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sportauto.de 7/2014 7 6 sportauto.de 7/2014 PS! 1004 Die 1000-PS-Grenze haben auch schon andere überschrit- ten, doch das Faszinierende am Fahlke Larea GT1 S10 ist, dass er dabei unter 1000 Kilo wiegt. Text Christan Gebhardt · Fotos Rossen Gargolov VIDEO FAHLKE LAREA GT1 S10 Zum Betrachten des Films den Bildcode per Smartphone mit einer QR-App scannen V iele Landstraßen rund um das nord- deutsche Scheeßel erinnern an die le- gendäre Hunaudières-Gerade auf der Rennstrecke in Le Mans. Einziger Un- terschied: Die topfebenen Pisten rund um Scheeßel sind meist übertunnelt. Neben jahrzehntealten Alleebäumen bilden Holzkreuze ein ganz besonderes Tempospalier. Kurz: Die Bedingungen für den ersten Ausflug im 1004 PS starken Fahlke Larea GT1 S10 sind so prächtig wie für einen Hubschrauber- flug inmitten von Hochspannungsleitungen. Fahlke Larea GT1 S10, 1004 PS – was ist das denn? Das ist in erster Linie ein positiv verstrahlter Sportwagen-Junkie aus Nord- deutschland, der seinen Traum vom eigenen Automobil verwirklicht hat. „Mich hat kein Sportwagen mehr gereizt, da habe ich mich entschieden, mein eigenes Auto zu bauen. Ich habe bewusst die Nische der Rennwagen mit Straßenzulassung gewählt“, erzählt Markus Fahlke, Erbauer des Larea GT1 und Chef von M-Racing Fahlke Kfz-Technik und Proto- typenentwicklung mit Standorten in Buchholz und Scheeßel. Der studierte Maschinenbau- Ingenieur ist hauptberuflich Geschäftsführer des Familienunternehmens, das in der Auto- matisierungstechnik beheimatet ist (siehe Kasten Seite 9). Leistungsgewicht? 0,9 kg/PS! „Die Gedanken an ein eigenes Auto kamen 1997. Ernst wurde es dann 2004“, erzählt Fahlke weiter, während er die Flügeltür auf der Fahrerseite öffnet. Unter der Carbon- Karosserie sitzt ein aus hochfesten GT1000- Chrom-Molybdän-Stählen gefertigter Gitter- rohrrahmen, der 80 Kilo wiegt. „Wir nehmen ein Vierkantrohr, das unheimliche Verwin- dungen aushält. Das hat nur 1,4 Millimeter, noch Fragen?“, schwärmt der Selfmade-Auto- bauer weiter. So liegt das Leergewicht mit 910 Kilo auf dem Niveau einer Lotus Elise, FAHRBERICHT FAHLKE LAREA GT1 S10

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    PS!1004 Die 1000-PS-Grenze haben auch schon andere überschrit-ten, doch das Faszinierende am Fahlke Larea GT1 S10 ist, dass er dabei unter 1000 Kilo wiegt. Text Christan Gebhardt · Fotos Rossen Gargolov

    VIDEO FAHLKE LAREA GT1 S10Zum Betrachten des Films den Bildcode per Smartphone mit einer QR-App scannen

    Viele Landstraßen rund um das nord-deutsche Scheeßel erinnern an die le-gendäre Hunaudières-Gerade auf der Rennstrecke in Le Mans. Einziger Un-terschied: Die topfebenen Pisten rund um Scheeßel sind meist übertunnelt.

    Neben jahrzehntealten Alleebäumen bilden Holzkreuze ein ganz besonderes Tempospalier. Kurz: Die Bedingungen für den ersten Ausflug im 1004 PS starken Fahlke Larea GT1 S10 sind so prächtig wie für einen Hubschrauber-flug inmitten von Hochspannungsleitungen.

    Fahlke Larea GT1 S10, 1004 PS – was ist das denn? Das ist in erster Linie ein positiv

    verstrahlter Sportwagen-Junkie aus Nord-deutschland, der seinen Traum vom eigenen Automobil verwirklicht hat. „Mich hat kein Sportwagen mehr gereizt, da habe ich mich entschieden, mein eigenes Auto zu bauen. Ich habe bewusst die Nische der Rennwagen mit Straßenzulassung gewählt“, erzählt Markus Fahlke, Erbauer des Larea GT1 und Chef von M-Racing Fahlke Kfz-Technik und Proto-typenentwicklung mit Standorten in Buchholz und Scheeßel. Der studierte Maschinenbau- Ingenieur ist hauptberuflich Geschäftsführer des Familienunternehmens, das in der Auto-matisierungstechnik beheimatet ist (siehe Kasten Seite 9).

    Leistungsgewicht? 0,9 kg/PS! „Die Gedanken an ein eigenes Auto kamen 1997. Ernst wurde es dann 2004“, erzählt Fahlke weiter, während er die Flügeltür auf der Fahrerseite öffnet. Unter der Carbon- Karosserie sitzt ein aus hochfesten GT1000-Chrom-Molybdän-Stählen gefertigter Gitter-rohrrahmen, der 80 Kilo wiegt. „Wir nehmen ein Vierkantrohr, das unheimliche Verwin-dungen aushält. Das hat nur 1,4 Millimeter, noch Fragen?“, schwärmt der Selfmade-Auto-bauer weiter. So liegt das Leergewicht mit 910 Kilo auf dem Niveau einer Lotus Elise,

    FAHRBERICHT FAHLKE LAREA GT1 S10

  • Nordisch by Nature Der Fahlke Larea GT1 wird in Scheeßel und in Buchholz (Nordheide) produziert

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    2010 konnte der erste fahrfertige Larea gefeiert werden. Mittlerweile fanden fast 40 Stück einen Abnehmer. Die Lieferzeit beträgt fast eineinhalb Jahre. Da hat einer aus unterneh-merischer Sicht wohl alles cleverer gemacht als so mancher darbende Kleinserienhersteller. „Das Rezept ist: ein Mädchenname. Denn Männer können sich weibliche Namen besser als männliche merken“, lautet Fahlkes Theorie.

    GT-Rennwagen trifft Trecker Heute kribbelt es besonders im rechten Fuß. 1004 PS warten – tausendundvier. Wer die richtige Einstiegs-Choreografie aus Lenkrad-

    nach-rechts-Drehen und Abstützen auf dem kniehohen Seitenschweller beherrscht, findet geschmeidig den Weg in die Vollschalensitze des kanzelartigen Cockpits im Gruppe-C-Stil.

    Drinnen dominiert Sichtcarbon. Nein, falsch, hier dominiert eigentlich die reine Nacktheit. Auf dem kantigen Armaturenbrett sitzen sechs Kippschalter, ein Renndisplay, der Startknopf und ein Drehknopf für die Brems-kraftverstellung. Dazu kommen acht Knöpfe am Carbonlenkrad, eine manuelle Handbremse sowie ein Schaltknauf, der aus einem Porsche 996 stammt. Das war’s. „Ein Porsche 911 GT3 ist eine Luxuslimousine im Vergleich zu

    unserem Auto. Der Larea ist ’ne Waffe mit gruseligem Drehmoment. Ich würd’ das heute nicht voll auskosten, bei den ganzen Bäumen hier“, mahnt Fahlke. Mehr kann er nicht sa-gen, sein martialisch-muskulöses 1400-Nm-Monster schneidet ihm das Wort ab.

    Dem kurzen Anlasserjaulen folgt ein Rennkonzert – der Achtzylinder bollert, die Benzinpumpe sirrt, das Getriebe mahlt. Die Kupplung hat Biss und Schärfe, überfordert aber nur Fahranfänger. Wer schon mal einen echten Rennwagen bewegt hat, wird beim Larea-Start nicht das Gesicht verlieren. Kleiner Tipp, um Blamagen zu vermeiden: Vor dem

    Supermarkt nicht in der ersten Reihe parken. Der Wendekreis gleicht dem eines 40-Tonners.

    Der Flügeltürer nimmt Fahrt auf. Zu den anfangs erwähnten Alleebäumen gesellen sich übrigens noch flammneue und kalte Kumho-Semi-Slicks sowie morgendlicher Berufsver-kehr – was hier heißt: GT-Rennwagen trifft Erntemaschinen und Trecker.

    Egal, so ein bisschen Adrenalin am Morgen hilft dem Nicht-Kaffeetrinker. Der bestialisch am Gas hängende 7,2-Liter-Kompressor-V8 erinnert mit dem ersten Tritt in die Magen-grube ganz kurz an eine andere 0,9-Kilo-pro-PS-Erfahrung. Gedanken an den Tracktest im

    „EIN PORSCHE 911 GT3 IST EINE LUXUS-LIMOUSINE IM VERGLEICH ZUM FAHLKE LAREA GT1 S10“

    Fahlke Larea GT1

    Der Larea GT1 wurde von Markus Fahlke entworfen. Zunächst flog der studierte Maschinenbauer sechseinhalb Jahre als Verkehrspilot, bevor er ins Familienunterneh-men zurückwechselte, das in der Automatisie-rungstechnik tätig ist. 1997 wurde die Kfz-Spar-te gegründet. 2004 begann die Entwicklung des Larea GT1. Heute gibt es vier Leistungsstufen (S6, S7, S9 Evo, S10). Derzeit in Entwicklung: eine über 1200 PS starke Version (S12).

    IM DETAIL!

    obwohl der Larea GT1 fast 70 Zentimeter länger und 30 Zentimeter breiter ist.

    Fahlke lässt dabei keine Zweifel aufkom-men, dass seine Eigenentwicklung eine Bastel-bude ist. Nur Motor, Getriebe und Fahrwerk kauft er ein, alles andere ist made in Nord-deutschland. Dazu zählen auch sämtliche Carbonteile, die im firmeneigenen Autoklav gebacken werden. Das Streben nach perfekter Verarbeitung, nach geringem Gewicht und hoher Leistung treibt Fahlke an. „Kunden, die ein Radio und eine Klimaanlage wollen, schicken wir gleich wieder nach Hause“, ver-teidigt er sein außergewöhnliches Konzept.

    FAHRBERICHT LAREA GT1

  • Back to the Roots Der Larea GT1 S10 stellt sich ohne Fahrhilfen – sogar ohne ABS – dem Trend aktueller Supersportler entgegen

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    DATEN & FAKTEN

    Mehr braucht man nichtÜbersichtliches Cockpit mit wenigen Schaltern und Anzeigen, manuelles Sechsganggetriebe

    Ein Fall für zwei Fahrer und Beifahrer sind mit Carbon-Schalensitzen für den nächsten Trackday bestens gerüstet

    Alles mit TÜV? Fahlke: „Einige Kantenradien müssen für die Straße mit ’nem Keder abgedeckt sein. Sonst alles okay!“

    Gruß aus der V8-Küche Das Display macht auch optisch sofort klar, was hier Sache ist: vierstellige Motorleistung

    Lotus-Formel-1 von vor zwei Jahren werden wach. Dritter Gang, die Hinterreifen fahnden erfolglos nach Traktion. Draußen muss das Weidevieh jetzt Kumho-Gummi-Aroma inha-lieren. Schalten, nächster Versuch. Vierter Gang, langsam greifen die 335er-Walzen hin-ten. Fünfter Gang, 3000, 4000, 5000/min. Stopp, heute drehen wir den Larea GT1 nicht bis zu seiner Maximaldrehzahl von 7800 Tou-ren! In Flensburg hatten sie sich schon auf einen neuen Langzeitbekannten eingestellt. Tempo-limit, Bäume, kalte Reifen – die heutigen Fahr-eindrücke sind so wertlos wie DM-Banknoten.

    „Mit warmen Reifen hat das Teil richtig Traktion. Dank der Aerodynamik hat der Wa-gen bei 250 km/h übrigens 300 Kilo Abtrieb“, sagt Markus Fahlke. Und, Topspeed? Mit ei-ner langen Getriebeübersetzung soll der Larea GT1 über 400 laufen. „Längsdynamik finde ich uninteressant. Für mich persönlich ist 360 km/h ’ne gute Geschwindigkeit. Danach kann man das Thema eigentlich stoppen“, hält sich der Larea-Erbauer lächelnd aus der Topspeed-Rekordjagd anderer heraus.

    V8-Kernkraftwerk mit 1400 NmGenüsslich knisternd erholt sich der Larea GT1 vor einem norddeutschen Bauerngehöft von 1905. Gegensätze ziehen sich an. Und die könnten jetzt, da die Kohlefaser-Flunder ihre LMP-ähnliche Motorhaube öffnet, nicht grö-ßer sein. Wir stehen vor einem V8-Kernkraft-werk, das aus den USA stammt. Das Aggregat fertigt der US-Motorenbauer Mast Performance,

    der sich auf die LS-Baureihen spezialisiert hat, die aus verschiedenen Corvette-Generationen bekannt sind.

    „Unser Triebwerk wird nur nach unseren Spezifikationen ganz speziell angefertigt. Da ist nichts von der Stange. Der Motor kostet 55 000 Euro“, verrät Markus Fahlke. Auch das Getriebe ist eine stramm verstärkte Sonderan-

    fertigung, Kostenpunkt 40 000 Euro. „Im Einkauf“, fügt der Ingenieur hinzu.

    Mehr als der GT1-Kaufpreis von 640 000 Euro interessiert uns die Rennstrecken- und Längsdynamik-Performance. „Können wir gerne machen“, nimmt Markus Fahlke die Einladung zum sport auto-Test sofort an – meistens ein vielversprechendes Zeichen. ◾

    Fahlke Larea GT1 S10MOTOR Achtzylinder-V-Motor mit Kom-pressor, Hubraum 7190 cm³, Leistung 1004 PS (738 kW) bei 6400/min, Drehmo-ment 1400 Nm bei 4500/min, Maximal-drehzahl 7800/minKRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, manuelles Sechsganggetriebe, Differen-zialsperreBREMSEN Innenbelüftete Carbonschei-ben rundum, Durchmesser 365/365 mmBEREIFUNG 245/35 R 18 vorn und 335/30

    R 18 hinten auf 9,0- und 13,0-Zoll-Leicht-metallfelgen, Kumho Ecsta V700KAROSSERIE Zweisitziges Coupé mit Git-terrohrrahmen und Carbon-Karosserie, L x B x H (mm) 4360 x 1940 x 1080, Radstand 2610 mm, Tankvolumen 80 Liter, Gewicht 910 kg, Leistungsgewicht 0,9 kg/PS FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 2,4 Se-kunden, 0–200 km/h in 6,0 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 400 km/hGRUNDPREIS 640 000 Euro *Herstellerangaben

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