungen auf die Entwicklung der Kälber ....................18 2.5.1 Haltungsverfahren .......................................................................................18 2.5.2 Kolostrumversorgung ..................................................................................21 2.5.3 Saisonalität ..................................................................................................23

    2.5.3.1 Einfluss des Klimas auf die Entwicklung des Kalbes .............................23 2.5.3.2 Einfluss der Jahreszeit auf die Verluste ................................................26

    3 Material und Methoden .................................................................................................28

    3.1 Versuchstiere .....................................................................................................28 3.1.1 Haltung ........................................................................................................28 3.1.2 Versorgung ..................................................................................................29

    3.2 Erhobene Daten .................................................................................................30 3.2.1 Messung des Gewichts und Erhebung der täglichen Zunahmen .................30 3.2.2 Herzfrequenzmessung ................................................................................30 3.2.3 Erfassung der Temperatur an der Körperoberfläche ....................................30 3.2.4 Erfassung der Krankheiten ..........................................................................30 3.2.5 Erfassung der Wetterdaten ..........................................................................31 3.2.6 Messung der Temperatur innerhalb der Iglus ..............................................31

    3.3 Methoden der statistischen Berechnungen .........................................................31 4 Ergebnisse ....................................................................................................................32

    4.1 Geburtsgewichte ................................................................................................32 4.2 Lebendmasse am 14. Lebenstag .......................................................................32 4.3 Tägliche Zunahmen............................................................................................33 4.4 Herzfrequenzen ..................................................................................................34 4.5 Temperatur an der Körperoberfläche .................................................................34 4.6 Aufgetretene Krankheiten und Behandlungshäufigkeiten ...................................36 4.7 Wetterdaten .......................................................................................................36 4.8 Temperatur innerhalb der Einzeliglus .................................................................38 4.9 Statistisch-mathematische Auswertung ..............................................................39

    5 Diskussion ....................................................................................................................41

    6 Schlussfolgerungen ......................................................................................................43

    7 Zusammenfassung/ Abstract ........................................................................................44

    8 Literaturverzeichnis .......................................................................................................45

    Anhang ............................................................................................................................52

  • III

    Bildmaterial zum Versuch ............................................................................................52

    Eidesstattliche Erklärung ..............................................................................................55

  • IV

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Temperaturverlauf in einer Kälberhütte vom 13. bis 14. August 1998, (WOLF et al., 2001) ......................................................................................................................19 Abbildung 2: Wärmeerzeugung in Abhängigkeit von verschiedenen Außentemperaturen (RUCKEBUSCH, 1990b) .................................................................................................24 Abbildung 3: Verwendete Kälberdecke ............................................................................29 Abbildung 4: Temperatur an der Körperoberfläche bei Kälbern mit (Kalb 1) und ohne isolierende Kälberdecke (Kalb 2) unter vergleichbaren Temperatureinflüssen .................35 Abbildung 5 : Temperatur an der Haut bei Kälbern ohne isolierende Kälberdecke unter Einbezug des Geburtsgewichtes ......................................................................................35 Abbildung 6 : Temperaturverlauf während des Versuchszeitraumes (19.12.2012 bis 22.02.2013) .....................................................................................................................37 Abbildung 7 : Prozentuale Verteilung der Windrichtung Dummerstorf 19.12.2012 bis 22.02.2013 .......................................................................................................................38 Abbildung 8: Temperatur in einem Iglu im Vergleich zur Außentemperatur an den Tagen 15.-17.01.2013.................................................................................................................39 Abbildung 9: Kalb mit Messgurt zur Ermittlung der Herzrate und der Temperatur an der Haut .................................................................................................................................52 Abbildung 10: Kalb mit isolierender Kälberdecke im Iglu ..................................................52 Abbildung 11: Kälberdorf .................................................................................................53 Abbildung 12: Kalb während des Tränkens ......................................................................53 Abbildung 13: Rohr zur Befestigung und Sicherung eines Datenloggers innerhalb der Iglus ........................................................................................................................................54

  • V

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Energie- und Rohproteinversorgung von Kälbern (KUNZ, 2008) ...................... 7 Tabelle 2: : Empfohlene Konzentration an Mengen- und Spurenelementen sowie Vi-taminen im Milchaustauscher (nach MEYER, 2005) ......................................................... 8 Tabelle 3: Einflussgrößen auf die Tiergerechtheit der Haltung von Kälbern (aus: SCHÄFFER et al. (2007), nach SUNDRUM (2002) ..........................................................10 Tabelle 4: Kälberverluste in Mecklenburg-Vorpommern in % (nach Arbeitskreis Rind der LMS Agrarberatung) ........................................................................................................14 Tabelle 5: Schwer- und Totgeburtenrate bei Holstein Friesian in Abhängigkeit von der Parität des Muttertiers (nach STREIT, 1990) ...................................................................16 Tabelle 6: Inhaltsstoffe von Kolostralmilch und Milch, aus FRÖHNER und REITER (2005) nach FOLEY und OTTERBY (1978); MIELKE (1994) ......................................................22 Tabelle 7: Geburtsgewichte und Anzahl der Tiere nach Klassen .....................................32 Tabelle 8: Unterscheidung der Lebendgewichte am 14. Lebenstag in Abhängigkeit von der Ausstattung mit isolierenden Kälberdecken ...............................................................33 Tabelle 9: Unterschiede in der Ausprägung der täglichen Zunahmen ..............................34 Tabelle 10: Verteilung der Intensität aufgekommener Erkrankungen ...............................36 Tabelle 11: Übersicht von Einflüssen auf die täglichen Zunahmen der Versuchstiere ......40

  • VI

    Abkürzungsverzeichnis

    BCS Body Condition Score

    I.E. Internationale Einheit

    IgG Immuno-gamma-Globuline

    LFA Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei

    LM Lebendmasse

    MAT Milchaustauscher

    ME Umsetzbare Energie

    MJ Megajoule

    Mkg Milchkilogramm

    ND neonatale Kälberdiarrhoe

    THI Temperature Humidity Index

    TierSchG Tierschutzgesetz

    TierSchNutztV Tierschutz-Nutztierhaltungverordnung

    TZ Tageszunahme

  • Vorbemerkung und Danksagung

    Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit

    nutzen, um mich zu bedanken. Ein besonderer Dank gilt meinen beiden Mentoren Prof.

    Dr.-Ing. Jürgen Walter und Dr. Peter Sanftleben für die Betreuung vor und während der

    Erstellung der vorliegenden Bachelorarbeit. Im Rahmen meines Studiums der Agrarwirt-

    schaft an der Hochschule Neubrandenburg hat mich Professor Walter durch seine fachli-

    chen Ausführungen in besonderem Maße auf diese Arbeit vorbereitet. Doktor Sanftleben

    gab mir die Möglichkeit, im Rahme eines Praktikums bei der Landesforschungsanstalt für

    Landwirtschaft und Fischerei M-V, nicht nur den vorliegenden Versuch zu begleiten und

    auszuwerten, sondern mich auch in vielen Bereichen weiterzubilden und Erfahrungen zu

    sammeln. Außerdem möchte ich mich bei Jana Flor, Christiane Loebsin und Olaf Tober

    für die wunderbare Betreuung und Hilfestellung während des Praktikums und der Daten-

    verarbeitung des Versuches bedanken. Sie alle waren mir eine große Hilfe, ohne die die-

    se Bachelorarbeit nicht zustande gekommen wäre.

  • 2

    1 Einleitung

    Der Weltmilchverbrauch steigt stetig an, sodass eine erhöhte Nachfrage nach Milch be-

    steht und die Produktion zunimmt. Um zukünftig die Milchproduktion zu sichern, bedarf es

    gesunder, hochleistender Tiere.

    Bereits während der Geburt und in den ersten Lebenstagen des Kalbes entscheidet sich,

    ob das Tier seine angeborene Leistungsfähigkeit behält oder diese eingeschränkt wird.

    Nur gesunde Kälber können durch optimale Versorgung und Fütterung zu hochleistenden

    laktierenden Kühen werden und zu einer ökonomischen Milchproduktion beitragen. Viele

    verschiedene Faktoren nehmen Einfluss auf die Gesundheit und die Entwicklung des

    neugeborenen Kalbes. Hier sind im Besonderen die Geburtshygiene, eine optimale Kolos-

    trumversorgung, das Management und das Haltungsverfahren zu nennen.

    In vorliegender Arbeit soll untersucht werden, welchen Einfluss der Einsatz von Kälberde-

    cken während der Wintermonate in den ersten beiden Lebenswochen nehmen kann. Die

    Untersuchung betrachtet sowohl den Gesundheitsstatus als auch die Gewichtsentwick-

    lung der Kälber und prüft durch den Einsatz der Kälberdecken bedingte Veränderungen.

    In die Auswertung gehen nur die Daten derjenigen Kälber ein, bei denen während des

    Versuchs lückenlos alle Parameter erfasst wurden. Die Erläuterungen der Literaturüber-

    sicht beziehen sich vorwiegend auf den in der Untersuchung betrachteten Zeitraum und

    die Art der Haltung. Im Sinne einer ökonomischen und tierschutzorientierten landwirt-

    schaftlichen Produktion sollte der Verbesserung der Umweltfaktoren, die auf Kälber ein-

    wirken, im Besonderen Aufmerksamkeit gewidmet werden.

    Es wird behauptet, dass die Tiere, die mit den Decken ausgestattet wurden, weniger

    Atemwegserkrankungen aufweisen und höhere Zunahmen verzeichnen als die Kälber

    ohne Decken. Es wird zusätzlich davon ausgegangen, dass Erkrankungen weniger inten-

    siv auftreten, wenn die Kälber eine wärmeisolierende Decke tragen. Außerdem wird an-

    genommen, dass die Herzfrequenz der Tiere ohne Decke gegenüber den anderen Käl-

    bern leicht erhöht ist.

    Die Thesen über die Auswirkungen des Einsatzes der Kälberdecken werden durch die

    Untersuchung auf ihre Richtigkeit hin überprüft.

  • 3

    2 Literaturübersicht

    2.1 Ziele der Kälberaufzucht

    Das Kalb nimmt in der Rinderhaltung eine gesonderte Rolle ein. Es dient nicht nur der

    Fleischerzeugung durch Ausmästen im Milchvieh-, Mutterkuh- oder spezialisierten Mast-

    betrieb, sondern ist auch die Grundlage für die Reproduktion der Herde. Vor allem im Be-

    reich der Milchviehhaltung nimmt das weibliche Kalb eine wichtige Position für den Betrieb

    ein, denn nur diese Tiere können später das Produktionsziel Milch erwirtschaften. Da nur

    etwa die Hälfte der geborenen Kälber weiblich ist, ist es von besonderer Wichtigkeit, diese

    Tiere gesund und stark über die ersten Lebenswochen zu bringen, um eine qualitativ

    hochwertige Selektionsgrundlage innerhalb des Herdenbestandes zu haben.

    HEITING (2000a) definierte die Ziele der Kälberaufzucht wie folgt:

    gesunde Kälber durch optimale Haltung und Versorgung

    Entwicklung zum Wiederkäuer durch frühzeitige Förderung der Vormagenfunktion

    und

    ökonomisch sinnvolle Aufzucht durch geeignete Tränkeverfahren.

    Wichtig für die Aufzucht gesunder und vitaler Kälber ist ein geringer Keimdruck, der durch

    ein kontinuierliches Rein-Raus-Verfahren während der ersten Lebenswochen in Einzelhal-

    tung erreicht werden kann. Dieses Verfahren ist allerdings nicht nur ab spätestens der

    neunten Lebenswoche in Deutschland verboten (TierSchNutztV), sondern auch hinderlich

    für eine intensivierte Kälberaufzucht (KITTNER und KURZ, 1967), was vor allem in der

    Kälbermast eine Voraussetzung für hohe Wertschöpfung ist. Wichtig bei jeder Haltungs-

    form ist die Vermeidung von Wärmeverlusten, da hierdurch Erkrankungen und folglich

    Verluste durch hohe Morbidität begünstigt werden (MELLOR und STAFFORD 2003,

    2004). Ein weiteres Ziel der Kälberaufzucht ist die Minimierung der Verluste, da diese

    entscheidend die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion beeinflussen (KASKE und KUNZ,

    2007). Während der ersten Lebenswochen sterben im Bundesdurchschnitt etwa 5-15%

    der lebend geborenen Kälber (KASKE und KUNZ, 2007). In Mecklenburg-Vorpommern

    lagen die Aufzuchtverluste von 2002 bis 2011 zwischen 5,9 und 9,3% (Arbeitskreis Rind,

    LMS Agrarberatung). Als Hauptursache mit etwa 50% anteilig an den verendeten Kälbern

    ist hier laut amerikanischen Publikationen die Vielzahl der Durchfallerkrankungen zu nen-

    nen, gefolgt von Lungenerkrankungen, die ursächlich für etwa 25% der Verluste sind

    (DAVIS und DRACKLEY, 1998). Eine Untersuchung von TRILK et al. (2000) in Branden-

    burg zeigt, dass 96% der Kälbererkrankungen Pneumonie, Diarrhoe oder Doppelerkran-

    kungen ausmachen. Durchfallerkrankungen sind entgegen der häufigen Annahme relativ

    wenig durch Haltungsverfahren beeinflusst. Eine bedeutende Rolle nehmen hier die hygi-

  • 4

    enischen Bedingungen während der Geburt ein sowie die rechtzeitige Versorgung des

    neugeborenen Kalbes mit ausreichender Menge Kolostrum (KASKE und KUNZ, 2007).

    „Zwischen der Feuchtigkeit im Abkalbebereich und den Kälberverlusten besteht eine di-

    rekte Beziehung“ heißt es in einem Artikel von BRANDES (2002). Feuchtigkeit und

    Schmutz stellen eine ideale Grundlage für die Vermehrung pathogener Keime dar und

    sind deshalb zu vermeiden. Die Varianz der Aufzuchtverluste in verschiedenen Betrieben

    unterliegt einer enormen Spannweite. Bei einigen Unternehmen spielen Aufzuchtverluste

    nur eine sehr geringe Rolle, in anderen wiederum entziehen sie die wichtige Selektions-

    grundlage (KASKE und KUNZ, 2007). Jedes Jahr sterben in Deutschland ca. 1,5 Mio Käl-

    ber, wobei für etwa 95% der verendeten Tiere das fehlerhafte Management als Ursache

    gesehen werden kann (RESZLER, 2009). Dazu kommt, dass bereits eine Erkrankung des

    Kalbes die Leistungsfähigkeit und die Fruchtbarkeit vermindern kann, sodass sich hohe

    Leistungen und schlechte Aufzuchtbedingungen gegenseitig ausschließen (BRANDES,

    2002).

    2.2 Anforderungen von Kälbern an ihre Haltung

    Kälber stellen eine Vielzahl von Anforderungen an ihre Haltung und Versorgung. Die ge-

    setzlichen Mindestanforderungen sind in der TierSchNutztV festgehalten, sollten aber

    wirklich nur als Mindestmaß angesehen werden. Im Folgenden werden sowohl die gesetz-

    lichen Rahmenbedingungen als auch die physiologischen und ethologischen Anforderun-

    gen von Kälbern erläutert.

    2.2.1 Gesetzliche Regelungen

    Sowohl in Hinsicht auf den Tier- wie auch auf den Verbraucherschutz ist es notwendig

    und sinnvoll, einen gesetzlichen Rahmen für das Halten von Tieren und im Speziellen für

    die Haltung von Nutztieren zu geben. Neben dem Tierschutzgesetz (TierSchG), welches

    die Grundsätze für den Umgang und die Haltung aller Tierarten regelt, gibt es für Nutztie-

    re, deren Haltung zu Erwerbszwecken betrieben wird, die Tierschutz-

    Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV). Neben allgemeinen Anforderungen an die

    Haltung von Nutztieren sind in der TierSchNutztV tierartspezifische Regelungen in Bezug

    auf die Haltungsform, das Platzangebot, die klimatischen Verhältnisse, die Fütterung und

    die Pflege festgehalten. Im weiteren Verlauf folgt ein kurzer Überblick über die „Anforde-

    rungen an das Halten von Kälbern“ (Abschnitt 2, TierSchNutztV).

    Neben den allgemeinen Anforderungen, die sich an die Kälberhaltung ergeben, wie das

    Bereitstellen eines trockenen Liegebereichs, des Verbots von Maulkörben oder des Ver-

    bots der dauerhaften Fixierung der Tiere, ist eine Vielzahl von Regelungen für verschie-

    dene Altersabschnitte der Kälberaufzucht gegeben. Diese Regelungen (§ 6-9 Tier-

    SchNutztV) beziehen sich allerdings auf die Kälberhaltung in Ställen, sodass die weit ver-

  • 5

    breitete Einzeligluhaltung, die während der ersten 14 Lebenstage von Milchviehkälbern

    praktiziert wird, durch diesen Teil der Verordnung nur teilweise geregelt ist.

    §6 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung regelt die allgemeinen „Anforderungen an

    das Halten von Kälbern in Ställen“. Hier wird im Absatz zwei darauf verwiesen, dass die

    Tiere weder in ihren Bewegungsabläufen, der Futter- und Wasseraufnahme noch bei der

    Körperpflege eingeschränkt werden dürfen. Weiter folgen Ausführungen über die Anforde-

    rungen an die Beschaffenheit des Bodens. Hier sind als wichtige Punkte die Trittsicher-

    heit, die maximale Spaltenbreite von 2,5 cm, die Lichtstärke von mindestens 80 lux und

    die Erfüllung der Anforderungen an das Liegen (im Liegebereich) zu nennen. Außerdem

    müssen in jedem Fall das Verletzungsrisiko und die Wärmeableitung während des Lie-

    gens weitestgehend vermieden werden sowie ein Sicht- und Berührungskontakt zu Artge-

    nossen bestehen. Die Absätze 3, 5 und 6 des §6 TierSchNutztV befassen sich mit den

    Anforderungen an Temperatur, Luftfeuchte, Wärmedämmung der Außenwände und

    Schadgaskonzentrationen. Von diesen Anforderungen sind Kälberiglus ausgenommen.

    Weiterhin werden in §7 TierSchNutztV die besonderen Anforderungen an die Kälberhal-

    tung während der ersten vierzehn Lebenstage geregelt. Es werden erstmalig Mindestma-

    ße für die Einzelhaltung (120cm l x 80cm b x 80cm h) und die Anforderungen an die Ein-

    streu der Liegefläche geregelt.

    Die folgenden Paragraphen sind für die Tiere der Altersgruppe bis 14 Lebenstage in Ein-

    zeligluhaltung nicht von Bedeutung, da sie sich auf andere Altersgruppen oder die Grup-

    penhaltung beziehen. Erst der §11 der TierSchNutztV, der sich mit der „Überwachung,

    Fütterung und Pflege“ befasst, muss wieder als gesetzliche Grundlage herangezogen

    werden. Hier wird auf das nötige Kontrollintervall von zwei Mal pro Tag sowie die Wasser-

    und Rauhfutterversorgung eingegangen. Außerdem ist die Eisenversorgung mit mindes-

    tens 30 mg je Kilogramm Milchaustauscher bis zu einer Lebendmasse von 70 kg geregelt,

    Tiere mit einem höheren Gewicht müssen so mit diesem wichtigen Mineral versorgt wer-

    den, dass eine durchschnittliche Hämoglobinkonzentration von mindestens 6 mmol/l Blut

    erreicht wird. Darüber hinaus wird in §11 die Biestmilchversorgung der neugeborenen

    Kälber geregelt, die innerhalb der ersten vier Lebensstunden zu gewährleisten ist. Weiter-

    hin ist eine dem Tagesrhythmus angepasste Lichtversorgung von mindestens 80 lux zu

    gewährleisten, wie bereits in §6 geregelt ist, und die Entmistung des Liegebereichs in er-

    forderlichen Abständen zu tätigen. Wenn es zur zeitlich begrenzten Nutzung von Anbin-

    devorrichtungen kommt, müssen diese wöchentlich auf beschwerdefreien Sitz überprüft

    und erforderlichenfalls angepasst werden (TierSchNutztV, 2001).

    2.2.2 Physiologische Anforderungen

    Bereits im Mutterleib stellt das Kalb Anforderungen an seine Versorgung. Wird das Mut-

    tertier nicht ausreichend mit Vitaminen und Spurenelementen versorgt, kommt es zu

    Aborten, einer erhöhten Kälbersterblichkeit und zu mangelhaften Kolostrumqualitäten

  • 6

    (FRANK, 2007). Das neugeborene Kalb unterscheidet sich im Vergleich zu einem voll-

    ständig zum Wiederkäuer entwickelten Rind durch verschiedene physiologische Beson-

    derheiten. Diese Besonderheiten gilt es zu kennen und bei der Versorgung zu beachten.

    Zum Zeitpunkt der Geburt weist das Blut des Kalbes nur einen niedrigen Glukosegehalt

    auf (RUCKEBUSCH, 1990a). Um das Kalb mit Energie zu versorgen und somit den Glu-

    kosegehalt des Blutes anzuheben, muss das Tier schnellstmöglich mit Erstkolostrum ver-

    sorgt werden. Bei vorbildlicher Kolostrumversorgung (siehe Abschnitt 2.5.2) verdoppelt

    sich der Glukosespiegel im Blut innerhalb von zwölf Stunden nach der Erstgabe

    (RUCKEBUSCH, 1990a). Außerdem kommt es besonders bei lang andauernden Ge-

    burtsvorgängen zu einer metabolischen Übersäuerung des Blutes innerhalb der ersten 24

    Lebensstunden (TERRI und KEENER, 1946), was eine Gefahr für das Neugeborene dar-

    stellt. Da das Neugeborene weder Maltose noch Saccharose verwerten kann (HUBER et

    al., 1961), müssen als alleinige Energiequellen während der ersten Lebenstage Laktose

    oder Glukose dienen. Das Wasseraufnahmevermögen des Gewebes des jungen Kalbes

    ist hoch, sodass die Tiere bei Flüssigkeitsmangel schnell an Gewicht verlieren

    (RUCKEBUSCH, 1990a). Gerade kurz nach der Geburt reagieren sie in Bezug auf das

    Blutplasmavolumen hochempfindlich auf Flüssigkeitsverlust (MÖLLERBERG und

    JACOBSON, 1975). Die Rektaltemperatur des Kalbes sollte zwischen 38,5 und 39,5°C

    liegen (ROSENBERGER et al., 1990) und wird auch bei Temperaturen unter dem Ge-

    frierpunkt aufrechterhalten. Wichtig ist in diesem Temperaturbereich die Bereitstellung

    einer trockenen, zugfreien und weichen Liegefläche (DLZ, 2007). Eine starke oder lang

    andauernde Erhöhung der Umgebungstemperatur lässt hingegen die Körpertemperatur

    ansteigen (ELMER und REINHOLD, 2002b; BLIGH und MODRE, 1972). Eine Umge-

    bungstemperatur von 10-20°C ist ideal, da hier durch das Kalb keinerlei thermoregulatori-

    sche Maßnahmen eingeleitet werden müssen (RUCKEBUSCH, 1990b).

    Das Kalb stellt von Beginn an besondere Anforderungen an seine Ernährung. Der Lab-

    magen, der für die Verdauung der Milch zuständig ist, macht zur Geburt etwa 50% des

    gesamten Magenkomplex-Volumens aus. Über den Schlundrinnenreflex gelangt die auf-

    genommene Flüssigkeit direkt in den Labmagen (RUCKEBUSCH, 1990a). Dieser Ver-

    schluss der Schlundrinne funktioniert allerdings nur dann, wenn das Kalb den Kopf hebt.

    Die Milch gerinnt im Labmagen und wird dann nach und nach aufgeschlossen. Für eine

    optimale Gerinnung und Verdauung sollte die Milch, sofern sie nicht angesäuert wurde,

    eine Temperatur von 38°C haben (HEITING, 2000a) und die Tagesmenge auf mindestens

    drei Portionen aufgeteilt werden. Außerdem muss auf das tierindividuelle Milchaufnahme-

    vermögen geachtet werden, um Überfütterungen und Verdauungsstörungen zu vermeiden

    (SCHÄFFER et al., 2007). Mit zunehmender Tränkhäufigkeit und somit kleineren Portio-

    nen pro Mahlzeit sinkt die Schwere von Durchfallerkrankungen (HARTMANN et al., 1983).

    Wird das Kalb mit dem Kopf nach unten (beispielsweise aus einem Eimer ohne Nuckel)

  • 7

    getränkt, gelangt Milch in das Vormagensystem. Hier kann die Milch nicht aufgeschlossen

    werden, es gelangen Eiweißkörper in den Darm und lösen Durchfall und Fäulniserschei-

    nungen aus (STRAITON und HOLLWICH, 1996). Bereits einige Tage nach der Geburt

    beginnen die Kälber, Rauhfutter in kleinen Mengen aufzunehmen. Bei etwa 50% der Tiere

    entwickelt sich das Bedürfnis des Wiederkauens während der ersten beiden Lebenswo-

    chen (SWANSON und HARRIS, 1958). Wenn während der ersten Lebenswochen zu viel

    Festfutter aufgenommen wird, kann dies zu Problemen führen. Unverdautes Futter ge-

    langt in den Labmagen und reizt die Schleimhaut. Die Entzündung der Magenschleimhaut

    führt nicht nur zu Verdauungsstörungen, sondern kann auch die Bildung von Geschwüren

    begünstigen (STRAITON und HOLLWICH, 1996). Da sich der Zeitpunkt der ersten Fest-

    futteraufnahme von Tier zu Tier unterscheidet, kann diese Komponente keine Berücksich-

    tigung bei der Erstellung der Nährstoffbilanz und der Ration für die ersten Lebenswochen

    finden (KUNZ, 2008). Bei einer Lebendmasse (LM) von 50 kg und Zunahmen von 400 g

    täglich haben die Kälber einen Bedarf von 15,6 MJ ME (Tabelle 1). Sie sollten, wenn sie

    nicht mit Vollmilch getränkt werden, nach der Biestmilchperiode einen hochwertigen

    Milchaustauscher (MAT) mit einem Magermilchpulveranteil von 35% bekommen

    (HÖLLER, 2003). Außerdem sollte der MAT 22 % Rohprotein, maximal 10 % Rohasche

    und mindestens 1,7 % Lysin enthalten (HEITING, 2000a).

    Tabelle 1: Energie- und Rohproteinversorgung von Kälbern (KUNZ, 2008)

    Bedarf* 50 kg LM, 400 g TZ

    MAT 16 MJ ME, 22 % XP/kg T

    Vollmilch 19,3 MJ ME, 26,4 % XP/kg T

    T-Aufnahme 0,7* 0,7 0,7

    0,7 kg T entspricht 6 l mit 120 g 5 l

    MJ ME in 0,7 kg T 15,6* 11,4 13,5

    XP (g) in 0,7 kg T 155* 157 185

    Fe (mg) in 0,7 kg T 70 21-70 2

    notwendig zur De-ckung des Energie-bedarfs

    8 l mit 120 g 6 l

    * vom Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) 1997/99

    Eine den Ansprüchen des Kalbes nicht angepasste Versorgung kann zahlreiche Folgen

    haben: stagnierende Gewichtsentwicklung bis hin zur Gewichtsabnahme, Stoffwechseler-

    krankungen, Immunschwäche, Trinkschwäche, Infektionen oder verzögertes Wachstum.

    Meist fehlt es den Kälbern nicht an Energie- und Proteinzufuhr, sondern an der korrekten

  • 8

    Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen (Tabelle 2). Da die

    Symptome eines Nährstoff- oder Vitaminmangels meist unspezifisch sind, muss der Ursa-

    che durch Beprobung der Exkremente und Futtermittel auf den Grund gegangen werden.

    Zusätzlich muss anhand einer Haar- oder Speichelprobe der Mangel am Tier ausgemacht

    werden (FRANK, 2007).

    Tabelle 2: : Empfohlene Konzentration an Mengen- und Spurenelementen sowie Vi-taminen im Milchaustauscher (nach MEYER, 2005)

    Ca (g) 10

    P (g) 7

    Mg (g) 0,7

    Na (g) 4

    Fe (mg) 100

    Mn (mg) 40

    Zn (mg) 40

    Cu (mg) 5

    J (mg) 0,5

    Se (mg) 0,3

    Vitamin A (IE) 10.000

    Vitamin D (IE) 1.000

    Vitamin E (mg) 50

    2.2.3 Ethologische Anforderungen

    Kälber gehören zu der Gattungsgruppe der Rinder (Bovini) und sind somit Herdentiere.

    Schon früh zeigen sie ein ausgeprägtes Sozialverhalten und bauen Beziehungen zu an-

    deren Kälbern und Artgenossen auf (REINHARDT, 1980). Etwa 2% des Tages verbringen

    die Kälber mit sozialen Kontakten (CHUA et al., 2002). Aus diesem Grund ist laut

    SAMBRAUS (1985) eine Gruppenhaltung der Einzelhaltung vorzuziehen. Allerdings be-

    zieht er diese Aussage in späteren Publikationen lediglich auf die ersten Lebensmonate.

    Da Kälber in dieser Zeit einen hohen Anspruch an Ruhe haben (SAMBRAUS et al., 2002)

    und etwa 90% der Tageszeit mit Liegen verbringen, wird die Einzelhaltung als wün-

    schenswert angeführt (SAMBRAUS, 1997). Den Rahmen für die Einzelhaltung kann man

    hierbei auf maximal die ersten acht Lebenswochen begrenzen, da anschließend die

    Gruppenhaltung gesunder Tiere durch die aktuelle TierSchNutztV vorgeschrieben ist. Hier

    kommt erschwerend hinzu, dass laut KAPHENGST (1991) und JENSEN et al. (1998) die

    Einzelhaltung von Kälbern negativ mit dem Erkundungsverhalten korreliert sowie negati-

    ven Einfluss auf die Fähigkeit der Auseinandersetzung mit für die Jungtiere ungewohnten

    Ereignissen und Situationen nimmt. Einzeln aufgezogene Kälber zeigen bei der Konfron-

    tation mit Artgenossen vermehrt Angst und Konkurrenzverhalten (BØE und FÆREVIK

    2003). Außerdem bescheinigen WARNICK et al. (1977) eine durch Einzelhaltung verzö-

    gerte erste Rauhfutteraufnahme sowie Auswirkungen auf den späteren Rang innerhalb

  • 9

    der Herde. Dazu kommt, dass die einzeln gehaltenen Kälber nicht nur andere Aufent-

    haltsbereiche bevorzugen als in Gruppen gehaltene Tiere (ARAVE et al. 1992), sondern

    auch nach den Mahlzeiten erhebliche Zeit mit dem Besaugen und Benagen des Interieurs

    verbringen sowie mehr Zeit im Stehen verbleiben (SCHMIDT, 1986). Nimmt man also die

    zahlreichen ethologischen Auffälligkeiten als Grundlage, so ist in jedem Fall eine Grup-

    penhaltung der Kälber gegenüber der Einzelaufstallung zu bevorzugen. Allerdings hat der

    Sichtkontakt bei einzeln gehaltenen Kälbern positive Effekte (SCHMOLDT, 1980), sodass

    dies in jedem Fall der Einzelhaltung zu gewährleisten ist. Der Sichtkontakt ist auch in der

    TierSchNutztV festgeschrieben. Als positiver Aspekt der einzelnen Haltung von Kälbern

    ist die Verringerung der Krankheitsübertragung (BOKKERS und KOENE 2001) zu nen-

    nen. Da die Kälber keinen Berührungskontakt zueinander haben, ist eine direkte Übertra-

    gung pathogener Keime nicht möglich, kann aber durch das Personal oder durch Gegen-

    stände, die mit mehreren Kälbern in Berührung kommen, erfolgen, weshalb hier Obacht

    zu geben ist. Hier ist vor allem bei größeren Beständen auf ein kontinuierliches Rein-

    Raus-Verfahren zu achten. Um Erregerketten wirksam unterbrechen zu können, sollte

    eine Leerstandszeit von mindestens 5-10 Tagen realisiert werden (STEINHÖFEL, 2007).

    Außerdem wird in Einzelhaltung das gegenseitige Besaugen der Kälber unterbunden, was

    durch fehlende Befriedigung des Saugtriebes zu begründen ist. Laut KAPHENGST (1991)

    und SCHEUERMANN (1974) beläuft sich die durchschnittliche Milchaufnahme während

    des Tränkvorganges auf 2-4 Minuten, was nur etwa 10% des Saugbedürfnisses befriedigt

    (SCHEUERMANN, 1974). Um die Befriedigung des Sauganspruchs zu erhöhen, bietet

    sich die Nutzung spezieller Tränknippel an, die eine Verlängerung der Saugdauer verur-

    sachen (ZERBE, 2003). Zusätzlich verringert das frühzeitige Angebot von Kraftfutter das

    Besaugen von Artgenossen und Interieur (KITTNER und KURZ, 1967). Des Weiteren

    wurde in auf der Weide gehaltenen Mutterkuhherden festgestellt, dass die Kälber wäh-

    rend der ersten zehn Lebenstage isoliert von der Herde im hohen Gras oder ähnlichem

    Bewuchs liegen. Erst mit der zweiten Lebenswoche folgen sie dem Muttertier

    (STEINHÖFEL, 2007), sodass einer separierten Aufstallung während der praxisüblichen

    ersten 14 Lebenstage aus ethologischer Sicht wenig entgegen steht und aus gesundheit-

    lichen Aspekten zu befürworten ist. Wichtig ist, dass sich jede Form der Haltung an den

    Funktionskreisen des Verhaltens orientiert, wobei die Bedürfnisse des Kalbes in jedem

    der Funktionskreise zu befriedigen sind (SCHÄFFER et al., 2007). Anhand der Funktions-

    kreise Nahrungsaufnahme, Sozial-, Ruhe- und Komfortverhalten, Bewegungsverhalten

    sowie der Einflüsse von Hygiene und Betreuung wurde durch SUNDRUM et al. (1994) in

    Zusammenarbeit mit dem Institut für Organischen Landbau der Uni Bonn der Tierge-

    rechtheitsindex 200 entwickelt. Dieser Bewertungsrahmen gibt die Möglichkeit, Stallsys-

    teme auf ihre Tiergerechtheit hin zu bewerten. Nachfolgend ist eine Übersicht (Tabelle 3)

    über die Einflussfaktoren der tiergerechten Kälberhaltung dargestellt.

  • 10

    Tabelle 3: Einflussgrößen auf die Tiergerechtheit der Haltung von Kälbern (aus: SCHÄFFER et al. (2007), nach SUNDRUM (2002)

    Einflussgröße/ Funktionskreis

    Bauliche Vorausset-zung/Management

    beeinflusstes Verhalten

    Kontrollaspek-te/Indikatoren

    Raumstruktur Separater Liegebereich Ungestörtes Ru-

    hen Liegedauer

    Flächen- und Rau-mangebot

    Großzügiger und trittsi-cherer Laufbereich,

    evtl. Auslauf Bewegung

    Flächenmaß, Grup-pengröße

    Bodenqualität

    Trittsicherer und tro-ckener Boden im Lauf-bereich; eingestreuter

    Liegebereich

    Ruhen, Komfort, Sozialverhalten,

    Bewegung

    Einstreuqualität, Trittsicherheit (SRT-

    Gerät)

    Sozialstruktur Gruppenhaltung Sozialverhalten, Erkundung, Be-

    wegung

    Gruppenhaltung, Gruppengröße

    Beschäftigungsmög-lichkeiten Rauhfutterangebot;

    Tränke über Saugnip-pel

    Erkundung, Spie-len, Nahrungs-

    aufnahme Art der Tränke, Be-saugen (ja/nein), Inhaltsstoffe im

    Milchaustauscher Nahrungsangebot Wiederkauen, Verhaltensstö-

    rungen

    Körperpflege Scheuermöglichkeiten;

    Gruppenhaltung

    Körperpflege (auch gegensei-

    tig)

    Scheuermöglichkei-ten

    2.3 Anforderungen für die Gesunderhaltung

    Wie bereits zuvor genannt, sollte ein Ziel der Kälberaufzucht die Gesunderhaltung dieser

    gerade während der ersten Lebenswochen besonders krankheitsanfälligen Tiere darstel-

    len. Die Gesundheit der Neugeborenen wird von verschiedenen Faktoren, wie beispiels-

    weise den Haltungsbedingungen, dem Management, der Kolostrumversorgung, den kli-

    matischen Verhältnissen oder Stress beeinflusst. Zu den wichtigsten Verlustursachen

    zählen Durchfallerkrankungen (Diarrhoe), die anteilig etwa 50% der Aufzuchtverluste

    ausmachen können. Dazu kommen Erkrankungen der Lunge und Atemwege, die an zwei-

    ter Stelle als Ursache für Kälberverluste auftreten (DAVIS und DRACKLEY, 1998). Bereits

    während der Trächtigkeit kann über eine Mutterschutzimpfung Einfluss auf die spätere

    Immunisierung des Kalbes in Bezug auf stallspezifische Keime genommen werden

    (FRÖHNER, 2011). Der wichtigste Faktor für die Immunisierung des neugeborenen Kal-

    bes ist die Versorgung mit maternalem Kolostrum, die die Aufnahme von Gammaglobuli-

    nen und somit die Versorgung mit wichtigen, spezifischen Antikörpern sichert (BUTLER,

    1973).

  • 11

    Direkt nach der Kalbung beziehungsweise auch bereits während des Kalbevorganges

    wird das ungeschützte Jungtier zum ersten Mal mit pathogenen Erregern konfrontiert

    (BACHMANN et al., 1982), was bei mangelnden Hygienebedingungen im Abkalbebereich

    schnell zu Krankheiten führt. Aus diesem Grund sollte das Kalbeabteil idealerweise vor

    jeder Kalbung gereinigt werden (JANßEN-BRUNNECKE, 2008), was sich aus arbeitswirt-

    schaftlicher Sicht als schwierig darstellt. Nach der Geburt sollte das Neugeborene

    schnellstmöglich von der Mutter entfernt, trockengerieben und möglichst in Einzelboxen

    untergebracht werden (JANßEN-BRUNNECKE, 2008), um den Keimdruck so gering wie

    möglich zu halten. Laut NIEWENHUIZEN (1999) sollte das Kalb am besten innerhalb der

    ersten 15 Minuten nach seiner Geburt mit Kolostrum versorgt werden, spätestens aber

    nach vier Stunden. Auch in der TierSchNutztV ist festgeschrieben, dass innerhalb der

    ersten vier Lebensstunden die Biestmilchversorgung zu gewährleisten ist. Von entschei-

    dender Bedeutung ist vor allem in den ersten Lebenswochen die Versorgung und Kontrol-

    le der Kälber, was eine Früherkennung von Krankheiten bewirken soll, sodass die Grund-

    lage für die spätere Leistungsfähigkeit und das Adaptationsvermögen geschaffen wird

    (RADEMACHER et al., 2004). Um optimale Bedingungen für die Gesundheit der neuge-

    borenen Kälber zu schaffen, hat MÜNNICH (2000) ein 10-Punkte-Programm erarbeitet,

    wo sie auf die wichtigsten und entscheidenden Maßnahmen eingeht:

    1. „optimale Färsenaufzucht und Anpaarung (Körperkondition, Bulle); Kühe beim

    Trockenstellen auf 5 l Milch füttern, 3 Wochen vor der Geburt Steigerung auf po-

    tentielle Leistung

    2. 6 Wochen vor der Kalbung in den Bestand einstellen: Entwicklung einer ausrei-

    chenden Immunitätslage (Antikörperqualität Kolostrum)

    3. Regelmäßig desinfizierte Abkalbeplätze, sofortige Behandlung der trächtigen Tiere

    bei Durchfall, Euter- und Klauenerkrankungen (Bakterienquelle!)

    4. Geburtsüberwachung, Geburtshygiene

    5. Eingriffe nicht zu früh, dosierter Zug, aber rechtzeitige assistierte Geburtshilfe

    6. Sofortmaßnahmen bei Kälbern nach Schwergeburten zur Stimulation lebenswich-

    tiger Funktionen

    7. Nabeldesinfektion an den ersten beiden Lebenstagen! In die Mundhöhle möglichst

    nicht oder nur mit gereinigten Fingern fassen.

    8. Kolostrum innerhalb von 2 Stunden, 2 kg

    9. Kontrolle auf Fehlbildungen und geburtsbedingte Verletzungen sowie weitere

    Krankheitsanzeichen

    10. Punkte 1 bis 9 im Schlaf beherrschen!“

  • 12

    Als häufigste perinatale Verlustursache gibt MÜNNICH (2000) Geburtsstörungen des Mut-

    tertieres an, die zur Erstickung oder aber zu Atemfunktionsstörungen des Kalbes führen

    können. Hat das Kalb die ersten 24 Lebensstunden überstanden, treten auf Grund man-

    gelhaften Managements und Hygiene häufig Infektionskrankheiten wie Pneumonie (Lun-

    genentzündung) oder Diarrhoe auf. „Die neonatale Kälberdiarrhoe (ND) tritt vor allem in

    den ersten zwei Lebenswochen auf“, heißt es in einem Artikel von KASKE (2002), und

    lässt sich auf das Zusammenwirken verschiedener Faktoren zurückführen. KASKE nennt

    als mögliche Ursachen Fütterungsfehler, Keimdruck und eine ungenügende Versorgung

    mit Kolostrum. TISCHER (2009) ergänzt dies mit Stress als Ursache, hervorgerufen durch

    Transport, hohe Belegdichten, Überfütterung und vermehrt wechselnde Tränktemperatu-

    ren. Laut einer Münchener Studie von BALJER et al. (1987), die während der Jahre 1984

    bis 1986 durchgeführt wurde, ist diese Form der Erkrankung in den meisten Fällen be-

    dingt durch Erreger wie Rotaviren, Coronaviren, E.-coli-K99-Keime und Kryptosporidien.

    Vor allem während der ersten fünf Lebenstage wurden vermehrt Rota- und Coronaviren

    als Ursache für den Durchfall festgestellt, die anderen Erreger wurden vermehrt im Alter

    von 6-14 Tagen nachgewiesen. Außerdem konnten BALJER et al. (1987) keinen Zusam-

    menhang zwischen der Jahreszeit und der Häufigkeit der auftretenden Erreger feststellen.

    Die ND ist vor allem so gefährlich, weil die Kälber schnell dehydrieren und den Saugreflex

    verlieren. Des Weiteren verzeichnet diese Erkrankung eine ausgesprochen ausgeprägte

    hohe Morbidität und gefährdet somit den gesamten Kälberbestand (TISCHER, 2009).

    Ausgesprochen wichtig bei der Behandlung dieser Faktorenkrankheit ist neben der früh-

    zeitigen Erkennung die richtige Art der Behandlung. Zu diesem Zweck sollten bereits bei

    geringsten Anzeichen für ND Kotproben entnommen und untersucht werden, um eine

    zielgerichtete Bekämpfung der Erreger durchführen zu können. Hier ist zu beachten, dass

    die Proben vor einer antibiotischen Behandlung entnommen werden, da sich die Keime

    sonst nicht nachweisen lassen (TISCHER, 2009). Neben der antibiotischen Behandlung,

    die nur bei hohem Fieber oder bakteriell bedingten Begleiterkrankungen empfohlen wird,

    sollten die Neugeborenen laut TISCHER (2009) neben der Versorgung mit Milchtränke

    unbedingt dreimal täglich mit einer Elektrolyttränke versorgt werden. Nur so können das

    entstehende Energiedefizit und die Elektrolytimbalance verringert und Dehydration sowie

    Hungertod vermieden werden. HEITING (2000b) empfiehlt, um Durchfallerkrankungen

    vorzubeugen, den Zusatz von Pektinen oder Milchsäurebakterien in die Tränke, die Ab-

    senkung des Milch-pH-Wertes auf 4,5 und stellt dar, dass das Kolostrum auf keinen Fall

    mit Wasser verdünnt werden darf. Werden auf einem Betrieb vermehrt Kolibakterien,

    Corona- oder Rotaviren als ursächlich für ND ausgemacht, empfiehlt TISCHER (2009)

    eine Mutterschutzimpfung, die während der Trockenstehperiode bis zu zwei Mal durchge-

    führt werden sollte. Die gebildeten Antikörper können dann über eine verlängerte Biest-

    milchperiode (bis zu zwölf Tage) an die Kälber weitergegeben werden, sodass diese pas-

  • 13

    siv immunisiert werden. Weitere prophylaktische Maßnahmen stellen eine passive Immu-

    nisierung über Seren oder eine aktive Immunisierung in Form einer Schluckimpfung der

    Neugeborenen dar (MÜNNICH, 2000). Außerdem sollten Infektionsketten durch ein konti-

    nuierliches Rein-Raus-Prinzip durchbrochen werden, dazu gehören auch die Zwischen-

    reinigung und -desinfektion (TISCHER, 2009). RADEMACHER (2003) stellte fest, dass

    die Einzelhaltung eine positive Auswirkung auf das Risiko der Erkrankung an Durchfall

    hat, außerdem beschrieben SVENNSON et al. (2003) einen schwierigeren Krankheitsver-

    lauf in Gruppenhaltung.

    Die zweithäufigste Verlustursache in der Kälberaufzucht sind Pneumonien (DAVIS und

    DRACKLEY, 1998). Als Hauptursachen für die Lungenentzündungen sind mangelhafte

    Luftqualität, die virale Belastung durch bereits erkrankte Tiere in unmittelbarer Nähe sowie

    auch der sekundäre Befall mit Bakterien, der die Erkrankung verstärkt, zu nennen

    (SENNHAUSER, 2010). Dazu kommen die Gefahren durch eine zu hohe relative Luft-

    feuchte und Zugluft (KUNZ, 2008). Die respiratorischen Erkrankungen haben eine weni-

    ger starke Auswirkung auf die spätere Entwicklung als die Magen-Darm-Infektionen. Die

    größten Auswirkungen haben Doppelerkrankungen von Diarrhoe und Pneumonie. Bis die

    Tiere ein halbes Jahr alt sind, ist an der Entwicklung ein deutlicher negativer Unterschied

    zu erkennen, danach beginnt ein kompensatorisches Wachstum, sodass die Tiere mit

    Doppelerkrankungen im Alter von 12 Monaten bereits ein höheres Lebendgewicht haben

    können als diejenigen, die ausschließlich an Diarrhoe erkrankten (TRILK et al., 2000).

    WÖHR et al. (2000) stellten fest, dass es bei Einzeligluhaltung vermehrt in den Wintermo-

    naten zu Erkrankungen an Pneumonie kommt und insgesamt das Risiko von Diarrhoe

    und Pneumonie in Gruppenhüttenhaltung am geringsten ist.

    Von ausschlaggebender Wichtigkeit, um Kälber gesund zu halten, ist die frühzeitige Er-

    kennung von Gesundheits- und Verhaltensveränderungen. Zu diesem Zweck empfiehlt

    GRAUVOGL (1997), die Tiere wenigstens zwei Mal pro Tag zu kontrollieren. Laut

    MARTIN et al. (1975) ist das Management der entscheidende Faktor, um Erkrankungen

    und deren Übertragung zu verhindern. Selbst bei einem raschen Blick ist schnell zu er-

    kennen, ob die Tiere gesund sind oder nicht. Ein gesundes Kalb ist frei von Verschmut-

    zungen an den hinteren Gliedmaßen und im Afterbereich und hat glattes und glänzendes

    Fell. Ein weiteres Indiz ist der Nabel, der weder verdickt noch warm sein sollte, außerdem

    ist die Schmerzempfindlichkeit in diesem Bereich zu prüfen (LANGE, 2004). Des Weiteren

    lässt sich der Gesundheitsstatus schnell über die Überprüfung der rektalen Körpertempe-

    ratur feststellen, die laut ROSENBERGER et al. (1990) zwischen 38,5 und 39,5°C liegen

    sollte.

    2.4 Kälberverluste

    Zu den Zielen der Kälberaufzucht zählen unter anderem eine ökonomisch sinnvolle Auf-

    zucht sowie gesunde, optimal versorgte Kälber (HEITING, 2000a). Unter Beachtung die-

  • 14

    ser Aspekte wird deutlich, dass es sowohl aus ökonomischer wie auch aus tierschutz-

    rechtlicher Sicht erforderlich ist, die Kälberverluste so gering wie möglich zu halten. Laut

    BRÄNDLE (2007) liegen die Kälberverluste im deutschen Bundesdurchschnitt bei über

    zehn Prozent. Betrachtet man die Auswertungen des Arbeitskreises Rind der LMS Agrar-

    beratung in Mecklenburg-Vorpommern (Tabelle 4), so wird deutlich, dass sich die Verlust-

    raten innerhalb der letzten zehn Jahre zwar um fast sechs Prozentpunkte verringert ha-

    ben, aber dennoch für das Jahr 2011 bei 12,5% liegen. Hiervon betragen die reinen Auf-

    zuchtverluste, also Verluste nach den ersten 24 Lebensstunden 6,5%.

    Tabelle 4: Kälberverluste in Mecklenburg-Vorpommern in % (nach Arbeitskreis Rind der LMS Agrarberatung)

    2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

    Totgeburten 9,5 9,0 8,3 8,3 8,7 8,3 8,2 8,0 7,9 7,5

    Aufzuchtverluste 8,6 9,3 7,9 8,0 6,6 6,4 6,9 5,9 5,9 6,5

    Kälberverluste gesamt

    18,1 18,3 16,2 16,2 15,2 14,4 14,6 12,9 12,3 12,5

    Zwischen den Verlusten der einzelnen Betriebe liegt eine erhebliche Varianz. So lagen

    beispielsweise 2011 die Aufzuchtverluste bei Betrieben mit einer Herdengröße von mehr

    als 600 Tieren bei 4,9%, die Betriebe mit einem Bestand von 400-600 Kühen hingegen

    hatten Aufzuchtverluste in Höhe von 8% zu verzeichnen. Noch deutlicher wurde die

    Spannweite im Jahr 2005. Hier lag die Differenz der Aufzuchtverluste zwischen Betrieben

    9.000Mkg/Kuh/Jahr bei 7,6 Prozentpunkten zu-

    gunsten der höherleistenden Herden. Die Totgeburtenrate hielt sich während der letzten

    fünf Jahre relativ konstant und sank im Jahr 2010 erstmalig unter 8%. Betrachtet man die

    letzten 21 Jahre, ist zu sehen, dass sich die Totgeburtenrate in Mecklenburg-Vorpommern

    von 1991 bis 2000 mehr als verdoppelt hatte. Sie stieg von 5,2 auf 11,7% an und fiel erst

    danach wieder ab. Dieser Aspekt war auf die ungünstigen Bedingungen während der

    Zucht vom SMR zu Deutschen Holsteins zurückzuführen (JAHNKE und WOLF, 2001).

    Vor Allem während der ersten 28 Lebenstage sollte den neugeborenen Kälbern erhöhte

    Aufmerksamkeit geschenkt werden, da hier die höchsten Verluste zu verzeichnen sind.

    Als Ursache ist hier bei etwa 75% der abgegangenen Kälber die Infektion mit Bakterien

    und Viren sowie Parasitenbefall (vorrangig Kryptosporidien) zu nennen. Das gesamte

    Aufzuchtmanagement ist für etwa 80% der Verluste verantwortlich und muss in vielen

    Fällen im Bezug auf Immunisierung und Infektionsketten überdacht werden (BRÄNDLE,

    2007).

  • 15

    2.4.1 Einflüsse auf die Höhe der peri- und postnatalen Verluste

    Der perinatale Verlust umschließt begrifflich alle während oder innerhalb von 24 Stunden

    nach der Geburt verendeten Kälber (PHILIPSSON, 1976). Alle Verluste, die im Anschluss

    während der Aufzuchtphase zu verzeichnen sind, werden als postnatal bezeichnet. Die

    Einflussfaktoren auf die Verlustsituation sind vielschichtig.

    In Mecklenburg-Vorpommern lagen die perinatalen Verluste der Milchviehbetriebe, die

    durch die LMS beraten werden, während der letzten fünf Jahre zwischen 7,5 und 8.3%

    (LMS, Arbeitskreis Rind). Einfluss auf die Kälberverluste während oder innerhalb von 24

    Stunden nach der Geburt nehmen laut STREIT (1990) die Körperkondition (BCS) des

    Muttertieres, das Geschlecht des Kalbes, die Rasse, der Geburtsverlauf und somit die

    Geburtshilfemaßnahmen, das Geburtsgewicht, die Tragezeit, Parität und die Abstammung

    des Kalbes (z.B. Masthybriden). Diese Einflussfaktoren stehen in engem Zusammenhang

    zueinander. So zeichnen sich beispielsweise männliche Kälber gegenüber weiblichen

    durch ein höheres Geburtsgewicht und in Folge dessen durch einen häufig erschwerten

    Geburtsverlauf aus (ALPS, 1987). Außerdem spielt in Milchviehbeständen die väterliche

    Abstammung des Kalbes in Hinsicht auf die Geburt eine entscheidende Rolle. Werden

    Milchkühe mit Bullen von Fleischrindrassen angepaart, steigt der Anteil der Geburten, bei

    denen Hilfestellung gegeben werden muss. Dies ist auf das höhere Geburtsgewicht zu-

    rückzuführen. Besonders bei Kälbern, die von großrahmigen Fleischrindrassen abstam-

    men, zeigen sich die Probleme während des Geburtsverlaufs (ALPS, 1987). Ein weiterer

    Einflussfaktor des Kalbes auf den Geburtsverlauf und somit die Verlustsituation ist die

    Position im Mutterleib. Liegt das Kalb wie gewünscht zur Geburt in Vorderendlage, kommt

    es seltener zu Komplikationen als bei Steißgeburten. Der Geburtsweg wird nicht ausrei-

    chend vorgeweitet und es droht eine Unterbrechung der Sauerstoffversorgung des Kalbes

    durch Abdrücken der Nabelschnur ab Beckenknochen der Kuh (MÜNNICH, 2000). Eine

    erhöhte perinatale Verlustrate gepaart mit einer stärker ausgeprägten Krankheitsanfällig-

    keit ist auffällig bei Kälbern aus Zwillingsträchtigkeiten. Die Neigung zu Zwillingsträchtig-

    keiten wird hierbei mit einer Heritabilität von h2 = 0,05 vererbt (CADY und VLECK, 1978).

    Auch durch das Muttertier wird der Geburtsverlauf stark beeinflusst. So ergibt sich ein

    Unterschied im Geburtsverlauf und den perinatalen Verlusten in Hinsicht auf die Parität

    (Tabelle 5). Geburten pluriparer Kühe verlaufen weniger kompliziert und die perinatalen

    Verluste sind gegenüber Erstgebärenden geringer (STREIT, 1990). Schwergeburten kön-

    nen außerdem durch die Enge des Beckens, eine mangelhafte Eröffnungsphase während

    der Geburt, Gebärmutterdrehungen oder durch die Enge der Scham bedingt sein. Die

    Enge der Geburtswege wird neben der genetischen Anlage auch durch den Fütterungs-

    zustand der Kuh beeinflusst. Aus langjährigen Datenerhebungen der Landesforschungs-

    anstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern auf einem Versuchs-

    betrieb geht hervor, dass sich der Kalbeverlauf mit steigender Kondition des Muttertieres

  • 16

    tendenziell verschlechtert (mündliche Mitteilung LOSAND, LFA MV, 2013). Außerdem

    können Geburtsstörungen aus einer verlängerten Tragzeit und der damit verbundenen

    Größe des Kalbes resultieren (MÜNNICH, 2000).

    Tabelle 5: Schwer- und Totgeburtenrate bei Holstein Friesian in Abhängigkeit von der Parität des Muttertiers (nach STREIT, 1990)

    Schwergeburtenrate in %

    bei Primiparen bei Pluriparen Autor

    6,9 1,6 BAR ANAN et al. (1976)

    16,9 6,9 (2. Kalb) MEY et al. (1978)

    3,6 (≥ 3. Kalb)

    9,2 8,0 RON et al. (1986)

    44,0 19,0 (2. Kalb) MEE (1987)

    13,0 (≥ 3. Kalb)

    Totgeburtenrate in %

    bei Primiparen bei Pluriparen Autor

    3,6 4,1 RON et al. (1986)

    7,7 3,8 WELLER et al. (1988)

    Da Schwergeburten und die damit verbundene Geburtshilfe zu einer verminderten Vitalität

    der Kälber führen (BRAUCHLE, 2001), sollte der Kontrolle der hochtragenden Tiere und

    Gebärenden, aber auch der Neugeborenen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit gewidmet

    werden. Als wichtigste Maßnahmen führen FRÖHNER und REITER (2005) an:

    „Geburtsüberwachung

    Geburtshygiene (Mensch, Tier, Stall, Geräte)

    Eingriffe nicht zu früh, dosierter Zug, aber rechtzeitig assistierte Geburtshilfe

    Sofortmaßnahmen bei Kälbern nach Schwergeburten zur Stimulation lebenswich-

    tiger Funktionen

    Nabeldesinfektion an den ersten beiden Lebenstagen

    In Mundhöhle möglichst nicht oder nur mit gereinigten Fingern fassen“

    Die postnatalen Aufzuchtverluste sind in der Regel geringer als die perinatalen Verluste.

    Das größte Verlustrisiko besteht innerhalb der ersten drei Lebenswochen. Im weiteren

    Verlauf der Aufzucht verenden kaum Tiere (MARTIN et al., 1975). Anders als die perinata-

    len Verluste sind die Aufzuchtverluste in großem Maß vom Management und der Hal-

    tungsumwelt abhängig (STREIT, 1990). Von entscheidender Bedeutung sind die Ge-

    burtshygiene und die Kolostrumversorgung. Bereits während der Geburt wird das hoch-

    empfindliche Kalb mit pathogenen Keimen konfrontiert (BACHMANN et al., 1982). Gerade

    während der ersten 14 Lebenstage treten vermehrt Durchfallerkrankungen auf (KASKE,

    2002). Zur Vermeidung von Diarrhoe ist es unbedingt erforderlich, die Abkalbebucht sau-

    ber zu halten. JANßEN-BRUNNEKE (2008) empfiehlt eine Reinigung des Abteils nach

  • 17

    jeder Kalbung. Außerdem ist auf eine optimal durchgeführte passive Immunisierung mit

    Hilfe des mütterlichen Kolostrums oder, wenn nötig, eines Kolostrumvorrats zu achten

    (siehe Abschnitt 2.5.2). DONOVAN et al. (1998) stellten fest, dass über ein Drittel der

    Kälber im ersten Lebenshalbjahr verenden, wenn sie nicht mit Kolostrum versorgt werden.

    Ein Grund ist neben den auftretenden Erkrankungen auch die Schwäche der empfindli-

    chen Tiere. Wenn die Tiere unter starken Krankheitsbildern leiden, vermindert sich die

    Futter- und Flüssigkeitsaufnahme, bis der Organismus im schlimmsten Fall so ge-

    schwächt ist, dass das Kalb stirbt (DONOVAN et al., 1998). Um das neugeborene Kalb

    mit so wenig Keimen wie möglich in Verbindung zu bringen, sollte es möglichst schnell

    von der Mutter entfernt und bevorzugt in Iglus untergebracht werden (FRÖHNER und

    REITER, 2005). Diese Haltungsform ist im Bezug auf die Luftqualität zu bevorzugen, um

    Atemwegserkrankungen zu vermeiden (siehe Abschnitt 2.5.1). Bereits eine einzige Er-

    krankung während der Aufzuchtphase führt zu verminderten Wachstumsleistungen und

    schränkt so die Leistungsfähigkeit der Kälber ein (TRILK et al., 2000). Zur Vermeidung

    von Magen-Darm-Erkrankungen ist unbedingt auf die richtige Tränkmenge, Tränktempe-

    ratur und Qualität der Tränke zu achten (siehe Abschnitt 2.2.2). Über den Einfluss der

    Jahreszeit auf die Höhe der postnatalen Verluste gibt es bei verschiedenen Autoren un-

    terschiedliche Auffassungen, sodass keine eindeutige Aussage getroffen werden kann.

    2.4.2 Ökonomische Bewertung von Kälberverlusten

    Geht ein Kalb durch Totgeburt oder während der Aufzucht verloren, fehlt nicht nur ein Tier

    für die Reproduktion, sondern es entstehen auch häufig erhebliche finanzielle Einbußen.

    Tot- und Schwergeburten belasten zusätzlich die Gesundheit des Muttertieres und führen

    vermehrt zu Leistungseinbußen und Fruchtbarkeitsproblemen. Diese Belastung führt zum

    Teil dazu, dass Kühe bereits zu Beginn der Laktation abgehen und keinen Beitrag zur

    Milchproduktion des Betriebes leisten (JAHNKE und WOLF, 2001).

    Je nachdem, in welchem Altersabschnitt ein Kalb verendet, sind unterschiedliche Höhen

    der finanziellen Verluste zu berücksichtigen. Während bei Verendungen während oder

    kurz nach der Kalbung nur der Tierwert als Verlust anzusehen ist, kommen bei späteren

    Abgängen zusätzlich Futter-, Lohn- und Behandlungskosten hinzu. Außerdem entstehen

    weitere Kosten durch das Fehlen der weiblichen Tiere für die Reproduktion und den

    Zuchtfortschritt, da bei hohen Verlusten Tiere zugekauft werden müssen (BRÄNDLE,

    2007). Durchschnittlich verenden die Kälber innerhalb der ersten 14 Lebenstage etwa am

    siebten Tag nach der Geburt (Referenzbetriebe der LFA MV). Geht man demnach von

    einer dreitägigen Kolostrumversorgung und anschließender MAT-Tränkung aus, werden

    die Kälber über 4 Tage mit Kosten verursachendem Milchaustauscher versorgt. Das Ko-

    lostrum selbst muss in die Kostenaufstellung nicht eingerechnet werden, da dieses bei

    Nichtnutzung verworfen werden müsste. 100 kg MAT kosten im Durchschnitt 165 € (Refe-

  • 18

    renzbetriebe der LFA MV). Legt man eine tägliche Tränkmenge von 8 l zu Grunde und ein

    Mischungsverhältnis von 140 g MAT je angerührter Liter Tränke, kostet die Versorgung

    des Kalbes pro Tag etwa 1,85 €. Verendet das Kalb demnach am siebten Lebenstag, ent-

    stehen 7,40 € Tränkkosten. Zusätzlich müssen für die Entsorgung des toten Tieres in

    Mecklenburg-Vorpommern derzeit 17,83 € bezahlt werden (persönliche Mitteilung

    HARMS, LFA MV, 2013).

    Demzufolge kostet ein am 7. Lebenstag verendetes Kalb mindestens 25,23 €. Dazu

    kommen Tierarzt- und Medikamentenkosten für das Kalb, aber auch für die Kuh, die nach

    Schwergeburten eventuell behandelt werden muss. Des Weiteren können eingeplante

    Erlöse durch beispielsweise Verkauf des Kalbes am 14. Lebenstag nicht geltend gemacht

    werden, Kühe haben nach Schwergeburten Minderleistungen und Fruchtbarkeitsprobleme

    und der züchterische Fortschritt durch fehlende Tiere für die Reproduktion leidet

    (BRÄNDLE, 2007; JAHNKE und WOLF, 2001). Je nachdem, welche Folgekosten die

    Verendung des Kalbes mit sich bringt, entstehen Verluste in unterschiedlicher Höhe. Die-

    se sind schwer einschätzbar und demnach auch kaum in ihrer komplexen Gesamtheit in

    einer Kalkulation zu berechnen.

    2.5 Einfluss der Haltungsbedingungen auf die Entwicklung der Kälber

    Die Entwicklung und Gesundheit der neugeborenen Kälber hängt entscheidend mit dem

    Management und dem Haltungsverfahren zusammen. Nur gesunde und leistungsstarke

    Kälber können mit Eintritt in die erste Laktation hohe Milchleistungen erzielen und über

    mehrere Jahre hinweg einen Beitrag zur Produktivität des Betriebes leisten.

    2.5.1 Haltungsverfahren

    Die Haltung und Versorgung des neugeborenen Kalbes nehmen wesentlichen Einfluss

    auf die Gesundheit und Entwicklung des Tieres. Das Krankheitsgeschehen wird im We-

    sentlichen durch die Luftqualität, -feuchte und -geschwindigkeit, den Keimdruck, die Tem-

    peratur und Stress beeinflusst (KUNZ, 2008). In zahlreichen Studien wurden die Auswir-

    kungen unterschiedlicher Haltungsverfahren untersucht.

    Bereits seit vielen Jahren hat sich die Einzelhaltung der neugeborenen Kälber während

    der ersten 14 Lebenstage etabliert. Eine Vielzahl von Betrieben nutzt Kälberiglus für die

    Unterbringung der Neugeborenen in diesem Altersabschnitt. Iglus werden durch verschie-

    dene Hersteller angeboten und haben sich bei Außenklimabedingungen bewährt (WOLF

    et al., 2001). Die Gestaltung des Haltungsraumes in den Einzelhütten, die in der Regel mit

    einem Auslauf versehen sind, richtet sich nach der TierSchNutztV und muss somit Min-

    destmaße von 120cm l x 80cm b x 80cm h aufweisen. Ein trockener, geschützter Liegebe-

    reich ist vorzuweisen. Laut STEINHÖFEL (2007) spricht der Einzelhaltung während der

  • 19

    ersten Lebenstage aus ethologischer Sicht nichts entgegen, da Kälber nach der Geburt

    auf naturnahen Weideflächen während der ersten zehn Lebenstage isoliert von der Herde

    im Gras liegen. Erst ab der zweiten Lebenswoche beginnen sie damit, dem Muttertier zu

    folgen und sich der Herde nach und nach anzuschließen. Für die Haltung von Kälbern in

    Iglus oder Kaltställen sind keine Grenzwerte für Schadgaskonzentrationen, Lufttemperatur

    oder Luftfeuchte angegeben. Die für die Warmstallhaltung in der TierSchNutztV vorge-

    schriebenen Grenzen werden lediglich im Bereich der relativen Luftfeuchte überschritten,

    die in den Außenklimasystemen im Mittel zwischen 83 und 89% liegt (STEINHÖFEL,

    2007). Als problematisch zeichnet sich die Temperaturentwicklung innerhalb des Iglus

    während der Sommermonate ab. Hier liegen die Werte innerhalb des Iglus teilweise über

    mehrere Stunden am Tag 10°C über der Außentemperatur (Abbildung 1). Auf einen ge-

    eigneten Standort mit Beschattung sowie eine gute Luftführung mit Hilfe von Lüftungs-

    klappen ist besonders zu achten (WOLF et al., 2001). Als sinnvoll hat sich die Aufstellung

    der Iglus an einer nach Osten oder Norden ausgerichteten Stallwand erwiesen. Es ist da-

    bei darauf zu achten, dass sie nicht im Abluftbereich von Stallungen stehen

    (STEINHÖFEL, 2007). Während der Wintermonate ist im Besonderen auf die Bereitstel-

    lung eines trockenen Liegebereichs zu achten. Außerdem sollte dieser unbedingt frei von

    zu starkem Luftzug sein, die Windgeschwindigkeit sollte 0,2 m/s nicht überschreiten (DLZ,

    2007). Für die zusätzliche Lieferung von Energie für die Wärmeproduktion sollten dem

    Kalb 2-3 MJ ME für jede Dekade Temperaturabnahme bereitgestellt werden. Dies kann

    über eine Erhöhung des MAT-Pulvers in Höhe von 20-30 g pro fertigem Liter Tränke er-

    folgen. Wichtig ist es, gerade im Winter, die optimale Tränktemperatur einzuhalten. So

    können Verdauungsstörungen und Durchfallerkrankungen minimiert werden

    (STEINHÖFEL, 2007). Außerdem wird so vermieden, dass das Kalb Energie verbraucht,

    um die aufgenommene Tränke zu erwärmen.

    Abbildung 1: Temperaturverlauf in einer Kälberhütte vom 13. bis 14. August 1998, (WOLF et al., 2001)

  • 20

    In Untersuchungen von KUNZ (1983) zeigte sich, dass Kälber, die während der Winter-

    monate unter Außenklimabedingungen gehalten wurden, bei gleicher Gewichtsentwick-

    lung eine höhere Futteraufnahme zeigen als im Warmstall aufgezogene Tiere. Außerdem

    wurde festgestellt, dass Kälber bereits bei Temperaturen unter 10°C versuchen, mit Hilfe

    der Liegeposition die Wärmeabgabe an die Umwelt zu verringern. Die Tiere, die während

    des Versuchs in einem Kaltstall untergebracht waren, wiesen im Gegensatz zu den im

    Warmstall beherbergten Tieren eine höhere Rektaltemperatur auf. Aus diesen Ergebnis-

    sen schlussfolgerte KUNZ (1983), dass sich neugeborene Kälber bei einer Umgebungs-

    temperatur

  • 21

    Stallhaltung im Vergleich zu Außenklimahaltung. Während in den Wintermonaten die täg-

    lichen Zunahmen von im Stall gehaltenen Tieren höher waren, war es während der Som-

    mermonate umgekehrt. Hier hatten die in Iglus untergebrachten Kälber bei gleicher Fütte-

    rung während der ersten sieben Lebenstage höhere Zunahmen zu verzeichnen. Dieses

    Ergebnis wird darauf zurückgeführt, dass die Kälber, die im Winter draußen gehalten wur-

    den, während der ersten Woche unter kältebedingtem Stress litten (MCKNIGHT, 1978).

    Auch eine Untersuchung von HILL et al. (2011) bestätigt das bessere Wachstum von Käl-

    bern in Stallhaltung während der Wintermonate, wobei nachweislich eine 4% höhere Fut-

    terverwertung der Grund war. Unterschiede ergeben sich auch durch die Wahl der Ein-

    streu. Streut man die Einzelboxen mit Stroh ein, entwickeln sich die Gewichte im Gegen-

    satz zu Sand als Untergrund besser und die Tiere haben keine Scheuerstellen. In den

    Sommermonaten zeigt sich, dass sich die Kälber in der Stallhaltung besser entwickeln,

    wenn die Luft tagsüber mit Hilfe eines Lüfters heruntergekühlt wird und zirkuliert. Außer-

    dem senkt diese Maßnahme die Atemfrequenz herab (HILL et al., 2011). Da bei Stallhal-

    tung die Luft stärker mit Staub und Schadgasen belastet ist als unter Außenklimabedin-

    gungen, ist hier im Besonderen auf die Vermeidung respiratorischer Erkrankungen zu

    achten.

    Insgesamt ist zu beobachten, dass Kälber unter außenklimatischen Verhältnissen im Iglu

    gesünder sind und weniger Tiere sterben als im Warmstall. Dies ist auf die bessere Luft-

    qualität zurückzuführen, die dazu beiträgt, dass besonders Atemwegserkrankungen einen

    weniger schweren Verlauf haben als im Warmstall (SANFTLEBEN, 2007). In ungarischen

    Untersuchungen konnten die Aufzuchtverluste teilweise bis zu 25% gesenkt werden,

    wenn die Neugeborenen im Außenklima gehalten wurden (STREIT, 1990). Ursachen für

    respiratorische Erkrankungen im Außenklima liegen bei zu starker Luftzirkulation und ei-

    nem fehlenden Kleinklimabereich, was vorwiegend während der kälteren Jahreszeit der

    Fall ist (KUNZ, 2006). Dennoch kann die Verlustrate im Vergleich zur Warmstallhaltung

    deutlich herabgesetzt werden (RICHTER und KARRER, 2006).

    2.5.2 Kolostrumversorgung

    Laut DUDEN ist das Kolostrum als „milchartiges Sekret der weiblichen Brustdrüsen, das

    vor und noch einige Tage nach einer Geburt abgesondert wird“ definiert. Es enthält für

    das Kalb wichtige Immunstoffe, die es vor Infektionskrankheiten durch Keime aus der

    Umwelt schützen (MÜNNICH, 2000).

    Laut NIEWENHUIZEN (1999) sollte das Kalb innerhalb der ersten 15 Lebensminuten mit

    Kolostrum versorgt werden, spätestens aber nach vier Stunden. MÜNNICH (2000) emp-

    fiehlt die Versorgung der Neugeborenen innerhalb der ersten zwei Lebensstunden mit 2

    kg Kolostrum. BRANDES (2002) verweist auf die Notwendigkeit, während der ersten 24

    Lebensstunden des Kalbes insgesamt vier Liter Kolostrum zu verabreichen. „Das erste

    http://www.duden.de/rechtschreibung/Geburt

  • 22

    Gemelk nach dem Kalben stellt für das Kalb die wichtigste Immunoglobulin- und Nähr-

    stoffquelle dar“ (SCHÄFFER et al., 2007). Hier sind die höchsten Konzentrationen an An-

    tikörpern zu verzeichnen, wie aus Tabelle 6 hervorgeht, und die Resorptionsfähigkeit des

    Kalbes ist in den ersten Lebensstunden am höchsten. Außerdem spielt die Menge des

    aufgenommenen Erstgemelks eine entscheidende Rolle für die Konzentration der Immu-

    noglobuline im Blut (HEITING, 2006), die weiteren Gaben sind laut einer Studie von

    MCMORRAN (2006) weniger bedeutend. KRUSE empfahl 1970, dass Kälber während

    der ersten zwölf Lebensstunden mindestens 100g Immunoglobuline aufnehmen sollten,

    um eine ausreichende Konzentration im Blut erreichen zu können.

    Tabelle 6: Inhaltsstoffe von Kolostralmilch und Milch, aus FRÖHNER und REITER (2005) nach FOLEY und OTTERBY (1978); MIELKE (1994)

    Inhaltsstoffe 1. Gemelk 2. Gemelk 3. Gemelk Milch

    spezifisches Gewicht 1,056 1,040 1,035 1,032

    Trockenmasse (%) 23,9 17,9 14,1 12,9

    Protein (%) 14,0 8,4 5,1 3,1

    Casein (%) 4,8 4,3 3,8 2,5

    IgG (mg/ml) 48,0 25,0 15,0 0,6

    Fett (%) 6,7 5,4 3,9 3,7

    Laktose (%) 2,7 3,9 4,4 5,0

    Des Weiteren spielt die Qualität des Kolostrums eine äußerst wichtige Rolle für die passi-

    ve Immunisierung der Neugeborenen. Diese kann zuverlässig über den Gehalt an Lakto-

    se und Fett bestimmt werden (FRÖHNER und REITER, 2005). Für eine zuverlässige Wir-

    kung der Biestmilch gegen stallspezifische Keime ist es erforderlich, die hochtragenden

    Tiere mindestens acht Wochen vor Geburtstermin einzustallen. Nur so werden durch die

    Muttertiere spezifische Antikörper gebildet und im Kolostrum angereichert (HEITING,

    2006). Auch eine Mutterschutzimpfung trägt bei vermehrtem Auftreten von Kolibakterien

    sowie Rota- und Coronaviren zur Immunisierung des Kalbes bei (TISCHER, 2009). Pro-

    phylaktisch sollten laut GROENEWOLD (2003) Biestmilchreserven von Kühen in der

    zweiten oder höheren Laktation angelegt werden, da das Kolostrum der Färsen häufig zu

    wenige stallspezifische Antikörper enthält. Hier ist auf ein schnelles Einfrieren auf -18 bis -

    24°C zu achten (FRÖHNER und REITER, 2005). Diese Reserven können dann bei Be-

    darf an Kälber getränkt werden, deren Mutter eine minderwertige Qualität des Kolostrums

    aufweist, wobei auf ein schonendes Auftauen bei 40°C zu achten ist (HEITING, 2006).

    Außerdem enthält das Erstgemelk von Kühen, die während des ersten Melkvorganges

    post partum mehr als acht Kilogramm Milch geben, eine geringere Konzentration an Anti-

    körpern, sodass durch BRANDES (2002) empfohlen wird, die Menge des Erstgemelks zu

    erfassen. Tritt dieser Fall ein, empfiehlt sie den Einsatz einer Kolostrumreserve.

  • 23

    Für die wirksame Immunisierung des neugeborenen Kalbes und somit für die Gesunder-

    haltung ist es erforderlich, die Biestmilch aktiv zu verabreichen, da nur schlecht abzu-

    schätzen ist, wann das Kalb in welcher Menge Erstgemelk direkt vom Euter der Kuh auf-

    nehmen würde (BRANDES, 2002). Auch SELMAN et al. (1970) bestätigen, dass es zu

    Fehlschlägen bei der passiven Immunisierung des neugeborenen Kalbes kommt, wenn

    dieses zur Aufnahme des Erstkolostrums beim Muttertier verbleibt, obgleich die Absorb-

    tion der Immunoglobuline effizienter ist (STOTT et al., 1979). QUIGLEY et al. (1995) ge-

    hen davon aus, dass eine Konzentration von mindestens 13 Gramm Immuno-gamma-

    Globulinen (IgG) pro Liter Blut erreicht werden muss, um von einer geglückten passiven

    Immunisierung des Kalbes zu sprechen. Ihre Untersuchungen haben gezeigt, dass Käl-

    ber, die bei der Mutter verbleiben und denen geholfen wird, während der ersten vier Le-

    bensstunden Milch aus dem Euter aufzunehmen, eine weitaus höhere Konzentration an

    IgG im Blut aufweisen als per Hand getränkte Tiere. Dies führen QUIGLEY et al. (1995)

    darauf zurück, dass diese Tiere mehr Kolostrum aufgenommen haben könnten als die

    anderen (1 l schnellstmöglich nach der Geburt) und somit auch eine höhere Konzentration

    an IgG aufnahmen. Kälber werden, je länger sie mit der Kuh zusammen sind, mit einer

    Vielzahl von Keimen durch die Kuh und ihre Umwelt belastet, sodass das Erkrankungsri-

    siko steigt (QUIGLEY et al. 1995). Es ist demnach aus gesundheitlicher Sicht erforderlich,

    das Kalb so schnell wie möglich nach der Geburt von der Mutter zu trennen, um das In-

    fektionsrisiko zu senken (JANßEN-BRUNNECKE, 2008). Auch wenn QUIGLEY et al.

    (1995) eine höhere Konzentration an IgG im Blutserum von bei der Mutter verbliebenen

    Kälbern nachgewiesen haben, ist das Entfernen von der Mutter aus ökonomischer Sicht

    zu empfehlen, da ansonsten Personal abgestellt werden müsste, was die Aufnahme des

    Kolostrums durch das Kalb während der ersten vier Lebensstunden am Euter kontrolliert

    und auch garantiert.

    2.5.3 Saisonalität

    Neben den Haltungsbedingungen und der Fütterung nehmen die klimatischen Bedingun-

    gen Einfluss auf die Gesundheit und die Entwicklung des Kalbes. Zu den Einflussfaktoren

    das Klima betreffend zählen die Temperatur, die Luftfeuchte und die Windgeschwindig-

    keit. Diese unterscheiden sich saisonal sehr stark voneinander und müssen bei der Ver-

    sorgung und Haltung der Kälber berücksichtigt werden.

    2.5.3.1 Einfluss des Klimas auf die Entwicklung des Kalbes

    Die Umgebungstemperatur nimmt bedeutend Einfluss auf das Kalb. Auch wenn diese

    außerhalb der thermisch neutralen Zone liegt, ist das Tier in der Lage, die Körperkern-

    temperatur mit Hilfe verschiedener Mechanismen konstant zu halten. Zu diesen Mecha-

    nismen zählen die Gefäßverengung, die Aufrichtung des Haarkleides sowie die gezielte

  • 24

    Wärmeerzeugung, aber auch das Schwitzen oder Hecheln. Außerdem kann das Jungtier

    durch ethologische Veränderungen, wie beispielsweise die Liegeposition, die Wärmeab-

    strahlung beeinflussen (BIANCA, 1976). Vor allem das Verhalten kann maßgeblich Auf-

    schluss darüber geben, ob sich das Kalb in einer thermischen Indifferenz befindet oder

    nicht (KUNZ, 1983).

    Die optimale Umgebungstemperatur für Kälber während der ersten Lebenswoche liegt bei

    15°C. Danach befindet sich das Optimum zwischen 5 und 25°C bei einer Luftfeuchte von

    60-80%. Dennoch können Kälber mit winterlichen Temperaturen umgehen und von Ge-

    burt an unter außenklimatischen Bedingungen gehalten werden (BRUNSCH et al., 1996).

    RUCKEBUSCH (1990b) beschreibt die kritischen Temperaturgrenzen bei –20 und +40°C,

    wobei er den thermoneutralen Bereich zwischen 10 und 20°C absteckt (Abbildung 2). Um

    die klimatische Haltungsumwelt bei Rindern bewerten zu können, wird der Temperature

    Humidity Index (THI) herangezogen. Dieser beschreibt das Einwirken von Temperatur

    und Luftfeuchtigkeit auf das Wohlempfinden der Tiere (FRÖHNER, 2011). Die relative

    Luftfeuchte ist dabei entscheidend für die Wärmeleitfähigkeit der Luft. Der thermoneutrale

    Bereich kennzeichnet den Temperaturbereich, in dem das Tier keine thermoregulativen

    Mechanismen in Gang setzen muss. Befindet sich ein Kalb außerhalb der Zone seiner

    thermischen Neutralität, wirkt der Energieverbrauch für die Kühlung oder Erwärmung des

    Körpers limitierend auf das Wachstum (RUCKEBUSCH, 1990b).

    Abbildung 2: Wärmeerzeugung in Abhängigkeit von verschiedenen Außentemperaturen (RUCKEBUSCH, 1990b)

  • 25

    Bei Temperaturen von mehr als 25°C beginnt das Kalb, über die Haut und die Atmung

    Flüssigkeit des Körpers an die Umgebung abzugeben. Die Körperkerntemperatur ändert

    sich zunächst nicht, jedoch steigt die latente Wärme von 40% auf bis zu 70% an. Die

    Flüssigkeitsabgabe über die Haut ist bei starkem Schwitzen, gegenüber dem Zustand bei

    thermischer Neutralität, um bis zum Dreifachen erhöht. Bereits bei einer Hauttemperatur

    von 35,6°C sondert das junge Kalb stetig Schweiß über die Schweißdrüsen ab. Da die

    Dichte der Schweißdrüsen im Verhältnis zur Lebendmasse bei neugeborenen Kälbern am

    höchsten ist, können diese mit Hitze besser umgehen als Jährlinge. Eine weitere Maß-

    nahme zur aktiven Wärmeabgabe stellt die Erhöhung der Atemfrequenz dar, die die Er-

    höhung der Wasserabgabe über die Schleimhäute und oberen Atemwege bewirkt. Bereits

    ab einer Umgebungstemperatur von 30°C und einer Luftfeuchte von 90% tätigt das Kalb

    150 oberflächliche Atemzüge pro Minute, es hechelt. Reichen diese Maßnahmen der

    Thermoregulation nicht aus und steigt die Körpertemperatur des Kalbes auf >40,5°C an,

    wird die Atmung lang und tief und der Kreislauf bricht zusammen. Bei hohen Temperatu-

    ren stellt die Wasserversorgung einen wichtigen Punkt zur Unterstützung der Thermore-

    gulation dar (RUCKEBUSCH, 1990b). Leistungseinbußen im Wachstum ergeben sich hier

    vornehmlich durch Appetitlosigkeit.

    Bei kälteren Umgebungstemperaturen, die außerhalb der thermoneutralen Zone liegen,

    steigt die Futteraufnahme des Kalbes. Die Zunahmen ähneln hingegen denen von wäh-

    rend der kalten Jahreszeit im Warmstall gehaltenen Tieren. Dies lässt den Rückschluss

    zu, dass die Futterverwertung bei niedrigen Temperaturen sinkt (KUNZ, 1983). Um die

    Wärmeabgabe zu vermindern, verengen sich die Gefäße. Außerdem kann der Körper

    durch Muskelzittern zusätzlich Wärme produzieren (RUCKEBUSCH, 1990b). Die Rektal-

    temperatur bei Kälbern, die bei Temperaturen

  • 26

    aufrechterhalten werden, aber die Atemwege verengen sich, der Blutdruck steigt und es

    kommt zu einer regionalen Inhomogenität der Durchblutung und der Ventilation. Dies führt

    zu einer Störung des pulmonalen Gasaustausches. Wird die Temperatur hingegen plötz-

    lich von 18-20°C auf 35°C erhöht, bleibt der pulmonale Gasaustausch unbeeinträchtigt, da

    sich die Atemfrequenz deutlich erhöht und die Tiere beginnen zu hecheln. ELMER und

    REINHOLD (2002a) stellten fest, dass die Körpertemperatur der Kälber unter diesen Be-

    dingungen stetig ansteigt und schlussfolgerten daraus, dass die Tiere bei dieser plötzlich

    auftretenden Temperaturdifferenz nur unzureichend Möglichkeiten zur Thermoregulation

    hatten. Ein Kollabieren war nicht auszuschließen. ELMER und REINHOLD (2002a) emp-

    fehlen daher sowohl in Hinsicht auf die Tiergesundheit als auch den Tierschutz, plötzlich

    auftretende Temperaturdifferenzen von mehr als 10°C unbedingt zu vermeiden. Die star-

    ken Temperaturdifferenzen haben nachweislich Einfluss auf die Gesundheit der Kälber.

    ELMER und REINHOLD (2002b) beobachteten die Versuchstiere über drei Wochen post

    expositionem und verwiesen auf die Erkrankungen mehrerer Tiere, die den Temperatur-

    schwankungen ausgesetzt waren. Als auffälligste Symptome wurden erhöhte Atemfre-

    quenzen und ansteigende Körpertemperaturen ausgemacht. Außerdem verendeten auf

    Grund respiratorischer Symptome drei Versuchstiere. Des Weiteren wurden nach Beendi-

    gung des Überwachungszeitraumes post expositionem bei der Sektion der Tiere pneu-

    monische Veränderungen der Lungen festgestellt. Diese Veränderungen wiesen nur die-

    jenigen Tiere auf, die während des Versuchs den Temperaturdifferenzen ausgesetzt wa-

    ren. ELMER und REINHOLD (2002b) schlussfolgerten aus den Untersuchungen, dass

    bereits kurzzeitige starke Schwankungen der Umgebungstemperatur erhebliche Auswir-

    kungen auf die respiratorische Gesundheit haben und unbedingt vermieden werden müs-

    sen.

    2.5.3.2 Einfluss der Jahreszeit auf die Verluste

    Die verschiedenen Jahreszeiten kennzeichnen sich durch Unterschiede in der Tempera-

    tur, der Luftfeuchte, der Niederschlagshäufigkeit und –intensität, aber auch des Auftretens

    von Wind. Es bestehen nachweislich jahreszeitliche Variationen der Kälberverluste. Diese

    Erscheinung tritt in verschiedenen Ländern auf. So erreicht die Kälbersterblichkeit in

    Großbritannien in den Monaten Februar bis Mai ihren Höhepunkt (MORNET und

    QUINCHON, 1990). In Bayern sind die Monate Februar, März und Juli als die verlust-

    reichsten auszumachen. Während der Wintermonate stehen die Kälberverluste in engerer

    Beziehung zu den meteorologischen Gegebenheiten als während der Sommermonate.

    Auch die Totgeburten scheinen einer jahreszeitlichen Schwankung zu unterliegen. Sie

    erreichen ihren Höhepunkt während der Sommermonate (MORNET und QUINCHON,

    1990). Die erhöhte Kälbermortalität während der Wintermonate wird von verschiedenen

    Autoren bestätigt. WALTNER-TOEWS et al. (1986) hingegen beschrieben eine zufällige

  • 27

    Verteilung der Verluste im Jahresverlauf. Sie wiesen aber ein vermehrtes Auftreten respi-

    ratorischer Erkrankungen in den Herbst- und Wintermonaten nach. DONOVAN et al.

    (1986), die sich mit dem Einfluss der Jahreszeit auf die Serum-Proteinkonzentration be-

    schäftigten, ermittelten eine geringere IgG-Absorption während der Sommermonate. Dar-

    aus schlussfolgerten sie vermehrte Kälberverluste während der warmen Jahreszeit.

  • 28

    3 Material und Methoden

    3.1 Versuchstiere

    Die Datengrundlage des Versuchs bilden 65 Kälber der Rasse Deutsche Holsteins, die im

    Zeitraum vom 23.12.2012 bis 17.02.2013 auf einem Milchviehbetrieb in Mecklenburg-

    Vorpommern geboren wurden. In die Auswertung fließen die Daten von 31 männlichen

    und 34 weiblichen Kälbern ein. Die Herde umfasst etwa 450 Kühe und hatte eine durch-

    schnittliche Jahresleistung von 10.786 Mkg mit einem Fettgehalt von 3,98% und einem

    Eiweißgehalt von 3,34% im Jahr 2012.

    3.1.1 Haltung

    Die Versuchstiere wurden innerhalb von zwei Stunden nach der Geburt durch das Perso-

    nal des Betriebes vom Muttertier getrennt. Die Unterbringung erfolgte in Einzeliglus mit

    einem Auslauf. Verwendet wurde das Modell Logistar der Firma Patura, welches aus HD-

    Polyethylen gefertigt wurde. Die inneren Abmessungen der Iglus waren: 2m l x 1,35m b x

    1,38m h. Durch die Verjüngung der Iglus nach oben betrug die Länge an der Oberkante

    1,75 m und die Breite verringerte sich auf einer Höhe von 1,05 m auf 1 m. Der Auslauf

    maß immer 1,58 m in der Länge und 1,48 m in der Breite. Die Iglus standen so nebenei-

    nander, dass die Ausläufe einen Abstand von etwa 30 cm zueinander hatten. Es standen

    sich jeweils zwei Reihen der Iglus gegenüber, sie waren mit der Öffnung nach Süd-Süd-

    West beziehungswiese Nord-Nord-Ost ausgerichtet. Sie standen größtenteils mit der

    Rückwand an Stallgebäuden, einige Iglus waren freistehend und durch Baumbestand

    geschützt. Die Iglus und der Auslaufbereich wurden mit einer etwa 10 cm dicken Schicht

    aus Langstroh eingestreut und in regelmäßigen Abständen wurde neues Stroh einge-

    bracht.

    Von den Versuchstieren wurden 29 mit wärmeisolierenden Kälberdecken ausgestattet,

    davon waren 13 männlich und 16 weiblich. Die eingesetzten Kälberdecken waren alle in

    ihrer Ausführung und Größe identisch (Abbildung 3), wasserdicht und atmungsaktiv. Die

    materielle Zusammensetzung gestaltet sich wie folgt: Obermaterial: Rippstopp, atmungs-

    aktiv, wasserabweisend, 100% Polyestergarn; Füllung: Wattierung 200 g/m2, 100% Poly-

    ester; Untermaterial: Baumwoll-/Polyestermix (80/20%). Die verwendeten Kälberdecken

    sind mit vier Gurten ausgestattet, die einen sicheren Sitz am Tier gewährleisten sollen.

    Ein Gurt geht von der rechten zur linken Schulter vorn über die Brust, um das Verrutschen

    nach hinten zu verhindern, ein zweiter Gurt wird hinter den Vorderbeinen unter dem

    Brustkorb hindurch gespannt und zwei weitere Gurte werden von der hinteren Flanke

    durch die Hinterbeine hindurch gezogen und dann an der Seite der Decke befestigt. Dies

    und die Gurte hinter den Vorderbeinen verhindern das Herunterfallen oder seitliche Ver-

    rutschen der Decke. Nach der Benutzung wurden die Decken mit einem Hochdruckreini-

  • 29

    ger gereinigt und getrocknet, bevor sie dem nächsten Kalb aufgelegt wurden. Hierbei

    wurden keine Reinigungsmittel verwendet.

    Abbildung 3: Verwendete Kälberdecke

    3.1.2 Versorgung

    Innerhalb von zwei Stunden nach der Geburt erhielten die Versuchstiere maternales Ko-

    lostrum. In Einzelfällen wurde eine Kolostrumreserve getränkt. Während der ersten drei

    Lebenstage erhielten alle Kälber ein Mischkolostrum. Ab dem vierten Lebenstag wurden

    die Kälber geschlechterspezifisch bis zur Vollendung des 14. Lebenstages getränkt. Die

    männlichen Kälber erhielten pro Tag 8 l angesäuerte Vollmilch, die auf zwei Portionen

    aufgeteilt wurde. Bei besonders tiefen Temperaturen wurde die Tränkmenge auf drei Por-

    tionen täglich aufgeteilt, um das Gefrieren der Milch zu verhindern. Die weiblichen Kälber

    wurden ab dem vierten Lebenstag mit täglich 9 l Milchaustauscher (MAT) auf drei Portio-

    nen verteilt warm getränkt. Die Konzentration des MAT betrug hierbei 143 g/l Wasser. Der

    Anteil an Magermilchpulver des Milchaustauschers lag bei 45%, dazu kommen 36% Mol-

    kenpulver und 17% pflanzliches Öl. Die wichtigsten Inhaltsstoffe des MAT sind anteilig:

    22,5% Rohprotein, 18% Rohfett, 7,5% Rohasche, 0% Rohfaser, 0,5% Natrium, 0,9% Cal-

    cium, 0,8% Phosphor und 1,8% Lysin. Zusätzlich ist dieses Produkt mit 40.000 I.E. Vita-

    70 cm

    74 cm

    37 cm

  • 30

    min A, 5.000 I.E. Vitamin D3, 300 mg Vitamin E, 10 mg Kupfer und 100 mg Eisen je Kilo-

    gramm Trockensubstanz angereichert.

    3.2 Erhobene Daten

    Während der 57 Tage, die als Datengrundlage für den Versuch dienen, wurden verschie-

    dene Parameter erfasst.

    3.2.1 Messung des Gewichts und Erhebung der täglichen Zunahmen

    Nach der Geburt wurden alle Kälber mit einer stationären Wiegeplattform gewogen, bevor

    sie in die Iglus verbracht wurden. Für die Versuchsauswertung wurden die Kälber ent-

    sprechend ihres Geburtsgewichtes in vier Gruppen klassifiziert: I 47 kg. Außerdem wurde das Gewicht am 14. Lebenstag mit derselben

    Waage erfasst, sodass eine durchschnittliche tägliche Zunahme für diesen Zeitraum für

    jedes Kalb errechn