Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und...

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Hochschule Neubrandenburg Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung im Kindesalter -Early Education- Zweisprachige Entwicklung von Kindern zwischen 2 und 7 Jahren: Besonderheiten, wichtige Faktoren und pädagogische Unterstützung. Bachelorarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) Vorgelegt von: Irina Siegel Erstprüfer: Prof`n. Dr. Marion Musiol Zweitprüfer: Dr. Claudia Nürnberg Tag der Einreichung: 05.07.2016 URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2016-0259-7

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und

Erziehung

Hochschule Neubrandenburg

Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung im Kindesalter

-Early Education-

Zweisprachige Entwicklung von Kindern

zwischen 2 und 7 Jahren:

Besonderheiten, wichtige Faktoren und pädagogische

Unterstützung.

Bachelorarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Arts (B.A.)

Vorgelegt von: Irina Siegel

Erstprüfer: Prof`n. Dr. Marion Musiol

Zweitprüfer: Dr. Claudia Nürnberg

Tag der Einreichung: 05.07.2016

URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2016-0259-7

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Inhaltsverzeichnis Seite Einleitung 1

1.Kapitel: Sprache und Mehrsprrachigkeit-

sprachwissenschaftliche Grundlagen

1.1. Forchungsstand 8

1.2.Begriffserklärung 8

1.2.1 Was sind Sprache und Kommunikation? 8 1.2.2 Was bedeutet Zwei- oder Mehrsprachigkeit? 9 1.2.3. Doppelter (bilingualer, simultaner) Erstspracherwerb 10 1.2.4 (Sukzessiven) Zweitspracherwerb 10 1.2.5 Muttersprache oder Erstsprache 11 1.2.6. Semilingualismus, unvollständigem Spracherwerb, Sprachabbau oder Sprachverlust 12 1.3. Theoretische Ansätze zum Spracherwerb 13 1.4.Thesen über Vor- und Nachteile einer mehrsprachigen Erziehung 14 1.5.Die Bedeutung der Erstsprache (Muttersprache) 15 1.6. Besonderheiten bei mehrsprachigen Spracherwerb 18 1.6.1. Der Zeitaufwand während bilingualen Erstspracherwerb 18 1.6.2. Sprachmischungen 19 1.6.3. Interferenzen 20 1.6.3.1 lautlichen Interferenzen 20 1.6.3.2 lexikalischen Interferenzen 20 1.6.3.3. Grammatikalische Interferenzen 21 1.6.4. Das Code-Switching (Kode-Wechsel oder Sprachwechsel) 22 1.6.5. Sprachmischungen (Code-mixing) 22 1.7. Zwischenfazit 23 2. Kapitel: Sprachstandsfeststellung bei mehrsprachigen Kindern, Sprachförderpragramme und Konzepte 2.1. Instrumente für die Sprachstands Feststellung bei mehrsprachigen Kindern 24 2.2. Sprachförderprogramme und Sprachförderkonzepte 28 2.2.1 Sprachförderprogramme 29 2.2.2Sprachförderkonzepte 29 2.2.3 Nicht strukturorientierende Ansätze 29 2.2.4 Strukturorientierende Förderansätze 29 2.3 Das Sprachförderprogramme „Neue Wege der sprachlichen Frühförderung von Migrantenkinder“ ( Penner) 30 2.4. das Sprachförderprogramm „Elleressemene“ 31 2.5. Das Sprachförderkonzept „Sprache macht Stark“(Tracy) 31 2.6 Zwischenfazit 34 3. Kapitel: Qualitative Forschung (Interviews). 3.1 Forschungsfragen 35 3.2 Vorbereitung und Organisation 35 3.3. Interview Nr. 1 mit Frau Vera Sverdlova 36

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3.3.1. Material Erhebung 36 3.3.2. Kodierungen des Materials 37 3.3.3. Analyse 38 3.3.3.1. „natürliche“ Kodes 38 3.3.3.2 „soziologisch konstruierte “ Kodes 40 3.4. Interview Nr. 2 mit Olga Egorova 42 3.4.1. Material Erhebung 42 3.4.2. Analyse 42 3.4.2.1„natürliche“ Kodes 42 3.4.2.2 „soziologisch konstruierte “ Kodes 44 3.5.Interview Nr. 3 mit Horterzieherin 46 3.5.1. Material Erhebung 46 3.5.2. Analyse 47 3.5.2.1. „natürliche“ Kodes 47 3.5.2.2 „soziologisch konstruierte “ Kodes 48 3.6. Zwischenfazit 48 4. Kapitel: Pädagogische Unterstützung den zweisprachigen Kindern in ihren Spracherwerb. 4.1. Wie die Kinder Sprachen erwerben 52 4.1.1. Das Bild vom Kind 52 4.1.2. Expliziter und Impliziter Spracherwerb 53 4.2. Faktoren, die das Erlernen einer Sprache beeinflussen 54 4.2.1. Bindung 54 4.2.2. Motivation, Interesse und Konzentration 56 4.2.3.Alter 58 4.2.4. Umfeld und Lernatmosphäre 60 4.2.5. Dauer(Quantität) 61 4.2.6. Intensität (Qualität) 62 4.2.7 Sinnesaktivierung 63 4.2.8. Identifikation mit der Sprache 63 4.2.9. Sprachprestige 64 4.3. Aktivitäten, unterstützende Mehrspracherwerb des Kindes 65 4.3.1.Kinderverse, Sprüche, Reime und Fingerspiele 65 4.3.2.Kinderlieder in unterschiedlichen Sprachen 66 4.3.3.Wortschatz und Wortfelder 66 4.3.4.Die Bücher 67 4.3.5. Projekte der aktiven Medienarbeit 68 4.4. Die Zusammenarbeit mit den Eltern 69 5. Fazit 72 6. Literatur- und Quellenverzeichnis 74 6.1. Literaturverzeichnis 74 6.2.Zeitschriften 79 6.3.Internetquellen 79 7. Anhang 83 8. Eidestattliche Erklärung 109

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„Lernt man eine neue Sprache,

erwirbt man eine neue Seele“.

(tschechisches Sprichwort)

Einleitung

Die Mehrsprachigkeit ist heutzutage ein alltägliches Phänomen. Die Anzahl

der von der Weltbevölkerung gesprochenen Sprachen (ca. 7000) übersteigt

diejenige der 193 Staaten der Welt um ein Vielfaches. Es ist daher nicht

überraschend, dass in vielen Ländern de facto oder de jure im gesamten

Staatsgebiet oder in Teilen dessen Zwei- oder Mehrsprachigkeit herrscht. So

zum Beispiel in der Schweiz (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rätoroma-

nisch), in Südtirol (Deutsch, Italienisch, Ladinisch), in Singapur (Englisch,

Malaysisch, Mandarin, Tamil) usw.

Im Jahr 2014 hatten rund 16,4 Millionen Menschen in Deutschland einen

Migrationshintergrund. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis

des Mikrozensus 2014 mitteilt, entsprach dies einem Anteil von 20,3 % der

Gesamtbevölkerung und einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 3,0 %.

Die Mehrheit der Personen mit Migrationshintergrund hatte einen deutschen

Pass (56,0 %).1

Im vergangenen Jahr (2015) sind 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland

gekommen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte, das sei die

höchste Zahl von Asylbewerberzugängen, die jemals in Deutschland ver-

zeichnet worden sei. "Dieser enorme Zustrom hat uns vor Herausforderun-

gen gestellt, wie es sie seit der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht mehr ge-

geben hat."2

Das bedeutet, dass jede Kindertageseinrichtung mit einem großen Anteil an

Kindern mit Migrationshintergrund rechnen sollte.

Eine zweisprachige Kindheit kann auch in Deutschland jedoch nicht nur

durch Migration im klassischen Sinne bedingt sein. Die heutige Gesellschaft

ist in Ausbildung, Arbeit und Freizeit höchst flexibel und mobil. Mehrsprachi-

gen Familien, die aufgrund von Studien- oder Arbeitsaufenthalten im Aus-

1 URL1:destatis.de (2015) 2 URL2: welt.de (2016)

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land, ja sogar nach Urlauben entstanden sind, begegnet man auf Schritt und

Tritt.3

Für einen großen Teil der Kinder wird es mit dem Eintritt in eine Kindertages-

einrichtung „ernst“ mit dem Erwerb der deutschen Sprache. Denn in ihrem

neuen Umfeld ist die deutsche Sprache die einzige gemeinsame Verkehrs-

sprache. Nicht nur die Kinder sehen sich dadurch neuen Anforderungen ge-

genüber, auch die Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen stehen vor zu-

sätzlichen Herausforderungen in ihrer sprachlich-pädagogischen Arbeit. Sie

sollen die Kinder bei ihrem Einstieg in einen zweiten Spracherwerbsprozess

begleiten.

Viele Migrantenkinder leben in und mit verschiedenen Sprachen, die selbst-

verständlich zu ihrem alltäglichen Leben gehören. Viele Kinder schätzen ihre

Mehrsprachigkeit als hohe Kompetenz, sie lernen und sprechen gern mehre-

re Sprachen. Auch die meisten Eltern mit Migrationshintergrund begrüßen

die Mehrsprachigkeit ihrer Kinder. Sie finden die Erstsprache als Verständi-

gungsmittel in der Familie sehr wichtig. Die deutsche Sprache hingegen er-

möglicht ihnen die Kommunikation mit anderen Menschen und ist die ge-

meinsame Sprache in Kindergarten und Schule.

Das Recht der Kinder auf Mehrsprachigkeit ist in der Convention on the

rights of the child der Vereinten Nationen (1998) verankert.

Es ist oft zu hören oder zu lesen: „…obwohl die meisten Erzieher/innen

Mehrsprachigkeit als sehr positiv einschätzen, können sie die verschiedenen

Sprachen der Kinder nicht mit ihrer Arbeit vereinbaren. Die Not einsprachiger

Erzieher/innen in mehrsprachigen Gruppen besteht häufig darin, dass sie

sich mit der Aufgabe überfordert sehen, allen Kindern Deutsch beizubringen

und sie altersgerecht sprachlich zu fördern. Ihre einsprachigen Angebote

funktionieren nicht, wenn die Kinder sie nicht ausreichend verstehen“.4

Dabei Mehrsprachigkeit ist ein Gewinn unabhängig davon, welche Sprache

gesprochen wird. Mehrsprachige Menschen sammeln Erfahrungen in mehre-

ren Sprachwelten und haben potentiell einen größeren Kreis von Menschen,

mit denen sie kommunizieren können. Erkenntnisse der Spracherwerbsfor-

3 vgl. Schneider (2015), S.11. 4 URL3: verlagdasnetz.de

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schung weisen deutlich darauf hin, dass die Herkunftssprache systematisch

gefördert werden sollte, damit sie als Denk- und Verstehens- Grundlage für

das Erlernen weiterer Sprachen dienen kann. Daher fällt es mehrsprachig

aufgewachsenen Menschen leichter als anderen, weitere Sprachen hinzu zu

lernen.5

Seit meinem Praktikum im Kindergarten beschäftigen mich einige Fragen,

auf die ich bis jetzt keine richtige Antwort gefunden habe.

Maria Ringler hat im Buch „Kompetent Mehrsprachig“ eine Situation aus dem

Kindergartenalltag beschrieben, welche mich sehr stark an meine eigenen

Erlebnisse aus dem Praktikum erinnert hat. Die Autorin beschreibt einen hal-

ben Tag in einer Kita. Mit besonderer Aufmerksamkeit hat Frau Ringer ein 4

Jähriges Mädchen Laura (Muttersprache Spanisch) beobachtet, das noch

fast kein Deutsch gesprochen hat.

So zum Beispiel beschreibt Ringer die ersten Stunden von Laura in der Kita:

„Neben den normalen Ängsten, die mit der Trennung von der Mutter ver-

bunden sind, erlebt Laura in der ersten Zeit im Kindergarten auch eine um-

fassende Sprachlosigkeit. Ihre bereits erworbene Sprachkompetenz im Spa-

nischen kann sie plötzlich nicht mehr nutzen. Sie hat an der Schwelle zum

Kindergarten nicht nur ihre Muttersprache abgelegt, sondern auch die emoti-

onalen und kommunikativen Fähigkeiten in Bezug zu ihrer Umwelt.“6

Im Buch wurde bemerkt, dass die Art und Weise wie Kinder mit solchen Situ-

ationen umgehen strak von ihrer Persönlichkeit abhängt. So sind Verhal-

tensweisen wie das Verstummen der Kinder, der völlige Rückzug aus der

Gruppe, aber auch eigenwilliges oder aggressiver Verhalten gängige Muster.

Dann widmet sich die Autorin wieder der Situationsbeschreibung. Sie beo-

bachtet das Mädchen während des Morgenkreis, dem freien Spiel, Klein-

gruppenangeboten, Bewegungsspielen und zum Schluss beim Mittagses-

sen.

Laura hat an diesem Vormittag in vier Stunden selbst kein einziges deut-

sches Wort gesprochen. Sie hat neben einem permanenten Geräuschpegel

von Alltagsgeräuschen ein Stimmengewirr aus unterschiedlichen Sprachen

wahrgenommen, zwei deutsche Kinderlieder gehört, aber sprachlich nicht

5 vgl. Stöcker-Zafari, (2012), S. 7. 6 vgl. Ringler, (2013), S. 18.

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verstanden. Sie hat sich mit den Erzieherinnen und den Kindern hauptsäch-

lich durch die Deutung von Handlungen und Bewegungen verständigt. Laura

ist immer zwischen Kinder gewesen, aber es wahr zu sehen wie einsam sie

sich gefühlt hat.7

So hätte die Beobachterin wahrscheinlich ihre Beschreibung beenden kön-

nen, wenn es nicht zu einem Vorfall gekommen wäre. Während der Mittags-

pause wurde Frau Ringe von ihrem Mann auf dem Handy angerufen. Da sie

zur Hause mit ihrem Mann Spanisch spricht, hat sie auch am Telefon in die-

ser Sprache geantwortet. Das hat Laura gehört und hat plötzlich mit strah-

lenden Augen auf Spanisch gefragt: „ Du kannst mit mir sprechen?“ Dann hat

Frau Ringer ihre Beobachterrolle verlassen und ein paar Minuten mit dem

Kind Spanisch gesprochen hat. Plötzlich kam ein Junge dazu und hat auf

Deutsch gefragt: „Wie sprichst du da, was redet Laura?“ und wollte mich

gleich „als Übersetzerin für Laura nutzen“,- schreibt die Autorin. Plötzlich ha-

ben zwei, drei Kinder angefangen mit Laura in Deutsch zu sprechen. Als

nach dem Mittagessen Laura wieder von ihrer Mutter abgeholt wurde, hat sie

als erstes berichtet, dass die neue Tante im Kindergarten auch Spanisch

spricht.8

Damit sind für Laura erst als sie ihre Muttersprache hörte eine Möglichkeit

und Motivation zum Sprechen aufgetreten. Hier hat sie sich wiederfinden

können und ihre Gedanken und ihr Verhalten auch verbalisieren können. Es

war für sie das entscheidende Erlebnis dieses Kindergartentages.9

Wie bereits erwähnt, habe ich auch während meines Praktikums sehr ähnli-

che Situation erlebt. Als ich mit meinem Blockpraktikum schon fertig wurde,

sind in meine Beobachtungsgruppe zwei Jungs 4 und 6 Jährige Jungen aus

der Ost-Ukraine (Stadt Donezk) gekommen. Leider habe ich zu wenige Mög-

lichkeiten, mich mit ihnen zu unterhalten. Als ich 3-4 Monate später diese

Gruppe in der Kita kurz besucht habe, die Erzieherin hat mir erzählt, dass

sie sich viel Mühe gibt, mit diesen Kindern in Kontakt zu kommen, ihnen eini-

ge deutsche Wörter auf beizubringen, leider hat sie damit keinen großen Er-

folg.

7 vgl. Ringler (2013), S. 18. 8 ebd. 9 ebd., S. 18f.

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Die Kinder wollen gar nicht sprechen. Sie hat sich sehr viele Sorgen um das

ältere Kind gemacht, weil es in Kürze eingeschult werden sollte.

„Der jüngere Bruder will gar nicht mehr reden, nicht mal Russisch mit sei-

nem Bruder.“- hat sie sich beschwert. „Ganze Tag lang hört man von ihm

kein Wort!“- hat die Erzieherin festgestellt.

Es war sehr traurig für mich gewesen das zu hören. Ich habe zu den Jungs

gegangen und angefangen mit ihnen auf ihre Muttersprache zu sprechen. Ich

habe nichts besonders gefragt, nur was haben sie heute erlebt, was ihnen

hier besonders gefällt. Es war ein bisschen erstaunlich, dass grade kleinere

Bruder angefangen hat mit mir zu sprächen. Er hat unterbrochen geredet,

fast 7-8 Minuten lang. Dabei haben seine Augen gestrahlt (wie bei dem spa-

nischen Mädchen), er ist sehr emotional aufgeregt gewesen. Er hat mir er-

zählt was für eine tolle Burg er mit seinem Bruder gebaut hat, was für seltene

Steine und Insekten er im Garten gefunden hat, wie schnell er schon laufen

kann und wie gut er klettert

In kurze Zeit habe ich ziemlich viel von ihm und seine Bruder erfahren, der

auch an unserem Gespräch teilgenommen hat.

Die Erzieherin hat nur erstaunlich angeschaut und nur ein paar Wörter dazu

gesagt: „Siehst du, und mit uns redet er gar nicht!“

Ich hatte das Gefühl, dass diese erfahrene Pädagogin an die Grenze ihrer

Kompetenz gestoßen ist und sich in einigen Situationen ein bisschen hilflos

fühlte, zum Beispiel wenn die Kinder sie gar nicht oder falsch verstanden ha-

ben. Auf meine Anfrage nach einem Interview habe ich leider eine Absage

bekommen.

Frau Ringer erklärt Lauras Erlebnis und somit auch meine ähnliche Situation

damit, dass das wichtigste für das Kind die Beachtung und Wertschätzung

seiner Sprache und damit seiner Person war, die wie ein unsichtbarer

Schlüssel ihre Kommunikationsbereitschaft öffnete. „Sprachliche Signale in

der Erstsprache werden sehr sensibel wahrgenommen und vermitteln dem

Kind: Hier werde ich gehört, es ist wichtig, was ich kann und hier will man

auch von mir wissen, was ich zu sagen habe. Die Erstsprache kann so nicht

nur eine Brücke zur Zweitsprache bilden, ihre Wertschätzung ist vielmehr

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erst der Bewegungsgrund für das eigene Reden und sich Erbringen. Und erst

in der Kommunikation entsteht weitere Sprachkompetenz.“10

Daher habe ich die folgenden Forschungsfragen entwickelt: Wie können pä-

dagogische Fachkräfte der Kindheitspädagogik Kinder im zweisprachigen

Spracherwerb besser unterstützen?

Welche Faktoren haben dabei einen starken Einfluss und welche Bedingun-

gen braucht das Kind für optimale Sprachenentwicklung?

Welche Unterschiede treten in der Sprachentwicklung monolingualer und

zweisprachiger Kindern auf? Dürfen wir ihre deutschen Sprachkenntnisse mit

einander vergleichen?

Welche Instrumente für die Feststellung des Sprachstandards bei mehrspra-

chigen Kindern werden in der Praxis verwendet? Welche Sprachförderkon-

zepte existieren und welche davon sind optimal für die Unterstützung beim

Erwerb von mehreren Sprachen geeignet?

Was bedeutet es eigentlich für ein Kind seine Muttersprache zu hören und zu

sprechen? Wie fühlt es sich dabei, wie stark ist es emotional oder kulturell

mit dieser Sprache verbunden?

Es wird versucht auf all diese Fragen Antwort zu finden unter Zuhilfenahme

wissenschaftlicher Literatur (der letzten 10 Jahren) und Interviews (zwei in

ausländischen Familien und eines bei einer Horterzieherin).

Ich möchte noch hinzufügen, dass ich die oben genannten Forschungsfragen

nicht nur aus wissenschaftlichem, sondern auch persönlichem Interesse ge-

wählt habe, da die Frage zum Teil im Bezug zu meiner Biographie steht.

Ich komme aus der russischer Stadt Welikiy Nowgorod, bin seit 2002 mit ei-

nem deutschen Mann verheiratet und nach Deutschland umgezogen. Wir

haben zwei gemeinsame Kinder. Der ältere Sohn spricht perfekt Deutsch

(Muttersprachniveau), aber leider nicht besonders gut Russisch. Ich habe

den Wunsch, dass mein zweites Kind zweisprachig wird.

Die vorliegende Arbeit besteht aus vier Kapiteln. Von Anfang an wurde ge-

zeigt, wie Aktuell das ausgewählte Thema heute in Deutschland und in der

Welt ist. Dann wurde erklärt, wieso die Autorin sich diesem Thema widmet.

10 ebd., S. 23.

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Im erten Kapitel wird zerst der Forschungsstand von dem ausgewählten

Thema beläuchtet. Dann werden die Begrifflichkeit der Sprache, Zwei-,

Mehrsprachigkeit, sowie Muttersprache (Erstsprache) erklärt. Dazu werden

Unterschiede zwischen Doppelter (bilingualer, simultaner) Erstspracherwerb

und (Sukzessiven) Zweitspracherwerb gezeigt. Es werden solche Phänome-

ne betrachtet, wie Semilingualismus, der unvollständigen Spracherwerb, der

Sprachabbau. Die Bedeutung von der Muttersprache wird in dieser Arbeit

sehr detaliert beschrieben.

Es werden theoretische Ansätze zum Spracherwerb beleuchtet. Dann wer-

den Thesen über Vor- und Nachteile einer Mehrsprachigen Erziehung in der

Literatur genannt. Es werden besondere Sprachmerkmale bei mehrsprachi-

gen Kindern beschrieben.

In zweitem Kapitel werden unterschiedliche Instrumente für die

Sprachstandsfeststellung bei mehrsprachigen Kindern analysiert. Dann wer-

den verschiedene Sprachförderprogramme und Sprachförderkonzepte be-

schrieben und einige davon mehr detaliert betrachtet.

Das dritte Kapitel der vorliegenden Arbeit besteht aus drei Interviews, ihre

Kodierung und Analyse.

Im vierten Kapitel wird beschreiben, wie die pädagogischen Fachkräfte die

Kindheitspädagogik die Mehrsprachigkeit der Kinder in ihrem Spracherwerb

unterstutzen können. Es werden die wichtigen Faktoren, die das Erlernen

einer Sprache beeinflussen können zusammengefasst. Dabei werden solche

wichtige Aspekte pädagogischer Arbeit, wie Bindung und Beziehungen wäh-

rend Spracherwerb beleuchtet.

In diesem Kapitel werden auch praktische Beispiele der zweisprachigen Er-

ziehung gegeben. Zum Schluss folgt Kapitel über Zusammenarbeit mit den

Eltern zweisprachiger Kinder.

Ein Fazit rundet diese Bachelorarbeit ab.

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1. Kapitel: Sprache und Mehrsprachigkeit:

Sprachwissenschaftliche Grundlagen

1.1. Forchungsstand

Das Thema des Zweispracherwerbs bei Kindern ist bereits in der Wissen-

schaftlichen Literatur weit verbreitet. Es gibt eine Vielzahl der Fachliteratur

über Förderung und pädagogische Unterstützung Kinder beim Zweitsprach-

erwerb.

Das Thema zweisprachige Kindererziehung wird sehr gut in der Literatur be-

leuchtet. Wegen begrenzten Rahmens dieser Bachelorarbeit wurde ent-

schieden, meistens (mit einigen Ausnahmen) die Literaturgrundlage der letz-

ten 10 Jahre zu betrachten.

In den letzten Jahren in der Hochschule Neubrandenburg sind auch mehrere

Bachelorarbeiten über Mehrsprachigkeit bei den Kindern entstanden. Das

sind zum Beispiel folgende Abschlussarbeiten: Fiedler G. (2012) „Zweispra-

chigkeit in der frühen Kindheit- Bilinguale Förderung in Kindertagesstätten

und der Familie“. Leirich T. K. (2014) „Mehrsprachigkeit- eine Chance für die

Zukunft?! Zweisprachig aufwachsen in der Familie und in der Kindertages-

stätte“. Tonagel F. (2015) „Bedeutung von Mehrsprachigkeit in Kindertages-

stätten. Leitfadeninterviews mit Kitaleiterinnen“.

Damit kann man feststellen, dass Thema von dieser Bachelorarbeit sehr ak-

tuell ist und mit der Zeit immer größeres Interesse bekommt.

1.2 Begriffserklärung

1.2.1 Was sind Sprache und Kommunikation?

Was ist eigentlich Sprache? Laut linguistischer Auffassung Sprache hat fol-

gende wichtige Merkmale: Sprache ist ein Symbolsystem, das willkürliche

Symbole benutzt (das bedeutet, dass sie Wörter keine Ähnlichkeit mit dem

bezeichneten Gegenstand aufweisen );Sprache ist kontextfrei; Sprache wird

kulturell vermittelt; Sprache ist ein kombinatorisches System in dem Sinne,

dass sich Symbole regelhaft immer neu miteinander kombinieren lassen.11

11 vgl. Szagun (2011), S. 17 f.

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Menschen erwerben Sprachen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen.

Unabdingbar für eine normale sprachliche und kognitive Entwicklung ist al-

lerdings, dass einem Kind mindestens eine Sprache von Anfang an als natür-

licher Bestandteil seiner Umgebung begegnet. Diejenige Sprache, die man

sich von Geburt an aneignet, bezeichnet man als Erstsprache oder Mutter-

sprache.12

Die Kinder können von Anfang an mit mehr als einer Sprache aufwachsen.

1.2.2 Was bedeutet Zwei- oder Mehrsprachigkeit?

Wie vielseitig die zweisprachige Problematik ist, zeigt schon die Tatsache,

dass es eine Vielzahl von Definitionen der Zweisprachigkeit gibt. In der Lite-

ratur wird von 21 gängigen Definitionen gesprochen. Die Vorstellungen von

Zweisprachigkeit sind nicht nur zahlreich, sondern auch extrem unterschied-

lich. Sie bewegen sich zwischen den beiden gegensätzlichen Positionen von

Leonard Bloomfield (1933) und John Macnamara (1967).

Laut Bloomfield (1933) ist eine Person dann zweisprachig, wenn sie beide

Sprachen wie Muttersprachen beherrscht. Diese Formulierung ist leider un-

klar, weil wird nicht erklärt nach welchen Kriterien „perfekt“ und „wie die Mut-

tersprache“ gemessen wird. Dazu kommt, dass die gestellten Anforderungen

an den Sprecher sehr hoch sind.

Im Gegensatz zu Bloomfield gibt uns Macnamara (1967) eine Definition vor,

nach der jeder zweisprachig ist, der zu seiner Muttersprache eine minimale

Kompetenz in wenigstens einer der vier Sprachebenen einer weiteren Spra-

che aufweist: Sprechen, Verstehen, Schreiben und Lesen.

Eine häufig anzutreffende Position, die auch in dieser Arbeit verwendet wird,

geht von ausgewogener Zweisprachigkeit aus. Danach sind diejenigen Per-

sonen als zweisprachig zu bezeichnen, deren Beherrschung beider Spra-

chen alle ihre wichtigen Lebensbereiche abdeckt. Es besteht ein gewisses

Gleichgewicht sowie eine Ausgewogenheit der Sprachkompetenz („balanced

bilingualism“). Das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Fertigkeiten in

den beiden beteiligten Sprachen schließt nicht eine perfekte Beherrschung

aller Bereiche in diesen Sprachen ein. Die Zwei- und Mehrsprachigkeit be-

12 vgl. Tracy/ Lemke (2009), S. 24.

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deutet nach dieser Vorstellung, dass der Mehrsprachige in den meisten Situ-

ationen ohne weiteres von der einen in die andere Sprache umschalten

kann, wenn es nötig ist. Es ist auch typisch, dass mehrsprachige Menschen

für einige bestimmte Unterhaltungsthematiken lieber die eine Sprache aus-

wählen und für die andere die Zweite.

„Eine vollkommene Beherrschung von zwei oder gar mehreren Sprachen in

allen Bereichen des menschlichen Lebens gibt es nicht. Eine perfekte Be-

herrschung aller wesentlichen Teilbereiche der Sprachen (Wortschatz, Aus-

sprache und grammatische Struktur) ist ebenfalls selten anzutreffen“.13

In der wissenschaftlichen Literatur besteht auch ein Unterschied zwischen

den beiden Begriffen Doppelspracherwerb (auch bilingualer Erstspracher-

werb oder Bilingualismus genannt) und Zweitspracherwerb.

1.2.3. Doppelter (bilingualer, simultaner) Erstspracherwerb

„Begegnen einem Kind von Anfang an in seiner Umgebung regelmäßig zwei

Sprachen, ob von der Seite einer einzigen Bezugsperson oder durch den

frühen, intensiven Kontakt mit Sprechern unterschiedlicher Sprachen, so ist

ein doppelter (bilingualer) Erstspracherwerb sehr wahrscheinlich.

In der Forschung besteht keine völlig einheitliche Bezeichnung des in dieser

Arbeit untersuchten Phänomens des Erwerbs zweier Erstsprachen in der

frühen Kindheit. Allgemeindominieren die Benennungen „doppelter Erst-

spracherwerb“14 „bilingualer Erstspracherwerb“ bzw.„ bilingual first language

acquisition“15 und „simultaner Erstspracherwerb“16, die gemeinhin als syno-

nym zu betrachten sind. De Houwer (1990) fordert allerdings, den Begriff

„simultan“ nicht zu verwenden, da er in der Vergangenheit von verschiede-

nen Autoren mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet worden sei.

1.2.4 (Sukzessiven) Zweitspracherwerb.

Wenn die Zweite Sprache erst in den Alltag des Kindes tritt, nachdem er ei-

ne Erstsprache schon gut beherrscht, spricht man von (sukzessivem) Zweit-

spracherwerb. In Abhängigkeit vom Alter kann man den frühen Zweitsprach-

13 vgl. Heuchert (1989), S. 24. 14 Tracy (1996), Tracy & Gawlitzek-Maiwald (2000), Keller / Leuninger (2004). 15 de Houwer (1990), Meisel (2001). 16 Edwards (1994), Müller et al. (2007), Meisel (2003).

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erwerb im Vorschulalter (etwa von drei bis fünf Jahren) vom Erwerb im

Schulalter und schließlich vom Erwerb in Erwachsenenalter unterscheiden.

Zu letzterem Erwerbstyp gehört Zweitspracherwerb nach der Pubertät.

Die Wissenschaft weißt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch sehr wenig darü-

ber, ob und worin genau sich der Zweitspracherwerb bei Kindern unterschei-

det, die bei Erwerbsbeginn, also dem Moment intensiver Kontaktaufnahme

mit der Zweitsprache Deutsch, drei, vier, fünf oder sechs Jahre alt waren.

Manche Forscher meinen, dass sich mit zunehmender Reifung des Gehirns

einige angeborene Erwerbsstrategien, auf die noch beim Erstspracherwerb

zurückgegriffen wird, verlieren. ‚In der Fachliteratur wird es als möglich ange-

sehen, dass schon Fünfjährige manchmal anders mit dem Zweitspracher-

werb umgehen als Drei- bis Vierjährige. Gut erforscht ist, dass bereits Zwei-

und Dreijährige manche feien Lautunterschiede nicht mehr so gut wahrneh-

men, wie sie es noch als Babys konnten.

Im Laufe der letzten Jahre konnte in mehreren Forschungsprojekten nach-

gewiesen werden, dass Zweitsprachlerner, sofern sie nur möglichst früh mit

dem Deutschen konfrontiert werden, noch dieselben Erwerbsphasen durch-

laufen wie Kinder mit Deutsch als Erstsprache17 . Tracy schreibt dazu, dass

junge Zweitsprachlerner sogar erstaunlich schnell sind, und ihre Erstspra-

chen stehen ihnen dabei nicht im Wege. Die Autorin betont, dass dies nur für

den Fall gilt, dass die Rahmenbedingungen stimmen: „ohne ausreichendes

Sprachangebot der Umwelt, kommt auch der Zweitspracherwerb nicht in

Gang, oder er stagniert auf dem Weg zur Zielsprache aus Mangel an positi-

ver Herausforderung“.18

1.2.5 Muttersprache oder Erstsprache

Problematisch sind auch die Begriffserklärungen für die Wörter- „Mutterspra-

che“ oder „Erstsprache“ und „Zweitsprache“. In verschiedenen Diskussionen

werden sie als unzutreffend angesehen. Es wird teilweise auf die Bezeich-

nungen „Herkunftssprache“ und „Aufnahmesprache“ ausgewichen. Zum ei-

nen ist Deutsch in zunehmendem Maße für die Kinder genauso wichtig wie

die Erst- oder Muttersprache, auch im emotionalen Sinn. Zum anderen über-

17 vgl. Kroffke/ Rothweiler 2006, Thoma / Tracy 2006. 18 vgl. Tracy / Lemke (2009), S. 31.

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wiegt es im Kompetenzbereich bei vielen Kindern schön längst. Dadurch

kommen die beiden Sprachen in eine spezifische Beziehung, die durch das

Begriffspaar Erstsprache/Muttersprache und Zweitsprache nicht sehr genau

ausgedrückt wird.19

In dieser Bachelorarbeit wird der Begriff Erstsprache trotzdem als Mutter-

sprache verwendet. Ich bin mit der Meinung von Heuchet geteilt, dass jedes

Kind mit der ersten Sprache, welche es von seiner Mutter oder seinem Vater

hört, sehr stark emotional verbunden ist und diese Verbundenheit nicht ver-

wischt werden sollte.

1.2.6. Semilingualismus, unvollständigem Spracherwerb,

Sprachabbau oder Sprachverlust.

Bei Kindern, die sprachlichen Minderheiten angehören, passiert es häufig,

dass die Weiterentwicklung der Erstsprache bei Schuleintritt abrupt unterbro-

chen wird und die Alphabetisierung in der gerade erst im Aufbau befindli-

chen Zweitsprache stattfindet. Das Ergebnis sind meistens geringe sprachli-

che, aber auch geringe kognitive Fähigkeiten sowohl in der Erstsprache als

auch in der Zweitsprache. Dieses zweifache sprachliche Defizit wurde in der

Vergangenheit mit in der skandinavischen Linguistik entwickelt Begriffen

Semilingualismus oder doppelter Semilingualismus. charakterisiert.

Schneider schreibt, dass Semilingualismus kann zum Beispiel auftreten

kann, wenn Erstsprache eine Minderheitensprache ist, unter dem der mehr-

heitlich anderssprachigen Umwelt steht und das geringe soziale Prestige

hat.“20

Statt von Semilingualität wird in der heutigen Literatur zumeist von unvoll-

ständigem Spracherwerb und Sprachabbau gesprochen21 Chilla, Rothweiler

und Babur (2013) verwenden auch den Wort „Sprachverlust“. Die modernen

Begriffe unterscheiden sich von Begriff „Semilingualität“ nur damit, dass sie

sich auf den Zustand der Erstsprache beziehen.

19 ebd., S. 24. 20 vgl. Schneider ( 2015), S. 31. 21 Bolobyai 2009; Köpke/ Schmid 2013.

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Der unvollständige Erwerb und der Sprachabbau können passieren durch

starke Unsicherheit beim Sprachgebrauch, Wortfindungsprobleme und durch

Einfluss der anderen Sprache.

1.3. Theoretische Ansätze zum Spracherwerb.

In der Spracherwerb Forschung stehen sich zwei theoretische Positionen

gegenüber. Das ist auf der einen Seite eine Position innerhalb linguistischer

Theorien der generativen Grammatik (Nativismus), auf der anderen Seite

eine Position innerhalb psychologischer Theorien der neurokognitiven Ent-

wicklung.22

Die erste Position wird meist als „Nativismus“ bezeichnet, da sie sehr viele

Annahmen über angeborene sprachliche Fähigkeit macht.

Die nativistische Position trifft drei hauptsächliche Aussagen über den

Spracherwerb: Wesentliche grammatische Strukturen sind angeboren. Spra-

che entfaltet sich nach einem angeborenen fertigen Bauplan, der in den Ge-

nen enthalten ist. Sprache ist unabhängig von anderen kognitiven Fähigkei-

ten. Sie ist modular. Lernen spielt eine unwesentliche Rolle beim Spracher-

werb. Die Sprache der Umwelt ist zu unzulänglich, um aus ihr eine Gramma-

tik lernen zu können.23

Die epigenetische Position zum Spracherwerb basiert auf folgenden

Grundannahmen: sprachliches Verhalten entsteht aus der Interaktion von

genetischen und Umweltfaktoren. Es gibt notwendige Entwicklungswege,

aber individuelle Variabilität ist möglich. Lernen spielt eine sehr große Rolle.

Kinder konstruieren sprachliche Strukturen aus dem Umweltangebot. 24

In dieser Bachelorarbeit werden verschiedene Meinungen über impliziertes

und explizites Lernen detailliert betrachtet, so wie einige Sprachförderpro-

gramme, sowie diverse Instrumente für die Sprachstandsfeststellung bei

mehrsprachigen Kindern analysiert.

22 vgl. Szagun ( 2011). S.267. 23 ebd.,S. 273. 24 ebd.,S. 284.

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1. 4.Thesen über Vor- und Nachteile einer mehrsprachigen

Erziehung

Über die Vor- und Nachteile zweisprachiger Erziehung wurden zahlreichen

Thesen und Hypothesen aufgestellt. Anbei, zum Beispiel, einige positive

Annahmen, welche in der Mehrzahl in der kanadischen, amerikanischen und

belgischen Fachliteraturen schon nach 1950 anzutreffen sind.25 Zweisprachi-

ge Kinder lernen spielend leicht eine zweite Sprache, die andere Kinder spä-

ter in der Schule nur mit Mühe erlernen; sie erlernen die zweite Sprache bes-

ser und vollkommener, als das später möglich ist; solche Kinder sind sprach-

interessierter und sprachgewandter als einsprachige; sie sind toleranter und

offener als einsprachige; sie sind flexibler und anpassungsfähiger als ein-

sprachige. Die Kinder, die mit vielen Sprachen aufwachsen, haben ein bes-

seres Gespür für kulturelle Unterschiede und Besonderheiten der globalen

Welt. In der vorliegenden Arbeit werden diese positiven Thesen anhand von

Interviews überprüft.

Leider existiert bis heute eine Vielzahl an Negativurteilen über Zweisprachig-

keit, welche größtenteils aus älterer deutscher Fachliteratur (vor 1950)

stammt. Diese Negativstimmen sind zumeist sehr viel aggressiver als die

positiven Aussagen. Das sind zum Beispiel folgende Thesen: Durch das

gleichzeitige Erlernen von zwei Sprachen sind die Kinder überfördert; Zwei-

sprachige Kinder lernen weder die eine noch die andere Sprache richtig; die-

se Kinder sind sprachlich verspätet; diese Kinder haben keine Mutterspra-

che; diese Kinder können sprachlich nicht kreativ sein.

Folgende Vorurteile treffen die ganze Persönlichkeit des Kindes: „zweispra-

chige Kinder sind intelligenzmäßig zurück; diese Kinder sind doppelzüngig,

berechnend und verlogen; diese Kinder sind entwurzelt und heimatlos, sie

haben kein Vaterland; diese Kinder stottern oft, sind linkshändig und unge-

schickt; diese Kinder sind orientierungslos, labil, passiv im Verhalten; diese

Kinder sind oberflächlich; diese Kinder haben Minderwertigkeitskomplexe;

diese Kinder haben eine gespaltene Persönlichkeit, sie neigen zu Schizo-

phrenie“26.

25 vgl. Kielhöfer/ Jonekeit (1991), S. 9. 26 ebd, S.10.

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Alle diese negativen Thesen über zweisprachige Kinder haben die Autoren

des Buches „Zweisprachige Kindererziehung“ kommentarlos aufgelistet. Hier

werden sie auch unkommentiert gelassen, da die oben genannten negativen

Annahmen nicht wissenschaftlich nachgewiesen wurden. Zum Glück, kom-

men heute solche Vorurteile nicht sehr oft vor.

Dazu kann man hinzufügen: „Nachteilig ist nicht die Mehrsprachigkeit an

sich, sondern der Erklärungs- und Rechtfertigungszwang, mit dem sich

mehrsprachige Menschen immer wieder konfrontiert sehen, z. B. dann, wenn

sie ihre familiäre Sprachpolitik verteidigen müssen oder weil man bei ihnen –

anderes als bei sogenannten Monolingualen − dazu neigt, jedes Wort auf die

Goldwaage zu legen. Ein echter Nachteil ist es sicher auch, dass wir uns

noch immer schwer damit tun, das Kindern in die Wiege gelegte Talent zum

mehrsprachigen Spracherwerb angemessen zu fördern“27

1.5 Die Bedeutung der Erstsprache (Muttersprache) „Für ein Volk ist seine Sprache etwas Besonderes. In ihr wohnt sein ganzer

Gedankenreichtum an Tradition, Geschichte, Religion und Grundsätzen des

Lebens, sein Herz und seine Seele.. Nicht um meine Sprache zu verlernen,

lerne ich andere Sprachen, sondern ich gehe bloß durch fremde Gärten, um

für meine Sprache Blumen zu holen“

Johann Gottfried Herder (1744 - 1803)

In der Literatur wird oft über besondere Rolle von Erstsprache (Mutterspra-

che) berichtet. Die Muttersprache ist für jeden Menschen etwas ganz Beson-

deres. Es ist die Sprache der ersten und engsten Beziehungen, die Sprache,

der ein Menschenkind lauscht, lange bevor es den Sinn verstehen kann. Der

Klang, der Rhythmus und die Melodie beruhigen und beglücken das Kind.

Die Entwicklung der Erstsprache, sei es eine oder mehrere, ist in die gesam-

te Entwicklung des Kindes eingebunden. Sie wird entscheidend von der

neuronalen und kognitiven Entwicklung sowie dem körperlichen Wachstum,

wie etwa der Anatomie des Stimmtrakts, beeinflusst. Gleichzeitig ist sie eng

mit der Entfaltung des Kindes als soziales Wesen verbunden, denn Sprache

27 vgl. Tracy (2008), S. 59f.

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bedeutet- zwar nicht nur- Kommunikation mit anderen Personen. Die seeli-

sche Entwicklung und das Entstehen von Gefühlen spielen dabei ebenfalls

eine Rolle. Deshalb kann der Erstspracherwerb, im Unterschied zum späte-

ren zweispracherwerb, nicht isoliert und losgelöst von der Gesamtentwick-

lung betrachtet werden. In der entstehenden Erstsprache spiegelt sich das

Heranwachsen des Kindes. Das macht das Faszinierende, aber auch die

Komplexität des monolongualen und bilingualen Erstspracherwerbs aus.28

"Mit der Erstsprache werden dem Kind Werte, Normen und Regeln vermittelt,

die Ausdruck seines kulturellen Hintergrundes sind. Der Erstsprache des

Kindes in der Einrichtung Raum zu geben, bedeutet daher, ihm und seiner

Familie eine Wertschätzung für seine kulturellen Hintergründe entgegenzu-

bringen.

Es ist die Sprache, mit der es in der Familie aufgewachsen ist, die es

emotionalan die Familie und frühe Eltern-Kind- Erfahrungen bindet. Seine

Erstsprache zu hören, gibt vielen Kindern ein Gefühl von Vertrautheit und

Sicherheit und hilft über manche befremdende und beängstigende Situation

hinweg. Sie ist darüber hinaus eng mit seiner Identitätsentwicklung verbun-

den.

In der Erstsprache hat das Kind gelernt „Ich" zu sagen. Es hat gelernt Be-

dürfnisse zu artikulieren und einzufordern und sich damit als eigenständige

Person von den Eltern abgegrenzt.29

Triarchi-Hermann stellt als wichtiges Merkmal von mehrsprachiger Sprach-

entwicklung heraus, dass die gesamte Entwicklung und Sozialisierung des

Kindes von Geburt an durch mehrere Sprachen bestimmt wird. Damit meint

sie, dass nicht nur für den Spracherwerb alle betreffenden Sprachen wichtig

sind, sondern auch die Denkentwicklung, die mit der Sprachentwicklung eng

miteinander verknüpft ist und von allen betreffenden Sprachen beeinflusst

wird.

Triarchi-Hermann meint, dass durch diese semantischen Unterschiede die

Sprachfähigkeit der Kinder intensiv gefördert wird. Auch die Denkfähigkeit,

feine sprachliche und kulturelle Unterschiede wahrzunehmen und sie sich

merken zu können, wird dadurch entfaltet. Darüber hinaus erleben die

28 Schneider (2015) S. 135. 29 URL4: kinderwelt-augsburg.de

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mehrsprachig aufwachsenden Kinder ihre Gefühle in allen betreffenden

Sprachen.30

Über die große Bedeutung von Muttersprache und ihre Verbindung zu Emo-

tionen und Gefühlen schreibt Ringler M. „Die Sprache, die man in der frühes-

ten Kindheit von den wichtigsten Bezugsperson lernt, behält fast immer eine

besondere Bedeutung. Meist wird diese Sprache bei privaten und persönli-

chen Angelegenheiten eingesetzt und ist stark emotional gebunden.“31

Zellerhoff bezeichnet die Muttersprache mit „Sprache des Herzens“. Die Wis-

senschaftlerin erklärt, dass die Sprache mehr als Intellekt ist und gerade in

der Beziehung zwischen Mutter und Säugling schwingen bei den frühen Kon-

takten und ersten Liebkosungen viele Emotionen mit. Gerede bei kleinen

Kindern muss deshalb die Sprache vom Herzen kommen. Deswegen hat sie

mehrsprachigen Eltern immer geraten, mit ihren kleinen Kindern in ihrer Pri-

märsprache („Sprache des Herzens“) zu sprechen. Wenn Kinder rechtzeitig

mit drei Jahren in die Kita kommen und dann ein regelmäßiges Angebot in

der deutschen Sprache erhalten, so können sie sich diese problemlos bis

zum Eintritt in die Schule aneignen“.32 Die Wissenschaftlerin nennt die Um-

gebungssprache während sukzessiven Zweispracherwerbs als „Sprache der

Hand“. Diese Sprache ermöglicht dem Kind in seinem Lebenswelt hand-

lungsfähig werden. Die Autorin schreibt auch, dass die Sprache des Fußes

kann eine Sprache sein, die einen Menschen voranbringt, wie zum Beispiel

eine schulische Fremdsprache.33

Der bekannte Hirnforscher Gerald Hüther meint, dass in unterschiedlichen

Kulturen aufwachsende Kinder dabei zum Teil sehr unterschiedliche, kulturell

tradierte Fähigkeiten erwerben. In den ersten Lebensjahren erwerben die

junge Menschen all jene Fähigkeiten und Fertigkeiten, auf die es eben für

das Lernen in ihren Kulturkreis ganz besonders ankommt. Hüther betont,

dass keine kulturspezifischen Leistungen sind angeboren. „Alles, worauf ein

Kind später stolz ist, was es als Persönlichkeit ausmacht, was es weißt und

kann,.. was es denkt und fühlt, ja sogar das, was er wünscht und träumt, und

30 vgl. Triarchi-Hermann ( 2012), S. 50 f. 31 vgl. Ringler (2013), S. 47. 32 vgl.Zellerhoff (2013), S.100. 33 ebd., S.100f.

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nicht zuletzt das, was es als seine Muttersprache erwirbt“ spielen in seine

späteres Leben, für seine Identitätsentwicklung eine sehr wichtige Rolle.34

Wichtig ist auch zu berücksichtigen, dass jede Sprache kulturgebunden ist,

dies äußert sich nicht nur bei verschiedenen Festen wie Weinachten, Ge-

burtstag oder dem Oktoberfest, die auch sprachlich mit bestimmten Liedern,

Geschichten und Glückwünschen gefeierte werden. Sprache vermittelt Nor-

men und Werthaltungen und erklärt Religionen. Ein tschechisches Sprichwort

beschreibt es treffend: „Lernt man eine neue Sprache, erwirbt man eine neue

Seele“.35

Ringler stellt eine Frage, die zum Nachdenken anregt und zu eigenen Über-

legungen führt: „ Was bedeutet es für eine Person, wenn Begriffe aus der

Sprache der eigenen Kindheit, die mit einem Gefühl von Geborgenheit und

Sicherheit verbunden sind, nicht mehr gehört werden, weil kein Kontakt zu

anderen Sprachen möglich ist oder weil die Sprache nicht benutzt werden

darf, weil sie in dem Land, in dem man lebt, verboten ist. Oder man schämt

sich für seine Sprache, weil sie wenig Gesellschaftliches Ansehen ge-

nießt?“36

1.6. Besonderheiten bei mehrsprachigen

Spracherwerb Was unterscheidet zwei-oder mehrsprachigen Kinder von einsprachigen

(Monolingualen)?

1.6.1. Der Zeitaufwand während bilingualen Erstspracherwerb

Bis heute noch gehen viele Eltern zweisprachiger Kinder davon aus, dass

deren Spracherwerb langsamer und verspätet anläuft. In der heutigen For-

schung besteht weitergehend Konsens darüber, dass die sprachliche Ent-

wicklung bilingualer Kinder zu weiten Teil nicht anders verläuft als diejenige

monolingualer.37 Da sowohl im monolingualen als auch im bilingualen Erst-

spracherwerb eine erhebliche Variation bezüglich der Dauer besteht, bis

Kinder zu sprechen beginnen, kann man nicht einmal sagen, dass bilinguale

34 vgl. Hüther (2014), S. 29. 35 vgl.Ringler (2013), S. 49. 36 vgl. Ringler, (2013), S. 48. 37 vgl. De Houwer (2009), S. 40.

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Kinder später zu sprechen beginnen38 Zumindest in der stärkeren Sprache,

höchstwahrscheinlich jedoch auch in der schwächeren, entsprechen die bi-

lingualen Entwicklungsphasen den monolingualen. 39

1.6.2. Sprachmischungen

In der Literatur ist oft zu lesen, dass für zweisprachige Kinder Sprachmi-

schung sehr typisch ist. Dies kann, wie bei Erwachsenen auch, viele Gründe

haben. Ein besonders einleuchtender Grund ist der, dass sie auf diese Wei-

se auch momentane Lücken in einer Sprache mithilfe einer anderen schlis-

sen. Die Wissenschaft geht davon aus, wenn zweisprachige Kinder nicht in

eine Sprechergemeinschaft hineingeboren werden, in der Sprachmischungen

zur Alltagskommunikation gehören, gehen Mischäußerungen im Alter von

drei bis vier Jahren in der Häufigkeit zurück. Es ist auch festgestellt worden,

dass die Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren dazu in der Lage sind, ihre

Sprachen in Abhängigkeit vom jeweiligen Gesprächspartner zu wählen. In

der vorliegenden Arbeit werden diesen Theorien anhang von Interviews

überprüft.

Zur heutigen Zeitpunkt wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder,

die von Geburt an mit zwei Sprachen aufwachsen, kein erhöhtes Risiko für

Spracherwerbsstörungen tragen.40

Es muss aber auch berücksichtigt werden, dass sich bei mehrsprachigen

Kindern die Kenntnisse der einen Sprache nicht einfach verdoppeln. Wer

mehrere Sprachen parallel erwirbt, verfügt also nicht unbedingt in jeder die-

ser Sprachen über denselben Wortschatz wie ein monolingualer Sprecher.41

Zweisprachige Menschen sprechen auch nicht alle ihre Sprachen gleich

gern. Sehr oft wird eine Sprache als dominant oder als differenzierter erwor-

ben empfunden. Tracy, so wie die andere Wissenschaftler, geht davon aus,

dass Unausgewogenheit zwischen zwei (oder mehreren) Sprachen kann im

Laufe des Lebens, abhängig von Abweichungen im Umfeld (Wohnort, Ver-

wendungsgelegenheit) und anderen Änderungen, unterworfen sein.42

38 vgl. Meisel (2004),S. 95. 39 vgl.Tracy / Gawlitzek-Maiwald (2000), S. 517 ff; Liu (2013), S. 148. 40 Tracy / Lemke ( 2009), S. 28. 41 ebd, 28. 42 ebd., S. 29.

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Es ist wichtig bei einer mehrsprachigen Erziehung zu wissen, welche Merk-

male in der Sprachentwicklung der Kinder „normal“ bzw. akzeptabel sind und

wann sie besorgniserregend sein können. Am häufigsten treten in der Spra-

che von mehrsprachigen Menschen Interferenzen, Sprachmischungen sowie

das sogenannte Code-Switching auf.

1.6.3. Interferenzen

Wenn eine mehrsprachige Person in der einen Sprache spricht, sind häufig

Sprachelemente aus anderen Sprache(n) zu hören. Dabei handelt es sich

um Überlagerungen von Elementen, Regeln und Strukturen beider Sprachen,

die in der Fachliteratur als Interferenzen bekannt. Hierbei geht man davon

aus, dass das schwächere Sprachsystem von dem stärkeren beeinflusst

wird.

Im Buch von Triarchi-Hermann „Mehrsprachige Erziehung“ sind alle beson-

dere Sprachmerkmale mit passenden Beispielen aufgelistet. Dabei betont die

Autorin, dass alle genannten Interferenzen sprachentwicklungsbedingt sind

und nicht als Aussprachestörung gelten können. Sie verschwinden nach ei-

ner gewissen Zeit von selbst. Andere wiederum verlieren sich nur schwer. „43

Nach aktuellem Forschungsstand ist noch nicht klar, woran es liegt, dass

manche Interferenzen nur eine Zeit lang erscheinen und manche fast für im-

mer bleiben.

Man unterscheidet zwischen den lautlichen (phonologischen) Interferenzen,

den lexikalischen Interferenzen und den grammatikalischen Interferenzen.

1.6.3.1 lautlichen Interferenzen

Bei den lautlichen Interferenzen sind Sprachrhythmus, Intonation und Phono-

logie der Sprache betroffen. Aus diesem Grund weisen manche mehrspra-

chige Personen in der einen ihrer Sprachen einen bestimmten Akzent auf.

Diese Interferenzen entstehen dadurch, dass die mehrsprachige Person ein

Phonem des Lautinventars ihrer schwachen Sprache mit ein Phonem aus

dem Lautiventar der starken Sprache identifiziert und sich dieses Phonem

bei der Reproduktion den phonetischen Regeln der Erstsprache unterwirft.

Dies liegt meistens daran, dass die mehrsprachige Person Schwierigkeiten

43 vgl.Triarchi-Herrman (2012), S. 36 f.

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hat, die Laute, insbesondere welche ähnlich sind, der jeweiligen Sprachen

untereinander akustisch differenzieren zu können. So könnte zum Beispiel

ein Griechisch-Deutsch sprechendes Kind den Unterschied zwischen dem

deutschen Laut /sch/ und dem griechischen Laut /s/ nicht erkennen und so

das Wort „Tasche“ als „Tasse“ aussprechen.44

6.3.2. lexikalischen Interferenzen

Die lexikalischen Interferenzen entstehen meist bei semantischen Ähnlichkei-

ten der Wörter beider Sprachen, wobei die Bedeutung eines Wortes der ei-

nen Sprache auf ein Wort der anderen Sprache übertragen wird. Man spricht

von einem direkten Transfer von Wörtern. Zu lexikalischen Interferenzen zäh-

len Erweiterungen von Wortbedeutungen, welche bereits in der gesproche-

nen Sprache existieren, sowie die Übertragung feststehender, idiomatischer

Redewendungen aus der einen in die andere Sprache. So könnte zum Bei-

spiel ein fünfjähriges Türkisch und Deutsch sprechendes Kind auf die Frage

„Wie alt bist du?“ mit folgendem Satz antworten: „Ich komme im Oktober zu

sechs Jahren“. Er überträgt den im Türkisch üblichen Ausdruck: „Ich werde

im Oktober sechs Jahre alt“ ins Deutsche.45

1.6.3.3.Grammatikalische Interferenzen

Grammatikalische Interferenzen entstehen dann, wenn weniger komplexe

Strukturen der Erstsprache oder der starken Sprache auf die Zweitsprache

(schwache Sprache) übertragen werden. Dabei können diese Strukturen in-

nerhalb eines Satzes die Wortstellung, die von der starken auf die schwache

Sprache übertragen wird, beeinflussen. Ebenso werden die Verbbildung, der

Gebrauch von Artikeln, Präpositionen, Adjektiven, Adverbien und Bestim-

mungswörtern sowie der falsche Gebrauch von Tempus und Syntax davon

beeinflusst. So könnte zum Beispiel ein sechsjähriges Englisch und Deutsch

sprechendes Kind auf die Frage: „Whrere did you see him?“ antworten mit:

„in T.V.“ statt „on T.V“ (deutsch „im Fernsehen“). Auf Deutsch sagt es „in die-

sem Bild“ statt „auf diesem Bild“, weil es im Englischen „in this picture“ heißt. 46

44 vgl. Triarchi-Herrman (2012), S. 39. 45 ebd. 46 ebd.

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1.6.4. Das Code-Switching (Kode-Wechsel oder Sprachwechsel)

Es ist oft bemerkenswert, mit welcher Leichtigkeit, Geschwindigkeit und

„Eleganz“ eine zweisprachige Person bei einer Unterhaltung von einer Spra-

che in die andere wechseln kann. Meistens ist der zweisprachigen Person

dieser Wechsel zwischen den beiden Sprachen nicht bewusst. Dieses Um-

schalten zwischen den Sprachen kann sich beziehen auf: ein einzelnes Wort,

eine Phase, auf einen oder auch auf mehrere Sätze.

„Man stellte fest, dass jüngere Kinder, bis zu acht Jahren, eher zum Code-

Mix (Sprachmischungen) neigen, was wiederum bedeutet, dass sie eher

Substantive, Adjektive oder Verben von einer Sprache in die andere einfüh-

ren. Ältere Kinder verwenden häufiger Code-Switching, sie wechseln für ei-

nen Satz aus der einen in die andere Sprache. „47

In der Wissenschaft existieren mehrere Erklärungen, warum schaltet ein

Sprecher, der mehrere Sprachen beherrscht, mitten in einem Satz von der

einen in die andere Sprache um. Ein besonders wichtiger und häufiger Grund

finden Forscher in Wortschatzlücken in einer der betreffenden Sprachen, die

während der Unterhaltung auftreten können. „Häufig ist dies bei emotionalen

Regungen zu beobachten, bei Müdigkeit, Nervosität, Ärger oder Ähnli-

chem.“48

1.6.5. Sprachmischungen (Code-mixing)

Bei den Sprachmischungen werden innerhalb einer Äußerung meistens Wör-

ter, selten Satzteile der einen Sprache in die momentan verwendete Sprache

eingeflickt. Die „eingeflickten“ Elemente tauchen nur punktuell auf, geben

den Eindruck eines Fremdkörpers und stören häufig den Redefluss des

Sprechers.49

Triarchi-Herrmann dabei hinweist, dass das Auftreten von Sprachmischun-

gen von Kind zu Kind variiert und von dem Gesprächspartner, der – Situation

und dem Thema abhängt. In späteren Phasen der Sprachentwicklung nimmt

normalerweise die Häufigkeit von Sprachmischungen ab. Die Ursachen, die

zu diesem punktuellen umschalten der betreffenden Sprachen innerhalb ei-

47 ebd., S. 43. 48 vgl.Triarchi-Herrmann (2012), S. 43. 49 vgl. Kielhöfer/Jonekit (2002), S .58

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ner Äußerung führen, beziehen sich meistens auf lexikalische Lücken und

einer gewisse Bequemlichkeit.50

Ringler bemerkt, dass wenn man die Sprache wechselt, ändern sich nicht nur

die Wörter, sondern auch Gestik und Mimik, die Betonung und die Köperhal-

tung. Zweisprachige berichten, dass sich ihr Verhalten mit der Sprache än-

dert: sie können z. B. auf Deutsch sehr direkt eine Aufforderung formulieren,

während sie dies auf Türkisch oder arabisch überhaupt nicht versuchen

würden.“51

Ergebnisse aus der Hirnforschung zeigen, dass bei Früh-Mehrsprachigen

(also wenn die zweite Sprache noch vor dem sechsten Lebensjahr erworben

wird) die Sprachen im Sprachareal des Gehirns sehr kompakt repräsentiert

sind und sich fast ganz überlappen. Die Sprecher brauchen damit weniger

Gehirnsubstanz zu aktivieren, wenn sie ihre zweite Sprache sprechen, als

Sprecher, die erst spät eine zweite Sprache erworben haben (etwa ab dem

Alter von 10 Jahren). Bei diesen sind viel weniger Überlappungen zu finden.

Dies gilt auch für das Erlernen einer dritten (oder weiteren) Sprache: Auch

hier haben Früh-Mehrsprachige einen erheblichen Vorteil, weil sie die weite-

ren Sprachen an die Areale der ersten beiden Sprachen direkt "andocken"

können.52 Weitere neurolinguistische Forschungen zeigen, dass sich bei

zweisprachigen Kindern eine höhere Dichte der grauen Materie in der linken

Gehirnhälfte nachweisen lässt als bei einsprachigen oder bei Kindern, die die

zweite Sprache erst ab dem Alter von 10 Jahren erlernt haben.53

1.7 Zwischenfazit

Aus den aufgeführten und erläuterten Punkten wird deutlich, wie aktuell, aber

gleichzeitig komliziert das Thema von zweisprachigem Spracherwerb ist.

Wie vielseitig die genannte Problematik ist, zeigt schon die Tatsache, dass in

der Literatur wird über 21 gängigen Definitionen der Zweisprachigkeit ge-

sprochen. Problematisch ist auch die Begriffserklärungen für die Wörter „Mut-

tersprache“ und „Zweitsprache“. Über ein breites Spektrum von Diskussionen

in der Spracherwerbsforschung zeigen uns zwei gegenseitige theoretische

50 vgl. Kielhöfer/Jonekit (2002), S. 58. 51 vgl. Ringler (2012), S. 48. 52 ebd., S. 48. 53 URL 5: Riehl (2003). phil-fak.uni-koeln.de

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Positionen von Nativisten und Wissenschftler, welche epigenetische Position

vertreten.

In diesem Kapitel wurde gezeigt, wie wichtig für das Kind die erste (Mutter-

sprache) ist. Es wurden viele Meinungen gebracht, welche beweisen, je bes-

ser ein Kind seine Muttersprache spricht, je großer und differenzierter sein

Wortschatz ist, denn leichter und präziser lernt es die Zweitsprache.

Außerdem wurde gezeigt, dass die Muttersprache für das Kind das wichtigs-

te Werkzeug zur Aneignung der Kultur seiner Familie ist. In der erstsprache

wird für das Kind „Meilensteine“ auf dem Weg zu seiner eigenständigen Per-

sönlichkeit gesehen.

In der modernen Literatur wird heute über viele Vorteile gesprochen, welche

Mehrsprachigkeit mit sich bringt.

Dabei soll berücksichtigt werden, dass sukzessiver oder simultaner

Erstspracherverb ein sehr kompleziertes Prozess ist. Die verschiedene Inter-

ferenzen, Sprachmischungen und Sprachwechsel stellen eine natürliche

Entwicklungsstufe zweisprachig aufwachsenden Kindern dar.

2.Kapitel: Instrumente für die

Sprachstandsfeststellung bei mehrsprachigen Kin-

dern, Sprachförderpragramme und Konzepte.

2.1. Instrumente für die Sprachstands Feststellung bei mehr-sprachigen Kindern Die Tests zur Sprachstandsfeststellung wurden 2008 in allen Bundesländern

verpflichtend eingeführt, als Reaktion auf schlechtere Bildungschancen von

Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial schwachen Familien. 21

Testverfahren sind mittlerweile entstanden. Diese Tests sollen feststellen,

wie gut vier Jahre alte Kinder Deutsch sprechen. Kinder mit Defiziten sollen

dann möglichst so gut gefördert werden, dass sie den Rückstand bis zur Ein-

schulung aufgeholt haben.

„Immer wieder schrecken Eltern und Erzieher auf: Wenn Tests belegen, dass

viele der Kinder im Vorschulalter mangelhaft deutsch sprechen. In 2013 hat

eine Studie des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als

Zweitsprache die Sprachtests untersucht und festgestellt, dass sie in vielen

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Fällen ungenau sind.“54 Die bundesweit 21 unterschiedlichen Tests wiesen

zum Teil große qualitative Unterschiede auf und seien nur wenig vergleich-

bar. Viele Tests zur Sprachfähigkeit von Kindergartenkindern sind genannter

Studie zufolge mangelhaft. Die von Bundesland zu Bundesland unterschied-

lichen Tests kommen demnach auch zu höchst unterschiedlichen Ergebnis-

sen. Mal wird bei zehn Prozent der Kinder Förderbedarf festgestellt, mal bei

50 Prozent.

Nur acht der Tests erfüllten mehr als die Hälfte von insgesamt 32 Qualitäts-

merkmalen, die von einer Expertenkommission entwickelt wurden. Die For-

scher verzichteten auf ein Ranking, aber in der Studie ist nachzulesen, dass

der in Mecklenburg-Vorpommern angewandte Test „DESK 3-6“ und der in

Hessen übliche Test „KiSS“ jeweils 25 der 32 Qualitätsmerkmale erfüllten,

der in Bayern praktizierte Test „Kenntnisse in DaZ erfassen“ nur 6. Der in

Nordrhein-Westfalen verbindliche Test „Delfin 4“ deckte 13 Kriterien ab.

Qualitätsmerkmale waren unter anderem, ob die Ergebnisse der Tests auch

belegt waren, ob wirklich die Sprachfähigkeit gemessen wurde – und nicht

zum Beispiel die soziale Kompetenz – und ob die Tests so ausgeführt wur-

den, dass sie die Kinder nicht von vornherein verunsicherten.

Häufig würden die Tests das sprachliche Vermögen der Kinder nicht objektiv

und zuverlässig messen, heißt es in der Studie, die in 2013 in Köln vorge-

stellt wurde. Zudem werde die Mehrsprachigkeit von Kindern nicht ausrei-

chend berücksichtigt. Weil es so viele verschiedene Tests unterschiedlicher

Qualität gibt, hätten die Kinder nicht die gleichen Chancen auf Sprachförde-

rung. Das zeigten auch die zwischen zehn und 50 Prozent schwankenden

Förderquoten. „Ob ein Kind gefördert wird oder nicht, darf nicht vom Bundes-

land abhängen, in dem es aufwächst“, sagt Michael Becker-Mrotzek, Direktor

des Mercator-Instituts. 55

Heute existiert eine rege wissenschaftliche und fachpolitische Diskussion

über die Sprachdiagnostik in Kindertageseinrichtungen.

Es wird in Frage gestählt, ob aller obengenannten isolierte Testverfahren,

Screenings und Sprachstandsmessungen in der Frühpädagogik sinnvoll sind.

54 URL 6: welt.de 55 URL 7: tagesspiegel.de.

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Tobias Ruberg und Monika Rothweiler bemerken folgendes: „Um den Spra-

chentwicklungsstand eines Kindes angemessen bewerten zu können, müs-

sen immer auch eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden, die den

Spracherwerb unmittelbar beeinflussen“.56 Sie meinen, dass für die Testver-

fahren wichtig vor allem die Kontaktdauer und Alter bei Erwerbsbeginn zu

berücksichtigen. Die genannten Wissenschaftler nennen auch solche Fakto-

ren, wie Qualität und Quantität des sprachlichen Angebots oder die Motivati-

on, eine neue Sprache zu erwerben. „Bleiben diese Aspekte unberücksich-

tigt, erfolgt die Bewertung des Sprachentwicklungsstandes möglicherweise

unter falschen Prämissen. „57

Einige Wissenschaftler meinen auch, dass „die Anwendung monolingualer

Entwicklungsnormen auf mehrsprachige Kinder kann dann dazu führen, dass

ein sich unauffällig entwickelndes Kind irrtümlich als förderbedürftig oder gar

sprachentwicklungsgestörte eingestuft wird. Der umgekehrte Fall liegt vor,

wenn die Entwicklungsprobleme eines Kindes nicht erkannt werden, etwa

wie die schlechten Sprachleistungen als Folge der Mehrsprachigkeit erklärt

werden 58

Schneider schreibt, dass man mehrsprachige Sprachkompetenzen nicht mit

Monolingualen Sprachfähigkeiten vergleichen kann. „Ein prinzipielles Prob-

lem der älteren aber auch teilweise der neueren Forschung ist, dass sie still-

schweigend davon ausgeht, Monolingualität stelle die Norm da, während

Bilingualität eine Art Deviation sei.59 Schneider betont auch, dass ein bilingu-

ales Kind eben nicht die Summe zweier monolingualer Kinder darstellt. Son-

dern das ist ein Individuum, welcher aufgrund der Wechselwirkung zwischen

den beiden sprachlichen Systemen, ganz spezielle sprachlichen Charakteris-

tiken hat.60

Brügelmann (Professor für Grundschulpädagogik an der Uni Siegen) äußert

sich auch gegen die verschiedenen Testsverfahren: "Gerade im Vorschulal-

ter verläuft die normale sprachliche Entwicklung höchst unterschiedlich. Des-

halb ist es so schwer, für ein einzelnes Kind zu sagen, wie es zu welchem

56 vgl. Ruberg / Rothweiler ( 2012), S. 56. 57 ebd. 58 ebd. 59 vgl.Cruz-Ferreira (2006) S. 5, 14-19. 60 vgl.Schneider (2015), S. 195.

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Zeitpunkt sprechen sollte. Außerdem ist die Fehlerquote bei solchen Einzel-

tests zu hoch."61

Die Testsituation selbst steht ebenfalls s in der Kritik: "Die Kinder spüren,

dass etwas besonderes von ihnen erwartet wird", meint Sprachpsychologin

Professor Gundula List. "Das verunsichert und deshalb können viele ihre Fä-

higkeiten nicht wie gewohnt abrufen, manche schweigen ganz." Die Ergeb-

nisse hingen, so ihre Einschätzung, auch von äußeren Faktoren ab - wie das

Kind an dem Tag "drauf ist" oder wie es mit der prüfenden Person klar

kommt. 62

Die Hirnforschung hat festgestellt, dass Leistungsmessung und –Bewertung

in der Regel in angst- oder stressbesetzten Situationen erfolgen, in denen

das Gehirn kein verzweigtes, sondern nur isoliertes Faktenwissen zur Verfü-

gung stellen kann. Es wird also nicht nur nicht ermittelt, was die Kinder wirk-

lich können, sondern die Art der Ermittlung vermittelt den meisten von ihnen

noch dazu das entmutigende Gefühl, dass ihre Anstrengungen entwertet

werden.63

Ringler schreibt: „Viele Sprachtests und andere normierte und standardisierte

Erfassungsmethoden sind mit Blick auf die Linguistik oder auf die Früherken-

nung von Sprachstörungen entwickelt worden und haben weniger die prakti-

sche Anwendung im Kindergarten vor Augen. Außerdem beziehen sie sich in

der Regel auf Monolingual aufwachsende Kinder und erfassen daher nicht

die mögliche gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Sprachen bei

mehrsprachig aufwachsenden Kindern.64

„Es gebe keinen Test, der die Sprachfähigkeit eines Kindes derzeit objektiv

messen könne“65, -so das Fazit von Manfred Spitzer von der Uni Ulm. „Nur

mit wissenschaftlich fundierten Methoden könne der Spracherwerb von Kin-

dern sinnvoll getestet und gefördert werden.“66

61 URL8: eltern.de 62 URL9: Spitzer M. (2011). deutschlandfunk.de 63 vgl. Herrmann (2009), S. 161. 64 vgl.Ringler (2013), S. 26. 65 URL9: Spitzer M. (2011). deutschlandfunk.de 66 ebd.

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Kritiker finden: „Statt Geld für teure Sprachtests auszugeben, sollten die Er-

zieherinnen besser ausgebildet werden, damit sie die sprachliche Entwick-

lung ihrer Schützlinge gezielt beobachten und fördern können.67

2.2. Sprachförderprogramme und Sprachförderkonzepte.

Einige Wissenschaftler meinen, dass die "natürliche Sprachprogression"68

reicht nicht mehr aus, um ein angemessenes Sprachentwicklungsniveau in

der Zweitsprache zu erreichen, so dass gezielte Sprachfördermaßnahmen

erforderlich sind, die Migrantenkinder eine erfolgreiche, ihren Potenzialen

entsprechende Schullaufbahn ermöglichen. Hinsichtlich einer frühzeitigen

und vorbeugenden Einflussnahme auf den sprachlichen Entwicklungspro-

zess von Kindern finden zunehmend Sprachförderprogramme Beachtung,

die im Elementarbereich eingesetzt und von Erzieher/innen (mit entspre-

chender Fort- und Weiterbildung) bzw. speziell ausgebildeten Sprachförder-

kräften durchgeführt werden können.69 Kommunen und Länder sowie private

Stiftungen unterstützen den Einsatz und die Umsetzung verschiedener vor-

schulischer Sprachfördermaßnahmen..70

Albers beantwortet die Frage danach wer gefördert werden soll folgender-

maßen: „Bei der Zielgruppe der Fördermaßnahmen besteht Einigkeit darin,

dass die in den internationalen Schulleistungsvergleich identifizierten Risiko-

gruppen in Vordergrund der Bemühungen stehen müssen.“71 Gemeint sind

insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, welche oft mehrsprachig

aufwachsen.

Die Sprachförderprogramme und Sprachförderkonzepte haben zwi-

schen sich starken Unterschied.

67 URL 8: eltern.de 68 vgl. Röhner (2005), S. 7. 69 vgl. Reich (2008), S. 50 70 ebd. 71 vgl. Albers (2011), S. 78

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2.2.1. Sprachförderprogramme

Sprachförderprogramme bestehen aus einem Curriculum von Fördereinhei-

ten, die in einer mehr oder weniger streng festgelegten Abfolge durchgeführt

werden, und sie beinhalten meist auch die hierfür benötigten Materialien.72

2.2.2.Sprachförderkonzepte

Sprachförderkonzepte beschreiben lediglich grundlegende Prinzipien für die

Gestaltung von Sprachförderung, sie geben uns sondern praktische Hinwei-

se für die Umsetzung und beschreiben das Vorgehen exemplarisch. Die

konkrete Planung und Umsetzung von Fördereinheiten einschließlich der

Auswahl der Fördermaterialien liegt jedoch in den Händen der Sprachförder-

kraft. Entsprechend beinhalten Sprachförderkonzepte keine Materialien für

die Sprachförderung.73

Ein weiteres Kriterium, wo sich verschiedene Sprachförderansätze deutlich

unterscheiden das ist die Auswahl der Fördergegenstände, d.h. welche

sprachlichen Bereiche gefördert werden sollen. Hier kann man strukturorien-

tierende und nicht strukturorientierende Ansätze unterscheiden.

2.2.3. Nicht strukturorientierende Ansätze

Nicht strukturorientierenden Ansätzen (z. B. Militzer, Demandewitz & Fuchs

2000; Sander & Spanier, 2001.) liegt meist ein funktionalistisches Verständ-

nis von Sprache und Spracherwerb zugrunde. Sprache wird vor allem als

Mittel zur Kommunikation gesehen. Das Hauptziel von diesem Ansatz ist

verschiedene Kommunikationssituationen zu schaffen, die für die Kinder von

Bedeutung sind und durch das die Motivation für den zu steigern. Das soll

die Spracherwerbs- Bedingungen deutlich verbessern.

Die wichtigsten Aspekte sind der Aufbau einer positiven Beziehung zwischen

Kind und Pädagogische Fachkraft, die Schaffung vielfältiger Sprach- und

Sprechanlässe, die Bereitstellung sprachlich anregender Materialien, aber

auch der Einbezug der Eltern und der Muttersprache in den Kita-Alltag. Der

Alltag in der KiTa soll so organisiert werden, dass Sprache in verschiedenen

Kontexten und mit allen Sinnen erfahrbar gemacht wird.

Laut diesem Konzept, spielt frühpädagogische Fachkraft, als Sprachvorbild,

eine sehr wichtige Rolle. Er sorgt auch dafür, dass die Kinder ein ausrei-

72 vgl.Ruberg / Rothweiler ( 2012), S. 14. 73 ebd.

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chendes Angebot an konkreten sprachlichen Input verfügen.74 Solche nicht

strukturorientierenden Ansätze finden sehr viele Sprachspezialisten sehr

sinnvoll. In einigen Publikationen herrscht trotzdem die Meinung vor, dass

dieses Konzept für den Erwerb von grammatischer Kompetenz zu unspezi-

fisch ist.

2.2.4. Strukturorientierende Förderansätze

Strukturorientierende Förderansätze (zum Beispiel beim Kaltenbacher & Kla-

ges, 2007; Penner, 2005; Tracy, 2003) zielen dagegen in erster Linie auf den

Erwerb sprachstruktureller Kompetenz ab, die als notwendige Voraussetzung

für den Schulerfolg gilt.

Im Folgenden werden diese drei Förderkonzepte (Sprachförderprogramme)

von Zwi Penner, Klatt und Rosmarie Tracy nacheinander vorgestellt.

2.3 Das Sprachförderprogramm „Neue Wege der sprachlichen Frühför-

derung von Migrantenkinder“ (nach Penner)

Dieses Sprachförderprogramm basiert auf der Annahme, dass es eine kriti-

sche Periode für den Spracherwerb gibt, in der der Erwerb beginnen muss,

damit eine Sprache vollständig erworben werden kann. Nach Penner (2002b)

endet die kritische Periode bereits im Alter 12-18 Monaten.75

Im Fokus der Förderung steht der Erwerb der Silbenstruktur von Wörtern,

Verkleinerungsformen, Pluralbildung, Wortzusammensetzungen und Ablei-

tungen, Artikelverwendung, Verbstellung in Hauptsätzen, Frageverstehen

usw. Die Vermittlung dieser Bereiche erfolgt durch gezielte Übungen, welche

mehr Schulunterricht erinnern und fast keinen Alltagsbezug aufweisen. Das

erworbene Wissen wird bis zur Automatisierung eingeübt.76 Penner begrün-

det sein didaktisches und methodisches Vorgehen mit eigenen Untersuchun-

gen zum Spracherwerb ein- und mehrsprachiger sowie sprachentwicklungs-

gestörter Kinder. Er ist der Meinung, dass mehrsprachige Kinder in den ge-

nannten Förderbereichen besondere Defizite hatten und vergleichbare

schlechte Leistungen zeigen wie sprachentwicklungsgestörte Kinder.77 Kon-

trollierte wissenschaftliche Untersuchungen wiedersprechen solchen An-

nahmen. Es wurde nachgewiesen, dass bilinguale Kinder ganz im Gegensatz

74 vgl.Ruberg / Rothweiler (2012),S. 15. 75 vgl.Penner et al. ( 2006), S. 169. 76 ebd. 77 vgl.Ruberg / Rothweiler (2012),S. 16.

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zu sprachentwicklungsgestörten Kindern im Aufbau der Satzstruktur keine

besonderen Schwierigkeiten haben78

2.4. das Sprachförderprogramm „Elleressemene“

Das Sprachförderprogramm „Elleressemene“ zielt auf die Förderung mehr-

sprachiger Kinder ab. Die Schwerpunkte der Förderung liegen vor allem im

Bereich der semantisch-lexikalischen und der morphosyntaktischen Entwick-

lung. Es geht vor allem um den Aufbau eines Grundwortschatzes, es wird

den Erwerb von Wortbedeutungen, Artikelerwerb, Satzbildung, Pluralbildung

gefördert.

Die Auswahl dieser Förderbereiche begründet die Autorin damit, dass mehr-

sprachige Kinder in diesen Bereichen besondere Schwierigkeiten hätten. Sie

beruft sich dabei vor allem auf ihre langjährige Erfahrung in der Arbeit mit

erwachsenen Zweisprachlernern, mehrsprachigen Jugendlichen und Kin-

dern. Auf aktuelle Literatur zum Spracherwerb mehrsprachiger Kinder wird

kein Bezug genommen.79

2.5. Das Sprachförderkonzept „Sprache macht Stark“(nach Tracy)

Das Sprachförderkonzept „Sprache macht Stark“ zielt darauf ab, ein- und

mehrsprachige Kinder in ihrem natürlichen Spracherwerb zu unterstützen.

Tracy geht davon aus, dass Kinder über eine angeborene Spracherwerbsfä-

higkeit verfügen. Sie schreibt, dass man bei der Sprachförderung des

Spracherwerbstalent und die Neugier des Kindes berücksichtigen sollte.80 Es

ist auch nicht notwendig oder sinnvoll, zwischen spielerischem und sonsti-

gem Erwerb zu unterscheiden. Kinder haben von Anfang an Interesse und

Spaß an verbaler Interaktion und reagieren auf Sprache mir erhöhter Auf-

merksamkeit.81

In ihrem methodischen Vorgehen lehnt Rosemarie Tracy eine explizite Re-

gelvermittlung ab. Vielmehr wird die Förderung vom Vertrauen in die Fähig-

keiten von Kindern getragen, sprachliche Strukturregeln intuitiv zu entde-

cken. Um die Kinder dabei zu unterstützen, werden spielerische Kontexte

geschaffen, in denen die zu erwerbenden Strukturen besonders häufig und

78 Chilla, 2008; Rothweiler, 2006; Thoma & Tracy, 2006. 79 vgl.Ruberg /Rothweiler (2012),S. 17. 80 vgl.Tracy, S. 77. 81 ebd, S. 34.

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funktionaleindeutig auftreten. Das sprachliche Angebot wird dabei so gestal-

tet, dass die Kinder Form und Funktion einer grammatischen Struktur leich-

ter erkennen und lexikalische Netze knüpfen können.82

Tracy schreibt: „Ein wichtiges Element des Spracherwerb ist ein dialogi-

sches Prinzip: es geht darum, das kindliche Gehirn immer wieder dazu her-

ausfordern bzw. ihm zuzumuten, zu entdecken, was ein anderer Mensch ihm

über die Dinge in der Welt, über Ideen und Gefühle sagen will.“83

Das Frühförderkonzept nach Tracy stellt kein vorstrukturiertes Übungs- und

Lernprogramm dar; auf konkrete Anleitungen und spezifische Handlungsan-

weisungen sowie vorgefertigte Materialien wird verzichtet. Im Vordergrund

steht die Vermittlung von sprachwissenschaftlichen Grundlagen, die die Er-

zieher/innen dazu befähigen sollen, selbstständig und in Eigeninitiative

Sprachlernprozesse zu initiieren. Diese hohen Anforderungen auf theoreti-

scher und konzeptioneller Ebene könnten insbesondere Sprachförderkräften

Schwierigkeiten bereiten, die über keine oder nur geringe Vorerfahrungen im

Bereich der Sprachförderung verfügen.84

Es wird deutlich, dass sich die unterschiedliche Sprachförderansätze erheb-

lich zwischen einander unterscheiden. Leider gibt es nur sehr wenige Unter-

suchungen zur Wirksamkeit von Sprachförderung. Nur wenige Sprachförder-

konzepte bzw.- Programme sind mit wissenschaftlichen Methoden auf ihre

Wirksamkeit überprüft worden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der kindli-

che Spracherwerb durch eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren beeinflusst

wird. Um den Effekt von Sprachfördermaßnahmen zweifelsfrei nachzuwei-

sen, ist es notwendig, diese Einflussfaktoren zu kontrollieren, was die Kom-

plexität eines Untersuchungsdesigns sehr groß macht. Hinzu kommt, dass

die Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher forschungsmethodischer Vorge-

hensweisen kaum vergleichbar sind.85

Aus diesem Grund, kann die Auswahl von eines Sprachförderprogrammes

oder eines Sprachförderkonzeptes Kleinkindpädagogen sehr schwer fallen.

Ruberg und Rothweiler meinen, dass Sprachförderung nur dann wirksam

werden kann, wenn diejenigen, die die Förderung durchführen, genau wis-

82 vgl. Ruberg / Rothweiler (2012), S. 18. 83 vgl.Tracy (2001), S. 18. 84 URL 10: kindergartenpaedagogik.de 85 ebd.,S. 18.

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sen, welche Unterstützung und welche sprachlichen Informationen ein Kind

gerade aktuell benötigt, wenn sie wissen, wie sie die erforderliche Unterstüt-

zung und die erforderlichen Informationen kindergerecht bereitstellen kön-

nen.86

Die oben genannten Wissenschaftler vertreten der Meinung, dass Sprach-

förderung professionell geplant und durchgeführt werden muss. Sie plädieren

dafür, dass dies ohne eine sprachwissenschaftlich und pädagogisch basierte

Kompetenz in den Bereichen Spracherwerb, Sprachdiagnostik und Sprach-

förderung nicht zu leisten ist.87

Albers kritisiert Förderprogrammen, von allem wegen ihres „Gießkannenprin-

zips“. Er schreibt:“ Die Durchführung von strukturierten Förderprogrammen

im Kindergarten, mit denen die frühpädagogische Fachkraft eine Gruppe von

Kindern nach einem festgelegten Vorgehen in zeitlich festgelegten Interval-

len einmal oder mehrmals pro Woche fördert, wird in der fachpolitischen Dis-

kussion abgelehnt, da eine Förderung nach dem „Gießkannenprinzip“ (ein

Programm für alle förderbedürftigen Kinder) die individuellen Förderbedürf-

nisse weitergehend unberücksichtigt lässt.88

Über Individuelle Sprachförderung schreibt Reich. Der Wissenschaftler äu-

ßert die Meinung, dass „was förderlich ist, kann von Kind zu Kind verschie-

den sein […] Sprachförderbedarf ist der Bedarf des einzelnen Kindes, kann

aber nur gedeckt werden durch Kommunikation mit ande-

ren…Sprachförderung ist die Förderung des Einzelnen in der Gruppe, ist die

Deckung sprachlichen Bedarfs im Umgang mit anderen. “ 89

Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Didaktik der individuellen

Sprachförderung keine grundlegenden Unterschiede von der Didaktik der

sprachlichen Bildung für alle beinhaltet. Die beschriebene Didaktik nur „ver-

feinert“ die andere durch eine genauere Reflexion des sprachlichen Gesche-

hens, seiner kommunikativen, thematischen und sprachsystematischen As-

pekte, weil ein Bezug auf einen individuellen Entwicklungsstand annimmt. „90

86 ebd.,S. 19f. 87 URL 10: kindergartenpaedagogik.de 88 vgl. Albers (2011), S .78. 89 ebd., S. 48 f. 90 vgl.Reich (2015), S. 51.

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Albers weist auch darauf hin, dass „bei der Beurteilung der sprachlichen

Kompetenzen von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache ist in diesem Ver-

ständnis nicht von Sprachproblemen zu sprechen, sondern lediglich von

nicht ausreichenden Deutschkenntnissen, da dem Begriff der Sprachproble-

me und der damit verbundenen Sprachförderung eine diskriminierende Be-

deutung anhaftet.

Maria Ringler auch schreibt, dass Erzieher/innen häufig die Sprachschwie-

rigkeiten vieler Migrantenkinder in den Vordergrund stellen. Die Aussage

„Das Kind spricht nicht“ unterstellt, das Kind habe keinerlei Sprachkompe-

tenz. Gesehen wird nicht, dass Kind mit einer nicht-deutschen Erstsprache

aufwächst und bereits über einen passiven Wortschatz in der Zweitsprache

Deutsch verfügt.91

Hüther schreibt: „Das ist eine irrige Vorstellung, dass wir unseren Kindern

durch unsere Erziehung, durch die Förderprogramme im Kindergarten und

die Lernprogramme in der Schule tatsächlich neues Wissen in Form ent-

sprechender Vorschaltungen ins Hirn „bauen“. Was wir mit all diesen Maß-

nahmen bestenfalls erreichen können und anstreben sollten, ist lediglich,

dass im Gehirn unserer Kinder möglichst viele und unterschiedliche synapti-

schen Vernetzungsangebote auch wirklich genutzt werden können…Anstelle

von Förderprogrammen brauchen wie eher „Verhinderungsprogramme“. Die

Kinder brauchen möglichst viele verschiedenartige Herausforderungen, um

ihr Hirn optimal entwickeln zu können. Sie brauchen das um offen zu bleiben,

ihre Neugier und Gestaltungslust auch zur Spracherwerb ausleben zu kön-

nen“.92

2.6. Zwischenfazit

Damit lässt sich die Schlussfolgerung anstellen, dass nicht die diversen Tes-

ten und dann folgende Förderprogramme unterstützen die Kinder in ihren

Spracherwerb, sondern spannende Themen und Inhalte sowie eine aktive

Beteiligung an der Gestaltung des Kitaalltags den Stoff liefern, aus dem die

Kinder Sprache erwerben. Damit kann man sagen, wenn das Erlernen der

deutschen Sprache zur Nebensache wird, trauen sich die Kinder mehr zu, sie

werden sprachlich aktiver und aufnahmebereiter.

91 vgl.Ringer ( 2013), S. 12. 92 vgl.Hüther/ Michels (2008), 42.

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Kapitel 3: Qualitative Forschung (Interviews).

3.1 Forschungsfragen

In dieser Arbeit wird versucht auf diverse Fragen, über den Zweisprachener-

werb Antworten zu finden. Um genau zu ermitteln, wie dieser Prozess in Ein-

zelfällen verläuft, welche Faktoren spielen dabei die wichtigste Rolle und wie

pädagogische Fachkräfte die Kinder dabei unterstützen können, wurde für

das Interviews als Möglichkeit der Qualitativen Forschung entschieden.

Es wurde insgesamt drei Interviews aufgenommen, zwei in Familien mit Mig-

rationshintergrund und eine mit einer Horterzieherin.

Alle drei Interviews wurden so geführt, dass bei diesem Interviewtyp ein be-

stimmter Untersuchungsgegenstand im Fokus des Gesprächs steht. „Dieser

Gegenstand kann ein Stimulus sein, der den Probanden vorgegeben wurde,

oder ein Ereignis. Diese Situation wird vom Forscher verdeckt beobachtet

und analysiert. Aus den Erkenntnissen heraus formuliert er Hypothesen, die

in einen Interviewleitfaden münden. Anschließend werden die Interviews

durchgeführt, um mehr über die Erfahrungen der Probanden herauszufinden.

Die Äußerungen des Befragten können die Hypothesen bestätigen, widerle-

gen oder neue Erklärungsansätze liefern. Die Hypothesen werden folglich mit

der sozialen Welt konfrontiert und dabei getestet“93.

3.2 Vorbereitung und Organisation

In meiner Stadt wohnen ungefähr 20 Wolgadeutsche Familien mit Kindern.

Ich habe mich entschieden Interviews in diesen Familie zu führen, um auf

meine Fragen Antworten zu finden. Der Auswahl der Familien war beliebig.

Nur zwei Fakten waren entscheidend für die Auswahl, es sollen Familie mit

Kindern sein, sowie der Hauptwohnsitz sollte schon einige Zeit in Deutsch-

land sein.

Ich habe telefonisch einen Termin mit jeder russischen Familie vereinbart

und das Ziel unseres Treffens erklärt. Beide Familien haben mich zu sich

nach Hause eingeladen. Diese Möglichkeit das Interview im häuslichen Be-

reich aufzunehmen ist für das Forschungsergebnis aussagekräftiger, da kei-

ne störenden Außeneinflüsse auftreten. 93 URL16: imb-uni-augsburg.de

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3.3. Interview Nr. 1 mit Frau Vera Sverdlova94

3.3.1. Material Erhebung

Das verabredete Interview Nr. 1 kam am 08 November 2015 (Sonntag) zu-

stande. Wir haben uns um 11.00 Uhr in der Wohnung von Frau Sverdlova

getroffen. Nach der Begrüßung und einem kleinen Vorgespräch, wurde von

mir noch einmal über den Zweck meines Besuches gesprochen.

Der Familie wurde zugesichert, dass das von mir geführte Interview anonym

ist und der Familienname nicht genannt wird. Es wird ein geänderter Fami-

lienname benutzt.

Nach den Informationen wurde das Diktiergerät eingeschaltet und das allge-

meine Ziel meines Besuches noch einmal erklärt. Zu diesem Zeitpunkt wur-

den meinerseits noch keine konkreten Fragen gestellt.

In den ersten ca. 2-3 Minuten hatte ich das Gefühl, dass Frau Vera nicht

besonders gerne redet und nur gesprächsbereit war, weil ich sie darum ge-

beten habe.

Es war eine unsichtbare Wand zwischen uns, welche Frau Vera auch nicht

so gerne beseitigen wollte.

Eine Möglichkeit der schleppenden Kommunikation könne sein, dass ich das

Gespräch ziemlich offiziell angefangen und auch geführt habe.

Zu diesem Zeitpunkt war ich selbst nicht ganz sicher in meiner Interviewfüh-

rung, da ich hier das erste Interview führte.

Zu Beginn und in der ersten Phase des Interviews zeigte Frau Sverdlova,

genau wie ich, wenige Reaktionen. ( Mimik oder Gestik). Das ist mir erst

richtig nach dem Abspielen der Gesprächsaufnahme deutlich geworden. Das

Resultat für mich daraus ist, dass ich beim nächsten Interview unbedingt von

Anfang an meinem Gesprächspartner offener begegnen muss.

Im Verlauf des Interviews mit Frau Sverdlova habe ich mein eigenes Verhal-

ten verändert. Das Gespräch hat mich hineingezogen und ich habe mich un-

bewusst selbst geöffnet und eigene Emotionen gezeigt (zum Teil mit Hilfe

von nonverbaler Kommunikation). In der Gesprächsaufnahme, nach zirka 3-4

Minuten sind meine Begleitwörter z. B. „Da-da“, „Aha“ und andere im Hin-

tergrund zu hören.

94 Namen aus Datenschutzgründen geändert.

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Von diesem Moment an war meine Gesprächspartnerin, wie aufgetaut.

Meine Gesprächspartnerin sprach mit der Zeit immer schneller und emotio-

naler. Das kann auch daran liegen, dass das Thema Kinder und Erlernen

der deutschen Sprache zu den Interessen der Frau gehört.

Ich habe mich auf die Gefühle von Frau Vera konzentriert, da „Die Kunst der

Interviewführung darin liegt, die zentralen Themen und Gefühle der Inter-

viewten zu erkennen und darauf einzugehen „95

Nachdem mein Diktiergerät abgeschaltet war, hat meine Gesprächspartnerin

mir noch mehr erzählt. So, zum Beispiel habe ich erfahren, dass diese Fami-

lie in Deutschland sehr viele russische Bekannte und Verwandten hat. Die

Familie feiert oft russische Feste (z. B. Ostern, Weihnachten, Neujahr) mit

allen ihren russischen Traditionen, aber gleichzeitig werden deutsche Traditi-

onen und Festlichkeiten auch akzeptiert und übernommen.

Der originale Text mit beiden Interviews der Familien wurde in russischer

Sprache aufgenommen. Die Originaltexte von allen Interviews mit Überset-

zung und mit der Transkription befinden sich im Anhang.

Hierzu habe ich Tabellen angefertigt, in denen die Angaben über jedes ein-

zelnes Kind (als Einzelfall) extra erfasst wurden. Hier ist deutlich zu erken-

nen, wie unterschiedlich ein Zweispracherwerb selbst innerhalb eine Familie

abläuft.

3.3.2 Kodierungen des Materials

Für diese Arbeit habe ich Kodierung nach der Grounded Theory (nach Glaser

und Strauss) ausgewählt. Laut o.g. Forscher, Ziel des Kodierens ist, Katego-

rien und Bezüge zwischen Kategorien zu entdecken und zu bezeichnen. Da-

bei existieren mehrere Variante von Kategorienbildung aus diesem Material.

In meiner Arbeit handelt sich um offenes Kodieren. „Das Ziel dabei ist, Kon-

zepte zu entwickeln, die den Daten angemessen erscheinen. Bei der Aus-

wertung von Interviews geht es nicht darum, „paraphrasierte Kritzel“ zu no-

tieren, sondern darum, vorläufige Antworten auf Fragen über Kategorien und

darüber, wie diese zusammenhängen, zu finden. Diese Antworten werden

als „Kodes“ bezeichnet und zunächst mit vorläufigen Namen versehen. Hier

werden „natürliche“ Kodes, d.h. Ausdrücke, die die Untersuchten selbst be-

95 vgl. Freibertshäuser (2013), S. 379.

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nutzt haben und konstruierte Kodes96 unterschieden. Als Ziel des offenen

Kodierens beschreibt Glaser: „Eine auftauchende Zusammenstellung von

Begriffen und ihren Eigenschaften zu entwickeln, die passen und wichtig

sind, um sie in eine Theorie zu integrieren.“97

3.3.3 Analyse

3.3.3.1 „natürliche“ Kodes

Kategorie: Erwerb der deutschen Sprache

Beide Kinder in der Familie Sverlov sprechen sehr gut deutsch. Hierbei ist

festzustellen, dass Vladimir zwei Jahre später angefangen hat die zweite

Sprache zu lernen, als Max. Das hat keinen Einfluss auf den Spracherwerb

genommen.

Die beiden Jungs haben fast in gleicher Zeit die Deutsche Sprache auf sehr

gutem Niveau erworben.

Deutsch ist für die beiden Kinder, genau wie für ihre Familie, die wichtigste

Sprache. Die Kinder spreche Deutsch nicht nur in der Schule, sondern auch

zur Hause untereinander.

Auch Frau Sverdlova versucht zu Hause nur deutsch zu sprechen, da der

Erwerb dieser Sprache für sie persönlich sehr wichtig ist. Dabei versteht die

Mutter sehr gut, dass nur Deutsch zu sprechen nachteilig für den Erwerb der

russischen Sprache für ihre Kinder ist.

Kategorie: Erwerb der russischen Sprache

Man sieht sehr starke Unterschiede im Beherrschen der russischen Sprache

zwischen beiden Kindern. Der erste Sohn (Vladimir) versteht sehr viel auf

Russisch, kann auf Russisch sprechen, lesen und schreiben. Wie schon ge-

schrieben, Vladimir ist im Alter von fünf Jahren nach Deutschland gekom-

men. Es ein bisschen kurios, das Vladimir in der Schule seine eigene Mutter-

sprache als Fremdsprache lernt. Deutsch ist für beiden Jungs ist eigene

Sprache.

Der zweite Sohn (Max) kann auf Russisch alles verstehen, aber will nicht

sprechen. Lesen und schreiben auf Russisch kann er fast gar nicht (Aus-

nahme sind einfache Wörter, wie „Papa“ und „Mama“.)

96 vgl. Strauss (1994), S. 64f. 97 vgl.Schmidt (2013), S. 553.

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Frau Sverdlova vermutet, dass Max einfach „zu faul „oder „nicht fleißig ge-

nug“ dazu ist. Ich bin der Meinung, dass er in Deutschland nicht genug Moti-

vation und Unterstützung zum Erlernen der Muttersprache bekommt.

Eine Reise nach Russland hat diese Situation sehr stark verändert.

In Russland hat Max erfahren, dass er mit der deutscher Sprache mit seine

neuen russischen Freunde und Verwandten nicht weiter kommt. Zuerst hatte

Max einen kompletten Sprachverlust. Seine Mutter erzählte, dass er 3-4 Ta-

gen gar nicht gesprochen hat (kein Russisch und kein Deutsch). Solches

Phänomen als Sprachverlust habe ich in dieser Bachelor Arbeit detailliert

beschrieben.

Frau Sverdlova hat auch geäußert, dass nach dieser kurze Pause Max ange-

fangen hat, in Russland russisch zu sprechen. Damit können wir uns noch

mal überzeugen, dass die Motivation für den Spracherwerb fast immer eine

entscheidende Rolle spielt.

Kategorie: Probleme/Schwierigkeiten

Bei der ersten Begegnung mit der Deutsche Sprache und Kultur gab es für

die ganze Familie Sverdlov einige Probleme.

Das erste Kind (Vladimir) wollte nicht in der Kita gehen. Frau Vera beschreibt

die Situation als Stress, die Vorbereitungen morgens für die Kita.

Dazu hat das Kind sein ersten Einschulungstest nicht vollständig (oder

schlecht) geschafft. Das war für die Eltern eine schwierige Zeit. Frau Vera

Sverdlova spricht darüber mit vielen Wortpausen. Als „großes Problem“ be-

zeichnet sie einige Unterhaltungsprobleme mit den Erziehern der Kita. Mit

Sprachproblemen verbindet sie auch einige Kinderkonflikte im Kindergarten.

Sie sagt, dass sie sich in der ersten Zeit ziemlich viel Sorgen um ihr Kind

gemacht hatte. Frau Sverdlova hatte vermutet, dass ihre Kinder wegen man-

gelnder Sprachkenntnisse in Deutsch irgendwelche Probleme kriegen. (Dies

hat sich nicht bestätigt).

Frau Sverdlova erklärte, dass sie dieses Unsicherheitsgefühl sie sehr lange

Zeithatte.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt fragt sie immer wieder den Lehrer nach den

„Deutsch Kenntnisse“ ihrer Kinder.

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Wir vermuten, dass in der erste Zeit des Aufenthaltes in Deutschland, als die

Familie noch keine Umgebungssprache gesprochen hat, davon hat sie sehr

schlechte Erinnerungen.

Zusätzlich zur ständigen Angst und Sorgen um die Kinder haben die Eltern

auch einige soziale Probleme gehabt. Die Familie Sverdlov war über 10 Jah-

re Harz-IV Empfänger. Alle Versuche irgendeine dauerhafte Arbeit zu finden

ohne gute deutsche Sprache war erfolglos.

Damit wird besser verständlich, warum der Erwerb der Deutscher Sprache

für Familie Sverdlov so eine hohe Priorität hatte.

Kategorie: Keine Probleme/Alles in Ordnung

Frau Sverdlova wiederholt immer wieder, dass die Kinder nur in der ersten

Zeit Probleme hatten. Dann war alles in Ordnung.

Das zweite Kind von Frau Sverdlova hatte nach dem Besuch des deutschen

Kindergartens den Einschulungstest sehr gut bestanden und wurde in die 1

Klasse eingeschult.

Es ist sehr deutlich zu merken, dass Frau Sverdlova, wie viele andere Mütter

auch, sehr stolz auf ihre Kinder ist. Sie erzählte, dass beide Kinder in der

Schule gute Noten erhalten und besonders in Deutsch eine Note „zwei“ ha-

ben.

3.3.3.2. „soziologisch konstruierte “ Kodes

Kategorie: Besonderheiten beim Erlernen von zwei Sprachen(Code

Switsching, Sprachmix)

In dem gegebenen Fall können wir folgende Besonderheiten bei dem Er-

werb von zwei Sprachen unterscheiden:

Die Kinder in der Familie Sverdlov haben zuerst oft zwei verschiedene Spra-

chen gemischt: bzw. sie haben Sätze gebildet aus deutsche und russischen

Wörter. Hier handelt sich um lexikalische Interferenzen.

Die Spielzeuge und Spiele lernen Kinder gerne mehr auf Deutsch. (Man kann

vermuten, dass das vom Spiel mit deutschen Kindern in der Kita kommt).

Damit kann man die Theorie bestätigen, dass zweisprachige Kinder für be-

stimmte Themen eine bestimmte Sprache wählen.

Für die deutschen Wörter haben Max und Vladimir oft mal die russischen

Grammatik Regeln, bzw. Wortendungen verwendet. (z.B. Ich schla-

fe=schlafaÜ, Papa nicht versteht= nicht verstehtET). Selbst Frau Sverdlova

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nennt ihres zweites Kind Max-ik. Das ist der deutsche Name „Max“ plus Rus-

sischen Wortendung –„Ik“.In der Wissenschaft nennt man dieses Phänomen-

Grammatikalische Interferenzen.

Wenn Frau Vera über deutsche Feste spricht, verwendet sie unbewusst

auch die gleichen Wortendungen, wie ihre Kinder. (z.B. Weihnachten-ny, Os-

tern-ny)

das gleiche passierte, als ihr zweites Kind in Russland anfing Russisch zu

sprechen: Er hat falsche Substantive oder falsche Wortendungen in russi-

sche Sprache benutzt.

Kategorie: Sozialisation/Transaktion

Ich finde, dass die Sozialisation bei beiden Kindern erfolgreich verlaufen ist.

Beide haben sehr schnell Freunde gefunden und ihre Sprachkennisse erfolg-

reich angewandt.

Bei der Eingewöhnung im Kindergarten und der deutschsprachigen Gesell-

schaft dürfen wir nicht die wichtige Rolle der Oma (russische Lehrerin für die

Deutsche Sprache) unterschätzen. Sie hat in der ersten Zeit den Kinder und

der Familie sehr erfolgreich geholfen.

Nach meiner Meinung hat auch eine russische Freundin aus dem Kindergar-

ten für Vladimir eine wichtige Rolle gespielt.

Es ist zu merken, dass bei beiden Kindern, keine Eingewöhnung mit den El-

tern in der Kita stattgefunden hat. Frau Sverdlova meint, dass die Erzieher

ihre Kinder trotzdem sehr gut unterstützt haben. Sie haben, zum Beispiel,

Missverständnissen zwischen den Kindern geklärt. Frau Sverdlova war

dankbar, dass die Erzieherinnen den anderen Kindern erklärt haben, dass

Max und Vladimir aus einem anderen Land kommen und deswegen nicht so

gut sprechen können wie die anderen.

Frau Vera Sverdlova meinte ebenfalls, dass die Schule ihrem Kind Vladimir

viel mehr in Sinne von gutem Deutsch vermittelt hat.

Meiner Meinung nach, wurde durch die erfolgreiche Eingewöhnung und So-

zialisation in der Kita ein guter Übergang zur Schule ermöglicht.

Kategorie: Identität/Identifikation

Laut Aussage von Frau Sverdlova, meinen ihre Kinder, dass sie Deutsche

sind und sie ist mit dieser Aussage einverstanden.

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Wie schon erwähnt wurde, die Muttersprache ist eng mit der eigenen Identi-

tät und dem Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Gruppe verknüpft und

vermittelt Strukturen, Normen und Werte dieser Sprachgemeinschaft.

Meiner Meinung nach identifiziert sich der ältere Sohn Vladimir zum Teil mit

der russischen Kultur und hält Russisch für die Muttersprache.

Er spricht mit seinen Eltern Russisch („gibt sich Mühe“), will gerne nach

Russland reisen.

Der zweite Sohn, geborene in Deutschland, hat nicht mehr solche Identifika-

tion.

3.4 Interview Nr. 2 mit Olga Egorova98

3.3.3.1. Material Erhebung

Das verabredete Interview Nr. 2 kam am 11 November 2015 zustande. Diese

Familie wohnt, wie die Familie Sverdlov, auch in einer Neubauwohnung. Frau

Egorova bat mich in die Küche. Dort war ein Tisch mit Tee und Eierkuchen

gedeckt (das ist russische gastfreundliche Tradition).

Nach einer Begrüßung und einem kleinen Vorgespräch habe ich über den

Zweck meines Besuches gesprochen.

Ich hatte von Beginn an das Gefühl, Frau Egorova hat sich sehr auf meinen

Besuch gefreut. Sie war von Anfang an bereit, offen mit mir über ihre Kinder

zu sprechen. Das Gespräch lief von Anfang an in sehr schnellem Tempo,

ohne lange Pausen oder Schwierigkeiten. Dieses Gespräch war Inhaltlich

sehr komplex und brachte mir sehr viele wichtige Informationen.

3.4.2. Analyse

3.4.2.1.„natürliche“ Kodes

Kategorie: Erwerb der deutschen Sprache

In der Familie von Frau Olga Egorova sind drei Kinder, alle drei sprechen

heute sehr gutes Deutsch. Laut Olgas Aussagen, der Deutsche Spracher-

werb bei allen drei Jungs hat ungefähr 1 bis 1,5 Jahren gedauert und ist oh-

ne Probleme ganz natürlich verlaufen.

Dabei es ist festzustellen, alle drei Kinder hatten unterschiedliche Aus-

gangssituationen bei dem Erwerb der deutschen Sprache.

98 Alle Namen in Interviews sind geändert.

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Der ältere Sohn (Peter) kam erst mit 12 Jahren nach Deutschland, hat aber

trotzdem sehr schnell und erfolgreich Deutsch gelernt. Peter dient Deutsch-

land in der Bundeswehr und spricht akzentfrei Deutsch. Dieses Beispiel wie-

derspricht einigen Wissenschaftler, die überzeugt sind, dass perfekter (Ak-

zentfreier) Spracherwerb nur bis zum Vorschulalter oder bis maximal 10-12

Jahren möglich ist.

Die anderen zwei Jungs haben erst im Alter von ca. drei Jahren die deutsche

Sprache, als zweite Sprache, mit Eintritt in den Kindergarten kontinuierlich

erlernt.

Familiäre Bedingungen waren bei beiden jüngeren Kindern unterschiedlich.

Frau Egorova erzählte, Roman hat von Geburt bis zum Eintritt in der Kita zu

Hause nur Russische Sprache gehört und diese selbst sehr gut gesprochen.

Nach dem Eintritt in den Kindergarten hat er innerhalb kurzer Zeit sehr gut

Deutsch gelernt.

Eduard hat schon vor dem Eintritt in die Kita viele deutsche Wörter gehört,

vor allem von seinem älteren Bruder, vom Vater und manchmal auch von

seiner Mutter.

Alle Mitglieder in dieser Familie haben schon damals auf sehr unterschiedli-

chem Niveau Deutsch gesprochen. Die Mutter erklärte, dass Eduard viele

Möglichkeiten hatte Russische Sprache aus den Medien (z.B. TV) zu lernen.

Sie hat schon ab einem Lebensalter von ca. 7 Monate angefangen ihm rus-

sische Zeichentrickfilme auf Video zu zeigen. Das Ergebnis war für Frau

Ergorova und andere Verwandte sehr erstaunlich. Eduard hat durch das TV

keine russische Sprache gelernt. Er hatte von Anfang an keinen Wunsch

Russisch zu sprechen. Damit kann man sich noch einmal davon überzeugen,

dass der Erwerb von Muttersprache in der Familie nur durch direkte Unter-

haltung mit einer Bezugsperson erfolgt und nicht durch passiven Konsum

von Medien. Aus dem Interview folgt, dass die Kinder von Frau Egorova

sehr schnell (innerhalb eines Jahres) und auf sehr hohem Niveau Deutsch

gelernt haben.

Die Kinder in der genannten Familie sprechen miteinander Deutsch, mit ihren

Eltern, Freunden und Verwandten unterhalten sie sich ebenfalls vorwiegend

nur auf Deutsch. Sie schauen deutsches TV, bedienen ihre PC auf Deutsch

usw.

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Während des Interviews mit der Horterzieherin habe ich erfahren, dass Ro-

man und Eduard Deutsch noch mit leichtem Akzent sprechen und einige

grammatische Fehler machen.

Kategorie: Erwerb der Russischen Sprache

Olga hat folgendes festgestellt: je mehr ihre Kinder Deutsch gelernt haben,

desto weniger haben sie Russisch gesprochen. (Mit Ausnahme von Eduard,

der von Anfang an nur Deutsch gesprochen hat). Mit der Zeit hat die Umge-

bungssprache komplett die Muttersprache dominiert. Zurzeit beherrschen

alle drei Jungs die Russische Sprache auf sehr unterschiedlichem Niveau.

Die besten Kenntnisse in dieser Sprache hat der ältere Sohn Peter. Er hat

bis zum 12.ten Lebensjahr nur Russisch gesprochen, hat in der Schule Rus-

sisch gut lesen und schreiben gelernt.

Peter spricht Russisch, laut Aussage seiner Mutter, mit Akzent. Lesen und

Schreiben kann er nur mit großen Schwierigkeiten und macht das sehr sel-

ten.

Der zweite Sohn Roman hat bis zum 3ten Lebensjahr gutes Russisch ge-

sprochen, dann aber immer mehr Deutsch gelernt. Heute spricht er sehr

schlecht russisch, versteht aber vieles.

Der dritte Sohn Eduard spricht von Anfang an kein Wort Russisch und ver-

steht sehr wenig.

Zusammenfassend kann man sagen, die Russische Sprache ist für alle drei

Jungs eine Fremdsprache geworden.

Kategorie: Sprachprobleme und Schwierigkeiten.

Olga Egorova hat mir mehrfach stolz wiederholt, dass ihre Kinder keine Prob-

leme mit dem Erwerb der Deutsche Sprache oder in einer Unterhaltung in

dieser Sprache Probleme hatten. Das einzige Problem, sind ihre eigenen

sprachlichen Schwierigkeiten während einer Unterhaltung mit den Kindern.

Dabei hat sie gemerkt, dass es mit der Zeit immer komplizierter wurde.

Die genannte Frau muss heute immer öfter feststellen, dass sie mit ihren

eigenen Kindern nicht alles in deutscher Sprache klären kann. Ebenso ver-

stehen die Söhne nicht, wenn die Mutter auf höherem Niveau Russisch

redet. Frau Egorova sagte, dass dieses Problem in mehreren russischen

Migranten Familien bekannt ist.

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3.4.2.2. „soziologisch konstruierte “ Kodes

Kategorie: Code-Switching, Sprachenwechsel, Sprachmischung

Die genannte russische Frau erklärte, dass sie bei ihren Kinder keine

Sprachmischung beobachten könnte. Ihre Kinder haben angefangen Deutsch

zu sprechen ohne russische Wörter zusätzlich zu benutzen.

Nur bei Roman finden oft Sprachwechsel statt. Wenn er mit seiner Mutter

spricht. Versucht er seiner russischsprachigen Mutter teilweise Russisch zu

antworten, wechselt dann aber in seiner Sprache wieder auf Deutsch.

Kategorie: Sozialisation/Transaktion

Aus meinem Interview mit Frau Egorova ist ersichtlich, dass alle drei Jungs

sich schnell und erfolgreich in der deutsche Gesellschaft sozialisiert haben.

Alle 3 Söhne haben viele Freunde gefunden und fühlen sich wohl in diesem

Land.

Kategorie: Pädagogische Unterstützung von Zweisprachigkeit

Laut Interview, können wir nicht genau feststellen, ob pädagogische Unter-

stützung von Familie und Kindern in ihre Zweisprachigkeit stattgefunden hat.

Man kann vermuten, dass solche Unterstützung hier nicht stattgefunden hat.

In der Kindergartenzeit hat die Familie nur den Rat bekommen, dass sie mit

den Kindern zur Hause mehr Deutsch sprechen sollen. Jetzt sagen die Er-

zieher zur Frau Egorova: „Das ist sehr gut, dass ihre Kinder zweisprachig

aufwachsen!“

Leider ist diese Empfehlung zu spät gekommen. Tatsächlich sind die Kinder

fast monosprachig geworden, ihre überwiegende Sprache ist Deutsch.

Deswegen sind bei mir folgende Fragen entstanden:

Wie ist es möglich, dass die Söhne in der Familie Egorova wirklich zwei-

sprachig bleiben und die Kinder besser Russisch sprechen um die eigene

Mutter und andere russischsprachige Familienangehörige oder Personen

besser verstehen zu können? Können pädagogische Fachkräfte auch etwas

dazu tun, dass die Kinder ihre Zweisprachigkeit behalten? Auf diesen Fragen

haben wir versucht in dieser Bachelor Arbeit einer Antwort zu finden.

3.5.Interview Nr. 3 mit Horterzieherin

3.5.1 Material Erhebung.

Ich habe mich für dieses Interview aus mehreren Gründen entschieden.

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Zuerst, wie schon geschrieben, möchte ich wissen, wie pädagogische Unter-

stützung von Kindern bei ihrem zweisprachigen Spracherwerb in den Institu-

tionen läuft.

Zweitens, hier handelt es sich um einen Jungen aus Donezk, welche ich kurz

im Kindergarten kenngelernt habe. (Meine erste Begegnung mit diesem

Jungen und seinem Bruder habe ich schon in dieser Arbeit detailliert be-

schrieben). Ein Jahr später, als Nikolai eingeschult wurde, hatte ich großes

Interesse mehr über das weitere Schicksal von diesem sympathischen Jun-

gen zu erfahren. Ich habe seine Horterzieherin direkt angesprochen und sie

war einverstanden am späten Freitagnachmittag (nach der Abholung der

letzten Kinder) mir ein Interview zu geben.

Die Horterzieherin ist eine sehr nette junge Frau (24 Jahren alt) mit einer

zwei jährigen Berufserfahrung

Wir haben uns am vereinbarten Termin getroffen. Ich muss zugeben, dass

ich ein bisschen aufgeregt war und sehr viele Fragen in meinem Kopf hatte,

(die wichtigsten Stichpunkte wurden auf einem Zettel notiert). Ich hatte das

Gefühl, dass die Hort-Erzieherin freundlich und ruhig war, aber ziemlich mü-

de und möglicherweise schon ungeduldig auf ihren Feierabend gewartet hat.

Eventuell kann man damit erklären, dass ich ziemlich viel und schnell ge-

sprochen habe, während die Erzieherin sehr kurz und knapp geantwortet

hat. Manchmal auf meine Frage die aus 3-4 Sätzen bestand, gab es nur die

kurze Antwort „Ja“ oder „Nein“.

Viele Sätze hat sie gar nicht zu Ende gesprochen. So, dass ich selbst versu-

chen musste die von Ihr begonnenen Sätze zu Ende zu bringen. Die Horter-

zieherin hat dazu nur mit dem Kopf genickt.

Sehr deutlich wurde das, als ich die Aufnahme des Interview (auf Diktierge-

rät) angehört habe. Ich bin der Meinung, dass nächstes Mal sollte ich, wahr-

scheinlich, nicht so emotional und schnell reden, nicht so ungeduldig mit

meinen Fragen sein, sondern dem Gesprächspartner mehr Chancen geben

seine Gedanken zu formulieren und äußern, auch wenn zwischen Wörter

und Sätzen sehr lange Pausen sind.

Ich muss leider feststellen, dass die vorhergehenden Interviews erfolgreicher

verlaufen sind. Die russischen Frauen haben sich geöffnet und sehr viel er-

zählt.

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3.5.2 Analysen.

3.5.2.1.„natürliche“ Kodes

Kategorie: Erwerb der deutschen Sprache.

Laut Angaben der Hort- Erzieherin lebt das Kind schon seit einem Jahr in

Deutschland und spricht 3-4 Wörter Sätze. Das Kind spricht nicht fehlerfrei,

kann aber alles, was es möchte ausdrücken.

Er hat den Schuleignungstest gut bestanden und kam daraufhin gleich in die

erste Klasse. (statt „0“). Damit haben sich die Sorgen der Kita Erzieherin,

dass Nikolai ohne Deutsche Sprache große Probleme in der Schule haben

wird, nicht bestätigt.

Kategorie: Russische Sprache.

Das Kind wohnt in Deutschland seit einem Jahr und spricht perfekt Russisch.

Unserer Meinung nach ist Nikolai als Schulanfänger stark überfordert mit

dem Erwerb der deutsche Sprache und aller anderen. Damit können wir er-

klären, dass er während der Hausaufgaben sehr verträumt ist, er schaltet

schnell ab und spricht dann Russisch.

Kategorie: Schwierigkeiten (Wo braucht das Kind pädagogische Unterstüt-

zung?)

Laut Beschreibung der Hort Erzieher hat das Kind noch einige Schwierigkei-

ten, da er nicht alles versteht.

Kategorie: Pädagogische Unterstützung für das Kind

Aus dem Interview folgt, die Hort- Erzieherin schenkt dem Kind viel Acht-

samkeit und Aufmerksamkeit vor allem während der Anfertigung der Haus-

aufgaben.

Meiner Meinung nach, ist sehr wichtig für die genannte pädagogische Fach-

kraft zu versuchen, mit Nikolay eine Beziehung aufzubauen um mehr Ver-

trauen von ihm zu bekommen. Dafür ist sehr viel Geduld und Zeit nötig.

Kategorie: Sprachniveau von Eltern

Aus dem Interview folgt, dass die Eltern auch nicht alles in Deutsch verste-

hen (möglicherweise weniger als Nikolay). Deswegen ist nicht nur die päda-

gogische Unterstützung von Nikolay, sondern auch die seiner Familie wich-

tig.

Kategorie: Pädagogische Unterstützung von Eltern

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Laut Meinung der Horterzieherin, unterstützt sie die Eltern, genauso wie ihr

Kind, durch starke Verwendung von Mimik und Gestik.

Das ist natürlich viel zu wenig für die pädagogische Arbeit.

Auf meine Frage über Elternabend (z.B. Multi-Kulti Abend), habe ich zur

Antwort bekommen, dass dafür keine Zeit ist.

Am nächsten Tag habe ich dieses Thema noch einmal angesprochen und

nachgefragt. Die Hort- Erzieherin hat mir erklärt, dass es für solche Abend

nicht nur keine Zeit gibt, sondern auch kein besonderes Interesse vorliegt.

Sie erklärte, auch wenn der Hort so etwas organisiert, werden sowieso keine

Leute kommen.

Kategorie: Zweisprachigkeit

Wenn es um Zweisprachigkeit geht, ist die Erzieherin der festen Überzeu-

gung, die Kinder sollen Zweisprachig bleiben.

3.6.Zwischenfazit.

Wenn wir Interview Nr. 1 (mit Familie Sverdlov) und Interview Nr. 2 (mit Fa-

milie Egorov) vergleichen, dann können wir viele Ähnlichkeiten finden. Die

beiden russischen Familien haben eine ähnliche soziale Situation, Kultur,

Mentalität und Aussichten. Es wäre angemessen noch zusätzliche Interviews

in zweisprachigen Familien aus anderen Ländern vorzunehmen.

Im Rahmen dieser Bachelor Arbeit ist das leider nicht möglich.

Trotzdem können uns diese Interviews einige Besonderheiten und Tenden-

zen über die Entwicklung von zweisprachigen Kindern geben.

Eltern in beiden Familien sprechen Russisch, lesen Russische Zeitungen und

Zeitschriften, schauen Russisches Fernsehen, Feiern russische Feste mit

russischer Tradition, kochen Russische Gerichte usw. Die Kinder in diesen

Familien haben gute Möglichkeiten Russische Sprache zusammen mit Rus-

sischer Kultur zu übernehmen.

Sprache ist immer mit einer Kultur verbunden.

Man kann erwarten, dass die Kinder in genannten Familien genauso gut

Russisch sprechen, wie Deutsch. In der Realität sieht die Situation ganz an-

deres aus.

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In dieser Arbeit wurde detailliert betrachtet, welche Faktoren auf zweispra-

chige Entwicklung des Kindes einen Einfluss haben. Dabei spielt eine be-

sondere Rolle die Motivation und das Interesse während des Spracher-

werbs. Es ist zu merken, dass es in beiden Familien eine starke Motivation

gibt, die Deutsche Sprache als Umgebungs-Sprache zu lernen. Das charak-

terisiert nicht nur die Kindern, sondern auch ihre Eltern. Fazit: Ohne gute

Deutsche Sprache sieht die Familie keine Chance für sich und ihre Kinder.

Diese Sprache ergibt dann gute Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.

Diese sind sehr wichtig für eine gute Lebensqualität und

ein gutes Niveau im kulturellen und sozialen Leben in Deutschland.

Eltern sind die besten Beispiele für ihre Kinder. Die Jungs aus den genann-

ten russischen Familien erleben und spüren, dass Vater und Mutter sehr mo-

tiviert die Umgebungssprache lernen. Diese Sprache hat eine besondere

Bedeutung, verbunden mit ihrer Zukunft. Mit dem Eintritt in den Kindergarten

und später in der Schule haben die Kinder ein immer höheres Interesse auf

den Erwerb der Umgebungs-Sprache bekommen. Diese Sprache hat mit

der Zeit eine immer wichtigere Rolle eingenommen.

Hierbei sind auch solche Faktoren zu erwähnen, wie Dauer (Quantität) und

Intensität (Qualität) der deutschen Sprache, welche kontinuierlich wächst in

den genannten ausländischen Familien. Dabei verliert die eigene Mutter-

sprache ihre Bedeutung.

Aus den Interviews folgt, dass die Eltern in den Familien auch mit der Zeit

versuchen immer mehr Deutsch zu sprechen. Beide Mütter haben mir ge-

sagt, dass für sie persönlich diese Sprache sehr wichtig ist und sie versu-

chen mehr Deutsch zu sprechen, um diese Sprache besser zu lernen.

Aus den Interviews deutlich zu erkennen, Kinder lernen viel schneller die

Umgebungssprache, als ihre Eltern. Die Kinder wurden auch sehr erfolgreich

sozialisiert. Es ist nur traurig, wenn russische Mütter, durch Ihr unterschiedli-

ches Sprachniveau, die eigenen Kinder nicht mehr verstehen.

Frau Egorova sagte mir, die Unterhaltung mit ihren Kindern wird immer kom-

plizierter für sie und das ist typisch für alle russischen Familien.

Das Sprachprestige ist der nächste wichtige Faktor, der auf den Spracher-

werb starken Einfluss hat. So wie die Umgebung eines Kindes einer Sprache

bewertet, entscheidet mit darüber, wie erfolgreich das Kind diese Sprache

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lernen kann. Möglicherweise, hat die Russische Sprache ein nicht mehr be-

sonders großes Prestige im Vergleich mit der Englischen oder Französischen

Sprache. Diese Sprache hat im deutschen Bildungssystem zu diesem Zeit-

punkt keine besondere Bedeutung.

Die Kinder merken das und haben aus diesem Grund wahrscheinlich keine

besonders ausgeprägte Motivation die eigene Muttersprache zu erwerben.

Auf der anderer Seite innerhalb dieser Arbeit wurde betont, dass jeder Spra-

che wichtig ist und Prestige bestimmter Sprachen nur Annahme oder Mode

ist, die sich mit der Zeit sehr schnell ändern kann.

Es wurde auch detailliert die wichtige Rolle beschrieben, die die Mutterspra-

che in der menschlichen Entwicklung spielt. Eine Sprache zu erwerben ist

mehr, als nur Wörter und Grammatik zu lernen. Eine Sprache ist ein Tor, das

den Zugang zu einer anderen Kultur ermöglicht. Ich bin der Meinung, dass es

für die Kinder sehr wichtig ist die eigenen Wurzeln zu kennen. Dieses Wissen

spielt später für die Indefitikationsentwicklung eine wichtige Rolle. Es ist fest-

zustellen, dass die ältesten Kinder in beiden Familien das Interesse an

Russland und der Russischen Sprache nicht ganz und gar verloren haben.

Der ältere Sohn von Vera Sverdlova träumt von einer Reise mit einem

Freund zu seinem Geburtsort.

Die anderen Kinder sind hier geboren und fühlen sich als Deutsche. Es ist

hierbei festzustellen, dass die deutsche Menschen aus der Umgebung dieser

Kinder, so wie die Familien dieser Kinder, sie als Russen wahrnehmen.

Damit erkennen wir zwei unterschiedliche Meinungen (die der deutscher Ge-

sellschaft und die, aus Sicht der Kinder beschrieben), die nicht überein-

stimmen.

Mit Hilfe von Interview Nr. 3 haben wir die Möglichkeit bekommen, uns bes-

ser die erste Zeit von ausländischen Kindern in Deutschland vorstellen.

Durch das Interview mit den Horterzieherinnen haben wir gehofft mehr über

die pädagogische Unterstützung dieser Kinder zu erfahren.

Nikolay ist ein sehr offenes, freundliches, resilience Kind. Er hat gute Kontak-

te zu allen Kinder und dabei keine Sprachbarriere.

Es ist zu merken, dass Nikolay mit dem Schulanfang und mit dem Erlernen

der Deutsche Sprache manchmal sehr stark überfordert ist. Durch seine in-

nere Kraft und seinen positiven und freundlichen Charakter kommt er mit

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oben genannten Schwierigkeiten gut zurecht. Daher kann man vermuten,

das Nikolay ein resilience Kind ist. Nikolay hat innerhalb sehr kurzer Zeit sehr

gut Deutsch gelernt. Man kann erwarten, dass seine Sprachentwicklung in

deutscher Sprache auch weiter so erfolgreich verläuft. Die sozialen Kontakte

und die freundliche Atmosphäre im Hort spielen dabei eine sehr wichtige Rol-

le.

Aus dem Interview folgt, der Hort hat leider nicht genügend Kontakt mit Niko-

lajs Familie, sowie möglicherweise mit Familien von anderen ausländischen

Kindern. Dabei haben diese Kontakte und die pädagogische Unterstützung

von zweisprachigen Familien eine besondere Bedeutung. Dieses Thema

wurde in dieser Bachelor Arbeit detailliert betrachtet.

Möglicherweise benötigt dieses Kind noch mehr Zuwendung und Aufmerk-

samkeit von Seiten der Erzieherin. Es ist sehr positiv, dass sie manchmal

einige russische Wörter mit Nikolay spricht und bei der Anfertigung der

Hausaufgaben intensiv hilft. Es wäre noch besser, wenn die Hort-Kinder

zusammen z. b. ein Bilderbuch, ein CD, ein Lied oder ein Spiel in Nikolajs

Muttersprache kennlernen würden. Dafür kann die Horterzieherin die Hilfe

von Nikolajs Eltern in Anspruch nehmen.

Es muss ja nicht gleich ein Multi-Kulti Abend sein, für den laut Meinung der

Hort-Erzieherin, keine Zeit vorhanden ist.

Es ist nur wichtig, das Kind und Eltern sich mit ihre Sprache und Kultur, in

ihrer neuen Sozialumgebung angenommen fühlen.

Wir sind fest überzeugt, dass nicht sehr viel Zeit vergeht und Nikolay genau-

so gut deutsch sprechen wird, wie die Kinder aus den anderen hier beschrie-

benen russischen Familien.

Die Autorin dieser Bachelor Arbeit ist der Meinung, dass Zweisprachigkeit

der Kinder unbedingt zu erhalten und zu pflegen ist.

In dieser Arbeit wurde mehrmals betont, dass die Kinder problemlos zwei

oder mehr Sprachen erwerben können. Es handelt sich aber um impliziten

Spracherwerb und nicht um das Lernen einer Sprache während des Unter-

richts.

Meiner Meinung nach haben die Kinder aus den Familien Sverdlov und

Egorov große Chance gehabt, zwei Sprachen- Deutsch und Russisch auf

gleichem sehr gutem Niveau zu lernen, sie haben aber diese Möglichkeit

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nicht genutzt. Dabei haben wir große Hoffnung, dass Nikolay nicht so schnell

die eigene Muttersprache vergisst und in Zukunft beide Sprachen sehr gut

beherrschen wird.

Unsere wichtigste Aufgabe als Kleinkindpädagogen besteht darin, die Kin-

der und ihre Familien während eines solchen Zweispracherwerbes unterstüt-

zen zu können. Wir müssen das Zweifeln bei Eltern ausräumen, die immer

noch das alte Vorurteil haben, Mehrsprachigkeit überfordert Kinder und kei-

ne Sprache wird richtig erlernt. In dieser Arbeit wurde betont, dass die aktuel-

le Forschung das Gegenteil belegt. Die Kinder lernen die Sprachen viel

schneller und leichter als Erwachsene, dabei geht es bei Vorschulkindern um

impliziten Spracherwerb und nicht um erlernen während eines Sprachunter-

richt, Kurs oder unter strengen Anweisungen in entsprechenden Förde-

rungsprogrammen.

Wie pädagogische Fachkräfte (Erzieherinnen in Kitas oder im Hort) die zwei-

sprachigen Kinder besser unterstützen können, werden wir im nächsten Ka-

pitel genauer betrachten.

Kapitel 4:. Pädagogische Unterstützung den zwei-

sprachigen Kindern in ihren Spracherwerb.

„Mehrsprachigkeit ist ein Schatz, den es zu heben gilt“99

4.1. Wie die Kinder Sprachen erwerben.

4.1.1. Das Bild vom Kind

Die moderne Frühpädagogik hat das Bild vom selbstbildenden Kind, wel-

cher Respekt gegenüber der aktiven Gestaltung seiner Lebenswirklichkeit

verdient. Heutzutage es ist bekannt und zu akzeptieren, dass Kind seine

Umwelt durch eigenes Wahrnehmen und Denken erschließt und damit Bil-

dungsprozesse letztendlich selbst betreibt.

Das bedeutet, dass keinesfalls dem Kind keinesfalls die Sprachaneignungs-

arbeit abgenommen werden soll. Kind „brauch vielleicht Unterstützung, um

zu Wort zu kommen; aber er braucht keine Erzieherin, die an seiner Stelle

redet. Ein Kind kann manchmal einen Moment der Zurückhaltung seitens der 99 URL11: digibib.hs-nb.de (2014)

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sprachlich stärkeren Kinder brauchen, bis es seine eigene Aussage formu-

liert hat, aber es braucht keine Gruppe, in der sich alle auf gleich niedrigem

sprachlichem Niveau bewegen. Es braucht manchmal die Erklärung eines

unverstandenen Ausdrucks, aber nicht sofort eine Übersetzung der ganzen

Aussage. 100

4.1.2. Expliziter und Impliziter Spracherwerb.

Grundsätzlich können zwei Formen von Spracherwerb unterschieden wer-

den: erstens das gesteuerte oder explizites Lernen (bewusst angeeignetes

Wissen) und zweitens das ungesteuerte oder implizite Erwerben.

Die explizite Mehrsprachigkeit wird auch als „künstliche“, „schulische“ oder

„kulturelle“ Mehrsprachigkeit bezeichnet. Implizites Erwerben wird auch oft

als „Informelles Lernen“ „Erfahrungslernen“ oder laut Schäfer G. „Hand-

lungswissen“, „Alltagswissen“ in der Literatur genannt.

Das gesteuerte Lernen einer Sprache findet zum Beispiel in schulischen Un-

terrichtssituationen statt. Aber auch in informellen Situationen innerhalb der

Familie oder des Freundeskreises kann das Lernen einer Sprache gesteuert

werden, zum Beispiel durch gezielte Fehlerkorrekturen oder Reflexionen

über Sprachliches. Der ungesteuerte Erwerb einer Sprache erfolgt dagegen

in bestimmten sozialen Kontexten zum Beispiel im Familienkreis, im Freu-

denkreis oder im Kindergarten. Erstsprachen werden immer ungesteuert er-

worben, ob schon die Eltern und weitere Bezugspersonen immer wieder

steuernd eingreifen können.101

G. Schäfer ist der Meinung, dass „frühkindliches Wissen in erster Linie

Handlungswissen, Wissen, das daraus hervorgeht, dass Kind sich in der

Welt orientiert und orientieren muss, in der es lebt.“102 Der Wissenschaftler

verweist darauf, dass Frühkindliches Wissen ist (implizites) Alltagswissen. „In

Alltagszusammenhängen lernen heißt, in Situationen lernen, die nicht unmit-

telbar auf einen Lernprozess ausgerichtet sind. Dabei wird sehr vieles ge-

lernt, ohne dass das Kind ein unmittelbares Bewusstsein davon hat. „ 103

Die aktuellsten Entdeckungen von Hirnforschung haben gezeigt, dass die

implizite Lernprozesse entscheidende Rolle im Spracherwerb spielen.

100 vgl.Reich (2008), S. 49. 101 vgl.Noradi / De Rosa (2003), S. 39f. 102 vgl. Schäfer (2011), S. 139. 103 vgl. Schäfer (2011), S. 139.

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Implizites Lernen ist eine komplexe Form von Gedächtnispriming. Der Begriff

Priming bzw. Bannung bezeichnet in der Psychologie Beeinflussung der Ver-

arbeitung (Kognition) eines Reizes dadurch, dass ein vorangegangener Reiz

aktiviert hat. Diese Aktivierung spezieller Assoziationen im Gedächtnis auf-

grund von Vorerfahrungen mit den betreffenden Informationen geschieht

häufig und zum allergrößten Teil unbewusst104.

Implizites Lernen ist damit eine Form assoziativen Lernens, welches Mecha-

nismen statistischer Abhängigkeit zwischen Umweltreizen nutzt, um hoch-

spezifische Wissensrepräsentationen zu generieren.105

Damit wird festgestellt, dass für Kleinkinder eine natürliche Möglichkeit exis-

tiert, unkompliziert und unbewusst ein oder mehrere Sprachen zu erwerben.

Dabei kann der Anpassungsdruck des expliziten Lernens auf die Kinder und

ihre Familien zu stark werden und zur Überforderung führen.

„Schneller, als es die meisten Eltern, Erzieher und Lehrer glauben, lässt sich

das Grundvertrauen eines Kindes, wachsen und dazu gehören zu dürfen,

erschüttern: durch Missachtung und Abwertung sowieso, aber auch durch

große Erwartungen und ständige Belehrungen. Durch einen Mangel an Her-

ausforderungen ebenso wie durch Aufgaben, die das Kind noch nicht bewäl-

tigen kann, auch durch mangelndes Einfühlungsvermögen und Besserwisse-

rei. Und nicht zuletzt durch Angst. Vor allem durch die Angst, den Erwartun-

gen der anderen nicht zu genügen.“ 106

4.2. Faktoren, die das Erlernen einer Sprache beeinflussen.

Sprachentwicklung ist niemals passiv – die Sprache entwickelt sich perma-

nent, genau wie auch Kinder andauernd sich weiterentwickeln. Es gibt aber

interne und externe Faktoren, die die Geschwindigkeit der Sprachentwick-

lung beeinflussen.

4.2.1. Bindung

Die moderne Gedächtnisforschung zeigt, dass bei jedem Inhalt, der als sol-

cher gelernt wird, auch mitgelernt wird, wer diesen Inhalt vermittelt

(Quellengedächnis). Dieser Kontext ist mitentscheidend für den Lernerfolg

104 vgl Myers (2008 ), S. 961. 105 vgl Frensch/Rünger, 2003. 106 vgl Hüther / Michelks I. Gehirnforschung des Kindes. S. 52f.

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und wird zusammen mit dem Wissensinhalt abgespeichert. „Dass frühe Bil-

dung nicht allein durch anregungsreiche Umwelten in Gang kommt, zeigt der

negative Medieneinfluss auf das kleine Kind. Kinder lernen vor allem von

Menschen, in sozialen Interaktionen und durch emotionale Beziehungen zu

ihnen. Deshalb hängt der Ertrag früher Bildungsprozesse von Beziehungs-

und Bindungsprozessen ab. „107 Bildungsangebote inklusive Spracherwerb

werden nur dann vom Kind wirklich wahrgenommen, „wenn sie in funktionie-

rende Beziehungen eingebettet sind. In einer solchen Beziehung soll dem

Kind das Gefühl gegeben werden, eine aktiv handelnde und selbstwirksame

Person zu sein. Ohne sichere Beziehungen bewerten Kinder die Grenzen

ihrer Handlungsfähigkeit eher als Misserfolg und erleben sich selbst als un-

fähig, was sich negativ auf das Selbstbild, das SelbstWirksamkeit erleben

und die Bildungsmotivation auswirkt.108

Laut Fachliteratur, stabile Beziehungen zwischen den Kindern und der Erzie-

herin sind die entscheidende Grundlage für einen erfolgreichen Spracher-

werb Deutsch als Zweitsprache. So zum Beispiel Günther B. und Günther H.

schreiben: „Kinder müssen sich wohl fühlen, müssen sich verstanden und

akzeptiert wissen von der Erzieherin und der Gruppe. Nur in solchen Situati-

onen sind die Kinder gewillt und bereit, ihre Sprache einzusetzen. Beim ge-

meinsamen Frühstück, beim gemeinsamen Spielen, beim gemeinsamen Bil-

derbuchbetrachten oder beim gemeinsamen Basteln traut sich das Kind

durch die Nähe und Vertrautheit zur Erzieherin, einen Zugang zur neuen

Sprache zu finden.“109

Auch Reich H. sieht auch im Aufbau der vertrauensvollen Beziehungen zum

Kind, sowie der Stiftung von Beziehung zwischen Kindern ein wichtiger Teil

der Sprachförderliche Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher. Er meint, dass

nur auf dieser Grundlage Kommunikation entsteht. „Wo dies gelingt, kann

sich die Kommunikation bestimmten thematischen Interessen zuwenden.

Durch beides- den Wunsch, verstanden zu werden, und die Motivation, et-

107 vgl. Ahnert (2010), S. 239. 108 ebd, S. 242. 109 vgl.Günther (2007), S. 171.

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was Gemeintes auszudrücken- wird dann auch das Interesse an der gelin-

genden Formulierung angestoßen.“110

Um eine gute Qualität pädagogischer Arbeit zu leisten, die Kinder in ihren

Spracherwerb optimal unterstützen zu können, soll Kleinkindpädagogen fol-

gende Aspekte betrachten:

Der Bindungs- bzw. Beziehungsqualität (im Sinne von Bindungssicherheit in

Anlehnung an die Bindungstheorie bittet die Beziehung eine „sichere Basis“

zur Exploration): der Interaktionsqualität (d. h. Sensivität, Feinfühligkeit,

Warmherzigkeit der Fachkraft in der Interaktion mit einzelnen Kindern und

mit der gesamten Gruppe), der Stabilität der Beziehung (d.h. Dauer, Häufig-

keit und Regelmäßigkeit der Kontakte) und das Engagement der Fachkraft in

Kontaktsituationen mit dem Kind (Intensität als quantitative Dimension, zähl-

bar z. B. als Dauer und Häufigkeit der Sprechakte).111

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Erfolg der sprachlichen Erzie-

hung hauptsächlich von der Qualität der Kommunikation zwischen Bezugs-

personen und Kindern abhängig ist. Die jungen Menschen brauchen das Ge-

fühl von Sicherheit, Verbundenheit und Geborgenheit um die Herausforde-

rungen, die sie finden, annehmen und bewältigen zu können.

Diese emotionale Bindung schafft die Basis für Vertrauen in die eigenen

sprachlichen Fähigkeit („ich werde ernst genommen mit dem, was ich erzäh-

le) und für sprachliche Lernvorschritte.

4.2.2. Motivation, Interesse und Konzentration

Die Motivation eine Sprache zu lernen ist von Geburt an vorhanden. Es ist

ein natürliches Bedürfnis sich zu verständigen. Jedes gesunde Kind ist da-

rum stark motiviert seine Umgebungssprache zu lernen.

Wichtig ist auch die Motivation der Eltern und ErzieherInnen, dem Kind den

Umgang mit der Sprache beizubringen. Es ist wichtig, dass die Eltern und

Lehrer die hohe Bedeutung der Sprache dem Kind vermitteln, so dass es

Sprache als ein Instrument zum Lernen, als Schlüssel zum Verständnis der

Umwelt, und als wichtigen Faktor für „Spaß-haben“ versteht.112

110 vgl. Reich (2008), S. 51. 111 vgl.Solzbacher/Behrensen/ Sauerhering ( 2011), S. 41 112 URL 12: bilingual-erziehen.de

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Die Kinder haben ein großes Interesse, die Erwachsenen zu imitieren und

ihnen

ebenbürtig zu werden.

Wir müssen berücksichtigen, dass nicht einfach alles gelernt wird, das auf

Kinder einstürmt, sondern nur das, was positive Konsequenzen hat. Gelernt

wird immer dann, wenn positive Erfahrungen gemacht werden. Die Kinder

lernen nur dann, besonders produktiv, wenn sie das mit Begeisterung ma-

chen, wenn den Lernprozess ihnen Spaß macht. „Zwanzig bis fünfzig Mal am

Tag erlebt ein Kleinkind einen Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal

kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Die dort

liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen Bereiche

des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von

neuroplastischen Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen

nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu, verstärkt bestimmte Eiweiße her-

zustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die Bildung

neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüp-

fungen gebraucht, die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewälti-

gung einer neuen Herausforderung aktiviert worden sind.113

Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen,

auch so schnell immer besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung

führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein selbsterzeugtes Doping abläuft.

So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und Umbaupro-

zesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das:

Das Gehirn entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt

wird.“114

Deshalb ist es für uns als pädagogischen Fachkräften entscheidend diese

Begeisterung bei den Kindern zu bewahren.

Nicht nur Kinder, auch Erwachsene lernen besser unter solchen Bedingun-

gen. „Wir alle erinnern uns an Tabellen, Daten und Formeln, die wir uns für

Prüfungen eingepaukt haben und die vierundzwanzig Stunden später im

Nichts versunken sind.“115

113 URL13: gerald-huether.de 114 URL13: gerald-huether.de 115 vgl. Montanari ( 2010), S. 67.

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Die moderne Lernforschung bestätigt diese Eindrücke. Wir lernen außerdem

nicht nur mit dem „Kopf“. Beziehen wir bewusst alle Sinne mit ein, verviel-

facht sich der Lerneffekt. Emotionen spielen in der Bildung eine entscheiden-

de Rolle. Denken (Kognition) und Emotionen sind untrennbar miteinander

verbunden.“ Experimentell liest sich bestätigen, dass eine emotional positive

Gestimmtheit beim Lernen Erinnerungsleistungen verstärkt, wahrscheinlich

sogar kognitive Prozesse im allgemeinen, u.zw. nicht nur infolge der Unter-

stützung durch Neuromodulatoren wie Dopamin, sondern durch einen emoti-

onal-ganzheitlichen Zustand, den man mit flow (Glück, Zufriedenheit) be-

zeichnet. 116

Kinder lernen gut mit Spaß, Lob und Erfolg. Was junge Menschen mit allen

Sinnen gelernt, also erlebt und erfühlt haben, und was sie dann auch prak-

tisch anwenden, behalten sie leichter. Wenn wir nicht mitmachen dürfen oder

Stress und Druck ausgesetzt sind, lernen sie schlecht. 117

Montanari schreibt folgendes: „Sprechen kann man nicht erzwingen, auch

nicht in mehreren Sprachen Lassen Sie Ihrem Kind die Wahl. Bieten Sie ihm

Mehrsprachigkeit an- aber lassen Sie das Kind entscheiden, was es jetzt

brauch und möchte“. 118

Beim Spracherwerb ist die Konzentration beim Kleinkind in natürlichen Si-

tuationen des Spracherwerbs vorhanden, da es ein Grundbedürfnis ist, ande-

re zu verstehen und von ihnen verstanden zu werden. Sobald das Kind sich

aber ablenken lässt (z. B. durch Müdigkeit, Langeweile), lässt die Aufnahme-

fähigkeit nach. Wenn ein Kind nicht die geeignete physische und psychische

Verfassung hat, um sich auf ein Gespräch zu konzentrieren, sollte man es

nicht zwingen, aktiv daran teilzunehmen. Dies hätte negative Konsequenzen

auf die Motivation eine Sprache zu lernen.

4.2.3 Alter

In der modernen wissenschaftlichen Literatur wird vielfach behauptet, dass

es eine sensible Phase für den Erwerb von Sprache gibt. Was darunter ge-

nau zu verstehen ist, unterscheidet sich jedoch recht stark in unterschiedli-

116 ebd., S. 158. 117 ebd. 118 ebd., S. 69.

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chen Formulierungen dieser Idee. Einige Forscher verstehen darunter eine

sehr enge Altersspanne des jungen Kindes, in der der Spracherwerb erfolgen

muss, um normal zu verlaufen, andere setzen die Zeitspanne sehr viel weiter

an und sehen auch keinen abrupten Abbruch der Sensibilität für sprachli-

ches Lernen, sondern eher eine allmähliche Abnahme.

Zu Beginn des Spracherwerbs, bei Ein- bis Zweijährigen, gibt es eine beid-

seitige Aktivierung neuronaler Muster bei der Verarbeitung von Sprache.

Ebenso gibt es noch keine getrennte Lokalisierung bei der Verarbeitung von

grammatischer und semantischer Information. Die Situation ändert sich bei

Drei- bis Vierjährigen. In dieser Zeit zeigen sich eine linksheimsphärische

Aktivierung bei der Verarbeitung von Sprache und eine linkshemisphärische

frontaltemporale Verarbeitung von grammatischer Information. Wissenschaft-

ler haben aber festgestellt, das bei Verhinderung des typischen Entwick-

lungsweges durch Schädigung ist auch die rechtsheimsphärische Verarbei-

tung von Sprache möglich. Es wurde auch festgestellt, dass die linkshemi-

sphärische Spezialisierung für Sprache, sowie Spezialisierungen für die Ver-

arbeitung von grammatischer und semantischer Information, sind das Pro-

dukt eines Entwicklungsweges, die unter dem Einfluss von genetischer In-

formation und von Erfahrung durchlaufen wird.119

Gewisse Fachpersonen behaupteten sogar, dass nach der Pubertät eine

Zweitsprache nicht mehr vollständig erlernt werden kann, weil die Reifungs-

vorgänge des Gehirns abgeschlossen sind. Claudio Noradi und Rafaele De

Rosa widersprechen diesen Behauptungen: „Die Erfahrung zeigt, dass nicht

wenige Menschen eine Zweitsprache auch im Erwachsenenalter formal per-

fekt lernen können. Einzig bei der Aussprache gibt es eine Art Altersbegren-

zung. Tatsächlich ist es für Erwachsene und zum Teil auch für Jugendliche

sehr schwierig, eine perfekte Aussprache zu erwerben.“120

Obwohl in der Wissenschaft von einer sensiblen Phase für Sprache gespro-

chen wird, so existiere bisher keine neurobiologische Evidenz für diese.121

119 vgl. Szagun G.( 2011), S. 248. 120 vgl.Noradi /De Rosa (2006), S. 44. 121 vgl. Szagun G.( 2011), S. 255.

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4.2.4. Umfeld und Lernatmosphäre

Elke Montanari schreibt, dass eine stabile und harmonische Lebenssituation

sich günstig auf den Erwerb mehreren Sprachen auswirkt. Sie meint, dass

zuerst soll Pädagogen sich nach der Lebenssituation des Kindes sich er-

kundigen: Wie stabil oder harmonisch ist sie? Gibt oder gab es größere Ver-

änderungen? Müssen Migrations- oder Fluchterfahrungen bewältigt werden?

Ist die familiäre Situation entspannt oder muss eine Trennung der Eltern ver-

arbeitet werden?

Die Wissenschaftlerin meint, dass für die sprachliche Entwicklung von großer

Bedeutung ist, ob sich das Kind in einer günstigen Lebenssituation befindet

oder ob die Bewältigung von Schwierigkeiten in diesem Moment im Vorder-

grund steht.122

Spracherwerb ist der individuelle Prozess des einzelnen Kindes, kann aber

nur sich entwickeln durch Kommunikation mit anderen zu Stande kommen.

„Die Didaktik des Sprachförderung geht davon aus, dass das Kind in seinen

Bemühungen um Sprachaneignung vorwärts kommt, wenn in einer Weise mit

ihm kommuniziert wird, an der es aktiv teilhaben und dabei Anregungen auf-

nehmen kann, die seine sprachlichen Mittel vermehren oder präzisieren.“ 123

Zwischen 2004 und 2009 wurde über die Hamburger Hochschule für Ange-

wandte Wissenschaft u. a. untersucht, was Kindertageseinrichtungen und

Familien dazu beitragen können, damit Kinder ihre Zweitsprachkompetenz in

einer lernförderlichen Atmosphäre gut entwickeln. Die Datenauswertung

ergab, dass die Sprachkompetenz der Kinder einerseits dann deutlich zu-

nahm, wenn die kleinen Lerner in sozialen Kontexten auf andere Kinder

Rücksicht nahmen und Problemsituationen eigenverantwortlich lösen. Ande-

rerseits nahm die Sprachkompetenz in der deutschen Sprache immer dann

zu, wenn sich die Themen der Sprachförderarbeit an den Interessen der Kin-

der orientieren und ihrem Bedürfnis nachgegangen wurde. Das ganzheitliche

Lernen mit allen Sinnen (Jambert 2005) ist dabei ein wesentliches Prinzip.

Sprachliche Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes stehen

offenbar in einer Wechselwirkung zueinander.124

122 vgl.Montanari (2010) S. 19-25. 123 vgl.Reich (2008), S. 48. 124 vgl.Bostelmann/ Fink/ Soielerich ( 2011),S. 8.

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Timm Alberts weist darauf hin, dass „der emotionale Bezug zu einem Spiel-

partner ein bedeutsamer Einflussfaktor auf die Qualität und Komplexität der

Interaktion ist. So sind Kinder mit einem hohen Beliebtheitsgrad in der Peerg-

roup häufiger Adressaten von Gesprächen und Spielhandlungen. Für die Er-

gebnisse von Schuele und Rice (1995), die in ihren Untersuchungen nach-

weisen, dass Kinder mit Auffälligkeiten in der Sprachenentwicklung deutlich

weniger Gespräche mit Gleichaltrigen initiieren und die Gesprächsdauer auf-

grund einer geringeren Responsivität im Vergleich zu sprachlich unauffälligen

Kindern kürzer ist. Kinder, die im Sprach-Screening als wenig kompetente

Sprecher eingeschätzt werden, sind zwar weniger häufig Adressanten eines

Gesprächs, und die eigenen Versuche, Interaktionen zu etablieren, werden

wiederholt von den sprachlich kompetenten Peers abgelehnt.125

Jerome Bruner geht mit dieser Ansicht konform und schreibt, dass während

des Spracherwerbs gelernt werden muss, wie man seine Absichten auf pas-

sende Weise mit Hilfe dieser Grammatik umsetzt. Nach seiner Auffassung

bedeutet der Eintritt in die Sprache einen Eintritt in einen wechselseitigen

sprachlichen Umgang, in welchem beide Dialogpartner die jeweilige Bot-

schaft und ihre Absicht interpretieren müssen.

Damit kommt Brunner zu der Schlussfolgerung, dass dem Erwachsenen oder

Kleinkindpädagogen auch eine viel aktivere Rolle bei der Unterstützung des

kindlichen Spracherwerbs zukommt, als nur „Modell“ zu sein. Jeder von uns

soll ein „ williger Sprechpartner sein, der grundsätzlich damit einverstanden

ist, mit dem Kind zu verhandeln. Dieses „Verhandeln“ hat wahrscheinlich am

wenigsten mit der Syntax zu tun, etwas mehr mit dem semantischen Bereich

des kindlichen Lexikons, und sehr viel damit, Absichten deutlich zu machen

und deren sprachlichen Ausdruck den Bedingungen der „Sprachgemein-

schaft“ (d.h. der Kultur) anzupassen.“126

4.2.5. Dauer(Quantität)

Quantität bedeutet das eine Kind, die Sprache die es erwirbt, möglichst

häufig anwenden kann. Kinder sollten in den Kindergarten gehen, weil sie

dort im Spiel mit anderen Kindern Sprache relativ mühelos erlernen können.

125 vgl. Albers (2011), 105f. 126 vgl.Brunner ( 2008). S. 31.

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Kinder sollten ihre deutschsprachigen Freunde außerhalb des Kindergartens

zum Spiel treffen; diese Kontakte vervielfältigen das sprachliche Angebot.

Je mehr das Kleinkind der Sprache ausgesetzt ist, desto mehr kann es vom

Sprachbad profitieren. Es ist darum eine Voraussetzung, dass eine oder

mehrere Bezugspersonen mit dem Kind interagieren (sprechen, spielen, zu-

hören, singen, lachen). Nur durch den ständigen Kontakt mit der Sprache ist

das Kind fähig, Regeln für die Entwicklung der eigenen Sprachkenntnisse

abzuleiten.

Falls ein Kind in einer Familie aufwächst, wo es kaum Sprachanregungen

gibt, wo hauptsächlich unpersönlicher Sprachkonsum stattfindet (TV schau-

en), dann kann dies einen negativen Einfluss auf den Spracherwerb des Kin-

des haben.

4.2.6. Intensität (Qualität)

Qualität bedeutet, dass Eltern und andere Interaktionspartner, wie z.B. Ver-

wandte oder Freunde, in der Sprache zu einem Kind im Spracherwerb spre-

chen, die sie am besten beherrschen.

Ein Kind, das zum Zeitpunkt des Kindergarteneintritts noch nicht die deut-

sche Sprache spricht und den Erstspracherwerb noch nicht abgeschlossen

hat, sollte auf jeden Fall darin unterstützt werden, den Erstspracherwerb ab-

zuschließen, d.h. seine Eltern sollten auch weiterhin in ihrer Muttersprache

mit ihm sprechen.127 Die Bezugsperson muss dem Kind verstehbare, korrekte Inputs (sprachliche

Äußerungen) liefern, eine konkrete Kommunikationssituation herstellen, da-

mit das Kind angespornt wird auf das Geäußerte zu reagieren und sich ver-

ständlich zu machen. Die Bezugsperson muss sich darum dem Spracher-

werbsniveau des Kindes anpassen.

Das Kind kann nur das aufnehmen, was ihm angeboten wird. Je besser Qua-

lität des Angebotes, des Inputs, desto mehr kann das Kind auf dieser Grund-

lage aufbauen. Dabei zeigt die Lernforschung, dass ein guter Input etwas

über Entwicklungsstand des Kindes liegen sollte. Es muss also ein Überan-

127 vgl.Reich (2012), S. 16.

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gebot vorliegen, damit sich das lehrende Kind aussuchen kann, was zu sei-

nem momentan Lernstand und zu seinem Lernbedürfnissen passt.128

4.2.7 Sinnesaktivierung

„Die früheste Bildung ist aistetische Bildung“, nach Schäfer. „Aistetische Bil-

dung hat nichts mit Kunst zu tun, sondern mit der sinnlichen Wahrnehmung

und der Veränderung von Wirklichkeit mit Mitteln des Spielens und Gestal-

tens.“ 129

Schäfer meint, dass auch das Sprechen lernen mit einer Bildung der Wahr-

nehmung beginnt.

„Sinnlich wahrnehmende Materiealien, zum Beispiel in echter Regenwurm,

aber auch Fotos, sind in vielerlei Weise eine Brück zur Sprache. Eine an-

schaulich gestaltete Situation macht wesentliche Teile der abstrakten Spra-

che für Kinder sichtbar, so dass auch Kinder mit geringen Deutschkenntnis-

sen erkennen und nachvollziehen können, worum es geht. 130

Zur Veranschaulichung kann man noch folgendes Beispiel anfügen. Wenn

ein zweijähriges Kind mit seinen Eltern den Zoo besucht, kommt es aus dem

Staunen nicht mehr heraus. So viele merkwürdige, unterschiedliche Tiere!

Das Kind nimmt Laute, Bewegungen, Aussehen und Verhalten der Tiere war,

die es evtl. sogar berühren, streicheln, riechen kann. Zuhause schauen sich

der Vater und das Kind ein Tierbuch an mit vielen verschiedenen Fotos. Die

Namen der Tiere werden den Fotos zugeordnet. Diese Erfahrungen prägen

den Wortschatzerwerb, da das Kind seine verschiedenen Wahrnehmungen

verknüpft, damit sie als eine Bedeutungsstruktur im Gehirn verankert werden. 131

4.2.8. Identifikation mit der Sprache

Die Erstsprache ist die Sprache der wichtigsten Bezugspersonen. Für uns

alle sind die Sprachen / ist die Sprache, die man spricht, Teil unserer Identi-

tät.

Wir fühlen uns in unserer Erstsprache „zu Hause“, lernen durch sie die Welt

kennen, Gefühle usw. Die Erstsprache ist unsere erste Beziehungssprache,

128 vgl.Montanari ( 2010), S. 19-25. 129 vgl.Schäfer (2011), S. 155. 130 vgl.Jampert K. (2009), S. 19 131 URL 14: fremdsprachenwerkstatt.de

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„denn es ist die Sprache, in der die Liebe von Eltern, Geschwistern und von

anderen Bezugspersonen erlebt wird.“ 132

4.2.9. Sprachprestige

Mehrere Sprachen zu sprechen gilt als ein Zeichen besonderer (schulischer)

Leistung und ist gut für die berufliche Zukunft. „Gedacht wird dabei in erster

Linie an Weltsprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch, an Spra-

chen, die für den wirtschaftlichen Erfolg stehen, hohe gesellschaftliche Aner-

kennung genießen und ein positives Image haben. Die Realität in vielen Kin-

dergärten und Schulen in Deutschland zeigt dies sehr deutlich. “ Es kommt

häufig vor, schreibt Frau Stöcker-Zafari, dass die vielfach anzutreffenden

Sprachen wie Türkisch, Russisch oder Arabisch werden eher als hinderliche

Migranten sprachen und nicht als wichtige Bildungssprachen angesehen.“133

Es kann festgehalten werden, dass gewisse Sprachen ein Prestige besitzen,

das mit wirtschaftlichem Nutzen (Englisch) und kulturellem Gewicht (Franzö-

sisch und Englisch) zu tun hat. Wenn wir in der Kita kommen, welche mehr-

sprachige Kinder hat, können wir manchmal folgendes beobachten: Ein Kind,

spricht, zum Beispiel, zu Hause Englisch, ein anderes Türkisch. Während

das erste von der Fachperson immer wieder aufgefordert wir, seine Sprach-

kenntnisse in den Alltag einzubringen, werden die Türkischkenntnisse igno-

riert. Dieser Kontext könnte das Türkisch sprechende Kind hemmen, seine

Erstsprachkenntnisse in der Öffentlichkeit zu manifestieren. Es könnte die

Motivation verlieren, seine spezifischen Sprachkenntnisse zu erweitern und

weiter zu verwenden.

„Mehrsprachigkeit bringt in unserer heutigen mobilen Welt schließlich den

Vorteil mit sich, in verschiedenen Ländern kommunizieren zu können. Unter

dem Druck der Globalisierung wird dabei jedoch Folgendes vergessen: es

geht beim Spracherwerb weder um das bloße Erlernen von Vokabeln und

grammatischen Regeln, noch sollte zwischen der Bedeutung und dem Wert

verschiedenen Sprachen gewichtet werden. Alle Sprachen sind zuerst und

132 vgl.Nodari, S. 23. 133 vgl.Stöcker-Zafari. (2013), S. 7.

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vor allem Kultur und tragen zur Identitätsfindung jedes einzelnen und zur In-

tegration in einen gesellschaftlichen Kontext bei.“134.

4.3. Aktivitäten, unterstützende Mehrspracherwerb

des Kindes.

4.3.1 Kinderverse, Sprüche, Reime und Fingerspiele.

Der Prozess, in dem die Sprache benutzt wird, um eine Repräsentation der

Wirklichkeit aufzubauen, motiviert das Kind immer wieder zu spielen.

„Im Spiel gebrauchen Kinder alle Formen körperlich-sinnlicher Erfahrung,

sprachlichen Denkens, bildhafter Vorstellungen und subjektiver Fantasien

sowie des sozialen Austausches und der Verständigung.“135

Beliebt bei Kindern sind verschiedensten Wortspiele, in denen der Lautas-

pekt der Sprache in den Vordergrund tritt: Reime, Kinderlieder, Sing-Sang,

Spottverse, Abzählreime, häufig verbunden mit rhythmischen Bewegungen,

Tanz oder Klatschen. „Hier wird die tief gehende Verknüpfung der sprachli-

chen Symbole mit sensomotorischen, affektiven und emotionalen Muster

deutlich. Die Freude an der klanglichen, melodischen und rhythmischen Di-

mension des Sprechens ist wichtig für die expressive Funktion der Sprache

in Verbindung mit nonverbalen Kommunikationsformen (Gestik, Mimik, Kör-

persprache).136 .

Kinderverse, Sprüche und Reime und Fingerspiele, die es sowohl in der Ori-

ginalsprache und in der deutschen Übersetzung, als schriftliches Material

und auch als CDs gibt, ermöglichen es, einen Vers in einer fremden Sprache

schnell zu lernen und einzusetzen. Um auch die Aussprache gut zu treffen,

sollten sich die Erzieher/innen allerdings bei „Native Speakers“ rückversi-

chern.

Jede Menge Redestoff bitten uns zum Beispiel Handpuppen, Kims, Rollen-

spiele wie Markt oder Post, Spiele, die über längere Zeit bei einem Thema

bleiben; Kochen, Theater.

134 vgl.Bostelmann / Fink / Soielerich ( 2011). 135 vgl.Schäfer (2011), S. 154. 136 vgl. Lutz / Struckmeyer( 2010.), S. 28.

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4.3.2. Kinderlieder in unterschiedlichen Sprachen.

Es gibt heutzutage viele CDs sowie Liederhefte mit Liedern aus aller Welt

und in unterschiedlichen Sprachen. Es gibt auch Kinderlieder, die in vielen

Ländern bekannt sind und in mehreren Sprachen übersetzt zur Verfügung

stehen (z. b. „Alle meine Entchen“, „Bruder Jakob“). „Musik, die Verbindung

von Melodie, Rhythmus und Worten- eine wunderbare Brücke zu einer neuen

Sprache, “- schreibt Montanari. Eines kann das andere ergänzen, wo wir

Wörter nicht kennen, summen wir mit und jeder kann mitmachen. Das sind

die Vorteile von Liedern und Tänzen.137

Kinderlieder eignen sich sehr gut als Grundlage für den weiteren Einsatz von

Musikinstrumenten, z. b. aus anderen Kulturen oder den Einsatz von selbst

hergestellten Klangwerkzeugen. Für ein Fest kann ein solches Musikstück

mit den Kindern eingeübt und den Eltern vorgeführt werden.

Kinderverse bieten eine gute Möglichkeit „Native Speakers“ in den Kindergar-

ten mit einzubringen. Auch die aktive Teilnehme von Eltern bietet sich hier

an.

Montanari betont, dass man ausschließlich durch Kinderlieder nicht sprechen

und nicht verstehen lernt. „Lieder sind ein schöner Einstieg, eine feine Pau-

se, machen Spaß und sind dafür unersetzlich. Sie sind erste Schritte. Aber

danach für den Spracherwerb sind weitere nötig, Gespräche, Vorlesen, Spie-

len in der Sprache und vieles mehr.“138

4.3.3. Wortschatz und Wortfelder.

Wortschatzerweiterung und das Kennenlernen von einzelnen Wortfeldern mit

Ober- und Unterbegriffen zählt zur traditionellen Sprachförderung. Das Erler-

nen neuer Wörter und ihrer Strukturen kann gleichzeitig in mehreren Spra-

chen erfolgen. Hier sollte im idealen Fall Zusammenarbeit mit muttersprachli-

chen Fachleuten und geschulten Kräften Sprachförderung angeboten wer-

den.

Optimal ist es, wenn Wortfelder nicht nur in der Kita auf Deutsch exploriert

werden, sondern auch parallel das gleiche Thema mit den Eltern in der Fami-

liensprache bearbeitet wird. Beherrscht ein Kind Wörter zum bestimmten

137 vgl.Montanari E. 2007. S. 104. 138 ebd.

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Thema in der Erstsprache, ist es wesentlich leichter, die Begriffe auf

Deutsch zu lernen.

Wie in anderen Bereichen ist auch bei Wortfeldern und Sachthemen die

Wertschätzung aller Sprachen der Kinder ein wichtiges Signal für die Klein-

kindpädagogen. Sie sollen Interesse zeigen und Nachfragen wie „Kennst Du

das von zuhause?“ „Wie heißt das für Dich?“ „Wie nennt Deine Mutter das?“-

das wirkt manchmal Wunder, meint Ringer.139

4.3.4. Die Bücher

Elke Montanari hat folgende Vorteile für Spracherwerb durch Büchervorle-

sung aufgelistet. Untersuchungen haben bestätigt: „die Sprache der Eltern ist

am reichsten, interessantesten und vielfältigsten beim Lesen oder Betrachten

von Geschichten.“140

Bücher sind verlässlich. Bei jedem durchblättern erleben wir den gleichen

Ablauf. Was wir gestern erahnt haben, können wir heute verstehen. Wir er-

fahren von der Geschichte und ihren Personen bei jedem Lesen mehr. Ver-

stehe ich die Erzählung ungefähr im Ganzen, kann ich mir Einzelheiten er-

schließen. Kleine können die Bilder auch allein betrachten und ihre Erinne-

rungen abrufen. Vielleicht führen sie Selbstgespräche dabei und üben.

Schrift gehört dazu, das wird von klein auf gezeigt. Wenn es dann viele Jahre

später ans eigene Schreiben und Lesen geht, sind Buchstaben keine frem-

den Wesen, sondern gute Freunde. 141

Silvia Hülser schreibt, dass zweisprachige Kinder in der Kita auch Bilderbü-

cher in ihrer Muttersprache haben sollten. Diese vermittelt ihnen das Gefühl,

ein Buch gehe sie persönlich etwas an. Die Eltern, mehrsprachige Erzieher

oder Schuller werden einbezogen die Geschichte in der Kita vorzulesen. (El-

tern können das auch zur Hause machen). Besonders geeignet sind zwei-

oder mehrsprachige Bücher, weil das Kind die gleiche Geschichte in der Kita

und zu Hause in beiden Sprachen hören kann.142

Es wurde auch wissenschaftlich nachgewiesen, dass eine Geschichte, die

ein Kind in zwei Sprachen hört, ermöglicht Synergien. Das Kind setzt sich in

139 vgl.Ringler (2011), S. 73. 140 vgl.Montanari E. (2007), S. 108. 141 ebd. 142 vgl.Jampert K. at al. ( 2009), S. 32.

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beiden Sprachen mit dem gleichen Inhalt, mit denselben Begriffen auseinan-

der. Die Begriffe werden in beiden Sprachen präzise verstanden und dadurch

auffallend schnell gelernt.143

Nach Ulich (2003) gehören solche Art von Medien wie Bilderbücher zu den

wirksamsten Formen der Sprachentwicklung. 144

Michaela Seidl betont, dass gerade Bilderbuchbetrachtung mit ihrer dialogi-

schen Form vielfältige Lernchance eröffnet. Das Bilderbuch bietet durch sei-

nen Inhalt und seine Illustrationen eine Vielzahl von Gesprächsanlässen, es

fördert den Dialog zwischen den Kindern. Dabei fließt auch immer der eigene

Lebensbezug mit ein, eigene Erfahrungen werden mitgeteilt. Wichtig ist es,

dass das Kind aktiv ist, dass es die Vorlesesituation mit gestalten darf. Bü-

cher können das Interesse und die Offenheit gegenüber der Zweitsprache

Deutsch wecken und steigern. 145

Wie schon erwähnt wurde, ist die Sprachaneignung eines Kindes immer

auch ein tief emotionaler Vorgang „So bittet Vorlesen eine besondere Form

der Begegnung und der Nähe: in kleinen Gruppen erfahren Kinder ganz indi-

viduelle Zuwendung und Momente der Ruhe, aber auch das angeregten Dia-

logs.146

4.3.5 Projekte der aktiven Medienarbeit

Projekte der aktiven Medienarbeit bieten eine Vielzahl an zwei- oder mehr-

sprachige Kinder bedeutungsvolle Situationen. Kinder lieben Medien und sie

haben Spaß daran, mit Medien zu hantieren, zum Beispiel fotografieren, die

eigene Stimme zu hören, mit ihr zu spielen, Geräusche einzufangen und am

Computer Bilder und Töne zu gestalten. In Medienprojekten können Kinder in

für sie interessanten, faszinierenden, durchaus anspruchsvollen, aber immer

mit Sinn erfüllten Handlungskontexten mit Sprache umgehen, mit Fiktion und

Realität spielen und ihr erzählendes Ich zum Ausdruck bringen147

143 ebd., S. 33. 144 ebd. 145 ebd., S. 39. 146 ebd. 147 vgl. Lutz (2010), S. 56.

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4.4. Die Zusammenarbeit mit den Eltern.

Wenn wir Kinder in ihre Mehrsprachigkeit unterstützen wollen, soll wir uns

nicht durch Tests und Förderprogramme, sondern durch Alltagsbeobachtung

des Kindes und Elterngespräche „Der Blick auf die Sprache“ verschaffen.

Alltagsbeobachtungen und Elterngesprächen sind in dieser Bachelorarbeit

als wichtigste Methoden zur Erfassung der mitgebrachten Sprachkompeten-

zen der Kinder gesehen.

Pädagogische Fachkräfte haben die wichtige Aufgabe Zugänge zu den Fa-

milien zu entwickeln und Eltern beim Spracherwerb ihrer Kinder zu unterstüt-

zen. „Der Entwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren wird

daher ein großes Potenzial zugesprochen. In diesem Kontext öffnen sich

Bildungssituationen auch für Kooperation und Vernetzung mit Fachdiens-

ten“.148

„Eine besondere Herausforderung wird dabei die Erfassung der familien-

sprachlichen Kompetenzen darstellen, hierzu sind gegebenenfalls auch ex-

terne muttersprachliche Fachkräfte oder sogenannte Kulturvermittler/innen

hinzuzuziehen“.-meint Ringler149 Dabei wird betont, dass vor der Durchfüh-

rung von Elterngesprächen geprüft werden soll, ob auf Grund geringer

Deutschkenntnisse ein Übersetzer hingezogen werden muss. Sie meint,

dass sprachliche Verständigung mit den Eltern unabdingbar ist, wenn es um

Erziehungsfragen des Kindes geht.150. Eine offene und wertschätzende Hal-

tung gegenüber den Eltern spielt eine sehr wichtige Rolle. Die Eltern sollen

die Erfahrung machen, dass sie in der Kita willkommen sind und ihre Erzie-

hungsvorstellungen ernstgenommen werden.

Ideal kann es sein, wenn eine der Fachkräfte der Sprache der Kinder spricht.

Sie kann ihnen Brücken bauen und eine gelungene Zweisprachigkeit vorle-

ben. Aber auch dann braucht es genaue Überlegungen unter den Kollegin-

nen und Kollegen, wie das Kind in beiden Sprachen gefördert werden

kann.151 Ringler schreibt dazu: „Die mehrsprachige pädagogische Fachkräf-

te können einen wichtigen Beitrag zum sprachlichen und interkulturellen

Kompetenzprofiel leisten. Sie sind Rollenmodelle im Umgang mit Mehrspra-

148 vgl.Albers T.(2011), S. 81. 149 vgl. Ringler.(2011), S. 54 f.. 150 ebd.,S. 55. 151 vgl.Jampert at al. (2009), S. 30.

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chigkeit für Kinder und ihre Eltern. Sie verstehen die Ängste und Sorgen der

Eltern auf die mehrsprachige Entwicklung der Kinder, z.B. wenn ein Kind

plötzlich der Mutter immer auf Deutsch antwortet. Neben den sprachlichen

Kompetenzen sind auch interkulturelle Erfahrungen und Fähigkeiten, z. B.

eigene Migrationserfahrung oder die eigene binationale Familiensituation,

hilfreich.152

Leider sind zweisprachige Erzieherinnen, die genau die Sprache der Kinder

sprechen, nicht so häufig. Darum gilt es, nach Möglichkeit zu suchen, wie

Fachkräfte auch ohne Kenntnisse der Muttersprache, diese trotzdem wert-

schätzen und einbeziehen können.153

Allgemein wichtig für jeder pädagogische Fachkraft sind folgende Flächigkei-

ten: Empathie und Offenheit für ungewohnte oder fremde Verhaltensweisen

und Wertvorstellungen, der kreative Umgang mit Vielfältigkeit sowie Kon-

fliktmanagement.

Hans Reich sieht den großen Vorteil, den zwei- oder mehrsprachige Fach-

kräfte mit sich bringen können. Er schreibt, dass der Einsatz zweisprachiger

Erzieherinnen und Erzieher in einer Einrichtung (auch im Verbund von zwei

oder mehr Einrichtungen) zur interkulturellen Öffnung des Teams führt, zur

sprachlichen und kulturellen Bildung aller Kinder und zur Verbesserung der

Kommunikationsmöglichkeiten mit gleichsprachigen Eltern. „Er kann und soll-

te darüber hinaus auch dazu genutzt werden, die Bildung zweisprachiger

Kinder in ihrer Familiensprache mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu unter-

stützen, wenn Kinder und eine zweisprachige Fachkraft in der Einrichtung

eine gemeinsame Sprache außer dem Deutschen haben“.154

Reicher meint auch, dass die Einrichtungen, die versuchen eine Gleichbe-

rechtigung zweier Sprachen zu verwirklichen oder die beiden Sprachen als

einheitlichen Prozess anzusehen und auch zu fördern, einen Schritt weiter

gehen. 155 Das bringt die Möglichkeit mit sich, das sprachliche Selbstbe-

wusstsein der Migrantenfamilien zu verstärken und das Sprachbewusstsein

der ursprünglich einsprachigen Kindern und Familien zu erweitern.156

152 vgl. Ringler (2013), S. 55 f. 153 vgl.Jampert at al. ( 2009), S. 30. 154 vgl. Reich (2008), 45. 155 vgl. Heuchert (1989), S. 31. 156 vgl. Reich (2008),S. 46.

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Es ist oft in der wissenschaftlichen Literatur zu lesen, dass schulbildungsfer-

ne Eltern eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit den ErzieherInnen brau-

chen, sowie Unterstützung durch konkrete Anregungen, wie sie zu Hause

ihre Kindern fördern können (Wortschatz in der Erstsprache erweitern, Ge-

spräche führen, Geschichten erzählen oder vorlesen, Sprachspielen mit Kin-

derverse und –Liedern).157

Die Eltern sollten wissen, was ihre Kinder in der Kita erleben, mit was sie

sich befassen, mit welchen Kindern und an welchen Spielorten sie gern spie-

len.158 Silvia Hülser gibt Empfehlung, dass wichtige Begriffe, die für eine Zeit

lang in der Kita häufig genutzt werden sind, von den Kindern auch in ihrer

Muttersprache kennengelernt werden sollten. Nur so können sie mit ihren

Eltern darüber sprechen. Sie meint: „Es ist gut, die Eltern nach den entspre-

chenden Wörtern in der Muttersprache zu fragen (und sie bei der Suche

nach den Begriffen mit Bildern, Wörterbüchern und durch das Internet zu un-

terstützen), und sie so am aktuellen Thema der Kita teilhaben zu lassen. Auf

diese Weise kann die Kita Gespräche in der Familie anregen und die Kinder

lernen oder wiederholen zu Hause weitere Wörter in der Muttersprache. Und

vielleicht kennen die Eltern dazu eine passende Geschichte oder ein Lied.“159

Als praktische Anwendung, wurde auch empfohlen die Wörterplakate anzu-

fertigen. So werden zum Beispiel, bei jedem neuen Thema das in der Kita

wichtig ist, ein oder zwei Begriffe in den Sprachen der Kinder gesammelt und

auf ein Plakat kopiert. So erleben die Kinder, aber auch die Eltern, ihre Spra-

che als präsent und ernst genommen, und die Fachkräfte können mit einem

Blick auf das Plakat die Ausdrücke in Spiele einbeziehen. 160

Diese Wertschätzung gegenüber den Sprachen und Kulturen kann sich z.B.

in der Kindertagestätte darin zeigen, dass: im Eingangsbereich in verschie-

denen Sprachen ein Willkommensgruß aushängt; Feste und Gebräuche der

verschiedenen Kulturen gemeinsam gefeiert werden; der Einkauf bewusst

nicht auf Läden der eigenen Nationalität begrenzt bleibt usw. 161

157 vgl.Jampert K. at al. 2009. S. 30. 158 ebd., S. 31. 159 ebd. 160 ebd. 161 URL15: dbs-ev.de

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5. Fazit

In der vorliegenden Bachelorarbeit wurde beschrieben welche Faktoren star-

ken Einfluss auf den Zweitspracherwerb haben und welche Bedingungen

notwendig für den erfolgreichen Zweitspracherwerb sind.

Dabei wurden alle Besonderheiten und Merkmale gezeigt, welche zwei- oder

mehrsprachige Kinder von monolingualen unterscheiden. Diese Merkmale

werden in der Sprachentwicklung der Kinder „normal“ bzw. akzeptabel ange-

sehen und sind selten ein Grund zur Besorgnis. Am häufigsten treten in der

Sprache von mehrsprachigen Menschen Interferenzen, Sprachmischungen

sowie das sogenannte Code-Switching auf.

Interferenzen sind sprachentwicklungsbedingt und können nicht als Ausspra-

chestörung gelten, sie verschwinden nach einer gewissen Zeit und bei den

kleinen Kindern dauert das meistens nicht zu lange. Mit Hilfe von Interviews

in ausländischen Familien wurde dies nachgewiesen.

Die Interviews haben gezeigt, dass das Alter der Kinder beim Zweispracher-

werb keine große Rolle spielt. Aus dem Beispiel mit Dmitry folgt, dass auch

ein Kind, das die zweite Sprache erst mit 12 Jahren lernt, sie im Erwachse-

nenalter perfekt beherrschen kann.

Aus den Interviews es ist auch ersichtlich, dass ohne richtige Unterstützung

in der Familie und in den Institutionen die Muttersprache leider abgebaut

werden kann. Dies ist als negative Entwicklung zu betrachten, da die Mehr-

sprachigkeit ein Schatz ist, den es zu erhalten und aufzubewahren gilt.

Die wichtigste Forschungsfrage in der vorliege Arbeit lautete: Wie können

pädagogische Fachkräfte der Kindheitspädagogik Zweisprachige Kindern in

ihren Spracherwerb unterstutzen?

Es geht um alle vorhandenden Sprachen: Deutsch und die Muttersprache

(oder Sprachen). Die Notwendigkeit die Deutschsprache zu lernen, als Um-

gebungssprache, als wichtigste Sprache für die Schulbildung, steht nicht in

Frage. In dieser Arbeit wurde auch besondere Rolle der Muttersprache ge-

zeigt.

Die Autorin hat versucht verschiedene Wege für die Spracherwerbsunterstüt-

zung zu zeigen. Zuerst wurde verschieden Testverfahren und einige Sprach-

förderprogramme analysiert.

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Es wurde starke wissenschaftliche Diskussionen um Sprachdiagnostik in

Kindertageseinrichtungen beschrieben. Viele dieser Diskussionen widmen

sich der grundlegenden Frage, ob alle oben genannte isolierten Testverfah-

ren, Screenings und Sprachstandsmessungen in der Frühpädagogik sinnvoll

eingesetzt werden können. Als wichtigster Punkt zu nennen, dass die

Sprachkenntnisse (z.B. in deutscher Sprache) mehrsprachiger Kinder nicht

eins zu eins mit dem Sprachentwicklungsstand monolingualer Kinder vergli-

chen werden dürfen.

Auch der Unterschied zwischen Sprachförderprogramme, Sprachförderkon-

zepte, strukturorientierenden und nicht strukturorientierenden Ansätzen, Indi-

vidueller Sprachförderung(H. Reich) wurde gezeigt. Das soll uns als zukünf-

tigen Kleinkindpädagogen helfen, uns unter Einbezug des wissenschaftlichen

Diskurs besser beruflich orientieren zu können.

Es kann geschlussfolgert werden, dass fast keines der beschriebenen

Sprachförderkonzepten für die Unterstützung mehrsprachiger Kinder optimal

geeignet ist.

Es wurden neurobiologische Ergebnisse hingeführt, die erklären, dass star-

ker Druck und Überforderung während Spracherwerb negative Konsequen-

zen haben können. In dieser Arbeit haben wir Phänomene wie

Semilingualismus, unvollständigen Spracherwerb und Sprachabbau be-

schrieben.

Nach Schäfer ist auch die Verfasserin der vorliegenden Arbeit der Ansicht,

dass frühkindliches Wissen (implizites) Alltagswissen ist. Um mehrsprachige

Kinder besser unterstützen zu können ist es notwendig von einer problemori-

entierten Betrachtungsweise (Bilder von Fremden, die die deutsche Sprache

noch nicht oder nur unzureichend beherrschen) auf eine ressourcenorientie-

renden Betrachtungsweise zu wechseln. Um einen optimalen Spracherwerb

sicherzustellen, benötigen Kinder von Fachkräften Interaktionsqualität, das

heißt- Sensivität, Feinfühligkeit, Warmherzigkeit und Stabilität der Beziehung

(d. h. Dauer, Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Kontakte).

Für monolinguale Fachkräfte ist es nicht immer einfach mehrsprachige Kin-

der im Erwerb mehrere Sprachen zu unterstützen. Institutionen spielen den-

noch eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung einer mehrsprachigen

Kompetenz im Kinderalter. Das wichtigste ist dabei, dass die Kinder, sowie

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ihren Familien Respekt und Akzeptanz gegen ihre Sprache, Kultur, Bräu-

chen und Traditionen erleben sollen.

Daher hat die Arbeit mit den Eltern für die gelungene Spracherziehung eine

besondere Bedeutung. Aus den drei Interviews, wurde leider das Ergebnis

abgeleitet werden, dass die Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in den

untersuchten Kitas und Horten keine besondere Unterstützung erhalten ha-

ben. Einige Möglichkeiten von solcher pädagogischen Arbeit wurden hier

betrachtet.

In der vorliegenden Arbeit wurde auch die besondere Rolle verschiedener

Spiele, Kinderversen, Reimen und Liedern, Bücher, sowie Projekte der akti-

ven Medienarbeit in mehreren Sprachen gezeigt, welche die Kinder in ihren

mehrsprachigen Spracherwerb besser unterstützen können.

Die Autorin der vorliegenden Arbeit hofft, dass aufbauend auf ihrem im Stu-

dium erworbenen Wissen und der Erfahrung als zweisprachige Person, sie

die Möglichkeit hat mehrsprachige Kinder und ihre Familien in ihrem Sprach-

erwerb optimal begleiten zu können.

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

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7 Anhang Qualitative Forschung (Interviews)

Texten Kennzeichnung (Transkription)

Betont betont, unterstrichen, aber nicht laut

? Stimme am Ende hoch wie bei Frage

:u:nd Dehnung

(.) Pause unter 1 Sek.

(1), (2), (3) Pausen, Zahl gibt Länge an (Sek.)

// Fehlendes Wort/Wörter, unverständlich

(?Wort?) vermuteter Wortlaut

da- Wortabbruch

Die=die=die Stottern, Wiederholung, schnell gesprochen, Ver-

schleifung

G e d e n t e Sprechweise mit Leezeichen zwischen den Buch-

staben

>holt Luft< >lacht<

1. Interview Nr. 1 mit Frau Vera Sverdlova (08.11.2015)

1.1. Text mit Transkription

Original Text (Russisch) Übersetzung 8 2015-

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8 November 2015- Interview mit Frau Vera Sverdlova 1:Vera(.) wohnt mit ihrer Familie seit über 10 Jahren in Deutschland. Sie hat zwei Kinder und ich denke, dass beide gut Deutsch und Russisch sprechen können. Ich habe mich heute mit Vera verabredet um herauszufinden, wie ihre Kinder zwei Sprachen erwarben. Ah(.)haben sie dabei Schwierigkei-ten, Probleme oder Komplikationen gehabt oder ist der Spracherwerb problemlos verlau-fen? (4) 1:Vera(.), es lohnt sich, wahrscheinlich, mit der folgenden Frage anzufangen: In welchem Jahr sind Sie nach Deutschland gekommen? Wie alt sind Ihre Kinder gewesen, als sie herka-men? Nu, ich weis gar nichts, erzählen Sie bitte alles von Anfang an, wie sie das richtig finden. 2: Ja, wir sind, zusammen a.a:a(.) mit der Familie meines Mannes a:a:a(.)in 2002, nach

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Deutschland gezogen(.) a:a:a älterer Sohn war damals 5 Jahre alt(2) der jüngste Sohn war noch nicht geboren(1) A:a:a(.)Die ersten Schwierigkeiten auf die wir in Deutschland(1) gestoßen sind, waren Sprachprobleme, für die ganze Familie, vor allem für uns, aber auch für das Kind(.)a(.) Vlad, beziehungsweise, Vladi-mir(.) so heißt mein älterer Sohn(.), ist nicht gleich in den Kindergarten gegangen. Er ging erst nach 6 Monaten und (.) äh (...) und zu Anfang erste Monat(1) war es sehr schwer für ihn. Er konnte nicht verstehen was die Kinder sagten, er konnte nicht verstehen was Erzieher sagten und deswegen wollte er erst gar nicht in die Kita gehen. Es war ein großes Problem(.), ihn jeden mor-gen zu wecken und für die Schule(.), oi, die Kita, vorzubereiten(1). Aber einen Monat später hat er angefangen die ersten Wörter zu sprechen.(1) Ah (.) ich muss noch sagen, dass er dort nicht der einzige=der einzige Russe gewesen ist. Ah (.) unsere Verwandten haben auch eine Toch-ter in seinem Alter gehabt und die beiden ha-ben natürlich in der ersten Zeit hauptsächlich zusammen gespielt, weil sie beide nur Rus-sisch gesprochen haben. Sie konnten kein Deutsch verstehen. <Lächelt> So verging die erste Monat(.), er hat angefan-gen einige Wörter zu verstehen(1), einige Wör-ter zu sprechen.(1) In halbes(.) Jahr äh:h:h hat er schon äh:h:h(.) Einschulungstest gehabt(.), weil er zur dieser Zeitpunkt schon ein Schul-kind“(.)// „Vorschulskind“ >in Deutsch gesagt< gewesen und er sollte sich schon zur Schule vorbereiten. 1: M:m:m Der erste Test war auch noch sehr schwierig für ihn (.). Er hat diesen Test (1)nicht vollstän-dig geschafft (2)so(1)ja (1). Aber später nu(.) äh (1) schon 1 Jahr später, hat er schon in der Schule gegangen. Ihn haben laut Testergeb-nisse nicht gleich ins erste, sonder in nullte Klasse genommen. 1: M:m:m 2:Aber in der Schule hat er sehr schnell=sehr schnell Freunde gefunden, viele Kontakte mit Mitschüler gebunden und hat angefangen sehr gut deutsch sprechen. Ich finde, dass Schule hat ihm in diesem Sinne mehr gegeben, als Kita. Äh (1)kann sein, das ist deswegen, weil er hat dort keine Kinder gehabt, welche, wie er selbst, russisch gesprochen haben. <Lächelt> Dort haben alle nur deutsch gesprochen, auch Lehrer- nur deutsch. So (..) das ist praktisch alles (..) Dann (.) äh (.) hat unsere jüngste Sohn gebo-ren. Er auch bis zum zwei Jahren (er heißt Max)…Er (Max) hat bis zum zwei Jahren zur

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Hause nur russische Sprache gehört, weil wir damals zur Hause nur auf russisch gespro-chen haben und er hat nur(.) die russische Sprache gehört und auch einige Wörter ja (.) gesprochen, auf deutsche auch einige.(.) Er hat irgendwie frühe angefangen zu sprechen, einige Wörter auf Russisch, einige //(?auf deutsch?)(.). 1: Hat er zwei Sprachen miteinander verwech-selt? 2: ja verwechselt o:o:oder manchmal Z.B. hat halb-deutsch, halb-russisch gesprochen. Aber das gib es oft, wenn in der Familie zwei Spra-chen sehr oft machen die Kinder aus irgend-welchem Grund die Wortendungen wie im russische Sprache. Wahrscheinlich, weil deut-sche Sprache nicht so viele Wortendungen hat. Dort wechseln sich mehr oft Artikels(.) und die Kinder, wenn sie ihre Eltern hören, versu-chen, wahrscheinlich, deutsche Sprache mit Russische zu verbinden deswegen würden zur deutschen Wörter russische Wortendun-gen angebaut. <Lächelt> 2: Kannst du ein Beispiel geben? Äh:h (.) nu:u:u(.)zum Beispiel von Wort „schlafen“ ja(?), ich schlafe, ja(?) 1:Ja. 2: Ah, z.B. Maxik, als er klein war hat immer gesagt: „Mama, ich schlafa:Ü“Ah(.)„Mama, ich schlafa:Ü“oder so, solche Wortendungen dazu gegeben. Oder z. B. noch was interessantes (.) nu „BALL“, das kann ich erinnern, er hat schon immer richtig ausgesprochen, auch „Spiel“ hat er immer auf Deutsch gesagt. Er hat Spielzeuge immer richtig auf deutsche Sprache genannt.“Ball“ zum Beispiel, oder solche Wörter(ja?), welche haben mit Spiel zu tun. Irgendwie merkt das Kind sowas besser auf Deutsch. 1:A:a:a, alles klar. 2:A , zum Beispiel nu ich weiß nicht welche noch.(1) Papa „nicht versteh- ET“, das hat er auch bei uns von deutsch auf russische Art ausgespro-chen. >Lächelt< 2: Mama, Papa „verstehET“ mich nicht(//Papa versteht mich nicht) >wiedeholt und lächelt< Oder, zum Beispiel, Maxik kann sehr oft spre-chen mm (.) mehrere Wörter so äh ein Wort auf Russisch und andere auf Deutsch. Oder z.B. fünf deutsche Wörter und eine russische auch. 1: m:m:m 2:Das hat oft sowas passiert, aber dann hat er ins Kita gegangen und angefangen sehr gut und frei auf Deutsch sprechen. In der Schule hat er schon nicht ins „0“ son-dern ins „1“Klasse gegangen und alle Testen hat er wie gehört bestanden. Das heißt, damit keine Probleme gewesen.(2)

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Aber es war auch sehr interessant, wenn wir nach Russland(.) gefahren sind und das war schon vor äh (..) das war schon vor 3 Jahren (.). Maxik jetzt 11, das heißt damals war er 8 und so (.) und er (..). Makik (.) er hat alles auf Russisch verstanden aber… manchmal hat er falsche Substantive genommen oder falsche Wortendungen in russische Sprache benutzt. Wenn haben wir nach Russland gekommen ja(?) dort sprechen alle nur russisch (1). 1: m:m:m 2: und natürlich für ihm (.) er hat die erst drei Tage überhaupt geschwiegen und hat nur „Ja“ oder „Nein“ gesagt =oder „da“ und „Net“ >lä-chelt< aber hat ungefähr 3-4 Tagen vergan-gen und er hat plötzlich angefangen zu spre-chen Dort gibt es auch Kinder von meiner Schwes-ter zwei kleine Kinder. 1: mhm 2: Eine so alt, wie Maxik (ja?)(.)1 Jahr junger –Egor heißt er ah. und ein kleines Kind (3 Jah-re)- Sascha heißt das Mädchen(2), nu u:u:und er nach ungefähr 4 Tagen hat angefangen mit ihnen auf Russisch sprechen. Die anderen Kinder haben angefangen einige (deut-sche)Wörter zu lernen. Er und Vladimir haben, zum Beispiel, in Russland mit einander auch auf Deutsch gesprochen, andere Kinder haben das gehört und haben auch einige Wörter gelernt. >Lächelt<(.)Das ist, nu ich denke, das auch für die Erwachsene so (.), für uns gut, z.B., wenn Kinder zur Hause mit einander deutsch sprechen, das kann auch für uns sehr nutzbar sein. Dann fangen wir auch irgendwie deutsche Sprache lernen, mehr solche Alltagssprache. !: Sprechen ihre Kinder miteinnander immer nur deutsch und niemals riussisch? 2: Ja, immer nur deutsch. Sie (//sprechen) nimals russisch- Maxik er(.) und u:u (.) spricht mit uns- (//nur deutsch) Vlad spricht mit uns russisch. 1: mhm 2 (.)er gibt sich Mühe wenn er etwas nicht kann nu(1) oder(.)auf Russisch kann er nicht so gut sprechen, wie auf Deutsch. 1: alles klar 2:Zum Schluss jadarf man nicht so sagen//, ob Vlad in der Schule auch russische Sprache lernt, welche auch fremde Sprache für ihn ist. 1: gibt es (//russisch), ja? 2: ja, er hat auch englisch, deutsch und rus-sisch. Jetzt lern er auch französisch. Jetzt hat er bei uns ins Gymnasium gegangen, jetzt lernt er noch französisch dazu. 1: Als dritte (//ausländische Sprache)? 2:Vierte! Nur wenn wir deutsch, als eigene Sprache schätzen, dann das ist dritte Sprache

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ob doch(.)nu zwischen sich sprechen sie im-mer nur deutsch… Nu Oma, welche kommt ab und zu, sie spricht mit ihnen auch nur deutsch. Vlad spricht mit uns russisch, aber Maxik nur Deutsch. Er nur das gibt sich Mühe fragt dort, verstehen tut er natürlich alles auf Russisch. 1: Wie oft sprichst du selbst mit Kindern deutsch? 2: So oft, wie möglich, weil ich muss auch Deutsch lernen. Ja natürlich, falls ich etwas sehr schnell sagen muss oder irgendwelche(.), dann auch ich mit meinem Mann russisch spreche. Aber mit Kin-der ja, ich versuche auf Deutsch zu sprechen. 1: Was meinst du, was ist besser für Kinder- wenn du mit ihnen deutsch oder russisch sprichst? 2:Ich finde, man muss, 1: m:mM 2: Nu wie einige meinen, es ist besser mit Kindern russisch zu sprechen, dann werden die Kinder besser russische Sprache beherr-schen. 1: ja, Sprache behalten. 2: Ja(.)a:a z.B. für mich besser, mehr auf Deutsch zu sprechen, weil ich auch deutsche Sprache lerne, weil ich diese Sprache noch nicht besonders gut beherrsche. Einige Be-sonderheiten sind bei dieser Sprache für mich sehr schwer und kompliziert. Manchmal frage ich auch bei Kindern, hatte ich etwas richtig gesagt oder nicht. Oder andersrum- ich frage etwas und warte auf Reaktion-werden sie mich verstehen, was ich gesagt habe oder nicht(.)das bedeutet, das ist für mich .(1) Aber um russische Sprache zu behalten es ist, wahrscheinlich, besser mit Kindern russisch zu sprechen, aber wir sprechen zwei Sprachen(.), kann ich sagen. 1:Vera, ich würde gerne mehr erfahren über die Zeit, als deine Kinder noch in der Kita wa-ren. Kannst du bitte noch mehr darüber erzählen: wie war die Eingewöhnung? Wie haben deine Kinder angefangen Deutsch zu lernen? Seit wann sprechen sie miteinander Deutsch? Bitte sprich noch ein bisschen über dieses Thema. 2: Nun über die Kinder in der Kita kann ich natürlich nicht so viel erzählen, da ich nicht bei meinen Kindern in der Kita war. Aber einige Ereignisse sind mir doch bekannt. Nu.u.u, zum Beispiel, äh:h:h sie haben einander mal ge-schlagen in der Klasse, oi in der Kita: er und ein anderer Junge. 1: Ein deutscher Junge? 2: Ja, das war er. Aber das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, es kann sein, dass es ein Missverständnis war. Nun(.), die Erzieher haben aber alles nachher aufgeklärt, also dass

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die Kinder aus einem anderen Land (.) kom-men(.) und nicht so gut wie die anderen spre-chen. Das war nur in der ersten Zeit// (? Nur in der ersten Zeit haben die Kinder Probleme ge-habt?) Dann(.)äh (.)war alles in Ordnung und er fing an sehr gerne in die Kita zu gehen und er hat dort alle Veranstaltungen sehr gerne besucht, alle die dort stattgefunden haben, sowie „Osterny“, „Weihnachtenny“ >auf Deutsch gesagt, damit Oster- und Weihnachts-fest gemeint<. Sie haben alles-=alles gemacht. An „Fasching“-“Fasching“ >Wort doppelt auf Deutsch gesagt< kann ich mich auch gut erin-nern, als alle Kostüme trugen. Äh:h(.) wir haben auch ihm ein schönes Kos-tüm besorgt, Viktor (?Maxik?) ist dorthin ge-gangen, er hat viel Freude gehabt. Sie haben auch Ausflüge gemacht. Es hat ihm immer viel Spaß gemacht, er ist immer sehr zufrieden gewesen. Es dauerte nur ein Jahr, bis die Kinder anfin-gen zu Hause und in der Kita untereinander Deutsch zu sprechen. Dann ist er gekommen (//aus der Kita gekom-men) und ist mit anderen Kindern aus unserer Straße spielen gegangen. Er hat immer gerne mit seinen neuen Freunde, welche er in der Kita gefunden hatte, draußen gespielt. >lächelt< 1: M:m:m>lächelt< 2„:Nu:u:u die Erzieherinnen haben natürlich auch dafür Verständnis gehabt, dass die Eltern gar nicht (? kein Deutsch?) sprechen können. 1: M:m:m 2:Das ist im Prinzip auch ein großes Problem(.) gewesen, aber alle haben ver-sucht=haben versucht sich irgendwie zu verständigen - zuerst mit ein paar Wörtern, dann ist es ein bisschen leichter geworden. Oma hat uns sehr viel geholfen. Sie ist immer zu „Versammlungen“ >auf Deutsch gesagt< gegangen. 1: Spricht Oma Deutsch? 2: Ja. Oma spricht frei Deutsch. Sie hat in der ersten Zeit auch versucht mit den Kindern mehr deutsch zu sprechen, damit wollte sie helfen, dass die Kinder sich besser zur Kita gewöhnen können. Ja (.) Oma spricht frei Deutsch und Russisch. Sie ist in Russland eine Päda//(? Pädagogin?) Deutschlehrerin gewesen. Sie hat 20(1), nein, wie lange (?)- 30 Jahre als Lehrerin gearbeitet. 1: Ich habe noch eine Frage. Im Moment sind deine beiden Söhne Schulkinder. Darf ich dich fragen, welche Noten sie im Fach Deutsch haben, auf welchem Niveau können sie schreiben? 2: Ja, Ich habe mir darüber sehr viele Sorgen

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che(.) Meinung. 1: U:g:u 2:Ich denke prinzipiell haben sie nu (1)Recht, aber Interesse an der russischen Sprache haben sie doch. Nu:u.u zum Beispiel, Vladimir, mein älterer Sohn, sagt, dass er gerne mit seinem Freund fahren will(1). 1: Nach Russland fahren? 2:> sie nickt< Er hat einen deutschen Freund(.), der kein Russisch spricht, ja? >lä-chelt< Er will gerne mit diesem Freund fahren// und zeigen //(? Russland?) Siehst du(.), für ihn ist das interessant(.), die-sen Ort // (?zu sehen?), wo er geboren ist. 1: Und wo er einen Teil seiner Kindheit ver-bracht hat? 2:„: Ja, wo er gewohnt hat.Ja. Nu:u:u, ich habe ihm gesagt, dass das jetzt nicht möglich ist (er wird erst 18), sondern später, wenn er älter ist. Warum nicht? 1: Wer spricht besser Deutsch Maxik oder Viktor? 2: Mein ältere Sohn Vladimir spricht besser Russisch. Maxik ist nur ein bisschen faul und er(.)// (? macht das nicht?) Ihm..versuche ich natürlich zu helfen: „Sage das so.., antworte nicht immer nur „Ja“ oder „Nein““. 1: A:a:a 2: Er=er=er schweigt einfach. Er sagt einfach gar nichts, macht nur ein Gesicht// (?dass er das nicht kann?). Er ist nur zu faul dazu. Nicht besonders „fleißig“ >letzte Wort auf Deutsch gesprochen< >lächelt< Ich möchte von noch einem=einem Fall erzäh-len. Wir haben in Russland Verwandte, welche mich manchmal anrufen.Eines Tages hat äh(.) meine Schwester angerufen. Wir sind nicht zu Hause gewesen. Maxik hat den Telefonhörer abgenommen. Ja? Sehr interessante Situation. „Ja“- hat er gesagt. Sie hat ihn auf Russisch begrüßt (die deutsche Sprache kann sie nicht): „Hallo, Maxik! Wie geht‘s dir?“ „Gut“- hat er auf Deutsch geantwortet. Sind deine Eltern zur Hause? (auf Russisch) Nein (auf Deutsch). M:m:m, das was. Er hat: „Tschüs“ gesagt und den Telefonhörer aufgelegt. M:m:m sowas macht er immer. 1: Er versteht alles auf Russisch und kann nichts sagen? 2: Ja, sowas gibt es auch, wenn ich natürlich(.) nu:u :u versuche ihm die russische Sprache beizubringen(.). Ich bin der Meinung, dass es sehr gut ist(.) Äh:h:h zwei oder mehr Sprachen zu beherrschen. 1: Danke, Vera.

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1.2. Kategorienbildung am Material

1.2.1 In-vivo-Codes (in Strauss 1994 mit »natürliche Codes« übersetzt)

Kode Vladimir (älterer Sohn), geb. in Russland, 1997

Max geb. in Deutschland, 2004

Familie Seit 2002 wohnt in Deutschland

Alter wäh-rend Inter-view

18 Jahre 11 Jahre

Land, Deutsche Sprache/ Erwerb der deutschen Sprache

Zuerst konnte kein Deutsch verstehen. einen Monat später hat er angefangen die ers-ten Wörter zu sprechen. In der Schule hat er angefangen sehr gut deutsch sprechen. Dort haben alle nur Deutsch gesprochen, auch Leh-rer- nur Deutsch. Er und Vladimir haben, zum Beispiel, in Russ-land mit einander auch auf Deutsch gespro-chen. Nu Oma, welche kommt ab und zu, sie hat mit ihnen auch nur deutsch gesprochen. Es dauerte nur ein Jahr, bis die Kinder anfingen zu Hause und in der Kita untereinander Deutsch zu sprechen. Sie haben(.)beide gute Note(.) in der Schule, mit der deutschen Spra-che gibt es keine Prob-leme, alles in Ordnung. .

Er hat frühe angefangen zu sprechen. Er hat ins Kita gegangen und angefangen sehr gut und frei auf Deutsch sprechen. Maxik spricht mit uns- (//nur deutsch) Russisch kann er nicht so gut sprechen, wie auf Deutsch. zwischen sich sprechen sie immer nur deutsch… Mein kleiner Sohn hat auch eine „Zwei“, manchmal eine „Eins“ oder eine „Drei“.

.. wenn Kinder zur Hause mit einander deutsch sprechen, das kann auch für uns sehr nutzbar sein. Dann fangen wir auch irgendwie deutsche Sprache lernen, mehr solche Alltagssprache. ich muss auch Deutsch lernen. r mit Kindern ja, ich versuche auf Deutsch zu spre-chen. Ja z.B. für mich besser, mehr auf Deutsch zu spre-chen, weil ich auch deutsche Sprache lerne, weil ich diese Sprache noch nicht besonders gut be-herrsche. Oma spricht frei Deutsch. Sie hat in der ersten Zeit auch versucht mit den Kindern mehr deutsch zu spre-chen.

Russland, riussische Sprache

Vlad spricht mit uns russisch. ..auf Russisch kann er nicht so gut sprechen, wie auf Deutsch. Er hat (in der Schule) auch englisch, deutsch und russisch; verstehen tut er natür-lich alles auf Russisch. Vladimir, er lernt schon russisch, er hat schon seit zwei Jahren Rus-sisch. Schon drei Jahre lang lernt er Russisch! Vladimir sagt, dass er gerne mit seinem Freund nach Russland

Wenn haben wir nach Russ-land gekommen ja(?) dort sprechen alle nur russisch. und natürlich für ihn er hat die erst drei Tage überhaupt ge-schwiegen aber hat ungefähr 3-4 Tagen vergangen und er hat plötzlich angefangen zu sprechen. wir auf Russisch zu schreiben, Einige Buchsstaben kennt Maxik schon, Nein, besonderes Interesse am Lesen hat er nicht, aber solche einfachen Wörter, wie „Mama“ zum Beispiel, kann er schon in der russischen Spra-che lesen.

Sie ist in Russland eine Deutschlehre-rin gewesen. Wir haben in Russ-land Verwandte, welche mich manchmal anrufen falls ich etwas sehr schnell sagen muss oder irgendwelche, dann auch ich mit meinem Mann Russisch spreche. Aber um russische Sprache zu behal-ten es ist, wahr-scheinlich, besser mit Kindern rus-

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fahren will.

Ich natürlich versuche ihm die russische Sprache beizubrin-gen.

sisch zu sprechen, aber wir sprechen zwei Sprachen(.), kann ich sagen.

Kode Switching/ Sprach-mix

ja verwechselt oder manch-mal z.B. hat halb-deutsch, halb-russisch gesprochen. kann sehr oft sprechen meh-rere Wörter so ein Wort auf Russisch und andere auf Deutsch. Oder z.B. fünf deut-sche Wörter und eine russi-sche auch. Das hat oft sowas passiert. verwechselt manchmal Z.B. hat halb-deutsch, halb-russisch gesprochen. er hat alles auf Russisch ver-standen aber… manchmal hat er falsche Substantive ge-nommen oder falsche Wort-endungen in russische Spra-che benutzt

Aber das gib es oft, wenn in der Familie zwei Sprachen sehr oft machen die Kinder aus irgend-welchem Grund die Wortendungen wie im russische Sprache. Wahr-scheinlich, weil deutsche Sprache nicht so viele Wort-endungen hat. Dort wechseln sich mehr oft Artikels und die Kinder, wenn sie ihre Eltern hören, versuchen, wahr-scheinlich, deut-sche Sprache mit Russische zu ver-binden deswegen würden zur deut-schen Wörter russi-sche Wortendun-gen angebaut.

Spachprobleme/ oder keine

Vlad ging erst nach 6 Monaten (in den Kita) und und zu Anfang erste Monat war es sehr schwer für ihn. Er konn-te nicht verstehen was die Kinder sagten, er konnte nicht verstehen was Erzieher sagten und deswegen wollte er erst gar nicht in die Kita gehen. Es war ein gro-ßes Problem, ihn jeden morgen zu wecken und für die Kita, vorzuberei-ten. Sie konnten kein Deutsch verstehen. Der erste Test war auch noch sehr schwierig für ihn. Er hat diesen Test nicht vollständig ge-schafft. Ich habe mir darüber sehr viele Sorgen ge-macht, weil ich gedacht habe, nun, ich bin der Meinung gewesen, dass

In der Schule hat er schon nicht ins „0“ sondern ins „1“Klasse gegangen und alle Testen hat er wie gehört be-standen. Das heißt, damit keine Probleme gewesen. Es war alles in Ordnung und er fing an sehr gerne in die Kita zu gehen und er hat dort alle Veranstaltungen sehr gerne besucht, alle die dort stattgefunden haben. -…haben versucht sich ir-gendwie zu verständigen – zuerst mit ein paar Wörtern, dann ist es ein bisschen leich-ter geworden.

Die ersten Schwie-rigkeiten auf die wir in Deutschland(1) gestoßen sind, waren Sprachprob-leme, für die ganze Familie, vor allem für uns, aber auch für das Kind(.)a(.) Das war nur in der ersten Zeit.

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das für sie ein Problem wird die deutsche Spra-che.

Pädagogische Unterstützung

Es ist ein Missverständnis war. Nun, die Erzieher haben aber alles nachher aufgeklärt, also dass die Kinder aus einem anderen Land kommen und nicht so gut wie die anderen sprechen. „:Nu:u:u die Erzieherinnen haben natürlich auch dafür Verständnis gehabt, dass die Eltern gar nicht sprechen können. …weil ich diese Sprache noch nicht besonders gut beherrsche.

1.2.2 Konstruierte Codes

Kode Vladimir Max Sozialisaton Transaktion

Vladimir…ist nicht gleich in den Kin-dergarten gegangen. Er ging erst nach 6 Monaten und und zu Anfang erste Monat war es sehr schwer für ihn. …Aber in der Schule hat er sehr schnell Freunde gefunden, viele Kon-takte mit Mitschüler gebunden und hat angefangen sehr gut deutsch spre-chen. Ich finde, dass Schule hat ihm in diesem Sinne mehr gegeben, als Kita. Äh kann sein, das ist deswegen, weil er hat dort keine Kinder gehabt, wel-che, wie er selbst, russisch gespro-chen haben. <Lächelt>

Das war nur in der ersten Zeit (Missveständnisse), dann war alles in Ordnung und er fing an sehr gerne in die Kita zu gehen und er hat dort alle Veranstaltungen sehr gerne be-sucht, alle die dort stattgefunden haben. Dann ist er gekommen und ist mit anderen Kindern aus unserer Straße spielen gegangen. Er hat immer ger-ne mit seinen neuen Freunde, wel-che er in der Kita gefunden hatte, draußen gespielt. Oma hat uns sehr viel geholfen. Sie ist immer zu „Versammlungen“ ge-gangen.

Identifikation Kinder identifizieren sich, nein, sie meinen, dass sie Deut-

sche sind. Das ist ihre solche Meinung.

2. Interview Nr.2 mit Frau Olga Egorova (16.11.2015)

2.1.Text mit Transkription

Origanal Text Interview mit Traskription Übersetzung mit Traskription 16 2015

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16 November 2015- Interview mit Frau Olga Egorova. 1: Frau Egorova, ich möchte gerne wissen. >lächelt< 2: nun ja, los, wir werden uns unterhalten. >lächelt< 1: Wann sind Sie nach Deutschland gekom-men? Wie alt waren Ihre Kinder? Äh (.) Sind einige Ihrer Kinder schon hier ge-boren? Wie haben die Kinder die deutsche Sprache gelernt?Äh (2) ab welchem Alter sind sie in die Kita gegangen? Haben sie dort eini-ge Sprachprobleme gehabt? Äh(.) wie schnell haben sie dort die deutsche Sprache gelernt

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oder haben sie erst später, in der Schule, angefangen Deutsch zu sprechen. Nun, ich weiß gar nichts, aber ich möchte gerne alles wissen. Nun, zuerst, wie viele Kinder haben Sie? 2: Also, nu los. Wir sind gekommen (nach Deutschland)// zuerst ist mein Mann hier her-gekommen, dann mit der Familienzusammen-führung, bin ich nach Deutschland gekom-men. Wir sind nicht alle zusammen gekom-men. Mein Mann ist in den Z w e i t a u s e n d e r n// Ich habe vergessen wann er gekom-men ist. 1: Macht nichts, das können Sie später er-gänzen. 2: Im Jahr Zweitausend// später kann ich es genauer sagen: in 2002! nein in 2003. Ja, im Februar 2003, ist mein Mann nach Deutsch-land gekommen. Wir haben damals nur einen Sohn gehabt - der ältere Peter, er ist damals 12 Jahre alt gewesen. Als er hier hergekommen ist, hatte er schon ein bisschen Deutsch in der Schule gelernt, aber er hatte nur diese Schulkenntnisse 1: Ugu. 2: Das sind nur Grundkenntnisse, sie lernen dort in der Schule nur Grundkenntnisse(.)So richtig, konnte er kein Deutsch. Als wir ge-kommen sind, mussten wir zuerst ins „Heim“. Aus dem Heim ist er zusammen mit alle ande-ren Kindern nach Malchow in die Schule ge-fahren mit dem „Bus“ („Bus“ auf Deutsch ge-sagt). 1: Nu. 2: Später haben wir eine Woh-nung(„Wohnung“ auf Deutsch gesagt) in Rö-bel bekommen und dann sind wir nach Röbel umgezogen. In Röbel hat er angefangen die Schule zu besuchen. 1: Ugu. 2: Die Realschule. Äh:ä:ä ein Jahr später hat er angefangen gut Deutsch zu sprechen. Das ist (.) wie//, er hat immer Hausaufgaben bekommen, aber er hat mir immer wieder gesagt: „Ich verstehe nicht=“Ich verstehe nicht“ >Frau Muller hat Satz erst auf Russisch, dann auf Deutsch gesagt< so ungefähr. 1: M:m:m. 2: Das was. Aber später, bin ich in die Schule gegangen und habe mit der Lehrerin gespro-chen. Sie hat mir gesagt: „Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er ein russischer Junge ist, hätte ich das nie mitbekommen“. Das be-deutet, dass er mit seinen Freunden schon genau so gut Deutsch gesprochen hat, wie ein Deutscher. 1: Nach einem Jahr? 2: Ja, nach einem Jahr, hat er die Sprache schon einwandfrei beherrscht. So (2) und jetzt

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er ist natürlich, er// 1: M:m: 2: Er spricht perfekt. Er kann auch „Bljat-Deutsche“ (sie meint Plattdeutsch), er kennt auch diese Sprache! Das ist das so genannte „alt-Deutsch“. 1: Ja- ja. 2: Bei der Oma meines Mannes hat er „bljat-Deutcshe“ gesprochen. 1: Ja ? <lacht< 2: Nun, das ist irgendwie typisch für die alten deutschen Leute. Zuerst hat er die (=Oma) gar nicht verstanden und immer wieder nach-gefragt. Besser gesagt, er hat etwas verstan-den, aber nicht alles. 1: Ja, ja. 2: Nun, zum Bespiel, sagen die alten Leute statt „Wohnung“ ja, „Stube“. Was bedeutet „Stube“? „Zimmer „oder so, ja? So. 1: Ugu. 2: Aber irgendwie kann er das jetzt. Aber Russisch schreiben kann er nicht mehr! 1: Das hat er vergessen, ja? 2: Ja, nun er ist schon lange hier. Er ist jetzt schon groß. Er ist jetzt bei der Bundeswehr. U:u:nd(.) lesen kann er, aber sehr-sehr lang-sam und den Sinn versteht er gar nicht. So(.) wenn er nur einen russischen Satz liest, ver-steht er gar nicht um was es geht. Das was mit ihm// 1: Aber er spricht doch (=Russisch)? 2: Ja, er versteht sehr gut und spricht sehr gut, er spricht sauber und versteht alles. Ja so. (1) Nun, Roman und Edward sind hier geboren. 1: Ja. 2: In Deutschland. Roman im 2006, Eduard im 2009. 1: Uhu. 2: Als Roman auf die Welt kam(.) äh:ä:ä (.), haben wir mehr Russisch gesprochen. Ich bin doch immer mit ihm zu Hause gewesen und ich habe selbst gar kein Deutsch gesprochen, nur einige einfache Wörter, so wie „Ja“, „Nein“. Deswegen konnte er auch kein Deutsch sprechen. 2: Und (.), als er in der Kita gegangen ist, habe ich mir natürlich Sorgen darüber ge-macht, ob er dort etwas verstehen wird oder nicht und ob er Probleme bekommt. Nu:u:u, das hat mir die Erzieherin gesagt (.)// Aber mein Mann hat doch versucht mit ihm zu Hause Deutsch zu sprechen. 1: Mit Roman? 2: Ja. Mein Mann war damals immer zur Hau-se und hat mit ihm Deutsch gesprochen (=Ivan war lange arbeitslos, jetzt hat er eine Anstellung in Vollzeit) So. Dann ist er in die Kita gegangen und dort

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haben wir die Erzieherin gefragt: „Wie ist er? Versteht er Sie oder nicht?“ Weil, du weißt ja, wie wichtig sowas manch-mal ist. Wie zum Beispiel um aufs Töpfchen zu gehen, er ist damals doch sehr klein gewe-sen. Er hat noch Pampas getragen. 1: Ist er mit 3 Jahren in die Kita gegangen? 2: Mit drei, ja, mit drei. So (.). Sie hat uns gesagt: „Er versteht alles wunder-bar, er unterhält sich auch mit den anderen Kindern, aber selbst spricht er noch sehr sel-ten. Aber auf Russisch hat er dort auch nicht gesprochen. 1: Ugu. 2: Er hat auf Deutsch gesprochen, aber zu wenig. Aber er hat alles verstanden. 1: Ugu. 2: Ein Jahr später hat er auch angefangen ganz normal auf Deutsch zu sprechen. Auf Russisch(.) hat er damals auch nicht schlecht gesprochen.Aber jetzt ist er 9 Jahre alt. Auf Russisch spricht er noch, aber er spricht falsch. Jetzt ist das für ihn irgendwie kompli-ziert geworden. Er fängt an auf Russisch zu sprechen und wechselt gleich ins Deutsche.

1. Auch wenn er mit dir spricht? 2. Ja, auch wenn er mit dir spricht (=sie

meint „mit mir“). Und einiges noch// wenn ich zum Beispiel auf Russich sage//ihm zum Beispiel etwas mehr Komplizierteres sage als nur „Bring mir Was-ser“, ja? Nun, ich weiß nicht, etwas kompli-ziertes, dann sagt er mir: „Ich versteh dich nicht, sage mir das auf Deutsch“. 1: M:m:m 2: Das bedeutet, sie haben schon das// (=Problem mit der russischen Sprache). A:a als Edward geboren wurde, hat er gleich angefangen Deutsch zu sprechen. Er konnte gar kein Wort Russisch! Obwohl wir zu Hause Russisch sprechen! 1: m:m – interessant. 2: Er hat gar nicht auf Russisch gesprochen!! 1: M:m. 2: Wir haben es mehrfach versucht. So hat zum Beispiel meine Schwiegermutter ihn zu sich nach Hause genommen und gesagt: „Edward, rede bitte Russisch, sonst verstehe ich dich nicht!“ (mit Absicht hat sie das ge-sagt). 1: Ugu. 2: Ich verstehe kein Deutsch. Aber er hat ihr auf Deutsch geantwortet: „Das ist mir „egal“, ich möchte kein Russisch sprechen. Ich will das nicht!“ 1: Von wem hat er Deutsch gelernt (im Kin-dergarten)? Wer hat mit ihm Deutsch gespro-chen? 2: Mein Mann Ivan// und ich konnten zum diesem Zeitpunkt auch schon besser Deutsch

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sprechen. 1: Ugu. 2: Aber Roman ist zu dieser Zeit schon ein Schulkind gewesen und die beide haben mit-einander Deutsch gesprochen. In der Kita Deutsch, zu Hause mit meinem Mann Deutsch. Er (=mein Mann) spricht ein richti-ges Deutsch! 1: M:m:m 2: Aber ich, wenn ich etwas richtig sagen kann, dann spreche ich auch (=deutsch) Wenn ich es nicht kann, dann sage ich es auf Russisch. 1: Nun, das ist richtig so. 2: So(.). Peter kommt auch manchmal nach Hause als Gast, er spricht mit beiden Jungs auch Deutsch. Er spricht mit ihnen kein Rus-sisch. 1: M:m:m. 2: Und Edikbei uns, äh(.), irgendwie so(.) (=gar kein Russisch spricht). 1: Ab welchem Alter ist Edik in die Kita ge-gangen? 2: Auch so. 1: Ab 3 Jahren? 2: Damals haben wir Harz-IV bekommen, deswegen dürfen alle Kinder erst mit 3 Jahren in den Kindergarten gehen. Damals sind sehr viele russische Kinder im Kindergarten gewe-sen und de:e:eswegen war ist viel einfacher für sie, weil sie alle zusammen in die Schule gegangen sind. Dort haben sie sich alle wäh-rend der Pausen unterhalten// Das ist viel besser, als allein zu sein! Aber(.) Kinder sind Kinder und finden immer schnell Freunde untereinander. Peter er ist irgendwie, weißt du//. Zuerst ha-ben wir äh:ä in Russland auf dem Dorf ge-wohnt, im Bezirk Zentrum und dann sind wir in die Stadt umgezogen(.). Dabei hat auch er einen Übergang erlebt, er hat die Schule gewechselt. Aber es war kein Problem für ihn, weil er sehr offen und kon-taktfreudig ist, mit niemandem Konflikte hat, er kann immer viele Freunde finden. Deswegen hat er hier auch keine // (? Probleme bekom-men?) Diese beiden (Roman und Edward) sind bei mir genauso. Deswegen haben sie sehr viele Freunde. 1: Ja, das glaube ich, dass sie keine Proble-me haben. 2: Wir haben niemals irgendwelche Probleme gehabt. Peter ist so bei uns: „Wenn Freund-schaft, dann ist das Freundschaft!“ 1: Ja, und die Sprache (Russisch oder Deutsch) spielt keine Rolle mehr, ja? 2: Ja. Und sie lügen nicht und petzen auch nicht! 1: Mm(.)

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2: Auch die Lehrer und Erzieher aus dem Kindergarten haben das immer bestätigt. Das ist nicht nur meine Meinung, als Mutter, ja? 1: Ugu. 2: Ich frage auch: „Gibt es?“ (?Problemen, Konflikten?) Nein. Meine Kinder haben gar kein Aggressi-onen oder irgendwelche Konflikte. So:o:o(.) 1: Und wie sind sie jetzt in der Schule? 2: Sehr gut sind sie in der Schule. Sie haben beide gute Noten und keine Probleme (2). 1: Aber fühlen sie sich mehr als deutsche Kinder, ja? 2: Ja, aber nur Roman// sie sind doch beide hier geboren. Nur Peter ist in Russland gebo-ren, er kommt aus erster Ehe. 1: Ja. 2:Wir haben hier eine „Adoption“ veranlasst. 1: M.m:m 2: Mein heutiger Man hat ihn adoptiert…. 1: M:m:m 2: Nun(.) das was. Diese beiden, irgendwie, weiß ich nicht// Zu Hause sprechen sie miteinander nur Deutsch. Sie haben überhaupt keine Proble-me mit der Sprache. Heutzutage, wenn ich sie beide vom Hort abhole, dann sagen die Erzieher: „Das ist sehr gut, dass sie zweisprachig aufwachsen!“ Zweisprachig, das ist angeblich sehr gut. 1: M:m 2: Gut? 1: Ja, ja. 2: Sie haben doch sehr viel Russisch in der Schule. In den Schulen gibt es jetzt sehr viele russische Kinder. Aber früher haben sie uns immer wieder ge-sagt, wir müssten zu Hause mit den Kindern Deutsch sprechen! Für was ist das? Die Kin-der lernen das (? Deutsch?) ganz von alleine. Wenn ich noch zu Hause Deutsch spreche, dann vergessen sie //(1) Russisch sowieso. Sie können (? auf Russisch?) weder lesen, noch schreiben. 1: Sprechen Sie mit ihren Kinder doch Rus-sisch? 2: Nu:u:u t:teilweise. Natürlich, meistens spre-che ich Russisch. Das ist. Nu(.) Sage ich doch, Edward bei uns// (? will kein Russisch sprechen?) 1: M:m:u 2: Roman kann noch irgendwie etwas verste-hen. 1: M:m:u 2: Aber für Eduard ist das sehr schwer. 1: M:m 2: Er ist sch:schon // Wenn er auch einige russische Wörter kennt, spricht er sie falsch aus und macht auch grammatische Fehler,

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ja? 1: a:a: 2: Ja sdelala (=ich habe gemacht) >Hier kommt ein grammatikalisches Beispiel, das man nicht übersetzen kann, weil es im Deutschen keinen Unterschied bei den Wort-endungen gibt: ob er oder sie etwas gemacht hat> 2: Und das ist falsch so. Das macht er. 1: Gab es das bei ihm von Anfang an, dass er deutsche Wörter zusammen mit russischen gesprochen hat (gemischt hat)? 2: Nein. 1: Nein? 2: Er hat gesprochen. Aber davon habe ich schon mal gehört. Unsere Bekannten haben eine Tochter, die das deutsche „R“ mit dem russischen „R“ verwechselt. Ob es das „R“ war, kann ich nicht genau sagen, es waren irgendwelche Buchstabe. 1: Aga. 2: So spricht sie zum Beispiel das deutsche Wort wie ein russisches aus. Sie sind damit zum Logopäden gegangen. 1: A:a 2: Ich finde sowas gar nicht so schlimm, (.) das Kind ist nur zu klein gewesen. 1: M:m. 2: 5 Jahre alt. 1: M:m 2: Ne:e:e 1: Nein, ich meine was anderes. Manchmal bilden die Kinder einen Satz, der aus russi-schen und deutschen Wörtern besteht. 2: Nein, sowas haben wir gar nicht gehabt (.). Ne:e:e, bei uns ist das anderes. Wenn ich, zum Beispiel, zu Hause anfange zu sprechen, ja?// 1: Ugu. 2: Ich frage die Kinder etwas auf Russisch. Er (Roman) versucht auf Russisch zu antworten. Manchmal verstehe ich nicht ja, über was sie reden, ja? 1: Ugu. 2: Weil die deutsche Sprache ist manchmal auch viel zu kompliziert für mich. U:u:nd ich bitte sie: „Sagt mir das auf Russisch!“ Roman versucht noch es mir zu erklären. 1: Ja. 2: Aber, er kann das auch nicht und wechselt in die deutsche Sprache. 1: Ja. 2: Eduard kann mir gar nichts (? auf Rus-sisch?) erklären. 1: M:m. 2: Er(.) kann mir etwas zeigen. 1: Ugu 2: Oder er antwortet auf Deutsch. Ich bin schon dazu irgendwie// (? Daran gewöhnt?) 1: Ist das für Sie nicht kompliziert?

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2: Das ist kompliziert, heutzutage - kompli-ziert. Das ist sogar sehr kompliziert, weil ich (.)// Nu:u, ich möchte, irgendwie(.), dass sie mich verstehen, ich möchte auch gerne mehr lernen (? Deutsch?). 1: M:m:m 2: Nu:u so ist das// Nu, so wie sie das spre-chen, dann, ja(.) // Manchmal, zum Beispiel, fragt er mich etwas auf Deutsch, aber ich kann nicht das verste-hen, nu:u:u … 1: M:m:m 2: Etwas nicht so Einfaches, wie „Gib mir was zum Trinken“, aber etwas wie// 1: M:m 2: Irgendwelche Fragen stellen, so wie: „Wo ist das?“ „Was ist das?“ Ja? A:a ich kann nicht auch(.)a:antworten, auch wenn ich sie verstanden habe. Manchmal fange ich, natürlich, an auf Russisch zu erklä-ren, dann verstehen sie mich nicht. Ich muss das auf Deutsch erklären. 1: Aber in so einer Situation hat Papa früher viel geholfen, ja? 2: Ja, Papa oder Peter. Ich denke, das klapp-te irgendwie (.).Aber so, heute sind sie so: Falls sie etwas nicht verstehen, gehen sie gleich zum Computer. 1: Ich habe mir gedacht, du kannst mal ein Wörterbuch nehmen >lächelt< Hast du darüber nie nachgedacht? 2: Nu, Ja; ich bin irgendwie // (1) Nu:u solche starken Probleme haben wir nicht. Haben wir nicht// (1). Das ist nur manchmal so:o:owas. 1: Nur manchmal, ja. Im Alltag ja? 2: Nein, grade im Alltag haben wir sowas nicht. 1: Im Alltag ist es leichter, ja? 2: Im Alltag passiert sowas nicht, aber zum Bespiel bei einem Spaziergang auf der Straße oder einem Autoausflug, dann kommen manchmal solche Fragen auf. Ich muss etwas erklären, ja? Zum Beispiel etwas geschichtli-ches und so. 1: Ja. 2: Aber ich kann das nicht, nur auf Russisch und zum Schluss haben sie zwar etwas verstan-den, aber etwas anderes nicht verstanden. So ist das bei uns. Aber das ist nicht so schlimm, alle russischen Familien haben sowas. 1: Alles klar. 2: Es gibt sowas überall in den russischen Familien. Aber sonst reden sie miteinander Deutsch. Sie schauen deutsche Sendungen, Zeichen-trickfilme oder (.)irgendwelche Filme. Früher, als die Kinder jünger waren, habe ich ihnen russische Zeichentrickfilme gezeigt.

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1: M:m:m 2: Zum Beispiel „Schmeschariki“(=Lächelnde Bälle) .Sie haben das total gerne geschaut. Ich habe damit sehr früh angefangen. Als sie sitzen gelernt haben(.), ungefähr ab sieben Monaten. Sie sitzen und ich schalte an. 1: Russisches TV? 2: Ja. Ich habe zuerst verschiedene russische Zeichentrickfilme auf meine Festplatte gela-den. Dann habe ich(.) sie im Kindersitz oder in der Schaukel vor dem TV hingesetzt und dann erst konnte ich etwas machen. 1: M:m:m 2: Sie konnten stundenlang sitzen. 1: M:m:m 2: Sie haben gesessen und noch mit Spiel-zeugen gespielt. Das hat ihnen damals sehr viel Spaß gemacht. Sie haben sehr viele verschiedene Zeichen-trickfilme gehabt. Aber mit der Zeit ist es we-niger interessant für sie geworden. 1: M:m:m 2: Nun: es war schon (1) ab 3 Jahren nicht mehr so interessant, seit sie in die Kita ge-gangen sind. Dann haben sie das nicht mehr so lange geschaut, nur ein bisschen und das was. 1: M:m:m 2: Je mehr Deutsch sie gesprochen haben, umso weniger hat es sie interessiert. So ist das, im Allgemeinen.

2.2.Kodierung

2.2.1 In-vivo-Codes (in Strauss 1994 mit »natürliche Codes« übersetzt)

Begriffe (Codes)

Peter, geboren in Russ-land, 1991.

Roman, geboren in Deutschland, 2006.

Edward, geboren in Deutschland, 2009.

Alter während Interview

25 Jahre alt 9 Jahre alt 7 Jahre alt

Deutsch-Land, Deutsche Sprache/ Erwerb der deutschen Sprache

Im Februar 2003 in alter von 12 Jahren nach Deutschland gekommen. Als er hier herge-kommen ist, hatte er schon ein biss-chen Deutsch in der Schule gelernt, aber er hatte nur diese Schulkennt-nisse. In Röbel .Ein Jahr später hat er angefangen sehr

Ich bin doch immer mit ihm zu Hause gewe-sen und ich habe selbst gar kein Deutsch gesprochen, nur einige einfache Wörter, so wie „Ja“, „Nein“. Deswegen konnte er auch kein Deutsch sprechen. Mein Mann hat ver-sucht mit ihm zu Hau-se Deutsch zu spre-chen. Mein Mann war da-

als Edward geboren wurde, hat er gleich angefangen Deutsch zu sprechen. die beiden Kinder haben miteinander Deutsch ge-sprochen. In der Kita Deutsch, zu Hause mit meinem Mann Deutsch. Er (=mein Mann) spricht ein richtiges Deutsch! Edward antwortet auf Deutsch. Ich bin schon dazu irgendwie// (? Daran gewöhnt?) //Manchmal, zum Beispiel,

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gut Deutsch zu sprechen. Er hat mit seinen Freunden schon genau so gut Deutsch gespro-chen hat, wie ein Deutscher. Nach einem Jahr, hat er die Sprache schon einwandfrei beherrscht. Er spricht perfekt. Er kann auch „Blatt-Deutsche“ (Platt-deutsch); kommt auch manchmal nach Hause als Gast, er spricht mit beiden Jungs auch Deutsch.

mals immer zur Hause und hat mit ihm Deutsch gesprochen. Dann ist er in die Kita (ab 3 Jah-ren)gegangen und dort haben wir die Erziehe-rin gefragt: „Wie ist er? Versteht er Sie oder nicht?“ Sie hat uns gesagt: „Er versteht alles wunder-bar, er unterhält sich auch mit den anderen Kindern, aber selbst spricht er noch sehr selten. Er hat auf Deutsch gesprochen, aber zu wenig. Aber er hat alles verstanden. Ein Jahr später hat er auch angefangen ganz normal auf Deutsch zu sprechen.

fragt er mich etwas auf Deutsch, aber ich kann nicht das verstehen, nu:u:u Aber sonst reden sie mitei-nander Deutsch. Sie schauen deutsche Sen-dungen, Zeichentrickfilme oder irgendwelche Filmen.

Russland, Erwerb der Russischen Sprache

Peter ist damals 12 Jahre alt gewesen, als wir aus Russ-land gekommen sind. Aber Russisch schreiben kann er nicht mehr! Ja, nun er ist schon lange hier. Er ist jetzt schon groß. Lesen kann er, aber sehr-sehr langsam und den Sinn versteht er gar nicht. So wenn er nur einen russi-schen Satz liest, versteht er gar nicht um was es geht. Er versteht sehr gut und spricht sehr gut, er spricht sau-ber und versteht alles. Peter ist in Russ-land geboren.

Als Roman auf die Welt kam, haben wir mehr Russisch ge-sprochen.Aber auf Russisch (in die Kita) hat er nicht gespro-chen.Auf Russisch hat er damals auch nicht schlecht gesprochen. Aber jetzt ist er 9 Jah-re alt. Auf Russisch spricht er noch, aber er spricht falsch. Jetzt ist das für ihn irgend-wie kompliziert gewor-den. Er fängt an auf Russisch zu sprechen und wechselt gleich ins Deutsche. ..wenn ich ihm zum Beispiel etwas Kompli-zierteres sage, dann sagt er mir: „Ich ver-steh dich nicht, sage mir das auf Deutsch“. Roman kann noch irgendwie etwas ver-stehen. Wenn er auch einige russische Wörter kennt, spricht er sie falsch aus und macht auch grammatische Fehler.

Als Edward geboren wurde, hat er gleich angefangen Deutsch zu sprechen. Er konnte gar kein Wort Rus-sisch! Obwohl wir zu Hause Russisch sprechen! Er hat gar nicht auf Rus-sisch gesprochen!! Wir haben es mehrfach versucht und gesagt: „Ed-ward, rede bitte Russisch. Aber er hat auf Deutsch geantwortet: „Ich möchte kein Russisch sprechen. Ich will das nicht!“ Edward bei uns irgendwie so (=gar kein Russisch spricht). Aber für Edward ist das sehr schwer.

Sachprobleme Von Angang an Als er in der Kita ge- Edward kann mir gar nichts

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konnte er kein Deutsch. Er hat immer Hausaufgaben bekommen, aber er hat mir immer wie-der gesagt: „Ich verstehe nicht=“Ich verstehe nicht“ so ungefähr.

gangen ist, habe ich mir natürlich Sorgen darüber gemacht, ob er dort etwas verste-hen wird oder nicht und ob er Probleme bekommt. Wir haben niemals irgendwelche Proble-me gehabt Sie haben beide gute Noten und keine Prob-leme.

(? auf Russisch?) erklären. Er(.) kann mir etwas zei-gen.

Sprach- Probleme und Schwirigkeiten bei der Mutter

Das ist kompliziert, heutzutage - kompliziert. Das ist sogar sehr kompliziert. Ich möchte, dass sie mich verstehen, ich möchte auch gerne mehr lernen (? Deutsch?). Manchmal, zum Beispiel, fragt er mich etwas auf Deutsch, aber ich kann nicht das verstehen … Etwas nicht so Einfaches.. ich kann nicht antworten, auch wenn ich sie ver-standen habe. Manchmal fange ich, natürlich, an auf Russisch zu erklären, dann verstehen sie mich nicht. Ich muss das auf Deutsch erklären. Falls sie etwas nicht verstehen, gehen sie gleich zum Computer. Im Alltag passiert sowas nicht, aber zum Bespiel bei einem Spaziergang auf der Straße oder einem Autoausflug, dann kommen manchmal solche Fra-gen auf. Ich muss etwas erklären, ja? Zum Beispiel etwas geschichtliches und so. Aber ich kann das nicht, nur auf Russisch. Und zum Schluss haben sie zwar etwas verstanden, aber etwas anderes nicht verstanden alle russischen Familien haben sowas. Es gibt sowas überall in den russischen Familien.

2.2.2.»soziologisch konstruierte Codes«

Begriffe (Codes) Peter Roman Edward Code-Switching, Sprachen-wechsel, Sprachmischung

Er fängt an auf Russisch zu spre-chen und wech-selt gleich ins Deutsche. .

Sozialisation/Transaktion Peter er ist sehr offen und kontakt-freudig ist, mit nie-mandem Konflikte hat, er kann immer viele Freunde finden. Deswegen hat er hier auch keine Probleme bekom-men. Peter ist so bei uns: „Wenn Freundschaft, dann ist das Freund-schaft!“

Diese beiden (Roman und Edward) haben sie sehr viele Freunde. Wir haben niemals irgendwelche Probleme gehabt... und sie lügen nicht und petzen auch nicht! Auch die Lehrer und Erzieher aus dem Kindergarten haben das immer be-stätigt. Das ist nicht nur meine Mei-nung. Ich frage auch: „Gibt es?“ (?Prob-lemen, Konflikten?) Nein. Meine Kinder haben gar kein Aggressionen oder irgendwelche Konflikte. So:o:o(.) Sehr gut sind sie in der Schule. Sie

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haben beide gute Noten und keine Probleme (2).

Pädagogische Unterstützung von Zweisprachigkeit

Ich binh in die Schu-le gegangen und habe mit der Lehre-rin gesprochen. Sie hat mir gesagt: „Wenn ich nicht ge-wusst hätte, dass er ein russischer Junge ist, hätte ich das nie mitbekommen“. Das bedeutet, dass er mit seinen Freunden schon genau so gut Deutsch gesprochen hat, wie ein Deut-scher.

Heutzutage, wenn ich sie beide vom Hort abhole, dann sagen die Erzie-her: „Das ist sehr gut, dass sie zwei-sprachig aufwachsen!“ Zweisprachig, das ist angeblich sehr gut. Aber früher haben sie uns immer wieder gesagt, wir müssten zu Hau-se mit den Kindern Deutsch spre-chen! Für was ist das? Die Kinder lernen das (? Deutsch?) ganz von alleine. Wenn ich noch zu Hause Deutsch spreche, dann vergessen sie //(1) Russisch sowieso. Sie können (? auf Russisch?) weder lesen, noch schreiben.

3. Interview Nr. 3 mit Horterzieherin (12. 03.2016)

3.1 Interviev Text mit Traskription

1: Ja, ich interessiere mich für ein Kind, aus deiner Gruppe. (1) 3: Nikolai, Nikolai. R...d, R…d, nicht einmischen, ich möchte jetzt alleine sprechen. 1: Ich möchte gerne fragen ah (2) erst mal: wie heißt das Kind und wie alt ist das Kind, wo-her kommt er und wie lange ist er schon hier (.) ich weiß noch gar nichts. 2: Ja. 1: Ja. Kannst du mir, bitte äh(.) sagen, dieses ausländische Kind, welches du jetzt in der Gruppe hast. 2: genau- aus der Ukraine. 1: Er kommt aus der Ukraine? 2: Genau. 1: Ja (.) und er ist(.)…Wie alt ist er? Erste Klasse, oder? 2: Genau, erste Klasse. 1: Also, 7 Jahre alt. 2: 7 Jahre ist er alt. Ja. 1: Ja, und// 2: Schon 7 M:m 1: Äh (.) wie lange ist er schon in Deutschland, ungefähr? Weißt du das? 2: Ich weiß das nicht genau. Er war auch schon bei Frau Z in der Gruppe. >spricht langsam< 1: Ein Jahr, vielleicht, ja? 2: Genau. Er ist grade sein einem Jahr hier. 1: Ja…und er war nicht lange im Kindergarten und musste im Prinzip gleich in die Schule. 2: Ja, genau, genau. 1: In die Klasse „0“ bestimmt, ja? 2: Ne-e. Er ist gleich in die erste Klasse eingeschult worden. 1: Gibt es die Klasse „0“ nicht mehr? 2: Doch, die gibt es noch, aber er ist regulär eingeschult worden. 1: Ja. 2: ja. 1: Er hat also den Test gut bestanden? 2: Ja. 1: Oh super. Das finde ich toll. Und als Person (.) oder vom Charakter, wie würdest du das Kind beschreiben? Wie ist er? 2: Nun ja (.) er ist sehr aktiv gegenüber den Kindern. Mir gegenüber ist er sehr zurückhal-tend. Ich glaube das liegt daran, dass er sehr wenig Deutsch versteht.

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1: Ok. 2: Ich glaube er versteht// 1: nicht alles 2: Er setzt das nicht richtig um, was ich von ihm will. 1: Also. 2: Ansonsten ist er sehr ruhig, aber mit den Kindern(.), auf die geht er offen zu und sie neh-men ihn auch offen auf. 1: M:m:m 2: und man versteht sich. 1: O ja, sodass er nicht alleine ist. 2: Also, da gibt’s keine Barrieren. Aber vor mir hat er die ein bisschen(.) >Lächelt< 1: Ja? >Lächelt< 2: Ja-ja >lacht< Als er ist auch freundlich, aber (.1)// 1: Nun gut 2: sehr zurückhaltend. 1: Ja(.)äh(.)wie würdest du seine Sprache beschreiben? Wie spricht er schon? Kann er schon mehrere Sätze sprechen oder nur einige Wörter? 2: 3 bis 4-Wort-Sätze, würde ich sagen. 1: 3 bis 4. 2: Ja=ja. 1: Er kann alles ausdrücken was er will? Oder? 2: Ja, er kann das machen. 1: Ok. Und äh(.)macht er grammatische Fehler? 2: Ja, ja. 1: Das ist normal. 2: Ja, es ist normal. 1: Ah(.) Spricht er zwischendurch vielleicht manchmal Russisch, z. B. wenn er aufgeregt ist? Gibt es sowas, dass man hört, dass er plötzlich das Russische benutzt? 2: Er träumt sehr viel und.// 1: Ja. 2: Also, wenn er Hausaufgaben macht oder// 1: Ja(.)und hinter sich. 2: schaltet er sehr schnell ab und dann spricht er Russisch. Also(.), Russisch, ja. 1: Ja, er kommt aus der Ostukraine und spricht Russisch, ja. 2: Ja. 1:Und ja(.), zu den Hausaufgaben. Machst du die manchmal mit ihm? Oder(.), hilfst du ihm oder kann er das schon selber? 2: Nein, das macht er selbstständig. 1: Ja? 2: Es dauert zwar sehr-sehr lange, aber er macht es selbstständig. 1: Ok, also. Da kommt er klar, ja? 2: Genau. 1: Was lernt er grade jetzt? Lesen, ja? Die Buchstaben? 2: Ja, sie lernen Buchstabe um Buchstabe. 1: Ja, und kommt er gut klar? Zum Beispiel mit Mathe? Also, er versteht die Lehrerin, ja? 2: Ja. 1: Ja, das ist gut. 2: Es dauert aber ein bisschen länger als bei den anderen Kindern. Er braucht länger, aber das ist sehr (.) normal. 1: Fragt er manchmal nach Hilfe? Oder bietest du sie ihm selber an? 2: Ich helfe ihm. 1: Ja? 2: Ja. 1: Das ist gut, ich finde das ist ok so. Und äh(.), nun ja - hat er schon Freunde oder ist er noch mit allen Kindern zusammen? Hat er einen Freund? So festen Freunden, hat er die schon? 2: Nun(.)feste Freunde nicht wirklich, aber er(.)versteht er sich mit allen Kindern sehr gut. 1: Ja. 2: Ja, da sieht man auch seine lustige Art. 1: Er lächelt so schön, das habe ich gesehen. >lacht<

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2: Ja. >lächelt< 1: A(1)gut(1) hat er… Hast du mit ihm schon Feste gefeiert - Fasching oder so? 2: Wie bitte? 1: Fasching. Feiert er gerne Feste? 2: Halloween. 1: Halloween, ja. Ich habe ein Foto gesehen. 2:> lächelt<. Ja genau. Halloween, ja. 1: War das auch gut, ja? 2: Da war auch alles gut, ja. Ich habe gesehen, dass es ihm Spaß gemacht hat. 1: Ja? 2: Ja. 1: Gibt es Tage, an denen er nicht so gut drauf ist, ein bisschen zurückhaltend, oder an de-nen du merkst dass er Stress hat?// 2: Nu ja. 1: Kann auch sein. 2: Während der Hausaufgaben ist er sehr-sehr verträumt oder schaltet zu schnell ab. Dann denke ich, es ist ihm zu viel(2). 1: Ja, das kann ich mir vorstellen. 2: Aber ansonsten ist er draußen sehr aufgeregt. 1: Uhu (1), ja(.) schön. Äh:h(.) was macht er gerne? Nun, zum Bespiel, nun, in der Freizeit. An welche Orte geht er? Geht er zum Sport oder ist er kreativ und malt und bastelt gerne? 2: Er spielt gerne auf dem Fahrzeugteppich (1). 1: Also, mit was? 2: Ja, mit Autos, oder er baut sehr gerne. 1: Und malen oder basteln? 2: Ne Ne,das nicht.. So (? konstruktive ?) Spiele nicht. 1: Nun ja, ich vermute er hat etwas Schwieriges erlebt. Nun, in diesem Gebiet, in dem er gewohnt hat ist im Prinzip Krieg, ja? 2. Ja. 1: Kann es sein, dass er ein bisschen traumatisiert ist? 2: Ne. 1: Gibt es keine Andeutungen? 2: Würde ich jetzt nicht sagen. Ne:e. 1: Nu ja, es ist gut so. Wir wollen auch alles positiv sehen. 2: Ja. 1: Und (.) äh(.) kriegt er zusätzlich besondere Unterstützung oder läuft alles, wie bei einem ganz normalen Kind, oder bekommt er Hilfe? 2: Er kriegt viel zu viel Gestik. >Lächelt< 1: Ja? >lacht> 2: Daran arbeiten wir, ja. >lacht auch< 1: Ist Ok >lacht>. Dann sprechen wir kurz über seine Eltern. Wer holt ihn meist ab? Die Mutter oder der Vater? 2: Unterschiedlich. 1: Also beide? 2: Ja, beide. 1: Du sagst: Beide Eltern holen ihn ab - Vater und Mutter? 2: Ja. 1: Ah… Übrigens, hat er noch Geschwister? 2: Ja. 1: Sind sie auch noch im Kindergarten? 2: Ja, Maxim ist noch im Kindergarten? (R…, pass bitte auf, a. Ich hab es schon vergessen <beide lachen> Entschuldigung, ich habe mich gerade gefragt, wer da Krach macht (lacht)- mein… 2: Ja, er hat einen Bruder und eine große Schwester. 1: Achso. 2: Ich glaub, sie versteht…schon besser Deutsch. 1: Ja? 2: Weil sie ihn auch manchmal abholt. 1: Aha, und wie alt ist sie ungefähr?

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2: Das weiß R..d. Wie alt ist Mascha? 1: Nun ungefähr? 2: Vierte Klasse auch? 1: Es spielt jetzt keine große Rolle, aber so ungefähr? 2: Die Schwester, die Nikolay öfter abholt, Mascha? 3: Also- 11. 1: Also, älter als du, ja. – fünfte Klasse? 3: Ja, ich glaube sie muss die Klasse wiederholen (?) 1: Ja? Und..Mutter und Vater auch (=abholen), ja? 2: Ja. 1: Noch eine Frage... Sprechen sie gerne mit dir, oder halten sie sich so ein bisschen zu-rück? Fragen sie d-dich, wie der heutige Tag war, was das Kind gemacht hat und wie es ihm geht? Nun, reden sie, oder nicht so viel, oder überhaupt nicht? Verstehen sie dich dann? Sprechen sie schon deutsch? 2: Ja, doch. Wenn ich was mache (?), dann verstehen wir uns schon. 1: Aber so viel, dass sie schon nachfragen?.. 2: Nein, noch nicht sehr viel. 1: Noch nicht so, ja. 2: Ne, aber wenn ich aber.. also auch mit Mimik und Gestik.. 1: Ok, dann geht das eigentlich? 2: Ja. 1: Und deine Meinung über Zweisprachigkeit? Was meinst du, sollten sie zweisprachig blei-ben? Es gibt auch Beispiele, bei denen das Kind dann später mehr Deutsch spricht. Was meinst du dazu? 2: Auf jeden Fall, ja, zweisprachig. 1: Egal wie, ja, die zweite Sprache sollte man immer behalten, ja? 2: Ja. 1: Meinst du, dass das auch mit der eigenen Persönlichkeit und Identität in Verbindung steht? 2: Ich denke auch ein Stück weit und die Kinder lernen auch viel schneller ja, als Erwachse-ne und… 1: ja 2: Die können jetzt alles viel besser auffassen, in diesem Alter noch. 1: M:m:n. 2: Deswegen. 1: Wie können Pädagogen solche Kinder besser unterstützen? Du hast schon gesagt, dass du ein bisschen hilfst bei den Hausaufgaben… so... 2: Wenn man die Sprache aufgreift, wie in Liedern zum Beispiel... (=finde ich sinnvoll) oder wenn ich auch ein paar Wörter auf Russisch sage, dann freut er sich auch darüber…So wie einige Begriffe halt, so wie „poschli“ oder so, ja? Dann findet er das toll. 1: Was meinst du, spielt Bindung dabei auch eine wichtige Rolle, ja? Wenn er sich länger mit dir unterhält, vielleicht öffnet er sich dann. 2: Dann kommt die Sprache auch, genau… 1: Weißt du das? 2: von alleine. 1: Ja.. Kannst du noch was dazu sagen? Ah!- ein bisschen so..dass die Eltern sich auch ein bisschen integrieren… solche internatio-nalen Elternabende. Wo die Eltern dann vielleicht zusammen kochen oder über Russland erzählen und sowas…sowas haben sie auch noch nicht veranstaltet, ja? Sodass eine türki-sche Mutter zum Beispiel türkisch kocht und eine russische russisch und irgendwie… 2: Multi-Kulti Abend. 1:Ja. 2: Ich glaub dafür haben wir ein bisschen zu wenig Zeit, ja? 1: Aber die Idee ist gar nicht so schlecht, oder? Manche Kindergärten machen sowas, ja? 2: Nu:u, ja. 1: Willst du noch was zum Thema sagen, einfach so von dir aus? Über Zweisprachigkeit, über das Kind?

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2: Neda..ich beachte das auf jeden Fall auch. 1: Ok. Dankeschön. 2: Nu..bitte.

3.2. Kategorienbildung am Material

3.2.1„natürliche“ Codes

Kode Allgemeine Information über das Kind Nikolai; 7 Jahre

In Deutschland seit 2015 Herkunftsort: Ost-Ukreine Muttersprache: russisch Charakter: er ist sehr aktiv gegenüber den Kindern, offen, freundlich. Interesen, Spiele: Er spielt gerne auf dem Fahrzeugteppich (1) mit Autos, oder er baut sehr gerne.

Erwerb der deutschen Sprache.

Er ist grade sein einem Jahr hier (in Deutschland). Er kann schon 3 bis 4-Wort-Sätze sagen. Er kann alles ausdrücken was er will. Er macht grammatische Fehler. Das ist normal.

Russische Sprache

Er träumt sehr viel und.// wenn er Hausaufgaben macht oder// schaltet er sehr schnell ab und dann spricht er Russisch.

Einige Sprach-Schwierig-keiten beim Kind:

Mir gegenüber ist er sehr zurückhaltend. Ich glaube das liegt daran, dass er sehr wenig Deutsch versteht. Er setzt das nicht richtig um, was ich von ihm will. Es dauert zwar sehr-sehr lange, aber er macht es selbstständig (´Hausaufgaben) Während der Hausaufgaben ist er sehr-sehr verträumt oder schaltet zu schnell ab. Dann denke ich, es ist ihm zu viel.

Eltern/ Deutsche Sprache

Wenn ich was mache (?), dann verstehen wir uns schon; noch nicht sehr viel; also auch mit Mimik und Gestik.

Pädagogi-sche Un-terstützung von Kind und eltern

Ich helfe ihm bei den Hausaufgaben. Er kriegt viel zu viel Gestik; daran arbeiten wir. Wenn man die Sprache aufgreift, wie in Liedern zum Beispiel... (=finde ich sinn-voll) oder wenn ich auch ein paar Wörter auf Russisch sage, dann freut er sich auch darüber…So wie einige Begriffe halt, so wie „poschli“ oder so, ja? Dann findet er das toll. Multi-Kulti Abend…: Ich glaub dafür haben wir ein bisschen zu wenig Zeit

Zweispra-chigkeit

Auf jeden Fall, ja, zweisprachig. Ich denke auch ein Stück weit und die Kinder lernen auch viel schneller, als Erwachsene und…die können jetzt alles viel besser auffassen, in diesem Alter noch.

3.2.2. „soziologisch konstruierte Codes«

Sprachen-wechsel

.. wenn er Hausaufgaben macht oder// schaltet er sehr schnell ab und dann spricht er Russisch. Also(.), Russisch, ja.

Sozialisa- tion und Resilienz

Er versteht sich mit allen Kindern sehr gut- ja, da sieht man auch seine lustige Art; mit den Kindern, auf die geht er offen zu und sie nehmen ihn auch offen auf; man versteht sich; also, da gibt’s keine Barrieren. Er ist sehr aktiv gegenüber den Kindern.

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Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbst-

ständig und ausschließlich unter Nutzung der verzeichneten Quellen angefer-

tigt und die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Quellen, die ich wört-

lich oder sinnhaft entnommen habe, wurden durch mich im Text kenntlich

gemacht und verweisen auf die im entsprechenden Verzeichnis notierten

Literaturangaben und Quellen.

____________________ ______________ (Ort, Datum)………………………… (Unterschrift)